Döpfner • Schürmann

Wackelpeter & Trotzkopf

Manfred Döpfner • Stephanie Schürmann

Wackelpeter & Trotzkopf

Hilfen für Eltern bei ADHS-Symptomen, hyperkinetischem und oppositionellem Verhalten

Mit Online-Material und App

5., aktualisierte Auflage

Anschrift der Autoren:

Prof. Dr. Manfred Döpfner

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters

der Uniklinik Köln

Robert-Koch-Str. 10

D-50 931 Köln

E-Mail: manfred.doepfner@uk-koeln.de

Dr. Stephanie Schürmann

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters

der Uniklinik Köln

Robert-Koch-Str. 10

D-50 931 Köln

E-Mail: stephanie.schuermann@uk-koeln.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.

Dieses Buch ist erhältlich als:

ISBN 978-3-621-28412-7 Print

ISBN 978-3-621-28459-2 E-Book (EPUB)

Die 1.–4. Auflage sind unter der Autorenschaft von Manfred Döpfner, Stephanie Schürmann und Gerd Lehmkuhl erschienen.

5., aktualisierte Auflage 2017

© 2017 Programm PVU Psychologie Verlags Union

in der Verlagsgruppe Beltz • Weinheim Basel

Werderstraße 10, 69 469 Weinheim

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Karin Ohms

Herstellung: Uta Euler

Illustrationen: Klaus Gehrmann, Freiburg

Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza

Printed in Germany

Weitere Informationen zu unseren Autoren und Titeln finden Sie unter: www.beltz.de

Inhaltsübersicht

Vorwort zur fünften Auflage
Kennen Sie das?
Über dieses Buch
IFragen und Antworten
1Hyperkinetische VerhaltensauffälligkeitenHyperkinetische Verhaltensauffälligkeiten
2OppositionelleOppositionelle Verhaltensauffälligkeiten Verhaltensauffälligkeiten
3Warum werden hyperkinetische und oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten in diesem Buch zusammengefasst?
4Was kann man tun?
5Wer kann helfen?
6Was ist meist weniger hilfreich und was ist zukünftig vielleicht erfolgversprechend?
IIElternleitfaden
Wie benutze ich den Elternleitfaden?
Das Problem unter die Lupe nehmen (Stufe 1 bis 3)
Sich wieder mögen lernen (Stufe 4 und 5)
Das kriegen wir geregelt! Familienregeln formulieren und einhalten (Stufe 6 bis 9)
Spielerisch, aber konsequent! – Möglichkeiten der Verhaltensänderung (Stufe 10 bis 12)
StärkenStärken Sie sich und Ihr Kind! (Stufe 13 und 14)
Pannenhilfe bei neuen und hartnäckigen Problemen (Stufe 15 und 16)
IIIAnwendungsbeispiele
Wie benutze ich die Anwendungsbeispiele?
Mein Kind ist eine Nervensäge
Wo ist mein Kind?
Der Kampf ums WeckenWecken
Wenn das EssenEssen zur Qual wird
Unser täglicher HausaufgabeHausaufgaben-Krieg
Das allabendliche Theater mit dem ZubettgehenZubettgehen
WutausbrüchWutausbruche
Meine Kinder sind wie Hund und Katze
Probleme in der ÖffentlichkeitÖffentlichkeit
IVArbeitsblätter
VMemo-Karten
Literatur
Hinweise zu den Online-Materialien
Sachwortverzeichnis
Bildnachweis

Inhalt

Vorwort zur fünften Auflage
Kennen Sie das?
Über dieses Buch
Wie ist das Buch aufgebaut?
Wie benutze ich das Buch?
Wird mir das Buch wirklich helfen können?
Gibt es noch weitere Hilfen bei der Anwendung von Wackelpeter & Trotzkopf?
IFragen und Antworten
1Hyperkinetische VerhaltensauffälligkeitenHyperkinetische Verhaltensauffälligkeiten
1.1Woran erkennt man ein Kind mit hyperkinetischen Verhaltensauffälligkeiten (ADHS-SymptomenADHS-Symptome)?
1.2Wie wird eine hyperkinetische Störung diagnostiziert?
1.3Wie häufig sind hyperkinetische Verhaltensauffälligkeiten?
1.4Was sind die Ursachen hyperkinetischer Auffälligkeiten?
1.5Wie entwickeln sich die Kinder weiter?
2OppositionelleOppositionelle Verhaltensauffälligkeiten Verhaltensauffälligkeiten
2.1Woran erkennt man ein Kind mit oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten?
2.2Wie wird eine oppositionelle Verhaltensstörung diagnostiziert?
2.3Wie häufig sind oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten?
2.4Was sind die Ursachen oppositioneller Verhaltensauffälligkeiten?
2.5Wie entwickeln sich die Kinder weiter?
3Warum werden hyperkinetische und oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten in diesem Buch zusammengefasst?
4Was kann man tun?
4.1Was kann man in der FamilieFamilie tun?
4.2Was kann man im KindergartenKindergarten oder in der SchuleSchule tun?
4.3Braucht mein Kind eine spezielle psychologische Behandlung oder pädagogische Förderung?
4.4Sind MedikamentMedikamentee hilfreich?
5Wer kann helfen?
5.1Internet-Adressen von FachorganisationFachorganisationenen und von SelbsthilfeorganisationSelbsthilfeorganisationenen
6Was ist meist weniger hilfreich und was ist zukünftig vielleicht erfolgversprechend?
IIElternleitfaden
 Wie benutze ich den Elternleitfaden?
 Das Problem unter die Lupe nehmen (Stufe 1 bis 3)
Stufe 1: Welche Probleme hat mein Kind?
Stufe 2: Probleme, Belastungen und Stärken in unserer FamilieFamilie
Stufe 3: Der TeufelskreisTeufelskreis
 Sich wieder mögen lernen (Stufe 4 und 5)
Stufe 4: Was mögen Sie an Ihrem Kind?
Stufe 5: Die Spaß- & Spiel-ZeitSpaß- & Spiel-Zeit
 Das kriegen wir geregelt! Familienregeln formulieren und einhalten (Stufe 6 bis 9)
Stufe 6: FamilienregelFamilienregelnn
Stufe 7: Geben Sie wirkungsvolle AufforderungenWirkungsvolle Aufforderungen!
Stufe 8: LobLoben Sie Ihr Kind, wenn es Aufforderungen und Regeln befolgt!
Stufe 9: Setzen Sie natürliche KonsequenzNatürliche Konsequenzenen, wenn Ihr Kind Aufforderungen und Regeln nicht befolgt!
 Spielerisch, aber konsequent! – Möglichkeiten der Verhaltensänderung (Stufe 10 bis 12)
Stufe 10: Wenn Lob allein nicht ausreicht: Der Punkte-PlanPunkte-Plan
Stufe 11: Wie man einen Punkte-PlanPunkte-Plan verändert und beendet
Stufe 12: Der Wettkampf um lachende GesichterWettkampf um lachende Gesichter
 StärkenStärken Sie sich und Ihr Kind! (Stufe 13 und 14)
Stufe 13: AuftankenAuftanken und für sich selbst etwas tun
Stufe 14: Fördern Sie die StärkenStärken und Interessen Ihres Kindes und kanalisieren Sie seine EnergieEnergie
 Pannenhilfe bei neuen und hartnäckigen Problemen (Stufe 15 und 16)
Stufe 15: Wenn neue Probleme auftauchen
Stufe 16: Wenn sich Probleme nicht lösen lassen
IIIAnwendungsbeispiele
 Wie benutze ich die Anwendungsbeispiele?
 Mein Kind ist eine Nervensäge
 Wo ist mein Kind?
 Der Kampf ums WeckenWecken
 Wenn das EssenEssen zur Qual wird
 Unser täglicher HausaufgabeHausaufgaben-Krieg
 Das allabendliche Theater mit dem ZubettgehenZubettgehen
 WutausbrüchWutausbruche
 Meine Kinder sind wie Hund und Katze
 Probleme in der ÖffentlichkeitÖffentlichkeit
IVArbeitsblätter
VMemo-Karten
Literatur
Hinweise zu den Online-Materialien
Sachwortverzeichnis
Bildnachweis

Vorwort zur fünften Auflage

Wackelpeter & Trotzkopf ist mittlerweile zu einem Klassiker geworden und wir freuen uns sehr, dass so viele Eltern, Lehrer und Erzieher von diesem Buch profitieren konnten. In der vierten Auflage mussten wir daher nur wenige Verbesserungen und einige Aktualisierungen vornehmen.

Seit annähernd 30 Jahren arbeiten wir gemeinsam an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters und dem Ausbildungsinstitut für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an der Uniklinik Köln (AKiP) intensiv an der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS), hyperkinetischen und oppositionellen Verhaltensstörungen und an der Erforschung dieses Problemfeldes. Ziel unserer Arbeit ist es, sowohl die Diagnostik als auch die Behandlung dieser Auffälligkeiten zu verbessern und durch frühzeitige Hilfen die Ausbildung von Verhaltensstörungen zu vermindern. In unserer Arbeit im Rahmen der Schwerpunktambulanz unserer Klinik haben wir viele hundert Kinder und Jugendliche und ihre Eltern, Erzieher und Lehrer kennen gelernt. In dieser Arbeit mit den Betroffenen haben wir das Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP) und dieses Elternbuch auf der Grundlage internationaler Forschungsergebnisse und Behandlungsprogramme entwickelt. Die Wirksamkeit sowohl der Therapie mit THOP als auch der angeleiteten Selbsthilfe mit Wackelpeter & Trotzkopf konnte in wissenschaftlichen Studien belegt werden. Wir danken allen Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern sowie allen anderen Bezugspersonen, weil es uns erst durch diese Zusammenarbeit möglich war, unsere konkreten Hilfestellungen zu erarbeiten, sie zu überprüfen und weiter zu entwickeln. Bei dieser Arbeit haben uns viele Kolleginnen und Kollegen aus der Schwerpunktambulanz unterstützt, stellvertretend für alle bedanken wir uns bei Frau Dr. Rademacher (Dipl.-Psych.), Gräfin Dr. Wolff Metternich-Kaizman (Dipl.-Psych.) und Frau Dr. Frauke Kierfeld (Dipl.-Psych.) und Frau Dr. Claudia Kinnen (Dipl.-Psych).

Die Neuerungen in der fünften Auflage betreffen im Wesentlichen zwei Bereiche: In Teil I (Fragen und Antworten) wurden die Weiterentwicklungen im Bereich der medikamentösen Therapie berücksichtigt. Zudem wurden unsere Erfahrungen und Studien zum Einsatz von Wackelpeter & Trotzkopf als Selbsthilfebuch eingearbeitet. Außerdem stellen wir weitere Hilfen zur Verfügung, damit Eltern und andere Bezugspersonen die Ratschläge dieses Buches besser in den Alltag umsetzen können. Eine Smartphone-App ADHS-Kids: Eltern helfen ihren hyperaktiven und trotzigen Kindern (für iOS und Android in den jeweiligen App-Stores erhältlich) hilft, regelmäßig daran zu denken, Empfehlungen aus Wackelpeter & Trotzkopf im Alltag einzusetzen. Das kostenlose Online-Programm ADHS-Elterntrainer (www.adhs-elterntrainer.de) bietet viele Filmbeispiele zur Umsetzung der Empfehlungen in konkreten Alltagssituationen.

Wackelpeter & Trotzkopf ist das erste Selbsthilfebuch in diesem Bereich, dessen Wirksamkeit in mehreren wissenschaftlichen Studien belegt wurde. Weitere Studien dazu werden gegenwärtig durchgeführt. Durch die Hinzunahme von Stickern erleichtern wir die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Die benötigten Arbeitsblätter und Memo-Karten können zusätzlich über die Verlagshomepage (http://www.beltz.de) heruntergeladen werden können.

Wir hoffen, dass dieses Buch nicht nur Eltern und Pädagogen Informationen und Hilfestellungen gibt, sondern dass es auch Ärzten, Psychologen und Psychotherapeuten hilft, den Eltern und allen anderen Bezugspersonen von Kindern mit hyperkinetischen und oppositionellen Verhaltensproblemen jene Unterstützung zukommen zu lassen, die sie brauchen, um die Schwierigkeiten gemeinsam mit ihrem Kind zu meistern.

Köln, im Sommer 2017

Manfred Döpfner

Stephanie Schürmann

Kennen Sie das?

  • Schon morgens ist der fünfjährige Niklas kaum zu bremsen! Bereits um sieben Uhr steht er auf der Matte und trällert munter und vor allem laut ein Liedchen nach dem anderen. Ständig ist er in Aktion, an keiner Stelle, bei keiner Tätigkeit hält er es länger als ein paar Minuten aus. Selbst beim Spielen kann er nicht lange verweilen. Vor allem muss er seine Mutter ständig etwas Wichtiges fragen oder ihr ganz dringend etwas Unaufschiebbares erzählen. Die Mutter kommt zu gar nichts mehr und hat schon kurz nach dem Aufstehen das Gefühl, dass ihr alles zu viel wird.
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  • Ständig macht der achtjährige Tim irgendeinen Unfug – mal bohrt er ein Loch in seine Tür, mal schneidet er die neue Tischdecke durch, mal spielt er im Blumenbeet Fußball. Er weiß natürlich ganz genau, dass das alles verboten ist, aber um Grenzen und Verbote kümmert sich Tim so gut wie nie. Selbst einfache Regeln, zum Beispiel dass er nicht mit dreckigen Schuhen ins Wohnzimmer darf, beachtet er nicht. Wenn die Mutter ihn dann zur Rede stellt, bekommt sie eine freche Antwort oder Tim kriegt einen solchen Wutanfall, dass er gar nicht mehr zu bremsen ist.
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  • Sophie besucht die 2. Klasse der Grundschule. Schon kurz nach der Einschulung fiel der Lehrerin auf, dass Sophie kaum bei der Sache ist. Von jeder Kleinigkeit lässt sie sich ablenken. Es wundert daher nicht, dass sie selten ihre Aufgaben zu Ende bringt. Wenn sie nach Hause kommt, weiß sie häufig nicht, was ihre Hausaufgaben sind. Die Hausaufgaben dauern eine Ewigkeit, Sophie zögert sie möglichst lange hinaus. Arbeiten, die gut und gerne in 15 Minuten zu erledigen sind, dauern bis zu einer Stunde, wenn die Mutter unmittelbar dabeisitzt; ansonsten wird sie gar nicht fertig. Nach den Hausaufgaben sind dann beide völlig geschafft.
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  • Philipp und seine zwei Jahre jüngere Schwester Clara liegen sich ständig in den Haaren. Clara ist genau das Gegenteil von Philipp – sie ist ruhig, freundlich, offen, folgsam und ehrgeizig. Philipp dagegen ist ein unruhiger Quälgeist, meist motzig und abweisend. Seine kleine Schwester traktiert er regelrecht. Meist ist ihm langweilig und dann fällt ihm nichts Besseres ein, als Clara zu ärgern. Ständig muss die Mutter dazwischen gehen und mit Philipp schimpfen, aber eigentlich hilft das auch nicht.
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Viele Kinder haben solche und ähnliche Verhaltensprobleme und viele Eltern, Lehrer und Erzieher klagen über diese Schwierigkeiten. Alle Kinder sind irgendwann einmal auch Problemkinder und alle Familien haben mehr oder weniger Probleme. Aber bei manchen Kindern und in manchen Familien sind die Probleme so stark, dass sie Hilfe brauchen.

Niklas, Tim, Sophie und Philipp stehen natürlich stellvertretend für alle Jungen und Mädchen, die diese und ähnliche Verhaltensprobleme haben. In den einzelnen Stufen im Elternleitfaden (Teil II) und in den Anwendungsbeispielen (Teil III) sorgt ein Junge namens Peter (Namensgeber von Wackelpeter & Trotzkopf) für noch mehr Fallbeispiele und begleitet Sie sozusagen durch dieses Buch! Daher taucht in den nächsten Beispielen immer nur der Name (Wackel-)Peter auf, obwohl er natürlich auch stellvertretend für alle Jungen und Mädchen steht.

Über dieses Buch

Dieses Buch wendet sich an Eltern mit Kindern, die Probleme haben, sich selbst zu steuern. Diese Schwierigkeiten können sich in ausgeprägten und häufigen Wutausbrüchen, aggressivem Verhalten, ausgeprägter Impulsivität, starker Unruhe oder in Konzentrationsproblemen äußern.

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Im Wesentlichen lassen sich zwei Problembereiche unterscheiden:

  • Hyperkinetische Verhaltensprobleme, die im Kern durch hohe Unruhe oder sehr starke Impulsivität und mangelnde Konzentration und Ausdauer gekennzeichnet sind.
  • Oppositionelle Verhaltensprobleme, die sich durch verweigerndes, oppositionelles Verhalten, durch häufiges Streiten und Wutausbrüche auszeichnen.

Diese Probleme können unabhängig voneinander oder auch gemeinsam auftreten. Sie beeinträchtigen das familiäre Zusammenleben und die Entwicklung des Kindes erheblich. Häufig kommen beide Problembereiche gemeinsam vor. Deshalb werden in diesem Buch auch beide angesprochen.

Ziel dieses Elternbuches ist nicht das problemlose Kind oder die Familie ohne Probleme. Das könnten wir auch gar nicht erreichen. Wir wollen vorhandene Fähigkeiten des Kindes und der Familie aktivieren, um einige Probleme selbst zu lösen oder zumindest zu vermindern. Damit wollen wir Ihr Kind und Ihre Familie in die Lage versetzen, Aufgaben, die in den nächsten Jahren vor Ihnen stehen, trotz einiger Schwierigkeiten erfolgreich zu bewältigen.

Das Buch beruht auf Prinzipien und Therapiemethoden, die sich in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen bei der Behandlung von Kindern mit diesen Schwierigkeiten als ausgesprochen wirkungsvoll erwiesen haben.

Das Buch ist für Eltern mit Kindern im Alter von drei bis zwölf Jahren geschrieben worden. Es ist ein Buch für Väter und Mütter. Wir wissen, dass dieses Buch mehr Mütter als Väter lesen, deshalb werden in diesem Buch häufiger die Mütter als die Väter direkt angesprochen. Wir möchten aber auch die Väter ausdrücklich einladen, sich mit diesem Buch zu beschäftigen. Die Probleme der Kinder betreffen sowohl Väter als auch Mütter.

Wie ist das Buch aufgebaut?

Dieses Buch ist in sechs Hauptteile gegliedert:


I

Im ersten Teil des Buches finden Sie Antworten auf Fragen, die sich viele Eltern von Kindern mit den genannten Verhaltensproblemen stellen: Was sind hyperkinetische und was sind oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten? Was sind die Ursachen dieser Probleme? Wie entwickeln sich die Kinder weiter? Was kann man tun?

II

Der zweite Teil enthält einen Elternleitfaden, der Ihnen in 16 Stufen schrittweise Möglichkeiten zur Verminderung solcher Verhaltensprobleme aufzeigt. Sie erhalten wichtige Anleitungen, die Ihnen helfen können, zunächst die einzelnen Probleme genau zu fassen, danach Maßnahmen durchzuführen, um die Beziehung zu Ihrem Kind zu verbessern und die tagtäglichen Probleme zu lösen.

III

Der dritte Teil ergänzt den Elternleitfaden durch weitere konkrete Anwendungsbeispiele, in denen typische Probleme und ihre Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt sind, zum Beispiel: Was mache ich, wenn sich mein Kind nicht allein beschäftigen kann? Wie löse ich den täglichen Hausaufgaben-Krieg? Wie reagiere ich auf die Wutausbrüche meines Kindes?

IV

Der vierte Teil dieses Buches enthält Arbeitsblätter, die Sie zur Durchführung konkreter Maßnahmen in Ihrer Familie benötigen. Die Anleitungen zur Anwendung dieser Arbeitsblätter werden in Teil II und Teil III des Buches gegeben. Die Arbeitsblätter und Memo-Karten können Sie auch online von der Verlagshomepage herunterladen oder ausdrucken. Genaue Hinweise für das Vorgehen finden Sie auf S. 364.

V

Der fünfte Teil dieses Buches enthält sogenannte Memo-Karten. Das sind Erinnerungskarten, die Ihnen ebenfalls bei der Durchführung konkreter Maßnahmen in Ihrer Familie helfen sollen. Die Anleitungen zur Anwendung dieser Memo-Karten finden Sie ebenfalls in Teil II und Teil III des Buches.

VI

Im sechsten Teil (nur im gedruckten Buch enthalten) finden Sie Sticker, die Ihnen ebenfalls bei der Durchführung der konkreten Maßnahmen helfen sollen, die in Teil II und Teil III des Buches beschrieben sind. Nehmen Sie den jeweiligen Sticker heraus und befestigen Sie ihn an einer Stelle, die Ihnen immer wieder ins Auge fällt (z. B. am Spiegel oder an der Kühlschranktür). Der Sticker ist eine Erinnerungshilfe und erleichtert es, Maßnahmen zu Hause regelmäßig durchzuführen.

Die Sticker und Abbildungen auf den Seiten 26, 36, 211 und 219 verwenden wir mit freundlicher Genehmigung der Firma Medice.


Wie benutze ich das Buch?

Sie können das Buch auf verschiedene Weise nutzen:

  1. Sie können es zur Information über die wichtigsten Erkenntnisse zu hyperkinetischen und oppositionellen Verhaltensproblemen und über die Möglichkeiten zur Verminderung dieser Probleme benutzen. Diese Übersicht erhalten Sie vor allem im ersten Teil dieses Buches. In den weiteren Teilen finden Sie detaillierte Informationen darüber, wie Sie die Probleme der Kinder vermindern können.
  2. Wenn Sie selbst versuchen wollen, die Verhaltensprobleme Ihres Kindes in der Familie anzugehen, dann können Sie dieses Buch als ein Selbsthilfeprogramm einsetzen. In diesem Fall sollten Sie unbedingt folgende Punkte beachten:
    • Lesen und bearbeiten Sie das Buch Kapitel für Kapitel. Machen Sie sich zunächst mit den Grundinformationen aus Teil I (Fragen und Antworten) vertraut.
    • Arbeiten Sie dann die 16 Schritte des Elternleitfadens in Teil II und die für Sie wichtigen Anwendungsbeispiele in Teil III durch.
  3. Sie können das Buch auch im Rahmen einer Behandlung des Kindes bei einem Arzt oder Psychotherapeuten einsetzen. Das Buch basiert auf einem umfassenden Behandlungsverfahren, dem Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP) (Döpfner et al., 2013).
  4. Wenn sich die Therapie an diesem Behandlungsprogramm orientiert, dann kann es sehr hilfreich sein, wenn der Therapeut mit Ihnen gemeinsam einige Kapitel aus dem Elternleitfaden und aus den Anwendungsbeispielen durcharbeitet. In diesem Fall sollten Sie das Buch folgendermaßen nutzen:
    • Besprechen Sie zusammen mit dem Arzt oder dem Psychotherapeuten, wie Sie dieses Buch verwenden wollen.
    • Lesen Sie zunächst die Grundinformationen aus Teil I (Fragen und Antworten) und besprechen Sie dabei auftauchende Fragen mit dem Arzt/Psychotherapeuten.
    • Bearbeiten Sie dann in Absprache oder gemeinsam mit dem Arzt/Psychotherapeuten einzelne Schritte aus dem Elternleitfaden (Teil II) und aus den Anwendungsbeispielen (Teil III).

Wird mir das Buch wirklich helfen können?

Wir haben in den letzten Jahren in mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen überprüft, ob Wackelpeter & Trotzkopf Eltern von Kindern mit Verhaltensproblemen als angeleitete Selbsthilfe wirklich helfen kann. Bei der angeleiteten Selbsthilfe erhalten die Eltern Wackelpeter & Trotzkopf (oder davon abgeleitete Elternhefte) zum eigenständigen Durcharbeiten und zusätzlich erhalten sie in mehreren Telefonaten mit einem erfahrenen Therapeuten eine weitere Unterstützung. In diesen Studien konnten wir zeigen, dass eine solche angeleitete Selbsthilfe für Eltern von Kindern, die oppositionelles, hyperaktives, impulsives oder unaufmerksames Verhalten zeigen, hilfreich ist:

  • Bei Kindern, die für eine Behandlung in einer Klinik vorgestellt wurden, lassen sich deutliche Verminderungen der Verhaltensprobleme im Verlauf der Selbsthilfe beobachten (Kierfeld & Döpfner, 2006).
  • Bei Vorschulkindern mit leichteren Auffälligkeiten wurden eindeutige Effekte bei der Verminderung dieser Probleme im Vergleich zu Kindern belegt, die dieser Selbsthilfe nicht bekommen haben und diese Effekte blieben auch über ein Jahr hinweg stabil (Kierfeld et al., 2013; Ise et al., 2015).
  • In einer bundesweiten Studie konnte bei Kindern, die wegen einer hyperkinetischen Störung bei Kinderärzten in Behandlung waren, nach dem Urteil der Eltern im Verlauf der Selbsthilfe deutliche Verminderungen der Verhaltensprobleme gezeigt werden und die Eltern berichteten von einer großen Zufriedenheit mit dem Selbsthilfeprogramm (Mokros et al., 2015).
  • Bei Kindern mit einer hyperkinetischen Störung, die trotz einer medikamentösen Therapie noch Verhaltensauffälligkeiten zeigten, konnten diese Probleme durch die angeleitete Selbsthilfe weiter vermindert werden (Dose et al., 2016).

Wackelpeter & Trotzkopf ist das einzige Selbsthilfebuch in deutscher Sprache, dessen Wirksamkeit – in Verbindung mit telefonischer Unterstützung der Eltern – in mehreren Studien nachgewiesen werden konnte.

Gibt es noch weitere Hilfen bei der Anwendung von Wackelpeter & Trotzkopf?

Wir können Ihnen noch zwei weitere Hilfen anbieten, die Ihnen bei der Umsetzung der Empfehlungen in diesem Buch helfen können:

  • Basierend auf Wackelpeter & Trotzkopf haben wir die App ADHS-Kids: Eltern helfen ihren hyperaktiven und trotzigen Kindern entwickelt (für iOS und Android). Sie können sich diese App kostenlos bei iTunes und im Google Play Store herunterladen. Icon_App.gif Mit dieser App können Sie versuchen, problematische Situationen im Familienalltag in den Griff zu bekommen. Im Buch werden an den Stellen, die auch in der App dargestellt sind, Hinweise darauf gegeben.
  • Der ADHS-Elterntrainer ist ein kostenloses Online-Selbsthilfe-Programm, das auf den gleichen Prinzipien beruht wie Wackelpeter & Trotzkopf (www.adhs-elterntrainer.de).Icon_F.gif Sie haben dort die Möglichkeit, anhand von Filmbeispielen die typischen Problemsituationen und die Umsetzung der Empfehlungen von Wackelpeter & Trotzkopf anhand von kleinen Filmsequenzen zu betrachten. Sie können sich dort nochmals konkrete Lösungsmöglichkeiten für die alltäglichen Probleme anschauen.

Auf diese zusätzlichen Hilfen werden wir in diesem Buch an den entsprechenden Stellen hinweisen.

Professionelle HilfeProfessionelle Hilfe oder SelbsthilfeSelbsthilfe?

Häufig fällt es schwer zu entscheiden, ob man die professionelle Hilfe eines Arztes oder eines Psychotherapeuten in Anspruch nehmen soll oder ob man dieses Buch als ein Selbsthilfeprogramm nutzen kann. Wir können Ihnen hier nur einige allgemeine Hinweise geben, die Ihnen helfen können, diese Frage für sich zu entscheiden.

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Sie sollten sich um eine professionelle Hilfe kümmern,

  • wenn Sie das Selbsthilfeprogramm systematisch durchgeführt haben, ohne dass sich die Probleme deutlich verändert haben,
  • oder wenn einige der folgenden Punkte für Sie zutreffen:
    1. Die Verhaltensprobleme Ihres Kindes in der Familie sind sehr stark ausgeprägt und beeinträchtigen das Zusammenleben in der Familie erheblich.
    2. Die Verhaltensprobleme Ihres Kindes treten nicht nur in der Familie auf, sondern sind auch im Kindergarten bzw. in der Schule oder in anderen Situationen sehr stark ausgeprägt.
    3. Die Verhaltensprobleme Ihres Kindes bestehen schon sehr lange.
    4. In der Familie gibt es noch andere große Probleme, zum Beispiel starke Eheprobleme, psychische Probleme anderer Familienmitglieder (z. B. anderer Kinder oder des Vaters oder der Mutter).

Je mehr von diesen vier Punkten auf Ihr Kind und Ihre Familie zutreffen, umso eher sollten Sie sich um eine professionelle Hilfe kümmern. Falls Sie diese Fragen noch nicht beantworten können oder falls Sie sich jetzt noch nicht sicher sind, was Sie tun sollen, dann sollten Sie zunächst Teil I durchlesen. Sie erhalten darin Informationen, die Ihnen bei dieser Entscheidung helfen können. Außerdem werden wir Ihnen Informationen darüber geben, welche Art von Behandlung hilfreich sein kann und auf welche Weise Sie eine solche Behandlung für Ihr Kind in Anspruch nehmen können.

IFragen und Antworten

1Hyperkinetische Verhaltensauffälligkeiten
2Oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten
3Warum werden hyperkinetische und oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten in diesem Buch zusammengefasst?
4Was kann man tun?
5Wer kann helfen?
6Was ist meist weniger hilfreich und was ist zukünftig vielleicht erfolgversprechend?

In diesem ersten Teil möchten wir Ihnen die wichtigsten Informationen über Kinder mit hyperkinetischen und oppositionellen Verhaltensproblemen geben. Wir werden uns dabei auf wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse stützen sowie auf unsere langjährige klinische Erfahrung in der Arbeit mit Kindern, die hyperkinetische oder oppositionelle Verhaltensprobleme haben. Im Einzelnen werden wir folgende Fragen beantworten:

Übersicht
  • Was Sie über hyperkinetische Verhaltensauffälligkeiten wissen sollten (Kapitel 1).
  • Was Sie über oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten wissen sollten (Kapitel 2).
  • Warum hyperkinetische und oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten in diesem Buch zusammengefasst werden (Kapitel 3).
  • Was man als betroffene Familie tun kann (Kapitel 4).
  • Wer dabei helfen kann (Kapitel 5).
  • Was meist weniger hilfreich ist (Kapitel 6).

Weitere wichtige Informationen über Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit diesen Problemen erhalten Sie auf dem Informationsportal des zentralen adhs-netzes (http://www.adhs.info). Dort gibt es spezielle Informationen für Eltern von Kindern mit ADHS, für Lehrer und andere Pädagogen, die solche Kinder und Jugendliche betreuen, und es gibt spezielle Seiten für Kinder selbst und für Jugendliche, die an ADHS leiden. Auch für Erwachsene sind eigene Informationsseiten abrufbar.