„Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus

Mit ihrem Debütroman Eine Frage der Chemie hat Bonnie Garmus einen feministischen Roman der Extraklasse aufs Papier gebracht! Ihre Protagonistin Elizabeth ist stark, mutig und besonders – dieses Buch ist jede einzelne Zeile wert, wir haben es geliebt.
Eine Frage der Chemie – Worum geht es in diesem tollen Debütroman?
Es ist 1952 als Elizabeth Zott die Liebe ihres Lebens trifft. Damit meinen wir nicht die Wissenschaft, auch wenn das ebenso passend wäre, sondern Calvin Evans. Beide arbeiten sie im Forschungsinstitut Hastings in der südkalifornischen Kleinstadt Commons.
Calvin ist einer der wenigen Männer, die Elizabeth als Chemikerin wahrnehmen und ihre Intelligenz erkennen. Die beiden kollidieren am Anfang, finden dann aber zusammen, sind wahrlich Seelenverwandte. Dass Elizabeth weder heiraten noch Kinder bekommen möchte, ist in der damaligen Zeit eine echte Ausnahme, aber die Liebe und die gemeinsame Leidenschaft für die Wissenschaft ist für die beiden das Wichtigste. Was hinter ihrem Rücken geredet wird, ist ihnen egal.
„Ich will keine zweite Mileva Einstein oder Esther Lederberg sein, Calvin; ich weigere mich.“
Calvins großes Ansehen in der Wissenschaft verschafft ihm – und somit später auch Elizabeth – schon einen gewissen Sonderstatus. Doch nach seinem tragischen Unfall lassen die Männer in ihrem Umfeld Elizabeth nur umso mehr spüren, dass sie selbst für sie keinerlei Wert hat. So verliert sie schließlich sogar ihre Anstellung, nachdem sie schon ihre große Liebe verloren hat.
Nichts davon überrascht oder wundert Elizabeth, doch eine Überraschung hält das Leben doch für sie bereit: Sie ist schwanger. Und damit beginnt ihr eigensinniger und besonderer Weg von der Einzelgängerin zum Familienmenschen – ein Weg. Von dem ihr euch keine einzige Zeile entgehen lassen solltet!
„»Was ist mit den Frauen los?«, fragte Elizabeth. »Warum übernehmen sie diese kulturellen Stereotypen? Schlimmer noch, warum perpetuieren sie sie? Haben Sie denn noch nie was gehört
von der dominanten Rolle der Frau in isolierten Stämmen des Amazonasgebiets?
Sind Margret Meads Bücher alle vergriffen?«“
Elizabeth Zott und die anderen Charaktere
Elizabeth ist eine starke Protagonistin, die sich in manchen Momenten zwar zurücknimmt, meistens jedoch ruhig und aufrichtig für das einsteht, was ihr wichtig ist. Sie ist eine bewundernswerte und mutige Frau, eine Ausnahmeerscheinung ihrer Zeit. Aber genau solche Vorreiterinnen hat es gebraucht, damit Frauen in vielen Teilen der Welt inzwischen überhaupt selbstbestimmt leben können. Hut ab!
„Die ehemalige Forschungschemikerin Elizabeth Zott war eine Frau mit makelloser Haut und dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich war und es nie sein würde.“
Der Hund Halbsieben ist einer der besten Nebencharaktere, die uns je untergekommen sind. Er ist nicht einfach nur ein Hund mit einer anrührenden Geschichte, sondern kommt ab und an sogar selbst mit seinen Gedanken zu Wort. Er hat uns immer wieder ein Schmunzeln entlockt und viele Situationen somit enorm aufgelockert.
Auch Elizabeths Tochter Mad und ihre Nachbarin Harriet sind uns sofort ans Herz gewachsen. Ebenfalls wundervoll ist es, dass die Autorin zeigt, dass nicht alle Männer ignorant und frauenverachtend sind. Einige der männlichen Nebencharaktere sind liebevoll und bereit dazu, mit alten Gewohnheiten zu brechen. Diese Schilderungen machen den Roman so authentisch.
Warum wir so begeistert sind
Mit ihrem Debütroman Eine Frage der Chemie hat uns Bonnie Garmus direkt überzeugt und wir hoffen noch auf weitere Romane aus der Feder dieser talentierten Schriftstellerin. Der Schreibstil ist angenehm und unterhaltsam, Elizabeths Art einzigartig und auch alle Nebencharaktere gut ausgearbeitet. Dieses Buch hat uns von vorne bis hinten begeistert und verdient definitiv die volle Punktzahl in allen Bereichen.
Wie schwer Frauen es noch vor nicht allzu vielen Jahren hatten, zeigt die Autorin wirklich gut. Würde eine Elizabeth Zott heute so für sich und ihre Arbeit und Werte einstehen, würden vielleicht immer noch ein paar Männer vorsichtig die Stirn runzeln, aber ansonsten könnte man davon ausgehen, dass es durchaus normales und angebrachtes Verhalten ist.
In den 50er und 60er Jahren eckt sie mit ihrer Art jedoch überall an und ihr werden sogar normale Menschenrechte abgesprochen. Das ist erschreckend und faszinierend zugleich. Genau solchen mutigen Frauen ist es zu verdanken, dass wir heute leben können wie wir es tun.
Wie ihr alle wisst, sind Frauen auch heute noch nicht in allen Bereichen und schon gar nicht überall auf der Welt Männern gleichgestellt – aber wir sind auf einem verdammt guten Weg, den es weiter zu beschreiten gilt. Starke, selbstbestimmte Frauen vor!
„Elizabeth Zott war ebenfalls nachtragend. Doch sie war das hauptsächlich in Bezug auf eine patriarchalische Gesellschaft, die auf der Idee fußte, Frauen seien weniger. Weniger fähig. Weniger intelligent. Weniger schöpferisch. Eine Gesellschaft, die es für richtig hielt, dass Männer arbeiten gingen und wichtige Dinge taten – Planeten entdecken, Produkte entwickeln, Gesetze verfassen –, während Frauen zu Hause blieben und Kinder großzogen. Sie wollte keine Kinder – das wusste sie –, aber sie wusste auch, dass viele andere Frauen Kinder haben und berufstätig sein wollten. Und was war daran falsch? Nichts. Es war genau das, was Männer ganz selbstverständlich bekamen.“
„In den 1950ern kam eine Abtreibung nicht infrage.
Zufällig galt das Gleiche für ein außereheliches Baby.“
Über Bonnie Garmus
In Eine Frage der Chemie finden sich durchaus Parallelen zum Leben der Autorin. Bonnie Garmus arbeitete als Kreativdirektorin vor allem in den Bereichen Medizin, Technologie und Erziehung. Auch die Liebe zum Wettkampfrudern trägt die Autorin in sich. Außerdem schwimmt sie gern im offenen Meer – dies jedoch im Gegensatz zu Protagonistin Elizabeth im Roman, die tatsächlich nicht schwimmen kann.
Aktuell lebt die gebürtige Kalifornierin mit ihrem Mann in London. Sie hat zwei erwachsene Töchter.