Ulf Blanck
Rick Nautilus
Ufo in Seenot
Band 5
Mit Bildern von Timo Grubing
FISCHER E-Books
© privat
Ulf Blanck, 1962 in Hamburg geboren, schrieb Theaterstücke und arbeitete als Radioredakteur, bevor 1999 sein erstes Kinderbuch der Serie Die drei ??? Kids erschien. Bis heute hat er über 120 Bücher veröffentlicht. Mit Rick Nautilus geht für den leidenschaftlichen Segler ein Traum in Erfüllung: eine phantastische Abenteuerserie zu schreiben, die in den unentdeckten Weiten der Meere spielt.
Ufo in Seenot ist der fünfte Band der Reihe Rick Nautilus. Informationen zu weiteren Bänden finden sich am Ende dieses Buches.
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Timo Grubing, 1981 in Bochum geboren, ist nach seinem Design-Studium in Münster in seine Geburtsstadt zurückgekehrt. Dort lebt und arbeitet er als freier Illustrator für Kinder- und Jugendbücher, Familienspiele und Comics. Er fände es super, wenn ein Hauskrake in seiner Badewanne leben würde, der ihm mit seinen acht Armen bei der Arbeit hilft!
Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage finden Sie unter www.fischerverlage.de
Erschienen bei FISCHER E-Books
© 2022 Fischer Kinder- und Jugendbuch Verlag GmbH,
Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Covergestaltung: Johannes Wiebel│punchdesign,
unter Verwendung einer Illustration von Timo Grubing
Coverabbildung: Illustration von Timo Grubing
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-7336-0479-0
Die Nacht war tiefschwarz, und kein Mondlicht schwächte die Sicht auf die unzähligen Sterne. Wie ein Schirm spannte sich das Himmelszelt von Horizont zu Horizont. Nur kleine Sternschnuppen unterbrachen für den Bruchteil einer Sekunde diesen Anblick. Rick, Ava und Emilio hatten es sich in dieser windstillen und wolkenlosen Nacht auf dem Deck der Nautilus gemütlich gemacht. Sie lagen auf weichen Decken und blickten andächtig in den Himmel.
Rick verschränkte seine Hände hinter dem Kopf. »Je länger man ins Weltall guckt, desto mehr Sterne entdeckt man. Es ist unmöglich, alle zu zählen.«
Rechts neben ihm hockte Ava. »Wozu auch? Dir wird es nicht weiterhelfen, und den Sternen auch nicht. Mir reicht es zu wissen, dass sie wunderschön sind.«
»Das sind sie«, gab ihr Emilio von der linken Seite recht. »Aber einiges wusste man schon früher über die Sterne. Zum Beispiel haben sich die Seefahrer daran orientiert. Und es gibt die ganzen verrückten Sternbilder, den Polarstern und natürlich die Milchstraße. Seht euch das an! Die zieht sich wie ein Nebelband über den ganzen Himmel.«
Rick kannte sich auch recht gut aus. »Ja, und wenn man bedenkt, dass es Milliarden von Sternen sind, kann einem echt schwindelig werden.«
Ava musste lachen. »Milchstraße! Vielleicht gibt es auch noch eine Kakaostraße.«
Die drei Freunde befanden sich auf ihrem Tauchboot mitten auf dem Meer. Da war kein Land weit und breit, und das Wasser unter ihnen sah aus wie eine riesengroße schwarze Scheibe. Es war wunderbar warm, und die Luft legte sich wie weiche Seide auf ihre Haut. Leise gluckste es am Rumpf des Tauchbootes.
In diesem Moment hatte Rick wieder eine Sternschnuppe entdeckt. »Da! Und die war richtig hell und lang. Ich darf mir was wünschen, aber ich darf euch meinen Wunsch nicht verraten. Sonst geht er nicht in Erfüllung. Wisst ihr, was ich mich manchmal frage: Gibt es irgendwo da oben auf einem der vielen Planeten auch Leute, die genau in diesem Moment auf uns runtergucken?«
Emilio kniff die Augen zusammen. »Warum nicht? Und auch die werden keine Antwort bekommen.«
»Und vielleicht ist es sogar besser, wenn wir ihnen nie begegnen«, fuhr Ava fort. »Niemand weiß, ob die genauso nett sind wie wir.«
Rick sah das ähnlich. »Richtig. Und außerdem gibt es für uns hier im Meer noch genug zu entdecken.«
Lange Zeit blickten sie schweigend in den Nachthimmel. Dann überkam einen nach dem anderen die Müdigkeit, und sie schliefen ein. Leise schaukelte die Nautilus wie eine Wiege hin und her, und über ihnen funkelten die Sterne.
Sehr früh am Morgen wurde Rick von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Ein roter Feuerball schob sich langsam über den Horizont und tauchte alles in ein rosafarbenes Licht. Über Nacht hatte der Wind aufgefrischt, und die ersten kleinen Wellen brachen sich am Bug der Nautilus.
»He, ihr Schlafmützen!«, rief Rick. »Aufwachen, sonst verpasst ihr den Sonnenaufgang.«
Müde rieb sich Emilio die Augen. »Kann die Sonne nicht etwas warten? Ich finde, die sollte sich nach uns richten. Ich würde gern noch eine Stunde länger schlafen.«
Auch Ava war jetzt wach. Genauso müde blinzelte sie ins grelle Licht. »Gute Idee, Emilio. Und dann kann man ihr noch sagen, dass sie nicht so hell scheinen soll. Zumindest nicht so früh am Morgen.«
Rick stand auf und wickelte seine Wolldecke zusammen. »Ihr könnt ja mit ihr telefonieren«, grinste er. »Vielleicht lässt sie sich überreden. Ich hab auf jeden Fall etwas anderes vor, denn der Wind ist heute perfekt, um es auszuprobieren.«
Neugierig erhob sich jetzt auch Emilio. »Du willst was ausprobieren? Worum geht es?«
Rick ging zum Steuerrad und griff sich vom Instrumentenpult ein dickes Buch. »Ich hab in den letzten Tagen wieder einmal in der Bedienungsanleitung der Nautilus herumgeblättert. Als meine Eltern das Tauchboot konstruierten, haben sie alles fein säuberlich aufgeschrieben. Und ich sage euch, hier gibt es noch einige Überraschungen und vieles zu entdecken.«
Emilio kam zu ihm. »Das klingt spannend. Beim letzten Mal haben wir herausgefunden, wie der Flux-Modus funktioniert, mit dem man die Nautilus zum Fliegen bringt. Was ist es diesmal für eine Erfindung? Ein Pizzaautomat oder eine immer volle Pommestüte?«
Ava stupste ihn von der Seite an. »Das wäre doch langweilig. Wie wär’s mit einem Pinsel, mit dem man einen Regenbogen an den Himmel malen kann.«
Rick ließ seine Finger über das große Display am Steuerpult wandern. »Wartet ab. Ich weiß aber selbst noch nicht ganz genau, ob es funktioniert.«
In diesem Moment schoben sich am Bug der Nautilus mehrere kleine Klappen auf, und ein dünner Stoff kam zum Vorschein. Mit der nächsten Windböe faltete sich eine Art Drachen auseinander, der von zwei dünnen, aber stabilen Seilen gehalten wurde. Sofort blähte er sich auf und hob ab.
»Es klappt!«, strahlte Rick. »Daran haben meine Eltern lange getüftelt. Es ist ein Lenkdrachen, wie sie die Kitesurfer haben. Nur viel, viel größer.«
Plötzlich ging ein Ruck durch das Tauchboot, und die Nautilus wurde mit großer Kraft durchs Wasser gezogen. »Seht ihr? Im Wind steckt so viel Energie, dass er locker ganze Schiffe über den Ozean ziehen kann. Meine Eltern haben berechnet, dass Tank- und Frachtschiffe damit fast die Hälfte an Treibstoff sparen können. Und das ist wirklich eine Menge. Mit solchen Drachen kann man sogar Strom erzeugen.«
Immer schneller schoss jetzt die Nautilus durchs Wasser, und die Wellen klatschten an den Bug. Auch Emilio war begeistert. »Das ist eigentlich wie beim Segeln. Der Wind kostet nichts, und kein Motor verpestet die Luft. Deine Eltern sind echt cool.«
Rick beobachtete, wie der riesengroße Drachen vollautomatisch über die beiden Seile gelenkt wurde. Auch er war sehr stolz auf seine Eltern. Die beiden waren Forscher und Erfinder und hatten sich vor einiger Zeit mit anderen Wissenschaftlern zusammengeschlossen. Ihr gemeinsames Ziel war es, durch intensive Forschung die wichtigsten Probleme der Menschheit zu bekämpfen. Es ging um die drohende Klimaveränderung, um die Umweltverschmutzung und um den unnötigen Hunger in großen Teilen der Welt.
So kam es, dass Rick für eine bestimmte Zeit auf sich allein gestellt war. Aber sie hatten ihm alles gezeigt, um sicher und sorgenfrei auf der Nautilus die Meere zu erkunden. Forschen, Entdecken und Erfinden: Das war ihr gemeinsamer Leitspruch.
Ava rollte schnell die restlichen Decken zusammen, damit sie nicht von Bord geweht wurden. »Nicht schlecht!«, rief sie begeistert. »Aber das geht nur bei Rückenwind, oder?«
»Nein, man kann damit sogar gegen den Wind ankreuzen, wie ein Segelschiff. Hier, seht euch einmal die Graphik auf dem Monitor an!«
Doch plötzlich gab es am Bug der Nautilus einen dumpfen Knall. »Habt ihr das gehört?«, wunderte sich Emilio. »War das für den Lenkdrachen zu viel Wind? Ist da was kaputtgegangen?«
Rick blickte auf den riesigen Drachen. »Nein, bei dem ist alles in Ordnung. Vielleicht sind wir gegen ein großes Stück Treibholz gefahren.«
Erneut gab es einen heftigen Rumms, und Ava blickte über die Bordwand. »Du hast recht, Rick. Im Wasser schwimmen lauter merkwürdige Teile. Du solltest den Drachen schnell wieder einholen.«