Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem

 

 

 

Die Falkner vom Falkenhof

 

 

 

 

Historischer Roman

 

Inhalt

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Epilog

Impressum

Kapitel 1

 

Ich sprach zur Taube: „Flieg und bring im Schnabel

Das Kraut mir heim, das Liebesmacht verleiht,

Am Ganges blüht's, im alten Land der Fabel –“

Die Taube sprach: „Es ist zu weit.“


E. Geibel nach Francois Coppée



„Bravo! Bravo! Da Capo!“ Ein wahrhaft frenetischer Applaus rauschte und brauste durch die weiten Räume des Opernhauses zu X. und übertäubte fast die wilden, teuflischen Klänge des Orchesters, das eine seltsame, originelle Weise spielte.

Es war die erste Aufführung der neuen Oper eines unbekannten und ungenannten Komponisten, der fantastischen Oper „Satanella“, deren Text dem Publikum eine jener rätselhaften „Teufelinnen“ der alten Zeiten vor Augen führte, die aus ihrem unterirdischen Reich heraufgekommen war, um durch ihre Schönheit einen „minnigen Sänger“ zu bestricken und in den Tod zu treiben. Vom wütenden Volke aufgegriffen, wird sie als Hexe zum Scheiterhaufen geschleppt und an den Pfahl gebunden. Unter den Klängen eines prachtvollen Chors wird der Holzstoß entzündet, und Rauch und Flammen steigen empor, um die Teufelin zu vertilgen von der Erde. Da plötzlich teilen sich die Flammen, Satanella schüttelt lachend die Fesseln von ihren Händen, das graue Büßer- und Sterbehemd fällt von den Schultern, und sie selbst steht in Höllenpracht gekleidet vor dem entsetzten Volk. In wilden Dithyramben singt sie ihr bestrickendes Zauberlied, und mit dem jauchzenden Schluss: „Lebt wohl, ich kehre zurück zu euch, so lang die Schönheit Siege feiern wird, so lange Männerherzen sich noch betören und betrügen lassen –“, sinkt Satanella hinab in die sie verschlingende Erde.

Diesem Schlusse jauchzte das Publikum zu; es konnte sich nicht satthören an der mächtigen, süßen und metallreichen Stimme der fremden Sängerin, die eigens gekommen war, um die Satanella zu singen; es konnte sich nicht sattsehen an dem wunderbar malerischen Schlussbild mit dem brennenden Scheiterhaufen, den mittelalterlichen Stadtmauern mit ihren Türmen und Erkern, dem entsetzt zusammengedrängten Volke und der Gestalt der Satanella auf dem Holzstoß.

Sie war in der Tat von wunderbarer Schönheit, diese fremde Sängerin, Senora Dolores Falconieros – eine schlanke, geschmeidige Gestalt mit dem leuchtenden Rothaar Tizians, das in üppigen Wellen herabfiel auf das scharlachrote Seidengewand, das sie umschloss. Und in dem blutlosen und doch lebensfrischen Antlitz brannten große, strahlende, samtschwarze Augen, deren Glanz noch gehoben wurde durch die sich über der feinen römischen Nase schließenden dunklen Brauen, durch die langen seidenartigen Wimpern.

Wie sie dort stand auf der Bühne inmitten des rot glühenden Feuers, im roten Gewand und im roten Haar, aus dem ein zweigezacktes Brillantdiadem blitzte und funkelte, mit der wundersam bestrickenden Stimme ihr in seltsamem Rhythmus sich bewegendes Teufelinnenlied singend und dazu ein Flammen sprühendes Zepter schwingend, dessen Feuerregen bis ins Parkett hinab flog, da bot sie ein Bild, das mit begreiflicher dämonischer Macht die herbeigeströmten Hörer zu brausendem Beifall entfachte. Immer wieder musste Satanella aus den Tiefen der Hölle, der Versenkung, heraufsteigen und mit dankendem Lächeln grüßend ihr verkohlendes Zepter schwingen.

Das Schicksal der neuen Oper war entschieden. Der berühmte blonde Tenorist als „minniger Sängerheld“ und die durch den Intendanten entdeckte und sofort berühmt gewordene Fremde hatten der herrlichen Musik den Odem des Lebens eingehaucht und ihr Weihe erteilt, hinauszutönen in alle Welt.

Etwa eine Stunde später hatte sich ein kleiner, aber gewählter Kreis in dem künstlerisch ausgestatteten Salon des Direktors der Akademie der Künste, Professor Balthasar, zusammengefunden. Der Hausherr, ein über die Grenzen Europas hinaus bekannter geistvoller Maler in der Blüte der Jahre, liebte es, nach dem Theater einen kleinen Kreis um sich zu versammeln, in dem er und seine liebenswürdige Gattin aufs Trefflichste für die leibliche und geistige Unterhaltung ihrer Gäste sorgten.

Um den runden Tisch, dessen silbernes Teegerät von Frau Balthasar gewandt und lautlos gehandhabt wurde, saßen etwa sechs Personen mit Einschluss des Hausherrn und der Hausfrau. Da war der hochberühmte geniale Historienmaler Richard Keppler, der feinsinnige Dichter N., die berühmte Schauspielerin Luise R., der Legationsrat Freiherr von Falkner. Ein Platz war noch leer – er harrte eines verspäteten Gastes.

„Mir summt die Melodie des Teufelinnenliedes noch im Kopf – ich kann sie nicht loswerden“, meinte Professor Balthasar.

„Das macht der dämonische Einfluss dieser Musik – es ist ein echtes rechtes Teufelswerk!“, rief die Schauspielerin.

„Ja, aber das Werk eines genialen Teufels“, entgegnete Keppler.

„Das ist das rechte Wort dafür“, sagte der Legationsrat, eine hohe, gebietende Erscheinung mit dunklen Augen, dunklem Haar und gleichem Vollbart, „die ›Satanella‹ ist ein Werk, das aus jedem Takt einen Born von Genialität sprudeln lässt, aber eine Genialität, die ich herzlos nennen möchte, weil sie nicht das Herz, sondern nur den Geist berührt und anregt. Der Komponist ist zweifellos ein Genie, aber er ist nicht von Gottes Gnaden, sondern von Luzifers.“

„Und versteht doch so warme Herzenstöne anzuschlagen“, nahm sich Frau Balthasar des unbekannten Meisters an, „ich erinnere Sie nur an das süße Liebeslied des Troubadours im zweiten Akt.“

„O ja, es schmeichelt sich dem Gehör ein, aber nicht dem Herzen“, erwiderte Falkner kühl, „es bezaubert, aber es ergreift nicht. „

„Nun, dann erkläre ich mich befriedigt durch den Zauber, den das Liebeslied enthält!“, rief Keppler. „Warum sollen wir armen Sterblichen uns nicht einmal bezaubern lassen? Wir können nur vom Glück sagen, wenn unser Herz dabei nicht Schaden leidet. „

„Sie mögen recht haben, Keppler“, erwiderte der Legationsrat ruhig, „die Individualitäten sind ja so verschieden. Für mich ist die Musik keine Musik, wenn sie nur blendet und berauscht. So erkläre ich offen auf die Gefahr hin, für einen Vandalen gehalten zu werden, dass für mich die Mehrzahl der antiken Statuen nichts sind als alte Marmorblöcke, deren blöde Augen uns Epigonen recht dumm anstarren, und dass das schönste Antlitz, aus dem kein Herz spricht, mich entsetzlich gleichgültig lässt. So die Musik der ›Satanella‹. Ich bewundere den elektrischen Strom der Genialität, der durch ihre Takte pulst, aber ich liebe sie nicht, weil nicht ein einziger warmer, menschlicher Herzschlag sie durchzittert.“

Während der Legationsrat sprach, hatte sich einer der Türvorhänge geteilt, und in seinem Faltenrahmen erschien, nur von Frau Balthasar bemerkt, eine dunkle Frauengestalt mit rotem Tizianhaar – Dolores Falconieros. Sie legte lächelnd den Finger auf die Lippen, zum Zeichen, dass sie noch unbemerkt bleiben wolle, und stand noch so, als Professor Balthasar entgegnete: „Nun wohl, aber was der Musik fehlt, gaben die Darsteller ihr.“

„Wie wunderbar schön sang unser Heldentenor den Minnesänger, wie seelenvoll“, rief die Schauspielerin.

„Und wie herrlich war die Falconieros in der Titelrolle“, setzte Keppler hinzu, „es war eine unvergleichliche Leistung.“

„Gewiss, unvergleichlich in der Darstellung der grausamsten Herzlosigkeit“, sagte Falkner spöttisch, „mir war's, als spielte diese Satanella ihr eigenstes Selbst – nicht einen warmen Herzenston vermag diese Fremde anzuschlagen, eben weil sie es nicht kann, weil auch sie nur ganz Genie ist. Ich mag diese herzlosen Frauen nicht.“

„Aber die Falconieros –“, begann der bis dahin nur zuhörende Dichter.

„Die Falconieros, wie ihr Künstlername lautet, könnte die ›Satanella‹ komponiert und gedichtet haben“, vollendete Falkner kurz und kühl.

Frau Marianne Balthasar hatte dem Gespräch mit steigendem Unbehagen zugehört und schob jetzt rasch das Teegerät zur Seite.

„Ah – die Senora!“, rief sie, die peinliche Szene beendend und auf die noch im Türrahmen stehende Sängerin zuschreitend. Die Übrigen erhoben und verbeugten sich, als ihre Namen vorstellend genannt wurden, und Donna Dolores nahm auf dem leeren Sessel zwischen dem Professor und Keppler Platz – Falkner saß ihr gegenüber.

„Vor allem Verzeihung, dass ich so spät komme“, sagte sie mit einem reizenden Lächeln, das ihre prachtvollen Züge noch verschönte, „aber ich musste ja erst die Garderobe wechseln –“

„Die Satanella aus- und das Gewand gewöhnlicher Sterblicher anziehen“, scherzte der Professor.

„Als ob ich diese Satansfarbe je ablegen könnte!“, erwiderte sie und strich mit der schlanken weißen Hand über ihr jetzt hoch aufgestecktes Haar. Dabei irrte ihr Blick über den Tisch und traf den des Legationsrates.

„Wie Sie nur so reden können, Senora“, sagte Keppler und betrachtete die Sängerin mit entzücktem Künstlerblick, „oder sollten Sie in der Tat nicht wissen, welch kostbaren Schmuck Sie auf dem Haupte tragen?“

„Mein Haar“, lachte sie. „Ach, das ist eine Künstlerlaune. Gewöhnliche Sterbliche nennen es rot. „

„Ich wusste nicht, dass auch in Spanien unser germanisches Blond üblich ist“, bemerkte Frau Balthasar.

„Oh, ich bin ja zur Hälfte eine Deutsche“, erwiderte Donna Dolores mit ihrem reinen, aber doch fremdartigen Dialekt, „und ich betrachte Deutschland als meine Heimat, wenn auch die Sonne hier weniger sengend strahlt als in Brasilien.“

„O ja, bedeutend kälter“, sagte Professor Balthasar fröstelnd. „Wir Nordländer sind ein eigenes Volk – uns ist nur wohl, wenn uns das Eis bis ans Herz steigt. Das südliche Feuer, das andere durchglüht, stößt uns ab, wenn es uns berührt.“

„Ja, wenn es Gift und Dolch, Vendetta und Lava sprüht“, warf Falkner ein.

Wieder traf ihn ein Blick aus den dunklen Augen der Sängerin, und wieder musste er sich widerstrebend eingestehen, dass diese Augen außerhalb der Bühne einen ganz anderen Ausdruck hatten, einen freien, stolzen und dennoch weichen Ausdruck.

Die Teestunde war beendet, und der kleine Kreis erhob sich, um entweder an die bücherbeladenen Tische zu treten oder eine jener Mappen zu durchblättern, die in großen Gestellen an der Wand standen und kostbare Skizzen und Stiche enthielten.

Donna Dolores setzte sich in einen Sessel und blätterte in einer dieser Mappen, indem sie lächelnd auf Keppler hörte, der sie um den Vorzug bat, sie als Satanella malen zu dürfen.

„Denn“, meinte er, „mir lässt's keine Ruhe, bis ich das Problem der Farbe gelöst habe, das Sie, Donna Falconieros, uns heute Abend vorzauberten. Diese wunderbare, köstliche Wirkung von Rot in Rot – ich hatte mir nie eine solche Kühnheit geträumt. Und was die Hauptsache war – sie wirkte ästhetisch.“

„Meine Kühnheit ist durch Ihren Ausspruch entschuldigt“, entgegnete Donna Dolores, „denn offen gesagt, mir bangte fast, als ich heut Abend in der Garderobe das scharlachrote Kleid anlegte und mein Haar auflöste. Und als dann gar die roten Flammen um mich lohten, da glaubte ich mich dem Urteil der Verdammung, der Ausschließung aus der Zunft der Künstler überliefert zu haben. „

„Es war ein herrlicher Anblick, die letzte Szene der ›Satanella‹“, rief Keppler, „eine Szene, wie sie das Auge des Malers zu sehen sich ersehnt. Rot in Rot – Flammen und Gold – ich kann den Gedanken daran noch nicht loswerden und werde nicht eher Ruhe finden, als bis ich die Farben auf meiner Palette habe.“

Dolores sagte zu, dem Maler einige Sitzungen zu gewähren, und fuhr dabei fort, den Inhalt der Mappe zu durchmustern. Plötzlich stieß sie einen leisen Schrei aus und sah erblassend auf eine Farbenskizze, eine kleine Landschaft mit prächtigen, dunklen alten Eichen und Ulmen, zwischen denen ein altes, im Karree gebautes Haus hervor sah, mit Säulengängen ringsum, die vier Ecken flankiert von ebenso vielen hohen, erkerbeklebten und efeuumwucherten Türmen. Auf einem wehte eine grünweiße, schachbrettartige Flagge und deutete an, dass dieses alte graue Haus kein Kloster sei, wie es auf den ersten Blick schien.

Donna Dolores sah lange auf die Skizze – ihre bleichen Wangen waren noch blässer geworden, und es war, als scheue sie sich zu sprechen. Keppler sah über ihre Schulter hinweg auf das Blatt.

„Ah, das ist der Falkenhof“, sagte er. „Nicht wahr, ein malerischer Fleck Erde. Und Legationsrat von Falkner ist sein glücklicher Erbe.“

„So –?“, sagte Donna Dolores mit eigentümlichem Ausdruck, indem sie zu dem Genannten hinübersah, der mit dem Professor eifrig im Gespräch stand. Seine rücksichtslosen Worte über sie und ihre Leistung auf der Bühne, die sie vorhin mit angehört, hatten sie nicht so tief getroffen, wie man vermutete, aber eine kleine Wunde hatten sie doch hinterlassen. Seit diesem Augenblick aber, als sie hinübersah nach dem Erben des Falkenhofes und sein Blick wiederum über sie wegflog, kalt, verächtlich, da wusste sie, dass dieser Mann dort ihr Feind war oder es werden musste.

„Ein kleines Eden, dieser Falkenhof“, sagte Keppler, auf das Bild deutend, „und doch wiederum der Hintergrund für einen Kampf aus der Zeit der Bilderstürmer. Balthasar hat eines seiner berühmtesten Bilder nach dieser Skizze geschaffen, die er an Ort und Stelle mit Bewilligung der jetzigen Herren aufnahm. Bei dieser Gelegenheit machte er die Bekanntschaft Falkners.“

„Des Erben vom Falkenhof“, wiederholte Dolores leise für sich.

„Ein Mann von Geist und Wissen“, fügte Keppler ebenfalls leise hinzu, „aber mitunter absprechend und kalt bis zur Rücksichtslosigkeit. Balthasar ist so ziemlich der einzige Künstler, dessen Salon er besucht –“

„Also exklusiv und hochmütig ist er demnach“, fiel Dolores dem Maler ins Wort.

„Man ist versucht, es manchmal so zu nennen“, sagte dieser achselzuckend, „Falkner liebt wohl die Kunst und erkennt das Genie rückhaltlos an, aber er will nichts oder doch nur wenig von den Künstlern wissen.“

„Also doch Hochmut“, warf Dolores ein.

„Vielleicht, Senora. Aber er geht den Künstlern wenigstens nicht aus dem Wege, während er eine ausgesprochene Abneigung gegen –“

Keppler stockte.

„Nun?“, fragte die Sängerin ruhig, „warum vollenden Sie nicht: während er eine ausgesprochene Abneigung gegen die Künstlerinnen hat.“

„Senora –“, sagte der Maler halb lachend, halb verlegen.

„Warum nicht aussprechen, was der Betreffende so zur Schau trägt?“, sagte sie achselzuckend, leicht, indem sie die Skizze fortlegte. Aber dabei entstieg ein tiefer Atemzug fast wie ein Seufzer ihrer Brust.

Sie erhob sich und nahm ihre Handschuhe.

„Wie, Sie wollen schon gehen, Senora?“, rief der Professor und eilte auf sie zu.

„Es ist spät, und ich bin müde“, erwiderte sie freundlich. „Die Partie der heutigen Oper war anstrengend. Es ist gar nicht so leicht, eine ›Teufelin‹ zu spielen“, setzte sie lächelnd, fast schalkhaft hinzu.

„O Senora, singen Sie uns noch ein Lied, ein kleines Lied nur“, bat Frau Balthasar und geleitete Dolores nach dem offenen Flügel.

Donna Dolores zögerte einen Augenblick, dann setzte sie sich an das Instrument und ließ die Hände präludierend über die Tasten gleiten. Und sie sang ein einfaches kleines Lied, kurz wie ein Intermezzo.

„Es hat die Rose sich beklagt,

Dass gar zu schnell ihr Duft verwehe,

Den ihr der Lenz gegeben habe.

Da hab ich ihr zum Trost gesagt,

Dass er durch meine Lieder wehe

Und dort ein ew'ges Leben habe.“


Und wie sang sie es! War diese süße, zauberische, weiche Stimme dieselbe, die vorher das Teufelinnenlied von der Bühne herabgejauchzt? Wie eine Verheißung zog Wort und Ton durch das lautlose Gemach.

Und atemlos lauschte der kleine Kreis, als Dolores geendet hatte und leise das Nachspiel erklingen ließ. Dabei schweifte ihr Blick dahin, wo die Skizze des Falkenhofes auf der Mappe lag, und es schimmerte feucht in ihren Augen. In weiche Mollakkorde löste sie die Melodie des Liedes von Mirza Schaffy auf und ging in eine andere über –


„Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit

Klingt ein Lied mir immerdar –“


sang sie leise, wie im Traum. Herzerschütternd schwollen die Töne des schlichten Volksliedes an, und durch die einfachen Worte klang es wie ein Schluchzen –


„O du Heimatflur, o du Heimatflur,

Lass zu deinem heil'gen Raum

Mich noch einmal nur, mich noch einmal nur

Entfliehn im Traum.

Keine Schwalbe bringt, keine Schwalbe bringt

Dir zurück, wonach du weinst;

Und die Schwalbe singt, und die Schwalbe singt

Im Dorf wie einst.“


Die süße Stimme verklang, und die Sängerin ließ die Hände herabsinken von den Tasten. Ihr gegenüber stand Alfred von Falkner, das Auge wie gebannt auf sie gerichtet, die er vorhin so hart verurteilt hatte. Und das Lied –? Es stieg vor seinem geistigen Auge empor wie eine Erinnerung in verschwommenen Umrissen, als das Lied ertönte. War dieses Lied nicht einst in den Kreuzgängen des Falkenhofes erklungen von einer frischen, hellen Kinderstimme –? Er strich mit der Hand über die hohe Stirn und sann und sann – und es war ihm fast, als müsse er in den frohen Tagen seiner Jugendzeit, in den engen Grenzen der Knabenjahre die Gestalt eines Spielgefährten suchen – ja, da war's ihm, als höre er ein kurzes, helles, spöttisches Lachen –


„Und die Schwalbe singt, und die Schwalbe singt

Im Dorf wie einst – –“


sang Donna Dolores dort am Flügel die Schlussworte ihres Liedes – und versunken waren mit einem Male die abgeblassten, vergessenen Gestalten – zerronnen in ein Nichts, aus dem sie entstanden.

„Das nenne ich Musik“, rief Balthasar nach einer Pause und trat auf die Sängerin zu, „das bebte durch die geheimsten Fibern der Seele, denn es war mit dem Herzen gesungen.“

Donna Dolores fuhr empor und richtete sich aufatmend hoch auf. Dann lachte sie kurz, hell und spöttisch, dass Falkner zusammenzuckte, denn ihm kam dieses Lachen so bekannt vor – und ein dunkler Blitz aus ihren schönen Augen huschte auf ihr Gegenüber.

„Mit dem Herzen?“ wiederholte sie laut und deutlich, „Sie irren, Professor. Ich spielte heute in der ›Satanella‹ mein eigenstes Selbst – nicht einen warmen Herzenston vermag ich anzuschlagen, eben weil ich kein Herz habe – –“

Falkner zog die Stirn in Falten, als ihm die Sängerin seine eigenen Worte wie eine Spottdrossel wiederholte – dann zuckte er mit den Schultern, verächtlich, hochmütig.

Da sprühten ihm die schwarzen Augen einen wahren Teufelinnenblick zu – es schien fast, als ginge ein rotes Feuer aus diesem Blick hervor – und wieder lachte der feine, blassrote Mund jenes seltsame, sinnverwirrende Lachen.

„Sie sind ein guter Psychologe und Physiologe, Herr von Falkner“, rief ihm Donna Dolores zu – es waren die ersten Worte, die sie an ihn richtete, „Ihr feines Gefühl hat Sie nicht betrogen – ich selbst habe die ›Satanella‹ komponiert!“

Ein allgemeines „Ah“ der Überraschung erscholl, und Falkner biss sich auf die Lippen – er ärgerte sich mit einem Male über sein Urteil, er ärgerte sich, dass er recht hatte. Donna Dolores aber ließ ihre Hände wieder über die Tasten des Flügels gleiten, wild, wirbelnd erschollen die rauschenden Akkorde, mit denen das Volk in der „Satanella“ den Holzstoß entzündet, um die Hexe zu verbrennen, die sich nun mit einem Male in das nimmer vertilgende, ewig lebende böse Prinzip, in den Fluch verwandelt, der auf der Welt seit ihrem Beginne ruht. Mächtig schwollen die Akkorde an, und mächtig setzte die Stimme der Sängerin ein:


„Lebt wohl, so lang der Sonne Leuchten

verklärt des Weibes ew'ge Macht,

So lang noch Leidenschaften glühen,

So lang noch Schönheit lockend lacht,

So lang noch Männerherzen brechen

Betrogen durch ein falsches Weib,

So lang, so oftmals kehr' ich wieder,

In eurer Mitte stets ich bleib'!

Entfacht der Flamme rote Gluten,

Ihr schafft mich nicht aus dieser Welt,

Denn wo sich Männerhochmut brüstet,

Mein Zepter reiche Ernte hält.

Ich wohn' in jedes Weibes Herzen,

Ich beuge jedes Mannes Macht,

Ich bin die Schlang' des Paradieses

Ich stifte Unheil – drum habt acht!“


Sie schloss mit einem rauschenden Akkord, durch den es wie das Knistern von Flammen klang, und sprang dann empor.

„'s ist Zeit zur Ruhe – gute Nacht!“, rief sie und war verschwunden, ehe die anderen sich dessen versahen.

Drunten vor der Tür stand der leichte Wagen der Sängerin, die Pferde stampften schon lange vor Ungeduld, und als Dolores eingestiegen war, entführten sie ihre leichte Last in raschem Trabe nach dem Hotel, das die „Brasilianerin“ bewohnte. Ihre schwarze Kammerfrau und Duenna in einer Person, die herkulische alte Negerin, hatte schon alles zur Ruhe vorbereitet.

„Tereza“, sagte Dolores auf spanisch, als ihr die Negerin das Haar zur Nacht einflocht, „Tereza, wen meinst du wohl, habe ich heut gesehen? Den ›Erben vom Falkenhof‹.“

„Alle Heiligen – den Alfred? Hat er dich erkannt, Herrin?“

„O nein – und ich hab' ihm auch kein Wort darum gesagt. Er ist ein schöner, großer Mann geworden, hochmütig und zurückweisend ernst.“

„Wie die ganze Falkenbrut“, murrte die alte Tereza. „Nun, lass ihn laufen. Du brauchst ihn nicht und den Alten auch nicht mit seinen klappernden Krücken.“

„Nein, ich brauche ihn nicht“, sagte Donna Dolores, „aber“, setzte sie mit zuckenden Lippen hinzu, „aber wiedersehen möcht' ich den Falkenhof doch. „

„So kaufe ihnen das alte steinerne Nest ab, Herrin!“, riet Tereza.

„Das geht nicht“, erwiderte Dolores sinnend, „es ist ein Lehen –“

„Was ist das?“

„Das ist – ach Tereza, ich bin müde und möchte schlafen.“ Sie sank in die weichen Kissen und schloss die Augen.

„Der Erbe vom Falkenhof!“, murmelte sie im Einschlafen.

Kapitel 2

Bei Professor Balthasar trennte man sich bald, nachdem Donna Dolores sich entfernt hatte.

„Es freut mich“, hatte Keppler gesagt, nachdem sie gegangen, „es freut mich, dass sie gerade die ›Satanella‹ komponiert hat, und dass sie's bekannte trotz Ihrer scharfen Äußerungen, Baron Falkner, die sie gehört haben muss.“

„Das bestätigt nur meine Worte“, erwiderte der Legationsrat und ergriff seinen Hut.

„Nun, ich kann das doch nicht so ohne Weiteres zugeben“, meinte Balthasar nachdenklich, „dass sie mit ihrem Bekenntnis das harte Urteil bestätigte, gerade das beweist, dass sie es nicht zu scheuen hat.“

Falkner zuckte die Achseln.

„Da gehen unsere Ansichten auseinander, Professor. Die Kühnheit der Falconieros blendet Sie, wie ihr Genie die Menge. Mir ist dieses laute Bekenntnis der eigenen Herzlosigkeit mehr zuwider, als ich es ausdrücken kann.“

„Halt, rechnen Sie diese kleine Teufelei der Senora nicht zu hoch an“, sagte Keppler lachend, „Sie haben sie gereizt.“

„Wie konnte ich ahnen, dass sie lauschte? Überdies – es konnte ihr nicht schaden, die Wahrheit zu hören.“

„Das heißt: ihre Ansicht, Baron“, erwiderte Keppler mit Betonung. „Oder wollen Sie an Ihrer Behauptung, Donna Dolores habe kein Herz, auch jetzt noch festhalten, nachdem wir sie so ergreifend singen hörten?“

Ein beinahe feindseliger Blick aus Falkners Augen streifte den Maler.

„Sie sind selbst Künstler, Herr Keppler“, sagte er kalt, „Sie sollten doch am Ende wissen, wie man Effekt macht. Ich bedauere, wenn meine Zweifel nicht zu Ihren Ansichten stimmen, aber es ist mir unmöglich, an die Wahrheit der so schön vorgetragenen Gefühle einer Berufssängerin zu glauben.“

„Das also ist Ihr Schlagwort?“ Eine feine Röte flog über das geistreiche Gesicht des Malers. „Eine Berufssängerin. Sie denken sich darunter natürlich ein Wesen, das möglichst viel Kapital aus ihrer Stimme schlägt und, wie der Schuster seinen Pechdraht, allabendlich ihre Gesangspartie abarbeitet? Ich beneide Sie nicht um diese gewonnene Erkenntnis, Baron Falkner; ich freue mich, dass ich naiv genug geblieben bin, um an die Heiligkeit eines wahren Künstlertums zu glauben.“

„Chacun á son goût“, erwiderte Falkner leichthin, „ich bekenne, dass mir ein so starker Glaube fehlt, wenn ich auch zugestehen will, dass es in früheren Zeiten solche nur um der Kunst willen wirkende Künstler gegeben hat.“

„In jedem Fall ist die Grundidee der ›Satanella‹ tief durchdacht“, mischte sich der Professor ins Gespräch.

„Meinem Geschmack nach zu tief durchdacht für eine so junge Dame wie diese deutsche Brasilianerin“, unterbrach ihn Falkner nicht ohne Hohn.

„Nun, nun – einmal hat sie nur die Musik gemacht und nicht die Worte, und dann sehe ich von der Person völlig ab und zolle gern dem Werk die gebührende Anerkennung“, rief Balthasar, lebhafter werdend.

„Und ich vermag die Person von dem Werk nicht zu trennen, da sie mit diesem durch ihren Individualismus verbunden ist.“

„O Sie Barbar!“, rief Frau Balthasar, lachend zwischen die Herren tretend, deren Gespräch sie allzu scharf zugespitzt fand, „wie können Sie so hart sein? Aber wir wollen Ihnen verzeihen, wenn Sie das Zugeständnis machen, dass Senora Falconieros eine ungewöhnlich begabte, hervorragende Frau ist.“

Falkner verbeugte sich.

„Ich gebe das zu“, sagte er, „aber mir fehlen Verständnis und Geschmack für dergleichen ›ungewöhnliche und hervorragende Frauen‹, die in unseren Kreisen gottlob nicht üblich sind.“

Abermals eine Verbeugung, und Falkner verließ den kleinen Kreis.

„Das sind empörende Ansichten“, brach nun Frau Balthasar los. „Ich begreife nicht, wie ein Mann von der geistigen Bedeutung des Barons so engherzig sein kann.“

„Liebe Marianne, es mag sehr schwer sein, sich aus den fest geschnürten Wickelkissen gewisser Vorurteile herauszuarbeiten“, entgegnete der Professor kaltblütig. „Auch wir haben unsere Vorurteile, ohne dass wir es wissen, und auch wir gehen bei der Verteidigung unserer Ansichten aus Eigensinn und angeborener Rechthaberei weiter, als wir zunächst beabsichtigten. Überdies kann kein Mensch gegen seine Antipathien.“

„Falkners Äußerungen gegen Dolores deuten auf mehr als bloße Antipathie.“

„Das ist noch kein Grund, weshalb die beiden sich nicht noch einmal fabelhaft lieben sollten“, sagte Balthasar humoristisch.

„Unsinn.“

„Was willst du? Wie sagte Julia, als sie sehr rasch die Bekanntschaft ihres Romeo gemacht hatte?


So große Lieb' aus großem Hass entbrannt!

Ich sah zu früh, den ich zu spät erkannt.

O Wunderwerk! ich fühle mich getrieben,

Den ärgsten Feind aufs Zärtlichste zu lieben.“


Frau Marianne lachte.

„Du vergisst, lieber Mann, dass weder Baron Falkner das Zeug zu einem Romeo hat, noch Donna Dolores, unsere Satanella, sich in eine schmachtende Julia verwandeln wird.“

„Weshalb nicht?“, meinte Keppler, indem er dem Paar gute Nacht bot, „die Natur spielt wunderbar, und am Ende hat jede Frau soviel von einer Julia in sich wie jeder Mann von einem Romeo.“

Inzwischen hatte Falkner seine Wohnung erreicht, aber er konnte noch keine Ruhe finden. Er trat ans Fenster, öffnete es und ließ die kalte Nachtluft ins Zimmer strömen. Obwohl der Winter sich dem Ende zuneigte und man auf den Straßen schon die ersten Frühlingsboten in Gestalt winziger Veilchen- und Schneeglöckchensträuße verkaufte, war seine Herrschaft noch nicht gebrochen, noch zeigte er manchmal empfindlich seine Macht.

Falkner war erregt, und dass er's war, ärgerte ihn um der Ursache willen.

„Um eine Sängerin“, murmelte er verächtlich, und doch konnte er das Bild dieser Sängerin nicht loswerden – es gaukelte ihm vor den Augen und blendete ihn.

„Ich hasse rote Haare“ – sagte er sich, indem seine Fantasie die goldenen Haarmassen der Satanella in jene fuchsige Farbe tauchte, die im Verein mit wässerigen Augen und fleckigem Teint so abstoßend wirkt.

„Sie werden bei Tageslicht so aussehen“, sagte er sich, „und die dunklen Brauen und Wimpern werden die Spuren der Farbe zeigen –“

Aber die Augen! Nein, die zu färben war ja ein Ding der Unmöglichkeit.

„Hüte dich vor allen, deren Haarfarbe von der der Augen absticht“, sagte er vor sich hin und musste gleichzeitig lächeln über die ausgekramte Kinderfrauenweisheit. Und am Ende, was ging ihn die „Brasilianerin“ an, die vielleicht in ihrem Privatleben den seltenen Namen Jette Müller oder Gustel Schulze führte. Der Gedanke daran zwang ihn zum Lachen.

„Donna Dolores Falconieros“, sagte er mit pathetischem Spott, „ich werde Ihnen aus dem Wege gehen. Zum Glück habe ich gar nichts mit Ihnen zu schaffen, voraussichtlich auch nicht in späterer Zeit. Unsere Wege führen sehr weit auseinander.“

Mit diesem Entschlusse glaubte Alfred von Falkner die Sache erledigt zu haben. Aber da fiel ihm das Lied ein:

Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit

Tönt ein Lied mir immerdar – –

Er kannte das Lied, aber wer hatte es gesungen, wann war es gesungen worden und von wem? Er sammelte seine Erinnerungen und dachte an die längstvergangenen Kinderjahre. Wen hatte damals der Falkenhof beherbergt? Er erinnerte sich nur eines prächtigen grünen Papageien, der ihm den Mittelfinger der rechten Hand durch und durch gebissen hatte, sodass man die Narbe heute noch sah. Damals hatte ihn jemand verlacht mit hellem, lustigem Lachen und ihm gesagt: „Es geschieht dir schon recht, denn wer hieß dich den armen Rio zu reizen!“

Er hörte plötzlich ganz deutlich die Worte wieder. Ganz richtig, Rio war der Name des klugen Vogels, der, wie er sich deutlich erinnerte, in drei verschiedenen Sprachen zu schimpfen verstand und dabei boshaft genug aussah. Nach jenem Biss und dem unbarmherzigen Lachen war er, Alfred Falkner, zum Oheim und Lehnsherrn gelaufen, um sich bitter zu beklagen, und seine Mutter, damals noch Witwe seines Vaters, hatte ihm tröstend den blutenden Finger verbunden und dazu finsteren Angesichts über das „herzlose fremde Ding“ gemurrt, das an den Schmerzen anderer seine Freude habe.

Aber wer war die Gescholtene?

Der Lehnsherr vom Falkenhof hatte zwei Brüder, eigenwillige, unbeugsame Naturen, wie sie das Falkengeschlecht nur jemals aufzuweisen hatte. Der jüngere der beiden, Alfreds Vater, hatte, während er des Königs Rock trug, sein und seiner Gattin Vermögen völlig vergeudet und starb kurz vor dem drohenden Ruin. Der Freiherr von Falkner nahm nun die Witwe mit dem Knaben zu sich und hielt diesem einen Erzieher, der seine Stellung so zu befestigen und sich so unentbehrlich zu machen verstand, dass ihm schließlich die immer noch stattliche Witwe die Hand reichte. Da sie nun auf dem Falkenhofe seit mehreren Jahren die Pflichten einer Hausfrau versah, weil der Lehnsherr unvermählt geblieben war, so wollte der Freiherr die Schwägerin, die seine Interessen vortrefflich zu wahren verstand, nicht mehr entbehren, und so geschah es, dass sie mit ihrem Gatten einen Flügel des Falkenhofes zu dauerndem Aufenthalt bezog.

Der ältere Bruder des Lehnsherrn war ein unruhiger Kopf gewesen, dessen erinnerte sich Alfred Falkner genau. Aber da er ihm im fünfzehnten Lebensjahre bereits aus den Augen entschwunden war und auch kein Mensch mehr seinen Namen genannt hatte, so wusste er nichts mehr von ihm. Zwanzig Jahre sind eine Zeit, in der man vergessen kann, besonders wenn der Gegenstand des Vergessens totgeschwiegen wird. Je mehr indessen Alfred Falkner der entschwundenen Erinnerung nachsann, desto mehr gewann er davon zurück, und nun trat auch die hohe, blonde Erscheinung des Oheims wieder vor sein geistiges Auge. Er erinnerte sich dunkel, dass der seltsamerweise nie mehr Erwähnte gleich ihm Diplomat war und jahrelang einer Gesandtschaft angehörte, die jedenfalls im Süden zu suchen war. Undeutlich zwar, aber doch mit Bestimmtheit entsann er sich, ein Gespräch zwischen seiner Mutter und dem Lehnsherrn belauscht zu haben, in dem sich dieser bitter darüber beklagte, dass der Bruder in einer zornigen Aufwallung den Dienst quittiert und obendrein sein Vermögen beim Zusammenbruch eines Bankhauses verloren hat.

Der Zusammenbruch eines Bankhauses! Diese Redefigur hatte damals auf Alfred tiefen Eindruck gemacht, denn er konnte sich gar nicht vorstellen, wie ein Bankhaus zusammenbrechen konnte.

Nun erinnerte er sich ganz deutlich, wie der Oheim mit Kind und Kegel, mit Sack und Pack auf dem Falkenhof seinen Einzug hielt; er hatte von einem Mansardenfenster aus mit atemloser Neugier zugesehen, denn es war ihm zu Ohren gekommen, der Herr des Hauses habe von einer Mulatten- und Negerwirtschaft gesprochen, die nun die altdeutschen Räume des Falkenhofes entweihen werde.

Das hatte in seiner jungen, unternehmungslustigen Knabenseele gezündet, und glühend vor Erregung hatte er die Mutter gefragt, ob denn der Oheim ein Fürst aus dem Morgenlande sei, dass er mit Mulatten und Negern komme. Frau von Falkner hatte ihm lachend geantwortet, der Onkel sei höchstens ein Bettlerfürst, aber seine Frau, die Tante, wäre vielleicht eine Mulattin oder etwas Ähnliches, jedenfalls eine „Fremde“.

Und nun kam der Onkel Bettlerfürst an, aber nur eine einzige große Negerin mit ihm, vor der sich Alfred natürlich entsetzlich fürchtete, wie vor dem leibhaftigen Teufel. Die Tante war jedenfalls nicht schwarz von Angesicht, das war schon ein Trost. Sie brachten auch ein kleines Mädchen mit, hell und licht wie eine Elfe, mit einem prächtigen Papagei, namens Rio, auf der Schulter, der den Hausherrn sofort mit einem kräftig schnarrenden „Filou! Filou!“ begrüßte. Jedenfalls war das im Lande der Mulatten eine Höflichkeitsform, wie Alfred meinte; er wunderte sich aber sehr, dass der also Begrüßte vor Zorn blass wurde und gleich in der Stunde der Ankunft seine bissigsten Redensarten hervorkramte.

Damals hatte er zum ersten Mal jenes helle, seltsame Lachen gehört, dessen er sich so genau zu erinnern wusste; er hatte gesehen, wie das kleine Mädchen den vorlauten Vogel gestreichelt hatte, worauf er, ermuntert und angefeuert durch den gespendeten Beifall, seiner ersten Äußerung noch ein lebhaftes „Caracho“ folgen ließ.

Nach dieser wichtigen Begebenheit wurden seine Erinnerungen wieder dunkler. Er entsann sich nur, dass das kleine Mädchen, das damals halb so alt wie er selbst gewesen sein mochte, sein Spielkamerad wurde und unaufhörlich an seiner Seite blieb, bis jener Biss des Papageien einen unheilbaren Riss in seinen Mittelfinger und das Lachen seiner kleinen Cousine einen ebensolchen in die Freundschaft brachte. Er kümmerte sich nach Knabenart nicht mehr um sie und um die fremden Bewohner des Falkenhofes, von denen er sich nicht besinnen konnte, sie überhaupt oft gesehen zu haben. Nur zuweilen hörte er die helle Stimme der Kleinen durch die Kreuzgänge hallen.

Mit seinem fünfzehnten Jahre, als sein Erzieher seine Mutter heiratete, kam er auf ein Gymnasium, um dort sein Abitur zu machen. Zwei Jahre lang, während der er den Falkenhof nicht wiedersah, dauerte sein Studium, dann legte er eine Prüfung ab und trat sofort seine Reise nach der Universität an. Nach den ersten zwei Semestern seines Studentenlebens besuchte er zum ersten Mal wieder die Heimat. Dort fand er alles in hastender Tätigkeit – die „Fremden“ sollten den Falkenhof verlassen. Es war ein schrecklicher Streit unter den beiden Brüdern ausgebrochen, der sofort das Verhältnis trennte; was eigentlich vorgefallen war, darüber erfuhr er keine Silbe. Man war nicht sehr mitteilsam auf dem Falkenhof.

Der Oheim hatte schon einige Tage vorher das Haus seines Bruders verlassen, jetzt folgte ihm seine Familie nach, und Alfred entsann sich genau der hochgepackten Wagen, die bei seiner Ankunft vorläufig noch unbespannt vor dem großen Tor ihrer Insassen harrten.

Als Alfred am selben Abend allein durch die Kreuzgänge des inneren Hofes schritt, die Zigarre im Munde und das Mondlicht beobachtend, wie es durch die doppelten Säulenreihen der mit Efeu und Kletterrosen umsponnenen gotischen Bogen huschte und sich in breiten, fahlgrünlichen, glänzenden Streifen auf die Steinfliesen legte, da hörte er plötzlich eine wunderschöne, wenn auch noch kindlich klingende Stimme ein einfaches Volkslied singen:

„Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit

Tönt ein Lied mir immerdar – –“

Er hatte das Lied hundertmal gehört und wohl auch selbst gesummt, dennoch aber veranlasste es ihn diesmal stillzustehen und den süßen Tönen zu lauschen. Sein nächster Gedanke galt der Sängerin – wer und wo war sie? Er brauchte nicht lange zu suchen. Die Gebäude umschlossen ein viereckiges Stück Land, auf dem von jeher ein herrlicher Blumenflor grünte und blühte. Inmitten des Gartens befand sich das Bassin eines großen Brunnens, und vier kräftige kristallhelle Wasserstrahlen ergossen sich aus ebenso vielen dräuenden Delfinköpfen in das graue steinerne Becken, das außen üppig mit grünem Farnkraut und Huflattich umsäumt war. Die vier mächtigen Schweife der Delfine vereinigten sich in der Mitte des Brunnens zu einem säulenartigen Gewinde, das sich nach oben vasenförmig öffnete und eine ehemals vergoldet gewesene, mächtige siebenzackige Freiherrnkrone trug.

Auf dem Rande des Bassins saß oder schwebte die Sängerin des ergreifenden Liedes – eine weiß gekleidete Mädchengestalt, ein Kind, mit lang herabwallenden Haaren, die im Mondlicht glänzten wie flüssiges, mit Kupfer gemischtes Gold.

Alfred meinte an jenem Abend eine jener Lichtelfen zu sehen, wie das Märchen sie beschreibt, so duftig und zart wie aus Mondschein gewoben. Er wagte nicht, sich zu rühren, aus Furcht, die Elfengestalt am Brunnenrand könnte in Nebel zerfließen, wie es die Art dieser holden Geister ist.

„Und die Schwalbe singt, und die Schwalbe singt

Im Dorf wie einst – –“

verklang das Lied. Die Sängerin aber erhob sich und stand im nächsten Augenblick auf dem Rande des Bassins, einen Kranz von Rosen und dunklem Blattwerk in den Händen – sie hatte ihn während des Singens gewunden.

Mit sicheren schnellen Schritten ging sie rings auf dem schmalen Rand des Bassins herum, als sei sie an solche handbreiten Pfade gewöhnt.

Da tönte eine erschrockene Stimme aus dem im Schatten liegenden Flügel des Falkenhofes hervor: „Bei allen Heiligen, Kind, halt ein, du fällst!“

Und nun lacht die Elfe als Antwort. Ein lustiges, helles Lachen, das einen Anflug von Spott hatte.

„Lass mich nur machen“, rief sie zurück, „ich habe hier einen schönen Kranz gewunden, meinen Abschiedsgruß dem Falkenhof! Den will ich der Steinkrone da droben überwerfen, damit sie auch einmal etwas von Rosenduft spürt – –“

„Kindereien – komm ins Haus, es ist spät“, kam die strenge Stimme zurück.

„Ich komme schon – aber erst den Kranz“, antwortete die Elfe im Mondlicht, „er kann der alten verwitterten Krone nicht schaden, der frische Schmuck, wenn er auch morgen früh schon welk ist. Vielleicht blüht er noch einmal auf.“

Sie hob den Arm und warf den Kranz so sicher, dass er richtig über die Krone fiel und ihre sieben perlengezierten Zacken wie mit Purpur umsäumte.

„Wie schön“ – rief die Elfe triumphierend, aber im selben Moment glitt ihr Fuß auf dem schlüpfrigen Gestein aus – ein Schrei aus dem Dunkel des Hauses, und die weiße Gestalt verschwand in dem hoch aufspritzenden Wasser des Bassins.

Mit einem Sprunge war Alfred im Hof und am Brunnen – seine kräftigen Arme zogen die leichte Gestalt aus dem Wasser und setzten sie vorsichtig auf den trockenen Boden. Sie war nicht bewusstlos, kaum erschrocken, und ihre Augen, die ihm im Mondlicht seltsam dunkel erschienen, sahen ihn fragend an.

„Bist du – sind Sie verletzt?“, fragte er stockend.

Da lachte sie schon wieder.

„O nein“, sagte sie, „der Oheim drinnen hat mir's hundertmal gesagt, ich sei eine herzlose Person – und denen geschieht nichts, wenn sie ins Wasser fallen, sie können nicht untergehen. Nur Menschen, die ein Herz haben, zieht's auf den Grund.“

„So? Und was klopft denn da bei dir an der Stelle, wo bei anderen Menschen das Herz sitzt?“ fragte Alfred belustigt.

„Da?“ Sie legte die Hand auf die Stelle. „Oh, da liegt bei mir ein hohler Muskel.“

„Wirklich? Und fühlt der Muskel nichts?“

Sie sah ihn groß an.

„Nein –“, sagte sie langsam, „es muss wohl nicht sein, denn der Oheim sagt, ich sei herz- und gefühllos – ein Satanskind.“

Und nun lachte sie wieder auf, dass es wie der Ruf der Spottdrossel durch den Garten und die Kreuzgänge klang, raffte ihr triefend nasses Kleid zusammen und floh ins Haus.

Am nächsten Morgen, als er ins Freie hinaustrat, waren die Wagen verschwunden. Die „Fremden“ waren abgereist, und „es krähte kein Hahn nach ihnen“, wie Mamsell Köhler, die Beschließerin, sagte, als sie an das Inordnungbringen des verlassenen Flügels ging.

Nein, es krähte kein Hahn nach ihnen, denn nicht mit einer Silbe wurden sie erwähnt von dem Oheim, der Mutter und deren Gatten.

Nur einer vermisste das Satanskind – das war der Verwalter des Gutes, ein mittelalterlicher Hagestolz, dem es tausend und aber tausend lustige kleine Streiche gespielt hatte, wie allen im Hause, nur dass es drinnen Empörung und sittliche Entrüstung über den „schlechten Charakter“ gab, während er lachte. Dafür sang sie ihm abends, auf dem Fensterbrett seines Häuschens hockend, Lieder zur Mandoline vor.

Alfred von Falkner seufzte tief auf – er war mit seinen Erinnerungen zu Ende. Es war nicht viel und nur sehr Unklares, da man ja auf dem Falkenhofe das niederdrückende System des „Totschweigens“ übte und unliebsamen Personen keine Silbe gönnte. Aber er war dennoch zufrieden, nun wusste er doch, wo er das Lied gehört hatte, das die „Komödiantin“ gesungen.

Bei dieser Erkenntnis fuhr ihm ein jäher Schreck wie ein glühender Strom durch das Herz – ihm war, als gliche die Satanella des heutigen Abends der kleinen zarten Elfe von damals, als sie im Mondlicht am Brunnen ganz ernsthaft ihre Herzlosigkeit behauptete.

Im nächsten Augenblick aber musste er sein Erschrecken belächeln.

„Unsinn“, sagte er vor sich hin, „meine Nerven sind erregt von der Satansmusik der im Grunde geschmacklosen Oper. Es war das Lied, das mir den hirnverbrannten Gedanken eingab – denn das kleine Mädchen, das es vor vierzehn Jahren sang, war am Ende doch eine Freiin von Falkner.“

Mit diesem beruhigenden Gedanken suchte er sein Lager auf, aber die schlichte Weise tönte noch in seinen Träumen fort:

Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit

Tönt ein Lied mir immerdar.

Kapitel 3

Die Zeit verging. Abend für Abend wurde die „Satanella“ aufgeführt, und Abend für Abend zog die Oper eine Menge von Schaulustigen und Musikfreunden in die strahlenden Räume des Opernhauses.

Natürlich wurde das Geheimnis der Autorschaft bald gelüftet, und so geschah es, dass diejenigen, die sich eigentlich nur für die Sängerin begeistert hatten, diese Teilnahme nun auch der Oper zuwandten und umgekehrt.

Donna Dolores konnte natürlich nicht Abend für Abend die anstrengende Partie der Satanella singen und wechselte deshalb in dieser Rolle mit der Primadonna der Oper ab. Sie war eine geheimnisvolle Persönlichkeit, über die viel gesprochen wurde, man befragte den Intendanten, in dessen Hause sie wie eine Tochter verkehrte, aber er verriet ihre Herkunft nicht. Niemand hatte gehört, dass sie schon anderswo aufgetreten war, sie war gekommen und hatte gesiegt – ein Mädchen aus der Fremde im Reiche der Kunst. Man brannte förmlich darauf, mehr von ihr zu wissen, zu erfahren – vergebens. Denn die schwarze Tereza, ihre Kammerfrau, war unbestechlich, und Senor Ramo Granza, ihr Kammerdiener und Sekretär in einer Person, ein kleiner, nussbrauner, geschmeidiger Brasilianer, war noch unzugänglicher, sowohl Geld als guten Worten. Er war zugeknöpft von der weißen Krawatte bis zu den Lackstiefeln.

An den Abenden, an welchen Donna Dolores die Satanella sang, saß regelmäßig auch Alfred von Falkner in seiner Loge. Er wollte die Musik studieren, hatte aber keinen Blick für die Bühne, solange Donna Dolores auf ihr stand.

„Man sollte meinen, Sie fürchteten sich vor den faszinierenden Augen der Satanella“, sagte Richard Keppler eines Abends zu ihm. Denn auch der Maler fand sich regelmäßig ein und war immer wieder aufs Neue entzückt von der plastischen Darstellungsweise der Fremden.

Alfred zuckte die Achseln.

„Sie hat eine wunderbar schöne Stimme, und ich komme, sie zu hören“, erwiderte er kühl, „aber das verpflichtet mich nicht, die Sängerin anzusehen. Ihre Erscheinung ist mir unsympathisch.“

Dagegen ließ sich natürlich nichts einwenden.

Es war etwa einen Monat nach jenem Abend beim Professor Balthasar, als Donna Dolores bei dem Atelier Richard Kupplers vorfuhr.

Senor Ramo sprang vom Bock und öffnete seiner Dame die Wagentür. Die Sängerin, wie gewöhnlich in Schwarz gekleidet, verließ den Wagen und betrat das Vorzimmer des Ateliers, das sich Keppler hier, mitten im grünen Stadtpark, selbst erbaut hatte und zu dem die reisende Welt von überall herbeiströmte. Man bewunderte sogar die Frühstücksreste des Meisters und brach vor dem halb vollendeten Bilde eines Schülers in Entzücken aus, in der Meinung, vor einer Schöpfung des Genies zu stehen.

Donna Dolores durchschritt die wohldurchwärmte, komfortabel und künstlerisch ausgestattete Vorhalle und öffnete die Tür, ohne anzuklopfen. In dem mit Oberlicht versehenen Raume stand Keppler, Pinsel und Palette in der Hand. Aber das gewaltige Historienbild, an dem er sonst arbeitete, hatte er zurückschieben lassen – eine andere Staffelei war herbeigerollt, und darauf stand im prächtigen goldenen Renaissancerahmen das halbvollendete lebensgroße Porträt der Satanella.

Der Meister war so versunken in den Anblick des Bildes, dass er nicht einmal hörte, wie das Original hinter ihm erschien, und so bot Dolores ihm auch keinen guten Tag, sondern huschte lautlos durch den purpursamtnen Vorhang ins Nebenzimmer, dem Buen Retiro des Meisters, wo in einem Korbe verpackt das Satanellakostüm lag.

Lautlos und schnell warf sie ihr schwarzes Kleid von sich und das andere über, dann löste sie das Haar und trat mit einem Mal neben das Bild. Keppler erschrak beinahe, dann glitt sein Auge von der Leinwand auf die Sängerin, er verglich die Wirklichkeit mit der Kunst. Fast ängstlich prüfte er die Wirkung des farbensatten Bildes – dieses feuerfarbenen Kleides von starrer Seide im Schnitt der Renaissance, über einem Rock von Goldbrokat gerafft. Und über die rauschenden roten Falten wogte das üppige goldrote Haar in jenen wunderbaren Reflexen, wie sie eben nur dieses Haar hatte. Das zweizackige Brillantdiadem raffte die schweren Wellen zurück in den Nacken und funkelte über der weißen Stirn mit teuflischem Leuchten, denn die beiden rückwärts gebogenen Zacken flammten wie kleine Hörner, das Wahrzeichen Satanellas.

Mit einem Seufzer der Enttäuschung warf Keppler die Palette zur Seite. „Ich bin ein Stümper“, sagte er traurig, „denn ich stehe ratlos vor der Natur. Mir fehlen die rechten Töne für Ihr farbensattes Bild, Madonna Diavolina!“

„Zinnober, Meister, viel Zinnober, Karmin und Ocker“, scherzte die Sängerin. „Um Sie damit rot anzutünchen wie den Hans Styx im Orpheus! Ja, wenn ich allein vor dem Bilde stehe, dann sieht mein Auge diese Übergänge vor sich, dann weiß ich, wie Ihr weißer Nacken, Ihr Antlitz sich hervorheben muss aus dieser Flut von Rot und Gold. Stehen Sie selbst aber neben dem Bilde, so möcht' ich schier verzweifeln, denn dann verwirren sich die Begriffe – ich werde farbenblind!“

„Das macht, weil Sie mit dem Kopfe begonnen haben –!“

„Nein, Ihre Augen machen das“, rief er heftig. „Ich war ein Tor, Ihre Stellung so anzuordnen, dass Sie mich ansehen mussten – mit diesem Ausdruck ansehen mussten!“

Sie lächelte gezwungen.

„Ich werde an eine weidende Gänseherde denken“, sagte sie, „vielleicht verändert dieses Bild den Ausdruck meiner Augen.“

„Sie spotten und haben recht“, antwortete Keppler finster, indem er die Palette wieder aufnahm. „Die Satanella muss diesen Ausdruck im Auge haben – wie wäre sonst die Rolle denkbar, die sie im Leben spielt?“

Er beugte sich nach seinem Farbenkasten, und Donna Dolores stieg auf die Empore, um ihre Stellung einzunehmen: ein halbes Abwenden der Figur, das die volle Pracht des goldigen Haarmantels zeigte, aber das Haupt zurückgeworfen mit dem Lächeln der Siegerin auf den Lippen.

„Ich bin bereit, Apelles“, sagte sie.

Keppler warf einen flüchtigen Blick auf sie und begann zu arbeiten, stumm, die Lippen aufeinandergepresst. Endlich richtete er den Blick auf sie.

„Ein schlechter Maler, der sein Modell langweilt“, sagte er.