cover

Katia Trost | Anika von Keiser

WEGE AUS DER HORMONFALLE

Hormonelle Balance statt Hormontherapie

KATIA TROST

Anika von Keiser

images

WEGE AUS DER HORMONFALLE

Hormonelle Balance statt Hormontherapie

images

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

info@mvg-verlag.de

Wichtiger Hinweis

Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

Originalausgabe

1. Auflage 2019

© 2019 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Dr. Manuela Kahle

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer

Umschlagabbildung: shutterstock.com/Valenty

Layout: Satzwerk Huber, Germering, Melanie Kitt

Satz: Satzwerk Huber, Germering, Melanie Kitt

Druck: Firmengruppe APPL, aprinta Druck, Wemding

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-86882-989-1

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-298-9

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-299-6

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

Vorwort

Das Wichtigste auf den Punkt gebracht

Einführung

Altes Wissen neu entdeckt

Die schulmedizinische Behandlung hormoneller Störungen vor 100 Jahren

Hormonelle Störungen – eine moderne Plage

Hormonstörungen – schafft der Mensch sich selbst ab?

Hormonelle Störungen fallen meist aus dem geltenden Gesundheitsbegriff

Trennung von körperlicher und geistiger Gesundheit

Wann liegt aus medizinischer Sicht eine hormonelle Störung vor?

Eine neue Definition von Gesundheit

Das Ideal der menschlichen Blaupause

Die Hormonblaupause

Wie passen Naturheilkunde und die Therapie des Hormonsystems zusammen?

Hauptteil

Was sind Hormone?

Hormonstruktur

Hormonabbau

Hormonelle Ebenen

Synthesewege der Steroidhormone

Feedback Mechanismen

Die physiologischen Aufgaben der einzelnen Hormone

Schilddrüsenhormone: Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3)

Nebennierenhormone

Geschlechtshormone

Hormone des Gehirns

Psyche und Hormone

Zusammenhänge im Hormonsystem

Stress ist Auslöser hormoneller Dysbalancen

Leben und Überleben

Stress und seine Konsequenzen für das Hormonsystem

Typische Zeichen und Symptome einer GESTÖRTEN hormonellen Balance

Auswirkungen von Stress auf den gesamten Körper

Stoffwechsel

Energieproduktion: schneller oder langsamer Stoffwechsel?

Mitochondriopathien

Zellresistenzen

Blutzucker und Unterzuckerung

Verkalkung/Entkalkung

Schwellungen

Immunsystem

Entzündungen

Krebs

Das Nervensystem

Psychologie und Neurologie

Hormonelle Störungen

Von der Über- zur Unterreaktion

Kompensierung und Dekompensierung

Über- und Unterfunktion der einzelnen Drüsensysteme

Der Einsatz von Hormonen in der Schulmedizin

Symptome hormoneller Störungen und sinnvolle Behandlungsansätze

Faktoren für die Entstehung einer hormonellen Dysbalance

Die Behandlung von Stoffwechsel und Hormonen: Ausgangssituation

Typischer Verlauf hormoneller Störungen

Angeborene Faktoren: die ursprüngliche Konstitution

Erworbene Faktoren

Umweltbelastungen

Zurück zur hormonellen Balance: Therapiegrundsätze

Regulation statt Substitution

Entlastungsmaßnahmen

Wiederherstellung der Energie auf der Zellebene

Mobilisierung von Energieblockaden

Wichtige Aspekte der Regulativen Therapie

Testung

Die einzelnen Behandlungskomponenten und Tipps, mit denen Sie selbst allmählich in die hormonelle Balance kommen

Körperliche Ebene

Geistig-emotionale Ebene

Worauf Sie sich einstellen sollten

Die Rolle des Therapeuten im Genesungsprozess des Patienten

Hilfe bei der Therapeutenwahl

Gründe für das Scheitern der Therapien

Tipps für die Therapie

Sind Sie bereit für die hormonelle Balance?

Nachwort

Danksagung

Anhang

Meine Praxis für hormonelle Balance

Zusammenarbeit mit Verisana/Interessenkonflikte

Empfohlene Literatur

Literaturverzeichnis

Anmerkungen

VORWORT

Meine Geschichte

Die Entstehung dieses Buches ist eng mit meiner Gesundheitsgeschichte verknüpft. Und sie ist das Ergebnis der Suche nach hormoneller Gesundheit, nachdem ich 2005, im Alter von 25 Jahren, nach der Anwendung einer als besonders »verträglich« geltenden, neuen hormonellen Verhütungsmethode innerhalb weniger Wochen erleben musste, wie mir meine Gesundheit und mein Leben aus den Händen glitten. Kurz gesagt, ich erkannte mich einfach selbst nicht wieder. In sehr kurzer Zeit hatte sich mein Körper negativ verändert. Ich war unglaublich erschöpft, psychisch labil und interessenlos. Körperlich nahm ich sehr schnell einige Kilogramm zu, bekam Dehnungsstreifen, die Haare fielen aus. Nachts schoss mir der Schweiß sichtbar aus den Poren. Ich war total aufgequollen. Die Haut wirkte fahl, Lymphödeme und Cellulite wurden sichtbar. Ich wurde sehr empfindlich auf Alkohol, Umweltgifte und Umweltreize, inklusive Elektrosmog. Nachdem die Faktoren »neuer Freund« und »Juraexamen« als mögliche Ursachen meines Befindens ausgeschlossen worden waren, fand ich fast die gesamte Symptomliste meiner Beschwerden in der Packungsbeilage des damals von mir verwendeten Nuvarings (eine hormonelle Verhütungsmethode, die ähnlich wie die Pille wirkt). Ich beschloss – nach nicht einmal drei Monaten Anwendung –, den Ring nicht mehr zu benutzen. Leider besserten sich die Symptome aber nach der Entfernung des Ringes kaum.

Also konsultierte ich meine damalige Frauenärztin, deren Erklärung für meine Probleme mich jedoch – gelinde ausgedrückt – ziemlich erstaunte: »Frau Trost, in den 1960er-Jahren hätten solche Beschwerden von einer hormonellen Verhütung herrühren können. Heute aber sind die hormonell wirksamen Präparate dermaßen verträglich, dass Ihre Symptome nicht durch den Nuvaring ausgelöst worden sein können.« Auf die in der Packungsbeilage aufgeführten Nebenwirkungen ging sie nicht ein. Ihr einziger Rat bestand darin, dass ich die Verhütung mittels Nuvaring wohl lieber beenden solle – was ich zu diesem Zeitpunkt schon längst getan hatte. So begann meine Suche nach Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten hormoneller Störungen. Im Laufe meiner Recherchen wurde mir bewusst, dass ich kein Einzelfall war – weder was meine hormonellen Probleme anging noch was meine Suche nach deren Lösung betraf. Auch für viele andere Patientinnen fielen die allgemeinen Antworten auf das Warum meist unbefriedigend aus.

Hormonelle Störungen wurden 2005 im medizinischen Alltag Deutschlands noch begrenzter wahrgenommen als heute. Selbst Endokrinologen und Gynäkologen1 wussten zu diesem Zeitpunkt mit Themen wie Progesteronmangel, Hashimoto -Thyreoiditis oder Nebennierenfunktionsstörungen oft wenig anzufangen. Die spärlichen Informationen, die ich als interessierte Betroffene fand, stammten aus Internetforen oder dem englischsprachigen Ausland. Doch auch auf Englisch gab es damals bei Weitem noch nicht so viele Bücher zum Thema Hormone wie heute. Und die vorhandenen Bücher behandelten zumeist nur das Thema Hormonersatztherapie, wenn auch mit naturidentischen Hormonen (was dann als »natürliche« Hormonbehandlung verkauft wurde). Mangels Informationen verlief meine Behandlung zunächst mit naturidentischen Hormonen, von denen ich heute keine mehr nehme. Ich arbeitete mich in das Thema Hormonsubstitution mit naturidentischen Hormonen ein und gab auch Seminare darüber (zu einem Zeitpunkt, als das Thema in Deutschland noch recht unbekannt war). Doch im Laufe der Zeit kam ich dahinter, dass eine solche Behandlung eigentlich keine war. Auch ich war in die Hormonfalle getappt. Seit dieser Zeit hat sich hierzulande – zum Glück – einiges getan. Viele Patienten fordern alternative und ganzheitliche Lösungsansätze für ihre Beschwerden und wollen sich nicht mehr damit abfinden, dass sie gegen ihre Hormonprobleme angeblich nichts ausrichten können – abgesehen von der Einnahme pharmazeutischer oder sogar »natürlicher« Produkte, mit denen sie mehr oder minder lebenslanges Symptommanagement betreiben. Die Folge dieser stetig wachsenden Forderungen von Patienten führt dazu, dass sich sowohl klassische Schulmediziner wie auch Naturheilkundler zunehmend mit neuen Lösungsmöglichkeiten für hormonelle Probleme beschäftigen (müssen).

Stiefkind der Medizin: Hormonprobleme

Oft verunsichert das Thema Hormone Patienten wie auch Behandelnde gleichermaßen. Dafür sind meines Erachtens folgende Gründe verantwortlich:

Anmerkung:

Auch wenn die beschriebenen Zusammenhänge meiner Erfahrung nach leider für zahlreiche Ärzte, Apotheker etc. gelten, behaupte ich keinesfalls, dass alle Schulmediziner Marionetten der Pharmaindustrie sind. Ich kenne einige, die sich sehr für die Gesundheit ihrer Patienten einsetzen, sich eigenständig fortbilden und den Blick über den berühmten Tellerrand wagen. Und mir ist bewusst, dass vieles in unserem Gesundheitssystem im Argen liegt. Es wird zwar weltweit als eines der besseren gepriesen, bringt aber Ausübende von Gesundheitsberufen zeitlich und was ihre Ressourcen betrifft unweigerlich an den Rand des zu Bewältigenden. Auch richte ich mich ausdrücklich nicht gegen die Schulmedizin. Im Gegenteil. Die Schulmedizin leistet unabdingbare Hilfe, wenn es beispielsweise um Notfälle und Palliation geht (Stichwort: »Überleben«, worauf später noch ausführlich eingegangen wird). Auch bildgebende Verfahren und Labortests usw. erfüllen einen großen Nutzen für die Menschheit. Ich schicke meine Patienten immer zum Arzt, wenn ich den Verdacht habe, es könnten organische Ursachen für die vorgebrachten Beschwerden vorliegen. Dieses Buch weicht ganz bewusst in vielen Aussagen von der gängigen wissenschaftlichen Meinung ab. Es wäre nicht entstanden, wenn ich von den Behandlungen und Ergebnissen der Standardmedizin überzeugt gewesen wäre. Damit meine ich sowohl schulmedizinische als auch teilweise naturheilkundliche Behandlungen. Ich habe mich selbst sozusagen »durch fast alles durchprobiert«, was mir als Patientin und Therapeutin auf dem schul- und alternativmedizinischen Markt als Therapieansatz begegnete. Dabei musste ich feststellen, dass das meiste weder für mich noch für meine Patienten einen wirklichen Lösungsansatz enthielt.

Wie ich Wissenschaft betrachte

Grundlagenforschung beschäftigt sich mit dem Wissen und dem Verständnis naturwissenschaftlicher Zusammenhänge, ohne dabei ein bestimmtes praktisches Ziel zu verfolgen.4 Angewandte Wissenschaften dagegen verfolgen praktische Ziele5 bzw. richten sich auf die Veränderung und Beeinflussung natürlicher Phänomene. Wie bereits geschildert, sind angewandte Wissenschaften meist von finanziellen und sogar politischen Interessen geprägt. Demnach geht es in der Medizin meines Erachtens nach längst nicht mehr darum, den Körper zu verstehen, sondern darum, ihn zu manipulieren und dadurch von seiner ursprünglichen Funktionsweise wegzubringen. Angewandte Wissenschaften verwerfen meiner Ansicht nach oft die Erkenntnisse der Grundlagenforschung oder legen diese so einseitig aus, dass die ursprünglichen Aussagen aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgerissen und dadurch verfälscht werden. Dies geschieht, wenn Wissenschaft nicht mit eigenen Erfahrungen und persönlichen Überprüfungen des Therapeuten kombiniert wird. Dass ein solches Vorgehen sinnvoll und für die Patienten zielführend wäre, ist Auffassung der sogenannten evidenzbasierten Medizin. Sie definiert sich als »gewissenhafter, ausdrücklicher und umsichtiger Gebrauch der aktuell besten Beweise für Entscheidungen in der Versorgung eines individuellen Patienten«.6 Als diese Beweise gelten ausdrücklich auch die klinische Erfahrung sowie die eigenständige Bewertung vorhandener Studien. Grundlagenforschung soll im Zweifel als Referenzrahmen für den Behandelnden dienen. Es wird darauf hingewiesen, dass externe klinische Beweise (gemeint sind z. B. Studien) lediglich informieren, jedoch nicht die eigene klinische Erfahrung ersetzen dürfen.7 Studien gelten nach dieser Auffassung eher als Entdeckung denn als Beweis. In meiner Praxis spielt das Studium der Grundlagenforschung eine große Rolle. Auch andere Forschungsergebnisse zitiere ich in diesem Buch häufig. Allerdings nur, wenn die Ergebnisse mit meinen Erfahrungen und Beobachtungen übereinstimmen. Ansonsten traue ich mir mittlerweile zu, Studien auch nicht anzuerkennen, egal wie oft deren Ergebnisse in den Medien wiederholt oder von vermeintlichen Koryphäen bekräftigt werden. Ich zitiere Forschungen nicht als Beweis für meine Behauptungen, sondern als Ausgangspunkt für die eigenen Erwägungen des Lesenden. Bevorzugt stütze ich mich auf Studien von unabhängigen Forschern, Instituten und Menschen, die meiner Ansicht nach plausible und in meiner Praxis reproduzierbare Ergebnisse über einen gewissen Zeitraum liefern – und zwar ohne unerwünschte Nebenwirkungen. Manchmal verwerfe ich meine eigenen Hypothesen nach einer Weile oder differenziere meine Aussagen. Das ist auch der Grund, warum ich eine Weile gebraucht habe, ein Buch zu schreiben. Ich wollte Erkenntnisse einfließen lassen, die sich in der Praxis bewährt haben. Gleichzeitig ist es mir wichtig, Therapien anzupassen und zu verändern, sobald ich neue Beobachtungen und Erkenntnisse gewonnen habe. Immer mehr wird mir bewusst, dass Behandlungen absolut individuell sein müssen. Was dem einen nützt, schadet unter Umständen dem nächsten. Dementsprechend möchte ich keine meiner Aussagen als wissenschaftlich beweisend verstanden wissen. Immer, wenn ich Meinungen vertrete oder Erfahrungen mache, die von schulmedizinischen Überzeugungen abweichen, kennzeichne ich dies. Wege aus der Hormonfalle entspricht im Sinne der Erfahrungsheilkunde meinem Wissens- und Erfahrungsschatz zum Zeitpunkt der Aufzeichnung. Ich fordere ausdrücklich dazu auf, sich eine eigene Meinung anhand der angegebenen sowie selbst erforschten Quellen in Verbindung mit der eigenen Erfahrung zu bilden. Denn wer sich traut, eine Meinung zu vertreten, ist schon auf einem guten Weg, ein mündiger Patient zu werden.

Jetzt geht es um Sie: Was dieses Buch bezwecken soll

Nachdem Sie meine Geschichte gelesen haben und mit meinen Grundauffassungen vertraut sind, folgt nun der »offizielle Teil« des Buches. Ab jetzt geht es um Sie. Mit diesem Patientenratgeber stelle ich Ihnen meine Erfahrungen zur Verfügung, um Sie beim Verstehen Ihrer hormonellen Probleme zu unterstützen. Sie werden erfahren, was es für Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten gibt (traditionelle und alternative). Während einige Patienten mit den traditionellen Ansätzen zur Hormontherapie zufrieden sind, sind viele andere es nicht – auch nicht, wenn es sich um eine Therapie mit naturidentischen Hormonen handelt. Für genau diese Menschen ist dieses Buch geschrieben worden: als eine Alternative. Und es ist auch für diejenigen geschrieben worden, die zwar Verbesserungen ihrer Gesundheit durch die Therapie mit naturidentischen Hormonen erfahren konnten, jedoch gerne ausprobieren wollen, ob es nicht vielleicht auch ganz ohne Hormonersatztherapie geht.

Wenn Sie zur zweitgenannten Gruppe von Lesern gehören, wünsche ich mir, dass Ihnen dieses Buch näherbringen kann, wie und warum hormonelle Störungen aus meiner Sicht entstehen – so müssen Sie nicht auch in die Hormonfalle tappen. In der Regel verschwinden Probleme, nachdem ihre Ursache erkannt und beseitigt wurde. Dieses Buch ist kein Leitfaden für Symptom-Management und kein Ratgeber, wie Hormone am besten »eingestellt« werden können. Stattdessen beschäftigt es sich mit der Regulation des hormonellen Ungleichgewichtes im Ganzen. Wenn die vollständige Regulierung des Körpers oder des Hormonsystems zwar nie versprochen werden kann und darf, so ist eine natürliche Regulation des Hormonsystems – ganz ohne Zufuhr von Hormonen – in vielen Fällen meiner Erfahrung nach zumindest möglich.8

Die Antwort auf die Frage, wie man ohne Hormonsubstitution in die hormonelle Balance kommen kann, liegt meiner Erfahrung nach tief in unserer Physiologie (der Funktionsweise unseres Körpers) vergraben und ist zunächst bestechend einfach: Es geht letztendlich um Energie. Genauer gesagt, ob viel oder wenig Energie vorhanden ist. Hormonstörungen sind – wie meiner Meinung nach auch alle anderen gesundheitlichen Probleme – auf eine Störung des Energiehaushaltes zurückzuführen. Das Hormonsystem hat die Funktion, bei Energiemangel eine gewollte Verschiebung der Verhältnisse des Hormonhaushaltes hervorzurufen, damit dass System trotz knapper Ressourcen zumindest überleben kann. Im chronischen Zustand führt diese Verschiebung zu Symptomen, die in der Regel als Störung des Hormonsystems empfunden und diagnostiziert werden. Ja, Sie haben richtig gelesen: Östrogendominanz, Schilddrüsenunterfunktion und Nebennierenprobleme u. v. m. sind von der Natur bewusst als Schutzmechanismen in Zeiten knapper Energieressourcen angelegt worden. Allgemein wird dieser Zustand schlicht als »Stress« bezeichnet. Die Auswirkungen von Stress sind ausgiebig erforscht. »Chronischer überwältigender Stress führt zur Erschöpfung. Das Erschöpfungsstadium ist durch einen Energieverlust und eine Degeneration von Zellen, Geweben, Organen und Organsystemen gekennzeichnet.«9 Die beschriebene Degeneration ist im Endeffekt die häufigste Todesursache – selbst wenn scheinbar andere Gründe wie Infektionen, hohes Alter, Vergiftungen etc. vorliegen mögen – so sieht es der Urvater der Stressforschung, Hans Selye.10 Während Stress und seine Auswirkungen in der Schulmedizin völlig unbestritten sind, berücksichtigt sie selten die Konsequenzen dieser Erkenntnisse. Denn wenn Energie die Basis und der Schlüssel für das Leben ist und ein Mangel für Verschiebungen des Hormonsystems im Sinne von chronischem Stress sorgt, dann kann und muss eine ursachenbasierte Therapie logischerweise an der Energieproduktion bzw. deren Blockade ansetzen.

Hans Selye bemerkte 1950, dass noch viele Jahre und Generationen ins Land ziehen würden, bis die Wissenschaft Stress und seine Konsequenzen vollständig verstünde bzw. dass ein abschließendes Verständnis des Lebens den menschlichen Geist letztendlich übersteigen würde. Gleichzeitig führt er an, dass sich der Nebel in Bezug auf die Funktionsweise des Stresses ausreichend gelichtet habe, um die außerordentliche Wichtigkeit dieses Konzeptes begreifbar werden zu lassen, sodass in uns Menschen ein unstillbarer Hunger geweckt würde, um mehr über dieses Phänomen zu erfahren.11 Fast 70 Jahre später hat die Wissenschaft viele weitere Facetten der Stressantwort erforscht. Während heute viel mehr Details über die Stressmechanismen bekannt sind als noch 1950, werden meiner Ansicht nach deren Konsequenzen selten berücksichtigt. Es scheint sogar so zu sein, dass durch die Erforschung der Einzelaspekte der Stresslehre der Blick für das, worum es eigentlich geht, verloren gegangen ist. Während ich mir keinesfalls anmaßen möchte, Stress vollständig verstanden zu haben, finde ich, dass seit seiner »Entdeckung« sowohl entscheidende Informationen über die menschliche Biochemie zur Verfügung stehen als auch genügend Informationen, um Therapien im wirklichen Einklang mit physiologischen Prinzipien zu entwickeln. Dazu mehr im Verlauf des Buches. Mit meiner Methode denke ich die bekannten Konsequenzen des Stresses zu Ende. Stress ist nichts Abstraktes, sondern ein biochemischer Vorgang, der Auswirkungen auf alle Zellen und Organe hat – und zwar auf eine vorhersehbare Weise. Auch Energie ist kein abstrakter oder gar esoterischer Begriff, sondern als biochemische Einheit zu verstehen. Deswegen wird in diesem Buch auch ausführlich auf den Zellstoffwechsel und seine Energieproduktion eingegangen. Hormone sind als Botenstoffe die Handlanger der körperlichen Stressantwort. Werden die Ursachen des Energiemangels im Körper gefunden und beseitigt, erledigen sich zumindest theoretisch Hormonprobleme von allein. Schwieriger gestaltet sich dagegen die therapeutische Praxis der ursachenbasierten Hormontherapie. Hormonstörungen sind eine unspezifische Antwort auf Stress, der wiederum ein Problem unzureichender Energieressourcen ist. Und leider gibt es zahlreiche Faktoren, welche die Energieproduktion und -verteilung im Körper beeinflussen können. Dies macht die natürliche Regulation hormoneller Störungen komplex und mitunter langwierig. An dieser Komplexität führt kein Weg vorbei. Einem Menschen, der an sich Symptome einer hormonellen Dysbalance feststellt, geht es etwa so wie dem Käufer einer alten Villa: Letzterer könnte der Fassade seines neuen Hauses einen frischen Anstrich verpassen, und es sähe auf den ersten Blick schon mal ein Stück besser aus. Aber wehe, jemand guckt genauer hin und entdeckt die maroden Leitungen, das morsche Gebälk oder das undichte Dach. Um wirklich langfristig glücklich in dem Haus zu werden, kommt der Besitzer nicht um eine Kernsanierung herum: Vom Keller bis zum Dachfirst muss repariert, ausgebessert und erneuert werden. So wenig wie ein altes Haus lässt sich ein aus dem Gleichgewicht geratenes Hormonsystem mit der Behandlung von Symptomen in den Griff bekommen. Um langfristig glücklich mit seinem Hormonsystem zu werden, kommt niemand um eine körperliche Kernsanierung herum. Alles andere ist lediglich Symptommanagement. Es müssen die (energetischen) Ursachen des Ungleichgewichts erkannt und beseitigt werden, damit sich die Symptome verabschieden können.

Sie werden erkennen, dass bei der Entstehung, Testung und Behandlung einer hormonellen Dysbalance viele Themenbereiche eine Rolle spielen. Im letzten Teil dieses Buches erhalten Sie einige Tipps, mit denen Sie selbst aktiv werden können, um (wieder) in Harmonie mit Ihren Hormonen zu kommen. Dennoch ist dieses Buch nicht als Selbsthilferatgeber mittels Selbstmedikation gedacht! Eine erfolgreiche Behandlung eines aus dem Lot geratenen Hormonsystems ist höchst individuell und erfordert viel Erfahrung und vor allem den Überblick über Zusammenhänge. Was der eine braucht, kann dem anderen schaden. Auch die Reihenfolge der Behandlungsschritte ist entscheidend. Selbst ein scheinbar richtiges Hormon oder auch entsprechende Nahrungsergänzung kann, zur falschen Zeit genommen, die Behandlung in eine unerwünschte Richtung lenken. Wie eingangs schon geschrieben, geht es mir vor allem darum, Sie zu einem mündigen Patienten oder einer mündigen Patientin zu machen, der oder die seine oder ihre hormonellen Störungen versteht und weiß, worauf es bei der Wahl eines Behandelnden ankommt, wenn man sich für einen persönlichen Heilweg entscheidet – wie auch immer der aussehen mag. Vor allem hoffe ich, dass es mir gelingt, Ihnen zu zeigen, dass Ihre Hormonstörungen weder ein Fehler im System noch Willkür und erst recht keine himmlische oder höllische Strafe sind. Sie kommen aus der Hormonfalle nur heraus (im Sinne einer Abhängigkeit von hormonellen Präparaten oder den Folgen hormoneller Probleme an sich), wenn Sie bereit sind, Ihr Leben zu verändern. Dazu sind nur Sie in der Lage – nicht der Arzt, Heilpraktiker, Therapeut, Ihr Partner oder sonst wer. Nachdem klar geworden ist, wie es gehen könnte, müssen Taten folgen. Ich werde in diesem Buch bewusst nicht zimperlich sein und Dinge schönreden. Und ich beschreibe die Zusammenhänge so deutlich, wie es mir möglich ist. Ich tue Ihnen nämlich keinen Gefallen, wenn ich mit blumigen Formulierungen um den heißen Brei herumschreibe, sodass Ihnen mögliche Konsequenzen nicht klar werden. Übernehmen Sie bitte Verantwortung für Ihr Leben und Ihre Gesundheit, und verändern Sie Umstände, die Sie krank gemacht oder gehalten haben. Haben Sie keine Angst, zumindest sich selbst gegenüber zuzugeben, dass Sie unter Umständen ein paar falsche Entscheidungen in Ihrem Leben getroffen haben (glauben Sie mir, davon gibt es auch in meinem Leben so einige). Leben Sie Ihr Ändern! Denn, wie Albert Einstein so schön sagte:12 »Die Definition des Wahnsinns ist, immer dasselbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten.«

Zum Umgang mit diesem Buch

Dieses Buch richtet sich in erster Linie an Laien auf dem Gebiet der hormonellen Balance. Aus diesem Grund habe ich mich bemüht, es für Patienten mit unterschiedlichen Wissensständen zu formulieren und sowohl grafisch-visuelle wie auch metaphorisch verstehende Lesende anzusprechen.

Da es hier sowohl um einen Einblick in theoretisches Wissen über Hormone geht als auch um konkrete Behandlungsmöglichkeiten, ließen sich inhaltliche Wiederholungen an einigen Stellen nicht vermeiden. Sie dienen dem roten Faden und ermöglichen Ihnen, auch mitten im Buch mit dem Lesen zu beginnen. Kurz zum Aufbau des Buches: Im folgenden Abschnitt finden Sie das Wichtigste auf den Punkt gebracht. Dazu bediene ich mich 22 Thesen / Prinzipien, auf denen dieses Buch basiert und die im weiteren Verlauf immer wieder auftauchen werden. Jeder dieser Ansätze wird in den verschiedenen Kapiteln aus diversen Perspektiven beleuchtet. Damit Sie erkennen, auf welche These ich mich jeweils beziehe, finden Sie am Rande des Textes einen entsprechenden Hinweis. Die meisten Kapitel beginnen mit einer Metapher, die das Thema einleitet. Sie können sie überspringen, wenn Sie literarischen Bildern nichts abgewinnen können. Es folgt ein inhaltlich vertiefender Abschnitt. Zum Ende des Kapitels unter »Konsequenzen für Sie« findet sich die Quintessenz für den Patienten. Dort erfahren Sie, wie Sie die neu erworbenen Erkenntnisse sofort in Ihr Leben integrieren können. Die Tipps entsprechen meiner Meinung und Erfahrung als Therapeutin, die sich seit vielen Jahren auf das Thema natürliche hormonelle Balance spezialisiert hat. Wie Sie mit diesen Erfahrungen umgehen, liegt natürlich in Ihrer Verantwortung. Schlussendlich sollen auch Fallbeispiele nicht fehlen. Sie veranschaulichen Ihnen die oftmals graue Theorie auf lebendige Weise. Lassen Sie sich bitte nicht entmutigen, wenn Ihnen vieles zunächst kompliziert erscheint. Sie haben vollkommen Recht: Es IST kompliziert. An Hormonstörungen haben unterschiedliche gesundheitliche Aspekte ihre Anteile, die zudem mit- und untereinander interagieren. In der Theorie ist das Ganze aus meiner Sicht logisch und folgt einer gewissen Ordnung. Denn im Körper geschieht nichts umsonst, wie im Folgenden dargestellt werden wird. Halten Sie durch, und Sie werden sehen, dass Sie es mit Variationen wiederkehrender Grundprinzipien zu tun haben – und diese werden sich Ihnen nach und nach erschließen. Die genannten Variationen werden am Anfang vieler Kapitel wiederholt genannt, um Ihnen den Weg durch die Komplexität hormoneller Störungen und ihrer Behandlung zu vereinfachen.

DAS WICHTIGSTE AUF DEN PUNKT GEBRACHT

In diesem Abschnitt finden Sie die 22 Thesen, die den Ausführungen in diesem Buch zugrunde liegen, auf einen Blick. Sie dienen dem Verständnis komplexer hormoneller Zusammenhänge und werden in späteren Kapiteln wieder aufgegriffen, vertieft und, wo möglich, auch mit weiterführenden Quellen belegt.

Prinzip 1 – Heilung findet nach einheitlichen Prinzipien statt

images

Prinzip 2 – Körper, Gefühle und Geist beeinflussen sich gegenseitig

images

Prinzip 3 – Probleme sollten auf der Ebene behoben werden, auf der sie entstanden sind

Prinzip 4 – Echte Heilung findet nie auf Kosten von etwas anderem statt

Prinzip 5 – Ressourcen sind endlich, bei Ressourcenknappheit konserviert der Körper Energie

images

Prinzip 6 – Energiekonservierung dient dem Überleben

Prinzip 7 – Leben und Überleben schließen sich gegenseitig aus

images

Prinzip 8 – Leben integriert alle Prozesse, Überleben spaltet einzelne Prozesse ab

images

Prinzip 9 – Reintegration gliedert das vormals Abgespaltene wieder ein

Prinzip 10 – Vor Unterfunktion kommt Überfunktion

images

Prinzip 11 – Energieerzeugung findet auf Zellebene (Stoffwechsel) statt, Hormone verteilen Energie nur

Prinzip 12 – Stress führt in den Überlebensmodus