Nr. 204

 

Das Drung

 

Sie mussten bedingungslos gehorchen – denn der Parasit hatte die CREST in seiner Gewalt

 

von KURT BRAND

 

 

Als auf der Erde das 25. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung anbricht, ist Perry Rhodans Solares Imperium zur größten politischen, wirtschaftlichen und militärischen Macht in der Milchstraße herangewachsen.

1112 Planeten in 1017 Sonnensystemen sind von Menschen besiedelt. 1220 Welten sowie viele Monde und Raumstationen in vielen Teilen der Galaxis dienen dem solaren Handel oder der solaren Flotte als Stützpunkte. Durch die Eingliederung des offenen Sternhaufens Praesepe im Sternbild des Krebses und durch die Erschließung der Plejaden im Sternbild des Stiers ist ein abgerundetes Imperium entstanden, das von der mächtigen solaren Flotte leicht beschützt und schnell durchflogen werden kann.

Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, wenn Perry Rhodan in der CREST II, dem neuen solaren Flaggschiff, im August des Jahres 2400 einem alten Problem zu Leibe geht: der Suche nach dem Planeten Kahalo, dessen Position in der Zentrumsballung der Milchstraße nie genau hatte bestimmt werden können.

Der Suche ist kein Erfolg beschieden, denn die CREST gerät in den Wirkungsbereich eines gigantischen Sonnentransmitters – und wird in den Abgrund zwischen den Milchstraßen geschleudert, in ein künstliches Sonnensystem, 900.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Für die Terraner scheinen die Welten dieses Systems eine tödliche Überraschung nach der anderen bereitzuhalten – und als Perry Rhodan und seine Gefährten Bigtown, die Stadt der Verfemten, wieder verlassen, hat DAS DRUNG sich ihrer längst bemächtigt ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Icho Tolot – Ein abenteuerlustiger Haluter.

Perry Rhodan – Großadministrator des Solaren Imperiums.

Oberst Cart Rudo – Ein Kommandant, der die Herrschaft über sein Schiff verloren hat.

Dr. Ralph Artur – Chefarzt der CREST II.

Dr. Spencer Holfing und Dr. Hong Kao – Zwei Wissenschaftler, die sich gegenseitig der Stümperei bezichtigen.

Gucky – Der Mausbiber glaubt, er wäre verrückt geworden.

Bert Hefrich – Chefingenieur der CREST II.

Es kannte weder Gut noch Böse.

Es wurde allein von dem Trieb beherrscht, den Weg in die Heimat zurückzufinden. Seit Jahrtausenden wartete es darauf. Es hatte Zeit zu warten. Jahre oder Jahrhunderte spielten in seinem Leben keine Rolle. Was in ihm starb, wurde sofort durch Neues ersetzt; deshalb blieb es, was es war.

Es hatte gewartet, ohne jemals ungeduldig zu werden.

Nun war die Zeit des Wartens zu Ende. Der Rückweg zu den heimatlichen Welten schien möglich.

Gut oder Böse waren ihm fremd, aber nicht unbekannt war ihm Gewalt. Es war eine Gewalt besonderer Art. Und es begann, sie rücksichtslos einzusetzen ...

 

1.

 

Mit Chefphysiker Doktor Spencer Holfing ging das cholerische Temperament wieder einmal durch. Er schlug mit der Faust auf den Tisch, wischte die Berechnungen zur Seite und sagte zu seinem Kollegen von der mathematischen Fakultät, Doktor Hong Kao: »Feierabend, mein Lieber! Ich lasse mich doch nicht von diesem Twin-System zum Narren halten. Wenn es Ihnen Spaß macht, sich diese Nacht mit Berechnungen um die Ohren zu schlagen – tun Sie es. Ich aber mache nicht mehr mit.«

»Aber – aber Kollege«, versuchte der kleine Dr. Hong Kao den anderen zu beruhigen. »Haben Sie nicht vor einer Stunde erst gesagt, wir kämen gut vorwärts?«

Der etwas dicke Spencer Holfing fuhr sich mit beiden Händen durch sein schlohweißes Haar. »Habe ich«, gab er unumwunden zu. »Aber was hat sich dann herausgestellt, Kao? Dass wir einem Denkfehler aufgesessen sind. Wir können immer noch nicht einwandfrei beweisen, dass dieses Twin-System eine Sicherheits-Zwischenstation nach der Galaxis Andromeda darstellt. Können wir nicht, oder doch?«

»Bis jetzt noch nicht«, gab Hong Kao zu, »aber alles spricht dafür. Und meiner Meinung nach sollten wir alles versuchen, um den Beweis zu erbringen, dass dieses System eine Transmitterstation im Leerraum zwischen Andromeda und unserer Galaxis ist. Vier von acht Planeten haben wir untersucht. Die Untersuchung der restlichen dürfte nicht mehr so gefährlich sein, weil wir inzwischen Erfahrungen gesammelt haben.«

Dr. Hong Kaos Worte machten auf Spencer Holfing keinen Eindruck. Er war entschlossen, sich heute nicht mehr mit diesen Problemen zu beschäftigen. Unmissverständlich sagte er das auch. »Und was Ihren bewundernswerten Optimismus angeht, wir hätten inzwischen schon Erfahrungen gesammelt – Ihre Behauptung in Gottes Ohr!« Er blickte seine Mitarbeiter an. »Meine Herren, es steht Ihnen frei, die Arbeit mit Doktor Kao fortzusetzen. Mich aber wollen Sie entschuldigen.«

Damit ging er.

Zur gleichen Zeit wurde Chefarzt Doktor Ralph Artur geweckt.

»Ja?«, meldete er sich über den Interkom. »Was gibt's denn?« Auf der Bildscheibe sah er Doktor Breuken, den verantwortlichen Arzt für das große Lazarett der CREST II.

»Darf ich Sie bitten, ins Lazarett zu kommen? Vor drei Stunden ist ein Techniker unter eigenartigen Krankheitserscheinungen eingeliefert worden. Bitte kommen Sie, und sehen Sie sich doch den Fall an. Scheint sehr interessant zu sein.«

Dr. Ralph Artur hätte viel lieber seinen Schlaf fortgesetzt. Nur um die Form zu wahren, fragte er: »Diagnose?«

»Diagnose zu stellen unmöglich!«, bekam er zur Antwort.

Das ließ ihn den Schlaf vergessen. »Ich bin in ein paar Minuten im Lazarett.«

Doktor Breuken erwartete ihn am Eingang. Kurz darauf standen sie vor dem Krankenbett, in dem der Techniker lag. Der Mann machte keineswegs den Eindruck eines Kranken. Er wollte sich aufrichten, als er Chefarzt Artur erkannte. »Bleiben Sie liegen.« Dr. Artur studierte die Untersuchungsergebnisse. Mehrere Male nickte er zustimmend. Als er die Folien aus der Hand legte, wandte er sich an den Kranken.

»Wie fühlen Sie sich?«

»Gut Doktor. Ich habe ja schon dreimal den Antrag gestellt, wieder entlassen zu werden, aber man lässt mich einfach nicht gehen.«

»Und welche Beschwerden hatten Sie, als Sie eingeliefert wurden?«

»Das Gefühl, ersticken zu müssen ...« Der Techniker verstummte, weil Chefarzt Artur wieder zur Reaktionskurve gegriffen hatte. Nach kurzem Studium blickte er Breuken an.

Der Techniker wurde durch diesen Blick beunruhigt. »Bin ich denn tatsächlich krank? Ich fühle mich doch ganz gesund!«

Er erhielt keine Antwort. Die Fachsprache der Mediziner verstand er nicht. Chefarzt Dr. Artur stellte Fragen auch an die anderen Ärzte.

Lähmung der motorischen und vasomotorischen Nerven; Ursache der Lähmung unbekannt; keine Diagnose möglich, warum die Lähmung plötzlich verschwunden war.

»Eingriff?«, fragte Breuken den Chefarzt.

Von einer Operation wollte Dr. Ralph Artur im Augenblick noch nichts wissen. »Ich vermisse eine Kontrolle, meine Herren. Überprüfen Sie die Stärke der Nervenströme und in welchem Verhältnis ihr Strom zu den Muskeln steht.«

Über den Interkom gab Breuken seine Anweisungen an die Sanitäts-Roboter. Der Techniker sah sie mit gemischten Gefühlen eintreten und blitzende Apparate um sein Bett herum aufstellen. Ohne dass es ihn schmerzte, wurden ein Dutzend Sonden in seinen Körper eingeführt. Ein leises Summen setzte ein, als die Geräte angeheizt waren. Dann schien er von allen Ärzten vergessen zu sein, denn sie kehrten ihm den Rücken zu und beobachteten, welche Werte die Geräte angaben.

Gespannt blickte der Techniker den Chefarzt an, als dieser sich wieder vor das Bett stellte.

»Sie sind gesund. Wir könnten Sie entlassen und wieder dienstfähig schreiben, wenn wir wüssten, was die Ursache ihres Erstickungsanfalles gewesen ist. Weil wir das noch nicht herausgefunden haben, müssen Sie noch im Lazarett bleiben. Sie können aber aufstehen.«

Die Sonden wurden herausgezogen. Ein Roboter schob sie in das Sterilisierungsgerät. Irgend etwas zischte. Ralph Artur beobachtete, wie der Techniker sich erhob, zu seinen Kleidern griff und sie anzog. Die anderen Ärzte machten ihm Platz.

»Bitte, gehen Sie auf den Gang hinaus. Gehen Sie wie sonst.«

Deutlich stand in dem Blick des Technikers zu lesen, dass er sich wie ein Versuchskaninchen vorkam. Er öffnete die Tür, ließ plötzlich den Griff los, warf beide Arme nach oben und stieß dabei ein Gurgeln aus, das in Röcheln überging.

Zwei Ärzte fingen ihn auf, legten ihn aufs Bett.

»Die Sonden!«, ordnete der Chefarzt an.

Vier geschulte Wissenschaftler führten die Sonden ein. Das Gerät zur Kontrolle der Nervenströme lief wieder. Die Automatik brachte zu jedem neuen Wert auch den Wert der vorausgegangenen Untersuchung.

»Stopp! Sonde 6, 7, 9 und 10 um 8 herum einführen!« Das Gerät war stillgelegt worden.

»Sonden sind eingeführt.«

Der Chefarzt setzte die Apparatur wieder in Gang. Immer wieder beobachtete er den Patienten. Dessen Zustand hatte sich etwas gebessert. Aber unter dem Erstickungsanfall litt er immer noch.

Jetzt tauchten Werte auf, die eindeutig zu erkennen gaben, dass an einer bestimmten Stelle im Körper des Technikers der Nervenstrom blockiert wurde.

»Schock!«, ordnete Chefarzt Artur an, um diese Blockierung damit zu beseitigen.

Unter der nun ausgelösten Schockwirkung bäumte sich der bewusstlose Kranke auf.

Chefarzt Artur starrte Breuken an. Der Schock hatte keine Wirkung hervorgerufen. »Injizieren!«, sagte er mit heiserer Stimme. Zwei Injektionspistolen gaben zischend den Inhalt ihrer Ampulle ab.

»Zustand bedenklich. Zusammenbruch des Kreislaufes. Puls flattert. Keine Änderung. Patient läuft blau an ...«

»Unterkühlung!«, rief Doktor Artur dazwischen. Er hatte schon die Alarmtaste gedrückt.

Keine zwanzig Sekunden später stampften Roboter herein.

Sie und die Geräte, die sie mitbrachten, wurden nicht mehr benötigt.

Der Zustand des Technikers hatte sich schlagartig bedeutend gebessert. Während eine Gruppe Ärzte den Besinnungslosen ratlos anstarrte, wurden seine Atemzüge wieder kräftiger. Der Puls klopfte wieder normal. Der Kreislauf war mit 135 zu 115 wieder stabil. Die Blaufärbung der Haut verschwand allmählich.

Chefarzt Ralph Artur ging mit seinem Kollegen Breuken auf den Gang.

»Verstehen Sie das? Ich nicht. Aber ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mich geweckt haben, Breuken. Dieser Krankheitsfall ist tatsächlich interessant. Welche Ansicht haben Sie, Breuken?«

»Keine. Ich komme mir hilflos vor.« Er wagte den Chefarzt nicht nach dessen Ansicht zu fragen. Dieser dürre und glatzköpfige Doktor Ralph Artur, ewig missmutig, konnte manchmal bissig antworten, wenn er sich durch Fragen belästigt fühlte.

»Breuken, wo macht der Mann Dienst?«

»In Kaulquappenhangar 2. Ernsthaft ist er noch nie krank gewesen. Was mich so ungeheuer stutzig macht, ist die Tatsache, dass wir mit den beiden injizierten Mitteln den Erstickungsanfall nicht bekämpfen konnten.«

Der Chefarzt rauchte immer noch hastig, aber er gab seine Meinung nicht preis. Plötzlich sagte er: »Ich muss mir alles noch einmal genau ansehen. Etwas an der Krankheitsgeschichte ist nicht normal ...«

 

*

 

Auf dem Deck 3 der CREST II begegneten sich Chefarzt Dr. Artur und Chefphysiker Dr. Holfing.

Dr. Artur sagte guten Abend. Dr. Holfing sagte im gleichen Moment guten Morgen. Beide stutzten, blieben stehen, der Arzt atmete schwer. Holfing musterte ihn. »Fertig?«, fragte er lakonisch.

»Ziemlich«, gab Dr. Ralph Artur zu und gähnte hinter der vorgehaltenen Hand. »Was macht unser Twin-System?« Er fragte nur aus Höflichkeit.

»Sie gehören ins Bett, Artur«, riet Spencer Holfing. »Schlaf ist und bleibt die beste Medizin. Was hat es denn gegeben, das Sie so fertiggemacht hat?«

Der Chefarzt gähnte abermals. »Ein Krankheitsfall, Holfing. Eigentlich nichts Besonderes. Erstickungsanfälle, Kreislaufzusammenbrüche und so weiter. Nur – wir wissen nicht, woher diese Anfälle kommen. Was macht Ihre Arbeit?«

Dr. Holfing winkte ab. »Wir treten auch auf der Stelle. Ist es ein Wunder, wenn man sich vor Augen hält, dass dieses Twin-System künstlich errichtet worden ist? Sicher, die Arkoniden haben mit Arkon auch einmal so etwas gemacht, aber hier gibt es zwei Sonnen von mehr als eine Million Kilometer Durchmesser, und diese Sterne sind knapp fünf Millionen Kilometer voneinander entfernt. Allein die Schwerkraftfelder, die durch dieses nahe Zusammenstehen entstanden sind, sind unwahrscheinlich. Doch mit meinem Reden halte ich Sie nur auf. Für Sie ist es jetzt Nacht; für mich beginnt der neue Arbeitstag. Angenehme Ruhe, Artur.«

Sie trennten sich. Der Chefarzt suchte seine Kabine auf und schlief fünf Minuten später schon. Dr. Spencer Holfing betrat den großen Arbeitsraum, in dem drei Rechengehirne standen. Er rechnete nicht mehr damit, den Kollegen Kao anzutreffen. Um so mehr war er überrascht, Perry Rhodan zu begegnen.

Dem Chef waren die Strapazen nicht mehr anzusehen, die er und die Besatzung der Kaulquappe C-5 auf dem Planeten Quarta hatten ertragen müssen.

»Holfing, ich wollte mich erkundigen, wie weit Ihre Arbeit fortgeschritten ist.«

Der Physiker machte ein unzufriedenes Gesicht. »Sir, dieses System gibt uns in physikalischer und mathematischer Hinsicht eine Reihe von Rätseln auf. Das Schwerkraftfeld zwischen den beiden Sonnen ist eins dieser Rätsel. Wir haben Oersted- und Maxwell-Werte festgestellt, die unvorstellbar sind. Aber wenn man sich erinnert, dass durch künstliche Einwirkungen ein kompletter Planet entstofflicht worden ist, dann erscheinen einem diese Werte nicht mehr abstrakt. Sir, ich bitte Sie, uns Zeit zu lassen, mit den neuen, unbekannten Tatsachen vertraut zu werden.«

Perry Rhodan hatte ihn aussprechen lassen. Jetzt sah er den Physiker prüfend an. »Holfing, haben wir so viel Zeit?«

»Sir, wir müssen uns diese Zeit nehmen!«, erwiderte der Experte beschwörend.

Rhodan schüttelte den Kopf. »Ich bin anderer Ansicht. Wir stehen etwa 900.000 Lichtjahre tief im Interkosmos; Andromeda ist schätzungsweise 550.000 Lichtjahre von uns entfernt. Mit dem Kalup der CREST II schaffen wir es nicht, nach Andromeda zu kommen, noch weniger unsere Galaxis wieder zu erreichen. Wir sind auf den Sonnentransmitter dieses Systems angewiesen. Das heißt, alle Kräfte einzusetzen, die Justierungsstation zu entdecken, über die man den Twin-Sonnentransmitter aktivieren kann, der uns und das Posbi-Schiff zum Sonnen-Sechseck in unserer Milchstraße zurück transmittiert. Natürlich wäre es dabei wertvoll, über die physikalischen Verhältnisse dieses künstlichen Systems so viel wie möglich zu wissen.«

Dr. Spencer Holfing, ein Wissenschaftler ersten Ranges, war mit der von Rhodan aufgezeichneten Entwicklung nicht einverstanden. »Sir, wenn wir nicht systematisch vorgehen, laufen wir Gefahr, nie mehr zu unserer Galaxis zurückzukommen. Was hilft es uns, wenn wir auf einem der vier Planeten, die wir noch untersuchen müssen, eine Einrichtung finden, mit der wir den Twin-Sonnentransmitter in Tätigkeit setzen können? Wer sagt uns, dass wir auch ganz bestimmt zur Milchstraße zurückgeschleudert werden? Nur wir selbst können uns darauf eine Antwort geben, wenn wir mit der Technik der Unbekannten wenigstens etwas vertraut sind ...«

Spöttisch blickte Perry Rhodan den Physiker an. »Haben Sie sich da nicht etwas zuviel vorgenommen, Holfing? Wie lange sollen wir denn dann im Interkosmos bleiben? Nein, Holfing, mit Akribie kommen wir nicht weiter. Dann sind wir in zehn Jahren noch hier. Uns bleibt nur die eine Möglichkeit, schnellstens jene Station zu finden, über die der Sonnentransmitter eingeschaltet wird, und dann sehr viel zu wagen, ohne jedoch das allergrößte Risiko einzugehen. Um Sie und Ihre Kollegen mit dieser neuen Marschrichtung bekannt zu machen, bin ich hier vorbeigekommen. Besprechen Sie den Fall mit den anderen Wissenschaftlern. Meinetwegen können Sie auch Icho Tolot zu Rate ziehen. Wenn Sie einen Vorschlag ausgearbeitet haben, melden Sie sich bei mir.«

»Wieviel Zeit steht dafür zur Verfügung, Sir?«

»Zwei Standardtage, Holfing. Im Augenblick werden noch einmal alle lebenswichtigen Maschinensätze der CREST überprüft. Das wird einen Tag in Anspruch nehmen. Anschließend erfolgt Generalkontrolle mit einer maximalen Dauerbelastung, die auf sechs Stunden festgesetzt ist. Für die Reparatur von Aggregaten, die dieser scharfen Beanspruchung nicht standhalten, sind noch einmal zwölf Stunden angesetzt. Bis dahin möchte ich gern Ihren Vorschlag hören.«

»Ich werde versuchen, mein Bestes zu tun, Sir.«

Rhodan ging. Als Doktor Spencer Holfing allein war, ging sein cholerisches Temperament mit ihm durch. Tobend lief er durch den Arbeitsraum. Der Auftrag des Chefs, das Problem des Twin-Sonnentransmitters nicht mehr mit wissenschaftlicher Sorgfalt, sondern mit spekulativem Einfühlungsvermögen zu lösen, ließ ihn an Rhodans Verantwortungsgefühl zweifeln.

Doktor Hong Kao, der unbemerkt eingetreten war, schreckte ihn mit dem Zuruf auf: »Welche Laus ist Ihnen denn über die Leber gelaufen, Holfing?«

Je länger Holfing sprach, um so stärker wurde Kaos Grinsen. Als er seinen Kollegen unterbrach, musste dieser sich anhören: »Der Vorschlag des Chefs gefällt mir, Holfing; Ihnen wohl nicht? Warum? Sie haben recht gehabt, gestern Abend die Arbeit einzustellen. Wenn wir wie bisher im alten Schema weiterarbeiten, benötigen wir Jahre ...«

Wütend fiel Spencer Holfing ihm ins Wort: »Jetzt reden Sie auch schon so, Kao!«

»Möchten Sie lieber bis in alle Ewigkeit im Twin-System kreisen, Holfing? Ich nicht. Und um das zu verhindern, bin ich gern bereit, auch etwas zu riskieren – genau wie der Chef. Gelingt es uns, wieder zu unserer Milchstraße zurückzukommen, dann finden wir den Weg nach hierhin bestimmt wieder. Und dann – mit einigen tausend Kollegen und dem dazugehörigen Park an Untersuchungsgeräten – dürfte es nicht mehr so schwer sein, diesem Sonnentransmitter die letzten Geheimnisse zu entreißen.«

Damit ließ er Spencer Holfing allein. Etwas zu früh. Denn kaum hatte sich die Tür hinter Hong Kao geschlossen, als der Chefphysiker wie ein Ertrinkender nach Luft rang, röchelnde Töne ausstieß, sich das Hemd vor der Brust aufriss, schwankte und besinnungslos zu Boden stürzte.

2.

 

Mory blickte ihren Mann unauffällig von der Seite her an. Soeben war er von einer Besprechung zurückgekommen. Wie immer ließ er sich nichts anmerken, aber seiner Frau konnte er trotzdem nichts vormachen.

Wortlos setzte sie ihm eine Tasse Kaffee vor. Der aromatische Duft zog durch die Kabine. Perry sah zu ihr auf, griff kurz nach ihrer Hand und sagte: »Danke, Liebste.«

Neben ihm nahm sie wieder ihren Platz ein. Sie fragte nicht, wie die Besprechung mit den technischen Leitern des Schiffes ausgegangen war. Sie wartete, bis er zu sprechen begann.

Diesmal dauerte es länger als sonst. Die Tasse war schon geleert, als Perry Rhodan über die Konferenz berichtete.

»Perry, hast du mir jetzt alles gesagt?«, fragte sie und legte ihm die Hand auf die Schulter. Langsam drehte er den Kopf. Ihre Blicke begegneten sich. Ein schwaches Lächeln tauchte um seinen Mund herum auf, verschwand jedoch sofort wieder.