Herausgeber:
GEO
Die Welt mit anderen Augen sehen
Gruner + Jahr GmbH & Co KG,
Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
www.geo.de/ebooks
Und hier sollen wir leben?
Von Jürgen Bischoff
Zusatzinfos
Terraforming: Können wir den Mars bewohnbar machen?
Lektüretipps: Bücher und Websites
Auf zum Mars! Nicht nur Wissenschaftler, auch Filmemacher und Abenteurer haben den staubigen Nachbarn als ein lohnendes Ziel entdeckt. Nach und nach finden Forscher Lösungen für die entscheidenden Probleme einer solchen Weltraumreise: Techniken, mit denen Menschen den Gefahren trotzen können – um lebendig auf dem Mars anzukommen
Bechara Saab, 36, geboren in Kanada, Doktor der Neurowissenschaften an der Universität Zürich, will auf dem Mars sterben. Als Pionier. Als einer der Ersten, die aus der Menschheit eine multiplanetare Spezies machen. Das ist sein Traum, seit Jahren schon. Er hat sich deshalb, wie 4227 andere auch, bei „Mars One“ beworben: jener Privatstiftung in den Niederlanden, die behauptet, sie könne in zwölf Jahren mit der Besiedelung des Mars beginnen – allerdings ohne Rückkehroption für die Siedler.
Lucie Poulet, 29, Raumfahrtingenieurin, Doktorandin im französischen Clermont-Ferrand, hält das für „eine ziemlich dumme Idee“. Auch sie will auf den Mars, wenn es geht, aber warum sollte sie dort bleiben? Der Mars, sagt sie, sei ein Ziel für die Wissenschaft, um nach Lebensspuren zu suchen, um die Historie unseres Planetensystems zu ergründen. Menschen könnten, anders als Roboter, ihre Erkenntnisse an Ort und Stelle auswerten. Und dann sollen sie gefälligst zurückkommen und davon berichten.
Man könnte sagen, dass Bechara Saab vor allem wissen möchte, wie der Mensch funktioniert. Lucie Poulet will wissen, wie das Universum funktioniert.
Und beiden erscheint der Mars als das geeignete Labor.
Der Mars ist en vogue, Marsomanie gesellschaftsfähig. Die Bilder, welche die Mars-Rover der NASA zur Erde senden, lassen uns den mindestens 56 Millionen Kilometer entfernten Nachbarn fast schon so vertraut erscheinen wie, sagen wir, die Atacamawüste. Und in den Kinos kämpft sich gerade Matt Damon als „Der Marsianer“ vor einem Millionenpublikum durch den Marsstaub.
Eine Studie der NASA kam jüngst zu dem Ergebnis, dass eine erste bemannte Marsumrundung schon 2033 möglich wäre und sechs Jahre später eine Landung. Und zwar ohne dass die Raumfahrtbehörde dafür ihr Budget überstrapazieren müsste.
Wann bei Bechara Saab, genannt Besh, der Traum vom Mars seinen Anfang nahm, weiß er noch genau. Es war im Jahr 2002, er zeltete auf einer Insel im Ontariosee, am sternklaren Himmel beobachtete er die Internationale Raumstation. Damals hatte er zum ersten Mal diesen Gedanken, dass Menschen viel mehr können müssten, als bloß um die Erde zu kreisen. Zum Beispiel: auf einem anderen Planeten eine neue Zivilisation formen.
Der Aufruf von Mars One kam da gerade recht. Besh verzichtete für den Traum der Weltraumreise sogar auf eine Familie: „Hätte ich Kinder“, sagt er, „könnte ich mich natürlich nicht ernsthaft bewerben.“