Vierundzwanzig Stunden später kam Windmüller auf dem Bahnhof von Montreux an und trat nach einer weiteren halben Stunde auf den Balkon seines Zimmers im Hotel du Lac heraus, das eine wunderbare Aussicht auf den See und das ihn umschließende Panorama bietet. Nach der langen, heißen Fahrt empfand Windmüller den Wechsel sehr angenehm. Da er noch Stunden vor sich hatte, bevor er seine Geschäfte erledigen konnte, setzte er sich auf einen bequemen Korbsessel und ließ das herrliche Bild vor seinen Augen mit Behagen auf sich einwirken, – ein ihm vertrautes, beruhigendes Bild.
Und in dieses Paradies tragen die Menschen ihre kranken Lungen, sann Windmüller, durch ein Husten aufgeschreckt, das von einem im Garten ruhenden Gast zu ihm herauftönte. Diese Mahnung an ein schweres Leiden brachte ihn von seiner ganz in die Schönheit des Bildes versunkenen Träumerei mit einem Ruck zurück zu dem Zweck seines Hierseins. Er zog sein Notizbuch heraus, suchte und fand darin das gewünschte Blatt.
»Pension La Tour. Tochter Klara des Küsters Kurz in Lohberg. Tja – man speist hier gewöhnlich um ein Uhr; wenn ich mich also um drei Uhr in der Pension La Tour einfinde, dürfte das Mädchen mit ihrem Dienst fertig sein und Zeit zu einem kleinen Schwätzchen haben. Um halb fünf geht dann ein Zug nach Aigle ab, – ich denke, das dürfte genügen.«
Am frühen Nachmittag fuhr Windmüller mit der Straßenbahn bis zu dem Punkt, wo Montreux mit Clarens zusammenstößt. Wenige Schritte von der Haltestelle lag die Pension La Tour inmitten eines schattigen Gartens, in dem hübschgedeckte Tische zu einem angenehmen Aufenthalt einluden. Da der Garten als öffentliches Cafe gekennzeichnet war, setzte sich Windmüller an eines der kleinen Tischchen, worauf ein weißbeschürztes Mädchen erschien und ihn in etwas mühsamem Französisch nach seinen Wünschen fragte. Nachdem Windmüller seine Bestellung aufgegeben hatte, fragte er, ob ein Mädchen namens Klara Kurz aus Lohberg noch hier in Dienst sei.
»Ja, gewiß – die bin ich ja selbst«, erwiderte das Mädchen überrascht.
»Oh, um so besser«, versicherte er und sah freundlich auf das hübsche, frische Ding, das ihn neugierig mit einem Paar gutmütiger, runder, brauner Augen musterte. »Ich habe nämlich Ihrem Vater versprochen, Sie bei meiner Durchreise in Montreux aufzusuchen, um Ihnen seine Grüße zu überbringen und ihm zu schreiben, ob Sie auch gesund sind.«
»Oh, ich danke Ihnen vielmals, mein Herr!« rief sie freudestrahlend. »Der gute, alte Vater! Das hätte ich mir nicht träumen lassen, daß ich heute noch jemand sehen würde, der ihn kennt.«
»Ja, und der erst vor ein paar Tagen mit ihm gesprochen hat! Ich war nämlich als Gast im Schloß Lohberg und ging ins Dorf, mir die Kirche anzusehen, wobei ich die Bekanntschaft Ihres Vaters machte«, erklärte Windmüller. »Er erzählte mir, daß Sie hier seien, und weil ich merkte, daß er große Sehnsucht nach Ihnen hat und sich ein wenig um Ihre Gesundheit sorgte, so bot ich ihm an, Ihnen einen Gruß von ihm zu bringen. Ich freue mich, ihm schreiben zu können, daß sie wohl aussehen.«
»Ja, ich bin Gott sei Dank gesund, und es geht mir gut hier«, versicherte sie.
»Nun, das freut mich, daß Sie zufrieden sind. Wie ich hörte, waren Sie vorher im Dienst bei Gräfin Leonore Lohberg«, steuerte Windmüller auf sein Ziel los.
»Ja; durch die Empfehlung der gnädigen Komtesse habe ich die Stellung in diesem Hause bekommen«, antwortete sie bereitwillig. »Darf ich fragen, ob es ihr wieder ganz gut geht?«
»Es scheint so; wenigstens fand ich sie recht gut und wohl aussehend.«
»Oh, das freut mich!« rief Klara. »Wer hätte gedacht, daß die gnädige Komtesse sich so rasch erholen würde! Nachdem wir hier angekommen waren, ging's immer abwärts mit ihrer Gesundheit, ja so sehr und so schnell, daß man meinte –– Deswegen schickte der Doktor sie auch fort, nach Aigle, wohin ich ja noch mitging. Nun, der Herr werden schon wissen, daß sie in Hotels immer eine Heidenangst haben, es könnte ein Gast in ihrem Hause sterben, weil dann die anderen Gäste immer gleich Hals über Kopf abreisen, und darum hieß es wohl auch plötzlich, daß die Luft für die gnädige Komtesse hier schädlich sei. Die Doktors geben den Hoteliers auch immer beizeiten einen Wink, wenn sie sehen, daß es mit jemand bedenklich zu stehen scheint.«
»Ja, ja – man kennt das«, nickte Windmüller. »Und da gingen Sie also mit nach Aigle. War denn keine Krankenpflegerin bei der Komtesse?«
»Nein; zu pflegen war ja auch eigentlich nicht viel, und was die gnädige Komtesse, die so gut und geduldig war, zu ihrem Behagen brauchte, besorgten ich, die gnädige Frau Mama und der Herr von Ellbach. Es hat der Komtesse an nichts gemangelt; denn die Herrschaften waren sehr besorgt um sie und taten, was sie ihr nur an den Augen absehen konnten. Die gnädige Frau hat sogar bei ihr geschlafen, um gleich zur Hand zu sein, wenn die Komtesse in der Nacht etwas brauchte. Der Herr trug sie immer selbst in den Garten hinab, wo sie bei schönem Wetter den ganzen Tag dort am See unter dem großen Baume lag. Gott, sie war damals ja so dünn und leicht geworden, daß man sie wie ein Kind heben und herumtragen konnte.«
»Und in Aigle ging es ihr dann besser?«
»Ach du lieber Gott, nein! Es scheint erst besser geworden zu sein, als sie in Italien war. Als ich von ihr fort mußte, habe ich nicht geglaubt, daß sie lebendig wieder heimkehren würde.«
»Sie mußten fort von ihr? Ja, sind Sie denn nicht freiwillig aus dem Dienst getreten?« fragte Windmüller mit gut gespieltem Erstaunen.
»Freiwillig!« wiederholte Klara ganz empört. »Freiwillig hätte ich meine Komtesse nie verlassen, besonders, wo es doch mit ihr so wenig gut stand! Ich kann's auch heute noch nicht verwinden, – solch guten Dienst hätte ich nie aufgegeben. Komtesse Leonore war immer so lieb zu mir, nichts konnte man für sie tun, ohne daß sie einem so freundlich und herzlich dankte, und dann hat sie mich doch auch alles lernen lassen, ehe sie mich zu sich nahm. Man ist doch auch dankbar. Vater hat's mir immer eingeprägt, daß undankbare Menschen schlechte Menschen sind.«
»Also war es nicht die Komtesse, die Sie fortgeschickt hat?«
»O nein, die Komtesse war sehr traurig, als ich fortging. Sie hat geweint und mich zum Abschied geküßt, – so wahr ich hier stehe, das hat sie getan. Es war die gnädige Frau, – ich weiß nicht, was sie auf einmal gegen mich hatte; denn sonst war sie doch ganz froh, wenn ich ihr beim Anziehen half und nach ihren Sachen sah. ›Liebes Klärchen‹ hinten, und ›liebes Klärchen‹ vorn, und dann machte ich auf einmal aus heiler Haut nichts mehr recht; und nun sollte auch eine Pflegerin kommen, und die gnädige Frau meinte, es würde damit zu teuer und ich sollte nach Lohberg zurückgeschickt werden, wie Otto, der Diener –– Ja, wenn die gnädige Frau sich was in den Kopf setzt, dann muß es geschehen, falls der Herr von Ellbach nämlich nichts dawider hat! Und der hatte nichts dawider. Er sagte mir selbst, seine Frau wüßte am besten, wie es sein müßte. Ich weiß es noch ganz genau, es war am Tag, nachdem er von einer Reise nach Mailand zurückgekommen war, als die gnädige Frau mir kündigte, weil ich mich zu wenig auf meinen Dienst verstünde! Und vorher war alles recht und gut gewesen! Die Komtesse hat sich auch darüber aufgeregt, aber sie war ja krank und konnte nicht viel dagegen tun.«
Hier wurde Klara abgerufen, um andere Gäste zu bedienen. Sie verabschiedete sich mit freundlichem Dank von Windmüller. Was Klara gesagt hatte, war freilich im Wesentlichen nichts Neues. Sollte die Entlassung des Mädchens etwa eine der Ursachen der Verstimmung gewesen sein? Begreiflich war das allerdings, aber den offenen Bruch mußte denn doch etwas anderes herbeigeführt haben. Auffallend war vor allem, daß Frau von Ellbach so unvermittelt, »aus heiler Haut«, wie Klara gesagt hatte, gegen das Mädchen eingenommen worden war »am Tage, nachdem Ellbach von seiner Reise nach Mailand zurückgekehrt«. Stand diese Reise in irgendeinem Zusammenhang damit? Daß die Ellbachs sich entschlossen hatten, für die Kranke eine geprüfte Pflegerin zu nehmen, war ganz verständlich, aber daß darum das Kammermädchen, ausgerechnet aus Sparsamkeitsgründen, entlassen werden mußte, war doch wohl nur ein Vorwand, da doch sicher nicht die Mutter, sondern der Großvater die Kosten der Reise trug, der seiner Enkelin doch auch einen Diener mitgegeben hatte und bestimmt für alle zahlte. Aber daß bei aller von dem Mädchen Klara bestätigten und hervorgehobenen Fürsorge der Ellbachs für ihre Tochter sie das Risiko auf sich nahmen, die Kranke durch die Entlassung der ihr anscheinend doch sehr lieben und angenehmen Bedienung einer schädlichen Aufregung auszusetzen, war zunächst nicht begreiflich, wenn sie nicht etwa damit einen besonderen Zweck verfolgten. Aber welchen nur, welchen?! Immerhin wäre es ja auch nicht ausgeschlossen gewesen, daß Klara sich wirklich eines groben Versehens schuldig gemacht haben konnte und dies zu verschweigen für gut fand; aber Windmüller, der gute Menschenkenner, hatte den Eindruck von ihr gewonnen, daß sie die Wahrheit sprach und nichts verbarg. Außerdem konnte ein Versehen die strenge Maßregel der plötzlichen Entlassung kaum rechtfertigen.
Jedenfalls fuhr Windmüller eine Stunde später nach Aigle unter dem Eindruck, daß er der Lösung des Rätsels mit diesem ersten Schritt nicht näher gekommen war. Im Gegenteil, das Dunkel war eigentlich noch tiefer geworden.
Das Rhonetal lag schon teilweise im Abendschatten, als er nach kurzer Fahrt auf dem Bahnhof Aigle ankam, aber die Kuranstalt und die am Bergesabhang verstreuten Villen wurden noch von der sinkenden Sonne gestreift, – auch ein Landschaftsbild, das in seiner Art unvergleichlich durch seine weltabgeschiedene, idyllisch-romantische Lage ist, und doch schwebt der Schatten des Todes mit seinen unsichtbaren, schwarzen Schwingen über diesem Paradiese, immer bereit, sich auf jene herabzusenken, die gekommen sind, in diesem windgeschützten, staubfreien und kräftigen Klima Heilung zu suchen. Zu Füßen des Ortes hastet die junge Rhone durch das grüne Tal; vor ihm dehnte sich der Col de Balme, der Ausläufer des Montblanc-Massivs, aus, hinter ihm bewaldete Höhenzüge, blumenbestickte Wiesen. Herdenglocken läuten; scharfe, schneebedeckte Bergspitzen lugen da und dort hervor, ein tiefblauer Himmel spannt sich darüber hin ––ein Ort des Friedens und der Ruhe.
Windmüller stieg ohne Verweilen zum »Chalet des Cytises« hinauf, einem reizenden, kleinen Schweizerhäuschen, bis unter das vorspringende Dach umrankt von blühendem Goldregen, nach dem es seinen Namen hatte, inmitten eines Gartens, in dem Blumen aller Farben blühten, – ein Idyll für sich. Als Windmüller das Pförtchen öffnete, sah er eine ältere Dame an einem Gartentisch stehen und Blumen in einer Jardiniere ordnen; sie trug eine schwarzseidene Schürze, woraus er schloß, daß sie zum Hause gehören mußte.
»Habe ich die Ehre, die Besitzerin der Villa zu begrüßen, Madame?« fragte er, indem er an sie herantrat.
»Gewiß, mein Herr, ich bin Madame Burnand. Womit kann ich Ihnen dienen?« erwiderte sie freundlich.
»Ich bin nur vorübergehend hier, Madame, und bin gekommen, um Ihnen Grüße von Gräfin Leonore Lohberg zu bringen«, erledigte er sich mit verbindlicher Höflichkeit seines selbsterteilten Auftrags. »Ich hoffe, Sie werden sich ihrer noch erinnern?«
»Aber sicherlich!« rief Madame Burnand überrascht. »Ich danke Ihnen sehr, mein Herr, für diesen mir sehr lieben Gruß! Das hätte ich nicht gedacht, noch Grüße von dieser lieben, jungen Dame zu erhalten, denn als sie mein Haus verließ, sah es recht wenig gut mit ihr aus. Aber bitte, nehmen Sie Platz und erzählen Sie mir mehr von der Gräfin, die ich sehr in mein Herz geschlossen hatte.«
»Ich kann Ihnen sagen, daß sie wieder daheim und allem Anschein nach gesund ist«, berichtete Windmüller und setzte sich auf die Bank neben dem Tisch.
»Ah, das hört sich fast wie ein Wunder an, über das ich mich jedoch aufrichtig freue«, rief Madame Burnand lebhaft aus. »Mein Gott, wenn Sie die Gräfin gesehen hätten, wie sie hier dahinzuschwinden schien, würden Sie es begreifen, daß ich von einem Wunder rede! Hatte doch auch der Arzt mich schon darauf vorbereitet, daß das Lebenslämpchen dieses armen Kindes nur noch recht schwach glühte! Sie werden verstehen, mein Herr, daß ein Todesfall in einem Logierhaus immer etwas – wie soll ich sagen? – etwas Fatales, Unerwünschtes für den Besitzer ist; dennoch aber darf ich mir das Zeugnis ausstellen, daß es mir wehe tat, als sie von uns ging. Aber was konnte man tun? Besonders, da ja der Arzt mit der Übersiedelung nach Venedig einverstanden war.«
»Aber Sie sagten«, erwiderte Windmüller, »der Arzt war mit der Reise nach Venedig einverstanden? Er hat sie demnach nicht selbst verordnet?«
»O nein. Es war Herr von Ellbach, der von einem Ausflug nach Mailand die Idee mitbrachte, daß Venedig für seine Stieftochter das richtige Klima habe. In der Tat rühmt man ja auch dieser Seestadt den besten Einfluß auf Lungenleiden nach, und wenn Sie sagen, daß Gräfin Leonore dort wieder gesund geworden ist, dann haben der Ruf der venetianischen Luft und Herr von Ellbach recht behalten. Mir hätte der Mut für das Risiko gefehlt, das die Eltern damit auf sich nahmen. Und noch dazu so ganz allein! Man muß aber sagen, daß sie beide in der Pflege völlig aufgingen, sehr liebevoll und besorgt um ihre Tochter waren. Als sie herkamen, waren sie allerdings von einer Kammerjungfer begleitet, die ein ganz vortreffliches Mädchen, eine wahre Perle war. Dieses Mädchen wurde aber plötzlich entlassen; aus welchem Grund dies geschah, ist mir heute noch ganz unverständlich.«
»Nun, sie wird sich wohl etwas zuschulden kommen haben lassen«, warf Windmüller ein. »So ganz ohne Grund ––«
»Das kann meiner Ansicht nach nichts Besonderes gewesen sein«, fiel Madame Burnand ihm ins Wort. »Das Mädchen war so aufmerksam und wohlerzogen, ich müßte lügen, wenn ich sagen wollte, daß ihre Entlassung mir Frau von Ellbach sehr sympathisch gemacht hätte. Sie war ja, was ich gern zugebe, unermüdlich in der Pflege ihrer Tochter, aber im allgemeinen ––Verzeihen Sie meine Offenheit, mein Herr, Sie sind gewiß ein Verwandter?«
»Keineswegs«, versicherte Windmüller lächelnd. »Ich kann mir ganz gut vorstellen, daß Frau von Ellbach jemand nicht sehr sympathisch sein kann; sie und ihr Mann sind Persönlichkeiten, an die man sich erst gewöhnen muß, um ihnen näher zu treten. Es wird mir, offen gesagt, nicht ganz leicht, mir Frau von Ellbach als zärtliche, hingebende Mutter vorzustellen.«
»Doch, sie war es – in ihrer Weise«, versetzte Madame Burnand in anerkennenswerter Gerechtigkeitsliebe. »Ich habe mehr als einmal gesehen, wie ihre sonst so kalten Augen sich mit Tränen füllten, wenn sie ihre Tochter so weiß, so schwach auf der Veranda liegen sah. Nein, von seiten ihrer Eltern hat Gräfin Leonore nichts an Aufmerksamkeit, Liebe und Pflege gemangelt; auch Herrn von Ellbachs tatkräftige Teilnahme daran war über jedes Lob erhaben. Das einzige, was ich ihnen oder vielmehr wohl nur der Mutter vorzuwerfen gehabt hätte, war diese brüske Entlassung des Mädchens. Also, Gräfin Leonore ist wieder gesund geworden! Wie mich das freut! Ist sie jetzt –– Herr Doktor! Herr Doktor!« unterbrach sie sich, indem sie einen am Gartenzaun vorübergehenden Herrn anrief. »Einen Augenblick, bitte, wenn Sie Zeit haben! Das ist nämlich der Arzt«, wandte sie sich erklärend an Windmüller.
»Sie werden nicht erraten, Herr Doktor, von wem dieser Herr mir eben einen Gruß gebracht hat: von Gräfin Leonore Lohberg, Ihrer ehemaligen Patientin in meinem Hause!«
»Unmöglich!« rief der Arzt aus. »Das heißt, ich will damit nur sagen, daß es dann wohl kaum die Komtesse Lohberg sein kann, welche vor anderthalb Jahren bei Ihnen mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater wohnte!«
»Aber ja, es ist dieselbe, von welcher dieser Herr mir eben Grüße brachte«, versicherte Madame Burnand. »Ich wußte, daß es Sie interessieren würde, zu hören, daß die Komtesse wieder ganz gesund ist und sich des besten Wohlseins erfreut. Darum erlaubte ich mir, Sie anzurufen. Ich sage, es ist ein Wunder, ein reines Wunder!«
»Noch kann ich es immer nicht glauben«, rief der Arzt aus. »Die Komtesse Lohberg, die hier bei Ihnen im vorigen Jahre wohnte, war eine fast hoffnungslose Kranke. Es hätte mich nicht gewundert, zu hören, daß sie in Venedig gestorben sei.«
»Verzeihung, wenn ich widersprechen muß«, nahm Windmüller nun das Wort. »Erstens gibt es überhaupt nur eine Komtesse Leonore Lohberg; sie ist die letzte und einzige ihres Namens. Ich habe die Komtesse Lohberg, die hier Madams Gast war, erst vor einigen Tagen in ihrem eigenen Hause in Gesellschaft ihrer Mutter, der Frau von Ellbach und deren Gatten gesehen, bin also als Augenzeuge in der Lage, zu bestätigen, daß Ihre ehemalige Patientin allem Anschein nach genesen ist und bildschön aussieht.«
Der Arzt schlug seine Hände über dem Kopf zusammen.
»Nun, dann kann ich mich ja mit meiner Wissenschaft begraben lassen«, rief er mit etwas grimmigem Humor aus. »Eine Person, deren Lunge nach dem Röntgenbild einfach und ohne Phrase einem Siebe ähnlicher war, als einer gesunden Lunge, geht nach anderthalb Jahren anscheinend geheilt umher und sieht bildschön aus ––das ist allerdings sehr interessant. Sehr! Das schlägt alles, was mir bisher in meiner Praxis vorgekommen ist, und ich sehe davon hier doch sehr viel.«
»Es ist fast ein Wunder!« wiederholte Madame Burnand.
»Ich würde eher sagen: es ist eine Täuschung, wenn der Herr hier nicht versicherte, als Augenzeuge zu sprechen und daß eine Personenverwechslung ausgeschlossen sei«, brummte der Arzt mit kaum verhehltem Mißtrauen. »Aber man lernt nie aus.«
Windmüller entnahm nun seiner Brieftasche die von Frau von Grünholz angefertigte Fotografie der Gräfin Leonore und reichte sie Madame Burnand und dem Arzt.
»Das Bild ist vor etwa vierzehn Tagen gemacht worden und dürfte ein schlagender Beweis für meine Angaben sein«, bemerkte er.
»Ja, das ist sie!« riefen beide gleichzeitig aus, und Madame Burnand fügte hinzu: »Ein wenig schmal sieht sie immerhin noch aus – die Züge sind schärfer geworden, aber wie schön, wie schön!«
»Wenn das nicht die Fotografie ihrer Zwillingsschwester ist oder ihrer Doppelgängerin, dann strecke ich die Waffen und sage ebenfalls: es ist die Komtesse Lohberg«, bekannte der Arzt nach einer Pause. »Und ich wiederhole: es schlägt alles in meiner Praxis Dagewesene.«
Windmüller begleitete noch den Arzt ein Stück Weges, denn bis der Paris-Mailänder Eilzug eine Minute in Aigle anhielt, waren es noch viele Stunden des Wartens, die ihm blühten.
In tiefer Nacht durcheilte dann der Zug das Rhonetal bis Brig, hierauf den achtzehn Kilometer langen Simplontunnel. Im Licht der aufgehenden Sonne fuhr er die schöne Strecke am Lago Maggiore entlang mit dem Blick auf die Borromäischen Inseln, die wie in rotes Gold getaucht in dem von der Morgenbrise leicht gekräuselten See lagen. Dann raste der Zug in die Mailänder Ebene hinein und fuhr endlich in den riesengroßen Bahnhof der lombardischen Hauptstadt ein, wo der übliche Hexensabbat wild daherstürmender Reisender, schreiender Gepäckträger und Zeitungsverkäufer, greller, nerventötender Pfiffe und rollender Gepäckkarren begann. Windmüller hätte nun in dem direkten Wagen nach Venedig, in dem er gekommen war, weiterfahren können, aber er entschloß sich, erst nach Florenz und von dort nach Venedig zu fahren. Eben erreichte er noch den Florentiner Zug, der ihn über Parma und Bologna durch die zweiundvierzig Tunnels der Apenninenbahn in die toskanische Hauptstadt brachte.
Ich möchte wissen, ob die kleine, an sich ja unwesentliche Abänderung meiner Reiseroute Florenz–Venedig, statt umgekehrt, meine Nachforschungen günstig oder ungünstig beeinflussen wird, dachte er, während er in seiner Droschke dem Albergo Paoli zurollte. Nicht, daß ich mir von Florenz besonders viel erwarte; denn es ist höchst unwahrscheinlich, hier noch Leute zu finden, die das Trio Lohberg-Ellbach beobachtet haben. Es wäre schließlich ein besonderer Glücksfall; denn in Hotels wechseln die Gäste rasch und oft auch das Personal. Ich hatte mir Florenz so als das Tüpfelchen auf dem i eingebildet, womit gesagt sein soll, daß es eigentlich falsch ist, erst das Tüpfelchen zu machen, bevor man weiß, ob man auch die Tinte fürs i finden wird. Dennoch hat ein Impuls mich hierher geführt. Hm – werden ja sehen, was dabei herauskommt.
Windmüller hatte die Florenzer Adresse erst bei seiner Abreise am Bahnhof in Lohberg durch die kleine Fritz Volkwitz erfahren. Nach der langen Reise war er froh, den mühseligen Nachforschungen im Register des Meldeamtes auf der Polizei enthoben zu sein. Das Hotel Paoli liegt für einen kurzen Aufenthalt so ungünstig wie möglich. Dagegen ist seine Lage fern vom Zentrum der Stadt, am Lungarno della Zecca, gegenüber der Höhe von San Miniato, für einen langen Aufenthalt ideal.
Als Windmüller in dem nicht allzugroßen, ruhigen und vornehmen Hotel ankam, berief er sich auf die erfundene Empfehlung von Herrn und Frau von Ellbach und ihrer Tochter, der Contessina Lohberg, »die ja erst unlängst nach längerem Aufenthalt das Hotel verlassen hätten«.
»Gewiß, die Herrschaften waren ja den ganzen letzten Winter und Frühling bei uns«, versicherte der Besitzer oder Direktor, der nach italienischer Sitte sofort selbst erschien, den neuen Gast zu empfangen. »Der Herr wünscht nur kurze Zeit zu bleiben? Für zwei bis drei Tage hätte ich ein schönes Zimmer im primo Piano nach dem Lungarno frei; es ist das, welches die Contessina hier bewohnt hat. Wenn Ihnen damit gedient wäre – –«
Windmüller versicherte, sehr einverstanden mit dieser Unterkunft zu sein.
Auf dem Balkon seines Zimmers fühlte er sich vollauf entschädigt für die Hitze und den Staub der Reise durch diesen Blick auf die von der wunderbaren alten Kirche und dem zinnengeschmückten bischöflichen Palast gekrönte Höhe von San Miniato mit ihrer herrlichen Aussicht auf die Blumenstadt Florenz. Wie liebte Windmüller diese Stadt, besonders, wenn er ihr abseits von der großen Heerstraße ins Herz sehen und dem lauschen konnte, was die Steine erzählen. Denn mit Recht wird von Florenz gesagt, »daß jede Straße, jeder Weg, jedes Dach und jeder Turm seine Geschichte hat, die immer gegenwärtig ist, daß jeder Glockenschlag eine Chronik ist, und jede Brücke, welche die beiden Ufer verbindet, auch eine Verbindung der Lebenden mit den Taten der Verstorbenen bedeutet«.
Das Eintreten des Zimmermädchens brachte Windmüller sofort auf berufliche Gedanken zurück. Da er mit seinem oft bewährten Glück gerade diesen Raum erhalten hatte, so ersparte ihm das vermutlich die Mühe, die zuständige Bedienung Leonores erst erfragen zu müssen. Und in der Tat war diese freundliche und gefällige Luigia dieselbe, die damals den Dienst auf dieser Etage versah.
»Ja, die Signorina Contessina war lange bei uns«, schwatzte sie sofort los, während sie das Bett zurecht machte. »Eine so schöne und elegante Dame, die Contessina! Wo sie sich zeigte, drehten sich die Leute, besonders die Herren, zweimal nach ihr um. So, der Herr kennt sie, und sie hat ihn zu uns empfohlen? Nun, hoffentlich ist sie in ihrer Heimat jetzt glücklicher als hier.«
»Oh, war sie hier nicht glücklich?« fragte Windmüller teilnehmend.
»Es schien mir so«, versicherte Luigia, mit unnützem Eifer auf den Kissen herumzupfend, augenscheinlich sehr zufrieden, einen Hörer gefunden zu haben. »Die Contessina war immer so ernst – die anderen meinten, sie sei stolz, aber ich weiß, daß sie nicht glücklich war; habe ich doch mehr als einmal gesehen, daß sie geweint hatte. Manchmal dachte ich mir, sie hätte vielleicht eine unglückliche Liebe, aber ich glaube eher, es war ein anderer Grund: die Signora, ihre Mutter, war oft nicht eben freundlich zu ihr. Immer hatte sie an ihr etwas auszusetzen – nun ja, was sie sagte, konnte ich nicht verstehen, weil sie deutsch sprachen, aber man hörte es doch am Ton und sah die Augen – die Augen, mit denen die Signora ihre Tochter ansah. Madonna! Wenn meine Mutter mich jemals so angesehen hätte! Man hätte denken können, sie sei die Stiefmutter der Contessina!«
»So, so!« machte Windmüller, sehr interessiert. »Nun ja, dann muß die Contessina sich freilich recht unglücklich gefühlt haben. Aber der Stiefvater war doch gut zu ihr?«
»Es geht«, erwiderte Luigia achselzuckend. »Überhaupt, der mit seinen sonderbaren Augen! Herr, der Stiefvater hatte den ›bösen Blick‹, das können Sie mir glauben! Freilich – vor den Leuten war er ja immer sehr höflich und aufmerksam zu der Contessina, aber hier im Zimmer habe ich ihn doch oft auch recht scharf zu ihr reden hören, und sie hat ihm ebenso geantwortet. Die zwei haben sich gegenseitig nicht leiden mögen, oder ich will nicht Luigia Gamba heißen. Mein Gott, das kommt oft vor zwischen Stiefeltern und Stiefkindern und kann einen weiter nicht wundernehmen, besonders wenn zur Zeit, da die Mutter sich einen zweiten Mann nimmt, die Tochter schon erwachsen ist. Ich, an der Contessina Stelle, hätte Herrn Ellbach auch die Augen – diese Augen ausgekratzt, wenn er gekommen wäre, mir die Liebe meiner Mutter zu stehlen.«
»Wissen Sie, Luigia, wenn's so weit kommt, liegt die Schuld meist auf beiden Seiten«, meinte Windmüller gemütlich.
»Wenn man so behandelt wird, hat man das Recht, sich auf die Hinterbeine zu setzen«, behauptete Luigia mit ausgespreizten Händen. »Anfangs, als die Herrschaften herkamen, war's ja auch noch nicht so weit wie zuletzt; da war die Contessina ruhig und zurückhaltend und schien es nicht zu bemerken, daß ihre Eltern sie immer etwas zu unterdrücken suchten. Aber endlich muß sie es doch gemerkt haben; denn das Blatt drehte sich; die Contessina fing auf einmal an, in einem ganz anderen Tone zu reden und sogar zu befehlen; jawohl, das tat sie. Und von da ab bestimmte sie, wie alles sein sollte! Ich weiß es noch wie heute, als die Contessina einmal drüben bei ihren Eltern in deren Salon war, befahl mir die Signora, auszurichten, daß der Wagen zur Ausfahrt bestellt werden sollte, und die Contessina widersprach: es sei nicht nötig, sie wünsche daheim zu bleiben. Ich wußte nun nicht, wem ich gehorchen sollte, und der Signor sagte auf Deutsch etwas, aber die Contessina rief mir zu: Sie haben zu tun, was ich befehle! Nun also, ich ging hinaus und bestellte den Wagen nicht, hörte sie aber drinnen heftig miteinander reden, das heißt, nur den Signor und seine Signora, die Contessina lachte dazu, wie man so lacht, wenn es einem nicht eben lustig ist. Leider konnte ich nicht verstehen, was sie sprachen«, schloß Luigia bedauernd, und da sie mit dem Bett ja nun auch fertig war, wünschte sie eine »gute Nacht« und verzog sich.
Hätte ich ja gar nicht besser finden können, dachte Windmüller befriedigt, indem er sich anschickte, zu einem Nachtimbiß hinabzugehen. Eigentlich ohne jedes Zutun meinerseits hat diese Schwätzerin alles in einem Atem heruntergerasselt, was ich nur nach und nach zu erfahren hoffte. Wahrscheinlich weiß sie noch mehr, aber das hat Zeit bis auf ein anderes Mal. Tja – es ist wirklich schade, daß diese liebe Luigia nicht deutsch versteht, was sie aber keineswegs verhindert hat, am Schlüsselloch zu horchen. Also ist Florenz wirklich, wie es scheint, das Tüpfelchen auf dem i – das schadet aber nichts, denn später hätte ich dieses Zimmer kaum mehr bekommen, und die Luigia wäre nur auf Umwegen zu erreichen gewesen. Natürlich würde ich sie auf Umwegen ja auch erwischt haben, aber so ist's entschieden bequemer, und den Rest wird sie mir schon noch erzählen.
Windmüller schlief ausgezeichnet in seinem vortrefflichen Bett. Durch die offene Balkontür hörte er das leise Rauschen des Arno, der mit seiner »vornehmen Ruhe« unter ihm dahinströmte, und das vom Turm von San Niccolo herübertönende, melancholische »Huut! Huut!« der Käuzchen, die das alte Gemäuer in Scharen bewohnen, wiegte ihn bald in Schlummer.
Während er am folgenden Morgen unten im Speisesaal frühstückte, trat der Besitzer des Hotels, der umherging, um sich von dem Wohlbefinden seiner Gäste zu überzeugen, auch an Windmüllers Tisch heran, erkundigte sich, wie er geruht, und sprach sein Bedauern aus, daß der neue Gast nur so kurz zu verweilen gedachte.
»Hat der Herr Doktor die Contessina Lohberg erst unlängst gesehen?« fragte er. »Ist sie wohlauf?«
Windmüller bejahte beide Fragen und fügte verbindlich hinzu, daß die Florentiner Luft und die vortreffliche Verpflegung im Albergo Paoli sicher viel dazu beigetragen hätten, die Gesundheit der jungen Dame wieder in so befriedigender Weise herzustellen.
»Sie war wohl noch recht leidend, als sie herkam?« fragte er nebenher.
»Daß die Contessina leidend gewesen wäre, kann ich nicht sagen«, erwiderte der Wirt. »Zart sah sie ja wohl freilich aus, war aber sonst wohl gesund, mit Ausnahme einer kurzen Erkältung, wegen der sie den Professor Viterbo konsultierte. Ich habe ihn damals den Herrschaften selbst empfohlen. Nun, die Konsultation muß jedenfalls ganz befriedigend ausgefallen sein; denn es ist nie wieder ein Arzt ihretwegen ins Haus gekommen. Übergroße Ängstlichkeit der Eltern hat diese eine wohl nur veranlaßt.«
»Ja, ja«, meinte Windmüller lächelnd, »eine reiche Erbin konsultiert einen berühmten Arzt wegen einer Erkältung, gegen die ein armes Mädchen einfach Fliedertee nimmt.«
»Von den Armen lebt der Drogist im kleinen, von den Reichen der berühmte Arzt im großen«, stimmte der Wirt lachend zu. »Also, die Contessina ist eine reiche Erbin?« fuhr er mit echt italienischer Neugier fort. »Dann hat sie wohl große Besitzungen in Deutschland?«
»Gewiß, sie hat von ihrem Großvater eine der schönsten Herrschaften mit einem prächtigen Schloß geerbt«, befriedigte Windmüller den neugierigen Wirt schmunzelnd.
»Richtig! Sie trauerte ja noch um ihren Großvater! Und jetzt lebt die Contessina mit ihren Eltern zusammen?«
»Herr und Frau von Ellbach sind wenigstens vorläufig noch bei ihr«, erwiderte Windmüller absichtlich etwas gedehnt.
»Nun, die Contessina wird sich wohl bald verheiraten, was man ihr wünschen möchte; denn, unter uns, Signor – sie schien nicht recht glücklich in der Gesellschaft ihrer Eltern, ich meine von Herrn und Frau von Ellbach, zu sein«, biß der Wirt auf den Köder sofort an. »Das kommt oft vor, wenn Vater oder Mutter sich wieder verheiraten. Meist ist's ja die Stiefmutter, die den Unfrieden bringt; es kann aber auch der Stiefvater sein, wenn die Mutter noch jung ist und dann eifersüchtig auf die schöne Tochter wird.«
So, so, dachte Windmüller. Da hätten wir ja die andere Lesart für den Wandel in den gegenseitigen Gefühlen, an die auch andere gedacht zu haben scheinen. Laut sagte er: »Übrigens wundert es mich, daß die Contessina sich nicht schon hier in Florenz verlobt oder verheiratet hat, denn sie ist doch sicher viel bewundert worden, viel in Gesellschaft gegangen, nicht?«
»Nein, die Herrschaften haben sehr still und zurückgezogen gelebt«, erwiderte der Hausherr. »Natürlich haben sie Ausflüge gemacht, sind zum Nachmittagskorso gefahren, haben Sehenswürdigkeiten der Stadt besichtigt – einen Verkehr hatten sie nicht, auch hier im Hause mit den anderen Gästen nur wenig – – – Von Gesellschaften haben sie meines Wissens nur den großen Ball im Palazzo Corsini mitgemacht, zu welchem ihnen ein Herr, der bei mir wohnte und die Contessina sehr bewunderte, eine Einladung verschaffte. Dieser Herr – es ist ein römischer Grande und Verwandter der Fürsten Corsini und schon oft bei mir eingekehrt – hat mir erzählt, daß die Contessina auf dem Ball geradezu Sensation gemacht habe, was ich begreife; denn ich sah sie beim Fortfahren in ihrer weißen, silbergestickten Ballrobe, schön wie ein Traum! Viele Herren kamen her, um sie im Speisesaal zu sehen, aber sie war ganz unnahbar, ganz! Vielleicht ist sie schon verlobt. Wer weiß es?«
»Ja, wer weiß es?« wiederholte Windmüller. »Ihr römischer Grande hat demnach dann auch kein Glück gehabt?«
»Ich fürchte, nein. Schade, denn er war ganz hingerissen von der schönen deutschen Contessina. Aber sie war, wie er sagte, ›ein Bild ohne Gnade‹ – ganz unnahbar. Schade! Eine solche Verlobung in meinem Hause hätte mir Freude gemacht.«
Mit bedauerndem Kopfschütteln entfernte sich der lebhafte, mitteilsame Hausherr, und Windmüller trat heraus auf die Straße und schlenderte den Lungarno entlang.
Hm, ja – sonderbar ist die Geschichte wirklich, überlegte er. Das angedeutete Eifersuchtsmotiv, das mir nur flüchtig, dem Gesandten gar nicht in den Sinn gekommen ist, kann immerhin auf falscher Beobachtung beruhen; als unmöglich, lächerlich oder ausgeschlossen darf man es doch schließlich nicht ganz außer acht lassen, weil es eben der menschlichen Schwächen, Verirrungen und Versuchungen zu viele gibt. Trotzdem mag ich daran nicht glauben – warum, weiß ich mir selbst nicht zu sagen. Für Ellbach steht zuviel auf dem Spiel, als daß ich ihm zutraue, sich so weit zu vergessen, um seiner Frau Ursache zur Eifersucht auf ihre eigene Tochter zu geben; freilich gibt es ja auch Eifersucht ohne Ursache, und das ist die schlimmste Form dieser unseligen Leidenschaft. Auch halte ich ihn für viel zu kalt und berechnend, als daß er solche Gefühle Herr über sich werden ließe – aber wiederum darf man auch das alte Sprüchlein vom alten Span, der sich leicht entzündet, nicht vergessen. Nun, zunächst werde ich den Professor Viterbo mal aufsuchen; denn schon vom pathologischen Standpunkt aus ist diese relativ schnelle, ja rapide Genesung der Gräfin Leonore wirklich sehr merkwürdig. Drei Personen: das Mädchen Klara, Madame Burnand und vor allem der Arzt in Aigle haben eher ihr Ableben als ihre Genesung erwartet, sie selbst hat in ihrem Brief an ihre Freundin bestimmt auftretende Todesahnungen – was allerdings wenig bedeutet –, und in Venedig wird sie der Diagnose des sicher nicht inkompetenten Arztes zum Trotz in relativ kurzer Zeit so gesund, daß sie hier einen Ball mitmachen kann! Nebenbei: einen Ball, trotz ihrer tiefen Trauer um den jüngst verstorbenen Großvater! Nun ja – in weißer, silbergestickter Gaze, aber immerhin – Ball ist Ball, und wenn ich auch wirklich der letzte bin, der die Trauer nur im Äußerlichen sucht, so stimme ich doch entschieden für eine gewisse Wahrung des Anstands. Hat sie selbst auf diesen Ball so gebrannt, daß sie seinen Besuch durchzusetzen gewußt hat, was ja am Ende bei ihrer Jugend und der hinter ihr liegenden Krankheitszeit verständlich wäre, oder hat die Mutter darauf gedrungen? Grünholz sagte mir, daß Frau von Ellbach ihren Schwiegervater herzlich gehaßt hat – aber sein Geld ganz willig annahm. Gut, sie mag um den alten Herrn keine Träne vergossen haben, weil sein Tod ihr die von ihm bewilligte Rente ja nicht genommen hat, aber sie weiß doch, was sich schickt und hält sehr auf die Wahrung der Etikette. Und ihr Mann erst recht, schon weil ihre strenge Beobachtung für ihn eine Art von Daseinsfrage ist, in der er sich keine Blöße geben darf. Ja, ja – Rätsel über Rätsel. Na, vielleicht weiß die Luigia etwas über die Geschichte dieses Balles; wollen sie schon noch darüber anzapfen. In der Spreu ihres Geschwätzes findet sich wohl doch ein Weizenkörnchen, aus dem man etwas machen kann. Hm – wenn mir recht ist, wohnt Professor Viterbo in der Nähe der Via Tornabuoni – kann man im nächsten Buchladen erfahren.«
Er fand das gesuchte Haus an der Kreuzung der genannten Straße, und da er auf dem Schild an der Haustür sah, daß Professor Viterbo seine Sprechstunde von zehn bis zwölf Uhr vormittags hatte, stieg er unverweilt hinauf und kam gerade zum Öffnen des Wartezimmers zurecht.
Als erster ausgerufen, betrat Windmüller das Sprechzimmer und stand dem berühmten Spezialisten gegenüber, der einen Augenblick stutzte, ihn dann aber sofort wiedererkannte, denn er hatte ihn nicht nur vor Jahr und Tag bei einem gemeinsamen Bekannten kennengelernt, sondern war von ihm auch gelegentlich eines »Falles« um ein ärztliches Gutachten angegangen worden.
»Herr Doktor, Sie?« rief er überrascht. »Herzlich willkommen! Aber Sie in meinem Wartezimmer? Als Patient?«
»Gott sei Dank, nein«, erwiderte Windmüller und drückte die Hand des Arztes.
»Ich wählte diesen Weg, um Sie sicher zu treffen und bitte dafür um Entschuldigung.«
»Um mich sicher zu treffen? Dann führt Sie also Ihr Beruf zu mir?«
»Auch das nicht in dem Sinn, wie Sie zu glauben scheinen. Es ist nur ein Freundschaftsdienst, den ich gelegentlich meiner Durchreise unserem Botschafter in Rom zu erweisen versprach«, erklärte Windmüller harmlos und fuhr fort: »Um Sie nicht Ihren Patienten zu entziehen, komme ich gleich zur Sache. Der Botschafter von Grünholz, der gegenwärtig in Deutschland weilt, ist Vormund einer sehr reichen jungen Erbin, Gräfin Leonore Lohberg, welche sich mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater ihrer Gesundheit wegen den ganzen vorigen Winter und bis vor kurzem noch in Florenz aufhielt. Die junge Dame war längere Zeit leidend und hat Sie hier auch einmal konsultiert. Da Herr von Grünholz es mit seiner Vormundschaft sehr ernst nimmt, und Komtesse Lohberg ihm recht zart erscheinen will, so liegt ihm viel daran, Ihr Gutachten über den wirklichen Zustand seines Mündels zu erfahren, was ja bei dem wohlbegründeten Ruf, den Sie als Spezialist genießen, begreiflich ist. Da er selbst zur Zeit verhindert ist, sich persönlich bei Ihnen zu erkundigen, ich aber seinem engeren Kreise nahe stehe, so habe ich es gern übernommen, gelegentlich meiner Durchreise bei Ihnen vorzusprechen.«
»Lohberg! Lohberg!« wiederholte der Professor sinnend. »Lassen Sie einmal sehen – doch ja, ich erinnere mich des Namens. Es handelte sich um eine Spezialkonsultation; eine auffallend schöne, junge Dame, die von ihrem Vater begleitet wurde. Das muß im Februar oder Anfang März gewesen sein. Ich werde in meinem Tagebuch nachsehen und Ihnen gern meinen Befund aufschreiben. Wo wohnen Sie, lieber Doktor? Kommen Sie heute abend zu uns, dann können wir ungestört miteinander plaudern. Also, Sie kommen? Nun, das ist recht! Übrigens, soviel ich mich der Sache erinnern kann, lag bei der jungen Dame nichts Ernstliches vor; nun, mein Buch wird das genau angeben. Auf Wiedersehen!«
Es lag nichts Ernstliches vor? Na, ich danke – falls der Aigler Äskulap recht hat, dachte Windmüller, indem er die Treppe hinabstieg. Viterbo erinnert sich also nicht recht, oder er meint, daß zur Stunde nichts Ernstliches vorlag. Die Ellbachs müssen doch aber einen Rückfall befürchtet haben, sonst hätten sie ihre Tochter nicht wegen einer einfachen Erkältung gleich zu jener Autorität, wie Viterbo es zweifellos ist, gebracht. Und Ellbach hat sie zu ihm begleitet, nicht die Mutter, die in Montreaux und Aigle so hingebend in der Pflege ihrer Tochter gewesen ist! Bin doch sehr neugierig, ob Venedig mir den Schlüssel zu diesem Rätsel geben wird.
Windmüller war, in seine Gedanken versunken, die Via Vigna Nuova hinabgegangen, ohne recht darauf zu achten, welche Richtung er damit einschlug, und gelangte bald auf den kleinen Platz vor Ponte alla Carraja, von dem die Via de' Fossi mit ihren verlockenden Kaufläden nach Santa Maria Novella führt. Er schwankte nun einen Augenblick, ob er sich dahin, oder über die lange, sonnige Brücke nach dem Palazzo Pitti zuwenden sollte; er kannte jenseits des Arno einen Althändler, bei dem er schon mehrere Perlen für seine Sammlung erstanden hatte, und die Versuchung nach neuem Besitz war schließlich so groß, daß er wirklich links abschwenkte und an der Ecke des Lungarno Corsini mit einem Herrn so kräftig zusammenrannte, daß beide ihren Gefühlen erst durch ein Kraftwort Luft machten, ehe sie zu einer gemurmelten Entschuldigung sich an die Hüte griffen, wobei der von Lungarno so eilig Dahergekommene im selben Atem ausrief:
»Doktor Windmüller!«
Dieser blinzelte im grellen Sonnenlicht den Fremden überrascht an, sah einen elegant gekleideten, noch jungen Mann, der unverkennbar den englischen Typus aufwies, und erkannte in ihm auch einen jungen Diplomaten, den er vor ein paar Jahren als Attaché bei der englischen Botschaft in Rom kennengelernt hatte.
»Der Honourable Mister Mowbray«, rief er erfreut. »Ja, wo kommen Sie her? Ich glaubte Sie fern im Osten, in Peking, wenn ich nicht irre.«
»Peking ist schon seit Jahr und Tag für mich ein gewesenes Paradies«, erwiderte der Engländer mit einem Lachen, das von einem Seufzer begleitet wurde. »Ich bin nun ein freier Mann, habe eben meine alten Freunde in Rom besucht, sie aber nicht daheim getroffen. Sie sind wohl eben auf dem Heimweg nach Rom?«
»Noch nicht. Ich werde noch einen kleineren, vielleicht auch größeren Umweg machen müssen, ehe ich wieder heimkommen kann.«
»Aha, ich verstehe: Sie sind auf dem Kriegspfad. Da darf ich Sie wohl nicht aufhalten?« fragte Mowbray verständnisvoll.
»Doch, das dürfen Sie gern, da ich mich gerade in einer Kunstpause befinde und mich eben langsam nach dem Pitti schlängeln wollte«, erklärte Windmüller lachend.
»Desto besser – dann schlängle ich mich mit«, versetzte der Diplomat heiter. »Und wenn Sie nicht gerade auf den Pitti brennen, dann schlage ich vor, wir nehmen uns einen Wagen und lassen uns nach den schattigen Cascinen fahren.«
Windmüller erklärte sich mit dem Vorschlag ganz einverstanden, und sie stiegen in einen der Florentiner Fiaker, deren mit viel glänzend geputzten Messingbeschlägen verzierte Pferde eine hochstehende Fasanenfeder auf dem Stirnriemen tragen, und deren Kutscher in hohem, schiefgesetztem Zylinderhut mit unnachahmlicher Nonchalance auf dem Bock thronen. In einem dieser bequemen, zweisitzigen Vehikel fuhren sie hinaus nach den Cascinen, dem reizvollen, charakteristischen öffentlichen Park von Florenz, in dem weite, wunderbar grüne Wiesen mit Hainen hoher, schattiger Steineichen und Pinien abwechseln, durchzogen von Fahr- und Fußwegen, auf denen sich in den Nachmittagsstunden die »große Welt« wie das Volk von Florenz samt der Fremden bei den Klängen der »Banda« auf dem »Piazzone« einfindet, wobei dann ein Korso entsteht, wie der auf dem Pincio in Rom, wenn die Musik spielt.
Zu dieser Stunde aber waren die Cascinen so gut wie menschenleer, und die beiden Herren blieben unbehelligt von der Schar der Blumenmädchen, die jeden der im Schritt fahrenden Wagen mit ihrer duftenden Ware verfolgen.
Als sie den Schatten der Bäume erreicht hatten, fragte Windmüller seinen Gefährten, weshalb er die diplomatische Laufbahn aufgegeben habe, für die er doch Liebe und Begabung besessen habe.
»Oh, ich tat's auch nur mit Ach und Weh«, erwiderte Mowbray, »denn ich liebte meinen Beruf wirklich, und das Unerwartete traf mich aus heiterem Himmel. So wie Sie mich hier sehen, heiße ich nämlich offiziell nicht mehr Mister Mowbray, sondern Lord Oakburn, als Nachfolger meines Vetters, des elften Earl of Oakburn. Ja, Pech habe ich immer gehabt.«
»Na«, machte Windmüller lachend, »solch ein ›Pech‹ ließe ich mir schon gefallen, denn soviel ich weiß, gehört der Graf von Oakburn zu den reichsten Großgrundbesitzern Englands, wozu ungefähr ein halbes Dutzend Schlösser gehört, ohne den Londoner Palast bei Whitehall.«
»Ja, das ist schon richtig«, gab der junge Lord trübselig zu. »Aber, sehen Sie, der fette Bissen wäre mir ohne die bittere Sauce lieber gewesen. Erstens mußte ich den mir liebgewordenen Beruf aufgeben, weil das Auge des Herrn auf der anderen Seite der Weltkugel ein wenig zu weitab von dem Besitz ist, und dann ist mir das Erbe unter Umständen zugefallen, die ebenso schmerzlich wie peinlich waren. Ein anständiger Mensch macht wohl zunächst keine Freudensprünge, wenn er auf solchem Wege zu Besitz und Titel kommt. Sie werden das verstehen, wenn Sie sich erinnern, wie der letzte Earl of Oakburn vor fast einem Jahr aus dem Leben schied.«
»Nein, ich erinnere mich dessen nicht«, versetzte Windmüller interessiert. »Sollten die Zeitungen darüber etwas gebracht haben, so muß es mir entgangen sein, was Sie schon daraus ersehen können, daß ich Sie noch als Mister Mowbray anredete.«
»Nun, das wäre ja ein Wunder, wenn die ausländischen Zeitungen sich diesen spaltenfüllenden Fall hätten entgehen lassen. – In England waren sie wochenlang voll davon. Wenn einer von den Großen des Landes bei uns stirbt, dann ist das an sich schon ein willkommener Grund zu langen Artikeln. Da mein Vetter aber mit einem ausgiebigen Skandal aus diesem Leben schied, so hatten wir Stoff für Monate und darüber. Das war's, was mir das sonst so herrliche Erbe, auf das ich ja gar keine Aussicht zu haben schien, sehr bitter machte. In kurzen Worten war die Geschichte so: Mein Vetter war seit kurzem verheiratet mit Lady Clarice Dane, der ältesten Tochter des Herzogs von Farnborough –«
»Ah«, warf Windmüller ein. »Das ist doch derselbe, der eine von den schönen Missis Ashfield geheiratet hat, wenn mir recht ist.«
»Gewiß; und um es gleich vorweg zu sagen: ich bin mit der jüngsten Tochter des Herzogs seit kurzem verlobt und hoffe sie bald heimzuführen.«
»In der Tat? Meinen herzlichsten Glückwunsch, Lord Oakburn!«
»Danke vielmals. Sie dürfen mir wirklich Glück wünschen, Herr Doktor, denn Lady Beryll Dane ist ebenso schön, wie sie lieb und gut ist. Nun also, mit der ältesten Schwester meiner Verlobten war mein Vetter Oakburn erst ganz kurz verheiratet, als sie gelegentlich eines Sturzes von dem Pferde Verletzungen des Rückgrats davontrug, die sie voraussichtlich fürs Leben an das Bett und den Rollstuhl fesselten. Das Leiden der armen jungen Frau erforderte die ständige Gegenwart einer geschulten Pflegerin, und eine solche fand seine Schwiegermutter in der Pflegerinnenschule von St. Rochus in London. Ich habe diese Schwester Ellinor nie gesehen, weil ich ja damals schon in China war, habe aber von mehreren Seiten gehört, daß sie nicht nur jung, sondern auch eine verteufelt schöne Person gewesen sein muß. Aus welcher Bemerkung Sie ohne Zweifel erraten werden, wie die Tragödie ihren Anfang nahm: mein Vetter, dem ich das wirklich nicht zugetraut hätte, verliebte sich unsterblich und rettungslos in die schöne Pflegerin, und die Umgebung hat einstimmig ausgesagt, daß sie nicht unempfänglich für die Aufmerksamkeiten ihres Brotherrn war; vielleicht hatte auch mein Vetter die Entschuldigung Adams: ›Das Weib hat mich verführt.‹ Wer kann's sagen? Ob man der armen, siechen Frau diese Beobachtung hinterbracht hat, oder ob sie selbst Wahrnehmungen machte, darüber verlautete nichts Bestimmtes, und man muß hoffen, daß sie dessen unbewußt aus diesem Leben geschieden ist. Sie wurde an einem schönen Morgen tot in ihrem Bett gefunden, und die schöne Pflegerin war spurlos verschwunden – nebenbei gesagt, mit einigen sehr wertvollen und unersetzlichen Erbstücken des Hauses. War das Verschwinden der Schwester Ellinor an sich schon sehr verdächtig, so wurde dies Moment noch durch das Verhalten meines Vetters vertieft; er weigerte sich nämlich entschieden, eine von den Behörden verlangte Autopsie der Leiche seiner Frau vornehmen zu lassen. Die dafür von ihm angeführten Gründe der Pietät konnten das Verfahren natürlich nicht aufhalten. Der gerichtsärztliche Befund aber stellte einwandfrei fest, daß Clarice durch Gift in die Ewigkeit befördert worden war. Daraufhin wurde nun ein Haftbefehl gegen die flüchtig gegangene Pflegerin erlassen, und nun trat mein Vetter mit vielleicht voreiligem Eifer, aber doch immerhin moralischem Mut in die Bresche: er nahm die ganze Schuld auf sich und behauptete, sich nur der Hand der Schwester Ellinor bedient zu haben. Sie habe, ganz ahnungslos von der Wirkung, Lady Oakburn den verhängnisvollen Trank gereicht und sei über den Erfolg so entsetzt gewesen, daß sie mit seinem, des Earl, Vorwissen bei Nacht und Nebel das Schloß verlassen habe. Da nun nach unserem Gesetz kein Richter ist, wo der Kläger fehlt, so wurde zunächst von einer Verfolgung der Pflegerin Abstand genommen, mein Vetter aber natürlich verhaftet. Er hatte sich durch sein Bekenntnis, das Schwester Ellinor ja vollständig freisprach, selbst den Strick gedreht, wartete aber nicht auf den, welchen der Staat bei uns gratis liefert, sondern bediente sich seiner freiwillig in seinem Gefängnis. So kam ich dazu, das Erbe anzutreten, und Sie werden nun verstehen, daß ich den Beigeschmack zu diesem unerwarteten Glück recht bitter gefunden habe.«