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Nr. 381

 

Unternehmen Südsee

 

Ein Raumkommandant erkennt die tödliche Gefahr in der Tiefsee – und er greift ein, um die Erde zu retten

 

von HANS KNEIFEL

 

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Auf Terra und den anderen Welten des Solaren Imperiums schreibt man Ende Januar des Jahres 2437. Rund zweieinhalb Monate sind seit dem Tage verstrichen, da die Zeitpolizei ihren bislang schwersten Schlag gegen die Menschheit führte.

Mächtige Dolan-Flotten drangen unaufhaltsam in Richtung Erde vor. Die Niederlage der Terraner schien unabwendbar. Doch dann, in der Stunde allerhöchster Gefahr, geschah etwas, worauf niemand zu hoffen wagte: OLD MAN gab sein größtes Geheimnis preis. Der Robotgigant reagierte auf die Sonderschaltung seiner Erbauer und wehrte die Dolans ab.

Nach dem Ende des Kampfes gegen die Invasoren erhielt Perry Rhodan Informationen und Hinweise von den Erbauern OLD MANS. Der Großadministrator wurde veranlasst, eine alte Spur zu verfolgen, um Terra in den Besitz der ultimaten Abwehrwaffe zu bringen.

Auf gefahrvollen Umwegen gelangte Perry Rhodan an das Ziel seiner großen Suche: das System der Erbauer OLD MANS. Dort warteten weitere unliebsame Überraschungen und harte Auseinandersetzungen auf die Männer der CREST V. Und letztlich war es nur der Zeitsprung vom Jahre 2436 ins Jahr 7682 v. Chr. und wieder zurück, der bewirkte, dass Perry Rhodans Expedition nicht kläglich scheiterte, sondern zu einem vollen Erfolg wurde.

Das große Erbe der Lemurer konnte von den Terranern, den rechtmäßigen Erben der ersten Menschheit, in Besitz genommen werden.

Aber diese Hinterlassenschaft wird auch von Unbekannten zum Verderben der Menschheit angewendet. Das beweist das Unternehmen Südsee ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Vivier Bontainer – Perry Rhodans Retter gibt einen Notruf ab.

Arsali Bontainer – Ihre Flitterwochen werden empfindlich gestört.

Noel Minth-Kisilan – Ein Milliardär gibt eine Party.

Fanra Kisilan – Eine junge Frau an der Seite eines alten Mannes.

Guriman Halsterby – Kapitän der Unterwasserjacht POSEIDON.

Major Tschil Noukercen – Kommandant eines verschollenen Explorerschiffes.

Perry Rhodan – Der Großadministrator greift persönlich ein, als Terra Gefahr droht.

1.

 

Die Stärke des Tigers liegt darin begründet, dass jedermann die Stärke des Tigers kennt und sich davor ängstigt.

Bengalisches Sprichwort,

Terra, 14. Jahrhundert

 

Kaum jemand hätte John Sanda, den Freund Vivier Bontainers, wiedererkannt. John stand übertrieben kerzengerade da und richtete seine grauen Augen auf sein Gegenüber. Mit einer Hand fuhr Sanda über sein kurzgeschnittenes, an den Schläfen weit herabgezogenes mittelblondes Haar. Sein Gesicht war tief gebräunt, und seine Stimme klang missbilligend, als er sagte: »Schämst du dich noch immer nicht, Vivier?«

Bontainer sah nachdenklich zu dem Schwarm bunter, kleiner Fische hin, der plötzlich abdrehte, und erwiderte: »Nein. Der Grund, weswegen ich mich nicht schäme, befindet sich hinter dieser reichfurnierten Tür, Sanda!«

John Sanda schüttelte fassungslos den Kopf und murmelte: »In der Ehe pflegt gewöhnlich immer einer der Dumme zu sein; nur wenn zwei Dumme heiraten – das kann mitunter gutgehen.«

Bontainer lachte schallend.

Sie befanden sich in dem großen, rechteckigen Wohnraum des Hauses, das Bontainer für die Dauer seines Urlaubs gemietet hatte. Das Haus befand sich in dreißig Metern Tiefe an einem Schräghang des Atolls. Von oben drang das Sonnenlicht in sichelförmigen Reflexen ein, und die beiden Männer standen sich gegenüber. Bontainer und Sanda waren in weiße Anzüge gekleidet; eine Mischung zwischen Bordanzug und langer, chinesisch geschnittener Jacke. Um sie herum waren Stille und Abgeschlossenheit der submarinen Siedlung.

»Deine Abneigung gegen die Ehe ist pathologisch, mein Freund«, sagte Vivier. »Ich bin nachgerade noch völlig erstaunt, dass du es über dich gebracht hast, unser Trauzeuge zu sein.«

John grinste unsicher.

»Ich sehe gern den Anfang des Unterganges mit eigenen Augen«, erklärte er und machte eine großartige Geste. »Das Ende erlebe ich ohnehin mit: Du wirst dich in meine Arme flüchten, um dich auszuweinen. Aber ... dann ist es zu spät, Vivier!«

Über ihnen spaltete der Bug eines Düsenmotorbootes das Wasser in einem keilförmigen Bereich. Die Fische schlugen verwirrt Haken, dann beruhigten sie sich wieder. Die Korallen sahen wie Pflanzen aus, die kein Windhauch bewegte. Am 15. Januar dieses Jahres hatte Bontainer endlich Arsali Hingurt geheiratet. Bei der kleinen, intimen Zeremonie hatte John Sanda als Trauzeuge fungiert, und er wäre beleidigt gewesen, hätte ihn Vivier nicht darum gebeten.

Das Schiff EX-3333 wurde gerade generalüberholt.

Und jetzt, am ersten Tag im neuen Haus, wollte sich Sanda von Vivier verabschieden, um, wie er es mit geradezu trauriger Miene formuliert hatte, ihnen beiden Gelegenheit zu geben, ihren Irrtum einzusehen. Er tröstete sich mit dem exotischen Getränk, das blau in den schlanken Gläsern schillerte.

Bontainer erwiderte gutgelaunt: »Du kannst nicht eine Hälfte des Huhnes zum Braten, die andere zum Eierlegen haben. Es klingt albern, aber es stimmt: Wir lieben uns, John.«

Sanda, leicht angetrunken, fuhr zurück.

»Wer? Du und ich? Das weise ich streng von mir!«

»Nein – Arsali und ich!«

Bontainer lachte laut. Hinter einer Tür erhob sich eine unverkennbare Stimme und schrie: »Ruhe!«

Sanda grinste: »Mastercontrol an Bontainer: Schweigen Sie!«

»Du missverstehst das«, schränkte Bontainer ein. »Du musst die Dinge ruhig sehen. Der Flug hierher hat Arsali ermüdet.«

John Sanda öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, entschloss sich dann aber dazu, nur schweigend den Kopf zu schütteln. Verwirrt wechselte er das Thema.

»Was hast du in den nächsten Tagen vor, Vivier?«, fragte er.

»Mich zu erholen und mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich verheiratet bin. Du wirst, fürchte ich, dein Junggesellenleben wieder aufnehmen.«

Sanda nickte.

»Genau das werde ich tun und hin und wieder Oomph Amber besuchen.«

»Das ist nett von dir«, sagte Bontainer und ging bis zu der gläsernen Wand des Wohnraumes. Er blieb stehen und sah hinaus. Blaues, von Sonnenlicht erhelltes Wasser umgab das Haus. Es sah aus wie eine riesige flache Schachtel mit durchsichtigen und teilweise undurchsichtigen Wänden, gekrönt von einem dünnen Rohr, durch das man einsteigen konnte.

»Warum hast du den Lourener eigentlich nicht hier?«, erkundigte sich John und trank den Rest in seinem Glas aus.

»Ich ziehe es vor, die Gedanken meiner Frau zu erraten, nicht, sie mir von Oomph schildern zu lassen.«

John lehnte sich gegen die Säule aus Terkonitstahl, die mitten durch den Wohnraum ging, schwankte ein wenig und erwiderte: »Du könntest ein netter Mensch sein und mich hinüber zur Insel bringen.«

Bontainer nickte.

»Unterirdisch oder mit dem Boot?«

»Mit dem Boot, bitte. Ich liebe die Meeresluft.«

»Einverstanden.«

Sie gingen nebeneinander auf die Tür zu, die den Wohnraum mit dem Korridor verband. Von dort aus führte eine Stahlröhre hinauf zur Oberfläche. Dort führte eine Schleuse, die auch den stärksten Wellengang aushielt, auf eine schwimmende Plattform. An dieser Plattform schaukelte das Boot, das im Mietpreis inbegriffen war.

»Solltest du nicht besser fragen, ob es dir deine liebe Frau gestattet ...?«, meinte John und grinste sarkastisch.

»Hältst du mich für einen Jammerlappen, Freund John?«, fragte Bontainer aggressiv und schaltete das Antigravfeld auf Aufwärts.

»Nein. Für einen Ehemann«, gab John Sanda doppeldeutig zur Antwort. Er war über den »Verrat« seines Freundes untröstlich, obwohl er die gesamte Vorgeschichte kannte. Und obwohl er Arsali Bontainer persönlich sehr schätzte, fand er, dass es wieder einen guten Freund deswegen weniger gäbe, weil er geheiratet hatte. Irgendwie misstraute Sanda einer jeden engen menschlichen Bindung sehr. Schweigend schwebten er und Bontainer den engen Schacht aufwärts.

Die Schleuse öffnete sich, und automatisch schaltete sich die Antigravanlage um.

Vor ihnen lag die See.

Aus der Tiefe des Meeresgrundes unter Polynesien wuchs ein riesenhafter vulkanischer Berg hoch. Er hatte die Form eines Spitzkegels mit konkav geschwungenen Hängen. Kurz vor dem Durchstoßen der Wasserfläche formten sich zwei Gipfel aus; diese runden Zwillingserhebungen bildeten oberhalb des Wassers zwei Inseln. Im Nordwesten lag Mangareva, im Südosten, mehr Ostsüdost, lag Timoe. Beide Inseln waren von runden Korallenriffen umgeben, in die man Einfahrten gesprengt hatte. Auf den Inseln, inmitten von Palmenwäldchen, lagen winzige Landeplätze. Es gab ein paar Hotels, riesige erdbebensichere Kästen, ansonsten schienen die Inseln ziemlich leblos. Fast alles, was sich hier bewegte, spielte sich unter Wasser ab. Es war – abgesehen von wenigen anderen Landschaften – eine der Möglichkeiten, die man hatte, um sich von den acht Milliarden Mitmenschen zurückzuziehen, die im Jahr 2437 die Erde bevölkerten. Ein paar schwimmende Plattformen, an denen weiße Kunststoffboote schaukelten – das war alles, was man von oben ernannte. Bontainer blieb neben Sanda am Geländer stehen und sah nach Osten.

»Wie kommst du von der Insel weg, John?«, fragte Vivier leise.

Die Wellen neben ihm waren ruhig und niedrig; es war eine lange Dünung, und man sah nur ein einziges Boot, das langsam der Einfahrt von Timoe zutrieb.

»Es geht in einer Stunde ein kleines Linienschiff ab, das in Terrania City landet«, erklärte John. »Wann sehen wir uns wieder?«

»In einunddreißig Tagen«, sagte Bontainer. »Wenn nichts dazwischenkommt.«

Sie blickten sich schweigend an. Nicht zufällig wurden sie innerhalb der Flotte die Space-Twins genannt: Sie glichen sich sehr, und sie waren hervorragend aufeinander abgestimmt und eingespielt. Und beide wussten, dass jede Ruhe trügerisch war wie dünnes Eis, das jederzeit splittern konnte. Ein Monat Ruhe für Männer wie Bontainer und Sanda – es war unvorstellbar.

»Vorsicht«, sagte John. »Diese Daten gehen dir allzuleicht von den Lippen.«

Bontainer öffnete die Sperre des Geländers und sprang mit einem Satz hinunter ins Boot.

»Ich kann nicht hinter die schwarze Glasplatte sehen, die sich ›Schicksal‹ nennt«, erklärte er grinsend. Fauchend sprang die Düse des Bootes an, dann brummte sie in niedrigen Touren.

»Das nicht. Aber ich brauche mir nur unsere gemeinsamen Abenteuer vorzustellen! Keine vierundzwanzig Stunden ununterbrochener Ruhe! Vermutlich findest du ein untergegangenes Wrack oder ähnliches.«

Sanda warf sich in den Nebensitz und sah zu, wie Bontainer den Knoten löste. Das Boot wendete hart und nahm Kurs auf die grünen Büschel der Palmenwipfel.

Sonne, Wasser, frischer Wind, Ruhe und Frieden ...

Das war die Umgebung, in der sich die beiden Männer nun befanden. Und sie misstrauten dieser Ruhe; sie kannten es anders. Was Sanda eigentlich bedrückte, war folgende Überlegung: Bontainer hatte sich seit der Landung auf Roanoke verändert. Sein Leben hatte sich geändert, und Vivier sich mit ihm. Aber unter der dicken Schicht, deren Wachstum Sanda staunend miterlebt hatte, steckte noch immer der alte Bontainer: Tollkühn, ohne unbesonnen zu sein, mutig ohne Leichtsinn, verwegen und doch mit Verantwortung. Und so wie das Hantieren mit offener Flamme neben Sprengstoffen gefährlich war, bedeutete es auch ein Risiko, Abenteuer in die Nähe Bontainers zu bringen.

Dynamit detonierte, und Bontainer stürzte sich ins Abenteuer.

Und die Situation eines frischverheirateten Paares vertrug alles ... nur keine Abenteuer.

Sanda hob philosophisch den Zeigefinger und hielt ihn in den Passat, dann deklamierte er: »Ein Mädchen, das einen Soldaten heiratet, macht nie eine schlechte Partie. Er versteht zu kochen, kann nähen, ist gesund – und das Wichtigste: Er ist daran gewöhnt, zu gehorchen.«

Durch das Brummen der Düse fragte Vivier: »Und was beabsichtigst du damit auszudrücken?«

Unbewegten Gesichtes antwortete John Sanda: »Wenn Frau Arsali Bontainer sagt: ›Vivier, geh nicht zu nah ans Feuer!‹ Wenn sie das sagt, bleibe davon weg. Bitte, versprich es mir.«

Bontainers schallendes Gelächter übertönte die Arbeitsgeräusche des Triebwerks.

»Ich werde gehorchen. Arsali und dir!«

Sanda nickte mit Würde.

»Dann ist es gut!«

Seit einhundert Jahren ungefähr tauchte jedermann, dessen finanzielle Mittel es gestatteten, in die warmen Gewässer des pazifischen Ozeans hinunter. Zuerst nur mit Atemgerät, dann mit kompletter Ausrüstung. Schließlich ergriff eine wachsame Industrie die Initiative und baute die erste submarine Stadt. Es wurde schnell zur Mode: Sanatorien, Vergnügungsstätten, die aus Fertigteilen höchster Beanspruchung erbauten Siedlungen, Einzelbauten ... auseinandergezogen zwar, aber an gemeinsame Kommunikationsnetze angeschlossen. Es entstanden ausgedehnte Siedlungen. Es wurden die Fische zwar nur während der Bauarbeiten belästigt, aber sie gewöhnten sich schnell an die neuen Anblicke und betrachteten ihrerseits die Menschen durch die Wände aus transparentem Panzerplast.

Eine riesige Aquariumsanlage mit drastisch umgekehrten Vorzeichen war entstanden. Rund um den vulkanischen Sockel der Inseln Mangareva und Timoe wohnten knapp vierzigtausend Menschen. Und über Wasser sah man nichts von ihnen. Das, fanden manche Kulturkritiker, sei das Beste daran.

Das Boot jagte in das spiegelglatte Wasser der Timoelagune hinein, senkte sich vorn und wurde langsamer, schwamm mit ausgeschalteter Maschine an den langen Steg heran. Sanda streckte die Hand aus.

»Viel Spaß, Bontainer«, sagte er. »Überstehe alles mit Würde.«

Bontainer nickte.

Er kam sich irgendwie verlassen vor, als er der schlanken Gestalt seines Freundes nachschaute. John Sanda ging mit der übertriebenen Konzentration eines Mannes, der zuviel Alkohol im Blut hatte und vermeiden wollte, dass es jemand außer ihm merkte. Bontainer zündete sich eine Zigarette an und fuhr zurück zur Plattform, vertäute das Boot und zurrte die Persenning fest.

Die Plattform konnte bei schwerem Seegang eingezogen werden; Antischwerkraftgeräte sorgten dafür. Die submarine Siedlung war durch eine Anzahl von Schächten mit dem Inselsockel verbunden, und meist kamen die Menschen mit einem Linienflugzeug hierher. Die Maschinen, die den Verkehr innerhalb der irdischen Lufthülle besorgten, waren ein Mittelding zwischen Düsenmaschine und Raumschiff – und wenn man ganz fein und modern sein wollte, benützte man die Transmitterverbindungen. Eine schnellere Methode zur Personenbeförderung gab es nicht.

Vivier Bontainer lehnte an der Reling der Plattform und dachte nach.

Mangareva – Timoe ... er kannte jene kleine Geschichte des präatomaren Klassikers Jack London. Ein Schiff mit einer unter Deck schwelenden Getreideladung kam darin vor, das einen Strand suchte, um auflaufen zu können. Und ein Gouverneur der Insel Pitcairn, die mit den historischen Ereignissen um das Schiff BOUNTY in Zusammenhang zu bringen war. Geschichtsträchtiger Boden – geschichtenreiche Inseln.

»Merkwürdig ...«, sagte Bontainer laut und warf die Zigarette ins Wasser. Sie schmeckte nicht mehr.

Unter ihm im glasklaren Wasser der Lagune lagen die Bauten; die meisten von ihnen waren nur durch Wasserschleusen zu betreten. Einige aber, und dazu gehörte das von ihm gemietete Haus, besaßen versenkbare Plattformen. Zwischen zehn und dreißig Metern Tiefe, im hellsten Bereich der Lagune, erstreckten sie sich rings um die beiden Inselsockel und, teilweise wie fremdartig wuchernde Knollen an einem Versorgungsrohr aus Terkonit, auch an den Abhängen des Korallenriffs.

Bontainer war unruhig.

Und bisher hatte die Erfahrung gezeigt, dass es stets einen echten, bedeutungsvollen Grund für diese Art von Unruhe gab.

»Unsinn!«, murmelte er. »Hier, unter Wasser ist alles still.«

Dann zuckte er die Schultern und schwebte hinunter in die Halle seines Hauses. Die Terkonitstahlröhre, grundseensicher im Boden des Hanges verankert, verband sein Haus mit drei anderen. Wer zur Plattform wollte, schwebte einfach durch.

 

*

 

Ein Baustoff dominierte hier unten: Transparentes Panzerplast. Bis auf die wichtigen Träger und Verbindungsteile, die aus rostsicherem Terkonit waren, hatte man die rund zehntausend Unterwasserbauten aus Panzerplast gegossen. Es waren sinnreich zusammengefügte Bauelemente, die man beliebig kombinieren konnte. Mangareva und Timoe bildeten eine unsichtbare Stadt von vierzigtausend Einwohnern – einschließlich der Anlagen auf den Inseln.

Vivier stand in seinem orangegelben Anzug, die Sauerstoffflaschen auf dem Rücken, in der durchsichtigen Schleuse. Durch Bodendüsen quoll das Wasser, und Bontainer setzte sich die Maskenkombination auf, die Brille und Sauerstoffversorgung gleichzeitig war. Am Handgelenk trug er den Druckanzeiger und die wasserdichte Uhr, in der Hand hielt er die Harpune. Als sich die Wasserschleuse gefüllt hatte, glitt die durchsichtige Pforte auf, und Vivier schwamm in langsamen Stößen schräg nach unten. Er genoss dieses Schweigen und die Farbenspiele: Fische, Korallen und Seeanemonen.

Und seine Unruhe ließ sich durch Wasser, Sonnenlicht und Fischschwärme nicht vertreiben.

Männer wie er, Raumfahrer auf Explorerschiffen, erlebten pausenlos neue Dinge, weil sie dem wissenschaftlichen Abenteuer nachliefen. Auch hier, unter Wasser, inmitten der Gambier-Inselgruppe des Tuamotu-Archipels, warteten Abenteuer auf Bontainer. Er kannte nur deren wahre Natur nicht, denn, hätte er gewusst, was ihm bevorstand, wäre er mit dem nächsten Schiff abgeflogen. Oder auch nicht.

Er drehte sich auf den Rücken, schlug mit den großen Schwimmflossen und betrachtete die faszinierende Unterwasserlandschaft. Er hatte sich einige hundert Meter vom südlichen Hang der Insel entfernt, durchschwamm einen Wald von Sternkorallenbauwerken und ließ einen Schwarm Kofferfische zwischen sich und dem grandiosen Bild hindurchschwimmen.

Der Südhang.

Bedeckt mit den lichterfüllten Bauwerken der Unterwasserhäuser. Sie zogen sich wie eine fünffache Perlenkette rings um die Insel hin; hier am Südhang waren einige tief unter der Dreißigmetergrenze befestigt. Aus einem Fundament, in dem sich die Energieversorgung befand, wuchsen wie Speichen einer großen Wendeltreppe fünfzig muschelförmige Bauten hervor. Niemand konnte in die Räume eines anderen hineinsehen, und gewöhnlich betrat man diese großen Apartments durch gläserne Schleusen.

Nachts sorgten phantastische Beleuchtungseffekte dafür, dass der paradiesähnliche Eindruck nicht abriss. Batterien wasserdichter Scheinwerfer waren zwischen Korallen versteckt, leuchteten aus Muränenhöhlen, wechselten in variablen Rhythmen die Farben.

Genau geradeaus lag die Unterwasservilla Minth-Kisilans.

Sie war eines der prächtigsten Bauwerke, angelegt in vier Ebenen. Die riesigen Scheiben ließen undeutlich die Silhouetten von Personen erkennen. Unterhalb der Villa lag der Hangar für die Jacht. Bontainer wusste, dass sein Erscheinen hier nicht geheim gehalten worden war; Presse und Terravision hatten dafür gesorgt, dass Bontainer und Arsali zu einer Art lokaler Berühmtheit geworden waren. In einer Kleinstadt, dachte Bontainer, wird selbst ein Hustenanfall von der Allgemeinheit vermerkt.

Vivier schwamm noch eine Stunde lang, dann fühlte er sich müde und hungrig und kehrte zurück. Um diese Zeit, es war früher Nachmittag, war er fast der einzige Taucher –