Walter Simon
GABALs großer Methodenkoffer
Managementtechniken
Managementtechniken
Meinem Freund Alfred Dreckmann
zu seinem 70. Geburtstag als Dank für viele Anregungen
und als Würdigung seines Lebenswerkes
Walter Simon, Bad Nauheim, am 3. Juni 2005
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Informationen sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Lektorat, Satz: Rommert Medienbüro, Gummersbach. www.rommert.de
Umschlaggestaltung: +Malsy Kommunikation und Gestaltung, Bremen
Umschlagfoto: Photonica, Hamburg
Grafiken: Justus Kaiser/Rommert Medienbüro, Gummersbach
© 2005 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem Buch „GABALs großer Methodenkoffer
Managementtechniken“ von Walter Simon, ©2005 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
ISBN Buchausgabe: 978-3-89749-504-3
ISBN epub: 978-3-95623-297-8
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
www.gabal-verlag.de
Dies ist der dritte Band der auf fünf Bücher angelegten Reihe zum Thema Schlüsselqualifikationen. Er wendet sich vor allem an Studierende und Berufstätige mit Managementambitionen.
Schlüsselqualifikationen
Schlüsselqualifikationen sind fachübergreifende Grundqualifikationen. Während Ihr Fachwissen relativ schnell veraltet, womit sich zugleich auch Ihre berufliche Qualifikation entwertet, helfen Ihnen diese Schlüsselqualifikationen, neue Lern- und Arbeitsinhalte schnell und selbstständig zu erwerben. Der Wesenskern von Schlüsselqualifikationen verändert sich nicht, selbst wenn sich Technologien oder Berufsinhalte wandeln. Außerdem können sie für andere Bereiche oder Tätigkeiten verstärkend eingesetzt werden. Schlüsselqualifikationen sind somit ein wichtiger Teil der beruflichen Handlungskompetenz.
Handlungskompetenz
Unter Handlungskompetenz versteht man die Fähigkeit und Bereitschaft, Probleme der Berufs- und Lebenssituation zielorientiert auf der Basis methodisch bewährter Handlungsabläufe selbstständig zu lösen, die gefundenen Lösungen zu bewerten und das Repertoire der Handlungsfähigkeiten zu entwickeln. Es ist das Wissen, Wollen und Können von Menschen, Methoden-, Fach- und Sozialkompetenz sowie die damit verbundenen Fertigkeiten, Fähigkeiten, Erkenntnisse und Verhaltensweisen sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Bereich anzuwenden und umzusetzen. Erst wenn Sie das neu erlernte Wissen und Können auch umsetzen und die neuen Methoden im Alltag anwenden, zeigt sich Handlungskompetenz.
Ergänzende und vertiefende Informationen hierzu finden Sie in der Einleitung des ersten Bandes dieser Buchreihe „Methodenkoffer Grundlagen der Kommunikation“.
Die Buchreihe soll den Charakter eines Informationsbreviers haben. Daher wurde auf wertende Kommentierungen zu den einzelnen Methoden weitgehend verzichtet. Prinzipiell wurden auch nur jene Methoden in diese Buchreihe aufgenommen, die sich über einen längeren Zeitraum in der Praxis bewährt haben.
Band 1
Band 1 (Methodenkoffer Kommunikation) hat alle relevanten Kommunikationsthemen zum Inhalt. Der Themenbogen spannt sich von den umfassenden Kommunikationsmodellen (z. B. das Modell von Friedemann Schulz von Thun) über Teilaspekte der Kommunikation (z. B. Frage- und Zuhörtechniken) bis hin zu besonderen Kommunikationszwecken (z. B. Verhandlungstechniken).
Band 2
Im zweiten Band (Methodenkoffer Arbeitsorganisation) werden die wichtigsten Arbeitstechniken behandelt:
Persönliche Arbeitsmethodik
Lern- und Gedächtnistechniken
Denktechniken
Kreativitätstechniken
Stressbewältigungsmethoden
Band 3
Der hier vorliegende dritte Band dient als Arbeitshilfe im Tagesgeschäft am Chefschreibtisch. Die persönlichen Arbeitstechniken des zweiten Bandes werden hier um spezielle Managementtechniken ergänzt.
Dabei wäre es falsch, beim Begriff „Management“ nur an die Top-Entscheider der Großindustrie oder Hochfinanz zu denken. Der Anteil der managementnahen oder managementähnlichen Tätigkeiten in der „organisierten Gesellschaft“ des 21. Jahrhunderts nimmt bei vielen Berufen zu. Es handelt sich um die Tätigkeiten des Analysierens, Planens, Entscheidens, Organisierens und Kontrollierens. Heute gelten etwa fünf bis zehn Prozent der berufstätigen Bevölkerung als Führungskräfte – vom Meister aufwärts bis hin zum Vorstandsvorsitzenden.
Ergänzende und vertiefende Informationen hierzu finden Sie im Kapitel „Was ist Management?“ und im Teil D „Managementfunktion Realisation“ dieses Buches.
Band 4
Im Frühjahr 2006 wird mit dem Methodenkoffer Führung der vierte Band dieser Reihe erscheinen. Warum wird es ein Buch speziell zum Thema „Führung“ geben? Führen und Managen stehen zwar in einem Bezug und ergänzen sich, sind aber vom Wesen her verschieden und haben unterschiedliche Schwerpunkte im Rahmen der unternehmerischen Gesamtaufgabe.
Werkzeuge der Führung
„Führen“ wird als das zielorientierte Einwirken auf Menschen bzw. Gruppen definiert. Dazu bedient sich die Führungskraft unter anderem dieser Werkzeuge:
Ziele vereinbaren
Anerkennung und Kritik aussprechen
Informieren und kommunizieren
Kritisieren
Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung delegieren
Das gelingt umso besser, je mehr soziale Kompetenz der Manager aufweist, also die im ersten und vierten Band dieser Buchreihe beschriebenen Verhaltensweisen beherrscht.
Band 5
Im fünften Band dieses Kompendiums – dem Methodenkoffer Persönlichkeit – geht es um Wege und Möglichkeiten der Persönlichkeitsentwicklung. Erfolg im Studium, Beruf und Alltag hängt zu einem großen Teil von der Persönlichkeit des jeweiligen Menschen ab, von seinem Denken und Fühlen, seinen Werten und Normen, seinem Wollen und Tun. In diesem fünften Buchband werden darum Konzepte und Methoden vorgestellt, mit denen man störendes Verhalten erkennen und falsche Strategien korrigieren kann.
Aufeinander abgestimmt
Die fünf Bände der Buchreihe GABALs großer Methodenkoffer sind mehr als ein stichwortartiges Lexikon, aber weniger als ein dickleibiges Lehrbuch. „So viel wie nötig und so wenig wie möglich“ galt beim Schreiben als Faustregel. Alle Bände sind hinsichtlich Struktur und Inhalt aufeinander abgestimmt. Viele Kapitel nehmen Bezug auf ein anderes oder enthalten Querverweise. So wie Hammer, Nagel und Zange zusammengehören, so ist dies auch bei zahlreichen Kapiteln der fünf Bände der Fall.
Viel Nutzen, wenig Aufwand
Ziel der Konzeption war es, Inhalt, Themenmenge, Zeitbedarf und individuelle Lernkapazität in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Die Hauptpunkte eines Themas sind so sehr verdichtet, dass Sie als Leser auf der Basis des ökonomischen Prinzips mit wenig Aufwand den größtmöglichen Nutzen erzielen. Wenn Sie mehr wissen wollen, orientieren Sie sich bitte an der sorgfältig zusammengestellten Literaturliste.
Sinnvolle Ergänzung
Sollten Sie vertiefende Informationen zu Managementstrategien und -konzepten wünschen, so verweise ich auf mein Buch „Managementkonzepte von A bis Z“, das ebenfalls im GABALVerlag erschienen ist. Es ist eine sinnvolle Ergänzung zum vorliegenden Band.
Acht Hauptabschnitte
Dieser Band der fünfteiligen Buchreihe ist in folgende Hauptabschnitte gegliedert:
A. Zielorientierende Managementtechniken
B. Planungsunterstützende Managementtechniken
C. Entscheidungsunterstützende Managementtechniken
D. Realisationsunterstützende Managementtechniken
E. Kontrollunterstützende Managementtechniken
F. Funktionsintegrierende Managementtechniken
G. Qualitätsoptimierende Managementtechniken H. Strategische Managementthemen
Elementare Funktionen
Die ersten fünf Abschnitte (A bis E) orientieren sich an den elementaren Managementfunktionen:
Ziele setzen
Planen
Entscheiden
Realisieren
Kontrollieren
Diesen Elementarfunktionen werden spezielle Managementtechniken oder -methoden zugeordnet, so beispielsweise zur Zielsetzung die Szenariotechnik, die Trendanalyse und das Simultaneous Engineering. Diese Zuordnung ist nicht immer unproblematisch, da diese Unterthemen auch in andere Funktionen – zum Beispiel die Planung – hineinreichen. Ausschlaggebend war der stärkere Anteil zur jeweiligen Managementfunktion.
Funktionsübergreifende Konzepte
Im Teil F werden jene Managementkonzepte behandelt, die funktionsübergreifenden Charakter haben, also die Funktionen Ziele setzen, planen, entscheiden, realisieren und kontrollieren integrieren. Das gilt beispielsweise für das Projektmanagement, die Kepner-Tregoe-Technik und die Six-Sigma-Methode.
Qualitätsoptimierende Techniken
Ein weiterer Abschnitt (G) behandelt qualitätsoptimierende Managementtechniken. Die Qualitätsdiskussion der Achtzigerund Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts hat den Korb der Managementtechniken angereichert.
Strategiemodelle
Im letzten Abschnitt (H) werden wichtige managementtheoretische Modelle vorgestellt. Es handelt sich hierbei überwiegend um übergeordnete Strategiemodelle, die dem Unternehmen eine grundsätzliche Richtung geben.
Funktionale und institutionale Definition
Man kann den Begriff Management (ital. maneggiare „handhaben, bewerkstelligen“; lat. manus „Hand“, agere „tätig sein“) funktional und institutional definieren:
Im institutionalen Sinne steht „Management“ für jene Personengruppe, die eine Organisation führt. Das sind die Unternehmer, Vorstände, Geschäftsführer und sonstige leitende Angestellte. Es sind die Menschen, die über dispositive Entscheidungs- und Anordnungskompetenz gegenüber jenen Menschen verfügen, die mit ausführenden (operativen) Aufgaben betraut sind.
Im funktionalen Sinne wird Management als eine Abfolge von Funktionen definiert.
Dies soll im folgenden Abschnitt etwas genauer erläutert werden.
Systematik nach Fayol
Der funktionale Managementbegriff basiert auf einer Reihe von linear aufeinander folgenden Funktionen, die erstmals von Henri Fayol (1841–1925) benannt bzw. begründet wurden:
1. Planen
2. Organisieren
3. Anweisen
4. Koordinieren
5. Kontrollieren
Diese Systematik wurde bis heute im Großen und Ganzen beibehalten und nur geringfügig modifiziert:
1. Ziele setzen (Wo stehen wir? Wo wollen wir hin?)
2. Planen (Welchen Weg nehmen wir? Welche Ressourcen haben wir? Wie viel Zeit haben wir?)
3. Entscheiden (Alternative A, B oder C?)
4. Realisieren (Organisieren, Koordinieren, Delegieren)
5. Kontrollieren (sachlich, personell, zeitlich, Controlling)
In anderen Systematiken findet sich noch Personaleinsatz (staffing) und Führung (directing).
Wiederkehrende Aufgaben
Die genannten fünf Funktionen stellen sich als immer wiederkehrende Aufgaben dar, die prinzipiell in jeder Leitungsposition zu erfüllen sind, und zwar unabhängig davon, auf welcher Hierarchieebene und in welchem Unternehmensbereich sie anfallen.
Management als Querschnittsfunktion
Aus Perspektive des funktionalen Managementkonzepts wird das Management als eine Art Querschnittsfunktion betrachtet. Mit den genannten Grundfunktionen werden der Einsatz der Ressourcen und die Koordination der Sachfunktionen (zum Beispiel Einkauf, Produktion, Verkauf) gesteuert. Management bedeutet demnach das Treffen und Durchsetzen von Entscheidungen, mit denen die im Unternehmen befindlichen finanziellen, sachlichen und personellen Ressourcen verknüpft werden.
Funktionales Management
Entscheidend: Information und Kommunikation
Steuerung setzt Information und Kommunikation voraus. Diese Aufgaben stehen im Mittelpunkt der Funktionen. Ohne Information und Kommunikation ist es nicht möglich, Ziele zu setzen, diese zu planen, dazu Entscheidungen zu treffen, Maßnahmen durchzuführen und zu kontrollieren. Da die Kommunikation eine so entscheidende Rolle einnimmt, ist ihr mit Band 2 dieser Reihe ein eigenes Buch gewidmet.
Da Managementfunktionen in jedem Unternehmensbereich anfallen – egal, ob es sich um den Einkaufs-, Fertigungs-,Vertriebsoder einen sonstigen betrieblichen Bereich handelt –, spricht man auch vom Einkaufs-, Fertigungs- oder Vertriebsmanagement. Die Managementfunktionen sind auf jeder Hierarchiestufe zu erfüllen, wenn auch unterschiedlich nach Art und Umfang.
Institutionelle Sicht
Mit den Managementfunktionen sind Personen unterschiedlicher Qualifikation betraut (institutionale Betrachtung). Hier unterscheidet man in
Topmanagement: 1. und 2. Führungsebene, zum Beispiel Vorstand, Geschäftsleitung
mittleres Management: 3. und 4. Führungsebene, zum Beispiel Direktoren und Abteilungsdirektoren
unteres Management: untere Führungsebene, zum Beispiel Abteilungs- oder Gruppenleiter
Die Ausführung von Managementaufgaben gelingt umso besser, je mehr der Manager über methodische Kompetenz verfügt, also die Techniken beherrscht, die im zweiten und in diesem Band der Buchreihe beschrieben werden.
Darstellung im Kreismodell
Die Grundfunktionen des Managements können in einem Kreismodell dargestellt werden. Es handelt sich bei diesem Modell um den so genannten Management-Regelkreis, den man sich wie ein Steuerrad vorstellen kann. Er wird, nachdem das Ziel erreicht wurde, geschlossen oder mit neuen bzw. höheren Zielen wieder eröffnet.
Der Management-Regelkreis
Denkbar ist aber auch, dass der Regelkreis wieder geöffnet wird, weil ein Ziel nicht erreicht wurde. Die Abweichungsanalyse wird dann zur Grundlage der neuen Ausgangs- bzw. Situationsanalyse.
Dreidimensionale Variante
Das Bild vom Management-Regelkreis wird präziser, wenn man es sich dreidimensional vorstellt – so ähnlich wie eine Wendeltreppe, bei der man mit jeder Umkreisung eine Ebene höher kommt (siehe Abbildung auf der nächsten Seite). Während das Denken und Informieren die anderen Funktionen zunächst horizontal verknüpfen, bilden sie jetzt außerdem das Verbindungsglied zwischen zwei Ebenen.
Ursprung in der Kybernetik
Die Idee der Kreisförmigkeit hat ihren Ursprung in der Kybernetik. Der Mathematiker und „Vater“ der Kybernetik, Norbert Wiener, hat Mitte des 20. Jahrhunderts erkannt, dass es in allen lebenden, mechanischen und sozialen Systemen Wirkweisen gibt, die identische Muster aufweisen. Die bedeutendste Erscheinung ist dabei die Kreisförmigkeit der Abläufe.
Man kann einwenden, dass Management vielschichtiger und komplexer ist, als im Regelkreis dargestellt. Das stimmt, denn das Umfeld ist voll von solchen Regelkreisen, und ihre klaren Bestimmungen und Zuordnungen sind schwierig. Je mehr man versucht, in diesen Wald von Regelkreisen einzudringen, umso größer ist die Gefahr, dass man vor lauter Regelkreisen keine Ziele mehr sieht. Das Kreismodell ist eine pädagogisch notwendige Vereinfachung, um einen Sachverhalt überhaupt modellhaft abbilden zu können.
Dreidimensionaler Regelkreis
Vielfältig verwoben
Die Funktionen spielen sich nicht einfach in dieser Reihenfolge eine nach der anderen ab, sondern sind vielfältig miteinander verwoben. In jeder Funktion steckt wiederum ein eigener Regelkreis, denn die Wahl für ein Ziel setzt Planung, Entscheidung und Kontrolle voraus. Ein Plan ist ein System von Festlegungen, die auf Entscheidungen beruhen. Für den Anfang genügt es, sich das Grundmodell als Steuerrad vorzustellen und es im Moment jeder wichtigen Handlung gedanklich zu aktivieren.
Kritik
Der funktionale Managementansatz wurde häufig kritisiert. Das betrifft einerseits den analytisch-präskriptiven Charakter der Funktionen und andererseits die mangelnde Realitätsnähe bzw. fehlende empirische Fundierung.
Das rasche situationsgerechte Handeln tritt allzu oft an die Stelle des systematisch vorbereiteten Entscheidens. Vielen Managern fehlt jenes Wissen und die Systematik, die Gegenstand dieser Buchreihe ist.
Manche Theoretiker machen darum darauf aufmerksam, dass der Begriff „Management“ eine Rationalität suggeriert, die real nicht existiert. Sie propagieren einen handlungsorientierten Ansatz, der von der Frage ausgeht: Was tun Manager tatsächlich?
Abschied von Mythen
Hier ist der kanadische Managementforscher Prof. Henry Mintzberg besonders zu erwähnen. Er hat schon in den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts mit dem Mythos aufgeräumt, nach dem der Manager als allwissender Planer und Lenker gesehen wird.
Nach Mintzberg gehört der Manager als systematischer Planer in das Reich der Dichtung. Viele Manager sind im hohen Maße aktionsorientiert und haben eine Abneigung gegen reflektierende Tätigkeiten. Sie springen von einer Sachfrage zu anderen, ständig bereit, auf die Erfordernisse des Marktes zu reagieren.
Kein delegierender Dirigent
In das Reich der Dichtung gehört auch das Bild vom Manager als delegierender Dirigent, der die Abläufe so gut organisiert, dass alles reibungslos läuft und er nur in Ausnahmefällen eingreifen muss.
In Wahrheit ist die Personaldecke in vielen Unternehmen so dünn, dass der Chef einspringen muss, wenn ein Mitarbeiter ausfällt. Da Stabsstellen fehlen, müssen sich Führungskräfte ständig mit Routineaufgaben beschäftigen.
Oft schlecht informiert
Auch der Mythos vom Manager als bestinformierter Mitarbeiter ist nicht länger haltbar. Im Gegenteil, viele Führungskräfte haben eine Abneigung gegen die abstrakten Informationen eines Management-Informationssystems und klammern sich eher an weiche Daten, an Gerüchte, Klatsch und Spekulationen. Sie holen sich ihre Informationen überwiegend aus Gesprächen, und Zeitungen sowie Zeitschriften werden in Sekundenschnelle überflogen.
Was die Effizienz beeinflusst
Mintzberg betont, dass die Managementleistung ganz entscheidend vom Verständnis der eigenen Arbeit beeinflusst wird. Sie hängt davon ab, wie gut ein Manager die Situation, die Probleme und Sachzwänge seiner Arbeit kennt und entsprechend zu reagieren weiß. Wer also seine Arbeit richtig definiert und gezielt agiert, wird wahrscheinlich ein effektiver Manager sein.
Fragenkatalog
Für Manager, die ihre Effizienz verbessern möchten, hat Mintzberg einen aus 14 Teilthemen bestehenden Fragenkatalog ausgearbeitet. Die Fragen sollen Managern eine Analyse ihrer Tätigkeit erleichtern. Bevor Sie in die einzelnen Kapitel dieses Buches einsteigen, empfehle ich Ihnen, diese Fragen für sich zu beantworten.
Informationsbeschaffung
1. Beschaffen von Informationen
– Wo beschaffe ich mir meine Informationen?
–Wie beschaffe ich sie?
– Kann ich meine Kontakte besser ausnutzen, um noch mehr Informationen zu erhalten?
– Können andere mir einen Teil meiner Informationssuche abnehmen?
– In welchen Bereichen sind meine Kenntnisse am schwächsten?
– Wie kann ich andere dazu bringen, mich mit den benötigten Informationen zu versorgen?
– Sind meine geistigen Modelle von den Dingen, die ich innerhalb und außerhalb meiner Organisation verstehen muss, der Wirklichkeit adäquat?
Informationsweitergabe
2. Weitergabe von Informationen
– Welche Informationen verbreite ich innerhalb meiner Organisation?
– Wie wichtig ist es, dass meine Mitarbeiter von mir informiert werden?
– Behalte ich zu viele Informationen für mich, weil ihre Weitergabe beschwerlich oder zeitraubend ist?
– Wie kann ich andere mit mehr Informationen versorgen, damit sie bessere Entscheidungen fällen können?
Information und Handlung
3. Verhältnis von Handeln und Informationsbeschaffung
– Stehen Sammeln von Informationen und Handeln bei mir in einem ausgewogenen Verhältnis?
– Neige ich dazu, zu handeln, bevor Informationen vorliegen?
– Oder warte ich erst alle Informationen ab, sodass Chancen verpasst werden und ich dadurch zu einem Engpass meiner eigenen Organisation werde?
Veränderungstempo
4. Tempo von Veränderungen
– Welches Tempo der Veränderung kann ich meiner Organisation abverlangen?
– Ist dieses Tempo so ausbalanciert, dass unser Betrieb weder zu statisch noch übermäßig auseinander gerissen ist?
– Haben wir die Auswirkungen einer Veränderung auf die Zukunft unserer Organisation ausreichend analysiert?
Mitarbeiter
5. Entscheidung durch Mitarbeiter
– Bin ich ausreichend informiert, um Vorschläge, die mir von meinen Mitarbeitern vorgelegt werden, beurteilen zu können?
– Ist es möglich, die endgültige Bewilligung eines größeren Teils dieser Vorschläge anderen Mitarbeitern zu überlassen?
– Gibt es Koordinationsprobleme, weil Mitarbeiter zu viele Entscheidungen selbstständig treffen?
Zukunft
6. Zukunft der Organisation
– Wie sehe ich die zukünftige Richtung der Organisation?
– Handelt es sich bei meinen Vorstellungen primär um vage Pläne, die nur in meinem Gehirn existieren?
– Sollte ich diese Pläne explizit formulieren, damit sich andere in meiner Organisation bei ihren Entscheidungen daran orientieren können?
– Oder brauche ich Flexibilität, um sie nach meinem Gutdünken ändern zu können?
Mein Führungsstil
7. Wirkung meines Führungsstils
– Wie reagieren Mitarbeiter auf meinen Führungsstil?
– Ist mir in ausreichendem Maße bewusst, wie stark ich andere durch meine Aktionen beeinflusse?
– Verstehe ich deren Reaktionen auf meine Aktionen?
– Gelingt es mir, zwischen Ermutigung und Druck ein angemessenes Gleichgewicht herzustellen?
– Ersticke ich die Initiativen anderer?
Externe Beziehungen
8. Externe Beziehungen
– Welche externen Beziehungen unterhalte ich?
– Wie unterhalte ich sie?
– Verwende ich einen Großteil meiner Zeit darauf, sie zu unterhalten?
– Gibt es eine bestimmte Art von Menschen, die ich besser kennen lernen sollte?
Zeitplanung
9. Zeitplanung
– Erfolgt meine Zeiteinteilung systematisch, oder reagiere ich immer nur auf die Erfordernisse und Zwänge des Augenblicks?
– Gelingt mir eine akzeptable Mischung meiner Aktivitäten?
– Konzentriere ich mich immer nur auf bestimmte Aufgaben, weil dort meine Interessen liegen?
– Schwankt meine Leistung abhängig von der Aufgabe, der Tageszeit oder dem Wochentag?
– Spiegeln sich diese Schwankungen in meiner Planung wider?
– Gibt es (abgesehen von meiner Sekretärin) jemanden, der einen großen Teil meiner Zeitplanung verantwortlich übernehmen und eventuell systematischer erledigen kann?
Arbeitsbelastung
10. Arbeitsbelastung
– Bürde ich mir zu viel Arbeit auf?
– Wie wirkt sich meine Arbeitsbelastung auf meine Effizienz aus?
– Sollte ich mich zu Pausen zwingen oder zu einer Tempominderung?
Unterbrechungen
11. Unterbrechungen
– Handle ich zu oberflächlich?
– Kann ich meine Stimmungen so schnell und so oft wechseln, wie es meine Arbeit verlangt?
– Sollte ich die Fragmentierung und Unterbrechungen meiner Arbeit reduzieren?
Handlungsschwerpunkt
12. Handlungsschwerpunkt
– Orientiere ich mich zu sehr an gegenwärtigen, greifbaren Aktivitäten?
– Bin ich ein Sklave des Aktionismus meiner Arbeit?
– Kann ich mich auf wichtige Fragen nicht mehr konzentrieren?
– Widme ich Schlüsselproblemen die Aufmerksamkeit, die ihnen gebührt?
– Sollte ich mehr Zeit mit Lesen verbringen und tiefer in bestimmte Probleme eindringen?
– Könnte und sollte ich reflexiver sein?
Information und Kommunikation
13. Information und Kommunikation
– Setze ich die unterschiedlichen Medien richtig ein?
– Weiß ich die schriftliche Kommunikation optimal zu nutzen?
– Verlasse ich mich zu sehr auf die Kommunikation unter vier Augen?
– Sind meine Mitarbeiter, von einigen wenigen abgesehen, dadurch informativ benachteiligt?
– Plane ich regelmäßig und in ausreichender Zahl Besprechungen ein?
– Verbringe ich genügend Zeit mit Rundgängen durch meine Firma, mich aus erster Hand zu informieren?
– Habe ich mich vom Herz der Aktivitäten zu sehr entfernt, sodass ich die Dinge nur noch in abstrakter Form sehe?
Rechte und Pflichten
14. Rechte und Pflichten
– Wie mische ich meine persönlichen Rechte und Pflichten?
– Nehmen die Pflichten meine ganze Zeit in Anspruch?
– Wie kann ich mich von einigen befreien?
– Wie stelle ich sicher, dass ich meine Firma den von mir gesetzten Zielen näher bringe?
– Wie münze ich meine Verpflichtungen in spürbare Vorteile für mich um?
Michael Hofmann (Hg.): Funktionale Managementlehre. Berlin: Springer 1988.
Henry Mintzberg u. a.: Strategy Safari. Eine Reise durch die Wildnis des strategischen Managements. Frankfurt/M.: Ueberreuter 2002.
Henry Mintzberg: Die Strategische Planung. Aufstieg, Niedergang und Neubestimmung. München: Hanser 1995.
Peter Schimitzek: Das effektive Unternehmen. Wirtschaften im integrierten Regelkreis. Neuwied: Luchterhand 1996.
Auf eine Beschreibung der Managementfunktion „Ziele setzen“ bzw. Zielmanagement wird hier verzichtet. Ein solches Kapitel wäre redundant, da das Thema „Ziele managen“ bereits im zweiten Band dieser Buchreihe behandelt wurde. Die dort dargelegten Regeln der Zielformulierung im Kontext persönlicher Arbeitstechniken gelten grundsätzlich auch für die Zielfindung bzw. -formulierung im Managementprozess.
Ergänzende und vertiefende Informationen hierzu finden Sie im Kapitel A 6 „Zielmanagement“ des zweiten Bandes dieser Buchreihe (Methodenkoffer Arbeitsorganisation).
Merkmale von Zielen
Unabhängig davon, ob es sich um unternehmerische oder persönliche Ziele handelt, müssen Ziele realistisch und hinsichtlich ihrer Erfüllung beurteilbar sein. Sie sind zu qualifizieren, zu quantifizieren und zu präzisieren. Außerdem müssen Ziele erreichbar und von allen Beteiligten gewollt sein.
Die entscheidenden Impulse für das persönliche Zielmanagement im Rahmen von Persönlichkeitsentwicklungs- oder Karrierestrategien kamen aus der Managementtheorie. Hier war es vor allem Peter F. Drucker, der mit seinem „Management by Objectives“ dem Gedanken der Zielorientierung entscheidende Impulse gab.
Vor den Zielen kommt die Analyse
Aber auch Igor Ansoff – der „Vater“ des strategischen Managements – betonte die Rolle von Zielen für die Umsetzung von Strategien. Von ihm stammt auch der Hinweis, dass der Zielformulierung eine Prüfung der Stärken und Schwächen vorausgehen muss. Aus der damit verbundenen Fragestellung entstand ein Managementtool, die so genannte SWOT-Analyse.
SWOT
Die Buchstaben SWOT stehen für
Strenghts (Stärken),
Weaknesses (Schwächen),
Opportunities (Chancen) und
Threats (Gefahren).
Stärken und Schwächen
Sinn der Stärken-und-Schwächen-Analyse ist es, jene Leistungselemente zu identifizieren, die ein Unternehmen im Wettbewerb gezielt zu seinem Vorteil einsetzen kann.
Chancen und Risiken
Oft wird die Stärken-und-Schwächen-Analyse in Kombination mit einer Analyse der Chancen und Risiken im Markt eingesetzt. Die Chancen und Risiken beziehen sich auf das Umfeld der Branche, den Markt etc. Es kommt darauf an, dass ein Unternehmen seine Stärken nutzt, um Chancen wahrzunehmen oder Risiken einzudämmen.
SWOT-Analyse
Führen mit Zielen
Da Managementziele erst durch das Mitwirken von Mitarbeitern realisierbar sind, wird im vierten Band dieser Buchreihe (Methodenkoffer Führung) das Thema „Führen mit Zielen“ ausführlich dargestellt. Hier können Sie erfahren, wie aus übergeordneten Managementzielen nachgeordnete Abteilungs- bzw. Mitarbeiterziele abgeleitet werden.
Klaus Lurse und Anton Stockhausen: Manager und Mitarbeiter brauchen Ziele – Führen mit Zielvereinbarungen und variable Vergütung. 2. Aufl. Neuwied: Luchterhand 2002.
Walter Simon: Ziele managen. Ziele planen und formulieren – zielgerichtet denken und handeln. Offenbach: GABAL Verlag 2000.
Walter Simon: 30 Minuten für das Realisieren Ihrer Ziele. Offenbach: GABAL Verlag 2003.
Brian Tracy: Ziele. Frankfurt/M.: Campus 2004.
Wer Ziele sinnvoll formulieren will, muss zukünftige Entwicklungen berücksichtigen. Dazu muss man diese Entwicklungen aber zunächst einmal erkennen. Die Szenariotechnik und die weiter hinten beschriebene Trendanalyse sind Methoden, die dies leisten sollten.
Definition
Unter einem Szenario versteht man die Beschreibung einer zukünftigen Situation und gegebenenfalls die Darstellung des Weges, der zu dieser Situation führt. Die Szenariomethode ist eine Planungstechnik, die normalerweise mindestens zwei Szenarien (Zukunftsbilder) entwickelt, die sich voneinander unterscheiden, aber in sich konsistent sind. Aus den Szenarien werden anschließend Maßnahmen für das ganze Unternehmen, einen Unternehmensbereich oder einzelne Mitarbeiter abgeleitet.
Gegenwart und Zukunft
Populär seit den 1950er-Jahren
Das Wort „Szenario“ gewann Popularität, als der amerikanische Kybernetiker, Futurologe und Militärwissenschaftler Herman Kahn (1922–1983) Anfang der 1950er-Jahre militärstrategische Planspiele entwickelte, die er „Szenarien“ nannte. Anfang der 1970er-Jahre wurden solche Planspiele erstmals auch von der Wirtschaft genutzt. Unter dem Einfluss der Ölkrise gewann die Szenariotechnik weiter an Bedeutung und wurde auf die spezifischen Belange der Unternehmen – insbesondere der Mineralölunternehmen – ausgerichtet.
Methode und Technik
Die Wörter „Szenariomethode“ und „Szenariotechnik“ werden in diesem Kapitel synonym verstanden. „Methode“ ist der umfassende Begriff, „Technik“ betont eher den instrumentellen Charakter.
Die Szenariomethode kann man sich mithilfe des so genannten Szenariotrichters verdeutlichen:
Der Szenariotrichter
Zunehmende Unsicherheit
Der Trichter symbolisiert die auf die Zukunft bezogene Unsicherheit. Am engsten Punkt des Trichters beginnt die Gegenwart, und je weiter man sich von der heutigen Situation in die Zukunft bewegt, desto unsicherer und komplexer wird sie. Sämtliche Faktoren – wie die wirtschaftliche Situation, Märkte, Wettbewerb, Verträge, Gesetze und Normen – haben Einfluss auf die Zukunft.
Faktoren, die sich nicht verändern bzw. deren Entwicklung überschaubar ist, können entsprechend auf die nähere Zukunft projiziert werden.
Bei der strategischen Planung versucht man, diese Umfeldsituation in die fernere Zukunft zu projizieren. Dann stellt man ab einem bestimmten Punkt fest, dass man nicht mehr weiß, wie sich die Situation verändern wird.
Viele Szenarien sind möglich
Jede beliebige Gerade, die durch den Trichter durchgezogen wird, ist eine denkbare, theoretisch mögliche Zukunftssituation. Dabei kommt man auf hundert oder tausend verschiedene Szenarien. Soll man sie alle berücksichtigen?
Kriterien für Szenarien
Normalerweise reicht der Entwurf von zwei Szenarien für die Unternehmensplanung völlig aus. Diese Szenarien müssen dabei folgende Kriterien erfüllen:
Die einzelnen Entwicklungen dürfen sich innerhalb eines Szenarios nicht aufheben.
Jedes Szenario sollte möglichst stabil sein, also nicht bei kleineren Veränderungen zusammenbrechen.
Zwischen den beiden letztlich ausgewählten Szenarien sollte ein möglichst großer Unterschied sein. Sie sollten sich entlang der Ränder des Trichters entwickeln.
Drei Typen von Szenarien
Einige Experten entwickeln dagegen drei Typen von Szenarien:
1. ein positives Extremszenario: Es bezeichnet die günstigstmögliche Zukunftsentwicklung (Best Case).
2. ein negatives Extremszenario: Es bezeichnet den schlechtestmöglichen Entwicklungsverlauf (Worst Case).
3. ein Trend-Szenario: Es beinhaltet die Fortschreibung der heutigen Situation in die Zukunft.
Trend-Szenario
Unter Fachleuten ist es umstritten, ob das letztgenannte TrendSzenario tatsächlich erstellt werden soll. Einige Szenariotechniker empfehlen, dies zu unterlassen. Sie meinen, dass die reale Entwicklung nicht zwangsläufig in Richtung des Trend-Szenarios verläuft. Zwar wird bei Abweichungen meist schnell ein Sündenbock gefunden, zum Beispiel die Politik, der Wettbewerb oder die letzte interne Umorganisation, aber das eigentliche Problem wird nicht gelöst. Darum sollte man sich auf zwei Szenarien konzentrieren, die stabil sind und sich voneinander deutlich unterscheiden.
Störereignisse einbeziehen
Die Szenariotechnik versucht, plötzlich auftretende Ereignisse, auch Störereignisse genannt, in die Entwicklung einzubeziehen. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Präventivmaßnahmen. Mit diesen Maßnahmen kann man einerseits versuchen, das Störereignis zu verhindern. Ist dies nicht möglich oder sinnvoll, kann sich das Unternehmen andererseits auch mittels entsprechender Vorkehrungen auf das Eintreten des Störereignisses vorbereiten.
Strukturiertes Vorgehen
Die Szenariotechnik erfordert ein strukturiertes Vorgehen. Planung und Durchführung erfolgen im Team. Der Prozess besteht aus mehreren Schritten. Im nachfolgenden Modell sind es acht. Es gibt zwar begriffliche Unterschiede von Autor zu Autor hinsichtlich der Benennung der Szenariophasen, aber inhaltlich sind sie zum größten Teil identisch. Die Darstellung orientiert sich hier an der Publikation von Ute von Reibnitz.
Die acht Schritte der Szenario-Technik
Phase 1: Aufgaben- und Problemanalyse
Probleme bestimmen