Für Kinder ab 11 Jahren erzählt die Autorin auf 304 Seiten eine Geschichte rund um den Start des Spaceshuttles Challenger im Jahr 1986. Doch dieses Buch "Die Nelsons greifen nach den Sternen" bietet noch so viel mehr als das, was man auf den ersten Blick vermutet. Gefühlvoll, tiefgründig, wichtig…
Die Geschichte beginnt am 1. Januar 1986. Fitch, Bird und Cash sind unsere Protagonisten in diesem wundervollen Kinderbuch. Die drei sind Geschwister und könnten unterschiedlicher kaum sein. Fitch liebt die Spielhalle, Bird tüftelt gerne und schreibt eigene Gebrauchsanweisungen und Cash hängt am liebsten einfach mit seinen Freunden ab. Alle drei gehen sie auf dieselbe Schule, die Park Middle School in Delaware.
Die Geschwister leben so nebeneinander her und interessieren sich eigentlich nicht wirklich für die jeweils anderen. Zu Hause ist die Stimmung sowieso nicht so toll und jede*r von ihnen hat eben eigene Interessen.
Am 23. Januar 1986 ist der geplante Start des Challenger-Space-Shuttles und in der Schule wird ein Themenmonat veranstaltet. Während die beiden Jungs das nicht wirklich interessiert, ist es für Bird einfach wundervoll und sie ist total in ihrem Element. Schließlich hat sie große Ziele und möchte mal die erste Shuttle-Kommandantin der NASA werden.
Doch als dann beim Start das große Unglück geschieht und das Shuttle explodiert, ist dies für die Geschwister ein Moment des Wandels und sie finden so eng zusammen wie nie zuvor.
„»In welcher Hinsicht sind Menschen besser als Maschinen und umgekehrt? Welche Vorzüge haben die einen im Vergleich zu den anderen? Denkt euch so viele Gründe aus, wie ihr könnt.«“
Was als lustige Geschichte mit Erzählungen aus dem Alltag dreier Geschwister beginnt, wird Seite für Seite immer tiefgründiger und vielschichtiger.
Fitch ist nicht nur begeistert von Videospielen (und echt talentiert), er ist leider auch häufig wütend und lässt es an den Menschen um ihn herum aus. Er merkt in diesen Momenten sogar, dass sein Temperament mit ihm durchgeht, aber er kann es einfach nicht steuern.
„Die Hitze in Fitchs Brust prasselte und sprühte Funken. Er hatte drei Leben vergeudet.
Bloß weil sein Bruder ein Vollpfosten war.“
Birdie ist wissbegierig und intelligent. Sie hat große Träume und Ziele, fühl sich aber auch verloren, unsichtbar und einsam. Sie kommt zwar mit allen Kindern in ihrer Schulklasse gut klar, richtige Freunde hat sie aber irgendwie nicht. So unterhält sie sich in Gedanken oft mit ihrem großen Idol Judith Resnik, einer der beiden Frauen im Team des Challenger Shuttles.
„Judith Resnik: Du hast tiefgründige Gedanken, Bernadette Nelson Thomas.
Hat dir das schon mal jemand gesagt?
Bird: Ich glaub nicht, dass das irgendwen interessiert.
Judith Resnik: Mich interessiert es.“
Cash ist voller Scham und weiß nicht recht weiter. Er ist der große Bruder, der nun aber vielleicht schon zum zweiten Mal die 7. Klasse nicht besteht. Dann wäre er in einem Jahrgang mit seinen kleinen Geschwistern und all seine Freunde schon auf einer anderen Schule. In seinem großen Hobby, dem Basketball, ist er auch bei Weitem nicht so talentiert, wie er es gerne wäre – kann er eigentlich überhaupt irgendetwas?
„Ms. Salonga behauptete immer, dass jeder in irgendetwas gut war. Und von anderen Lehrern hatte er das auch schon gehört. Bisher hatte er nie näher darüber nachgedacht. Aber jetzt ließ ihn diese Vorstellung nicht mehr los.“
In diesem Buch haben viele wichtige Themen Platz gefunden. Manche sind direkt ersichtlich, wieder andere haben sich zwischen den Zeilen versteckt. Die drei Protagonist*innen sind vielschichtig, was die Autorin einfach wunderbar umsetzt. Auch die Nebencharaktere sind allesamt sehr spannend und liefern wichtigen Input. Über dieses Buch möchte man einfach reden.
Die Kapitel erzählen abwechselnd aus den Perspektiven der Geschwister und sind ab und an aufgelockert durch einige von Birds Zeichnungen in schwarz-weiß. Die Nelsons greifen nach den Sternen ist nicht nur unterhaltsam, sondern zeitgleich auch sehr emotional. Ganz nebenbei vermittelt es außerdem spannendes Wissen.
Eine wirklich riesengroße Leseempfehlung von uns!
„In einem Time-Interview sagte Collins: »Ich rate allen, sich große Ziele zu setzen, auch wenn sie vielleicht zu anspruchsvoll wirken und wenn die Gefahr besteht zu scheitern. Nimm dir Aufregendes und Großes vor und sei immer bereit, anderen zu helfen. Nichts fühlt sich besser an, als einem anderen Menschen beizustehen.«“
(über Eileen Collins, die erste Shuttle-Kommandantin der NASA)
Über Erin Entrada Kelly
Erin Entrada Kelly lebt in Philadelphia, aufgewachsen ist sie in Louisiana. Die Autorin wurde für ihre Kinder- und Jugendbücher bereits vielfach ausgezeichnet. Vier Wünsche ans Universum erhielt 2019 den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Kinderbuch.