Über dieses Buch:
Das Frankenreich im Jahre 567: Brunichilde, die schöne Frau des Königs Sigibert, ist außer sich vor Schmerz – und Zorn! Es heißt, ihre Schwester, die Königin des Nachbarreiches Neustrien, wurde von einer Krankheit dahingerafft … aber Brunichilde weiß, dass dies nur das Werk ihrer Schwägerin Fredegunde sein kann. Sie schwört Blutrache; nicht eher will sie ruhen, bis ihre Feindin im Grabe liegt. Aber während die Männer auf dem Schlachtfeld kämpfen, spinnt Fredegunde bereits die nächste Intrige …
Die fesselnde Familiensaga über eine der mächtigsten Familien des frühen Mittelalters, die mit Blut und Schwert Geschichte schrieb: die Merowinger.
Über den Autor:
Robert Gordian (1938–2017), geboren in Oebisfelde, studierte Journalistik und Geschichte und arbeitete als Fernsehredakteur, Theaterdramaturg, Hörspiel- und TV-Autor, vorwiegend mit historischen Themen. Seit den neunziger Jahren verfasste er historische Romane und Erzählungen.
Robert Gordian veröffentlichte bei dotbooks bereits die Romane ABGRÜNDE DER MACHT, MEIN JAHR IN GERMANIEN, NOCH EINMAL NACH OLYMPIA, XANTHIPPE – DIE FRAU DES SOKRATES, DIE EHRLOSE HERZOGIN und DIE GERMANIN sowie drei historische Romanserien:
ODO UND LUPUS, KOMMISSARE KARLS DES GROSSEN
Erster Roman: »Demetrias Rache«
Zweiter Roman: »Saxnot stirbt nie«
Dritter Roman: »Pater Diabolus«
Vierter Roman: »Die Witwe«
Fünfter Roman: »Pilger und Mörder«
Sechster Roman: »Tödliche Brautnacht«
Siebter Roman: »Giftpilze«
Achter Roman: »Familienfehde«
DIE MEROWINGER
Erster Roman: »Letzte Säule des Imperiums«
Zweiter Roman: »Schwerter der Barbaren«
Dritter Roman: »Familiengruft«
Vierter Roman: »Zorn der Götter«
Fünfter Roman: »Chlodwigs Vermächtnis«
Sechster Roman: »Tödliches Erbe«
Siebter Roman: »Dritte Flucht«
Achter Roman: »Mörderpaar«
Neunter Roman: »Zwei Todfeindinnen«
Zehnter Roman: »Die Liebenden von Rouen«
Elfter Roman: »Der Heimatlose«
Zwölfter Roman: »Rebellion der Nonnen«
Dreizehnter Roman: »Die Treulosen«
ROSAMUNDE, KÖNIGIN DER LANGOBARDEN
Erster Roman: »Der Waffensohn«
Zweiter Roman: »Der Pokal des Alboin«
Dritter Roman: »Die Verschwörung«
Vierter Roman: »Die Tragödie von Ravenna«
Ebenfalls erschien bei dotbooks die beiden Kurzgeschichtenbände EINE MORDNACHT IM TEMPEL und DAS MÄDCHEN MIT DEM SCHLANGENOHRRING sowie die Reihe WÄREN SIE FRÜHER GESTORBEN mit kontrafaktischen Erzählungen über berühmte historische Persönlichkeiten:
WÄREN SIE FRÜHER GESTORBEN: Caesar, Chlodwig, Otto I., Elisabeth I., Lincoln, Hitler
WÄREN SIE FRÜHER GESTORBEN: Napoleon, Paulus, Themistokles, Dschingis Khan, Bolívar, Chruschtschow
WÄREN SIE FRÜHER GESTORBEN: Karl der Große, Arminius, Gregor VII., Mark Aurel, Peter I., Friedrich II.
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Überarbeitete eBook-Neuausgabe April 2014
Die komplett überarbeiteten und erweiterten Neuausgaben der Merowinger-Romane von Robert Gordian, die bei dotbooks erscheinen, beruhen auf einer Tetralogie, die zwischen 1998 und 2006 in verschiedenen Verlagen veröffentlicht wurde. Teile des vorliegenden neunten Romans der Serie erschienen erstmals 1998 in »Die schrecklichen Königinnen«, veröffentlicht im Deutschen Taschenbuch Verlag GmbH, München.
Copyright © der Originalausgabe 1998 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH, München
Copyright © der überarbeiteten Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH
ISBN 978-3-95520-096-1
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Robert Gordian
DIE MEROWINGER
Zwei Todfeindinnen
Neunter Roman
dotbooks.
Im Jahr 561 stirbt König Chlothar, der jüngste Sohn Chlodwigs, der den letzten Statthalter der Römer vertrieben und das mächtige Frankenreich gegründet hatte.
Fünfzig Jahre hat Chlothar sein Teilreich regiert, zuletzt sogar – als Erbe nach salischem Recht – das gesamte, im Wesentlichen das heutige Frankreich umfassende Herrschaftsgebiet. Er hinterlässt vier Söhne: Charibert, Gunthram, Sigibert und deren Halbbruder Chilperich. Sie teilen das Reich wie Gutsherren unter sich auf. Als Charibert schon nach wenigen Jahren stirbt, erben die Brüder zu gleichen Teilen, so dass es nur noch drei Teilreiche gibt: das östliche Austrasien unter der Herrschaft Sigiberts, das nordwestliche Neustrien unter der Herrschaft Chilperichs und das Südreich, noch immer nach seinen früheren Herren als Burgund bezeichnet und regiert von Gunthram.
Da es viel zu erben und zu verteilen gibt, kommt es darüber zu Zerwürfnissen und Zusammenstößen unter den Merowinger-Brüdern. Chilperich, König des kleinsten der drei Teilreiche, fühlt sich besonders benachteiligt und versucht immer wieder, mit kriegerischen Mitteln das Ergebnis der Teilung zu seinen Gunsten zu korrigieren. Es entsteht ein Dauerkonflikt, dessen Höhepunkt eine Heirat ist.
Sigibert, der Jüngste der drei Merowinger, duldet keine Zustände, wie sie an den Höfen seiner Brüder normal sind. Er missachtet ein Bauernkönigtum ohne Glanz und sucht die Verbindung zu dem in römischer Tradition stehenden Königtum der Westgoten in Spanien. Erfolgreich wirbt er um Brunichilde, die siebzehnjährige, viel bewunderte Tochter des Königs Athanagild, und feiert mit ihr Hochzeit. Damit weckt er den Neid seines Halbbruders Chilperich, der sich dem »kleinen Haudrauf« eigentlich überlegen und daher nun benachteiligt fühlt. Plötzlich schämt er sich seiner fünf Gemahlinnen, die alle nur Töchter einfacher Gefolgsleute sind: eines Hundertschaftsführers, eines Handwerkers, eines Schankwirts. Fredegunde, seine zweite Frau, war unfrei geboren und diente zunächst der ersten Gemahlin Chilperichs, die sie auf raffinierte Weise verdrängte, als Magd; so rückte sie an die erste Stelle auf.
Brunichilde hat eine Schwester, und Chilperich wirbt um sie. Seine Gesandtschaft hat zunächst keinen Erfolg am westgotischen Hof von Toledo. Man zögert dort, dem als Unruhestifter, Grobian und Frauenverächter übel beleumdeten Frankenkönig die Tochter zur Frau zu geben. Zwei Jahre ziehen sich die Verhandlungen hin. Erst als Chilperich den Eid leistet, sich von allen anderen Frauen zu trennen und künftig nur noch mit seiner rechtmäßigen Gemahlin zu leben, wird Galsvintha auf die Reise nach Soissons geschickt. Aber der König ist enttäuscht – die heiß Begehrte und auch mit Morgengabe und Wittum teuer Erkaufte ist reizlos, langweilig, frömmlerisch, ihrer jüngeren Schwester Brunichilde vollkommen unähnlich.
Anfangs hält Chilperich sich an seinen Eid, doch bald nimmt er heimlich und schließlich offen die Beziehungen zu Fredegunde wieder auf. Galsvintha beklagt sich und bittet ihn, ihr die Heimkehr an den gotischen Hof zu erlauben. Er lehnt ab, um ihre reiche Mitgift behalten zu können und weil er sich einem Racheakt der beleidigten Goten nicht gewachsen sieht.
Fredegunde besteht darauf, ihren früheren Rang am Hof zurückzuerhalten. Als sie behauptet, in einem von ihr belauschten Gespräch habe die Königin von einer geplanten Flucht zu ihrer Schwester nach Austrasien gesprochen, glaubt ihr der König. Er lässt Galsvintha von einem Knecht ermorden. Offiziell ist sie das Opfer einer tödlichen Krankheit. Chilperich heuchelt Trauer und Schmerz – und heiratet wenige Tage später Fredegunde zum zweiten Mal.
Für Brunichilde gibt es jedoch keinen Zweifel: Es war Mord. Sie sieht sich in der Pflicht zur Blutrache und stellt sich, da König Sigibert zögert, selbst an die Spitze der Rüstungen zu einem Vergeltungsschlag. Verstärkt durch germanische Haufen vom rechten Rheinufer, fällt das austrasische Heer in Neustrien ein. Chilperich leistet Widerstand, unterliegt jedoch meistens und zieht sich schließlich in den äußersten Winkel seines Reiches, nach Tournai (heute Belgien) zurück. Sigibert verfolgt ihn und nimmt Neustrien in Besitz. Auf dem Krongut Vitry lässt er sich auf den Schild heben und von den Neustriern per Akklamation zu ihrem König erheben. Chilperichs Untergang scheint nur noch eine Frage von Tagen zu sein. Dass Fredegunde in der belagerten Festung noch den lange erwarteten Sohn und Erben zur Welt bringt, ist ohne Bedeutung und von tragischer Ironie.
Doch plötzlich wendet sich das Blatt. Nur wenige Stunden ist Sigibert König von Neustrien. Noch am selben Abend, auf der Krönungsfeier, stürzen sich zwei Männer auf ihn und stechen ihn nieder. Chilperich, der sich schon tatenlos seinem Schicksal ergeben hatte, erfährt überrascht, dass Fredegunde es war, die die Mörder – ihr hörige einstige Liebhaber – mit vergifteten langen Messern rüstete und nach Vitry sandte.
Die in Paris zurückgebliebene Brunichilde erwartet derweil mit Ungeduld die Nachricht vom Ende des Mörderpaars …
Brunichilde, Königin von Austrasien
Childebert, Brunichildes Sohn, König, 5 Jahre alt
Ingunde, Brunichildes ältere Tochter
Chlodosvintha, Brunichildes jüngere Tochter
Herzog Boso, austrasischer Königsvasall
Herzog Gundoald, Vertrauter Brunichildes
Amalbert, austrasischer Edler
Frolaica, Dienerin der Brunichilde
Chilperich, König von Neustrien
Fredegunde, seine Gemahlin, Königin
Merovech, sein ältester Sohn
Chlodwig, sein zweitältester Sohn
Samson, sein dritter Sohn, Kleinkind
Basina, Tochter Chilperichs von Audovera
Rigunth, Tochter Chilperichs von Fredegunde
Chuppa, neustrischer Marschalk
Waddo, Gefolgsmann Chilperichs
Leudast, Comes von Tours
Merellus, Baumeister
Am Tage nach der Krönung Sigiberts in Vitry wurde auf Anordnung der Königin Brunichilde in Paris ein Freudenfest gefeiert.
Da in jener Zeit auch die wichtigste Nachricht nicht schneller zu ihrem Empfänger gelangte, als ein Bote sie ihm auf einem schnellen Pferd überbringen konnte, hatte Brunichilde erst an diesem Mittag die heißersehnte Botschaft von der Wahl ihres Gemahls zum neustrischen König erhalten.
Gleich nach der Schilderhebung hatte Sigila, ihr gotischer Vertrauter, einen Boten abgesandt, und wenig später war auch der offizielle Kurier vom Hofgut Vitry aufgebrochen.
Kurz nacheinander trafen die beiden ein.
Brunichilde, die fünfundzwanzigjährige Gotin, sah sich am Ziel. Sie war Königin der austrasischen und der neustrischen Franken. Ihr Königtum gewann an Größe und Macht, umfasste zwei Drittel des Gesamtreichs, hatte schon imperialen Schimmer.
Sie ließ die zweihundert Männer ihres Schutztrupps versammeln, Sigiberts Botschaft verlesen und sich ausgiebig huldigen. Dann verteilte sie Geld, und ein Festmahl wurde bereitet. Bald schallte von der Insel über den südlichen Seine-Arm fröhlicher Lärm nach der Stadt hinüber, wo das Pariser Volk, der Königin herzlich zugetan, sich nicht lange nötigen ließ und einstimmte.
Tags darauf kam keine Nachricht aus Vitry. Auch die mit Sigila vereinbarte tägliche geheime Botschaft blieb aus. Brunichilde beunruhigte das nicht. Sie vermutete, dass die Festgelage und Lustbarkeiten nach der Königswahl auch ihren pflichtgetreuen gotischen Günstling zur Nachlässigkeit verleitet hatten.
Der Trubel im Pariser Palast ließ ihr auch kaum Zeit zum Nachdenken. Ohne Unterlass musste sie Gratulanten aus der Stadt und aus der Umgebung empfangen. Die Honoratioren sprachen offen ihre Erwartung aus, dass Paris nun wieder Königsstadt würde, weil nur von diesem zentral gelegenen Ort aus die vereinigten Reiche mit ausgedehnten Gebieten jenseits des Rheins und der Loire regiert werden könnten.
Den Abend verbrachte Brunichilde in einer kleinen geselligen Runde mit Herzog Boso und dem Baumeister Merellus. Der Künstler trug bereits kühne Ideen für den Ausbau des Pariser Palastes und für eine Sommerresidenz in der Umgebung vor.
Indem sie sich an die schönen Bauten und Anlagen im heimischen Toledo erinnerte, konnte die Königin manche Anregung beisteuern. Das Gespräch wurde lebhaft und wandte sich auch bald anderen Gegenständen zu.
Der rotbärtige Herzog Boso, ein unerschöpflicher Plauderer, unterhielt die Gesellschaft mit allerlei Abenteuern und Anekdoten. Er sollte auf Sigiberts Befehl noch einmal an die Loire zurückkehren, um nach dem Wüten Theudeberts, des endlich niedergeworfenen und getöteten Sohnes des Königs Chilperich, die Verhältnisse dort zu ordnen. Doch Brunichilde, die ihm trotz seines oberflächlichen, flatterhaften Wesens geneigt war, hielt ihn von Tag zu Tag unter dem Vorwand auf, sich ohne ihn zu langweilen. In der Tat war er einer der wenigen, der sie zum Lachen bringen konnte. Boso war wie immer der Mittelpunkt der Gesellschaft.
An diesem Abend war viel von Gunthram die Rede, dem Ältesten der drei Merowinger, dem König von Burgund. Der hatte jetzt nur noch ein viel kleineres Reich als sein jüngster Bruder Sigibert. Von den Schätzen, die man bei Chilperich nach dessen endgültiger Niederlage zu erbeuten hoffte, würde ihm nichts zukommen. Er hatte ja keinen Anteil an dem unaufhaltsamen Siegeszug gegen den dritten Bruder. In dem heiter gestimmten Kreise fragten allerdings einige laut, ob es König Gunthram, dem alten Fuchs, nicht doch noch gelingen könnte, sich einen Anteil zu sichern.
Herzog Boso hielt das für möglich und wartete dazu mit Beispielen für Gunthrams Findigkeit und Geschäftstüchtigkeit auf. Unter anderem erzählte er dazu eine Geschichte, die viele noch nicht kannten. Man fand, dies sei eine der besten Geschichten vom schlauen Gunthram und lohnte, in den fränkischen Annalen aufgezeichnet zu werden.
***
Boso erzählte: Ihr wisst ja, König Charibert von Paris starb ganz unerwartet. Er war erst in mittleren Jahren, hatte nur sechseinhalb Jahre regiert.
Er hinterließ ein ausgezehrtes Land und – drei trauernde Witwen. Zwei von ihnen erschöpften sich in Geseufze und Klagen. Die Dritte aber, die Jüngste, verlor keine Zeit. Sie rief ihren Schreiber und diktierte ihm einen Brief an den Bruder des Verewigten, unseren allseits verehrten König Gunthram. Der hielt sich gerade in seiner Stadt Orléans auf. Ein Eilbote überbrachte das Schreiben, und Herr Gunthram las erstaunt:
»Wie du wohl weißt, hat uns dein Bruder, mein teurer Gemahl, verlassen. Gott der Herr erbarme sich seiner Seele. Wie soll ich nun weiterleben ohne die Freuden der Liebe und Ehe? Als Königin kann ich diese auch künftig nur im Bett eines Königs genießen. Deshalb bitte ich dich, mir solche zu gewähren und mich als deine Braut zu empfangen. Ich bringe Schätze mit, die dein Herz erfreuen werden, und auch meine Schönheit wird deinem Auge wohltun. Zögere nicht und befiehl, dass ich komme.«
»Sieh an«, sagte König Gunthram, »meine Schwägerin macht mir einen Heiratsantrag. Das ist zwar gegen die gute fränkische Sitte, aber wir wollen nicht kleinlich sein. Richte ihr aus«, beauftragte er den Boten, »dass sie mit ihren Schätzen nur herkommen soll. Ich werde sie mit allen Ehren empfangen und ihr gern ihren Wunsch erfüllen. Zufällig bin ich gerade unbeweibt, das trifft sich gut!«
Der Bote machte sich auf den Rückweg.
»Bin gespannt auf diese Theudichilde«, sagte Gunthram zu seinen Vertrauten. »Mein Bruder Charibert hatte einen recht eigenwilligen Geschmack in Bezug auf Frauen. Je größer und dicker, desto besser. Ich habe sie leider noch nicht kennengelernt, er war wohl erst seit kurzer Zeit mit ihr verheiratet. Sie soll die Tochter eines Schäfers sein.«
Kaum zu glauben, aber nur vier Tage später traf Theudichilde mit mehreren hochbepackten Wagen und einer Hundertschaft von Dienern und Leibwächtern in Orléans ein.
Sie war, wie erwartet, wohlbeleibt und einen Kopf größer als unser guter König Gunthram. Trotzdem war die Begrüßung herzlich, und nachdem Gunthram sich aus der ersten Umarmung befreit hatte, führte er Theudichilde in seinen Palast.
»Hier ist alles ein bisschen verwahrlost«, fand sie. »Aber ich werde schon Ordnung schaffen. Zum Glück muss ich mich bei dir nicht mit anderen Königinnen herumplagen, die eifersüchtig sind und alles besser verstehen wollen.«
»Die häuslichen Verhältnisse meines Bruders«, fragte Gunthram, »waren wohl schwierig?«
»Chari war leider zu weich«, klagte sie. »Er ließ diesen Weibern jeden Willen. Außerdem trank er zu viel und machte sich zum Narren. Sie tanzten ihm auf der Nase herum und betrogen ihn mit der halben Gefolgschaft. Eine musste er verstoßen, und wegen der beiden anderen tat ihn der Bischof sogar in den Kirchenbann. Er hatte viel Unglück mit seinen Frauen. Nur mit mir genoss er die wahren Ehefreuden!«
»Das glaube ich gern«, sagte Gunthram höflich.
»Du wirst nicht bereuen, dass du mich herriefst. Ich werde auch dich glücklich machen. Man sagte mir, dass du früher schon verheiratet warst. Hast du auch so viel gelitten?«
»Oh, sicher nicht mehr als mein guter Bruder«, erwiderte er. »Meine zweite Frau war eine Giftmischerin und ermordete den Sohn, den ich von meiner ersten hatte. Deshalb trennte ich mich von ihr. Das ist schon alles.«
»Du Ärmster!«, rief sie. »Wie du dich danach sehnen musst, endlich an einem liebenden Herzen zu ruhen. Ist alles für die Hochzeit vorbereitet?«
»Gewiss, es wird ein prächtiges Fest geben«, beeilte sich Gunthram zu versichern. »Nur muss ich vorher noch einen Besuch in meiner Stadt Arles machen, dort wird in einigen wichtigen Angelegenheiten meine königliche Entscheidung benötigt. Es wäre mir ein großes Vergnügen, würdest du mich dorthin begleiten.«
»O fein!«, rief Theudichilde und klatschte in die Hände. »So lerne ich gleich mein künftiges Reich kennen!«
»Das Volk wird von dir begeistert sein!«, versicherte er.
»Wie du selbst, hoffe ich, mein kleiner Gunthi.«
»Ich bin es doch schon! Und nun solltest du mir auch deine Schätze zeigen!«
»Welche meinst du?«, fragte sie kokett.