Konstanze Marx
Weihnachtslinguistik
Festliche Texte über Sprache
Narr Francke Attempto Verlag Tübingen
Mit der Textzeile „Die Bedeutung zahlt immer der Empfänger“ wollten wir schon länger einmal einem Beitrag zum Thema Emojis überschreiben. Das Zitat ist dem Song „Teil des Plans“ aus dem Album „Hallo Endorphin“ der Gruppe …But Alive entnommen. Wir danken Marcus Wiebusch für die Inspiration.
Die Darstellung ist wie folgt zu lesen: In der mittleren Spalte steht der Chatverlauf. Jede Zelle der Spalte gibt ein Posting wieder, so wie es zwischen den beiden Beteiligten per WhatsApp ausgetauscht wurde. Grau unterlegt sind je Zeile das Posting sowie die paraphrasierte Äußerungsintention des zugehörigen Produzenten (in Anführungszeichen). Die Paraphrase wurde vom jeweiligen Produzenten unmittelbar nach Verschickung des Postings aufnotiert und war dem Kommunikationspartner während des Chats nicht zugänglich. Kursiv wiedergegeben sind die Hypothesen des jeweiligen Adressaten über den Inhalt des Postings und über die Äußerungsintention seines Produzenten. Die Hypothesen wurden ebenfalls chatbegleitend von den beiden Beteiligten (links: MB, rechts: SP) individuell notiert, und zwar unmittelbar nach Erhalt des betreffenden Postings, und waren dem jeweils anderen nicht zugänglich. Horizontale Pfeile symbolisieren den Zusammenhang von Äußerungsabsicht, Kommunikat (Posting) und Rezeption (verbalisierte Deutungshypothese); vertikale Pfeile symbolisieren den Übergang von der Deutung der Partneräußerung zum eigenen Folgehandeln.
Vgl. Rach, R.: „Die erste gedruckte Weihnachtskarte. Vor 175 Jahren. DLF Kalenderblatt, 05.12.2018, <https://www.deutschlandfunk.de/vor-175-jahren-die-erste-gedruckte-weihnachtskarte.871.de.html?dram:article_id=435058>
Vgl. Rach, R.: „Die erste gedruckte Weihnachtskarte. Vor 175 Jahren. DLF Kalenderblatt, 05.12.2018, <https://www.deutschlandfunk.de/vor-175-jahren-die-erste-gedruckte-weihnachtskarte.871.de.html?dram:article_id=435058>.
Datensatz #Qhswl aus der MoCoDa², 2020, <https://db.mocoda2.de/>.
Wir versuchen mit einer an der deutschen Schreibung orientierten Umschrift die griechische Aussprache so gut es geht wiederzugeben, ohne auf eine IPA-Transkription, die i.d.R. nur von Expert*innen lesbar ist, zurückgreifen zu müssen.
„Weihnachten“, Eintrag im DWDS, 2020, <https://www.dwds.de/wb/Weihnachten>.
Im Altgriechischen erscheint τά mit Akzent, im Neugriechischen ohne.
„Dionysia“, Eintrag im Online Liddell-Scott-Jones Greek-English Lexicon, 1940, <http://stephanus.tlg.uci.edu/lsj/#eid=28083>.
„Χριστούγεννα“, Eintrag im Λεξικό της Κοινής Νεοελληνικής (Wörterbuch der Neugriechischen Koiné), 1998, <http://www.greek-language.gr/greekLang/modern_greek/tools/lexica/triantafyllides/search.html?lq=χριστούγεννα&dq=>.
„Χριστούγεννα“, Eintrag im Λεξικό της Ελληνικής ως ξένης γλώσσας για μαθητές της δευτεροβάθμιας εκπαίδευσης (Wörterbuch Griechisch als Fremdsprache für die Sekundärschule), Universität Athen, 2007, hier S. 649.
So die typische Bedeutungsangabe zum Wort „Freude“, Eintrag im DWDS, 2020, <https://www.dwds.de/wb/Freude>.
https://www.heinrich-tischner.de/22-sp/2wo/wort/idg/deutsch/w/wunsch.htm (letzte Einsicht: 18.08.2020)
Das lateinische auspicium bedeutet ,Vogelschau‘. Auch das Wort augure leitet sich ab von der Verbindung von av-is/au-is (Vogel) und gero (machen, leisten).
Hals- und Beinbruch geht auf das hebräische hazlacha uwracha (= „Erfolg und Segen“) zurück. Dieser Glückwunsch wurde von Juden beim Abschluss eines Geschäfts in der jiddischen Form hazloche und broche ausgesprochen und von deutschsprachigen Zuhörern als Hals- und Beinbruch verstanden. Einen guten Rutsch ins Neue Jahr! geht auf den jiddischen Gruß ‚gut Rosch!‘ (vom hebräischen Wort für ‚Kopf, Start, Anfang, Beginn‘) zurück, später im Deutschen rekontextualisiert und verballhornt.
www.weihnachtsgedichte24.de/weihnachtswuensche2.html (letzte Einsicht: 18.08.2020)
https://www.frasimania.it/auguri-buon-natale-frasi/
https://www.frasimania.it/auguri-buon-natale-frasi/
https://www.frasiepensieri.it/messaggi-di-auguri-di-natale-religiosi/
Eigenes Korpus, deutscher Muttersprachler mit Italienisch B1
Eigenes Korpus, deutscher Muttersprachler mit Italienisch B1
Eigenes Korpus, italienischer Muttersprachler mit Deutsch A2
Ich hoffe sehr, dass diese Formulierung schon bald gegendert werden muss, um noch sachlich korrekt zu sein.
Keywords werden im Folgenden durch Kursivdruck gekennzeichnet.
Alle Bibelzitate werden aus dieser Ausgabe zitiert.
https://static5.evangelisch.de/get/ccd/00010001GmpW9lOfH1dr6ba8eqtW7id0znVqQmFcceNO96uzUwkD000000190142/download, 01.08.2020
Die Webseite wird seit 1997 von der Firma ermerge2 gestaltet, der ich an dieser Stelle, und besonders Monica Reid, herzlich für die Bereitstellung von Informationen danken möchte.
Grundlage für unsere Suche bilden die folgenden Korpora (d.h. systematische Sammlungen von Audio- und z.T. Videoaufnahmen): Die transkribierten Teile der Korpora „Deutsche Mundarten: Zwirner-Korpus“ (ZW) sowie „Deutsche Mundarten: ehemalige deutsche Ostgebiete“ (beide enthalten u.a. Standard- und Vorlesetexte und Erzählungen) für die 1950er und 1960er Jahre. Die Korpora „Deutsch heute“ (Interviews und Maptask-Interaktionen) und das „Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch“ (spontane Alltagsinteraktionen). Alle diese Korpora sind für die wissenschaftliche Öffentlichkeit über die Datenbank für Gesprochenes Deutsch (www.dgd.ids-mannheim.de) zugänglich.
Die Trennung von Jesus gegenüber Jesses ist dabei nicht immer eindeutig, etwa wenn Sprecher*innen Jessus äußern.
Dies muss nicht gezwungenermaßen auch bedeuten, dass o(h)je in der neueren deutschen Sprache generell häufiger gebraucht wird. Eine Rolle können auch unterschiedliche Gesprächstypen in den Datensammlungen spielen, da in den neueren Sammlungen authentische dialogische Gespräche häufiger sind.
Vgl. Stöcker, Christian (2016): Weihnachtsmann und Christkind Lügen Sie ruhig mal kräftig! In: Spiegel Online 18.12.2016, 11.55 Uhr https://www.google.de/search?sa=X&lei=UuwJX_yeE4LgkgXG6JGIAQ&q=kinder%20weihnachtsmann%20wahrheit&ved=2ahUKEwj8j-zR0sXqAhUCsKQKHUZ0BBEQsKwBKAJ6BAgREAM&biw=1680&bih=867
Spiegel online. www.spiegel.de/panorama/italien-dirigent-leugnet-weihnachtsmann-und-wird-gefeuert-a-1a128125.htm
Weil das Weihnachtsfest heidnischen Bräuchen entspringe (und mit der katholischen Kirche verbunden sei), lehnten reformierte Kirchen in Genf und Schottland, aber auch Quäker, Puritaner, Mennoniten und andere Gruppen in den USA Weihnachten als Fest ab. Erst im 19. Jahrhundert wurde Weihnachten (wohl durch den Einfluss des Gemahls von Königin Viktoria, Prinz Albert) in England heimisch. Einen ähnlichen Umschwung gab es in den USA, in dem Weihnachten erst 1856 zu einem staatlichen Feiertag erhoben wurde.
In einer Gesellschaft mit einem hohen Anteil an Immigranten scheint folgender Hinweis nicht uninteressant zu sein: „In einigen jüdischen Haushalten, die als Minderheit in einer christlichen Umgebung leben, kommt es vor, „Weihnukka“ zu feiern. Dabei werden zum Chanukka-Fest beispielsweise Tannenbäume in Wohnzimmern aufgestellt und mit Kugeln geschmückt, in die Davidssterne eingraviert sind. (…) In einigen muslimischen Haushalten kommt zu Weihnachten eine Gans auf den Tisch und die Kinder bekommen Geschenke. Da die Geburt Jesu Christi im Koran ausführlich beschrieben wird, ist den Muslimen der Ursprung des Weihnachtsfests nicht fremd.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachtsbrauchtum_in_Deutschland).
Hauschild (2012) versucht zu zeigen, dass der „transkulturelle Gott der Gaben“ im Übrigen eine Figur ist, die in Asien ebenso vorkommt und auch schon vor dem Nikolaus /Weihnachtsmann mythisch verbreitet war.
„Postfaktisch ist das Wort des Jahres, Fake News in aller Munde, die Wahrheit hat einen schweren Stand in diesen Tagen. Und jetzt auch noch das: Weihnachten, das Fest der Lügen. Schadet das nicht den Kindern?“ so die zusammenfassende Einleitung des Artikels von Stöcker (2016).
Vgl. Römer, Jörg (2014): Glaube an den Weihnachtsmann Santa Claus oder Papa Klaus? (22.12.14, 19.15 h) https://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/weihnachtsmann-und-glaube-wenn-kinder-an-santa-claus-zweifeln-a-1008534.html
Bekanntlich kann man auf die Frage: „Ist der gegenwärtige König von Frankreich kahlköpfig“ nicht einfach mit Ja oder Nein antworten, weil es ihn gar nicht gibt.
Vgl. die lustigen Beispiele in Dambeck/Stotz (2019) , die nicht nur für einen Rauschbart interessant sein dürften. (Dambeck, Holger/Stotz, Patrick. 2019. Namen von Friseursalons: Verhairendes Haar-a-kiri. Spiegel Online 12.01.2019, 16:00 Uhr)
Eine Sonderentwicklung hat das „Naming“ genommen, die für neue Produkte einen dazu passenden Namen sucht.
Zu dem Phänomen der Namenstradierung gehört leider auch, dass fremdklingende oder sozial abgewertete Namen ein merkwürdiges Eigenleben führen. Ausführlicher und kritisch Kohlrausch (2015).
Einen kurzen Überblick bietet der Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachten
Bekannt geworden ist der Weihnachtsmann im 19. Jahrhundert als Gabenbringer besonders durch das populäre Lied: „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ von Hoffmann von Fallersleben (1835) mit einer durch Mozart bearbeiteten französischen Melodie.
Vgl. vor allem die einflussreiche Position von Niklas Luhmann (2004).
aus: Hacke, Axel. 2006. Das Beste aus meinem Leben. Mein Alltag als Mann. München: Kunstmann. 14
digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/etymwb/Lebkuchen>
Lieder sind ein Desideratum der linguistischen Forschung. Das gilt sowohl für eine diskurslinguistische Einordnung (vgl. deshalb immer noch Burel 2013, als auch für die Analyse ritueller Einbettung im Kontext von Ideenlehren (vgl. Lasch 2005) oder die (vor allem visuell orientierte) Multimodalitätsforschung (Wildfeuer/Bateman/Hiippala 2020), in der das Lied wenig Beachtung findet. Und in ganz besonderem Maße gilt dieses Forschungsdesideratum für Lieder aus der DDR (vgl. dazu Goll 2016). Eine wirkliche Ausnahme bilden die Arbeiten von Ulla Fix (z. B. Fix 1998), die deshalb im Kontext linguistischer Forschung als Einstieg für beide Desiderata empfohlen seien.
Die Informationen über die Musikgeschichte der ehemaligen DDR, Komponist:innen und Texter:innen sind entnommen aus zur Weihen (1999), Müller-Engbers (52010), dem Lexikon Musik in der DDR des MDR (verfügbar unter www.mdr.de/zeitreise/stoebern/ damals/artikel75300.html, Stand: 31.07.2020) und der Sächsischen Biographie des Instituts für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. (verfügbar unter: https://saebi.isgv.de/, Stand: 31.07.2020).
Die in diesem Beitrag verwendeten Liedtexte werden zitiert nach www.musixmatch.com/de (Stand: 31.07.2020); den Text zu Sterne über stillen Straßen habe ich für diesen Beitrag auf der Basis eigenen Notenmaterials und Höreindrucks dort eingepflegt. Das Album Sind die Lichter angezündet ist z. B. verfügbar über den Streaming-Dienst Spotify (https://open.spotify.com/album/0FBkB7qfMYvyI5LL9fSN10?si=5aLPEad4Qsya7ep_ajOGFw, Stand: 31.08.2020).
Speziell zu Es ist für uns eine Zeit angekommen vgl. Weber-Kellermann (1982).
Mehr Informationen dazu sind unter www.germanistik.uni-greifswald.de/knd zu finden.
„Guten Abend, schön Abend“ auf: https://www.weihnachts-lieder.net/schoene-weihnachtslieder/36. (Stand 11.08.2020)
Fritz-Reuter-Bühne (2012) (Hrsg.): Hell ward dat in uns Stuben. Plattdütsch Wiehnachten mit de Fritz-Reuter-Bühn. Schwerin. (CD)
Insofern sich alle Aktivitäten und Handlungen von Menschen zeitlich und räumlich verorten lassen, stellt auch die Sprache Wörter zur Verfügung, mit denen man sich auf Gegenstände, Orte, Zeitpunkte oder andere Personen beziehen kann. Diese Form der Bezugnahme wird Deixis genannt. Sie erfolgt mithilfe von so genannten deiktischen oder indexikalischen Ausdrücken, wie zum Beispiel ich, du, dieses, jenes, dort, hier, morgen, heute. Ein deiktischer Ausdruck wird Deiktikon (Plural Deiktika) genannt. Für uns von besonderem Interesse ist die temporale Deixis, welche das Erleben von Zeit konstituiert, indem ein Bezug zum Äußerungszeitpunkt und somit eine zeitliche Orientierung hergestellt wird. Besonders deutlich wird dies etwa in der Verwendung temporaler Adverbien wie gestern, heute oder morgen. Doch nicht nur in der Lexik, also in den Wörtern selbst, findet sich Deixis, sondern auch in der Grammatik einer Sprache. Mit Blick auf die temporale Deixis spielen dann auch die Tempora von Verben eine besondere Rolle, insofern ihre Interpretation vom Sprechzeitpunkt abhängig ist. Kennt man diese nicht, bleibt für den Hörer oder die Leserin unklar, worauf sich zeitliche Referenzen wie sofort oder morgen beziehen. Ohne dieses Wissen kann die Bedeutung einer Äußerung nicht interpretiert und damit auch nicht verstanden werden.
Die für den vorliegenden Beitrag durchgeführte Analyse nutzt 13 Schreibprodukte aus dem an der TU Dortmund durchgeführten DFG-Projekt „Orale und literale Diskursfähigkeiten: Erwerbsmechanismen und Ressourcen (OLDER)“, das längsschnittlich zwei Grundschulklassen beim Aufbau mündlicher und schriftlicher Diskursfähigkeiten begleitet hat. Die von der Lehrerin initiierte und nicht näher spezifizierte Aufgabe lautete Schreibe eine Weihnachtsgeschichte. Die Kinder waren zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich acht Jahre alt.
Dieses baut der Verfasser in Form einer zeitlichen Verzögerung (dann nach 5 Minuten) in Kombination mit dem erneuten Aufzählen aller Einzelfiguren unmittelbar vor der personellen Zusammenfassung (Alle hatten Weihnachten gefeiert) ein.
Bildquelle: https://www.pinterest.ch/amdreask/weihnachten/
Eine Liste findet sich unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Weihnachtsfilmen
www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/interview-mit-super-nanny-alles-was-kinder-tun-und-sagen-hat-sinn/5992862.html
Einen Einblick gibt: www.youtube.com/watch?v=Zu6ZsGnbRk0
Gäbler, Bernd. 2010. Fernseh-Trend „White Trash“: „Der Katzenberger-Effekt.“ Stern (www.stern.de/kultur/film/medienkolumne/fernseh-trend--white-trash--der-katzenberger-effekt-3112458.html).
„Gendermarketing teilt Menschen schon im Kindesalter in zwei Gruppen und zwingt sie immer wieder, sich zu positionieren. Und ganz nebenbei werden beiden Geschlechtern uralte Rollenbilder übergestülpt: Die Mädchen sind zarte Prinzessinnen, liebevolle Puppenmuttis oder schnurrende Kätzchen, die Jungs sind wilde Abenteurer, mutige Piraten oder technikbegeisterte Helden.“ (Diana Sierpinski: Preis für plumpes Gender-Marketing, ntv Panorama, 03.03.2017, https://www.n-tv.de/panorama/Preis-fuer-plumpes-Gender-Marketing-article19728943.html); allerdings kann Gender-Marketing auch dazu genutzt werden, Firmen z. B. für die Bedürfnisse weiblicher Kundinnen zu sensibilisieren, vgl. „Gender-Marketing“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. April 2020, 07:09 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gender-Marketing&oldid=199444036.
Weihnachten bei Hoppenstedts ist der Titel der vierzehnten Folge der Fernsehserie Loriot in der Schnittfassung von 1997. Sie stellt eine auf etwa 25 Minuten gekürzte Überarbeitung der sechsten Folge der Originalserie Loriot von 1978 dar. Erstmals wurde Weihnachten bei Hoppenstedts vom Ersten am 29. Juli 1997 ausgestrahlt (https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachten_bei_Hoppenstedts). Die Folge ist zu sehen unter: https://www.youtube.com/watch?v=MpEYKv6mGNI. S. auch Carolin Küppers: Soziologische Dimensionen von Geschlecht (2012), https://www.bpb.de/apuz/135431/soziologische-dimensionen-von-geschlecht?p=all.
Im Original fett gesetzt.
https://voxeu.org/article/language-matters-gender-grammar-and-observed-gender-discrimination.
https://www.genderleicht.de/schreibtipps/.
DWDS-Wortverlaufskurve für „Lametta“, erstellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/r/plot?view=2&corpus=zeitungen&norm=abs&smooth=line&genres=1&grand=1&slice=1&prune=0&window=0&wbase=0&logavg=0&logscale=0&xrange=1946%3A2019&q1=Lametta>
Rezept für ca. 24 Stück: Aus 1 kg Mehl, 1 l Milch, 3 Eiern, 1 Würfel Germ, 65 g Butter und einer Prise Salz einen Germteig herstellen, gehen lassen; Kugeln formen, flachdrücken und auseinanderziehen, ohne dass in der Mitte ein Loch entsteht; in Butterschmalz schwimmend ausbacken; mit Sauerkraut bzw. mit Preiselbeeren und Staubzucker servieren; oder — Daniel Pfurtschellers Lieblingsvariante — am Innsbrucker Christkindlmarkt essen.
Daher zunächst ein Vorwort
Es ist Hochsommer, das Thermometer zeigt 36 Grad und es wirkt noch heißer. Hier im Haus sind die Fenster hoch, die Türen weit, aus meinem Lautsprecher tönen weihnachtliche Klänge. Schon spüre ich die unausgesprochenen Fragezeichen in den Gesichtern meiner Nachbarn. Hoffentlich schieben sie mein wunderliches Verhalten wohlwollend auf die Hitze, argwöhnen allenfalls eine exaltierte Form der Kältetherapie. Ja, zweifelt nur an mir, denke ich, aber horcht auch, wie lieblich es schallt und wagt vielleicht auch einmal einen Blick in die Sozialen Medien, denn der alljährliche Entrüstungswettstreit über die frühzeitig mit Lebkuchen gefüllten Supermarktregale hat längst begonnen.
Das, aber vor allem die wunderbare Aufgabe, in diesem Buch Texte zusammenzuführen, die sich aus einer sprachwissenschaftlichen Perspektive mit dem Weihnachtsfest auseinandersetzen, machen mir den gedanklichen Sprung in den Advent und damit zu Ihrem Rezeptionszeitpunkt leicht. Für Sie wiederum sind es ja gerade nicht die zitierten Weihnachtslieder, die unpassend erscheinen, sondern eher die meteorologische Momentaufnahme aus einem heißen Sommer.
Also, Weihnachten steht vor der Tür und allein dieser Phraseologismus ist eine genauere linguistische Inspektion wert, nimmt doch hier eine Festivität, ein Feiertag eine Agensrolle ein, die gemeinhin akzeptiert ist, was die hochfrequente Verwendung in der Alltagssprache, in Schlager- und Kinderbuchtiteln und auch Witzen offenbart; eine Agensrolle aber, die aufgrund ihrer diffusen ontologischen Ereignisqualität semantisch gar nicht so leicht mit einem statischen Verb vereinbar und mit Blick auf dessen realweltliche Dimension unmöglich auf einer Fußmatte platzierbar scheint. Die Bedeutung muss also mental übertragen, das Vor-der-Tür-Stehen metaphorisch verstanden werden, etwas, das nicht trivial ist, schon gar nicht für diejenigen, die Sprache erst erwerben. Und rein pragmatisch? Bleiben wir zunächst bei der eben erwähnten Adressat*innengruppe. Welche Schlüsse ziehen wohl Kinder aus dieser Äußerung? Vermutlich das lang ersehnte Ende einer utopischen Wartezeit, vielleicht imaginieren sie eine konkrete Person, deren Klopfen an der Tür die zum Greifen nahe Bescherung verlautbart? An Kinder gerichtet scheint der Handlungswert dieses Sprechakts mit der verheißungsvollen Ankündigung eines kurzfristig eintretenden Ereignisses, mit einem Versprechen gar, dass das mehr oder weniger geduldige Ausharren nun ein Ende habe, beschrieben. Was aber kann diese Äußerung bei Erwachsenen bewirken? Weihnachten steht vor der Tür? Eine schnelle Recherche auf Twitter im August (!) zeigt Tendenzen dafür auf, dass der Äußerungszeitpunkt offensichtlich merklich vorverlagert wird, dabei Warnendes, zur Eile Mahnendes mitschwingt. Es baut sich Druck auf ganz im Gegensatz zu dem, was Weihnachten rein lexikalisch transportiert (Fest anlässlich der Geburt Christi) und womit es durchaus auch assoziiert wird: Freude. Freude vs. Stress und Not, alle Punkte der stetig wachsenden To-Do-Liste rechtzeitig vor den perfekt zu inszenierenden Festtagen abhaken zu können und jedes prototypische Element der Vorweihnachtszeit gut zu terminieren: Adventskalender installieren, Wohnung festlich dekorieren, ganze Straßen illuminieren, Weihnachtskarten illustrieren, Wunschzettel formulieren und gründlich studieren, in Geschenke investieren und die Päckchen hübsch verschnüren, Plätzchen backen, schokolieren und natürlich noch verzieren, zwischendrin auch jubilieren, mit entfernten Verwandten telefonieren, Krippenspieltext memorieren, Festtagsmenüplanung zelebrieren und die Ingredienzien akquirieren, Weihnachtsfeier organisieren und darüber informieren, Weihnachtstanne selegieren und das Aufstellen delegieren. Die Liste ist lang, aber im christlichen Kulturkreis erstaunlich gleichartig konstituiert. All das schwingt mit mit dem Satz Weihnachten steht vor der Tür. Soll es ruhig noch ein wenig da draußen verweilen vor der Tür, mag sich manche*r ob des oben genannten Pensums denken, soll es doch noch ein wenig warten, dieses Weihnachten, gerade das vermag vielleicht Ruhe zu verschaffen?
Das gesamte Treiben ist begleitet von Sprache – kleine Texte hinter den Kalendertürchen, feste Floskeln, individuelle Wünsche in der Post oder über Messenger verschickt, Liedverse, verbalisierte Sinneseindrücke in Koch- und Backrezepten, Verhandlungen über Baum, Backwerk und Braten, die Weihnachtsgeschichte und Weihnachtsgeschichten, Liebeserklärungen in Weihnachtsfilmen, sprachlose Enttäuschung am Gabentisch oder Streit im trauten Kreis der Familie – und bietet unzählige Anknüpfungspunkte für sprachwissenschaftliche Zugänge: Wunschzettel als Textsorte etwa, Praktiken des Wünschens, feste Phrasen, Semantik der Sinne, Erzählmuster, grammatische Phänomene in tradierten Liedtexten, interaktive Bedeutungskonstruktion in hochemotionalen Situationen, Konflikt- und Schlichtungsgespräche, ja sogar Weihnachtsdiskurse, etymologische Fragestellungen, Sozio- und Dialekte, Framefiller – auch Nina Janich greift diese Anschlussmöglichkeiten in einem Gedicht auf, das den Auftakt der festlichen Texte über Sprache bildet.
Klassischerweise ist es auch ein Gedicht, das die Bescherung einläutet, und so folgen die Texte in diesem Buch dem Protokoll des Heiligen Abends, an dem Gedichte aufgesagt, Wünsche ausgesprochen (Kapitel „Von Wünschen und vom Wünschen“), Geschenke übergeben und ausgepackt werden, was Freude aber auch Enttäuschung nach sich ziehen kann (Kapitel „Wortwörtliche Bescherung“), Lieder gesungen (Kapitel „Singen und Klingen in stiller Nacht“), Geschichten und Witze erzählt (Kapitel „Musterhafter Erzählzauber“) und am Ende der Fernseher eingeschaltet oder das Smartphone aus der Hosentasche gezogen (Kapitel „Flimmern im Lichterglanz“), vielleicht schon ein Jahresresümee gezogen wird.
So verfestigt die oben skizzierte Schablone ist, die sich durchaus auf die gesamte Adventszeit ausdehnen lässt, so notwendig ist es auch, damit verbundene Routinen zu hinterfragen, wofür Ingo H. Warnke sensibilisiert. Die Angemessenheit von Weihnachtswünschen kann nicht einfach voraussetzen, wer soziale Diversität anerkennt. Und so wird im Beitrag für ein Innehalten plädiert, ein Nachfragen vielleicht und sei es nur beiläufig – eines, das sich ausrichtet am Gegenüber und sich nicht in kulturell eindimensionalen Formeln verliert. Auf diese Weise entsteht ein Resonanzraum, in dem auch die spezifische Adressierung des vorliegenden Buches bewusstwerden und die Lektüre aller folgenden Texte begleiten darf. Die Konstruktion von Bedeutung ist komplex und eben nicht nur von zugrundeliegenden Textinhalten geleitet. Besonders deutlich wird das natürlich, wenn in der Interaktion gänzlich auf Versprachlichung verzichtet wird, wie Michael Beißwenger und Steffen Pappert in ihrem weihnachtlichen auf Bildzeichen reduzierten WhatsApp-Dialog sehr anschaulich vorführen. Zum großen Amüsement werden die jeweiligen Interpretationen der am Chat Partizipierenden zum Mitlesen zur Schau gestellt – mit dem wunderbaren Effekt, dass Abweichungen die Missverständnispotenziale von Emojis und deren akkumulativer (aber auch exklusiver) Verwendung transparent machen. Am Ende erschließt sich jeder der beiden die guten Weihnachtswünsche des anderen, ein Thema, das auch Matthias Meiler und Alexandros Apostolidis aufgreifen. Sie nehmen die interkulturellen Unterschiede bei Praktiken des Wünschens im deutsch-griechischen Vergleich in den Blick. Silvia Bonacchi kontrastiert Weihnachtswünsche deutsch-italienisch. Beide Texte zeigen auf, dass Wünsche einerseits der Gestaltung, ja Festigung von sozialen Beziehungen dienen, dass solche Rituale aber gleichzeitig auch den Blick freigeben auf Verbindungen innerhalb kultureller Gemeinschaften und sich darüber hinaus loslösen können von ihrem ursprünglichen Zweck und diesen dennoch ein ganz klein wenig mittransportieren. Dafür, so ist bei Thomas Spranz-Fogasy zu lesen, wird durchaus einige Anstrengung in Kauf genommen (er dürfte genau jetzt, da das Editorial dieses Buches entsteht, bereits über den Weihnachtsbrief für dieses Jahr nachdenken). Die Möglichkeit theoretisch allen im Laufe eines Lebens liebgewonnenen Menschen technikunterstützt von Angesicht zu Angesicht ein frohes Fest zu wünschen, gibt es ja noch nicht allzu lang und sie konnte sich als Routine sicher auch aus ganz praktischen Gründen nicht in unserem vorweihnachtlichen Alltag etablieren. Weihnachtsbriefe hingegen haben den entscheidenden Vorteil, dass mit Zeit und Liebe zum Detail die persönlichen Höhepunkte des Jahres zusammengetragen und dem Gegenüber zum Lesen zu einem selbstgewählten Zeitpunkt angeboten werden können. Ganz im Gegensatz dazu widmet sich Simon Meier-Vieracker Texten, die zu einem festgelegten Zeitpunkt und damit in der Illusion der Gemeinschaftlichkeit gehört und gesehen werden sollen, den bundespräsidialen Weihnachtsansprachen. Seine Keywordanalysen legen offen, dass und wie sich das jeweilige gesellschaftlich-politische Klima in die Reden eingeschrieben hat, die dadurch zu einem mentalitätsgeschichtlichen Stimmungsbarometer taugen. Es ist die hier zum Einsatz kommende korpuslinguistische Methode und die Konzentration auf Schlüsselwörter, die eine Brücke zum nächsten Kapitel bildet, das mit sprichwörtlichen Wortgeschenken aufwartet.
So gewährt Sascha Wolfer Einblick in weihnachtlich-überraschende lexikographische Entdeckungen. Zugriffsstatistiken von Onlinewörterbüchern enthüllen nämlich einen Effekt der sozialen Relevanz, der u.a. anhand der Begriffe Nikolaus und Weihnachten eindrucksvoll nachgewiesen werden kann. Weniger eindeutig, geradezu paradoxal ist die daran anschließende Kontemplation von Wolf-Andreas Liebert, in der er sich der Semantik von Weihnachten über semasiologische und onomasiologische Perspektiven hin zu einer Sphäre zwischen fiktional und faktual nähert, um die Verbindung zwischen gehasstem Leben und Erlösung durch den Hass in einem ewigen Kreislauf zu ergründen. Durch dieses partielle Priming gelingt hoffentlich eine einigermaßen behutsame Vorbereitung auf die Wucht, mit der die von Joachim Scharloth zusammengetragenen Beispiele aus dem rechten Schimpfwortrepertoire auf Sie wirken werden. Die weihnachtlichen Vokabeln in krudesten Wortkompositionen erhalten den Eindruck der Paradoxie noch eine Weile lebendig, die weihnachtliche Stimmung allerdings vergeht. Es handelt sich hier um einen schonungslosen Text, in dem – das wird sehr deutlich – menschenverachtende Gebrauchsweisen distanzierend zitiert werden, um das analysierte sprachliche Material und den damit drastisch zu Tage tretenden Rassismus seiner Benutzer*innen eineindeutig sichtbar zu machen. So wird auch das Dilemma der Invektivitätsforschung zwischen Entlarvung und Benennung rassistischer Stereotype einerseits und ihrer Reproduktion andererseits bei der Lektüre mitunter physisch spürbar. Diesem Text folgt eine gedankliche Reise nach Kanada. Grit Liebscher lädt zu einem virtuellen Besuch auf den Christkindl Market in Kitchener, Ontario – ein verbal schillerndes Ereignis und ein Ort, an dem Gemeinschaftssinn, Authentizitätsanspruch, tradierte Stereotype und lebendige Erinnerungskultur koexistieren und gleichsam die Entstehung von etwas Neuem dokumentieren, das die originären Spuren noch verrät. Vergleichbare Prozesse – nur auf lexikalischer Ebene – werden von Henrike Helmer und Silke Reineke beschrieben. Sie suchen in Aufnahmen gesprochener Alltagssprache nach Jesus! und finden Ergebnisse von Interjektionalisierungsprozessen in emotiv-expressiven, aber vor allem auch responsiv-empathischen Verwendungen; den Geist der Weihnacht quasi reduziert auf o(h)je. Der Herausforderung, den Geist der Weihnacht trotz kindlich-bohrenden Hinterfragens mühsam aufrecht erhaltener Weihnachtsmythen zu bewahren, versucht sich Gerd Antos unter Zuhilfenahme grundständiger linguistischer Zugänge zu stellen. Er hebt also ab auf metasprachliche Reflexionen über Namen, lässt den Weihnachtsmann (dis)kursieren und referenzsemantisch dekonstruieren und letztlich Relevanz- und Wahrheitsmaximen miteinander konkurrieren. Aber nicht nur die Existenz des Weihnachtsmannes, wie er auch immer heißen, wie man ihn auch immer nennen möge, zählt zu den großen Mysterien in der Weihnachtszeit, es ist auch der sprichwörtlich merk-würdige Wortschatz, ein Erinnerungsschatz, an dem uns Gabriele Diewald teilhaben lässt. Es geht um Verhörer und dadurch ausgelöste logische Assoziationen, die die stufenweise sprichwörtliche Arbeit bei der Bedeutungserschließung in Spracherwerbsprozessen nachvollziehbar machen. Es handelt sich hierbei um ein so aktives Bewusstmachen, das es noch viele Jahre später erzählt werden kann und anknüpft an Erfahrungen, auf die vermutlich jede*r von uns zurückgreifen kann. (Ich beispielsweise habe als Kind Bienenstich aus offensichtlichen Gründen nicht angerührt, nicht einmal zu Weihnachten.) Am Ende langt der Text bei einem Ross an, das einer Wurzel ent- und direkt ins nächste Kapitel hineinspringt.
Weihnachtslieder, so stellt Alexander Lasch fest, sind seltene linguistische Analyseobjekte, muss sich aber zumindest bei der Lektüre des vorliegenden Buches eines Besseren belehren lassen. Während er nachzeichnet, wie mit ostdeutschen Liedern das gemeinsame Weihnachts-Fühlen und Wollen einer Gemeinschaft auf der Basis sorgfältigst ausgewählter, mit der Ideenlehre konformer Motive gesteuert werden sollte, seziert Wolfgang Imo die eigentümliche Syntax von bekannten Liedversen. Im Feldermodell schiebt er versuchsweise Phrasen hin und her, wobei es beim stark ausgelasteten Vorfeld ordentlich hakt. Nun wird abgewogen: Sollte eine Ausnahme in den derlei ohnehin schon reichen Regelkatalog aufgenommen werden oder zu Gunsten dichterischer Freiheit entschieden? Gerade der letztgenannte Aspekt wird bei Übersetzungen relevant, wie Birte Arendt und Ulrike Stern an zwei niederdeutschen Versionen eines bekannten Weihnachtsliedes verdeutlichen. Sie fragen nach der gelungeren Übertragung und ziehen hierbei die Messung des Dialektalitätsgrads anhand phonetischer, morphologischer, lexikalischer und syntaktisch/phraseologischer Parameter zurate. Ruth M. Mell