Impressum
Karoline Dichtl
Meßstetter Straße 17
70567 Stuttgart
E-Mail: beratung@5plus12.de
2. überarbeitete Auflage ©2020 Karoline Dichtl
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Haftungsausschluß: Die Durchführung der im Buch genannten Sportarten geschieht auf eigene Gefahr. Je nach Gesundheitszustand ist es sinnvoll, vorher einen Check-up beim Arzt machen zu lassen, bei dem vor allem die Leistungsfähigkeit von Herz und Lunge geprüft werden. Für Sportunfälle oder Folgen der Ausübung der genannten Sportarten übernimmt die Autorin keine Haftung. Dasselbe gilt für die Anwendung der homöopathischen Mittel und Mineralsalze nach Dr. Schüßler. Fragen Sie im Zweifel Ihren Arzt oder Apotheker!
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Gestaltung: Oliver Rüdt, Birkenau
Coverfoto: ©mozZz Fotolia_60873988
ISBN 978-3-7526-3540-9
Das Kältephänomen ist ein kein medizinischer Begriff im westlichen Sinne, sondern ein Phänomen der Traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und bedeutet, dass eine innere Abkühlung des Körpers chronische Krankheiten und Übergewicht verursachen kann. Man spricht in der TCM vom krankmachenden Faktor der Kälte.
Einfach nachvollziehbar ist dies bei einer Erkältung. Da anhaltende Kälte das Immunsystem schwächt, können Viren und Bakterien den Körper angreifen und es kommt zu den klassischen Erkältungssymptomen. Wenn die Kälte klimatisch bedingt ist, spricht die TCM von einem äußeren „pathogenen“ = krankmachenden Faktor. Auch ein Arbeitsplatz in kalter Umgebung, wie einem Kühlhaus, gehört zu den äußeren Faktoren, denn die Kälte dringt auch hier von außen in den Körper ein. Durch andauernde Kälte werden Muskeln und Gelenke steif und beginnen zu schmerzen. Viele Rheuma- und Arthrosekranke fürchten daher einen kalten Winter, weil sie wissen, dass die Beschwerden schlimmer werden, während diese im Sommer oder in einem trocken-warmen Klima besser sind. Aber auch wenn Sie als Gesunder in einem kalten Winter ohne Handschuhe hinausgehen, kommt es zu Anzeichen der Kälteeinwirkung, denn die Haut verfärbt sich zuerst weiß, dann bläulich. Es kommt zu Durchblutungsstörungen, die ein ähnliches Erscheinungsbild haben, wie beispielsweise ein Morbus Raynaud. Im weiteren Verlauf kommt es zu Taubheit, die der Polyneuropathie ähnelt.
Kälte kann auch durch die Nahrung zugeführt werden. Ananas und Kokosnüsse sind aus Sicht der TCM thermisch kalte Lebensmittel, aber auch Rohkost kühlt den Körper. Dasselbe gilt für Tomaten oder Gurken. Das Spektrum der thermischen Qualität von Lebensmitteln reicht von kalt über kühlend und neutral zu warm und heiß. Chili beispielsweise erzeugt Hitze im Körper, genauso wie Ingwer, wenn man ihn konzentriert einsetzt. Da in unserer westlichen Ernährungslehre die Versorgung mit Mikronährstoffen, also Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen im Vordergrund steht, werden auch im Winter Salate, Rohkost und Südfrüchte als Vitaminlieferanten empfohlen. Der kühlende Aspekt wird dabei außer Acht gelassen.
Gemäß der Fünf-Elemente-Lehre der TCM sollte die Nahrung jedoch nach den klimatischen Lebensumständen ausgewählt werden: In einer heißen Umgebung braucht man etwas, das kühlt und in einem kühlen oder nasskalten Klima braucht man natürlicherweise etwas, das wärmt, um gesund zu bleiben. Wenn in einer kühlen Umgebung viele kalte oder kühlende Lebensmittel gegessen werden, versucht der Körper sich mit einer Schutzschicht zu wärmen. Deshalb sind unsere Nieren von Natur aus in eine Fettschicht eingehüllt, denn sie liegen nicht wie andere Organe tief in der Bauchhöhle, wo sie automatisch warmgehalten werden. Die Fettschicht übernimmt eine natürlich wärmende und dämmende Funktion.
Wenn sich Kälte, die durch Nahrung zugeführt wird, im Körperinneren festsetzt, entsteht eine Schwäche der Milz beziehungsweise eine Kälte der Nieren. Daher versucht der Körper sich ebenfalls durch eine Fettschicht zu dämmen und zu wärmen. Um gegen das zunehmende Übergewicht vorzugehen werden meist Schlankheitskuren mit kühlenden Nahrungsmitteln, wie kalorienarmem Salat, Rohkost oder Joghurt unternommen, die wiederum die Milz schwächen. Daher steigt trotz Diät das Gewicht weiter an, denn der Körper muss sich noch stärker gegen die Kälte dämmen. Mit der Zeit entwickelt sich ein Kältephänomen mit chronischen Krankheiten und oft auch Autoimmunerkrankungen, für die schulmedizinisch keine Erklärung gefunden wird.
Südfrüchte, Salate und Rohkost werden als wertvolle Vitamin-Lieferanten beworben, dabei hat die thermische Qualität dieser Nahrungsmittel krankmachende Folgen in unserem nasskalten Klima.
Die wärmende Ernährung der TCM ist eine ausgleichende Maßnahme gegen innere und äußere Kälte. Daher ist sie in unseren Breitengraden besonders wichtig. Sie empfiehlt, die Speisen vorwiegend gewärmt beziehungsweise gegart, also gedünstet, geschmort, gebacken oder gebraten zu essen. Gewürze können den wärmenden Effekt der Lebensmittel verstärken, weshalb Weihnachtsgebäck oder Yogi-Tees viele wärmende Zutaten, wie Zimt, Kardamom oder Sternanis enthalten. Auch Gewürze aus der Küche der Hl. Hildegard von Bingen haben eine wärmende Qualität, wie beispielsweise Ysop, Quendel und Galgant. Sie schreibt, dass warme Mahlzeiten besser sind als kalte und empfiehlt vor allem am Morgen etwas Warmes zu essen – genau wie die chinesische Medizin. Das Wissen über die Vorzüge einer wärmenden Ernährung ist also auch in Mitteleuropa schon seit Jahrhunderten bekannt, aber es ging über die letzten Jahrzehnte hinweg durch eine ganzjährige, weltweite Versorgung von Gemüsen und Früchten verloren.
Der seit einigen Jahren zunehmende Trend vorwiegend saisonale und regionale Nahrungsmittel für eine gesunde Ernährung zu verwenden, kommt der wärmenden Ernährung und der Fünf-Elemente-Küche sehr entgegen. Gerade im Winter versorgen uns alle Kohlsorten, Wurzelgemüse und Wintersalate mit ausreichend Vitaminen. Die Beschäftigung mit den Grundlagen der TCM hilft Ihnen, die Hintergründe zu verstehen und so zu kochen, dass Sie gut, warm und vitaminreich versorgt sind. Darüber hinaus können Übergewicht und chronische Erkrankungen durch diese einfache Ernährungsform Stück für Stück gebessert oder zum Stillstand gebracht werden.
Neben Vorschlägen für warme Mahlzeiten im 30-Tage-Plan erfahren Sie anhand einer Checkliste, ob bei Ihnen ein Kältephänomen vorliegt und wie ausgeprägt es ist. Außerdem bekommen Sie zahlreiche alltagstaugliche Impulse, die Ihnen den Weg zur Genesung und zum Gewichtsverlust erleichtern.
Die wärmende Ernährung wird durch Empfehlungen für Schüßlersalze ergänzt. Sollte Ihnen diese naturheilkundliche Methode nicht liegen oder fremd sein, dann lassen Sie sie einfach weg und richten sich nur nach den Ernährungsempfehlungen. Ich wünsche Ihnen zahlreiche Aha-Erlebnisse und viel Erfolg bei der Umsetzung dieser bodenständigen Ernährungsweise.
Ihre
Karoline Dichtl
Um das Prinzip des Ausgleichs zwischen Wärme und Kälte in unserem Körper besser zu verstehen, hilft es, die Grundlagen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) genauer zu betrachten. Die Fünf-Elemente-Lehre der TCM ist eine Naturschule, die auf den Grundlagen der Physik basiert. Ihr Ursprung ist das Yin- und Yang-Symbol, das Sie sicher schon gesehen haben.
„Yin“ ist dabei das Dunkle, die Nacht, der Schatten, das Kühle und Kalte. Yin heißt übersetzt „die schattige Seite des Berges“. Das Gegenstück ist das Helle, die Sonne, der Tag und die Wärme, deshalb bedeutet „Yang“ auch die „sonnige Seite des Berges“. Der Berg ist wie der Körper, das Leben, die Welt. Auf der einen Seite stehen Aktivität und Dynamik (Yang), auf der anderen Seite Ruhe, Erholung und Regeneration (Yin).
Genau genommen spiegeln sich in diesem Symbol physikalische Prinzipien, die Sie aus dem Alltag kennen: Kälte sinkt zuerst nach unten, unabhängig davon, ob das im Wohnzimmer ist, wenn Sie heizen, in der Gefriertruhe oder in Ihrem Körper. Während die Kälte nach unten sinkt, steigt die Wärme nach oben. Es entsteht Bewegung und Austausch. Auf körperlicher Ebene spricht man von Stoffwechsel. Der beständige Wechsel von Yin und Yang erzeugt die Fünf Elemente, die wir im Alltag, im Tagesverlauf und während des Jahres in der ganzen Natur beobachten können. Ein Beispiel dafür sind die Jahreszeiten.
Das Frühjahr ist dem Holzelement zugeordnet, der Sommer dem Feuerelement, der Spätsommer dem Erdelement als eigene Jahreszeit in der TCM, und der Herbst dem Metallelement. Der Winter gehört zum Wasserelement.
Jedes dieser Elemente trägt wiederum einen Yin- und einen Yang-Anteil in sich, der es in verschiedenen Ausprägungen zeigt. Feuer kann eine einfache Kerze sein (Yin-Feuer), es kann aber auch eine ganze Stadt vernichten (Yang-Feuer). Wasser kann ein reißender Strom mit einer starken Dynamik (Yang) sein oder ein zugefrorener See. Eis ist Yin in Reinform. Es ist starr, unbeweglich und in der Tiefe sehr dunkel. Es braucht sehr viel Sonne und Wärme, um es wieder aufzulösen. Dasselbe gilt für das Kältephänomen, wie wir später noch sehen werden. Alle Elemente haben Anteile, die auf einem Spektrum zwischen den Polen Yin und Yang liegen. Die Übergänge sind fließend, es ist kein „entweder – oder“, sondern vielmehr ein „sowohl… als auch…“.
Die Elemente spiegeln sich auch im Charakter und der Dynamik eines Menschen wider und zeigen sich in seinem seelischen Strickmuster. Es gibt Menschen, die dynamisch und aktiv sind, wie das Holz- oder das Feuerelement. Sie haben immer neue Ideen, sind neugierige Forscher und sorgen so für Entwicklungen. Sie sind geistig und körperlich rege. Dann gibt es die fürsorglichen Kümmerer in der zweiten Reihe, die immer da sind, wenn man jemand braucht und die nicht gern allein sind. Sie tragen einen großen Anteil des gelassenen und harmonischen Erdelements in sich, das zufrieden mit allem ist, wie es ist. Die unbeliebten Bedenkenträger oder Kritiker sind dem Metallelement zugeordnet und ihre Einwände machen nicht immer Freude, wenn das Metall seine Präzision und Sorgfalt verliert und dafür Schärfe entwickelt, die nur noch verletzend ist.
Der Yin- und Yang-Anteil eines Elements zeigt sich im Menschen in Sonnen- und Schattenseiten, so wie beispielsweise das Wasserelement gleichzeitig für Mut, aber auch Ängste stehen kann. Ein Mensch trägt alle Elemente in sich, wobei es sein kann, dass eines dominiert. Deshalb ist es aus Sicht der TCM-Lehre so wichtig, dass alles in Bewegung, also im Fluss ist. Dadurch wird ein tonangebendes Element ausgeglichen. Auch im Menschen wird der Wechsel der Fünf Elemente im Jahresverlauf sichtbar, wenn Unternehmungsgeist im Sommer und Zurückgezogenheit im Winter sich abwechseln, aber auch im Tagesverlauf, wenn man zu einer bestimmten Zeit aktiv und zu einer anderen müde ist. Daher spricht die Fünf-Elemente-Lehre auch von „Wandlungsphasen“. In der folgenden Tabelle finden Sie weitere Verknüpfungen.
Element | Holz | Feuer | Erde | Metall | Wasser |
Thermische Qualität |
kühl, erfrischend |
heiß, erhitzend |
neutral, wärmend |
warm, zerstreuend |
kalt, ableitend |
Organ | Leber Galle |
Herz Dünndarm |
Milz Magen |
Lunge Dickdarm |
Nieren Blase |
Geschmack | sauer | bitter | süß | scharf | salzig |
Tageszeit | Morgen | Mittag | nach Mittag | Dämmerung | Abend |
Geruch | ranzig | verbrannt | duftend | stechend | modrig |
Jahreszeit | Frühling | Sommer | Spätsommer | Herbst | Winter |
Klima | Wind | Hitze | Feuchtigkeit | Trockenheit | Kälte |
Richtung | Osten | Süden | Mitte | Westen | Norden |
Farbe | grün, gelbgrün |
rot, orange | gelb, braun | weiß, grau | blau, schwarz |
Emotion | Wut, Zorn | Freude | (Für-)Sorge | Trauer | Angst |
Sinnesorgan | Augen | Zunge | Mund | Nase | Ohren |
Lebensphase | Kindheit | Jugend | Erwachsen- sein | Alter | Sterben |
Dynamik | Kreativität Wachstum |
Sprache Verbindung |
Verwurzelung Geborgenheit |
Regeln Prinzipien |
Mut, Ruhe, Inspiration |
Lebensalter Frauen |
0–7 Jahre 35–42 Jahre |
7–14 Jahre 42–49 Jahre | 14–21 Jahre 49–56 Jahre | 21–28 Jahre 56–63 Jahre | 28–35 Jahre 63–70 Jahre |
Lebensalter Männer |
0-8 Jahre 40-48 Jahre |
8–16 Jahre 48–56 Jahre |
16–24 Jahre 56–64 Jahre |
24–32 Jahre 64–72 Jahre |
32–40 Jahre 72–80 Jahre |
Yang-Zyklus | Entdeckung | Sexualität | Reifung | Loslassen | Fortpflanzung |
Yin-Zyklus | Berufung | Spiritualität | Fürsorge | Klarheit | Weisheit |
Schüßlersalz | Nr. 6, 7, 12 | Nr. 3, 5, 9 | Nr. 1, 2, 22 | Nr. 10, 11, 21 | Nr. 4, 8, 23 |
Das Wandlungsphasenmodell ist die theoretische Grundlage der Traditionellen chinesischen Medizin. Die meisten Menschen im Westen verbinden mit TCM nur die Akupunktur, die in der Zwischenzeit sogar von den Krankenkassen anerkannt ist, da es verschiedene seriöse Doppelblindstudien zu ihrer Wirksamkeit gibt. Jedoch gehört auch die Ernährungslehre, also die Fünf-Elemente-Küche, die Kräutertherapie und Qigong als Bewegungstherapie beziehungsweise Tuina und Shiatsu als Methoden der Physiotherapie dazu. Grundsätzlich stehen die Fünf Elemente so miteinander in Verbindung, dass ein Element das andere nährt. Das vorausgehende Element gibt seine Energie wie bei einem Staffellauf an das nächste weiter. So entsteht der „Nährzyklus“ der Wandlungsphasen:
In der Natur zeigt sich dies, indem Wasser den Baum versorgt, so dass er wachsen kann. Es nährt also das Holzelement. Das Holz wiederum nährt das Feuer, denn trockene Äste, Zweige und Stämme brennen gut. Das Feuer vermehrt die Erde, da beim Verbrennen Asche (= Erde) entsteht. Aus der Erde werden die ganzen Metalle und Mineralien erschlossen, daher nährt die Erde das Metall. Da bei chemischen Prozessen am Ende häufig H2O , also Wasser, übrigbleibt, nährt das Metallelement das Wasserelement und so schließt sich der Kreis.
Das Erdelement nimmt jedoch eine zentrale Stellung ein, da es das wichtigste Element für unser Wohlbefinden ist. Es ist für die Versorgung des Körpers und seine Ressourcen von Bedeutung. Dies gilt vor allem, wenn man viel Stress ausgesetzt ist und zahlreiche Belastungen oder körperliche Anstrengungen meistern muss. Dabei wird das Erdelement neben einer gesunden Ernährung auch durch das sogenannte „Erden“ gestärkt. Damit sind Ruhe, Spaziergänge oder auch einfach rumlümmeln auf dem Sofa gemeint. Neben dem Gärtnern und der Arbeit mit Erdmaterialien, wie Ton stärken soziale Beziehungen und Körperkontakt das Erdelement und sind daher förderlich für unsere Gesundheit. Ist die „Erde“ in einem ausgeglichenen und positiven Zustand, so wird sie alle anderen Elemente und Organe gut versorgen, kann teilen und abgeben. Diese Eigenschaft erlebt man auch bei einem in sich ruhenden, geerdeten Menschen, der sich gut um andere kümmert.
Im Körper übernimmt diese Verteilungsfunktion die Milz. Sie ist das Yin-Organ des Erdelements und hat – anders als in der westlichen Schulmedizin – eine sehr wichtige Aufgabe. Aus diesem Grund ist ihr ein eigenes Kapitel gewidmet. Sie hat eine mütterliche Verteilungsfunktion und sollte daher stark und selbst in ihrer Mitte sein. Nur eine starke Mutter kann ihr Kind gut nähren. Wenn sie müde oder schwach ist, kann die Milz die „Kinder“, sprich die anderen Organe, wie Leber, Magen und Darm, aber auch Herz und Lunge nicht richtig versorgen, weil sie selbst nicht gut genährt ist. Daher steht in der Theorie der Fünf-Elemente-Lehre häufig das Erdelement im Zentrum und es wird so viel Wert auf „gute“ Ernährung gelegt. Das „Gute“ steht deshalb in Anführungszeichen, weil es zum Thema gesunde Ernährung sehr unterschiedliche Meinungen gibt. Die Fünf-Elemente-Lehre sieht das als gute Nahrung an, was Kraft und Energie gibt, daher sollte man sich nach dem Essen auch nicht müde fühlen.
Neben dem Nährzyklus, der im Uhrzeigersinn von einem Element zum anderen verläuft, gibt es noch den sogenannten Kontrollzyklus. Damit ist gemeint, dass ein Element dem anderen Grenzen setzt. Auch wenn man von Kontrolle spricht, sind vielmehr natürliche Abläufe gemeint und nicht die Kontrolle im psychologischen Sinne. Beispielsweise begrenzt das Wasserelement das Feuerelement, denn mit Wasser löscht man Feuer. Wenn es Waldbrände gibt, hören diese an Seen und Flüssen auf und ein feuchtes Tuch über dem Kopf schützt bei praller Sonne vor einem Hitzschlag. In der TCM sagt man „Wasser kontrolliert das Feuer“:
Metall wird vom Feuer kontrolliert, denn es schmilzt bei hohen Temperaturen, was man in Hochöfen beobachten kann. Früher wurde ein Schwert oder eine Axt über einem Feuer geschmiedet. Das Metallelement beherrscht wiederum das Holzelement, denn mit einer Axt kann man einen Baum fällen. Aber auch ein Rasenmäher oder eine Sense ist ein Werkzeug aus Metall, das dem Grün zu Leibe rückt. Das Holzelement wiederum begrenzt das Erdelement, denn wenn die Wurzeln eines Baumes wachsen, wird die Erde verdrängt. Dasselbe gilt auf der Achse vom Erdelement zum Wasserelement: Erde verdrängt das Wasser. Es gäbe die Niederlande nicht, wenn diese Regel der Physik nicht funktionieren würde.
All diese Prinzipien gelten aber auch auf emotionaler Ebene, denn ein*e Trauernde oder jemand, der Kummer hat (Metallelement), braucht Menschen, die sie oder ihn im Blick behalten, damit die Person nicht in einer Depression verloren geht. Ein Gespräch und liebevolle Fürsorge kann das Leid begrenzen und hilft, den Schmerz zu überwinden. Die „Kontrolle“ durch das Feuerelement hilft, dass die Person nicht von ihrer Trauer überwältigt wird und gleichzeitig nährt die Erde (Fürsorge) das Metallelement, das durch die Trauer oder den Kummer geschwächt ist. Aber auch jemand, der Feuer und Flamme für etwas ist, sollte einen besonnenen Partner haben (Wasserelement), der hilft, überschießenden Aktivismus einzudämmen. Durch diese Unterstützung, die „Kontrolle“ des Wassers, erkennt ein Mensch voller leidenschaftlichem Enthusiasmus, was wirklich wichtig und sinnvoll ist.
Jemand, der voller Wut ist (Holzelement) braucht dagegen einen Menschen, der ihm mit Klarheit (Metallelement) den Weg aus seinem oder ihrem Zorn weist. Manchmal ist auch eine scharfe Maßregelung nötig, die ebenfalls mit dem Metallelement assoziiert ist, um einen ärgerlichen Ausbruch zu verhindern. Alle Gefühle wie Ärgern, Zorn, Wut, aber auch Frustration sind mit dem Holzelement verbunden, das vom Metallelement kontrolliert wird. Das Wasserelement nährt gleichzeitig das Holzelement und im übertragenen Sinne kühlt es die Gemüter. Menschen, die ein stark ausgeprägtes Wasserelement in sich tragen, sind ruhig und besonnen und besonders dann wichtig, wenn die Emotionen hochschießen, weil Metall und Holz sich in die Quere kommen. Wenn Sie diese Denkweise gern vertiefen möchten, empfehle ich Ihnen das Buch von Dagmar Hemm und Andreas Noll „Organbalance“.
Ein übermäßig kontrollierendes Verhalten gegenüber anderen Menschen oder eine zwanghafte innere Kontrolle und ein extremes Bedürfnis nach Ordnung wird jedoch als Störung des Metallelements betrachtet, die beispielsweise durch ein schweres Trauma entstehen kann. Das kann ein Unfall sein, aber auch schwere Verluste durch Tod oder Scheidung. Auch ein andauerndes liebloses Verhalten, die Ablehnung durch einen Elternteil und auch Missbrauch oder Gewalt in der Kindheit schädigen das Metallelement. In diesem Fall wird das Holzelement mit all seiner Kreativität, Lebenslust und Neugier nahezu völlig unterdrückt und bricht sich von Zeit zu Zeit in unüberlegten oder aufbrausenden Impulsen Bahn, die für das Umfeld unter Umständen nicht mehr nachvollziehbar erscheinen. Es kommt zu richtig eruptiven Ausbrüchen, wie bei einem Vulkan. In diesem Fall braucht es die liebevolle Unterstützung vom Erdelement, das sich häufig auch in Form eines ruhigen und besonnen Therapeuten zeigt.
Da sich bestimmte Symptome und Beschwerden immer wieder zu derselben Uhrzeit während des Tagesverlaufs zeigen, ist neben dem Wandlungsphasenmodell die Organuhr ein weiteres wichtiges Modell, um zu erkennen, welches Organ geschwächt ist.
Neben den bisher beschriebenen Besonderheiten des Wandlungsphasenmodells gehören zu jedem Element zwei Organe. Gemäß dem bereits beschriebenen Yin-Yang-Prinzip hat eines davon mehr Yin-Qualitäten und das andere einen größeren Yang-Aspekt. Yang-Organe sind eher robust und widerstandsfähig und verfügen organisch über einen Hohlraum mit einer Speicherfunktion, wie beispielsweise der Magen oder die Gallenblase. Yin-Organe haben eher die dichte Struktur eines Schwammes, in dem viel gespeichert werden kann. Deshalb sind vor allem sie gegen Kälte empfindlich:
Holzelement: Leber (Yin) und Gallenblase (Yang)
Feuerelement: Herz (Yin) und Dünndarm (Yang)
Erdelement: Milz (Yin) und Magen (Yang)
Metallelement: Lunge (Yin) und Dickdarm (Yang)
Wasserelement: Niere (Yin) und Blase (Yang)
Jedes Organ verfügt über eine eigene Energiebahn im Körper. Die TCM spricht von Meridianen. Diese speziellen Bahnen sind auf Akupunktur-Figuren abgebildet und verlaufen unsichtbar neben dem Blut-, Nerven- und Lymphsystem. Sie ergeben zusammen einen komplexen Kreislauf, durch den die Energie zirkuliert. Dabei befindet sich im Tagesverlauf zu bestimmten Zeiten mehr Energie (= Qi) im Organ und dem dazugehörigen Meridian und zu manchen Tageszeiten weniger. Jedes Organ vollbringt also zu einer bestimmten Zeit seine Höchstleistung und ruht zu bestimmten Zeiten.
Die Organuhr auf der folgenden Seite zeigt an, welches Organ zu welcher Uhrzeit aktiv ist. Die Hoch-Zeit des Magens ist zum Beispiel am Morgen zwischen 7 und 9 Uhr. Deshalb soll man gemäß der chinesischen Medizin zu dieser Zeit frühstücken, da dem Körper die Verdauungsarbeit leichtfällt.
Nachts zwischen 1 und 3 Uhr ist die Hauptzeit der Leber. Sie ist für den harmonischen Fluss des Qi im Körper zuständig. Bei Anspannung und Stress kann sie ihre Funktion nicht richtig erfüllen: das Qi stockt. Man spricht in der TCM von „Stagnation“, „Stauung“ oder auch „Knoten“, denn eine andauernde Stagnation kann zu einem Knoten im Sinne eines Tumors führen. Durch eine Stagnation wird der natürliche Kreislauf des Qi gestört und man wacht um diese Zeit herum auf. Das kann gegen halb zwei sein und man schläft kurz nach drei Uhr wieder ein oder man wacht nur kurz auf und schaut meist zu einer ähnlichen Zeit auf die Uhr.
Ist die Leber zunehmend in ihrem Fluss gestört, liegt man womöglich zwei Stunden oder länger wach und schläft erst gegen halb vier Uhr morgens wieder ein. Während sich schulmedizinisch noch keine Symptome zeigen, ist das nächtliche Erwachen aus Sicht der TCM bereits der erste Hinweis auf eine Störung. Kälte, die durch Nahrung zugeführt wird, ist der häufigste Grund, dass die Leber ihre Aufgaben nicht richtig erfüllen kann, denn für den Verbrennungsprozess von Abbaustoffen und die Reinigung des Blutes ist eine hohe Temperatur nötig.
Für einen Reinigungsprozess, wie ihn die Leber vollziehen muss, ist Wärme ein wichtiger Faktor. Wenn Sie das Haus oder Ihre Wohnung putzen wollen, verwenden Sie auch warmes statt kaltem Wasser, weil man damit besser putzen kann. Dasselbe gilt, wenn Sie die Haare oder auch Wäsche waschen. Wärme hilft bei Reinigungsprozessen außen wie innen!
Ist die Lunge geschwächt, erwacht man eher gegen halb vier bis vier Uhr morgens. „Schwäche“ bedeutet nicht, dass Sie eine Lungenerkrankung haben müssen. Es kann sein, dass Sie sich einfach zu wenig an der frischen Luft bewegen. Die Luft zum Atmen ist gleich nach der Nahrung die wichtigste Energiequelle für unseren Organismus. Physiologisch gesehen ist Sauerstoff sogar wichtiger als Nahrung: ohne ihn tritt in wenigen Minuten der Tod ein.
Die Lunge ist in der Fünf-Elemente-Lehre dem Metallelement zugeordnet. Sie ist zuständig für das Aufnehmen und Loslassen. Das gilt auch für seelische Verarbeitungsprozesse. Wenn Sie also oft zwischen drei und fünf Uhr morgens aufwachen oder wachliegen, kann es sein, dass Sie etwas Altes beschäftigt, vielleicht etwas aus Ihrer Kindheit, vielleicht nur etwas aus der jüngsten Vergangenheit. Jedenfalls ist es ein Hinweis, dass Sie etwas noch nicht verarbeitet und abgeschlossen haben. Wenn man dann von halb vier Uhr bis zum Morgen grübelnd wach liegt und gar nicht mehr in den Schlaf findet, ist die Schlafstörung besonders belastend.
Vielleicht fragen Sie sich, was all diese Themen mit der Ernährung zu tun haben. Die TCM ist genaugenommen eine psychosomatische Medizin, bei der die Einheit von Körper, Geist und Seele ganzheitlich betrachtet und behandelt wird. Daher gehört zu einem gesunden Leben gemäß der TCM immer auch ein zum eigenen Wesen passender Lebensrhythmus. Klarheit darüber zu erlangen, was man für ein Leben führt und ob es zu einem passt, ist unter anderem die Aufgabe des Feuerelements.
Das dafür zuständige Organ ist der Dünndarm. Er hat die Aufgabe des Klärens und Sichtens. Anhand der Organuhr sehen Sie, dass die Hoch-Zeit des Dünndarms zwischen 13 und 15 Uhr liegt. Physiologisch ist es seine Aufgabe, die einzelnen Bestandteile der Nahrung herauszufiltern. Somit entscheidet er, was im Nahrungsbrei wichtig oder unwichtig für den Körper ist.
Wenn jemand nach dem Mittagessen eine starke Müdigkeit überfällt, so ist dies ein Zeichen dafür, dass die Dünndarm-Energie geschwächt ist. Dies zeigt sich körperlich in Verdauungsbeschwerden mit Durchfällen bis hin zu schweren Erkrankungen wie Morbus Crohn. Es können aber auch auf seelischer Ebene Symptome entstehen. Wenn Sie sich nicht erklären können, warum Sie große Schwierigkeiten haben, Entscheidungen zu treffen oder eine große Unsicherheit jegliche Tatkraft verhindert, kann es sein, dass durch Nahrung zugeführte Kälte die Dünndarmenergie auf seelischer Ebene blockiert. Man fühlt sich planlos und verzettelt sich ständig. Es fällt schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren und diese zu vollenden. Gerade, wenn Sie früher sehr geordnet und voller Klarheit waren, kann eine kühlende Ernährung die Ursache für diese Veränderung sein, vor allem wenn sie nicht zum Grundmuster Ihrer Person passt.
Die Klärung, was wichtig und unwichtig ist gilt auch im übertragenen Sinne, wenn man entscheiden muss, was für den Rest des Tages noch zu tun ist und was verschoben oder sogar fallengelassen werden kann. Menschen mit Dauerstress oder Burnout scheitern regelmäßig an dieser Herausforderung. Ist die Dünndarm-Energie geschwächt oder ausgelaugt, dann sind auch die Lebensumstände chaotisch, ohne Rhythmus, alles geht durcheinander, man bekommt sein Leben nicht „auf die Reihe“. Auch das kann damit zu tun haben, dass zu viele kühlende Nahrungsmittel das Yang schwächen, das der Dünndarm für die Bewältigung seiner Aufgaben braucht. Für den Dünndarm ist genauso wie für die Leber sehr viel Wärme für die Verdauungsleistung notwendig. Aus diesem Grund liegt er tief in der Bauchhöhle verborgen und gehört aus Sicht der Fünf-Elemente-Lehre zum Feuerelement.
Wird zu viel Kälte durch Nahrung zugeführt, versucht der Körper sich auf Umwegen Wärme zuzuführen beziehungsweise Wärmeverluste zu verhindern. Bei schlanken Menschen zeigt sich dies in einer starken Unruhe, die Betroffenen sind immer in Aktion. Durch die Muskeltätigkeit wird dem Körper Wärme zugeführt. Man sieht das bei Kindern im Schwimmbad, wenn sie sich „warmzittern“, weil sie zu lange im kalten Wasser waren. Bei Erwachsenen zeigt sich dieses Phänomen in Hyperaktivität, die vor allem bei Frauen häufiger zu beobachten ist, da sie schneller frieren.
Bei übergewichtigen Menschen ist die Kälte die Ursache für eine Fettansammlung um die Körpermitte herum, denn Fett hat eine wärmedämmende Wirkung. Dies ist bei allen Tieren zu beobachten, die einen Winterschlaf halten und dafür an Gewicht zulegen. Die Fettschicht dient der Energieversorgung während eines langen, kalten Winters, aber sie trägt auch zur Wärmedämmung bei, damit das Tier gegen äußere klimatische Kälte geschützt ist. Das ist auch beim Menschen so, wie eine Studie an der Universität Cambridge bereits vor Jahrzehnten nachgewiesen hat. Je dicker die Fettschicht war, desto geringer war die Kältewirkung auf die Probanden, die eine gewisse Zeit lang in eiskaltem Wasser verharren mussten.1 Sprich: übergewichtige Menschen konnten die Temperatur im Körperinneren leichter aufrechterhalten als schlanke oder dünne Menschen.
Leider gibt es keine Studien zur Wirkung der wärmenden Ernährung. Trotzdem ist die Umstellung von einer kühlen hin einer wärmenden Ernährung einen Versuch wert, um Übergewicht und chronische Krankheiten aufzuhalten oder zu verbessern, aber auch um im übertragenen Sinne das Leben wieder in Ordnung zu bringen.
Die Temperaturspanne von der Frische des Frühlings über die Hitze des Sommers bis zur Kälte des Winters zeigt sich nicht nur in den Jahreszeiten, sondern auch in Nahrungsmitteln. Jedes Lebensmittel hat seine eigene thermische Qualität und Wirkung auf den Körper. Ein Beispiel dafür ist Chili: Manchen Menschen bricht der Schweiß aus, wenn sie etwas sehr scharfes essen, weil das Nahrungsmittel Hitze im Körper erzeugt. Andere wiederum bekommen Kopfschmerzen, wenn sie etwas Eiskaltes trinken oder Eis essen. Meist ist es ein Kopfschmerz in der Schläfenregion, denn ein Ast des Magenmeridians verläuft dort hin.
Man kann die thermische Wirkung von Obst und Gemüse aus der Umgebung ableiten, in der es wächst. Orangen und Mandarinen wachsen zum Beispiel in Nordafrika sehr gut. Dort ist es warm und trocken, daher sind diese Früchte kühlend. Der Körper kann die Temperatur über das Schwitzen noch selbst regulieren. Der Schweiß verdunstet durch die trockene Umgebung auf der Haut, deren Oberfläche dadurch gekühlt wird. Diese Kühle wird über die Blutgefäße ins Körperinnere transportiert. Kühlende Nahrungsmittel wie Zitrusfrüchte runden diesen Prozess ab, so dass der Mensch auch bei 40 Grad Außentemperatur nicht überhitzt. Interessanterweise wird auch in Ländern mit einem sehr warmen Klima häufig warmer Tee getrunken, wie beispielsweise in Nordafrika, wo aus frischer und kühlender Minze ein Tee aufgebrüht wird. Die Pfefferminze hat eine kühlende thermische Eigenschaft.
In manchen asiatischen Ländern wird die Strategie verfolgt, sehr scharf zu essen, so dass sich alle Poren öffnen und die Schweißbildung gefördert wird. Der Schweiß kühlt über den eben beschriebenen Mechanismus ab. Bei hoher Luftfeuchtigkeit funktioniert diese Technik allerdings nicht. Da die Luft bereits mit Feuchtigkeit gesättigt ist, kann der Schweiß nicht verdunsten und die Körpertemperatur somit nicht über das Schwitzen reguliert werden. Daher wachsen in feucht-heißem, also tropischem Klima Nahrungsmittel mit einer thermisch kalten Qualität, wie beispielsweise Ananas, Kokosnuss, Mango, Kiwi oder Papaya. Diese Früchte gehören zu den kältesten Lebensmitteln, daher wird der Körper durch den Verzehr stark gekühlt. Die Wirkung verstärkt sich noch, wenn die Früchte unreif gegessen werden. Dies ist bei uns meist der Fall, da sie für den Überseetransport nach Europa unreif geerntet werden. Wir essen also in einer kühlen Umgebung Früchte, die „doppelt“ kalt sind.
Der Wassergehalt eines Nahrungsmittels weist ebenfalls auf eine kühlende Wirkung hin, weshalb die thermische Qualität häufig als „erfrischend“ bezeichnet wird. Daher sind Gurken und Tomaten Nahrungsmittel mit einer thermisch kalten Qualität. Wasser- und Honigmelone zählen ebenfalls zu den kalten Nahrungsmitteln, aber auch Fische und Meeresfrüchte haben eine thermisch kalte Qualität und kühlen somit das Körperinnere. Leider ist die Begründung, warum eine Frucht oder eine Gemüsesorte aus Sicht der TCM als kühlend eingestuft wird, nicht immer leicht zu erkennen und auch nicht leicht zu erklären. Dabei hilft Ihnen die folgende Übersicht.
Weitere kühlende Gemüse
Artischocke, Aubergine, Austernpilze, Avocado, Bambussprossen, Borretsch, Brunnenkresse, Chicorée, Chinakohl, Eichblattsalat, Eisbergsalat, Endiviensalat, Essiggurken, Kopfsalat, Löwenzahn, Oliven, Paprika, Radicchio, Radieschen, weißer Rettich, Sauerampfer, Sojasprossen, Weißkohl, Weizensprossen, Zucchini.
Zum kühlenden Obst zählen:
Säuerliche Äpfel, Banane, Birnen, Clementinen, Erdbeere, Granatapfel, Grapefruit, Heidelbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Kirschen, Mandarinen, Orangen, Passionsfrucht, Pfirsiche, Rhabarber, Sauerkirschen, Stachelbeere, Weintrauben rot und weiß, Zitrone.
Am Beispiel von Weißkohl wird deutlich, wie wichtig eine Vorbereitung von kühlenden Nahrungsmitteln für den Verdauungstrakt ist. Ohne physikalischen Prozess, wie das Einlegen in Salz oder Kochen, sind kühlende Nahrungsmittel eine große Herausforderung für Magen und Darm. Daher vertragen viele Menschen Krautsalat nicht gut und reagieren mit Blähungen darauf. Aus diesem Grund wird lang gekochtes oder mehrfach aufgewärmtes Kraut von den meisten Menschen gut vertragen. Dasselbe gilt für die Quitte: die meisten Sorten sind roh ungenießbar, aber wärmend verarbeitet entsteht herrliches Quittenmus für den Winter, Quittengelee oder andere Leckereien, die die meisten Menschen mögen. Wärmende Ernährung bedeutet jedoch nicht, dass Sie alles Kühlende vom Speiseplan streichen müssen. In einem langen heißen Sommer können Sie sich sehr wohl mit Salat, Tomate und Gurke erfrischen – nur im Winter ist das nicht gesund.
Sie brauchen keine Sorgen wegen eines Vitaminmangels zu haben: Viele heimische Gemüse enthalten deutlich mehr Vitamin C als Südfrüchte, die unreif geerntet wurden. Zudem soll es sich beim Vorbereitungsprozess des „Kochens“ nur um einen schonenden Garprozess wie dämpfen, dünsten, schmoren, backen oder braten handeln. Alle Kohlsorten, allen voran Wirsing und Grünkohl enthalten trotz der langen Zubereitungszeit noch genügend Vitamin C für den täglichen Bedarf. Darüber hinaus bilden sich während des Garvorgangs bestimmte Co-Enzyme, die in Rohkost nicht vorhanden sind, wie man aus neueren Analysen weiß2 und auch bei Tomaten wird das Lycopin, das als Antioxidans bekannt ist, erst bei einem Garvorgang erschlossen, da Tomaten sehr dicke Zellwände haben. Dasselbe gilt für die Aufnahme von Betacarotin aus Karotten, die für den Körper erleichtert wird, wenn sie gedünstet oder gegart wurden.
Wärmende Ernährung bedeutet nicht, dass Sie die Lebensmittel „verkochen“ sollen. Es geht darum, sie durch Wärme für die Verdauung vorzubereiten.
Ein weiteres kühlendes Nahrungsmittel ist Spargel. Natürlicherweise war die Spargelzeit, genauso übrigens wie die Erdbeerzeit, eher Ende Mai oder Juni, wenn der Frühling in den Sommer übergeht. Beide sind sehr vom Wetter abhängig, das heißt: Früchte und Sprossen brauchen Wärme, um zu wachsen. Weil der Spargel aber so beliebt ist und sich gut verkaufen lässt, werden Sorten gezüchtet, die immer früher reif sind, so dass es Ende März schon frischen Spargel gibt. Dieser passt jedoch nicht zu unserem Klima, bei dem im März eher noch kühle Temperaturen herrschen.
Wenn im Winter viel Salat und Rohkost gegessen wird und es ab April mit Spargel und Erdbeeren weitergeht, essen Sie folglich in einer kühlen bis nasskalten Umgebung wie bei uns zu zwei Dritteln des Jahres kühlende Nahrungsmittel. Ihr Körper muss somit viel Energie aufwenden, um die inneren Organe auf Betriebstemperatur zu bringen. Kommen dann noch körperliche Belastungen, wie eine Schwangerschaft oder Stress dazu, kann der Körper die Gesamtheit der Herausforderungen inklusive kühlender Nahrung nicht mehr bewältigen. Es entsteht ein Kältephänomen. Das Tragische ist, dass sich dieser Vorbote zahlreicher Krankheiten langsam und über viele Jahre hinweg entwickelt, so dass kein Zusammenhang mit der Ernährung hergestellt wird. Die Symptome tauchen scheinbar „plötzlich“ auf. Plötzlich hat man Rheuma. Plötzlich sind die Leberwerte erhöht, obwohl das noch nie zuvor der Fall war und man sich „gesund“ ernährt. Plötzlich hat man ein Hashimoto-Syndrom. Oder plötzlich nimmt man nach der Schwangerschaft nicht mehr ab, obwohl man sonst immer schlank war.
Das Kältephänomen entwickelt sich langsam, manchmal über Jahre und „plötzlich“ kommt es zu Symptomen und chronischen Erkrankungen.
Zu unseren heimischen stark kühlenden Gemüsen zählen Tomaten und Gurken. Beide enthalten viel Wasser und wachsen nur in einem langen und trockenen Sommer. Die natürliche Erntezeit von Tomaten ist eigentlich von Mitte Juni bis Mitte September, eben wenn es sehr warm oder sogar heiß ist. Manche Gärtner*n trickst die Natur aus, indem sie Tomaten und Gurken im Gewächshaus zieht, so dass ein regenreicher Sommer nichts ausmacht. Aber sie tut sich damit keinen Gefallen, denn damit isst man eben nicht jahreszeitengemäß und kühlt sich innerlich, obwohl es der verregnete Sommer nicht verlangt. Aus diesem Grund sind gerade auch Tomaten und Gurken aus Sicht der TCM im Winter schädlich.
Viele Menschen gehen davon aus, dass Tomaten in südlichen Ländern ganzjährig wachsen. Das ist aber nicht der Fall. Auch in Spanien braucht es im Winter Gewächshäuser, damit die Tomate gedeiht. Sie ist also zu dieser Jahreszeit alles andere als natürlich. Zudem wird enorm viel Wasser verbraucht, was für den Anbau der regionalen Nahrungsmittel für die spanische Bevölkerung fehlt. So schadet eine nicht jahreszeitengemäße Ernährung doppelt: dem eigenen Organismus und der Umwelt. Dasselbe gilt für das „Super-Food“ Avocado, die seit einigen Jahren beworben wird. Damit schaden Sie der Umwelt noch mehr als mit den Tomaten, aber eben vor allem sich selbst, denn auch die Avocado hat thermisch gesehen eine kühlende Qualität.
Bevor Sie nun das Buch frustriert in die Ecke werfen, weil Sie vermeintlich nichts mehr von dem essen dürfen, was sie eigentlich mögen, habe ich einen Trost für Sie: Sie können alle Gemüse und Obstsorten durch gezielte Maßnahmen thermisch aufwerten, indem Sie sie garen und wärmende Gewürze, wie frische Kräuter, Zimt, Kardamom, Anis, Fenchel, Nelke, Koriander oder Pfeffer verwenden. Auch Galgant, Ysop oder Quendel aus der Küche der Hildegardmedizin sind bestens dafür geeignet auszugleichen. Sie erfahren im Laufe des Buches alle dafür notwendigen Details.
Schon unsere Vorfahren haben Weihnachtsplätzchen mit wärmenden Gewürzen gebacken, um gegen die äußere Kälte gewappnet zu sein, während Zimt oder Kardamom im Sommer kaum Verwendung finden.
Darüber hinaus können Sie alle Nahrungsmittel mit einer kalten oder kühlenden Qualität durch unterschiedliche Garmethoden schonend für den Körper vorbereiten, indem sie sie dünsten, schmoren, backen oder braten. In der asiatischen Showküche sehen Sie, wie das Gemüse auf großer Flamme für wenige Minuten schnell gewendet wird. Durch diesen Garprozess des Sautierens erhält es eine förderliche thermische Qualität. Der Körper muss sich weniger anstrengen, um zu verdauen. Neben den Zubereitungsmethoden gibt es aber auch eine ganze Reihe sogenannter „neutraler“ Lebensmittel, die also weder kühlend noch wärmend sind und ebenso viele Gemüse und Obstsorten mit wärmenden Eigenschaften.
Neutrales und wärmendes Gemüse und Kräuter
Bärlauch, alle frischen grünen Kräuter, wie Thymian, Majoran, Basilikum, Dill, Schnittlauch oder Bohnenkraut, Blumenkohl, grüne Bohnen, Brennnessel, Brokkoli, Champignons, Erbsen, Erdnüsse, Feldsalat, Fenchel, Frühlingszwiebeln, Grünkohl, Kürbis, Ingwer, Karotten, Kartoffeln, Kastanien, Kichererbsen, Kohlrabi, Lauch, Mais, Mangold, Meerrettich, Pastinake, Petersilie, Petersilienwurzel, Pilze, schwarzer Rettich, Rosenkohl, Rote Beete, Rotkohl, Rucola/Rauke, Saubohnen, Sauerkraut, Schwarzwurzel, Sellerieknolle, Staudensellerie, Sojabohne, Spinat, Steckrübe, Süßkartoffel, Topinambur, Waldpilze, Wirsing, Yamswurzel, Ysop, Zitronengras, Zwiebeln.
Die meisten Beilagen, wie beispielsweise Buchweizen, Bulgur, Couscous, Dinkel, Grünkern, Hafer, Hirse, Kichererbsen- oder Maisprodukte, wie Polenta, Reis und Roggen, aber auch Amaranth, Haferflocken und Quinoa haben ebenfalls eine neutrale bis wärmende Qualität, genauso wie alle Samen und Nüsse. Dabei ist es unwichtig, ob das Getreide als Ganzes gekocht oder als Brot gebacken verwendet wird und wie der Mahlgrad ist. Dasselbe gilt für Nudeln, solange sie aus dem ganzen Korn hergestellt sind. Generell sollte in der Fünf-Elemente-Küche das ganze Korn Verwendung finden, um alle darin enthaltenen Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine zu nutzen. Weizen hat neben Gerste eine kühlende Qualität, daher kommt es aus Sicht der TCM bei Erwachsenen häufig zu einer Weizen- beziehungsweise Glutenunverträglichkeit, wenn ein Kältephänomen besteht.
Wie Sie sehen, ist die Liste der neutralen und wärmenden Nahrungsmittel doppelt so lang, wie die der kühlenden. Der allerorten, natürlich wachsende Bärlauch ist dabei ein Gegenbeispiel zum angebauten Spargel: Er wächst ab März in der Natur in rauen Mengen. Durch seine wärmende Qualität und seine Schärfe passt er bestens ins Frühjahr, vor allem, wenn es verregnet ist. Die Schärfe löst Stagnationen vom Winter, die sich als Übergewicht oder als Beschwerden des Bewegungsapparats zeigen. Außerdem können Sie ein kostengünstiges Pesto aus Bärlauch herstellen. Sie sollten nur darauf achten, dass der Bärlauch auf gesundem Boden wächst. In der Regel bevorzugt er schattige, feuchte Gebiete im Wald. Ernten Sie jeweils nur ein Blatt pro Pflanze, um den Bestand nicht zu gefährden. In Naturschutzgebieten ist das Sammeln verboten.
Ein typisches Beispiel der Fünf-Elemente-Küche für gesunde Frühjahrkost ist die Gründonnerstagssuppe, die idealerweise aus neun selbst gesammelten Frühjahrskräutern besteht. Sie enthält neben Bärlauch noch Löwenzahn, Brennnessel, Sauerampfer, Spitzwegerich und Rauke. All diese Kräuter finden Sie auf heimischen Wiesen. Unbekannter dagegen sind Giersch, Schafgarbe und Gundelrebe. Wenn Sie einen Garten haben, können Sie sich ein kleines Areal mit Giersch und Schafgarbe bepflanzen oder Sie ziehen die Kräuter in Töpfen auf dem Balkon, denn bei diesen Kräutern kann es leicht zu Verwechslungen mit giftigen Pflanzen kommen. Auch beim Bärlauch muss man aufpassen, ihn nicht mit dem hochgiftigen Maiglöckchen zu verwechseln.3 Sie finden bei den Literaturhinweisen einen Buchtipp, wie man ungiftige von giftigen Kräutern unterscheidet. Wenn Sie unsicher oder wenig geübt sind, suchen Sie sich eine Fachfrau oder einen Fachmann, der mit Ihnen sammeln geht.
Neutrales und wärmendes Obst
Aprikosen, Brombeeren, Datteln, Feigen, Hagebutten, Holunderbeere, süße Kirschen, Korinthen, Pfirsiche, Pflaumen, Rosinen, Sultaninen, rote Weintrauben, Zwetschgen.
In unserer heimischen Umgebung gibt es im Sommer vorwiegend neutrale oder erfrischende Früchte. Nur wenige Ausnahmen haben einen wärmenden Charakter, wie beispielsweise Hagebutte, sehr reife Brombeeren oder Holunderbeeren. Deshalb lautet das wichtigste Prinzip der Fünf-Elemente-Küche, dass man saisonale und regionale Früchte und Gemüse verwenden soll, um automatisch klimatisch passende Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. Auch in der Hildegardmedizin wird vorwiegend das als Heil- und Nahrungsmittel eingesetzt, was in der Umgebung des krank gewordenen Menschen wächst.
Da Obst bei uns in Hülle und Fülle wächst, lohnt es sich, einen Vorrat für den Winter einzukochen. Durch diesen Prozess bekommen die erfrischenden Obstsorten eine wärmende Eigenschaft, die Sie durch wärmende Gewürze verstärken können: Brombeer-Mus mit Vanille, Apfelmus mit Zimt oder Himbeer-Mus mit Kardamomsaat sind in den kalten Wintertagen ein wunderbarer Nachtisch. Sie müssen diesen nicht mehr erwärmen, da die Wärme durch das Einkochen im Mus gespeichert ist. Auch dabei ist das Einkochen kein „Verkochen“, da es höchstens drei bis fünf Minuten dauert.
Warm und neutral sind auch die meisten Nüsse und Samen, wie Sesam, Haselnüsse, Walnüsse, Maronen oder Mandeln, von denen Sie reichlich essen sollten, wenn Sie sich vegan ernähren. Wärmend sind überdies alle roten Fleischsorten wie Rind, Wild oder Ente. Leider ist rotes Fleisch in den letzten Jahrzehnten immer wieder in Verruf gekommen, wohingegen Geflügel, also weißes Fleisch, als „gesund“ erklärt wurde. Daran dürften allerdings Zweifel aufkommen, wenn man sich anschaut, welchen Qualen Puten und Hühnchen in konventioneller Haltung ausgesetzt sind und welche Medikamentengaben sie erhalten, bevor sie bei uns auf den Tisch kommen.
Da das Fleisch als besonders kalorienarm angepriesen wird, sind es meistens Frauen, die zu diesen Produkten greifen. Schlank sind die Konsumentinnen oft trotzdem nicht, denn in der Regel werden die Putenstreifen mit Salat gegessen und dieser hält die Pfunde aufrecht, weil er das Kältephänomen nährt. Durch eine solche, vermeintlich gesunde Mahlzeit schaden Sie ebenfalls doppelt: sich selbst und den Tieren noch dazu. Falls Sie Sorge haben, dass Sie zu wenig Eiweiß aufnehmen, wenn Sie Ihren Fleisch- oder Ei-Konsum reduzieren, stehen als pflanzliche Eiweißquellen zahlreiche Hülsenfrüchte zur Verfügung. Sie haben zudem durch die lange Einweich- und Kochzeit eine wärmende Qualität.
Milchprodukte sind aus Sicht der TCM feucht und kalt oder feucht und kühlend. Der Ausdruck der chinesischen Medizin „feucht“ oder „befeuchtend“ bezieht sich auf die Wirkung des Lebensmittels im Organismus. Ein Beispiel dafür sind trockene Schleimhäute, die durch den Konsum von Milchprodukten befeuchtet werden, während dieselbe befeuchtende Wirkung bei einer Milzschwäche das Übergewicht und die Fettansammlung verursacht, wie wir später noch sehen werden. Daher wäre aus Sicht der TCM bei einem Kältephänomen beziehungsweise einer Milzschwäche generell ein Verzicht auf Milchprodukte sinnvoll. Ich beobachte bei meinen Patientinnen jedoch häufig, dass der Verzicht undenkbar ist. Bei vielen Menschen vermitteln Milchprodukte ein Gefühl von Geborgenheit und nähren das innere Kind, das bedürftig ist und unter chronischem Mangel leidet. Das weiche, cremige Gefühl befriedigt dieses Bedürfnis nach Geborgenheit und weckt wohlige Erinnerungen.
Daher lasse ich bei meinen Patienten Milchprodukte so lange im Ernährungsplan, wie dieses Mangelgefühl besteht. Allerdings gibt es wie bei den Gemüsen und Früchten auch bei den Milchprodukten Unterschiede in der Kältewirkung. Dabei ist Joghurt das thermisch kälteste Milchprodukt, ebenso wie alle Sorten von Buttermilch, Dickmilch oder Sauermilch. Kühlend beziehungsweise erfrischend sind Quark, Camembert, alle Lightprodukte, Milch, laktosefreie Milch. Käse der lange reift wird neutral. Je länger er reift desto wärmender wird die thermische Qualität. Das heißt, je kräftiger ein Käse riecht oder je herzhafter er schmeckt, desto besser ist die Qualität aus Sicht der TCM. Ziegen- und Schafsmilchprodukte sind generell wärmender als Kuhmilchprodukte, weshalb sie auch von Menschen mit Laktoseunverträglichkeit eher vertragen werden.