Thomas Mann
Goethe
Herausgegeben von Yahya Elsaghe und Hanspeter Affolter
FISCHER E-Books
Thomas Mann, 1875–1955, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Mit ihm erreichte der moderne deutsche Roman den Anschluss an die Weltliteratur. Manns vielschichtiges Werk hat eine weltweit kaum zu übertreffende positive Resonanz gefunden. Ab 1933 lebte er im Exil, zuerst in der Schweiz, dann in den USA. Erst 1952 kehrte Mann nach Europa zurück, wo er 1955 in Zürich verstarb.
Yahya Elsaghe, Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Bern, hat sowohl zu Goethe als vor allem auch zu Thomas Mann geforscht (zuletzt »Krankheit und Matriarchat. Thomas Manns Betrogene im Kontext«).
Dr. Hanspeter Affolter (Universität Bern) forscht zu Thomas Mann und anderen Autoren der Klassischen Moderne.
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
Thomas Mann hat sich in seinem Œuvre erst ab den zwanziger Jahren – also nach seinem Bekenntnis zur Republik – ausführlich und kontinuierlich mit dem Leben und Werk Johann Wolfgang Goethes beschäftigt. Neben dem Goethe-Roman ›Lotte in Weimar‹ sind zahlreiche Essays entstanden, in denen er sich mit der Größe dieses Klassikers auseinandersetzt – und durchaus auch vergleicht. Diese Ausgabe beinhaltet alle Goethe-Essays Thomas Manns mit ausführlicher Einleitung und einem Kommentar von Yahya Elsaghe und Hanspeter Affolter.
Erschienen bei FISCHER E-Books 2019
© 2019 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
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ISBN 978-3-10-490890-8
Gegensätze bei Goethe [Rückübersetzung von: Contrastes de Goethe], GW XIII, S. 319f. (1932); Wie soll das Goethejahr 1932 gefeiert werden?, ebd., S. 619f. (1931); Vorspruch zur Veranstaltungsreihe ›Bayerische Dichtung im Goethejahr‹, ebd., S. 620–622 (1932); Ansprache bei der Einweihung des erweiterten Goethe-Museums in Frankfurt am Main, GW X, S. 327–331 (1932); Meine Goethereise, GW XIII, S. 63–75 (1932); Der Allgeliebte, ebd., S. 832f. (1932); Goethe der Gegenwärtige, GKFA 19.1, S. 689–691 (1949).
Lebensabriß, GW XI, S. 98–144, hier S. 100.
S. 234.
Bilse und ich, GKFA 14.1, S. 95–111, hier S. 111.
Vgl. Yahya Elsaghe, Die kleinen Herren Friedemänner. Familie und Geschlecht in Thomas Manns frühesten Erzählungen, in: Christine Kanz (Hg.), Zerreissproben/Double Bind. Familie und Geschlecht in der deutschen Literatur des 18. und des 19. Jahrhunderts, Bern und Wettingen: eFeF, 2007 (gender wissen, Bd. 10), S. 159–180.
Vgl. Dieter Borchmeyer, Goethe, in: Etienne François und Hagen Schulze (Hgg.), Deutsche Erinnerungsorte, München: Beck, 32002, Bd. 1, S. 187–206, hier S. 200.
S. 139, 207, 216, 218, 239, 241, 244, 246, 261, 281, 299, 378, 380.
S. 76, 178, 181, 185, 189, 191, 193, 195, 205, 214, 235, 237, 252, 260, 281, 349, 392, 401f., 405, 409, 421, 428.
S. 72, 98, 113, 125, 184, 186, 198, 228, 244, 278, 291, 405.
S. 125, 139, 184, 266.
Vgl. Peter von Matt, Literaturwissenschaft und Psychoanalyse, Stuttgart: Reclam, 22001 (Reclams Universal-Bibliothek, Bd. 17626), S. 71.
S. 363.
S. 407, 424; vgl. S. 379.
Richard M. Meyer, Goethe, Berlin: Hofmann, 1895 (Geisteshelden, Bd. 13–15).
Rüdiger Safranski, Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie, München: Hanser, 2013.
Hermann Kurzke, Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk, München: Beck, 1999.
Lorenz Jäger, Der urbanisierte Olympier, [Rezension zu:] Rüdiger Safranski, Goethe. Kunstwerk des Lebens, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.8.2013, S. 33.
Stephan Porombka, Der Eckermann-Workshop. Die Gespräche mit Goethe als Einübung in die Literatur der Gegenwart, in: ders., Wolfgang Schneider und Volker Wortmann (Hgg.), Kollektive Kreativität, Tübingen: Francke, 2006 (Jahrbuch für Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis, Bd. 1), S. 138–159.
Der Wille zum Glück, GKFA 2.1, S. 50–70, hier S. 51.
Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, Neuntes Hauptstück: Was ist vornehm?, Nr. 257, GOA, Bd. 7, S. 235; mit Lesespuren in Thomas Manns Handexemplar. Vgl. Sven Brömsel, Pathos der Distanz, in: Henning Ottmann (Hg.), Nietzsche-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart und Weimar: Metzler, 2000, S. 299.
Friedrich Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister, Zweite Abteilung: Der Wanderer und sein Schatten, Nr. 109, GOA, Bd. 3, S. 257; mit Lesespur in Thomas Manns Handexemplar.
Vgl. S. 205.
Harold Bloom, The Anxiety of Influence: A Theory of Poetry, New York: Oxford University Press, 1973.
Vgl. Herbert Lehnert, Thomas Mann. Fiktion, Mythos, Religion, Stuttgart u.a.: Kohlhammer, 1965 (Sprache und Literatur, Bd. 27), S. 55; Hans Wysling, Thomas Manns Goethe-Nachfolge, in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1978, S. 498–551, hier S. 507; Jan Alexander Hirn, Goethe-Rezeption im Frühwerk Thomas Manns, Trier: Wissenschaftlicher Verlag, 2006 (Kleine Reihe. Literatur – Kultur – Sprache, Bd. 2), S. 27–39; Barbara Neymeyr, ›Genialer Dilettantismus‹ und ›philosophische Vereinsamung‹. Zur Außenseiterproblematik in Thomas Manns Erzählung Der Bajazzo, in: Michael Braun und Birgit Lermen (Hgg.), »man erzählt Geschichten, formt die Wahrheit«. Thomas Mann – Deutscher, Europäer, Weltbürger, Frankfurt a.M. u.a.: Lang, 2003, S. 139–166, hier S. 146; Hinrich Siefken, Thomas Mann. Goethe – »Ideal der Deutschheit«. Wiederholte Spiegelungen 1893–1949, München: Fink, 1981, S. 11–18.
Handschriftliche Widmung der Gespräche mit Eckermann für Ilse Martens. Zitiert nach: Hans Wysling und Yvonne Schmidlin (Hgg.), Thomas Mann. Ein Leben in Bildern, Zürich: Artemis, 1994, S. 113.
Buddenbrooks, GKFA 1.1, S. 24, 280, 312, 529, 574, 796.
Vgl. ebd., S. 34.
Vgl. Gefallen, GKFA 2.1, S. 14–49, hier S. 18.
Vgl. Luischen, ebd., S. 160–180, hier S. 176f.
Vgl. [›Welches war das Lieblingsbuch Ihrer Knabenjahre?‹], GW XIII, S. 56.
Vgl. Tonio Kröger, GKFA 2.1, S. 243–318, hier S. 250f.
Briefe vom 31.10.1936 an Gottfried Bermann Fischer und vom 3.11.1936 an Käte Hamburger, in: Hans Wysling (Hg.), Thomas Mann, München: Heimeran, und Frankfurt a.M.: Fischer, 1975–1981 (Dichter über ihre Dichtungen, Bd. 14/I–III), hier Bd. 14/II: 1918–1943, S. 455.
Schwere Stunde, GKFA 2.1, S. 419–428, hier S. 421.
Brief vom 8.7.1899 an Kurt Martens, GKFA 21, S. 108f., hier S. 109.
Vgl. Hans Eichner, Thomas Mann. Eine Einführung in sein Werk, Bern und München: Francke, 1953, S. 72f.
Vgl. Thomas Sprecher, Felix Krull und Goethe. Thomas Manns Bekenntnisse als Parodie auf Dichtung und Wahrheit, Bern u.a.: Lang, 1985 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1, Bd. 841).
Vgl. Siefken, Thomas Mann, S. 131.
[Lebenslauf 1936], GW XI, S. 450–456, hier S. 450.
Goethe, Dichtung und Wahrheit, 1. Teil, 1. Buch, WA, Abt. I, Bd. 26, S. 11.
Vgl. Franz Boll, Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie, hg. v. W[ilhelm] Gundel, Leipzig: Teubner, 31926, S. 66–71; mit Lesespuren in Thomas Manns Handexemplar.
Vgl. Wysling, Thomas Manns Goethe-Nachfolge, S. 533. Nach Ausweis einer Anstreichung in Goethes Gesprächen (Woldemar von Biedermann [Hg.], Goethes Gespräche, Leipzig: Biedermann, 1889–1896, Bd. 4: 1819–1823, S. 70 [ohne die Anm., in der die betreffende Stelle moniert und korrigiert wird: »Irrig: des Falkenordens«]), wusste Thomas Mann um Goethes Ordenszugehörigkeit.
Vgl. Goethe, Tagebücher. 1813–1816, WA, Abt. III, Bd. 5, S. 345 (undatiert); Yahya Elsaghe, Die imaginäre Nation. Thomas Mann und das ›Deutsche‹, München: Fink, 2000, S. 254, Anm. 291.
Vgl. Thomas Sprecher, Thomas Mann in Zürich, Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung, 1992, S. 61.
Tb. 15.9.1936. Vgl. auch Tb. 16. und 18.9.1936.
Vgl. Yahya Elsaghe, Untersuchungen zur Funktion des Mythos in Hölderlins Feiertagshymne, Tübingen und Basel: Francke, 1998, S. 45–61.
Vgl. Yahya Elsaghe, Im Namen der Mutter? Vom armen B.B. als »Familienroman«, in: Wirkendes Wort 61.1, 2011, S. 63–87, hier S. 76–87.
Emil Ludwig, Historie und Dichtung, in: Die Neue Rundschau 40.1, 1929, S. 358–381, hier S. 378. Zu Manns Rezeption dieses Beitrags vgl. Siefken, Thomas Mann, S. 139f.
Emil Ludwig, Goethe. Geschichte eines Menschen, Stuttgart und Berlin: Cotta, 1920.
Vgl. Ritchie Robertson, [Rezension zu:] Blödorn, Andreas, and Friedhelm Marx, eds., Thomas Mann Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart: Metzler, 2015, in: German Quarterly 89.3, 2016, S. 375–377, hier S. 376f.
Vgl. Yahya Elsaghe, Thomas Mann und die kleinen Unterschiede. Zur erzählerischen Imagination des ›Anderen‹, Köln u.a.: Böhlau, 2004 (Literatur – Kultur – Geschlecht, Große Reihe, Bd. 27), S. 316.
Theilhaber, S. 239; mit Anstreichung in Thomas Manns Handexemplar.
Goethe, Hermann und Dorothea [Elegie], WA, Abt. I, Bd. 1, S. 293f., hier S. 294.
Ebd.
S. 125, 183.
Thomas Mann, Notizbücher 7–14, hg. v. Hans Wysling und Yvonne Schmidlin, Frankfurt a.M.: Fischer, 1992, S. 186.
Martin Walser, Ein liebender Mann. Roman, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2008.
[Über die Zeitschrift Zürcher Student], GKFA 19.1, S. 586f., hier S. 586. Vgl. die Briefe vom 21.7. und 9.10.1948 an Agnes E. Meyer, vom 12.10.1948 an Richard Schweizer, vom 25.10.1948 an Jonas Lesser und vom 25.11.1951 an Harry Slochower, in: Wysling (Hg.), Thomas Mann, Bd. 14/III: 1944–1955, S. 453f., 478.
Vgl. Siefken, Thomas Mann, S. 91–136.
Karl Robert Mandelkow, Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers, Bd. 1: 1773–1918, München: Beck, 1980, S. 210.
Vgl. Dieter Wolfgang Adolphs, Thomas Manns Einflußnahme auf die Rezeption seiner Werke in Amerika, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 64.3, 1990, S. 560–582, hier S. 566.
Vgl. Georg Potempa, Thomas Mann-Bibliographie. Übersetzungen – Interviews, Morsum: Cicero Presse, 1997, S. 979, 1091.
Gedanken im Kriege, GKFA 15.1, S. 27–46, hier S. 27.
Ebd., S. 28.
Ebd.
Ebd., S. 38.
Ebd., S. 45.
Ebd., S. 46.
Ebd., S. 37f.
Ebd., S. 34.
Ebd., S. 46.
Ebd., S. 34.
Ebd., S. 46.
S. 197, 228, 265f., 422.
Carus, S. 113; Thomas Manns Hervorhebung.
S. 422.
Zu den politischen Implikationen der Carus-Renaissance und der gleich mehrfachen Edition seiner Goethe-Schriften vgl. Mandelkow, Goethe in Deutschland, Bd. 1, S. 142f.
Carus, S. 157; mit Anstreichung in Thomas Manns Handexemplar.
Wilhelm Bode, Goethes Sohn, Berlin: Mittler & Sohn, 1918.
Andreas Beyer, Reisen – Bleiben – Sterben. Die Goethes in Rom, in: Klaus Manger (Hg.), Italienbeziehungen des klassischen Weimar, Tübingen: Niemeyer, 1997 (Reihe der Villa Vigoni, Bd. 11), S. 63–84, hier S. 84.
Vgl. Tilmann Lahme, Die Manns. Geschichte einer Familie, Frankfurt a.M.: Fischer, 2015, S. 421.
Karl-Iversen Lapp, Fast zeitlebens im Schatten des Vaters. Golo Mann war ein großer Erzähler und unvoreingenommener Historiker – eine Würdigung, in: Süddeutsche Zeitung, 11.4.1994, S. 4; Harald W. Jürgensonn, Golo Mann – ein Leben im Schatten des Vaters, in: Express, 9.4.1994, S. 6. Vgl. Klaus Mann, Tagebucheintrag vom 30.3.1938, in: ders., Tagebücher 1938 bis 1939, hg. v. Joachim Heimannsberg, Peter Laemmle und Wilfried F. Schoeller, München: Spangenberg, 1990, S. 30f., hier S. 31: »Werde ich je aus seinem Schatten treten?«
Vgl. Ronald Hayman, In Pursuit of Thomas Mann, in: Times Literary Supplement, 9.9.1994, S. 11–13, hier S. 11; Lahme, Die Manns, S. 408–411.
S. 419f.
Vorwort zu einem Gedächtnisbuch für Klaus Mann, GW XI, S. 510–514, hier S. 514.
Freundliche Hinweise von Hans Rudolf Vaget, Northampton (MA), vom 12.10.2018 und 7.1.2019.
Vgl. S. 420.
Vgl. S. 373.
Vgl. Joachim Radkau, Die deutsche Emigration in den USA. Ihr Einfluß auf die amerikanische Europapolitik 1933–1945, Düsseldorf: Bertelsmann, 1971 (Studien zur modernen Geschichte, Bd. 2), S. 121–123.
Erika Mann, Brief vom 13.2.1949 an Thomas Mann, in: dies., Mein Vater, der Zauberer, hg. v. Irmela von der Lühe und Uwe Naumann, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1996, S. 204–207, hier S. 205.
Vgl. GKFA 19.2, S. 685.
Ebd., S. 722.
Ebd.
Goethe, Hermann und Dorothea, WA, Abt. I, Bd. 50, S. 187–267, hier S. 232 (VI, 10).
Charles Percy Snow, The Two Cultures and the Scientific Revolution, New York: Cambridge University Press, 71961. Vgl. v.a. Klaus J. Milich, Die frühe Postmoderne. Geschichte eines europäisch-amerikanischen Kulturkonflikts, Frankfurt a.M. und New York: Campus, 1998 (Nordamerikastudien, Bd. 6), S. 59.
Vgl. v.a. Franco Moretti, Style, Inc.: Reflections on 7,000 Titles (British Novels, 1740–1850), in: ders., Distant Reading, London: Verso, 2013, S. 179–210.
Gedanken im Kriege, S. 30.
Zitiert nach: Gerhard Ahrens, Von der Franzosenzeit bis zum Ersten Weltkrieg 1806–1914: Anpassung an Forderungen der neuen Zeit, in: Antjekathrin Graßmann (Hg.), Lübeckische Geschichte, Lübeck: Schmidt-Römhild, 42008, S. 539–686, hier S. 651.
Georg Thouret, Die Vertreibung der evangelischen Salzburger und ihre Aufnahme in Preußen, in: Hohenzollern-Jahrbuch 2, 1898, S. 47–56, hier S. 55f.
[Karl August] Varnhagen von Ense, Kritische Stimmen, in: Album des Litterarischen Vereins in Bern, hg. zu Gunsten der Blinden- und Mädchentaubstummen-Anstalt in Bern, Bern: Harald Blom, 1858, S. 111–117, hier S. 113.
Eduard Engel, Geschichte der Deutschen Literatur von den Anfängen bis in die Gegenwart, Bd. 2: Von Goethe bis in die Gegenwart, Leipzig: Freytag, und Wien: Tempsky, 1906, S. 654.
Vgl. https://books.google.com/ngrams/graph?content=deutschest&case_insensitive=on&year_start=1800&year_end=2000&corpus=20&smoothing=10
S. 178.
Vgl. Goethe und Tolstoi. Vortrag, zum ersten Mal gehalten September 1921 anläßlich der Nordischen Woche zu Lübeck, GKFA 15.1, S. 376–420, hier S. 416; Goethe und Tolstoi. Fragmente zum Problem der Humanität, ebd., S. 809–936, hier S. 882, 897.
Vgl. S. 191, 234f., 369, 376.
S. 235; vgl. S. 369, 394.
Vgl. Gert Heine und Paul Schommer (Hgg.), Thomas Mann Chronik, Frankfurt a.M.: Klostermann, 2004, S. 334, 351.
Vgl. Herbert Lehnert und Eva Wessell, Nihilismus der Menschenfreundlichkeit. Thomas Manns ›Wandlung‹ und sein Essay Goethe und Tolstoi, Frankfurt a.M.: Klostermann, 1991 (Thomas-Mann-Studien, Bd. 9), S. 233.
Fritz Strich, Goethe und die Weltliteratur, Bern: Francke, 1946; mit vielen Lesespuren Thomas Manns.
S. 369. Zu Thomas Manns Rezeption des Buchs vgl. v.a. Tb. 18. und 19.10.1947.
Freundliche Auskunft von Martina Schönbächler, Zürich, vom 21.2.2018.
S. 374.
S. 358, 384, 402.
S. 358, 384.
S. 358, 384.
Goethe, Dichtung und Wahrheit, 4. Teil, 20. Buch, WA, Abt. I, Bd. 29, S. 173f.
Vgl. z.B. S. 224f.
Vgl. S. 98, 124 (zur Datierung GKFA 15.2, S. 506), 226, 261.
S. 273; vgl. S. 283, 299.
Vgl. Heine und Schommer (Hgg.), Thomas Mann Chronik, S. 332, 334.
S. 332, 335, 356; vgl. S. 359.
S. 405, 408, 410; vgl. S. 407.
S. 422, 424, 428.
S. 261, 273, 356, 410, 428.
S. 335.
S. 408, 424.
S. 405, 422.
S. 332.
Rose Unterberger, ›dämonisch‹, in: Goethe-Wörterbuch, hg. v. der Akademie der Wissenschaften der DDR, der Akademie der Wissenschaften in Göttingen und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Bd. 2, Stuttgart u.a.: Kohlhammer, 1989, Sp. 1057f., hier Sp. 1057.
Ebd.
Ebd., Sp. 1058.
S. 334.
Goethe, Dichtung und Wahrheit, 4. Teil, 20. Buch, WA, Abt. I, Bd. 29, S. 174.
Goethe, Gespräch vom 2.3.1831 mit Eckermann, GE, Bd. 2, S. 204f., hier S. 204.
Goethe, Tag- und Jahreshefte als Ergänzungen meiner sonstigen Bekenntnisse, von 1749 bis 1806, WA, Abt. I, Bd. 35, S. 230.
Goethe, Urworte. Orphisch, WA, Abt. I, Bd. 3, S. 95f., hier S. 95.
Henry George Liddell und Robert Scott, A Greek-English Lexicon. Revised and Augmented Throughout by Henry Stuart Jones, Oxford: Clarendon Press, 91982, S. 365f., s.v. ›δαίμων‹.
Vgl. Goethe, Dichtung und Wahrheit, 4. Teil, 20. Buch, WA, Abt. I, Bd. 29, S. 176.
Goethe, Brief vom 29.7.1782 an Johann Kaspar Lavater, WA, Abt. IV, Bd. 6, S. 20–22, hier S. 20.
Vgl. Nicholas Boyle, Goethe. Der Dichter in seiner Zeit, München: Beck, 1995–1999, Bd. 1: 1749–1790, z.B.S. 482–540, Bd. 2: 1790–1803, z.B.S. 226, 334; Bernd Hamacher, Einführung in das Werk Johann Wolfgang von Goethes, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2013 (Einführungen Germanistik), S. 48f.; Ritchie Robertson, Goethe: A Very Short Introduction, Oxford: Oxford University Press, 2016 (Very Short Introductions), S. 101–106.
Thomas Johann Heinrich Mann [Thomas Manns Vater], Testamentsentwürfe, GKFA 1.2, S. 624–626, hier S. 625.
Vgl. dagegen Hermann Kurzke, Der gläubige Thomas. Glaube und Sprache bei Thomas Mann, Bonn: Bernstein, 2009 (Schriften des Ortsvereins BonnKöln der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft e.V., Bd. 1), S. 5; Austin J. App, Thomas Mann, Christian Novelist, in: Magnificat 64.3, 1939, S. 110–118; Christoph Schwöbel, Die Religion des Zauberers. Theologisches in den großen Romanen Thomas Manns, Tübingen: Mohr Siebeck, 2008, S. 12, 22, 273; ders., Ironie und Religion. Theologische Bemerkungen zu ihrem Verhältnis in Thomas Manns Werk, in: Niklaus Peter und Thomas Sprecher (Hgg.), Der ungläubige Thomas. Zur Religion in Thomas Manns Romanen, Frankfurt a.M.: Klostermann, 2012 (Thomas-Mann-Studien, Bd. 45), S. 167–189, hier S. 181, 188; Eberhard Stromberg, Thomas Mann. Mythos und Religion in seinem Leben und Werk, Würzburg: Königshausen & Neumann, 2015, S. 57–59, 345.
S. 185; Hervorhebung des Originals.
S. 123.
S. 360, 392.
Vgl. Grimm, Bd. 2, Sp. 713f., s.vv. ›Dämon‹, ›Dämonisch‹.
Vgl. z.B. S. 98 mit Bielschowsky, Bd. 2, S. 80f.
Bielschowsky, Bd. 1, S. 329–336; vgl. Bd. 1, S. 54, 138, Bd. 2, S. 30, 59, 251, 284f., 688. Zur positiven Verwendbarkeit des Grundworts, »Dämon« (»der Dämon des Guten«), vgl. sehr andeutungsweise Bd. 2, S. 629. (Die Lesespuren in Thomas Manns Handexemplar, darauf lassen die Marginalie »18. Jahrh.« und die einzige Unterstreichung schließen, »Optimisten«, scheinen sich indessen nicht hierauf zu beziehen.)
Vgl. Tb. 21.1.1953. Zu den Auswirkungen, die diese Lektüre (obwohl sie in Manns Handexemplar keinerlei Spuren hinterließ) auf das Spätwerk gehabt haben könnte, vgl. Bernd Hamacher, »Wenn schon alt, dann goethisch alt«. Die Betrogene – Thomas Manns poetisches Resümee im Zeichen Goethes, in: Walter Delabar und Bodo Plachta (Hgg.), Thomas Mann (1875–1955), Berlin: Weidler, 2005 (Memoria, Bd. 5), S. 305–329, hier S. 308.
Hans M. Wolff, Goethe in der Periode der Wahlverwandtschaften (1802–1809), München: Lehnen, 1952, hier besonders S. 240f.; freundlicher Hinweis von Bernd Hamacher † vom 15.9.2015.
Vgl. Hans M. Wolff, Thomas Mann. Werk und Bekenntnis, Bern: Francke, 1957.
Hans M. Wolff, Goethes Weg zur Humanität, Bern: Francke, 1951, S. 5.
Vgl. Hans Pyritz, Goethes Verwandlungen. Rede gehalten zur Feier des dreißigsten Jahrestags der Universität Hamburg am 10. Mai 1949, Hamburg: Selbstverlag der Universität, 1950 (Hamburger Universitätsreden, Bd. 7), S. 11.
S. 423; vgl. S. 376, 406f.
Vgl. Hans Rudolf Vaget, Thomas Mann, der Amerikaner. Leben und Werk im amerikanischen Exil 1938–1952, Frankfurt a.M.: Fischer, 2011, S. 415–442.
S. 358, 384.
S. 388.
S. 388f.
Auf Englisch hat Mann den Vortrag 1949 gehalten in Chicago (28.4.), Washington, D.C. (2.5.), Massachusetts (6.5.), New York City (7.5.), London (16.5.) und Berkeley (10.10.); auf Deutsch in Oxford (13.5.), Uppsala (23.5.), Stockholm (24.5.), Kopenhagen (28.5.), Zürich (4.6.), Bern (7.6.) und München (29.7.).
Thomas Mann, Goethe and Democracy, in: Publications of the English Goethe Society 20, 1951, S. 1–20, hier S. 11.
S. 309.
Vgl. dazu Thomas Manns handschriftliche Ergänzung (oder Ansatz einer solchen) in einem Typoskript der deutschen Essay-Fassung: »man denkt an Gretchen und an Mephistos« [sic!].
Vgl. Gräf, Bd. II.2, S. 484–494.
Vgl. S. 310.
S. 223.
S. 310.
S. 196.
Vgl. Karl Maria Finkelnburg, »Auch ich …« Kindesmordjustiz und Strafrecht unter Goethe, in: Berliner Tageblatt, 5.4.1931, Morgenausgabe [wiederum in: Rüdiger Scholz (Hg.), Das kurze Leben der Johanna Catharina Höhn. Kindesmorde und Kindesmörderinnen im Weimar Carl Augusts und Goethes. Die Akten zu den Fällen Johanna Catharina Höhn, Maria Sophia Rost und Margarethe Dorothea Altwein, Würzburg: Königshausen & Neumann, 2005, S. 143–150].
Vgl. W. Daniel Wilson, Goethe, His Duke and Infanticide. New Documents and Reflections on a Controversial Execution, in: German Life and Letters 61.1, 2008, S. 7–32; ders., Goethe schwamm gegen den Strom [Leserbrief], in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.5.2008, S. 38; Volker Wahl, Souveräne Entscheidung des Herzogs [Leserbrief], in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.5.2008, S. 10.
Freundliche Auskunft von Britta Dittmann, Lübeck, vom 26.10.2018.
Goethe, Gespräch vom 18.2.1831 mit Eckermann, GE, Bd. 2, S. 189f., hier S. 189.
Ebd., S. 190.
Ebd., S. 189.
Vgl. GKFA 19.2, S. 703.
Goethe, Brief vom 10. und 14.12.1830 an Carl Friedrich Zelter, WA, Abt. IV, Bd. 48, S. 40–42, hier S. 42.
Vgl. Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre, 2. Buch, 11. Kapitel, WA, Abt. I, Bd. 25.1, S. 54.
Vgl. H[ermann] Cohn, Goethe über den Impfzwang, in: Goethe-Jahrbuch 23, 1902, S. 216–218.
Goethe, Gespräch vom 19.2.1831 mit Eckermann und Karl Vogel, GE, Bd. 2, S. 190.
Ebd., S. 191.
Ebd.
S. 389.
Brief vom 5.12.1905 an Heinrich Mann, GKFA 21, S. 335–338, hier S. 335.
S. 127.
S. 170.
S. 122.
Goethe und Tolstoi. Vortrag, zum ersten Mal gehalten September 1921 anläßlich der Nordischen Woche zu Lübeck, GKFA 15.1, S. 376–420, hier S. 416.
Zum Problem des Antisemitismus, GW XIII, S. 479–490, hier S. 484.
Lotte in Weimar, GKFA 9.1, S. 411.
Vgl. Georg Bollenbeck, Weimar, in: François und Schulze (Hgg.), Deutsche Erinnerungsorte, Bd. 1, S. 207–224, hier S. 220f.
Vgl. Borchmeyer, Goethe, S. 203.
Meine Goethereise, GW XIII, S. 63–75, hier S. 71.
Ebd.
Julius Petersen, Erdentage und Ewigkeit. Rede bei der Reichsgedächtnisfeier am 22.3.1932, in: ders., Drei Goethe-Reden, Leipzig: Insel, 1942, S. 7–27, hier S. 11.
Julius Petersen, Goetheverehrung in fünf Jahrzehnten. Ansprache zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens der Goethe-Gesellschaft am 27.8.1935, ebd., S. 28–54, hier S. 52.
Vgl. Teweles, S. 28; in Thomas Manns Handexemplar mit zwei Ausrufezeichen versehen und ebenso angestrichen wie die Originalstelle des Gesprächs vom 14.12.1808 mit Friedrich von Müller, das Teweles hier (etwas ungenau) zitiert: Woldemar von Biedermann (Hg.), Goethes Gespräche, Bd. 2: 1805–1810, S. 232.
Brief vom 1.2.1925 an Heinrich Teweles, Thomas Mann-Archiv, Eidgenössisch-Technische Hochschule, Zürich, Signatur B-I-TEWE-2.
Vgl. Wilfried Barner, Von Rahel Varnhagen bis Friedrich Gundolf. Juden als deutsche Goethe-Verehrer, Wolfenbüttel: Lessing-Akademie, und Göttingen: Wallstein, 1992 (Kleine Schriften zur Aufklärung, Bd. 3); freundlicher Hinweis von Bernd Hamacher † vom 17.10.2014.
Teweles, S. 29f.; mit Anstreichung in Thomas Manns Handexemplar.
Ebd., S. 29; dito.
Ebd., S. 28; dito.
Ebd.
Ebd.; Hervorhebung des Originals.
Ebd.
Ebd., S. 19.
Vgl. Mark H. Gelber, Das Judendeutsch in der deutschen Literatur. Einige Beispiele von den frühesten Lexika bis zu Gustav Freytag und Thomas Mann, in: Stéphane Moses und Albrecht Schöne (Hgg.), Juden in der deutschen Literatur. Ein deutsch-israelisches Symposium, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1986 (Suhrkamp Taschenbuch, Bd. 2063), S. 162–178, hier S. 167f.
Friedrich Teuscher (Hg.), Zusammenstellung der kirchlichen Gesetze in dem Großherzogthume Sachsen-Weimar, Neustadt a.d.O.: Wagner, 1826, S. 57; ohne Hervorhebungen des Originals.
Teweles, S. 19.
Ebd., S. 20.
Ebd., S. 19.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Thomas Mann-Archiv, Eidgenössisch-Technische Hochschule, Zürich, Signatur A-I-Mp III 49. Vgl. S. 389; GKFA 19.2, S. 720.
Vgl. ebd., S. 720f.
Vgl. Goethe, Tagebucheintrag vom 28.8.1797, WA, Abt. III, Bd. 2, S. 95–104, hier S. 99.
Goethe, Brief vom 24.6.1816 an Sulpiz Boisserée, WA, Abt. IV, Bd. 27, S. 63–66, hier S. 64.
Teweles, S. 17f.
J[akob] F[riedrich] Fries, Ueber die Gefährdung des Wohlstandes und Charakters der Deutschen durch die Juden. Eine aus den Heidelberger Jahrbüchern der Litteratur besonders abgedruckte Recension der Schrift des Professors Rühs in Berlin: Ueber die Ansprüche der Juden an das deutsche Bürgerrecht. Zweyter verbesserter Abdruck, Heidelberg: Mohr und Winter, 1816, S. 23.
Teweles, S. 18.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Vgl. GKFA 19.2, S. 704.
Thomas Mann, Goethe and Democracy, Washington (D.C.): Library of Congress, 1950, S. 16.
Thomas Mann, Goethe und Democracy, in: Publications of the English Goethe Society 20, 1951, S. 1–20.
Vgl. Erika Mann, Brief vom 13.2.1949 an Thomas Mann, S. 205.
Meine Goethereise, S. 74.
Diverse Miszellen nicht mitgezählt,[1] hat Thomas Mann mehr als zehn Essays über Goethe hinterlassen: Goethe und Tolstoi in drei, teilweise sehr verschiedenen Fassungen (1921/22, 1925, 1932); Zu Goethes »Wahlverwandtschaften« (1925); An die japanische Jugend – Eine Goethe-Studie (1932); Goethe als Repräsentant des bürgerlichen Zeitalters (1932); Goethe’s Laufbahn als Schriftsteller (1932); Über Goethe’s »Faust« (1939); Goethe’s »Werther« (1941); Phantasie über Goethe (1948); Goethe und die Demokratie (1949); Die drei Gewaltigen (1949); Ansprache im Goethejahr 1949.
An dieser Liste kann zweierlei interessieren. Zum einen fällt auf, wie spät sie einsetzt. Sie beginnt zur Zeit der frühen Weimarer Republik, als Thomas Mann bald einmal fünfzig Jahre alt war und nachdem er sich schon vor Jahrzehnten zu anderen Autoren des deutschen Literaturkanons geäußert hatte, zu Heinrich Heine zum Beispiel schon als Teenager »in einer wenig schulgemäßen Schülerzeitschrift, betitelt ›Der Frühlingssturm‹«.[2]
Zum anderen weisen seine Goethe-Essays auch über seine zweite Lebenshälfte eine sehr ungleichmäßige Streuung auf. Sie gruppieren sich zum allergrößten Teil um zwei einzelne Daten: den 22. März 1932, als sich Goethes Todestag zum hundertsten Mal, und den 28. August 1949, als sich sein Geburtsdatum zum zweihundertsten Mal jährte.
Das ist zunächst nicht weiter verwunderlich. Es dokumentiert bloß das dezimal-annalistische System der Gedächtniskultur und des Literaturbetriebs, für das Manns eigene Rezeptions- und Vermarktungsgeschichte dann wieder vortreffliche Beispiele liefern sollte; zum Zeichen dafür, dass seine späteren Aspirationen auf Goethes, das heißt auf die Stelle dessen in Erfüllung gingen, was auch er in seinen Goethe-Essays den »Nationalschriftsteller« nannte.[3] Nun wollte es aber ein, es wäre zynisch zu sagen, glücklicher Zufall, dass gleich beide Feierdaten in nationalhistorisch bedeutsame Jahre fielen: das eine in das letzte Jahr der ersten deutschen Republik; und das andere in das Jahr, in dem gleich zwei Republiken auf deutschem Boden neu gegründet wurden.
Aus der chronologischen Auflistung der Mann’schen Goethe-Essays ergeben sich damit ganz von selbst zwei Fragen: Warum begannen Manns essayistische Auseinandersetzungen mit Goethe erst so spät? Und wie reflektieren sie ihren jeweiligen zeitgeschichtlichen Kontext?
Erstens also: Warum erst so spät? Um die Länge des Wegs oder Umwegs auszumessen, auf dem Mann zu Goethe gelangte, braucht man sich nur seine literarischen Anfänge zu vergegenwärtigen. Literatur- und geistesgeschichtlich fallen diese Anfänge, überflüssig, es eigens zu wiederholen, ins fin de siècle – um unter den verfügbaren Epochenbegriffen den hier passendsten, einen hier selbsterklärenden aufzugreifen. Das resignative Lebensgefühl, das der Epoche diesen Namen gab und dem die Buddenbrooks (1901) seinen bleibenden Ausdruck verleihen sollten, traf sich sehr genau mit der persönlichen Situation des Jungautors, der als verkrachter Gymnasiast und ›wilder‹ Student, als bohemistisch heruntergekommener Patriziersohn und homo- oder bisexuelles Muttersöhnchen seit dem frühen Tod seines Vaters keinerlei reelle Aussichten hatte, den erlittenen Schwund an sozialem und ökonomischem Kapital je wieder zu kompensieren.
Die selbstzweiflerischen Vorstellungen, die sich der junge Mann von seinem Ort in der Gesellschaft oder vielmehr von seiner gesellschaftlichen Ortlosigkeit machte, hat er auch nach seinem eigenen Zeugnis den »Männerchen«[4] seines Frühwerks samt und sonders einbeschrieben.[5] Solche Vorstellungen standen allem diametral gegenüber, was man spätestens seit der Reichsgründung[6] und gerade damals noch mit Goethe verband und wofür Thomas Mann in seinen späteren Essays denn auch zu den landesüblichen Superlativen greifen sollte – »größt«,[7] »höchst«,[8] »tiefst«,[9] »deutschest«[10] und so fort –: Goethe als so etwas wie ein Totemtier[11] oder eben, nur etwas anders gesagt, als Nationaldichter, dessen Werke von unantastbarer Vorbildlichkeit waren und den Goldstandard aller Klassizität abgaben; Goethe deswegen auch als Legitimationsinstanz des Establishments, da er denn wirklich zeit seines Lebens, wie Thomas Mann nach Ausweis seiner Essays sehr wohl wusste, jede Oppositionsrolle geflissentlich gemieden hatte; und Goethe nicht zuletzt als Naturgenie und Ausbund vital-kreativer Energien, ein Mensch, dessen Liebschaften »bildungsobligatorisch«[12] wurden und dessen größtes Kunstwerk sein Leben war. So wollte und will es ein Gemeinplatz der Goethe-Forschung, den der späte Mann denn in seinen Essays prompt abrufen wird: »das hohe Geschäft dieses Lebens, das man oft ein Kunstwerk genannt hat und besser noch ein Kunststück nennen sollte«.[13]
Die oft aufgebotene Formel vom Kunstwerk »dieses Lebens« stammt aus der Zeit, da der junge Thomas Mann seine ersten Novellen schrieb und bei seinen Bemühungen, sie zu publizieren, teils herbe Enttäuschungen einstecken musste. Erstmals erscheint der spätere Topos 1895 in einem dreibändigen Beitrag zu einer Buchreihe Geisteshelden – Richard M. Meyers Goethe[14] –, um eben bis heute wirksam zu bleiben. Das verrät schon die Titelei des jüngsten Bestsellers der deutschen Goethe-Industrie: Goethe. Kunstwerk des Lebens;[15] wobei dieser Untertitel fast wörtlich und jedenfalls sinngemäß mit dem der bislang letzten Thomas Mann-Biographie übereinstimmt (Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk[16]), zum neuerlich untrüglichen Zeichen dafür, wie gründlich dem späteren Mann das Projekt einer Goethe-Nachfolge endlich gelingen sollte.
Davon aber, es mit dem nahezu gottgleichen »Olympier« Goethe aufnehmen zu können, wie er gerade auch wieder in den Rezensionen jenes Bestsellers bezeichnet wird,[17] war der junge Thomas Mann noch unvorstellbar weit entfernt. Umso weniger war daran zu denken, als die ›olympischen‹, erdrückend übermächtigen Züge, die Goethe im kollektiven Bewusstsein ohnehin schon angenommen hatte, in Manns frühem Goethe-Bild womöglich noch verstärkt wurden. Verstärkt und geschärft wurden sie durch einen rezeptionsgeschichtlich sehr speziellen Zusammenhang. Einen solchen legen alle verfügbaren Zeugnisse nahe: die Korrespondenz, die Notizbücher, die Lesespuren in Manns Nachlassbibliothek und ein früh angelegter Zitatenfundus, aus dem er ein Leben lang schöpfen sollte, auch und besonders gern in seinen Essays.
Nach allen diesen Zeugnissen war für das Goethe-Bild des jungen Thomas Mann kein Buch so prägend wie eines, dessen Authentizität man füglich bestreiten darf: die Gespräche oder, um eine kühne These Stephan Porombkas aufzugreifen, Werkstattgespräche Goethes mit Johann Peter Eckermann.[18] Und zwar scheint der Wert, den Mann ausgerechnet diesem Korpus zugemessen hat, ein side effect seiner frühen Lektüre eines Autors gewesen zu sein, der zu seinem, Manns, damaligen Selbstverständnis als Außenseiter sehr viel besser passte und von dem er auch die Formel bezog, dieses zu bezeichnen,[19] »Pathos der Distanz«.[20]
Friedrich Nietzsche stand bekanntlich nicht an, Goethes Gespräche mit Eckermann zum »besten deutschen Buche« zu erklären, »das es giebt«;[21] ein sehr befremdliches und leicht anfechtbares Urteil. Wenn Thomas Mann es dennoch so fraglos, unbesehen und, man möchte sagen, unterwürfig übernahm, dann verrät sich darin einmal mehr die unüberschätzbare Prägung, die er in seinen formativen Jahren durch Nietzsche erfuhr. Von jung auf war er daher mit den Konturen vertraut, die Nietzsche an seinem Goethe so stark gemacht hatte. Dazu gehört insbesondere das Europäisch-Undeutsche, Überdeutsche, das den Nationalschriftsteller als solchen freilich etwas in Frage stellte und auf das Mann je länger, desto entschiedener, das heißt besonders in seinen spätesten Essays zurückgreifen sollte.
Dem frühen Thomas Mann indessen gab sowohl Nietzsches als vor allem auch Eckermanns Goethe keinerlei Anhaltspunkte, sich so mit ihm zu identifizieren, wie es der spätere dann etwa in Goethe als Repräsentant des bürgerlichen Zeitalters tun würde;[22] und zwar kraft einer Berufung auf sein Stadtpatriziertum, das er nun wieder herkunftsstolz mit Goethe teilen durfte, nachdem er solcher Standes- oder Klassenzugehörigkeit in jungen Jahren verlustig zu gehen gedroht hatte. In diesen Jahren gebot Goethe Devotion oder zumindest Bewunderung und verbot er jede imitatio, geschweige denn aemulatio. Eine quasi ödipale Rivalität, wie sie Harold Bloom unter der Formel anxiety of influence konzeptualisiert und für die Beschreibung der Literaturgeschichte fruchtbar gemacht hat,[23] lag vorderhand weit außerhalb des Denk- und Erwartbaren. Nach dieser Sorte Einflussangst sucht man in Thomas Manns Frühwerk denn auch ganz vergebens. Obwohl es an hartnäckigen und halsbrecherischen Versuchen nicht gefehlt hat, intertextuelle Beziehungen zwischen diesem Frühwerk und Goethe herzustellen – zum Beispiel zwischen dem Bajazzo (1897) und den Leiden des jungen Werther[24] –, bezeugen solche Versuche in ihrer verzweifelten Angestrengtheit und Velleität immer nur wieder den Sicherheitsabstand, den der frühe Thomas Mann dazumal noch zu Goethe hielt und zu halten wohl auch gut beraten war.
Wenn Goethes Name im Frühwerk überhaupt vorkommt – gerne auch in der archaisierenden Schreibung »Göthe« oder sogar ironisch-atavistisch flektiert, »Göthen«[25] –, dann als Kennung einer »jovialen«,[26] endgültig vergangenen Epoche, der Zeit eines Johann Buddenbrook senior,[27] oder aber als Requisit des bürgerlichen Bildungsinventars. In Manns allererster Erzählung, Gefallen (1894), dient Goethe als Namenspatron eines mediokren Provinztheaters,[28] dessen weibliche Ensemblemitglieder sich nicht anders prostituieren als in Wilhelm Meisters Lehrjahren beziehungsweise der (damals noch nicht entdeckten) Theatralischen Sendung. In Luischen (1900) bietet er einem seinerseits offenbar eher mittelmäßigen Laienimpersonator die Herausforderung, seine, Goethes, Person darzustellen[29] – bevor nota bene die ganze Veranstaltung in eine zutiefst niederträchtige und zuletzt schauerlich-makabre Groteske ausartet.
Ein ungleich höheres Identifikationspotential hat im Frühwerk dagegen der andere der beiden Klassiker. So bildet Schillers Don Carlos, der Liebling unter Manns Jugendbüchern,[30] die Folie für die homoerotisch tingierte Freundschaft, die Tonio Kröger (1903) seinem geliebten Hans Hansen anträgt.[31] Über Manns Affinität zu Schiller als einem Frühvollendeten, Leidenden, sollte dann freilich eine erste Annäherung an Goethe erfolgen. Diese erste produktive Annäherung an die Gestalt und die Instanz Goethe fiel für ihr Teil auf ein Jubiläums- und Gedenkjahr. Es war Schillers Tod, der sich damals zum hundertsten Mal jährte.
In Schwere Stunde (1905), um es mit einer weidmännischen Verbalmetapher zu sagen, die er selber wiederholtermaßen[32] dafür aufbot und die als solche aggressive bis totschlägerische Konnotate mit sich brachte, – in Schwere Stunde also ›pirschte‹ sich Thomas Mann bekanntlich an den Weimarer Olympier aus der Perspektive Schillers ›heran‹, in dessen Haut er sich hier so einfühlsam zu versetzen vermochte wie erst Jahrzehnte später, in Lotte in Weimar (1939), in diejenige Goethes. Die so eingenommene Position war eine expresso verbo feindliche. Es war »sehnsüchtige[] Feindschaft«.[33] Hier nun könnte man also schon mit der Bloom’schen anxiety of influence operieren. Dass dieser Ansatz von jetzt an langsam, aber sicher doch noch zu greifen anfängt, hat mit der Stellung zu tun, die Mann seinerzeit auf dem Literaturmarkt und in der deutschen Gesellschaft einzunehmen begonnen hatte. Er war nun ein bereits arrivierter Autor und durchaus nicht mehr der nobody oder das Nichts, als das er sich 1899 einmal in der Grußformel eines Briefs verabschiedet hatte: »Was mich betrifft, so bin ich nichts«.[34]
Den Großerfolg der Buddenbrooks im Rücken und noch vor dem leichten Karriere-Knick, den die relativ laue Rezeption von Königliche Hoheit (1909) markieren sollte, war der Verfasser von Schwere Stunde das, was man heute einen shooting star nennen würde. In dieser Situation konnten sich gegen den Nationalschriftsteller, und sei es auch unterhalb der Bewusstseinsschwelle, sehr wohl schon feindselige Impulse regen, wie sie Bloom anderwärts beobachtet hat und wie sie bei Mann späterhin in ziemlich offenen Konkurrenzen zu einzelnen Teilen des Goethe’schen Gesamtwerks zutage treten sollten:[35] zum Beispiel Die vertauschten Köpfe (1940) versus Der Paria, Gesang vom Kindchen (1919) versus Hermann und Dorothea, natürlich Doktor Faustus (1947) versus Faust, vielleicht auch Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull. Der Memoiren erster Teil (1954) versus Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit.[36] Aus Dichtung und Wahrheit, aus einem dort erwähnten Werkprojekt, bezog der Autor der Tetralogie von Joseph und seinen Brüdern (1933–1943) auch die Idee, die Josephslegende literarisch auszugestalten.[37] Und den ersten Sätzen von Dichtung und Wahrheit ist der Anfang einer ausführlicheren Skizze nachgebildet, die Thomas Mann öffentlich von seinem eigenen Leben entwarf – und zwar um den Preis einer platten Lüge. Denn tatsächlich wurde er keineswegs erst »mittags zwölf Uhr« geboren,[38] wie er uns in einem Lebenslauf aus dem Jahre 1936 weismachen möchte, sondern schon zwei Stunden früher. Die Unwahrheit dieser Angabe ist natürlich der schalkischen Absicht geschuldet, die eigene Biographie dem Leben Goethes nachzumodellieren. Goethe selber war »Mittags mit dem Glockenschlage zwölf […] auf die Welt« gekommen,[39] wenn man dem Anfang von Dichtung und Wahrheit trauen darf. Misstrauen muss man freilich dem Anfang auch dieser Autobiographie, deren Titel solche Zweifel ja bereits provoziert. So hatte Goethe in Dichtung und Wahrheit denn schon das Horoskop dieser Geburtsstunde zum ausnehmend Günstigen hin frisiert;[40] eine Manipulation, die Thomas Mann vermutlich präsent war und aus der er gegebenenfalls die Lizenz zu seiner eigenen Schwindelei beziehen durfte.
Manns Selbstidentifikation mit der Vater-Imago Goethe reichte demnach weit über das Literarische hinaus oder vor es zurück. Mit dem Orden der Ehrenlegion, mit dem auch Goethe dekoriert war, soll der alte Thomas Mann eine für diesen typische Haltung eingenommen haben.[41] Er pflegte dasselbe Eau de Cologne zu benutzen wie Goethe.[42] Im selben Lebensjahr, in dem Goethe sein erstes Gespann gekauft hatte, erwarb Mann sein erstes Automobil.[43] Ja, der Identifikationszwang scheint sogar psychosomatische Symptome gezeitigt zu haben. So befielen Mann einmal, als er sich besonders intensiv mit ihm auseinandersetzte, dieselben »[r]heumatische[n] Gliederschmerzen« wie Goethe, an demselben Ort, »im Arm«,[44] und so weiter, und so fort.
Mann und Goethe also gaben endlich doch noch ein textbook example für die Bloom’sche These ab, wonach sich Literaturgeschichte eben nach den Gesetzen eines Ödipuskomplexes abspielt. Sie sind geradezu das Beispiel dafür, wie es im deutschen Literaturkanon, abgesehen allenfalls von Hölderlin und Pindar[45] oder von Brecht und Villon,[46] seinesgleichen kaum haben dürfte. Dass sie zu solch einem Paradebeispiel avancieren konnten, hatte zwei verschiedene, aber ineinandergreifende Ursachen.
Es hatte nicht nur und nur zur Hälfte mit dem schon erwähnten Verlauf zu tun, den Thomas Manns literarische Karriere mit dem leicht verzögert einsetzenden Erfolg der Buddenbrooks zu nehmen begann. Gegenläufig zu Manns mehr oder minder kontinuierlichem Aufstieg nämlich vollzog sich in der Goethe-Forschung der Zwischenkriegszeit, als Mann seine ersten Essays über Goethe schrieb, ein Paradigmenwechsel, in dessen Folge dieser eine sozusagen reziproke Bewegung durchmachte. Und man kann dem Essayisten nicht vorwerfen, dass er hier hinter dem Stand auch der neusten Forschung zurückgeblieben wäre. Vielmehr erwies er sich als erstaunlich hellhörig dafür.
Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg – und das spricht Bände über die erlittene Demütigung des deutschen Nationalstolzes – wurde auch Goethe von einer allgemeinen Tendenz erfasst, die einer ihrer Exponenten oder Initiatoren, Emil Ludwig, auf den Nenner »Entgötterung der Helden« brachte.[47] Im Zuge dieser Tendenz wurden die Helden und Geisteshelden von einst auf menschliche Abmessungen redimensioniert. Geschichte eines Menschen steht im Untertitel von Ludwigs dreibändiger Goethe-Biographie.[48]
Auf menschlich-allzumenschliche Dimensionen gebracht, ließen sich die Geistesgrößen nun aber ganz neu verstehen. Für Thomas Mann, weil er darauf von langer Hand vorbereitet war und sich die theoretischen Voraussetzungen dafür bereits seit ein oder zwei Jahrzehnten[49] angeeignet hatte, erwiesen sich hier die psychoanalytischen Ansätze als besonders wichtig. Am allerwichtigsten war unter diesen ein Versuch, dessen Publikation sinnigerweise just ins Jahr der Nobelpreisverleihung fiel, als Manns eigene Karriere also einen Zenit erreichte, gegenläufig eben zum hier vorgenommenen debunking Goethes: Goethe. Sexus und Eros von Felix A. Theilhaber (1929). Die nachhaltige Wirkung dieser Studie verrät sich nicht nur in den dichten und teilweise ungewöhnlich energischen Lesespuren in Manns Handexemplar, sondern vielleicht mehr noch ex negativo oder gewissermaßen a silentio. Denn über die Bedeutung, die Theilhabers Buch für ihn hatte, ganz besonders auch für Lotte in Weimar, schwieg sich Thomas Mann beharrlich aus; und zwar selbst dann, wenn er geradewegs auf die Inspirationsquellen seines Romans angesprochen wurde, und selbst dort, wo er darüber scheinbar bereitwillig, aber eben auch irreführende Auskünfte gab.[50]
Theilhaber ging es freilich nicht einfach darum, Goethe schlechtzumachen, seine Größe oder Einzigartigkeit, seinen Status als Genie und dergleichen in Zweifel zu ziehen – Superlative vom Typus »deutschest[]« finden sich auch bei ihm[51] –; ebenso wenig wie es etliche Jahrzehnte später noch Kurt R. Eissler um solcherlei gehen würde, von dessen im Unterschied zu Theilhaber berühmt gewordener Psycho- oder Pathographie vorderhand ungeklärt bleibt, was sie diesem oder ob sie ihm überhaupt etwas verdankt. Aber immerhin rückte schon Theilhaber seinen Goethe näher an diejenigen heran, die sich mit ihm identifizieren oder messen wollten. Er familiarisierte Goethe, indem er ihn gleichsam auf die Couch legte. Mit so einem Goethe, wie er ja auch in Lotte in Weimar erst einmal in der Horizontalen seines Betts vorgeführt wird, ließ es sich im Rahmen eines quasi ödipalen Konkurrenzkampfs jetzt ungleich hemmungsloser aufnehmen als mit dem ad nauseam so genannten Olympier – eine Erleichterung vergleichbar der, die Goethe selber erlebt haben mochte, als der klassische Philologe Friedrich August Wolf ihn und seinesgleichen »endlich vom Namen Homeros/Kühn […] befrei[te]«.[52] (Das erst ermöglichte es ihm, »als letzter« »Homeride« Hermann und Dorothea zu schreiben – oder vielmehr zu diktieren –, ohne gleich »mit dem Einen« und »mit Göttern den Kampf« »wag[]e[n]« zu müssen.[53])
Die ambivalenten und widersprüchlichen Impulse, die für ödipale Identifikationswünsche charakteristisch sind – zu sein wie der Andere, Ältere, aber in eins damit auch seine Stelle einzunehmen und ihn also von dieser wegzudrängen –, diese Ambivalenz gelang es Mann augenscheinlich auf eine sehr elegante Art und Weise zu bewältigen. Er scheint Ehrfurcht und passiv-aggressive Anwandlungen säuberlich auf verschiedene Textsorten verteilt zu haben: Die ehrfürchtigen Affekte deponierte er in den Reden und Essays, auf die er eo ipso unmittelbar zu behaften war; und den missgünstigen Regungen ließ er in fiktionalen Texten ihren Lauf, wie eben Schwere Stunde einer ist und in denen er sich hinter den Stimmen ihrer Erzähler sozusagen verschanzen konnte.
Kurz nach Schwere Stunde plante Thomas Mann denn auch eine Novelle über Goethes letzte Verliebtheit. Er fand damit und hatte offenbar einen Stoff gesucht, in dem der nunmehr zum Rivalen gewordene Klassiker eine ziemlich klägliche Figur hätte machen müssen und der so gar nicht zu dessen »Standbild« gepasst hätte, »wie es […] der Nation vor Augen steht«.[54] »Das«, lautet eine Marginalie der Notizbücher, »wurde« dann einstweilen nur der »›Tod in Venedig‹« (1912).[55] (Ihre eigentliche Verwirklichung fand Manns anfängliche Projektidee for all it’s worth erst hundert Jahre später, in Ein liebender Mann – was immer Martin Walser damit an nationalschriftstellerischen Ansprüchen angemeldet haben mag.[56])
Solche literarischen Versuche, den Rivalen zu liquidieren und die Stelle des Nationalschriftstellers zu besetzen, auf die Mann je länger, desto energischer aspirierte, scheinen also zur Abfuhr der aggressiven Affektbeträge gedient zu haben, die Bloom in Analogie zum Ödipuskomplex am Verhältnis eines Autors zu einer autoritären Vaterfigur wie Pindar, Villon oder eben