Nr. 1002
Das weiße Schiff
Fremde auf der Dschungelwelt – die Jagd auf die Betschiden beginnt
von MARIANNE SYDOW
Mehr als 400 Jahre sind seit dem Tage vergangen, da Perry Rhodan mit der BASIS von einem der schicksalsschwersten Unternehmen in den Weiten des Alls in die Heimatgalaxis zurückkehrte und auf der Erde landete.
Durch seine Kontakte mit Beauftragten der Kosmokraten und mit ES, der Superintelligenz, hat der Terraner inzwischen tiefe Einblicke in die kosmische Bestimmung der Menschheit gewonnen und in die Dinge, die auf höherer Ebene, also auf der Ebene der Superintelligenzen, vor sich gehen.
In folgerichtiger Anwendung seiner erworbenen Erkenntnisse gründete Perry Rhodan dann Anfang des Jahres 3588 eine mächtige Organisation, deren Einfluss sich weit in das bekannte Universum erstreckt und die mehr ist als eine reine Handelsorganisation. Diese Organisation ist die Kosmische Hanse!
Doch später mehr zu diesem Thema! Gegenwärtig beschäftigen wir uns mit den Betschiden, einem kleinen Menschenvolk, dessen Mitglieder auf der Dschungelwelt Chircool leben und sehnsüchtig auf die Rückkehr des legendär gewordenen Raumschiffs ihrer Vorväter warten.
Ein Raumschiff erscheint auch schließlich, doch es ist nicht das Raumschiff der Ahnen, sondern DAS WEISSE SCHIFF ...
Die Hauptpersonen des Romans
Surfo Mallagan, Brether Faddon und Scoutie – Drei Jäger werden zu Raumfahrern.
Doc Ming – Heiler der Betschiden.
St. Vain – »Kapitän« der Betschiden.
Douc Langur – Der Alte vom Berg greift ein.
1.
Scoutie stand regungslos unter den Bäumen am Rand des Dschungels. Sie starrte abwechselnd auf das Dorf und auf das riesige, schneeweiße, summende Ding, das aus dem Himmel von Chircool herabsank.
Im Dorf ging es zu wie in einem Tollhaus. Die Betschiden rannten durcheinander, und bis zum Dschungel hin hörte man St. Vain, der mit Kommandostimme Befehle erteilte, die von niemandem befolgt wurden. Das Summen und Pfeifen, das von dem fliegenden Ding ausging, mischte sich mit dem Geheul der rasenden Chircools, die von Süden heranströmten, und dem Krachen umstürzender Bäume.
Ratlos streichelte Scoutie das Schnüffeltierchen, das auf ihrer Schulter saß. Alles in ihr drängte sie dazu, ihren Freunden nachzulaufen und ebenfalls in das Dorf zurückzukehren. Sie sagte sich, dass der Junge recht gehabt haben musste: Was konnte das fliegende Ding schon anderes sein als die SOL?
Seit zwanzig Generationen lebten die Betschiden auf dem Planeten Chircool, und genauso lange warteten sie auf die Rückkehr des riesigen Raumschiffs, das die Heimat ihrer Vorfahren gewesen war. Es hieß, dass die Vorfahren Meuterer gewesen waren, die sich gegen die in der SOL gültigen Gesetze gestellt hatten. Man hatte sie auf Chircool abgesetzt, ihnen aber versprochen, sie abzuholen, wenn sie durch den Aufenthalt auf dieser Welt für das Leben im Schiff geläutert waren.
Die Betschiden hatten vieles von dem vergessen, was für ihre Vorfahren noch ganz alltäglich gewesen war. Das Versprechen aber war ihnen über die ganze lange Zeit hinweg deutlich in Erinnerung geblieben.
Es gab keinen besseren Zeitpunkt für die Rückkehr der SOL. Die Chircool-Stampede nahte, und alle Anzeichen sprachen dafür, dass der Strom der gefährlichsten Bestien, die es im Dschungel gab, sich über das Dorf ergießen würde. Wenn die Betschiden jemals Hilfe gebraucht hatten, dann jetzt. Vielleicht, so dachte Scoutie, hatten die Bewohner der SOL die ganze Zeit hindurch über die Betschiden gewacht, ohne dass jemand etwas davon gemerkt hatte, und nun, in einer schier aussichtslosen Situation, kamen sie, um die Nachfahren der Meuterer an Bord zu nehmen.
Der Jägerin gab es einen Stich im Herzen, als sie an diese Möglichkeit dachte. Sie gehörte nicht zu den »Schiffsbewohnern«, die nicht wahrhaben mochten, dass sie sich auf einem Planeten befanden. Sie hatte sich stets eingebildet, so fest mit dem Leben auf Chircool verbunden zu sein, dass sie niemals den Wunsch hegen würde, den Planeten verlassen zu können.
Ein einziger Blick auf das fliegende Schiff reichte aus, um ihr die Wahrheit klarzumachen. Sie blickte hinauf und begriff, dass sie nicht auf diese Welt gehörte. Ihre Heimat lag dort draußen, zwischen den Sternen, die in klaren Nächten so verheißungsvoll funkelten.
Unwillkürlich hob sie die Arme und trat einen Schritt vor, in Richtung auf das Dorf, aber die Angst traf sie wie ein Schlag, und sie blieb stehen.
»Es ist die SOL!«, sagte sie beschwörend. »Verstehst du nicht? Es ist nicht gefährlich – nicht für uns!«
Niemand antwortete ihr. Das Schnüffeltierchen schmiegte sich noch enger an ihre Schulter, und auf irgendeine geheimnisvolle Weise schickte es dieses grässliche Gefühl der Angst, die Ahnung kommenden Unheils in das Gehirn der jungen Jägerin. Diese Gefühle waren so stark, dass Scoutie sich nicht gegen sie wehren konnte. Es war ihr unmöglich, zum Dorf zu rennen und dort gemeinsam mit den anderen Betschiden dem Schiff zuzujubeln. Dabei wünschte sie sich nichts sehnlicher, als genau dies zu tun.
»Hör auf damit, Tollpatsch!«, flüsterte sie verzweifelt. »Lass mich dorthin gehen – oder du darfst nie wieder auf meiner Schulter sitzen!«
Tollpatsch rührte sich nicht, und die Angst blieb.
Sie schob die Hand unter den Umhang und versuchte, das Schnüffeltierchen von ihrer Schulter zu nehmen. Es war ein sinnloser Versuch, und sie wusste das. Wenn Tollpatsch sich festhielt, dann war es, als sei sein Bauch eine einzige Saugfläche. Das Tier war eigentlich plump und ungeschickt. Seine einzigen hervorstechenden Fähigkeiten bestanden darin, dass es sich festzuhalten vermochte und die Jägerin vor Gefahren warnte. Es tat dies, indem es ihr gewisse Gefühle eingab. Scoutie hatte das Schnüffeltierchen erst seit knapp einem Tag, aber sie hatte bereits gelernt, sich auf diese Gefühle zu verlassen. Tollpatsch hatte ihr geholfen, mit einer Rotte Chircools fertig zu werden, und es hatte ihr den Weg zu Jörg Breiskoll gezeigt, der sich mit seinem Freund Djin im Dschungel versteckt hatte.
Um so enttäuschter war die Jägerin darüber, dass das Schnüffeltierchen ausgerechnet jetzt, bei der so lang ersehnten Rückkehr der SOL, völlig versagte.
Das fliegende Ding, das nur ein Raumschiff sein konnte, war jetzt bereits so nahe, dass Scoutie meinte, es berühren zu können, wenn sie die Arme hochstreckte. Sie war verwundert und erschrocken angesichts der Größe, die das Ding aufwies. Zwar sagte sie sich, dass die SOL eben so gewaltig sein müsse, um die vielen Betschiden in sich aufnehmen zu können, aber es war ein Unterschied, ob man abstrakte Vermutungen anstellte oder sich plötzlich mit der Wirklichkeit konfrontiert sah. Das Schiff war größer als das Dorf. Sein Schatten kam auf Scoutie zu und ging über sie hinweg, und das Schiff war immer noch nicht unten angekommen.
»Es wird landen«, sagte sie zu Tollpatsch. »Pass auf, du Dummkopf, und hör zu, was ich dir jetzt sage. Es wird herunterkommen und die Schleusen öffnen. Und dann werden die Betschiden an Bord gehen – alle Betschiden. Willst du mich als einzige hier zurückhalten? Das wäre mein Tod!«
Tollpatsch gab noch immer nicht nach. Im Gegenteil – sie spürte, wie das Schnüffeltierchen sich noch fester an ihre Schulter klammerte. Gleichzeitig spürte sie das dringende Bedürfnis, wegzulaufen.
»Nein!«, rief sie verzweifelt. »Hör endlich auf damit!«
Aber noch während sie sprach, schob sie sich rückwärts in den Dschungel hinein. Die Angst zwang sie, sich umzudrehen und zu laufen.
Sie rannte über den weichen Boden aus modernden Blättern und verstand nicht, warum sie überhaupt lief. Welch ein Wahnsinn, vor der SOL wegzurennen – noch dazu jetzt, wo schon im nächsten Augenblick die ersten Chircools aus dem Dickicht hervorspringen konnten. Sie hörte die Tiere immer deutlicher, während das Summen hinter ihr sich kaum merklich abschwächte, dann für einen Moment anschwoll und schließlich erstarb.
Scoutie stolperte und fiel. Überrascht blieb sie liegen und lauschte in sich hinein.
Die Angst war verschwunden.
»Bist du endlich zur Vernunft gekommen?«, fragte sie ärgerlich, stand auf und klopfte Blattreste und winziges Getier von ihrer Kleidung. »Ich werde zu spät kommen!«
Sie wandte sich in die Richtung, aus der sie gekommen war, und Tollpatsch traf keine Anstalten, sie zurückzuhalten. Darüber war sie ein wenig überrascht. Aber dann sagte sie sich, dass ein Schnüffeltierchen mit seinem begrenzten Verstand vermutlich lediglich ein wenig Zeit benötigte, um die Wahrheit zu erkennen.
Sie hatte eine gehörige Strecke zurückgelegt. Auf ihrer durch Tollpatsch verursachten Flucht hatte sie zwei Bäche übersprungen, ohne es auch nur wahrzunehmen. Schlechtgelaunt, gleichzeitig fiebernd vor Spannung hastete die Jägerin durch den Dschungel. Wenn die SOL nun wieder abflog? Wie lange dauerte es, alle Betschiden in das Schiff einzulassen? Sicher nicht länger als einige Minuten, denn die Bewohner des Dorfes würden sich sehr beeilen. Wie leicht konnte man übersehen, dass die Jägerin Scoutie sich nicht unter den Geretteten befand, und starten, ehe sie die Lichtung erreicht hatte!
Sie empfand einen wilden Zorn auf das Schnüffeltierchen, war sich aber gleichzeitig der Tatsache bewusst, dass sie ungerecht gegenüber dem kleinen Wesen war. Woher sollte Tollpatsch denn wissen, was ein Raumschiff war?
Scoutie blieb abrupt stehen.
Diesmal war es nicht das Schnüffeltierchen, das sie warnte. Sie fing vielmehr einen fremden, beunruhigenden Geruch auf. Es stank aus der Richtung, in der das Dorf lag.
»Rauch«, stellte sie erschrocken fest.
Ein Brand? Aber wie sollte der entstanden sein? Die Regenzeit war gerade erst vorüber, und der Dschungel triefte vor Nässe. Die Hütten waren nicht besser dran. Die Balken hatten sich so mit Wasser vollgesogen, dass sie nicht einmal die von Chircool-Gestank verseuchte Bordküche hatten verbrennen können.
Sie ging weiter, langsamer jetzt, und blieb alle paar Schritte stehen, um zu lauschen und die Luft zu prüfen. Der Brandgeruch wurde ein wenig stärker. Andere Gerüche mischten sich darunter. Es stank nach etwas Heißem. Und dann roch es nach etwas, das Scoutie kannte – es war derselbe Geruch, den man spürte, wenn man an einem gerade benutzten Schleifstein schnupperte.
Die Jägerin zuckte die Schultern. Es waren zweifellos Gerüche, die von der SOL ausgingen.
Sie sah vor sich Licht durch die Stämme der Bäume schimmern und blieb irritiert stehen.
So nahe am Dorf kannte sie beinahe jeden Fußbreit Boden. Sie sah rechts von sich den Stamm des riesigen Weißrindenbaums, der vor dreieinhalb Regenzeiten umgestürzt war. Auf dem modernden Holz wuchsen Pilze mit kugeligen roten Fruchtkörpern. Ihr Saft wirkte blutstillend – jeder Jäger wusste, wo in der Umgebung des Dorfes diese Pilze wuchsen, und der Stamm des Weißrindenbaums war gut fünf Minuten vom Rand des Dschungels entfernt.
Unwillkürlich legte Scoutie die Hand auf das Schnüffeltierchen.
Was geht hier vor?, dachte sie verwirrt.
Ein Geräusch ließ sie zusammenzucken. Etwas stampfte durch den Dschungel. Es machte so viel Lärm, dass Scoutie sich unwillkürlich hinter den morschen Baumstamm duckte und nach dem Tier Ausschau hielt, das sich ganz in ihrer Nähe befinden musste. Ein Wesen, das es sich erlauben konnte, unter derart hoher Geräuschentwicklung im Dschungel einherzumarschieren, konnte nichts anderes als riesig und gefährlich sein.
Als Scoutie endlich merkte, dass sie in der Erwartung, ein gigantisches Ungetüm zu Gesicht zu bekommen, beinahe die wahre Ursache des Lärmes übersehen hätte, war es fast zu spät. Sie erhaschte noch einen Blick auf das ovale, vielbeinige Ding, das aus der Richtung, in der Licht zwischen den Baumstämmen kam, nach Süden marschierte. Als sie hinsah, tauchte das Etwas gerade in ein aus Honigblatt-Stauden bestehendes Dickicht ein. Später, wenn die Trockenheit kam und die Blätter der hohen Bäume sich vor Hitze zusammenrollten, würde jedes einzelne Honigblatt Tropfen klaren Zuckersafts absondern – jetzt aber waren diese Gewächse tödlich giftig. Scoutie fragte sich beklommen, was das vielbeinige Ding wohl dargestellt hatte – vielleicht war es aus der SOL gekommen, und sie hätte versuchen sollen, es zu retten. Aber dann merkte sie, dass sie sich ganz umsonst gesorgt hatte.
Das Etwas marschierte ungerührt weiter. Es konnte nicht lebendig sein, denn es gab nichts, was einem Honigblatt im giftigen Stadium zu widerstehen vermochte.
Scoutie erinnerte sich an den Roboter, den Doc Ming in seinem Haus aufbewahrte. Es hieß, dass es in der SOL viele solche Maschinen gegeben haben sollte, und dass sie den Menschen die Arbeit abnahmen. Sie hatte die Haut des Roboters betastet, und Doc Ming hatte ihr gezeigt, dass auch das schärfste Messer diese Hülle nicht zu ritzen vermochte. Sie wäre bereit gewesen, das fremde Etwas für einen Roboter zu halten, wäre die seltsame Form nicht gewesen.
In Gedanken bat sie das Schnüffeltierchen um Verzeihung. Allmählich beschlich sie das Gefühl, dass es durchaus Gründe gab, die Landung der SOL mit Misstrauen zu betrachten.
Von nun an bewegte sie sich schleichend vorwärts, und das hieß, dass sie erstens so gut wie unsichtbar wurde und zweitens kein Wesen, das nicht über ein außergewöhnlich gut entwickeltes Gehör verfügte, sie wahrnehmen würde. Scoutie war erst achtzehn Chircool-Jahre alt, aber sie war auf das Leben im Dschungel trainiert worden, seit sie gelernt hatte, aufrecht zu gehen.
Die letzten zwanzig Meter legte sie zurück, indem sie sich fast auf dem Bauch über die weichen Blätter schob. Sie gelangte an eine Stelle, an der der Wald zu Ende war, obwohl er sich von Rechts wegen noch über eine gute Strecke hätte fortsetzen sollen.
Sie robbte in ein Dickicht aus jungen Baumfarnen hinein, schob vorsichtig die Blätter zur Seite und spähte auf die so plötzlich entstandene Lichtung hinaus.
Das erste, was sie sah, war die SOL. Sie sah seltsam aus, jetzt, da sie nicht mehr durch die Luft schwebte. Die Form erinnerte die Jägerin unwillkürlich an einen Hutpilz, der aus einer so engen Spalte im Holz eines Baumes hervorwuchs, dass er noch jenseits des Hindernisses ganz flachgedrückt wirkte. Allerdings gab es nicht einmal auf Chircool Hutpilze von derart gigantischer Größe. Abgesehen davon trugen Hutpilze keine gelben Schriftzeichen.
Was dort geschrieben stand, konnte Scoutie nicht beurteilen, denn die Zeichen sahen völlig fremd aus.
Das war der nächste Grund zum Misstrauen. Wenn dies die SOL war – sollte dann der gelbe Schriftzug nicht wenigstens entfernte Ähnlichkeit mit jenen Zeichen besitzen, die die Betschiden hier und da noch anwandten?
Sie stellte fest, dass die Lichtung, auf der das Schiff stand, bis an das Dorf heranreichte. Die Bäume, die hier noch vor ganz kurzer Zeit gestanden hatten, waren zu hellgrauer Asche zerfallen. Und es waren Bäume, die jetzt, nach der Regenzeit, vor Säften förmlich strotzten. Kein normales Feuer konnte sie verbrannt haben.
Vom Dorf konnte Scoutie vorläufig fast nichts sehen, denn das Schiff stand ihr im Wege. Sie beschloss, im Schutz des Dickichts weiterzukriechen, und das Schnüffeltierchen hatte gegen dieses Vorhaben nichts einzuwenden.
Während sie sich vorwärtsschob, lauschte sie auf das Heulen der Chircools. Sie fand, dass es eher leiser geworden war. Das war seltsam, denn bei dem Tempo, das die Bestien normalerweise vorlegten, hätten sie mittlerweile direkt vor dem Dorf stehen sollen. Scoutie hatte noch keine Chircool-Stampede miterlebt. Normalerweise hielten sich die Bestien so lange wie möglich in den Dschungeln des Tieflands, ehe sie über die schneebedeckten Berge in jenes Tal zogen, in dem sie ihre Eier abzulegen pflegten. In diesem Jahr nahmen die Chircools einen anderen Weg, weil die Regenzeit besonders heftig ausgefallen war. Die Weibchen trugen die Eier bereits in sich, und jede Verzögerung würde viele der weiblichen Tiere töten. Die Chircools waren verständlicherweise bestrebt, auf dem schnellsten Wege zu ihrem Tal zu gelangen. Sie würden sich durch nichts und niemanden von ihrem Kurs abbringen lassen. Aber als Scoutie genauer hinhörte, wollte es ihr scheinen, als käme das Heulen jetzt eher aus südwestlicher Richtung.
Endlich erreichte sie eine Stelle nahe dem Dorf, von der aus sie die Vorderseite der SOL sehen konnte. Die Betschiden standen nicht weit entfernt regungslos, beinahe andächtig, auf dem aschebedeckten Boden. St. Vain, der Kapitän des »Schiffes« stand natürlich ganz vorne. Er trug den defekten Raumhelm und die alte, tote Waffe, die das Zeichen seiner Würde waren. Scoutie versuchte, Surfo Mallagan und Brether Faddon in der Menge zu entdecken, aber es gelang ihr nicht. Sie verspürte das Bedürfnis, aufzuspringen und zu den Betschiden zu rennen, aber sofort kam ein scharfer Impuls der Angst von dem Schnüffeltierchen.
Sie blieb liegen und starrte die SOL an. Sie erinnerte sich an die Überlieferungen, und obwohl das Schiff zweifellos riesig war, kamen ihr Zweifel daran, dass die alten Geschichten stimmen konnten. Es hieß, dass Tausende von Betschiden in dem Schiff leben sollten. Zweifellos hätte man auch Tausende von Betschiden in das weiße Ungetüm hineinbekommen, aber Scoutie fragte sich, wie dann noch Platz für die Tiere und Pflanzen bleiben sollte, von denen diese Tausende sich zu ernähren hatten.
Sie zuckte zusammen, als sich beim Schiff etwas bewegte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es einen Weg gab, der zu dem weißen Ding hinaufführte, eine breite, schräge Fläche, über der sich jetzt eine Schleuse öffnete.
Lass mich endlich gehen, Tollpatsch!, dachte sie in einem Anflug von Panik. Die Solaner kommen heraus – ich muss bei den anderen sein!
Tollpatsch bewegte sich zuckend auf ihrer Schulter. Fast meinte sie, dass das Schnüffeltierchen sie verlassen würde, und trotz ihres Ärgers auf dieses Wesen stieg Bedauern in ihr auf. Sie hatte sich bereits an das Tier gewöhnt und wusste, dass sie es vermissen würde.
Tollpatsch änderte aber nur ein wenig die Stellung, in der er auf Scouties Schulter lag, und fast gleichzeitig glitt die Schleuse der SOL auf, und Wesen kamen daraus hervor.