Die verborgene Intelligenz im Universum

aus dem Englischen von Astrid Ogbeiwi

Bernard Haisch


ISBN: 978-3-86191-127-2
1. Auflage 2020
© der deutschen Ausgabe 2015 Crotona Verlag GmbH & Co. KG, Kammer 11, D-83123 Amerang

Titel der Originalausgabe:
The Purpose-Guided Universe
© The Career Press, Inc., 3 Tice Road, PO Box 687, Franklin Lakes, NJ 07417, USA
© 2010 Bernard Haisch
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
Umschlaggestaltung: Annette Wagner

www.crotona.de

Inhalt


 

 

Über den Autor

Dr. Bernard Haisch ist Astrophysiker und Verfasser von über hundertdreißig wissenschaftlichen Publikationen. Zehn Jahre lang war er wissenschaftlicher Herausgeber des Astrophysical Journal. Nach seiner Promotion an der University of Wisconsin in Madison forschte Haisch als Post-Doktorand am Joint Institute for Laboratory Astrophysics der University of Colorado in Boulder sowie an der Universität Utrecht in den Niederlanden.

Seine berufliche Laufbahn umfasste Positionen am Lockheed Martin Solar and Astrophysics Laboratory, als stellvertretender Direktor des Center for Extreme Ultraviolet Astrophysics an der University of California in Berkeley sowie als Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching. Er war außerdem Chefredakteur des Journal of Scientific Exploration. Vor Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn besuchte Haisch die Latin School of Indianapolis und das St. Meinrad Seminar als katholischer Priesterkandidat.

Bernard Haisch ist verheiratet und hat drei Kinder. Mit seiner Frau Marsha Sims lebt er in der San Francisco Bay Area.

DANKSAGUNGEN

Dieses Buch ist meiner Frau und besten Freundin Marsha Sims sowie meinen Kindern Kate, Taylor und Elizabeth gewidmet. Außerdem Pamela Eakins, Joyce Eakins, Jason Brenneman und ganz besonders dem kleinen James West Brenneman.

Marsha gebührt darüber hinaus Dank für ihre Grafiken, die schwierige, aber unerlässliche Konzepte verständlich machen.

Mein Dank geht auch an Patrick Huyghe, dessen Beiträge zu Warum Gott nicht würfelt wesentlich zu dessen Erfolg beigetragen und dadurch zu dem vorliegenden Buch geführt haben.

Meine Anerkennung gilt der humanistischen Bildung, die mir an der Latin School of Indianapolis zuteilwurde und die mich auf ihre Weise schließlich zu diesem Buch gebracht hat. Danke, meine Klassenkameraden an der LSI.

ZUM GELEIT

Sollte es möglich sein, dass hinter dem Universum Sinn und Zweck stecken? Noch dazu solche, die mit der modernen Naturwissenschaft, insbesondere mit dem Urknall und der Evolution vereinbar sind? Ich schlage vor, dass es einen solchen großen Sinn und Zweck gibt und dies tiefgreifende Auswirkungen auf den Sinn unseres Lebens hat.

Vor über dreißig Jahren schrieb der Nobelpreisträger Steven Weinberg in seinem Buch Die ersten drei Minuten die berühmten (manche würden sagen berüchtigten) Worte: „Je begreiflicher uns das Universum wird, desto sinnloser erscheint es auch.“ Dies ist eine sehr düstere Sicht der Dinge. Wenn das Universum sinnlos ist, dann sind wir es wohl auch – nicht gerade eine Perspektive, die das Leben schöner macht. Freude ist im Jammertal nicht vorgesehen. Seither haben sich die Dinge dramatisch verändert. Heute deuten die Indizien auf das genaue Gegenteil hin. Auf den Gebieten der Physik und der Astrophysik sind in den vergangenen zwanzig Jahren zahlreiche Koinzidenzen und Feinabstimmungen zwischen den Naturgesetzen ans Licht gekommen, die insgesamt äußerst unwahrscheinlich erscheinen und erklärungsbedürftig sind. Diese Schlüsseleigenschaften des Universums weisen genau die richtigen Werte auf, damit Leben möglich wird. In Kapitel Drei werden sie näher besprochen.

Um fair zu sein: Man kann diese Koinzidenzen und Feinabstimmungen als eine rein statistische Angelegenheit erklären. Dazu gehört ein Konzept, das als Multiversum bezeichnet wird. Die Vorstellung von einem Multiversum besagt, dass unser anscheinend besonderes Universum nur eines von unzähligen Universen ist, die sich jeweils auf womöglich unvorstellbare Weise voneinander unterscheiden. Es gibt dafür keinerlei Beweise, aber es führt zu einer interessanten Theorie.

Ich schlage vor, eine ebenso – und vielleicht sogar ein klein wenig eher – wahrscheinliche Erklärung ist, dass hinter dem Universum eine bewusste Intelligenz steht und Sinn und Zweck des Universums und unseres menschlichen Lebens sehr eng mit dieser Intelligenz verbunden sind.

Die Intelligenz, die ich vorschlage – und die wir ebenso gut Gott nennen können – hat nichts mit der anti-evolutionären Auffassung vom „Intelligent Design“ zu tun. Ganz im Gegenteil, ein Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren, eine 4,6 Milliarden Jahre alte Erde und die darwinistische Evolution sind nach der Sichtweise, die ich vorstellen will, wesentliche Bestandteile eines sinnvollen Universums. Dieser Gott braucht Darwin, um seinen Plan auszuführen.

Sir James Jeans und Sir Arthur Eddington waren zwei der bekanntesten und fähigsten Astrophysiker des vergangenen Jahrhunderts. Beide vertraten die Ansicht, Bewusstsein sei wahrscheinlich die Grundlage des Universums. Jeans schrieb in Der Weltenraum und seine Rätsel: „Das Weltall sieht allmählich mehr wie ein großer Gedanke als wie eine große Maschine aus.“ Sogar Max Planck, der Entdecker des Quants, schrieb in Physikalische Gesetzlichkeit im Lichte neuerer Forschung: „Es gibt Realitäten, die unabhängig sind von unseren Sinnesempfindungen.“ Auch außergewöhnliche Erfahrungen einzelner Menschen sowie die Berichte von Mystikern aus allen Zeiten deuten in Richtung eines fundamentalen, allem zugrunde liegenden Bewusstseins. Tatsächlich kommen auch aus der entgegengesetzten Ecke der Physik – aus der mikroskopisch kleinen Welt der Quantenmechanik – zunehmend Hinweise darauf, dass die Auffassung von Bewusstsein als Grundlage der Realität richtig ist.

Bereits 1932 zeigte der Mathematiker John von Neumann, dass die Quantenmechanik Bewusstsein erfordert, wenn sie überhaupt Messergebnisse liefern soll. Die Verbindung zwischen Quantenmechanik und Bewusstsein ist seither die quälende, lästige Leiche im Keller der Physik, bei der man am besten so tut, als spiele sie keine Rolle. Doch neue Experimente haben die Kellertür aufgestoßen. Die Quantentheorie besagt, dass ein Objekt sich erst durch den Akt der Beobachtung, die es als an einem bestimmten Ort befindlich wahrnimmt, an diesem Ort befindet. Dies wurde im Labor bestätigt. Nun bestehen aber wir und unsere Umwelt aus Atomen, die Quantengesetzen unterliegen. Wenn Bewusstsein im Kern der Quantenphysik liegt (und das tut es), dann liegt es damit allem zugrunde.

Neuere Bestseller prangern die Übel der Religion an und behaupten, die Wissenschaft habe erwiesen, dass es keinen Gott gebe. Doch der Missbrauch der Religionen durch den Menschen und die Existenz Gottes sind zwei verschiedene Dinge. Das Problem lautet: Von welchem Gott sprechen wir?

In seiner knappen, furiosen Streitschrift Brief an ein christliches Land rast der Gott ablehnende Autor Sam Harris mit Siebenmeilenstiefeln durch die Bibel und findet Beispiel um Beispiel dafür, dass Gott seinen Anhängern Dinge auferlegt, die nur ein soziopathischer, schwer gestörter Despot gebieten würde: Die eigene Braut zu Tode zu steinigen, falls sich herausstellt, dass sie keine Jungfrau mehr ist; oder sogar Frauen und Kinder abzuschlachten, wenn sie zufällig zur falschen Zeit in der falschen Stadt wohnen … sowie selbst unschuldiges Vieh.

„Lasse niemand übrig bleiben“, sagt der Gott des Deuteronomiums (5. Mose). Heute würde er wahrscheinlich das Gebot erlassen, die feindliche Stadt zu atomisieren. Wenn dieser Verrückte Gott sein soll, dann zählt mich unter die Ränge der Atheisten; aber ich behaupte mit Zuversicht, dass mich dafür keine Strafe ereilen wird, weil es diesen Gott nämlich nicht gibt. Er ist lediglich das Produkt der dunklen Seite der menschlichen Fantasie (die heute leider in bestimmten Teilen der Welt äußerst lebhaft ist).

Ich schlage ein neues Gotteskonzept vor, das eigentlich schon sehr alt ist. Es ist Bestandteil der Philosophia perennis, der ewigen Philosophie, die im Grunde wiederum ein Destillat zentraler religiöser Glaubensinhalte aus allen Zeiten ist. Mein Beitrag besteht darin, sie einer Welt, die ein erhebendes Sinnempfinden dringend benötigt, wieder vor Augen zu führen und sie in den Kontext neuerer wissenschaftlicher Entdeckungen über die außergewöhnlichen Eigenschaften des Universums zu stellen sowie ihr die wissenschaftlichen Beweise dafür zur Seite zu geben, dass Bewusstsein auf der Quantenebene Realität erschafft.

Aldous Huxley unternahm die heroische Großtat, diese mystische Strömung fundamentaler metaphysischer Wahrheiten aus vielen Kulturen und Epochen in seinem Buch Die ewige Philosophie: Philosohpia perennis zusammenzustellen und zu vergleichen. Es geht darin um die Beschaffenheit der Wirklichkeit, das Selbst sowie um den Sinn des Daseins. Huxleys Buch wurde von Erwin Schrödinger, einem der Begründer der modernen Physik, sehr gelobt.

Die wichtigsten Grundsätze der ewigen Philosophie lauten:

  • Das physische Universum aus Materie ist nicht die einzige Realität. Es existieren weitere, nicht-physische Realitäten, die möglicherweise andere Lebensformen beherbergen. Interessanterweise stimmt dies mit der String-Theorie und der M-Theorie an der Spitze der modernen Physik überein.
  • Unser menschliches Wesen hat sowohl eine den Naturgesetzen sowie Geburt und Tod unterworfene materielle Seite als auch einen nicht-materiellen unsterblichen Geist bzw. eine Seele.
  • Alle Menschen verfügen über die Fähigkeit, intuitiv das wahre, vielschichtige Wesen des Menschen und der größeren Realität zu erfassen. Leider liegt diese Fähigkeit in der modernen Gesellschaft ziemlich brach.

Die allertiefste Wahrheit aber liegt in der Wendung: Du bist das! „Du“ bezieht sich hier auf unser geistiges Wesen, und „das“ ist Gott. Hierin liegt die Lösung des großen Rätsels: Wenn Gott tatsächlich für die Erschaffung des Universums (im Urknall) verantwortlich ist – warum um Himmels willen hat er das bloß getan? Die Antwort lautet, so glaube ich: Um die physische Realität in all den unterschiedlichen Arten und Weisen zu erleben, die in einem solchen Universum möglich sind. Deshalb glaube ich, dass die „genau richtigen“ Naturgesetze in Wirklichkeit die manifest gewordenen „genau richtigen“ Ideen Gottes sind, der „große Gedanke“, von dem Jeans spricht.

Eine unendliche Intelligenz stellt eine Sammlung miteinander kompatibler Ideen zusammen, die dann zu den Naturgesetzen eines gegebenen Universums werden. Die richtige Kombination führt zu einem Universum, in dem Leben entstehen und sich weiterentwickeln sowie das Bewusstsein Gottes mithin sein Potenzial erleben kann. Dies verleiht dem Leben jedes Menschen in der Tat großen Sinn, nämlich als Inkarnation Gottes in physischer Form Gottes Selbst-Erfahrung zu erschaffen.

Ich behaupte gewiss nicht, dass bewiesen werden kann, was ich vorschlage. Es verbleiben ungelöste Rätsel, etwa zu Ursprung und Natur des Bösen. Freier Wille und Karma spielen dabei sicher eine Rolle, was jedoch Gottes Pläne anbelangt, so steckt der Teufel im Detail.

Der Jesuit und Paläontologe Teilhard de Chardin schrieb: „Wir sind gewiss nicht Menschen, die eine spirituelle Erfahrung machen, sondern spirituelle Wesen, die eine Erfahrung als Menschen machen.“ In Abwandlung dessen würde ich sagen: Wir sind Gott, der eine Erfahrung als Mensch macht. Dieses Buch erklärt, warum dies Sinn ergibt, in keiner Weise im Widerspruch zur Wissenschaft steht und warum es über das Potenzial verfügt, das Bewusstsein des Menschen zu transformieren.