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Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

 

Nr. 2228

 

Der Bionische Kreuzer

 

Motana im Weltraum – ein Todbringer sucht seine Bestimmung

 

Robert Feldhoff

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

 

Im Jahr 1332 NGZ ist die Lage in der Milchstraße so prekär wie lange nicht mehr: Obwohl das Kristallimperium und die Liga Freier Terraner im Sektor Hayok zu einem labilen Frieden gefunden haben, ist allen klar, dass es sich nur um einen Zeitgewinn handeln kann.

Perry Rhodan und Atlan, zwei der prominentesten Persönlichkeiten der Galaxis, ahnen von all den Ereignissen nichts: Sie befinden sich zwar noch in der Milchstraße, aber in einem entrückten Raum, dem »Sternenozean von Jamondi«.

Zum Nachforschen bleibt den beiden Männern bislang wenig Zeit: Zusammen mit dem geheimnisvollen Nomaden Rorkhete sind sie auf der Flucht vor einer kybernetischen Zivilisation Jamondis, den Kybb-Cranar.

Gemeinsam mit einigen der menschenähnlichen Motana entdecken sie ein uraltes Artefakt dieses Volkes: Es ist DER BIONISCHE KREUZER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner gerät ins Schwitzen und agiert »oben ohne«.

Atlan – Der Arkonide zeigt sich von seiner kalten Seite.

Zephyda – Die Epha-Motana bewahrt trotz heißer Gefühle einen kühlen Kopf.

Selboo – Ein Motana-Mann ringt mit verbotenen Gefühlen.

1.

 

»Liebe ist als eine mathematische Operation darstellbar, in der zwei dynamische Zahlensysteme nichtlinear miteinander verknüpft werden.

In den Appendizes X bis XXIV das zu Grunde liegende Formelwerk ...«

(Pintus Quott: Die Mathematik der Gefühle)

 

»Warum bist du eigentlich so überzeugt, dass dein Fund ein Bionischer Kreuzer sein soll?«

Perry Rhodan starrte unzufrieden nach vorn, auf den Rücken des Shoziden Rorkhete. Es passte ihm nicht, dass sich Rorkhete derart verschlossen gab.

Der massige Shozide stapfte maschinenhaft voraus, ohne sein Ziel bekannt zu geben.

Rhodan war keineswegs bereit, die Auskunft über die Art des Raumers einfach so zu glauben. Die legendären Raumschiffe der Motana galten als ausnahmslos vernichtet; und nun kam Rorkhete und tat, als habe ausgerechnet er den Stein der Weisen entdeckt. Obwohl ... es ist beinahe wie in Plantagoo ... als ich die Schwarzen Schiffe entdeckte ... und das Geheimnis der Galornen ...

Der Shozide drehte sich nicht einmal zu Rhodan um. »Du zweifelst meine Aussage an?«

»Es wäre wohl naiv, das nicht zu tun«, zürnte Rhodan, vor allem wegen der Beiläufigkeit der Frage, als seien die beiden Unsterblichen unwissende Kinder.

Rorkhetes Rücken mit dem geschulterten doppelläufigen Energiegewehr versteifte sich.

Rhodan spürte, dass die Skepsis ihn verletzte. Er machte sich um den Seelenzustand des Shoziden Sorgen. Dennoch wäre es unaufrichtig gewesen, ihm nach dem Mund zu reden.

Das Ende der abwärts geneigten Rampe verlor sich in einem ungewissen Grau. Sie führte tief ins Innere der Feste von Shoz. Von dem versprochenen Artefakt war noch nichts zu sehen.

»Ich finde deinen Mangel an Zutrauen beklagenswert, Terraner.«

Der stiftförmige Schädel schwenkte im Gehen herum. Rorkhetes Augen, katzenhafte Schlitze, blitzten unter der Helmschale. Sein Blick strich absichtlich an Rhodan vorbei.

»Atlan, was denkst du?«

Der Arkonide neben Rhodan legte abwägend den Kopf schräg. »Es könnte sich um ein beliebiges Raumschiff handeln. Wahrscheinlich ist es nicht einmal intakt. Mir scheint ebenfalls der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein.«

Rorkhete blieb unverhofft stehen. Rhodan, Atlan und Zephyda, ihre motanische Verbündete von Baikhal Cain und Atlans Geliebte, prallten um ein Haar auf den stämmigen Leib.

Das Wesen drehte sich mitten im Korridor schwerfällig um.

Rhodan musterte den nur anderthalb Meter großen, kräftigen Leib. Rorkhete stammte von der Hochschwerkraftwelt Shoz, und genauso sah er aus: wie ein Bündel Gewalt und Durchschlagskraft. »Der Kreuzer ist ganz sicher das uralte Werk von Motana. Ein Bionischer Kreuzer. Man erkennt sie, wenn man sie sieht. Ich habe Legenden darüber gehört.«

Rorkhete drehte sich wieder nach vorn und schritt aus. Rhodan folgte mit den anderen.

Zephyda blickte neben ihm angespannt geradeaus, ins Dunkel der Rampe, und tastete in einem Moment, da sie sich unbeachtet glaubte, nach Atlans Arm.

Aus den Augenwinkeln verfolgte Rhodan die scheinbar unwichtige Szene.

Die Motana sah einem Menschen täuschend ähnlich. Sie war eine aufregende, rothaarige Frau, eine Kriegerin mit strahlend grünen Augen – und sie war in Atlan verliebt.

Atlan ignorierte Zephydas ausgestreckte Hand. So als sei er viel zu konzentriert.

Doch Rhodan kannte den alten Freund besser. Der unsterbliche Arkonide und eine Kriegerin aus dem Sternenozean; es klang zu unmöglich, als dass es auf Dauer wahr werden konnte.

Zephyda zog schließlich die Hand zurück. Sie warf wütend den roten Schopf nach hinten.

Falls Rorkhete wirklich gefunden hatte, was er vorgab, stand Zephyda unter einem größeren Druck als sie alle.

Existierte der Bionische Kreuzer wirklich, fiel er automatisch in motanischen Besitz. Mit anderen Worten, er gehörte Zephyda. Was aber sollte eine Frau, die in Baumhäusern aufgewachsen war, mit einem Raumschiff? Sie schien sich dennoch der Aufgabe stellen zu wollen, und um keinen Preis wäre sie jetzt noch umgekehrt.

»Geht es ganz nach unten?«, fragte Atlan Rorkhete.

»Noch ein Stück weit.«

»Wir sind nach meiner Rechnung bereits unter dem Meeresspiegel.«

»Ich gebe zu, es ist ein ungewöhnlicher Platz für einen Hangar.«

Die drei gigantischen Fingerzapfen, auf denen die Festung ruhte, verschmolzen unter dem Wasserspiegel zu einer Art Fundament. Diesen Bereich hatten sie erreicht.

»Ich war hier unten überall«, betonte Rorkhete. »Fast alles leer. Bis auf ...«

Der Shozide stoppte vor einer auffallend großen Tür. Er öffnete eine verborgene Klappe und betätigte den Mechanismus, der darunter zum Vorschein kam.

Die Tür glitt zur Seite. Vor ihnen lag eine Art Hangar.

Das Ding stand mitten in der Halle.

Rhodan hatte keine Wahl, als dem Shoziden innerlich Abbitte zu leisten. Rorkhete hatte völlig Recht: Der Ausdruck Bionischer Kreuzer und das Gebilde, das vor ihnen lag, beides passte zusammen.

Der Kreuzer war ein Gebilde von einmaliger Eleganz, obwohl er nicht aussah wie ein Raumschiff, eher wie ein monströs vergrößertes Tier. Auch die Farbe der Oberfläche, eine Maserung aus Ocker, Grau und Braun, erinnerte daran.

»Beseitigt das eure Zweifel?«

Zephyda stieß einen Laut der Verblüffung und Ehrfurcht aus.

Rhodan sagte: »Wir sehen unseren Irrtum ein, Rorkhete.«

Der Shozide zog sein Gewehr vom Rücken und stampfte den Schaft zufrieden auf den Boden.

 

*

 

Rhodan fühlte sich an die Stromlinienform eines irdischen Rochen erinnert. So als sei das Schiff für Einsätze unter Wasser oder in einem anderen strömenden Medium optimiert.

Ein gewaltiger schlafender Manta.

Der bauchige Körper lagerte auf dem Boden des Hangars, die dünnen Schwingen berührten als Ausleger an den Enden ebenfalls den Grund.

Der Bug des Kreuzers bestand aus einer halb transparenten, gegliederten Fensterfläche, wie ein riesengroßes Mosaik.

Rhodan war nicht sicher, ob sich jenseits der Verglasung etwas bewegte oder nicht. Von innen kam kein Licht.

Zwei Auswüchse, die an Scheuklappen oder Finnen erinnerten, ragten nach vorn; aus Erfahrung vermutete Rhodan, dass sie Waffensysteme oder Orteranlagen trugen.

»Das ist ein Wunder«, hörte er Zephyda auf Jamisch flüstern. »Etwas so Makelloses hab ich noch nie ...«

Sie stand dem Erbe ihres Volkes gegenüber, einem Artefakt aus der Zeit, da Motana den Sternenozean von Jamondi beherrscht hatten. Dagegen sie, eine Frau aus den Wäldern von Pardahn – die mit Pfeil und Bogen besser umgehen konnte als mit einem Strahler. Die Motana der Gegenwart besaßen keine Technik mehr. Sie waren zu einem Naturvolk geworden.

Aber etwas vom Genie der Erbauer trug Zephyda in sich.

Rhodan sah, wie sich die Waldläuferin aus ihrer unwillkürlich verzagten Haltung aufzurichten begann. Mit dem Fund wurde möglicherweise ihr Leben umgekrempelt. Vielleicht auch ihr Weltbild, aber was machte das noch, wenn man bereits Heimat, Freunde und Verwandtschaft verloren hatte.

Zephyda fixierte den Kreuzer. Ihr Gesicht zeigte eine Mischung aus Vorsicht, Ungeduld und plötzlichem Mut, als habe sie ein erlegtes Riesenwild vor sich, dessen Tod noch nicht erwiesen war.

Sie betrat als Erste die Halle, den Blick nicht mehr auf Atlan, sondern starr auf das Schiff gerichtet.

Nichts geschah. Kein Alarm wurde ausgelöst, und keine Falle schnappte zu. Nichts.

Rhodan, Atlan und Rorkhete folgten ihr bedächtig.

»Was schätzt du, Atlan?«, fragte Rhodan leise. »Wie lang? Wie groß?«

»Vielleicht siebzig Meter zum Heck ... Hundertvierzig Meter Spannweite? Kommt hin, oder?«, murmelte der Arkonide. »Aber weißt du was, Terraner, es gibt da ein Problem.«

»Welches?«

»Ich war ebenfalls in dieser Halle. Vielleicht ein paar Stunden vor Rorkhete. Der Kreuzer war zu der Zeit nicht hier.«

»Doch«, protestierte der Shozide, »das war er! Ich kam in die Halle und fand sie ebenfalls leer. Allerdings wurde ich misstrauisch und forschte nach. Es gibt hier ein paar geheime Schaltungen, und eine davon habe ich entdeckt. Der Kreuzer war in ein Deflektorfeld gehüllt. Als ich es ausgeschaltet hatte, war er da.«

»Über Jahrtausende unsichtbar?«

»Es könnte auch sein, dass sich der Deflektor erst aktiviert hat, als wir die Feste fanden.«

Rhodan, Atlan, Rorkhete und Zephyda umkreisten schleppend das Schiff auf der Suche nach einem Schott oder einem Zugang.

»Vielleicht steigt man von oben zu«, spekulierte Rorkhete.

»Das wäre praxisfremd«, wehrte Atlan ab. »Fast jedes Raumschiff, das ich erlebt habe, hatte einen Zugang, den man bequem erreicht. Bis auf Robotschiffe. Aber selbst für die gelten ergonomische Gesetze. Wir sollten meiner Meinung nach die Schwingen untersuchen.«

Zephyda sagte plötzlich: »Es ist doch ein motanisches Schiff, nicht wahr?« So als liege die Lösung auf der Hand.

Sie stimmte einen Gesang an, den Rhodan als den Choral an die Fernen Sterne erkannte. Denselben Choral hatten Motana schon gesungen, als das Schiff gebaut worden war.

»Atlan«, bat sie schnell. »Sing mit!«

Der Arkonide fiel summend in die Melodie ein. Er hatte schon mehrfach bewiesen, wie gut er sich auch akustische Informationen einprägen und wiedergeben konnte. Nicht zuletzt ihm und seinem Gesang verdankten Rhodan und er ihr Überleben in den Minen von Baikhal Cain – dort wären sie sonst womöglich umgekommen, Zellaktivatoren hin, Unsterblichkeit her. Ihre Unfähigkeit, Schaumopale aufzuspüren, hätte sie umgebracht, doch die Motana hatten ihnen geholfen.

Rhodan lauschte fasziniert dem Gesang. Motana-Gesänge wurden einstimmig intoniert. Keine Akkorde, keine Stimmakrobatik.

Kaum endete die erste Strophe, als ein tiefer, stöhnender Laut die Melodie durchbrach. Quelle des Geräusches war der Kreuzer.

Rorkhete riss das Gewehr vom Rücken.

An der Unterseite neigte sich ein Teil der Außenhaut Richtung Boden, in einem gespenstischen Prozess, so als erwache eine Tausende Jahre alte Mumie zum Leben.

»Stillhalten!«, ordnete Rhodan an. »Rorkhete, nicht schießen!«

Der Shozide sicherte – aber er feuerte nicht. Auf wen oder was wohl auch.

Das Ende der Rampe kam vor Rhodans Füßen zum Stillstand. Ein düsteres Markierungslicht umrandete den Einstieg ins Innere.

»Ich schätze«, sagte Atlan, »wir dürfen das als Einladung interpretieren.«

Zephyda war die Erste, die sich einen Ruck gab.

Doch Rhodan hielt sie am Arm zurück; sie hatte bei weitem nicht die Erfahrung, die ein fremdes Schiff verlangte. Selbst wenn es ein motanisches Schiff war.

Stattdessen setzte er sich selbst an die Spitze. Er stieg vorsichtig die Rampe empor und spähte in die offene, dunkel gähnende Hangarschleuse.

Hinter ihm folgten Rorkhete, mit gezücktem Strahler, dann Zephyda und als Abschluss Atlan.

Rhodan rief: »Hört mich jemand?«

Keine Antwort.

Er drehte sich zu der Motana um und bat sie: »Versuch du es.«

»Kann mich jemand hören?«, wiederholte Zephyda laut. »Hallo!«

In der Luft lag plötzlich ein knisterndes Geräusch. Eine mächtige, freundlich klingende Stimme antwortete in antiquiertem Jamisch: »Willkommen an Bord.«

 

*

 

Rhodan lauschte verblüfft den Worten nach. Die Energie, die im Bassbereich der fremden Stimme lag, ließ die Hosenbeine seiner Kleidung flattern.

Er enterte mit einem noch immer vorsichtigen Schritt die Schleusenkammer – und prallte mit schmerzhafter Wucht gegen eine unsichtbare Schranke.

»Verflucht!«

Rhodan hielt sich die Nase, das linke Knie und wischte einen Faden Blut von seiner Lippe. »Ein Prallfeld!«, schimpfte er fassungslos.

Dieselbe mächtige Stimme sprach: »Der Shozide ist als Gast an Bord selbstverständlich erwünscht, Epha. Was aber ist mit den beiden Fremden? Sind sie ebenfalls willkommen?«

Alle starrten plötzlich auf Zephyda.

Atlan grinste schief. »Epha ist eindeutig. Man meint dich. Sieht so aus, als würde man dich als eine Art Befehlshaber anerkennen.«

Das Schiff musste Tausende Jahre alt sein. Es gab längst keine Motana-Raumfahrt mehr, ein furchtbarer Krieg hatte stattgefunden, und der Kreuzer identifizierte Zephyda dennoch als Epha-Motana, ehe sie das Schiff betraten.

Epha-Motana waren in der Motana-Raumfahrt die Steuerleute. Die Bezeichnung entsprach dem Rang eines Kommandanten. Allerdings nicht in technischer Hinsicht, sondern im Sinn einer mentalen Begabung.

Zephyda räusperte sich. Sie wirkte bleich, aber gefasst. Mit belegter Stimme fragte sie: »Wer will das wissen? Sag mir einen Namen und zeige dich!«

Einen Moment kehrte Stille ein.

Die Stimme des Schiffes beschied: »Meine Name lautet Echophage. Ich bin das Hirn dieser Einheit. Der Bordrechner. Mich zu zeigen ist mir deshalb nicht möglich.«

Zephyda kniff berechnend die Augen zusammen. »Handelt es sich hier tatsächlich um einen Bionischen Kreuzer?«

»Aber ja.«

»Und du erkennst mich als Epha-Motana?«

»Ohne einen Zweifel.«

»Wirst du dich meiner Befehlsgewalt unterstellen, Echophage?«

»Selbstverständlich.«

Rhodan konnte Jamisch nicht wie Zephyda oder ein Motana, aber gut genug. Echophages Antwort klang pikiert. So als habe Zephydas Frage ihn in einer noch unbekannten Weise gekränkt.

»Die beiden Fremden sind als Gäste legitimiert«, bestimmte sie. Ihre Sicherheit wuchs erkennbar mit jeder Sekunde. »Wenn sie wieder zu dir sprechen, antwortest du ihnen bitte. – Wir werden nun das Schiff betreten.«

»Wie du befiehlst, Epha.«

Rhodan wandte sich erneut nach vorn. Doch diesmal war es Zephyda, die ihn am Arm hielt:

»Rechner, schalte das ...« Sie suchte nach dem technischen Begriff. »... Prallfeld aus!«

Vor Rhodans Augen kreuzte ein Flackern das Eingangsschott.

Echophage, wer immer sich dahinter verbarg, hätte ihn kalt ein zweites Mal düpiert. Dem Terraner wurde klar, dass Echophage sie an Bord nicht haben wollte. Zumindest ihn und Atlan nicht.

Mit einem neuerlich vorsichtigen Schritt trat er in die Schleuse.

 

*

 

Ringsum flammte Beleuchtung auf, warm und indirekt. Der Raum besaß die Ausdehnung eines kleinen Beiboothangars.

Rhodan strich mit den Fingerspitzen über eine Wand. »Es fühlt sich an wie Schlangenhaut. Als wären die Wände lebendig.«

»Vielleicht stimmt das ja«, argwöhnte Atlan. »Wer weiß, was ›bionisch‹ genau bedeutet.«

Vor der Blutnacht von Barinx hatte anscheinend alle Raumfahrt auf parapsychischen Kräften beruht. Die Epha-Motana waren in jener Epoche die Steuerleute der Bionischen Kreuzer gewesen. Als das Reich der Schutzherren zerbrach, wurden die Choräle der Motana zur verbotenen Kunst und ihre Kultur fiel in Scherben.

Die Kybernetischen Kulturen ersetzten die paranormale Weltraumfahrt der Motana durch Technik. Seither herrschten die Kybb und ihre Schlachtschiffe über den Raum des Sternenozeans.

Sämtliche Bionischen Kreuzer waren vernichtet worden – so glaubte man. Die Existenz des Schiffes und seines Rechners, des seltsam hinterlistigen Echophage, bewies zum ersten Mal das Gegenteil. Vielleicht war es möglich, die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen.

Im Sternenozean lauerte eine unbekannte Gefahr, die auch Terra bedrohte. Wenn sie herausfinden wollten, welche Gefahr das war, brauchten sie Verbündete. Ein Bionischer Kreuzer war kein schlechter Anfang.

Zephyda befahl: »Echophage, wir sind neu und kennen uns nicht aus. Führe uns durch das Schiff!«

»Selbstverständlich, Epha. Haltet euch rechts, dann bewegt euch mit dem Schacht aufwärts. Die Schiffszentrale erstreckt sich von Deck zwei an über drei Ebenen. Beginnt euren Rundgang auf der obersten. Die Epha wird sich gewiss für die Steuerung interessieren.«

Rhodan, Atlan und Rorkhete ließen Zephyda den Vortritt. Keiner hatte Lust, mit einem weiteren Prallfeld Bekanntschaft zu machen. In einem Feld der Schwerelosigkeit trieben sie nach oben.

Die erste Öffnung zog vorbei, dann die zweite, und bei der dritten sagte Echophage: »Steigt hier aus.«

Rhodan zog sich aus dem Schacht in einen annähernd kreisförmigen, angenehm beleuchteten Raum. In zwei konzentrischen Kreisen gruppierten sich zwölf Sessel um einen fast drei Meter durchmessenden holografischen Globus, der wie in Zeitlupe rotierte. Die Darstellung zeigte ein stark verkleinertes Abbild des Kreuzers, von außen betrachtet. Von der gewölbten Decke ragte ein reich facettierter transparenter Kristallkonus in die Projektion.

Echophage erklärte: »Es handelt sich hier um die Sitzgelegenheiten für die Epha-Motana und ihre Quellen.«

Das ebenmäßige Gesicht der Motana begann zu strahlen, sie glitt spielerisch in den ersten Sessel. »Und von hier aus steuern wir das Schiff?«

»Gewiss. Die äußere Reihe ist für Ablösungen gedacht, um die Epha oder ihre Quellen bei Bedarf zu ersetzen.«

Zephyda lächelte verträumt und schloss die Augen; sie schien förmlich mit dem Sessel zu verschmelzen. »Atlan! Probier es aus!«

Der Arkonide wehrte ab. »Ich bin keine Quelle. Warte lieber, bis deine Leute da sind.«

»Das sind die bequemsten Sessel, die ich je ...«

»Ein Arkonide sollte nicht darin sitzen.«

Atlans unfreundlicher Tonfall überraschte Rhodan. Und erst recht Zephyda, die fragend ins Gesicht des Arkoniden starrte.

Rhodan beschloss, die spürbare Spannung, die in der Luft lag, zu mildern. Er deutete Richtung Bug: Die Front bestand aus facettenartig geformten Fenstern und erlaubte einen verzerrten, ungewissen Blick auf den Hangar der Feste. In die Fensterwand integriert war eine aufgeklappte, transparente Dreimeterkugel, die ein Hufeisenpult enthielt.

»Was stellt das dar, Echophage?«

»Es handelt sich um den Arbeitsplatz des Vernetzers«, antwortete der Rechner.

»Wir hören den Ausdruck zum ersten Mal.«