Mit Buddha durch den Alltag

Buddhas Anleitungen

Sie finden den Buddhismus faszinierend, wollten schon längst mehr darüber erfahren, haben aber bisher keinen Zugang gefunden? Dann dürfte dieses Buch ein guter Einstieg für Sie sein.

Sie erfahren im ersten Kapitel nicht nur alles über die Grundlagen von Buddhas Lehre – kurz, knackig und ohne großen religiösen Überbau –, Sie können auch im zweiten Kapitel durch kleine Übungen und Anregungen sofort in die Praxis eintauchen. So lenken Sie Schritt für Schritt Ihr Leben auf Buddhas Pfade. Die Lehre Buddhas umfasst wesentlich mehr, als sich in den Schneidersitz zu setzen und zu versuchen, möglichst ruhig zu werden, oder Mantren vor sich her zu singen. Es ist eine sehr praktische und alltagstaugliche Lehre. Mit ihrer Hilfe finden wir einen Weg aus den Verstrickungen und Täuschungen unseres Lebens, die uns immer wieder unzufrieden und unglücklich machen oder, wie Buddha es ausdrückt, uns leiden lassen. Herausforderungen und Konflikte wird es natürlich immer geben. Doch wir können lernen, unsere Probleme zu lösen, und ein erfüllteres, glücklicheres Leben führen, indem wir unsere Achtsamkeit schulen und unser Herz und unseren Geist entwickeln.

WAS ERWARTET SIE IN DIESEM BUCH?

Vielleicht empfinden Sie schon länger eine unterschwellige Unzufriedenheit, Unruhe oder Leere, wissen aber nicht, wie Sie etwas verändern sollen. Wahrscheinlich sehnen Sie sich nach mehr Klarheit in Ihrem Leben, nach mehr Ruhe, Gelassenheit oder auch nach mehr Lebendigkeit, denn sonst hätten Sie dieses Buch nicht in der Hand. Doch wie gehen Sie nun vor?

Am besten lesen Sie das Buch erst einmal von vorne bis hinten durch. Dann beginnen Sie mit den Themenbereichen und Übungen, die für Ihr Leben aktuell besonders relevant sind. Alternativ können Sie die Themenauswahl auch dem Zufall überlassen: Schlagen Sie das Buch einfach am Morgen auf und lassen Sie sich überraschen, welche Übungen an diesem Tag auf Sie warten. Manche eignen sich für zwischendurch, manche entfalten ihre Wirkung erst, wenn Sie sie fest in Ihren Alltag integrieren oder über einen längeren Zeitraum üben. Dabei beanspruchen viele dieser Übungen nicht mehr als fünf Minuten Zeit. Und die dürften doch eigentlich auch im allerbewegtesten Alltag drin sein.

Die meisten Übungen, wie zum Beispiel die Selbstbeobachtung, laufen jedoch eher nebenbei ab, während Sie Ihren aktuellen Tätigkeiten nachgehen, sodass Sie sich gar nicht extra Zeit dafür einrichten müssen. Und plötzlich, ohne großen Aufwand, pflegen Sie einen buddhistischen Alltag. Ganz gleich, welche Übung Sie sich ausgesucht haben, Sie werden lernen, mehr im Hier und Jetzt zu leben, und erkennen mit der Zeit, welche Ihrer Denk- und Verhaltensmuster dafür sorgen, dass Sie unzufrieden oder unglücklich sind, sodass Sie diese verändern können.

Wichtig zu wissen

Der Buddhismus ist ein Erfahrungsweg und erschließt sich Ihnen nur, indem Sie ihn gehen – das heißt, indem Sie das, was Sie hier lesen, auch ausprobieren und üben, und das, was Sie dabei erleben, reflektieren und daraus Erkenntnisse gewinnen. Sie brauchen kein Buddhist zu sein und müssen auch keiner werden. Es genügt vollkommen, wenn Sie Lust haben, sich für die buddhistischen Weisheiten und Anregungen zu öffnen, und bereit sind, auch mal andere Wege auszuprobieren als Ihre bisher gewohnten.

Buddhas Leben – Buddhas Lehren

Von Buddhas spannendem Werdegang sind noch erstaunlich viele Details überliefert. Seine Lehren können uns heute noch helfen, zu mehr Zufriedenheit und Glück zu finden.

Der historische Buddha war nicht irgendein Gott, der erleuchtet vom Himmel stieg, sondern ein Mensch wie Sie und ich. Auch er hatte mit seinem Leben zu kämpfen – was ihn sehr nahbar und sympathisch macht. Er lebte vor schätzungsweise gut 2500 Jahren, wobei sich die Forscher über die korrekte Zeitangabe nicht ganz einig sind. Bevor er zu Buddha wurde, was der Erwachte bedeutet, lebte er als Königssohn und Thronanwärter ziemlich komfortabel in einem Palast in Nordindien.

BUDDHAS WERDEGANG

Damals hieß er noch Siddharta. Er galt als sehr intelligent, wissbegierig und talentiert. Zu seiner Geburt hatte jedoch ein Sternendeuter prophezeit, dass Siddharta entweder ein großer Weltenherrscher oder ein bedeutender Heiliger werden würde. So tat der König alles dafür, dass sein Sohn von Problemen, Unpässlichkeiten und Leiden verschont blieb, denn er wusste, wie sehr die Konfrontation mit Leid einen Menschen zur spirituellen Suche inspirieren kann. 29 Jahre lebte Siddharta von Luxus und Schönheit umgeben, von dicken Mauern und Wachen beschützt und vor allem Übel behütet am Hofe seiner Eltern.

Siddhartas Begegnung mit dem Leid

Siddharta hatte jedoch mit der Zeit genug von seinem behüteten Leben. Er wollte endlich die Welt außerhalb des Palastes sehen und bedrängte seine Eltern, ihn gehen zu lassen. Voller Sorge sträubten sich diese zunächst dagegen. Doch schließlich gaben sie nach und Siddharta erkundete die Umgebung. So kam er mit der unperfekten Welt in Berührung. Er sah Kranke, Bettler, Alte, Sterbende und auch einen Toten. Für den abgeschirmt von allem Leid aufgewachsenen Siddharta waren diese Begegnungen zunächst ein Schock, denn sie zeigten ihm zum ersten Mal, welchen Schmerz und welches Leid es auf der Welt gab.

Inmitten all dieses Leides begegnete ihm ein asketischer Wandermönch, der, von all dem unbeeindruckt, tiefen Frieden ausstrahlte. Siddharta war sehr berührt von der Dimension des Leidens um ihn her, aber auch fasziniert von der Möglichkeit, trotz allem Frieden empfinden zu können, wie der Mönch es vorlebte. So fasste Siddharta den Entschluss, es dem Asketen gleichzutun und sich auf die spirituelle Suche zu machen, um für alle Wesen einen Weg zur Auflösung von Leid zu finden.

Vergebliche Umstimmungsversuche

Seine Eltern waren alles andere als glücklich über Siddhartas Vorhaben. Besonders sein Vater wollte, dass Siddharta sein Thronfolger wurde. Also versuchte er, ihn mit einer Heirat zum Bleiben zu bewegen. Siddharta sah und verstand das Leid seines Vaters und willigte nach einigem Hin und Her in diese Heirat ein. Seine Braut Jassodhara war nicht nur anmutig und schön, sondern auch noch intelligent und warmherzig, und er liebte sie sehr. Sie konnte seinen dringlichen Wunsch, auszuziehen und ein Gegenmittel für das Leid der Welt zu suchen, nachvollziehen. Für dieses Verständnis liebte er sie umso mehr. Und diese Liebe machte ihn noch entschlossener, ein Gegenmittel für das unabwendbare Leid zu finden. Als Jassodhara einen Sohn gebar und der Königshof somit einen neuen Erben hatte, verließ Prinz Siddharta schweren Herzens, aber entschlossen noch in der Nacht der Geburt seines Kindes heimlich den Palast. Er entledigte sich seiner kostbaren Gewänder, schnitt sein Haar ab und trat seine Wanderschaft an.

Siddhartas Suche

Unerkannt zog er umher und lernte bei den größten Meistern seiner Zeit, die ihn in ihre Art der Meditation und Askese einweihten. Er meisterte die Aufgaben, bis er seinen Lehrern ebenbürtig war. Dann zog er wieder weiter. Doch die erhoffte Erkenntnis und die Befreiung von Leid blieben aus. Er praktizierte eine strenge Askese, um die Bedürfnisse seines Körpers zu unterwerfen und damit über das Leid hinauszuwachsen. Doch statt der erhofften Befreiung nahm das Leid zu.

Dem Tode näher als dem Leben, musste er erkennen, dass ein geschundener Körper ihn auf dem Weg zur Erleuchtung eher hemmte als unterstützte. So brach er die Askese ab und setzte, nachdem er sich erholt hatte, seinen Weg allein fort.

Seine ehemaligen Gefährten nahmen es ihm ziemlich übel, dass er in ihren Augen den rechten Pfad verließ. Doch Siddharta war überzeugt davon, dass es einen anderen Weg geben musste als Selbstkasteiung. Er, der die verschwenderische Fülle des Palastlebens erlebt und im direkten Gegensatz dazu die Entbehrungen der Askese kennengelernt hatte, konnte aus eigener Erfahrung nun mit Sicherheit sagen, dass beide Extreme nicht zur Befreiung von Leid führen. Er entschloss sich, den Weg der Mitte zu gehen, indem er seine körperlichen Grundbedürfnisse berücksichtigte. Dabei erinnerte er sich, dass er als Kind einmal ein intensives meditatives Erlebnis hatte, während er still und zufrieden unter einem schattigen Baum gesessen hatte. Daran wollte er anknüpfen.

Siddhartas Erleuchtung

Nach nun nahezu sechs Jahren des Lernens und der Meditation fasste er den Entschluss, die Wahrheit nicht mehr bei irgendwelchen Meistern zu suchen, sondern in seinem eigenen Geist. Er wollte so lange meditieren, bis er die inneren Prozesse erkannt hatte, die dafür sorgten, dass er und alle anderen fühlenden Wesen leiden müssen, und es ihm gelang, sich nicht mehr darauf einzulassen. So setzte er sich also wieder unter einen Baum, entschlossen, so lange zu meditieren, bis sein Geist absolut klar und stabil wäre. Wir können davon ausgehen, dass das harte Arbeit war.

GEDANKEN ALS TRUGBILDER ERKENNEN

Während er bewegungslos dasaß, produzierte sein Geist Fantasien und Emotionen, die jeder von uns kennt: fiktive Streit- und Angriffssituationen, die Abwehr, Angst oder Wut hervorbringen, Sexfantasien, die Lust, Begehren und Leidenschaft erzeugen, Vorstellungen von Ruhm und Ehre, die Stolz und Neid wecken, sowie Gedanken an Speisen und Getränke, die starkes Verlangen hervorrufen.

Siddharta durchlebte alle diese Fantasien und die damit einhergehenden problematischen emotionalen Regungen und erkannte, dass sie gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Alles fand ja nur in seinem Kopf, in seinen Vorstellungen statt. Als ihm das klar wurde, lösten sich die Gedanken und die damit verbundenen schwierigen Gefühle auf – und mit ihnen verging auch alles Leid.

WEITERE MEDITIATIVE ERKENNTNISSE

Immer weniger ließ er sich auf das Spiel der geistigen Phänomene ein und sein Geist wurde immer offener, entspannter und klarer. So erkannte er, während er in der Meditation verweilte, auch das Naturgesetz der Vergänglichkeit, also dass alles, was lebt, wieder vergehen muss. Genauso erkannte er das Naturgesetz von Ursache und Wirkung, dem das ganze Universum unterliegt: Nichts existiert aus sich selbst heraus, alles unterliegt Bedingungen und alles, was wir tun, hat Auswirkungen. Er begriff, dass damit auch die Vorstellung von einem eigenständig existierenden Ich oder Selbst nichts anderes als eine Täuschung ist und dass, wenn es nur ein Trugbild, eine Vorstellung ist, wir unser Ich weder zu schützen noch zu verteidigen brauchen. So kam schließlich jegliches Streben seines Geistes zur Ruhe – all sein Begehren, im Buddhismus Anhaftung genannt, und jeglicher Widerwille lösten sich auf. Er verweilte in der großen Offenheit und stillen Weite seines Geistes. Sechs Tage und Nächte saß Siddharta solchermaßen in Meditation und am siebten Morgen – einem Vollmondtag im Mai – war es vollbracht: Sein Geist war durch den meditativen Prozess klar, stabil und still, frei von Anhaftung und Ablehnung, frei von Täuschungen, Hoffnung und Furcht, frei von Leid.

So wurde Siddharta zu Buddha, dem Erwachten. Dieser Tag war sein 35. Geburtstag und sollte 45 Jahre später auch sein Todestag sein.

Buddhas Belehrungen

Buddha selbst zweifelte, dass er das, was er erlebt und entdeckt hatte, vermitteln könnte. Doch als er einige Wochen nach seinem Erleuchtungserlebnis seine Asketengefährten wieder traf, waren diese von seiner Ausstrahlung sehr beeindruckt und baten ihn um Belehrungen. Und so begann Buddha, in Worte zu fassen, was er erfahren hatte, und erklärte ihnen die Grundlagen seiner Erkenntnisse, welche die »Vier Edlen Wahrheiten« genannt werden. Schnell sammelten sich Menschen um ihn, die ihm folgten. Er nahm sie ungeachtet ihrer Kaste auf. Das war revolutionär zu seiner Zeit. Buddha zog mit seinen Schülern umher und lehrte 45 Jahre bis zu seiner Todesstunde – selbst im Sterben soll er noch einem ihn aufsuchenden Schüler eine letzte Belehrung gegeben haben. Da Buddha ein Mensch war, starb er auch wie ein Mensch – mit 80 Jahren an einer Lebensmittelvergiftung. Er ging mit den Worten: »Ich kann glücklich sterben. Ich habe keine einzige Belehrung in einer geschlossenen Hand behalten. Alles, was euch nützt, habe ich schon gegeben.«

DIE ÜBERLIEFERUNG DER LEHRE

Seine Belehrungen wurden erst nach 300 bis 500 Jahren aufgezeichnet. Bis dahin wurden die Lehren auswendig gelernt und von Lehrer zu Schüler mündlich überliefert. Ein Gremium wachte darüber, dass die Lehren nicht durch eigenes Gedankengut verfälscht wurden.

Heute sind die 84.000 Belehrungen in schriftlicher Form in 108 Bänden zusammengefasst. Die späteren Erläuterungen seiner Schüler sind in weiteren 254 Büchern überliefert.

Verbreitung und Strömungen

Die Lehre Buddhas hat sich mittlerweile nahezu über die ganze Erde verbreitet. Dabei sind aufgrund der kulturellen und religiösen Gegebenheiten der jeweiligen Länder verschiedene Formen der Ausübung entstanden. So traf der indische Buddhismus auf den chinesischen Taoismus und verschmolz zum Chan-Buddhismus, verbreitete sich weiter nach Japan und wurde zum japanischen Zen. In Tibet verschmolz der Buddhismus mit der dort vorherrschenden Bön-Religion, die schamanisch geprägt ist, und es entwickelte sich der spezielle Vajrayana-Buddhismus mit seinen vielfältigen Ritualen. Innerhalb dieser von Land zu Land recht unterschiedlichen Ausprägungen entwickelten sich wiederum die verschiedensten Schulen und Linien.

Im letzten Jahrhundert wanderte die buddhistische Lehre schließlich weiter nach Westen und verbreitete sich dort. Seit den 70er-Jahren finden Sie auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein großes Angebot an buddhistischen Gruppen, Klöstern und Studienzentren, in denen Sie je nach Bedarf Anleitung und Begleitung für Ihren Weg bekommen können. Dabei bleibt es Ihrem persönlichen Geschmack überlassen, ob Sie sich zum Beispiel eher mit dem Urbuddhismus, der Praxis des Zen oder des tibetischen Buddhismus beschäftigen möchten.

MEHR SEIN ALS SCHEIN

Doch ganz gleich, welche Schule Sie wählen, es geht immer um die Umsetzung der Empfehlungen Buddhas in Ihrem eigenen Leben. Die Rituale der jeweiligen Schule sind nur Hilfsmittel, die es Ihnen ermöglichen, nach Ihren persönlichen Voraussetzungen den Geist zu schulen. Es nützt jedoch nichts, einfach nur stundenlang Mantras vor sich hin zu singen oder schick im Lotussitz verknotet zu sitzen. Ohne den Sinn hinter der Meditationsanweisung und Buddhas Lehren zu verstehen und sie im Alltag und der Meditation anzuwenden, wird uns das Sitzen und Singen der Erleuchtung nicht viel näher bringen, sondern eher in die Sackgasse einer spirituell verklärten romantischen Scheinwelt führen.

Eigenes Forschen, Erkennen, Reflektieren, Verstehen, Üben und Umsetzen sind die Pfeiler des Weges, den Buddha uns aufzeigt. Damit hat Buddha seinen Job bereits getan. Es liegt an uns, seine Lehren persönlich umzusetzen. Buddha legt ganz klar die Verantwortung dafür in unsere eigenen Hände. Mit dieser Umsetzung können Sie im nächsten Kapitel ab > gleich beginnen.

BUDDHAS LEHRE AUF DEN PUNKT GEBRACHT

Das Ziel der buddhistischen Lehre ist, praktikable und wirksame Wege aus dem Leid zu zeigen und die von Natur aus tief in uns angelegten Qualitäten unseres Geistes wie Offenheit, Liebe, Mitgefühl, Weisheit und Klarheit zu entwickeln.