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Impressum

 

www.vahlen.de

 

ISBN 978-3-8006-4615-9

 

© 2015 Verlag Franz Vahlen GmbH
Wilhelmstraße 9, 80801 München

Satz: Jung Crossmedia Publishing GmbH
eBook‐Produktion: datagroup int. SRL, www.datagroup.ro

 

Dieser Titel ist auch als Printausgabe beim Verlag und im Buchhandel erhältlich.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorwort des Übersetzers

Teil I: Leading Change – Den Wandel führen

Kapitel 1: Unternehmenswandel: Warum Unternehmen scheitern

Kapitel 2: Erfolgreicher Wandel und die Kraft, die ihn antreibt

Teil II: Der Acht-Stufen-Prozess

Kapitel 3: Ein Gefühl für Dringlichkeit erzeugen

Kapitel 4: Eine Führungskoalition aufbauen

Kapitel 5: Vision und Strategie entwickeln

Kapitel 6: Die Vision des Wandels kommunizieren

Kapitel 7: Mitarbeiter auf breiter Basis befähigen

Kapitel 8: Schnelle Erfolge erzielen

Kapitel 9: Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen einleiten

Kapitel 10: Neue Ansätze in der Kultur verankern

Teil III: Konsequenzen für das 21. Jahrhundert

Kapitel 11: Das Unternehmen der Zukunft

Kapitel 12: Leadership und lebenslanges Lernen

VVorwort

Im Sommer 1994 schrieb ich einen Artikel für den Harvard Business Review (HBR) mit dem Titel „Leading Change: Why Transformation Efforts Fail“ (dt.: Den Wandel führen: Warum Transformationsbemühungen scheitern). Dieser Artikel basierte auf meiner Analyse Dutzender Initiativen, die in den vergangenen fünfzehn Jahren durch Restrukturierung, Reengineering, neue Strategien, Akquisitionen, Verschlankung, Qualitätsprogramme und kulturelle Erneuerung signifikante und sinnvolle Veränderungen in den Unternehmen bewirkten.

Als ich den Artikel beendet hatte, wusste ich, dass ich mehr zu dem Thema schreiben wollte. Und so begann ich kurz darauf mit der Arbeit an diesem Buch. Der Artikel „Leading Change“ wurde in der März-/April-Ausgabe 1995 des HBR veröffentlicht. Kurz nach dem Erscheinen kletterte der Beitrag auf Platz eins unter den Tausenden von Nachdrucken dieser Zeitschrift. Dies ist erstaunlich im Hinblick auf die hohe Qualität der insgesamt verfügbaren Nachdrucke und auf die normalerweise lange Zeitspanne, die nötig ist, um ausreichend Volumen für Nachdrucke zu bekommen.

Außergewöhnliche Ereignisse wie diese sind immer schwer zu erklären, aber Gespräche und Korrespondenzen mit HBR-Lesern legten nahe, dass der Artikel in zwei Punkten den Nerv der Zeit getroffen hatte. Einerseits lasen die Manager die Liste der Fehler, die Organisationen oft machen, wenn sie versuchen, wirkliche Veränderung zu schaffen, und sagten: „Ja! Aus diesen Gründen haben wir weniger erreicht, als wir erhofften.“ Zum anderen überzeugte die Leser das „Acht-Stufen-Rahmenkonzept für den Wandel“. Es war ein sinnvoller Wegweiser und half den Menschen, über Wandel, Probleme mit Veränderungen und über Veränderungsstrategien zu sprechen.

Beim Schreiben dieses Buches habe ich versucht, auf diese beiden Eigenschaften aufzubauen und noch einige weitere hinzuzufügen. Im Gegensatz zum Artikel beinhaltet dieses Buch nun zahlreiche Beispiele, die aufzeigen, was zu funktionieren scheint und was nicht.

Diesbezüglich ist es pragmatischer und praxistauglicher angelegt. Weiterhin ist es mir ein Anliegen, den Faktor „Leadership“ (also das Führen) als Motor des Wandels explizit aufzugreifen und seine Verknüpfung mit der klassischen „reinen Managementdenke“ (also dem Managen), unabhängig von der Qualität der involvierten Personen, herauszuarbeiten, da ohne Leadership jeder fundamentale und nachhaltige Wandel unweigerlich zum Scheitern verurteilt ist. Schließlich habe ich den untersuchten Zeitraum erweitert und zeige, wie Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts uns zu diesem VIPunkt brachten und untersuche Auswirkungen auf das 21. Jahrhundert.

Wer mit meiner Arbeit vertraut ist, wird feststellen, dass dieses Werk einige Ansätze meiner Veröffentlichungen „A Force For Change: How Leadership Differs from Management“ (dt.: Abschied vom Erbsenzähler, Econ-Verlag, 1991), „Corporate Culture and Performance“ (dt.: Die ungeschriebenen Gesetze der Sieger. Erfolgsfaktor Firmenkultur, Econ-Verlag, 1993) und „The New Rules: How to Succeed in Today’s Post-Corporate World“ (dt.: Die neuen Spielregeln für die Karrieren. Erfolg in der Zeit nach den Großkonzernen, Ueberreuter Verlag, 1995) integriert und vertieft.

Obwohl dieses Buch eine logische Erweiterung meiner vorangegangenen Arbeiten ist, weicht es unter formalen Aspekten von diesen ab. Im Gegensatz zu meinen früheren Büchern beinhaltet „Leading Change“ keine Fußnoten und kein umfangreiches Glossar. Ich habe weder auf Beispiele noch auf vorhandene Ansätze aus anderen Quellen – außer meinen eigenen – zurückgegriffen. Ich habe auch keine Zitate aus anderen Quellen verwendet, um meine Schlussfolgerungen zu stützen. In diesem Sinne ist diese Arbeit persönlicher, als die von mir bereits veröffentlichten. Ich kommuniziere hier, was ich gesehen, gehört und aufgrund einer Reihe von verknüpften und immer wichtiger werdenden Themen geschlussfolgert habe.

Mehrere Personen haben den Entwurf dieses Buches gelesen und mir hilfreiche Anregungen gegeben. Zu ihnen gehören Darrell Beck, Mike Beer, Richard Boyatzis, Julie Bradford, Linda Burgess, Gerald Czarnecki, Nancy Dearman, Carol Franco, Alan Frohman, Steve Guengerich, Robert Johnson, Jr., Carl Neu, Jr., Charlie Newton, Barbara Roth, Len Schlesinger, Sam Schwab, Scott Snook, Pat Tod, Gayle Treadwell, Marjorie Williams und David Windom. Einige andere haben mich sehr bei den Vorarbeiten zum Manuskript inspiriert, insbesondere Ed Schein und Paul Lawrence. Mein Dank geht an alle.

VIIVorwort des Übersetzers

„Leading Change“ von John Kotter ist ein weltweiter, zeitloser Bestseller.

John Kotter ist eine beeindruckende Persönlichkeit. Wer ihn selbst erlebt hat, wird dies bestätigen. 2001 war ich nach San Diego zu einem Vortrag auf einer Veranstaltung mit 700 Teilnehmern eingeladen. Kurz bevor der Moderator auf dem Kongress mich dem Plenum vorstellte, gab er in einer Vorankündigung bekannt, dass John Kotter persönlich nicht anwesend sein würde. Ich war etwas enttäuscht. Bis zu seinem Beitrag. Er wurde über Video eingeblendet, hielt aber nicht nur einen Vortrag, sondern entwickelte seinen Beitrag „aus der Ferne“ nach und nach als Gruppenarbeit zum Veränderungsmanagement. Das erlebt man in dieser Art und Weise nicht alle Tage ...

Zu dieser Zeit hatte ich gerade meine eigene Habilitation zum Thema Veränderungsmanagement fertig gestellt und war tief in die facettenreiche Materie des Change Management eingetaucht. Da war es besonders faszinierend zu sehen, wie einfach und interaktiv dieser Mann die komplexen Botschaften systematischen Veränderungsmanagements auch in große Gruppen hinein transportieren konnte.

Als deshalb der Verlag Vahlen anfragte, ob ich dieses Buch von John Kotter ins Deutsche übersetzen möchte, habe ich keinen Moment gezögert, diese Aufgabe zu übernehmen, mit tatkräftiger Unterstützung meiner beiden Kollegen Dominik Veit und Sacha Rezzadori von Seidenschwarz & Comp.

Wir haben nicht versucht, das Buch von seinem amerikanischen Grundcharakter zu befreien und sprechen deshalb beispielsweise nicht von Wolfsburg, wenn John Kotter ein Beispiel aus Detroit aufgreift. Auf wenigen Seiten merkt man auch, dass das Buch viel „Erfahrung“ ausstrahlt, wenn es an einer Stelle zum Beispiel auf den weltweiten Zusammenbruch des Kommunismus zu sprechen kommt. Da haben wir uns nah an die Vorlage gehalten, um dem Wunsch des Autors zu entsprechen und keine Veränderungen vorzunehmen. Das mag, gerade dem deutschen Leser, punktuell ins Auge stechen. Es nimmt dem Werk jedoch nichts von der Faszination seiner stringenten Logik.

Manchmal könnte man sich zu der Annahme verleiten lassen, dass John Kotter dem Leser, bspw. einer Führungskraft in der Unternehmenspraxis, den Eindruck vermitteln möchte, man könne Veränderungen in den Unternehmen einfach so steuern. Bei genauerem Hinsehen erkennt man aber, dass man nicht in diese Versuchung geraten sollte. Kotters Erklärungsansatz betont zwar wiederkehrend die Bedeutung des Leadership. Und mit VIIIdiesem Konzept des Leadership verdeutlicht er dann auch sehr wohl, wie man im Rahmen seines weltberühmten Acht-Stufen-Prozesses einen Wandel führen kann. Aber es sollte einem immer bewusst bleiben, dass sich nicht alles im Unternehmen omnipotent steuern lässt.

Mit diesem Ansatz des Buches und aufbauend auf diesem Verständnis haben wir in der täglichen Projektarbeit unseres Unternehmens und in Führungsseminaren für die obersten Führungsebenen internationaler Konzerne außergewöhnlich positive Erfahrungen gemacht. Diese positiven Erfahrungen wünschen wir auch allen Lesern dieses Werkes.

Starnberg, im Juli 2011

Werner Seidenschwarz

1Teil I:
Leading Change – Den Wandel führen

3Kapitel 1: Unternehmenswandel: Warum Unternehmen scheitern

Objektiv betrachtet, hat die Menge an bedeutenden, oft traumatischen Veränderungen in Organisationen besonders in den vergangenen zwei Jahrzehnten enorm zugenommen. Auch wenn einige Leute prophezeien, dass Reengineering, neue Strategien, Fusionen, Downsizing, Qualitätsaufwendungen und kulturelle Neuausrichtungen bald verschwinden werden, denke ich, dass dies sehr unwahrscheinlich sein wird. Starke makroökonomische Kräfte sind hier am Werk und diese können sich in den nächsten Jahrzehnten noch verstärken. Als Resultat werden immer mehr Unternehmen dazu gezwungen, Kosten zu reduzieren, die Qualität der Produkte und Dienstleistungen zu steigern, neue Wachstumschancen ausfindig zu machen und die Produktivität zu steigern. Sicherlich gab es Fälle, in denen große Veränderungsbemühungen einigen Unternehmen geholfen haben, sich signifikant den veränderten Bedingungen anzupassen, die Wettbewerbsposition zu verbessern und sich für eine wesentlich bessere Zukunft auszurichten. In zu vielen Situationen allerdings waren die Verbesserungen enttäuschend und führten zu einem unheimlichen Gemetzel, mit verschwendeten Ressourcen und ausgebrannten, verängstigten oder frustrierten Mitarbeitern. Bis zu einem gewissen Grad ist die Kehrseite des Wandels unabwendbar. Wann immer von Menschen gebildete Gemeinschaften gezwungen sind, sich den veränderten Gegebenheiten anzupassen, ist Schmerz allgegenwärtig. Doch ein Großteil der Verschwendung und der Ängste, die wir im letzten Jahrzehnt beobachten konnten, ist vermeidbar. Wir haben viele Fehler gemacht, die häufigsten davon sind die folgenden.

Fehler Nr. 1: Zu viel Selbstgefälligkeit zulassen

Der bei weitem größte Fehler, der beim Versuch der Organisationsveränderung gemacht wird, ist, sich in die Veränderung zu stürzen, ohne genügend Dringlichkeit unter Führungskräften und Mitarbeitern zu schaffen. Dieser Fehler ist fatal, weil Transformationen niemals ihr Ziel erreichen können, wenn der Grad der Selbstgefälligkeit hoch ist.

Als Adrien zum Leiter der Abteilung für Spezialchemikalien eines großen Unternehmens wurde, sah er viele Probleme und Chancen am Horizont, die meisten davon waren das Ergebnis der Globalisierung seiner Industrie. Als erfahrener und selbstbewusster Abteilungsleiter arbeitete er 4Tag und Nacht an Dutzenden neuen Initiativen, um das Geschäft und die Marge in einem zunehmend umkämpften Markt auszubauen. Er realisierte, dass nur wenige in seiner Organisation die Gefahren und Möglichkeiten so klar sahen wie er selbst, aber er sah dies nicht als unüberwindbares Problem an. Schließlich konnte man sie anspornen, sie zwingen oder durch andere ersetzen. Zwei Jahre nach seiner Beförderung musste er mit ansehen, wie eine Initiative nach der anderen in einem Meer von Überheblichkeit unterging. Trotz seiner Anreize und Drohungen brauchte die erste Phase seiner neuen Produktstrategie so viel Zeit, dass die Reaktionen der Wettbewerber jeden essenziellen Vorteil zunichte machten. Er konnte für sein Reengineeringprojekt keine ausreichenden Unternehmensmittel sicherstellen. Eine Reorganisation wurde durch begabte Verzögerungstaktiker aus seiner Belegschaft zu Tode geredet. Frustriert gab Adrien seine eigenen Leute auf und kaufte ein viel kleineres Unternehmen, das bereits viele seiner Ideen erfolgreich ausführte. Danach wurde über zwei Jahre ein subtiler Kampf ausgefochten, bei dem er mit Staunen und Entsetzen beobachten musste, wie Leute mit geringem Dringlichkeitsgefühl aus seiner Abteilung nicht nur alle wichtigen Lektionen des letzten Zukaufs ignorierten, sondern auch die guten und bewährten Fähigkeiten der neuen Abteilung unterdrückten.

Intelligenten Menschen wie Adrien gelingt es aus unterschiedlichen, jedoch zusammenhängenden Gründen nicht, zu Beginn einer Geschäftstransformation erfolgreich Dringlichkeit zu erzeugen. Sie überschätzen die Möglichkeiten, große Veränderungen bei einem Unternehmen zu erzwingen. Dabei unterschätzen sie die Schwierigkeit, Menschen aus ihrer Bequemlichkeit zu holen. Sie erkennen nicht, wie das eigene Handeln unbeabsichtigt den Status quo verstärken kann. Es fehlt ihnen an Geduld: „Genug mit den Trockenübungen, lasst uns endlich anfangen.“ Die negativen Auswirkungen, die bei der Abschaffung der Selbstgefälligkeit entstehen können, wirken paralysierend auf sie: Menschen werden defensiv, Moral und kurzfristige Resultate lassen nach. Oder noch schlimmer, sie verwechseln Dringlichkeit mit Ängstlichkeit und indem sie letzteres verstärken, drängen sie Menschen immer tiefer in ihren Unterstand und schaffen so noch mehr Widerstand gegen die Veränderungen. Dieses Problem hätte heute keine große Bedeutung, wenn Selbstgefälligkeit in den meisten Organisationen weniger ausgeprägt wäre. Aber das Gegenteil ist der Fall. Zu viel Erfolg in der Vergangenheit, ein Mangel an sichtbaren Krisen, niedrige Leistungsstandards, unzureichende Rückmeldungen von externen Kundenkreisen und weitere Faktoren summieren sich zu folgenden Erklärungen: „Ja, wir haben unsere Probleme, aber die sind nicht so schlimm und ich mache meinen Job ganz gut“, oder: „Sicherlich haben wir große Probleme, aber die Ursachen liegen nicht bei uns.“ Ohne ein Gefühl der Dringlichkeit werden Menschen nicht den erforderlichen zusätzlichen Aufwand betreiben. Sie werden die notwendigen Opfer nicht erbringen. Stattdessen 5klammern sie sich an den Status quo und verweigern sich neuen Initiativen. Dies führt dazu, dass sich Reengineeringmaßnahmen festfahren, neue Strategien nicht richtig implementiert werden, Akquisitionen nicht richtig assimiliert werden, Verschlankungen sich nicht auf die größten Verschwendungen auswirken und Qualitätsprogramme zu oberflächlichem bürokratischem Gerede statt zu wirklicher Unternehmenssubstanz werden.

Fehler Nr. 2: Die Schaffung einer ausreichend starken Führungskoalition scheitert

Man sagt, dass tief greifender Wandel unmöglich ist, wenn der Chef des Unternehmens ihn nicht aktiv unterstützt. Was ich hier anspreche, geht weit darüber hinaus. Bei erfolgreichen Unternehmensumwandlungen ziehen der CEO, der Geschäftsführer oder die Abteilungsleiter und weitere fünf, fünfzehn oder fünfzig Leute mit der Verpflichtung zur Leistungsverbesserung gemeinsam als Team an einem Strang. Diese Gruppe beinhaltet jedoch in den seltensten Fällen die gesamte oberste Führungsmannschaft, da manche von ihnen, zumindest am Anfang, nicht voll hinter der Sache stehen. In den erfolgreichsten Fällen allerdings ist diese Koalition immer schlagkräftig – in Bezug auf formelle Titel, Information und Expertise, Reputation und Beziehungen – und fähig, zu führen. Individuen alleine, egal wie kompetent oder charismatisch sie auch sein mögen, verfügen nie über alle notwendigen Attribute, um Traditionen und Trägheit zu überwinden – außer vielleicht in sehr kleinen Organisationen. Schwache Komitees sind üblicherweise noch uneffektiver. Bestrebungen, die ohne eine ausreichend starke Führungskoalition durchgeführt werden, können eine Weile für erkennbaren Fortschritt sorgen. Die Organisationsstruktur kann geändert werden oder eine Reengineeringmaßnahme kann gestartet werden. Früher oder später werden jedoch gegensteuernde Kräfte diese Maßnahmen untergraben. In der Auseinandersetzung hinter den Kulissen, zwischen einer einzelnen Führungskraft oder einem schwachen Komitee und der Tradition, kurzfristigen Eigeninteressen und dergleichen, gewinnen fast immer letztere. Sie verhindern, dass der Strukturwandel die notwendigen Verhaltensänderungen hervorbringt. Sie blockieren Reengineering durch passiven Widerstand. Sie verwandeln Qualitätsprogramme in Quellen weiterer Bürokratie anstatt in Kundenzufriedenheit.

Als Leiterin der Personalabteilung einer großen US-amerikanischen Bank war Claire sich ihrer eingeschränkten Autorität bewusst und ihr war klar, dass sie nicht in einer guten Position war, um Initiativen außerhalb des Personalbereichs zu leiten.

Dennoch, mit wachsender Frustration über die Unfähigkeit ihres Unternehmens, auf neuen und stetig wachsenden Wettbewerbsdruck anders 6als nur mit Entlassungen zu reagieren, akzeptierte sie die Aufgabe, die Arbeitsgruppe „Qualitätsverbesserung“ als Vorsitzende zu leiten. Die darauf folgenden zwei Jahre wurden die schlimmsten in ihrer gesamten Karriere. An dieser Arbeitsgruppe nahm kein einziger der drei Top-Manager des Unternehmens teil. Nachdem bereits die Terminierung des ersten Meetings außergewöhnlich schwerfällig wurde – einige Gruppenmitglieder beschwerten sich über ihre hohe Auslastung – wusste sie, dass sie in Schwierigkeiten war. Es wurde danach nicht besser. Die Arbeitsgruppe wurde eine Karikatur aller schlechten Komitees: langsam, politisch, unangenehm. Die meiste Arbeit wurde durch eine kleine und engagierte Untergruppe erledigt. Andere Mitglieder und Vorgesetzte hingegen entwickelten wenig Interesse und Verständnis für die Bemühungen der Gruppe. So wurde so gut wie keine der abgegebenen Empfehlungen umgesetzt. Die Arbeitsgruppe dümpelte weitere achtzehn Monate vor sich hin und geriet dann in Vergessenheit.

Auch wenn der Grad der Selbstgefälligkeit niedrig ist, unterschätzen Unternehmen mit wenig Erfahrung in den Bereichen Transformation oder Teamarbeit die Notwendigkeit eines dedizierten Teams oder sie setzen voraus, dass dieses Team durch Abteilungsleiter aus den Bereichen Personal, Qualität oder Strategische Planung, und nicht durch einen Top-Manager, geführt werden kann. Egal wie fähig oder motiviert der Teamleiter auch ist, Führungskoalitionen ohne das Top-Management haben nicht die Durchsetzungskraft, um die oftmals existierende, massive Trägheit zu überwinden.

Fehler Nr. 3: Die Kraft der Vision unterschätzen

Dringlichkeit und ein starkes Führungsteam sind notwendige, aber nicht ausreichende Voraussetzungen für tief greifenden Wandel. Von den weiteren Elementen, die zu einer erfolgreichen Transformation gehören, ist keines wichtiger als eine sinnvolle Vision. Die Vision spielt eine Schlüsselrolle bei der Durchführung sinnvollen Wandels, indem sie hilft, die Aktionen vieler Menschen zu lenken, anzupassen und zu inspirieren. Ohne angemessene Vision kann sich eine Transformationsbestrebung schnell in eine Liste von verwirrenden, inkompatiblen und zeitaufwändigen Projekten auflösen, die in die falsche oder sogar in keine Richtung gehen. Ohne eine vernünftige Vision würden das Reengineeringprojekt in der Buchhaltung, die neue 360-Grad-Leistungsbeurteilung in der Personalabteilung, das Qualitätsprogramm in der Fabrik und die kulturellen Änderungen im Vertrieb nicht sinnvoll zusammenpassen, oder es würde nicht genug Energie freigesetzt, um irgendeine der Initiativen ordnungsgemäß umzusetzen.

Weil sie die Schwierigkeiten des Wandels sehen, versuchen manche Menschen, die Ereignisse still und heimlich hinter den Kulissen zu manipulieren, 7um dadurch öffentliche Diskussionen über die zukünftige Richtung zu vermeiden. Aber ohne eine Vision, durch die eine Entscheidungsfindung geleitet wird, kann sich jeder Beschluss in einer endlosen Diskussion auflösen. Die kleinste Entscheidung kann einen erbitterten Streit herbeiführen, der Energie raubt und die Moral zerstört. Bedeutungslose taktische Schritte können Diskussionen dominieren und wertvolle Stunden vergeuden.

Bei vielen gescheiterten Transformationen finden Sie Pläne und Programme, die als Vision dienen sollen.

Als sogenannter „Qualitäts-Zar“ für ein Kommunikationsunternehmen investierte Conrad viel Zeit und Geld in die Produktion von dicken Handbüchern, die seine Wandelbestrebungen bis ins kleinste Detail beschrieben. Die Bücher enthielten Prozeduren, Ziele, Methoden und Deadlines. Aber nirgendwo fand sich eine klare und fesselnde Aussage darüber, wohin dies alles führen sollte. Kein Wunder, dass die meisten seiner Mitarbeiter, nachdem er Hunderte dieser Handbücher verteilte, mit Verwirrung oder Entfremdung reagierten. Die großen dicken Bücher brachten sie weder zusammen noch inspirierten sie den Wandel. Wahrscheinlich erreichten sie nur das Gegenteil.

Bei erfolglosen Transformationsbestrebungen hat das Management manchmal durchaus Gespür für die Richtung, allerdings ist diese zu kompliziert oder unscharf. Letztens fragte ich den Manager einer mittelständischen Fertigung, mir seine Vision zu beschreiben, und ich erhielt von ihm einen kaum verständlichen 30-minütigen Vortrag. Er sprach über Akquisitionen, die er hoffte, durchführen zu können, eine neue Marketingstrategie für eines der Produkte, seine Definition von „Customer First“, seine Pläne über die Einstellung einer neuen Führungskraft von außen, Gründe für die Schließung des Büros in Dallas und vieles mehr. Begraben unter all diesen Informationen waren die grundlegenden Aussagen über die zukünftige Richtung. Aber sie waren sehr tief verschüttet.

Eine nützliche Faustregel: Wenn man die Vision einer Veränderungsmaßnahme nicht in fünf Minuten (oder weniger) beschreiben kann und darauf eine Reaktion bekommt, die Verständnis und Interesse signalisiert, dann wird man mit Sicherheit Schwierigkeiten bekommen.

Fehler Nr. 4: Mangelnde Kommunikation der Vision um einen Faktor 10 (oder 100 oder sogar 1 000)

Tief greifender Wandel ist normalerweise unmöglich, wenn nicht alle Mitarbeiter gewillt sind, zu unterstützen, oftmals auch durch kurzfristige Opfer.

Auch wenn Menschen mit dem Status quo unzufrieden sind, werden sie keine Opfer bringen, solange sie nicht davon überzeugt sind, dass die Vorteile des Wandels überwiegen und die Transformation auch tatsächlich 8durchführbar ist. Ohne eine intensive und glaubwürdige Kommunikation werden Herz und Verstand der Mitarbeiter nicht für die Sache gewonnen.

Es existieren drei ineffiziente Kommunikationsmuster, die durch die Gewohnheit während stabiler Zeiten entstehen:

Im ersten Muster entwickelt eine Gruppe eine gute Vision für die Transformation und versucht, diese dann nur durch ein paar Meetings oder durch Versendung einiger weniger Protokolle „zu verkaufen“. Die Mitglieder dieser Gruppe, obwohl sie nur einen kleinen Teil der jährlichen unternehmensinternen Kommunikation zur Vermittlung genutzt haben, reagieren überrascht, wenn Mitarbeiter den neuen Ansatz nicht sofort zu verstehen scheinen.

Beim zweiten Muster investiert der Kopf der Organisation viel Zeit in Vorträge an Mitarbeitergruppen, in denen die meisten Manager bemerkenswert ruhig sind. In diesem Fall erhält die Vision zwar bedeutend mehr Kommunikationszeit als im ersten Fall, aber der Umfang ist immer noch nicht ausreichend.

Beim dritten Muster wird viel Zeit und Aufwand für Newsletter und Reden aufgewandt, aber einige, für alle deutlich, sichtbare Persönlichkeiten verhalten sich nach wie vor im Widerspruch zur angekündigten Vision, sodass der Zynismus unter den Beschäftigten wächst und der Glaube an die neue Botschaft verblasst.

Einer der besten CEOs, die ich kenne, gibt zu, dass er hierbei in den frühen Achtzigern versagt hat. „Zu der Zeit“, sagte er mir, „sah es so aus als würden wir sehr viel Aufwand in die Kommunikation der Ideen stecken. Aber einige Jahre später erkannten wir, dass wir meilenweit davon entfernt waren. Schlimmer noch, wir trafen hin und wieder Entscheidungen, die andere als inkonsistent zu unserer Kommunikation ansahen. Ich bin sicher, dass einige Mitarbeiter dachten, wir wären ein Haufen heuchlerischer Trottel.

Kommunikation äußert sich sowohl in Worten als auch in Taten. Letztere sind generell die wirkungsvollere Form. Nichts untergräbt den Wandel mehr als ein im Widerspruch zu den Inhalten der verbalen Kommunikation stehendes Verhalten der Schlüsselspieler.

Und doch geschieht genau dies immer wieder, auch in den renommiertesten Unternehmen.

Fehler Nr. 5: Zulassen, dass Hindernisse die neue Vision blockieren

Die Durchführung jeder Art bedeutenden Wandels setzt das Handeln einer großen Anzahl von Menschen voraus. Neue Initiativen versagen nur zu oft, 9wenn sich Mitarbeiter, obwohl sie die neue Vision begrüßen, durch große Hindernisse auf ihrem Weg entmachtet fühlen.

Oftmals existieren diese Hürden nur in den Köpfen der Menschen, und die Herausforderung besteht darin, sie davon zu überzeugen, dass keine externen Barrieren existieren. In vielen Fällen sind diese Hürden jedoch sehr real.

Manchmal liegen die Hürden in der Organisationsstruktur. Zu eng gefasste Stellenbeschreibungen können die Bemühungen, die Produktivität zu erhöhen oder den Kundenservice zu verbessern, verhindern. Vergütungen oder Systeme zur Leistungsbewertung können einen Menschen dazu zwingen, zwischen der neuen Vision und den Eigeninteressen entscheiden zu müssen. Am schlimmstem von allem sind aber die Vorgesetzten, die sich den neuen Umständen nicht anpassen wollen und Forderungen an Mitarbeiter stellen, die mit der Transformation inkonsistent sind.

Ein gut platzierter Blockierer kann so eine ganze Wandelbestrebung stoppen. Ralph tat genau dies. Seine Mitarbeiter bei einem großen Finanzdienstleister nannten ihn „den Fels“, ein Spitzname, den er als positiv empfand.

Ralph legte zwar sein Lippenbekenntnis zu den umfangreichen Veränderungsmaßnahmen seiner Organisation ab, aber er schaffte es nicht, sein Verhalten zu ändern oder seine Mitarbeiter für den Wandel zu gewinnen. Für ihn schienen die in der Vision des Wandels angesprochenen Ideen nicht lohnenswert. Er ließ das Personalgefüge unangetastet, obwohl es offensichtlich inkonsistent mit den neuen Idealen war. Mit diesen Aktionen wäre Ralph in jeder anderen Managementposition gescheitert.

Aber er hatte nicht irgendeine Managementposition. Er stand in seinem Unternehmen an dritter Stelle im Top-Management. Ralph handelte so, weil er nicht daran glaubte, dass seine Organisation großen Wandel brauchte, und weil er besorgt war, nicht gleichzeitig den Wandel und die erwarteten operativen Resultate erreichen zu können. Er kam mit diesem Verhalten durch, weil das Unternehmen keinerlei Erfahrungen im Umgang mit Personalproblemen im Top-Management besaß, weil einige Leute Angst vor ihm hatten und weil sein CEO keinen talentierten Kollegen verlieren wollte.

Das Resultat war desaströs. Manager der unteren Ebenen schlussfolgerten, dass das Top-Management sie mit ihrer Verpflichtung zur Transformation in die Irre geführt hatte, Zynismus wuchs und der ganze Aufwand verlief im Sande. Wann immer kluge und wohlmeinende Menschen den Abbau von Hürden vermeiden oder glauben, das nicht angehen zu müssen, demotivieren sie Mitarbeiter und verhindern den Wandel.

10Fehler Nr. 6: Die Unfähigkeit, schnelle Erfolge zu erzielen

Echte Transformation braucht Zeit. Komplexe Bemühungen, wie die Veränderung der Strategien oder die Restrukturierung des Geschäftes, sind dem Risiko ausgesetzt, an Momentum zu verlieren, wenn keine kurzfristigen Ziele erreicht werden und das dann auch nicht gewürdigt wird.

Die meisten Menschen wollen den langen Marsch nicht antreten, wenn sie nicht überzeugende Beweise innerhalb der ersten 6 bis 18 Monate dafür bekommen, dass am Ende der Reise die erwarteten Resultate stehen können. Ohne kurzfristige Erfolge geben zu viele Mitarbeiter auf oder treten in den aktiven Widerstand.

Kurzfristige Erfolge zu schaffen ist allerdings etwas anderes, als kurzfristige Erfolge zu erhoffen. Letzteres ist passiv, ersteres eine aktive Handlung.

In einer erfolgreichen Transformation suchen Manager aktiv nach Wegen, eindeutige Leistungsverbesserungen zu erzielen, die Ziele im jährlichen Planungssystem zu verankern, diese Ziele dann zu erreichen und die involvierten Personen mit Anerkennungen, Beförderungen oder monetär auszuzeichnen.

Bei Veränderungsinitiativen, die scheitern, fehlt es meist an systematischen Bestrebungen, eindeutige Erfolge innerhalb von 6 bis 18 Monaten zu garantieren. Entweder das Management nimmt an, dass positive Dinge passieren werden, oder es verzettelt sich so sehr in einer großen Vision, dass es sich nicht so sehr um kurzfristige Erfolge bemüht.

Nelson war von Natur aus eine Person der „großen Ideen“. Mithilfe zweier Kollegen entwickelte er ein Konzept, mit dem seine Lagerverwaltung neue Technologien nutzen konnte, um die Lagerkosten zu senken, ohne Bestandsausfälle zu riskieren. Die drei Manager schufteten erst ein Jahr und dann zwei weitere Jahre an dieser Vision.

Nach ihren eigenen Maßstäben erreichten sie Großartiges: Neue Bestandsüberwachungsmodelle wurden entwickelt, neue Hardware wurde gekauft, neue Software wurde geschrieben. Den Maßstäben von Skeptikern zufolge, besonders denen des Bereichscontrollers, der die Lagerbestände schnell sinken sehen wollte oder zumindest einen anderen finanziellen Vorteil erwartete, um die entstandenen Kosten auszugleichen, produzierten die Manager nichts. Als sie gefragt wurden, erklärten sie, dass große Veränderungen Zeit bräuchten. Der Controller akzeptierte dieses Argument zwei Jahre lang, bevor er das Projekt stoppte.

Menschen beschweren sich zwar oft darüber, dass sie gezwungen sind, kurzfristige Erfolge zu schaffen, aber unter den richtigen Umständen kann diese Art von Druck ein nützliches Element in einem Wandelprozess sein.

Sobald deutlich wird, dass Qualitätsprogramme oder kulturelle Veränderungsbestrebungen lange dauern werden, nimmt das Dringlichkeitsgefühl 11üblicherweise ab. Engagement für schnelle Erfolge kann helfen, Selbstgefälligkeiten zu reduzieren und detailliertes analytisches Denken zu fördern, um so transformierende Visionen zu klären oder zu revidieren.

In Nelsons Fall hätte dieser Druck einige kostensparende Kurskorrekturen und eine teilweise beschleunigte Umsetzung der neuen Bestandsüberwachungsmethode forcieren können. Mit ein paar kurzfristigen Erfolgen hätte dieses sehr sinnvolle Projekt überlebt und dem Unternehmen langfristig geholfen.

Fehler Nr. 7: Zu früh den Sieg erklären

Nach einigen Jahren harter Arbeit können Menschen dazu neigen, den Sieg in einer umfangreichen Wandelbestrebung bereits nach der ersten größeren Leistungsverbesserung zu feiern.

Das Feiern eines Sieges ist in Ordnung, jedoch zu suggerieren, dass die Arbeit beinahe komplett wäre, ist üblicherweise ein fürchterlicher Fehler. Bis der Wandel sich tief in einer Kultur verankert hat, was für ein gesamtes Unternehmen durchaus drei bis zehn Jahre dauern kann, sind neue Ansätze fragil und können sich jederzeit zurückentwickeln.

In der jüngsten Vergangenheit konnte ich Dutzende Wandelbestrebungen unter dem Motto Reengineering beobachten. In fast allen Fällen wurde der Sieg sofort nach der Durchführung des ersten größeren Projektes ausgerufen, und die teuren Consultants wurden bezahlt und nach Hause geschickt. Dies geschah, obwohl nur wenige, oder sogar keine Beweise für die Erreichung der gesetzten Ziele oder die Akzeptanz der neuen Ansätze durch die Mitarbeiter vorlagen.

Innerhalb weniger Jahre verschwanden die nützlichen Veränderungen langsam, aber stetig. In zwei der zehn Fälle ist es heute schwierig, überhaupt eine Spur der Reengineeringarbeit zu finden. Ich fragte kürzlich die Chefin einer Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Reengineering, ob diese Fälle ungewöhnlich seien. Sie antwortete: „Leider nein. Für uns ist es enorm frustrierend, einige Jahre für etwas zu arbeiten, etwas zu schaffen, und dann zu sehen, wie die Bestrebungen frühzeitig beendet werden. In vielen Unternehmen ist der vorgegebene Zeitrahmen nicht ausreichend, diese Art der Arbeit zu Ende zu führen und zu verankern.

In den letzten Jahrzehnten habe ich genau dies auch bei Qualitätsprojekten, bei Unternehmensentwicklungsbestrebungen und bei vielen anderen Themen gesehen.

Die Probleme beginnen üblicherweise früh im Prozess: Das Dringlichkeitsgefühl ist nicht intensiv genug, die Führungskoalition ist nicht stark genug, die Vision ist nicht klar genug. Die frühzeitige Siegesfeier stoppt jedes Momentum. 12Am Ende übernehmen wieder die der Tradition verhafteten Kräfte das Ruder.

Ironischerweise resultiert dieses Problem oftmals aus der Kombination von idealistischen Visionären und sich selbst bedienenden Bewahrern. Bei ihrer Begeisterung über das erste klare Zeichen des Fortschritts gehen die Initiatoren von Bord. Dann folgen die Widerständler, die schnell eine Gelegenheit finden, die Bemühungen zu torpedieren. Nach der Siegesfeier interpretieren die Widerständler den Sieg als Zeichen dafür, dass der Krieg vorbei ist und die Truppen nach Hause geschickt werden können. Erschöpfte Truppen lassen sich vom Sieg überzeugen. Sobald sie zu Hause sind, wollen sie nicht mehr an die Front zurück. Schon kurz darauf kommt der Wandel zum Stillstand und irrelevante Traditionen kehren wieder ein.

Den Sieg zu früh zu erklären, ist, wie auf dem Weg zu einem sinnvollen Wandel in ein Schlagloch zu stolpern. Und aus unterschiedlichen Gründen stolpern sogar kluge Menschen nicht nur einfach in dieses Loch, sondern springen sogar mit beiden Füßen hinein.

Fehler Nr. 8: Das Versäumnis, Veränderungen fest in der Unternehmenskultur zu verankern

Final gilt es anzumerken, dass Wandel nur dann von Dauer sein kann, wenn er ganzheitlich die Art und Weise bestimmt, „wie wir die Dinge um uns herum machen“, wenn er den gesamten Kreislauf unserer Arbeits- und Unternehmenseinheit durchfließt.

Bis neue Verhaltensweisen in sozialen Normen und gemeinsamen Werten verankert sind, werden sie immer hinterfragt, sobald der Druck der Veränderungsbestrebungen nachlässt.

Zwei Faktoren sind hier besonders wichtig, wenn neue Ansätze in einem Unternehmen verankert werden sollen. Der erste Faktor ist der bewusste Versuch, Menschen aufzuzeigen, wie spezifische Verhaltensweisen und Einstellungen zu einer Leistungsverbesserung beigetragen haben. Wenn Menschen diesen Bezug alleine herstellen müssen, wie es oftmals der Fall ist, ziehen sie häufig falsche Schlüsse.

Zu der Zeit, als die charismatische Coleen Abteilungsleiterin war, fand im Unternehmen gerade ein Wandel statt. Viele Mitarbeiter verknüpften die Leistungsverbesserungen mit ihrem extravaganten Führungsstil anstatt mit der neu eingeführten Customer-First-Strategie, obwohl gerade diese Strategie die Ursache der Erfolge war. Im Ergebnis verankerte sich die Lektion als „Schätze extravagante Manager“ und nicht als „Schätze Deine Kunden“ in der Unternehmenskultur.

13Einen Wandel erfolgreich zu verankern setzt voraus, dass man sich genügend Zeit nimmt, sicherzustellen, dass die nächste Managementgeneration den neuen Ansatz auch tatsächlich verkörpert. Ein weit verbreiteter Fehler ist, dass Beförderungskriterien nicht angepasst werden und so Transformationsbemühungen niemals nachhaltig sein können. Eine einzige falsche Nachfolgeentscheidung im Top-Management kann ein ganzes Jahrzehnt harter Arbeit zunichte machen. Schlechte Nachfolgeentscheidungen an der Unternehmensspitze resultieren oftmals daraus, dass der Vorstand nicht integrierter Teil des Wandels war.