1Despang
Architekten
Inklusive
Architektur
2ff publishersDer Fachbuchverlag ffpublishers wurde 2013von dem Kreativ-Direktor Thomas Huwiler(Berlin) und demArchitekturbuch autor Chris van Uffelen (Stuttgart) gegründet.ff publishers ist auf Architektenmonograen und Gebäudemonograen in hoher Druck-qualität spezialisiert. Die Bücher erschei-nen als Reihentitel, werden aberauch als E-Book undals App vertrieben. Auchpreis-werte Abos der drei Formate sind möglich.Durch die nachfrageorientierte Auage und die Produktion in Deutschland sowie durch angepasste Fertigungsprozesseaufgrund der gewählten Rohstoffe sind die Bücher vonff publishers besonders umweltfreundlich. Aktualisierungen und Überarbeitungen sind aufgrund kleinerAuagen jederzeit möglich.Despang Architekten Das Büro begann seine Karriere mit einem Wettbewerbsentwurf für Wartehäuschen der Stadtbahnlinie D für die Weltausstellung 2000 in Hannover. Jede Haltestelle ist mit einem anderen Material ausgestattet, das ihr eine eigene Persönlichkeitverleiht.Seit damals entstehen Bauten der unter-schiedlichsten Gattungen in ganz indi-vidueller Herangehensweise überall in Deutschland. Der Gedanke anNachhaltig-keit istin allen Bauten erkennbar,etwabeim ofcehome Oberhaching bei München, der Kindertagesstätte in Göttingen oder der Bun-deswehr-Gastronomie Stallberg in Viereck, bei der trotz der strengen Bauvorschriften die kulturellen und baukünstlerischen Aspekte nicht zu kurz kommen.
Despang
Architekten
Inklusive
Architektur
Despang Architekten Inklusive Architekturff publishers /Band 1 /v1 Hrsg. von Chris van Uffelen
rientierte Funktionalität und ästhetischer Form-wille unter dem Diktat der Ökonomie reektiertwerden und zu einem, sowohl in sich als auch im Kontext, logischen Ganzen zusammennden.Ein kleines Büro mit großen Ansprüchen, das sich eigentlich nie eine eigene Monograe leisten könnte. Dervorliegendeprototypische Band – Auftakt der Reihe „ff Architektenmono-grae“ von ff publishers – ermöglicht diesdurch eine kleine Auage, welche durch moderne Drucktechnik und neue Verbreitungsformen wie dem E-Book auch kurzfristig aktualisiertwerden kann.Nach rund einemJahr Vorlauf und Arbeit dan-ken wir Günther, Martin und CynthiaDespang sowie IsabelSchlüpmann für die konstruktive Zusammenarbeit und die Geduld, die sie auf-gebracht haben,um das vorliegende Buch „DespangArchitekten – Inklusive Architektur“ in Version 1 (v1) entstehen zu lassen.Thomas Huwiler und Chris van UffelenDie Weltarchitektur –und dies meint nicht das gesamte Bauschaffen, sondernallein die anspruchsvolle Architektur –ist eine Zweiklas-sengesellschaft mit zehn Prozent großen, glo-balen und 90 Prozentkleinen, lokalen Büros.Aber genau diese sind für die Alltagsarchitektur zuständig, für all jene anspruchsvollen Bauten,welche die Menschen täglich unmittelbar wahr-nehmen. Despang Architekten ist gemessen an der Anzahl der Mitarbeiter und der von ihnen entworfenen Bauten kein großes Büro – es ist aber durch die Synergie der verschiedenendeut-schen Standorte mit überseeischer Forschungund Lehre ein interkontinentales, interkulturel-les Labor.Die internationale Architekturfach-publizistik hatseit der Jahrtausendwende den „straßenkämpferischen“ Einsatzvon Despang Architekten für eine bessere Alltagsarchitektur und ihr Verantwortungsgefühl für typologische Highlightsimmer wieder gewürdigt.Das Archi-tektenteam entwarf Bauten, die man gerne in der eigenen Nachbarschafthätte und die auch für jeden erreichbar sind.Sie zeichnen sich durch eine Einfachheit aus, bei der Qualitätim Detail, einfallsreiche ökologische Ansätze,nutzungso-
Inhalt Einleitung,8Despang Architekten – Inklusive Architektur Das Büro, 12Günther Despang, 16Martin Despang, 18Cynthia Despang, 20Isabel Schlüpmann, 22
BauwerkeExpo-Hochbahnsteige Hannover 1999, 26Ecowoodbox Kindergarten Hannover 2007, 36Kindertagesstätte der Universität Göttingen 2010, 44 Sonderschule Garbsen 2002, 54Interview, 60 Headquarters Krogmann Lohne-Kroge 2009, 64Bundeswehr-Gastronomie Stallberg Viereck 2000, 76Multifunktionale Schulmensa Groß Ilsede 2008, 84 Glo-kale Baukultur,90Coffeetime Hannover 2004, 94Nahversorgungszentrum Marienwerder Hannover 2004, 100Fragebogen,106Treetop Apartments Hannover 2002, 110 Farmhaus Voges Wennigsen 2008, 116ofcehome Oberhaching 2013,122AnhangWerkverzeichnis,132Auszeichnungen,146Literatur,148Karte, 156Abbildungsnachweis, 158Impressum,158
9Tätigkeitsfeld zugänglich sein.Ob Wohnung, Büro, Schule, Kindergarten oder Tram-Station:Ein nachhaltigesSystem kannund muss über-all dortgeschaffen werden, wo der Mensch sich aufhält.Nur so kann dievon den Archi-tekten angestrebteGanzheitlichkeit von Glück und Gesundheit der Benutzer sowie einBeitrag zur Klima- und Ressourcenschonungerreicht werden. Despang Architekten zeigt mit seinen Projekten, dass das Leben in einer postfossilen Zukunft sehr gut möglich ist. An diesem Anspruch wird eine weitere Leitli-nie des Büros Despang Architekten deutlich:Die Glo-kalisierung als wechselseitige Beein-ussung der lokalen und globalen Ebene. Die Bauten der Architekten werden global geplant und lokal umgesetzt und besitzen letztendlich eine so kosmopolitische Relevanz, dass sie wie-der global kommuniziertwerden.Die weltweit positive Resonanz auf die Bauten von Despang Architekten ist ein hoffnungsvolles Zeichen dafür,dass die Wertschätzung der Architektur als wichtiger Faktor für Lebensqualität und Nachhaltigkeit steigt.Die ArchitektengemeinschaftDespang Architek-ten, die für Bauten wieden Ecowoodbox Kinder-garten, den Firmensitzvon Krogmann und die Expo-Stadtbahnhaltestellen in Hannover bekannt ist, richtet den Fokus immer auf die Wiedern-dung der Balance zwischen Natur,Gesellschaft und Baukultur.Um diesesArchitekturverständ-nis umzusetzen, beschäftigen sich die Architek-ten Günther Despang, seine Kinder Martinund Cynthia Despang sowie Isabel Schlüpmann gezielt mit Baukulturforschung.Um lokale wie globale Phänomene erfassen und jeweils maß-geschneiderte Bauten entwerfen zu können, wurden neben Hannover weitereStandorte ein-bezogen:In Deutschland vor allem die Städte Dresden und München sowie international die Forschungsplattformen in Texas und auf Hawaii.Einen Fokus zu haben, bedeutet für Despang Architekten aber keinesfalls,mit einem einge-schränkten Blickwinkel an die Architektur her-anzugehen. Eher im Gegenteil,denn um den gesellschaftlichen Wert von Architektur und Nachhaltigkeit steigern zu können,muss die Architektengemeinschaftfür jeden und jedes
Despang Architekten Inklusive Architektur
12Das BüroBauwerkeWerkverzeichnisAnhangvon Despang Architekten. Jeder neue Auftrag wird zunächst in den verschiedensten Aspek-ten – kognitiv und assoziativ– analysiert, dann wird ein auf die wesentlichen Merkmale redu-zierter Bau entworfen. Sosind auch Fragen der Ernährung, beispielsweise die Frage nach Instantsuppen oder frischem Gemüse und dem daraus resultierenden Körperbau des Konsu-menten, Teil des Entwurfsprozesses für einen„gut gebauten“Supermarkt. Bei einem Kaffee-haus im kühlen Norden wird die Kaffeeernte im exotischenSüden bedacht,beim Umbau eines Bauernhausesin ein modernes Wohnhaus wird der Loos’sche Raumplan zur Hand genommen und beim Ausbau einer Dachterrasse lässt Winnetou seinenBlick überden Grand Canyon schweifen.Nach solch komplexenAnalysen imVorfeld – gesellschaftlich, sozial, interkulturell,typologisch,historisch,architekturhistorisch – ist die Syn-these des eigentlichen Entwurfspragmatisch:Funktion, handwerkliche Qualität und ästheti-sche Erscheinung werden kombiniertund unter Beachtung von ökologischen und ökonomischen Despang Architekten verdanktseine Entstehung einem Auftrag für einen Büroturm in Hannover,den das Büro von Günther Despang anFrank Gehryverlor.Quasi als Entschädigung wurde das neue Bürovon Günther und Martin Despang zum Wettbewerb für die Bahnsteige der Stra-ßenbahnlinie Deingeladen, dieein knappesJahr später zig Millionen Besucher zur Expo 2000bringen sollte.Sie bekamen den Auftrag und entwarfen zwölfHaltestellen. Die Bahnsteige mit den aufgesetztenWartehäuschen fanden große Beachtung: reduzierte, orthogonale Konstruktio-nen, die von Haltestelle zu Haltestelle von einem anderen Materialdominiertwerden. Durch sie wurden die Bahnreisenden schon auf dem Weg zum Ausstellungsgelände für Architektur sensi-bilisiert, nächster Halt „Holz“, „Glas“ oder „Beton“.Die Architektur bleibt formal auf Funktion und Ästhetik reduziert, zur Identikation des Ortes reicht – selbst in einerStadt, die Haltestellen von Alessandro Mendini, Jasper Morrison und Oscar Tusquets Blanca ihr Eigen nennt – schon der Materialwechsel. Die Herangehensweise, mit der man sich dem Entwurf der Haltestellen näherte, ist bis heute typisch für die Architektur Das Büro
13Bioklimatik des Homeofce in Hono-lulu| Foto:Despang Architekten
14Das BüroBauwerkeWerkverzeichnisAnhangsätzedie, wie die Architekten es bezeichnen, „Glo-kalität“: ein globaler Blick aufeine lokaleBauaufgabe, die in einem globalen Kern mitmaßgeschneidert lokaler Ausformulierung mün-det. Dabei erweitern die verschiedenen Nieder-lassungen – Hannover,Dresden,Radebeul in Sachsen, Oberhaching bei München, Lincoln/Nebraska,Tuscon/Arizona,Honolulu/Hawaii – den Blick nicht nur „ inter-national“ sondern auch innerdeutsch beziehungsweise innerame-rikanisch „inter-kulturell“. Günther Despang in Radebeul, dem letzten WohnortKarl Mays, der die amerikanische Kultur romantisierte,Cynthia Despang und Isabel Schlüpmann in „Bavaria“, das in Amerika,wo MartinDespang lehrt, noch heute romantisiertwird. Man könnte fast anneh-men, den Architekten gehe es auch um die Auf-bereitung kultureller Missverständnisse.Als drittes Gegensatzpaar sind „Natur und bau-liche Kultur“ im jeweiligen spezischen Kontextzu nennen. Auch hier suchen Despang Archi-tekten nach Lösungen,bei denen sich die Pole nicht ausschließen, sondern einander bereichern. Hier scheinen die Fronten geklärt: Die Bauten sind überwiegend streng orthogonal, setzen sich somit offensichtlichvon den Erscheinun-gen der Naturab. Dennoch spielen Natur und gebaute Kultur überall miteinander.Die Treetop Apartments evozieren dasWohngefühl und die Freiheit eines Baumhauses, der Kindergarten auf dem Universitätscampus den Schutzund die Wärmeeines unterirdischen Baus. Zudem werden alle Entwürfeökologisch optimiert, sei es durch passive Bauweise oder durch den sorg-samen Umgang mit Ressourcen und Energie. In all diesen Aspekten zeigt sich Despang Archi-tekten als modernesBüro, das nicht nur hoch reektierte und nachhaltigeGebäude errichtet,sondern, mit ihren eigenen Worten, „inklusive Architektur“ erschafft.Aspekten zu einem Baukörperreduziert, der in seiner „schlichten“ Form als neuer Typus für die jeweilige Baugattung dienen kann. Gattungstypen sind also nicht der Ausgangs-punkt wie im Werk von Mario Botta. Sie wer-den im Analyseprozess als ein Faktor von vielenherangezogen und in der Synthese letztendlich neu deniert. Der Einzelfall wird zum Prototyp; das „exklusive“ Unikathat das Potenzial, die Welt zu verbessern –zumindest aber die Expo-linie in Hannover zu variieren. Das ist gemeint,wenn Professor Roth als Preisrichter desNie-dersächsischen Staats preises für Architektur die siegreichen Despang Architekten als fried-liche Straßenkämpfer der Architektur bezeich-net:durch Einzelbeispiele zur grundsätzlichen Verbesserung der Bauaufgabezu gelangen.Der „widrige Umstand“ einesniedrigen Etatsverkehrt sich dabei zurTugend, für eine breite Auftraggeberschaftnanzierbar zu sein. Denn auch der Bauprozess durchläuftden Planungs-schrittReduktion, und oftresultiertdies in einer Vorfertigung, die zumindest den Gedanken seri-eller Fertigung nicht nur des einenBaus vor-wegnimmt.Denn aus dem einmal entdeckten Pudels’ Kern lassen sich verschiedene, für den jeweiligen Kontext– geograsch oder funktional – maßgeschneiderte Lösungen entwickeln:nicht eine Straßenbahnhaltestelle, sondern viele, die auf dem gleichen Kern beruhen und sich einer ähnlichen Logistik in der Fertigung bedienen,aber individuell ausformuliertsind. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass Despang Archi-tekten trotzder übersichtlichen Anzahl an Mitar-beitern – je nach Projekt sind es eins bis sechs – in so vielen unterschiedlichenBauaufgaben zu Hause ist: Die prototypische Erforschung als Triebfederder Arbeit lässt gerade dienoch nicht bediente Typologie reizvollerscheinen. Neben das erste Gegensatzpaar „Unikat– Prototyp“ trittals zweites Prinzip der Gegen-
15Aufnahmen aus den Büros in Tucson, Dresden, Honolulu und Oberhaching | Fotos:Despang Architekten
16Das BüroBauwerkeWerkverzeichnisAnhangSchefczik. 1995 gründete er ein eigenes Büroin Hannover,aus dem 1999 das mitsei-nem Sohn Martin betriebene Büro Despang Architekten hervorging. Günther Despangbetreibt seit 2010 das Zweigbüro in Radebeul bei Dresden.Günther Despang ist seit 1981 Mitglied der Architektenkammer Niedersachsen. 1977 wurde er in den BDA/Niedersachsen be rufen und war dort1983–89 Vorstandsmitglied der Bezirksgruppe Hannover, seit 1985 als derenVorstandsvorsitzender.1993–2010 war er Beisitzer der Schlichtungsstelle der Architek-tenkammer Niedersachsen und 1996 wurde Günther Despang in den Deutschen Werkbund aufgenommen. Günther Despang, geboren am 29. November 1940 in Bautzen/Sachsen,Vater von Cynthia und Martin Despang. Günther Despang wuchs in Bochum,Witten und Lüneburg auf. Er studierte ab 1961 an der Technischen Universität Hannover Architektur und war 1964 mit einem DAAD-Stipendium Denkmalpege beim Stadtplanungsamt Athen tätig. Schon während des Studiums arbeitete er zwischen 1963–69 für verschiedene Büros (Konstruktionsbüro AME Heizung, Architekten-gemeinschaftBrandes,Architekturbüro Bau-assessor Köhnke,ArchitektErlhoffHannover,ArchitektSchweighofer Innsbruck). 1966 hei-ratete Günther Despang Renate Despang, geb.Käsbauer,in Innsbruck. 1969 erhielt er das Dip-lom der Technischen Universität Hannover bei Professor Friedrich Spengelinmit der städte-baulichen Arbeit„Strukturplanung Neuer Stadt-teil“. Günther Despang arbeitete im Büro Bahlo, Köhnke undStosberg,bevor er 1971–73Mit- inhaber der Gruppe P Architekten wurde. 1973–88 folgte das BüroArchitekten Despang, Ertelt, Schefczik, 1988–95 Architekten Despang & Günther Despang
17Günther Despang | Foto: Olaf Baumann