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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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9.

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1776

 

Endreddes Unterwelt

 

In der Evolutionsebene – sie treffen auf die Pounder

 

von Peter Terrid

 

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In der kleinen Galaxis Hirdobaan, rund 118 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt, spitzt sich im Herbst 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung die Situation zu. Ein seit über tausend Jahren existierendes System gerät ins Wanken – und schuld daran sind Menschen aus der Milchstraße.

Millionen von Galaktikern kamen nach Hirdobaan, auf der Suche nach dem Imprint. Und als sie ihn erhielten, verschwanden sie spurlos. Sie landeten in Endreddes Bezirk, auf Planeten im abgeschotteten Zentrum der Galaxis.

Unter ihnen sind die so genannten Phasenspringer, die zwischen Endreddes Bezirk und der »Außenwelt« oszillieren. Niemand weiß bislang, welcher Einfluss dafür verantwortlich ist, und niemand kennt die Hintergründe des Ganzen.

Mit Hilfe der Cryper-Rebellen besetzen die Galaktiker von der BASIS den Planeten Borrengold und nehmen die Handelsfürsten der Hamamesch fest. Damit, so hofft Perry Rhodan, hat er ein Faustpfand in den Händen, das ihm hilft, die dreißig Millionen Galaktiker freizubekommen.

Als die Phasenspringer in Endreddes Bezirk immer mehr in Bedrängnis geraten, bekommen sie Verstärkung von »außen«. Mit dieser Verstärkung beginnt nun der Vorstoß in ENDREDDES UNTERWELT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Arkonide stößt in die Evolutionsebene vor.

Homer G. Adams – Der ehemalige Hanse-Chef beharrt auf seinem eigenen Weg.

Kentok Mirkom – Ein Pariczaner als Phasenspringer.

Arlo Rutan – Der Ertruser wird mit einem Vario-Sumpf konfrontiert.

Ronald Tekener und Reginald Bull – Zwei relativ unsterbliche Phasenspringer.

1.

Bericht Atlan

 

Du hast vier Stunden lang geschlafen.

Die knappe Meldung des Extrahirns war das Erste, was ich beim Erwachen bewusst wahrnehmen konnte. Vier Stunden, das war nicht viel nach normalen menschlichen Maßstäben. Aber für einen Aktivatorträger reichte diese kurze Spanne vollkommen aus, ihn wieder leidlich zu regenerieren.

Das Erste, was ich sah, als ich die Augen öffnete, war das Gesicht von Perry Rhodan, der sich über mich gebeugt hatte und mich teilnahmsvoll anblickte.

»Willkommen in der Wirklichkeit«, sagte der Terraner halblaut.

Mein Grinsen fiel ziemlich kläglich aus.

Als ich bei den ersten unfreiwilligen Betätigungen als Phasenspringer auf Schingo wieder aufgetaucht war, hatte ich in tiefer Bewusstlosigkeit gelegen und gar nichts davon mitbekommen. Erst später war ich für kurze Zeit zu mir gekommen, und wenn dieser Prozess noch einige Zeit anhielt, hatte ich gute Chancen, während der gesamten Schingo-Phase bei Bewusstsein zu sein und aktiv werden zu können.

Allerdings wäre es mir lieber gewesen, es hätte sich eine andere »Lösung« dieses Problems finden lassen.

Schön wäre es auch gewesen, Funkkontakt aus Endreddes Bezirk nach »außen« zu haben. Doch die Mitglieder des Kommandos Gonozal hatten bei Tests herausgefunden, was wir schon erwartet hatten: Die Hyperfunk-Empfänger der SERUNS hatten keinerlei Botschaften von der BASIS erhalten; der Schutzschirm um den Bezirk war offensichtlich »dicht«.

»Wie geht es dir?«, wollte Rhodan wissen.

Hinter ihm konnte ich die Gesichter anderer Galaktiker erkennen, die sich mit meinem Problem und dem der anderen Phasenspringer beschäftigten.

»Mäßig«, antwortete ich aufrichtig und streckte die Glieder. »Angenehm ist die Prozedur nach wie vor nicht. Und wie sieht's bei euch aus? Was machen Dao-Lin und die anderen?«

»Wie wir befürchtet haben«, entgegnete Perry Rhodan mit einem leisen Seufzer. »Wieder aufgetaucht, aber ohne Bewusstsein. Das gilt für das gesamte Kommando Gonozal.«

Ich nickte langsam.

»Zuerst die Neuigkeiten«, begann ich. »Es sind alle drüben aufgetaucht, wie zu erwarten gewesen ist. Nur ...«

Sie sahen mich erwartungsvoll an.

»Es gibt Probleme mit den SERUNS«, klärte ich sie auf. »Wahrscheinlich liegt es an der Steuerung der SERUNS durch die Pikosyns. Sie haben jetzt Aussetzer, Ausfallerscheinungen, völlig unkontrollierbar und unvorhersehbar. Meistens funktionieren die Geräte, aber manchmal eben nicht, und das kann sich übel auswirken. Ich befürchte sogar, dass die SERUNS nach einigen weiteren Phasensprüngen praktisch von Hand gesteuert werden müssen.«

Rhodan murmelte eine leise Verwünschung.

Einer unserer größten Vorteile bei den Operationen der Galaktiker in Hirdobaan war die Tatsache, dass unsere Technologie weiterentwickelt und leistungsfähiger war als das, was die Hamamesch einsetzen konnten. Das galt für die Raumschiffe, für die Waffensysteme und bislang auch für die SERUNS. Im letzten Fall schien sich das zu ändern, bedauerlicherweise.

»Wir werden das bei den anderen genau untersuchen«, versprach Perry Rhodan sofort. »Kennst du die Gründe für dieses Versagen der Pikosyns?«

Ich zuckte mit den Achseln.

»Vielleicht eine unbekannte Strahlungskomponente«, antwortete ich und gab mit der Formulierung zu, dass ich eigentlich gar nichts Genaues wusste. »Jedenfalls wird uns ein andauernder Ausfall der Pikosyns einigermaßen zu schaffen machen. Wahrscheinlich werden die Leute gezwungen sein, die einzelnen Komponenten der SERUNS künftig über die Handschuhsensoren zu steuern.«

Technisch war das natürlich möglich, aber es war kein Verfahren, auf das ich gerne zurückgegriffen hätte. Wir verloren dadurch einen sehr wesentlichen Vorteil der Syntron-Technologie: die Schnelligkeit. Wenn es zu diesem Dauerausfall kam, war die Reaktionsgeschwindigkeit der Anzugträger gefordert, und das in äußerstem Maße.

»Habt ihr unsere Funksprüche erhalten?«, fragte Rhodan.

»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Alles dicht, nichts zu hören. Habt ihr unsere Sprüche von den SERUNS empfangen?«

»Auch nicht.«

»Es wäre auch zu schön gewesen ...«

»Und was habt ihr gefunden?«, fragte Rhodan weiter.

Ich ließ vor meinem inneren Auge rasch die Ereignisse der letzten Phase Revue passieren, um das Wesentliche vom Unwichtigen zu trennen.

»Einen Erfolg haben wir auf Zimbag erzielt«, antwortete ich schließlich. »Die Oberfläche auf diesem Level sieht aus wie auf allen Welten, auf denen wir herausgekommen sind. Der Planet selbst mag seine Besonderheiten haben, aber überall gibt es diese Kantinen und die Werkstätten, in denen unsere Gefährten schuften, zum Teil wie die Sklaven, zum Teil wie die Narren, meist in einer grotesken Mischung aus beidem.«

Ich blickte Rhodan in die Augen.

»Wir werden uns etwas einfallen lassen müssen, um diesem Problem beizukommen«, sagte ich eindringlich. »Die Leute sind zwar – frag mich nicht, auf welche Weise und mit welchem Mittel – von ihrer Imprint-Sucht losgekommen, und so weit geht es ihnen recht gut. Sie haben Dächer über den Köpfen, und die Versorgung mit Lebensmitteln ist auch sichergestellt. Was das angeht, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Aber viele Galaktiker leiden unter einer sehr befremdlichen Arbeitswut; unablässig sind sie damit beschäftigt, etwas zu reparieren. Es ist überall das Gleiche: Sie basteln an Maschinen und Geräten herum, die sie nicht kennen und nicht verstehen, sie haben keine Planung in ihrem Vorgehen, keine Konzepte und überwiegend auch nicht die geringste Ahnung, auf was sie sich da überhaupt einlassen.«

Rhodan runzelte die Stirn. »Wo ist dabei das Problem?«

»Zum Ersten kommt es immer wieder zu Unfällen durch unsachgemäße Vorgehensweise«, sagte ich. »Man kann nicht einfach mit einem Werkzeug in einem völlig unbekannten Aggregat herumstochern, Schalter betätigen sowie Leitungen kappen oder verbinden, deren Sinn und Funktion man nicht begreift. Unfälle sind nahezu unvermeidlich, und es wird nicht nur bei Körperverletzungen bleiben. Früher oder später wird es immer mehr Todesfälle geben. Der zweite Punkt ist der, dass unsere Freunde über ihrem löblichen Eifer die ureigensten Interessen sehr stark vernachlässigen. Dass sie sich oft nicht waschen und deshalb stinken wie die Raubtiere im Käfig, mag noch angehen. Aber sie vernachlässigen auch das nötige Essen, sie schlafen zu wenig.«

Rhodan nickte betroffen.

»Sollte es auf diesen Welten irgendwelche Krankheiten geben, werden unsere Leute dort irgendwann sterben wie die Fliegen, weil sie nicht in der Lage sein werden, wieder für ihre Genesung zu sorgen.«

»Wie viel Zeit haben wir?«

»Wir brauchen nichts zu überstürzen«, antwortete ich. »Einstweilen zeichnen sich diese Entwicklungen nur am Horizont ab, das Problem ist noch nicht sehr akut. Aber wenn es bei den Verhältnissen bleibt, die wir bis jetzt beobachtet haben, wird sich auf den Karussellwelten eine Katastrophe abspielen. Man könnte es einen schleichenden Völkermord an Millionen von Galaktikern nennen. Du kennst vielleicht diese uralte Kurzgeschichte von Fabrik und Gegenfabrik: Die eine zermahlt sehr harte Steine zu feinem Mehl, die andere Fabrik bäckt aus diesem Mehl möglichst feste Steine, die dann zurückgeliefert werden in die erste Fabrik, wo sie wieder zermahlen werden und so fort – und am Ende der scheußlichen Prozedur steht die Vernichtung von zahlreichen Leben durch sinnlose Arbeit unter unmenschlichen Bedingungen.«

Perry Rhodan war sichtlich bedrückt, zeigte dann aber, wenn auch schwach, sein unverwüstliches optimistisches Lächeln.

»Das waren die schlechten Nachrichten«, sagte er leise.

Die Galaktiker, die ich hinter ihm erkennen konnte, ließen sich kein Wort unserer Unterhaltung entgehen. Sie waren angespannt, aufgeregt. Kaum einer von ihnen kannte auch nur einen Einzigen der verschwundenen Imprint-Outlaws persönlich, aber das Schicksal dieser Mitgeschöpfe ließ sie deswegen nicht kalt.

»Ich hoffe, du hast auch Positives zu vermelden!«

»Ansichtssache«, antwortete ich und reckte und streckte mich.

Tief im Hintergrund meines Körpers spürte ich eine anhaltende Müdigkeit und Schwächung. Ich wusste, dass auch ein relativ Unsterblicher der ständigen Zermürbung durch körperliche und seelische Überanstrengung auf Dauer nicht gewachsen war.

»Auf Zimbag ist es gelungen, einen Zugang in die tieferen Bereiche der planetaren Anlagen zu finden«, berichtete ich. »Harold Nyman hat mir das berichtet. Er sagt, es sei Homer gelungen, diesen Zugang in die abgeschotteten Bereiche zu öffnen. Vielleicht werden wir dort den Geheimnissen Hirdobaans auf die Spur kommen können. Und wir haben Lager gefunden, in denen auch SERUNS sind.«

Perry Rhodans Lächeln wurde zuversichtlicher.

»Keine übertriebene Vorfreude«, dämpfte ich ihn. »Homer ist nämlich offenbar nicht bereit, mit uns Phasenspringern zusammenzuarbeiten. Frag mich nicht, was in dem Mann vorgeht, mit welchen Gedanken er sich herumschlägt oder was seine wirklichen Gründe sein mögen. Er verweigert jedenfalls die Zusammenarbeit, und das auf sehr gründliche Art und Weise.«

Ich konnte die Frage in Rhodans Gesicht ablesen.

»Er und kein anderer hat allem Anschein nach dafür gesorgt, dass wir bei unserem Erscheinen jedes Mal von Opera-Robotern in Empfang genommen werden und uns den Weg erst einmal freikämpfen müssen.«

»Ist das sicher?«

»Alle dunkelgrünen Felder sämtlicher Fernkarussells werden von den Opera-Robotern abgeriegelt und durch Schirmfelder völlig isoliert. Ohne das Kommando Gonozal ...«

Ich ließ den Satz unvollendet.

»Das klingt nach Verrat«, murmelte jemand im Hintergrund.

»Vorsicht mit solchen Urteilen«, sagte ich scharf in die Richtung, aus der der Kommentar gekommen war. »Ich sagte es bereits: Wir kennen die Beweggründe von Homer G. Adams nicht. Und solange ich keine absolut stichhaltigen Beweise dafür habe, bin ich nicht bereit, einem alten Freund Verrat an den Interessen der Galaktiker zu unterstellen. Wenn wir anfangen, uns gegenseitig zu misstrauen, können wir einpacken.«

»Ich bin deiner Meinung«, stimmte Rhodan zu.

Während wir plauderten, wurden, wie ich wusste, in der SIAMESE GIRL die Mitglieder des Kommandos Gonozal betreut. Sie waren ohne Bewusstsein, aber sie konnten in beschränktem Maße medizinisch untersucht und versorgt werden. Gleichzeitig wurden ihre SERUNS untersucht; das gesammelte Material der Bildaufzeichnungen und Ortungsergebnisse konnte so ausgewertet werden.

Ausgefallenes technisches Gerät konnte allerdings nicht gewartet, repariert oder ersetzt werden. Wenn die Pikosyns ganz und gar ausfielen, würde die Phasenspringerei für alle Beteiligten des Kommandos zu einem immer gefährlicheren Geschäft werden.

»Was gedenkst du zu tun?«, wollte Perry Rhodan wissen.

Ich grinste schwach.

»Am liebsten noch ein paar Stunden schlafen«, gab ich zu. »Das Heldentum ist eine sehr strapaziöse Beschäftigung. Aber ernsthaft: Ich bin dafür, unsere Aktionen auf Zimbag, also auf Level drei, zu verstärken. Wir sollten versuchen, zu Homer G. Adams vorzustoßen und uns ihm anschließen.«

»Du glaubst also, dass eine Zusammenarbeit möglich ist?«

»Ich gebe jedenfalls die Hoffnung nicht auf«, antwortete ich entschlossen. »Irgendwann wird er ganz bestimmt zur Vernunft kommen, und dann können wir mit vereinten Kräften den Geheimnissen von Hirdobaan und Gomasch Endredde auf den Pelz rücken.«

»Ich wusste gar nicht, dass Geheimnisse Pelze tragen ...«, witzelte jemand überflüssigerweise im Hintergrund.

»Wie sind die Chancen?«

Ich zögerte, auf Rhodans knappe und eindeutige Frage eine voreilige Antwort zu geben.

Bei unserem nächsten Auftauchen – weder das Ob noch das Wo oder Wann dieses Auftauchens lagen in unserer Hand, und ich war sehr gespannt darauf, zu erfahren, wie die eigentümlichen Ortswechsel technisch bewältigt wurden – würden wir es mit verstärkten Aktionen der Opera-Roboter zu tun bekommen. Ganz bestimmt würden die Maschinen jedes Mal besser auf unser Erscheinen vorbereitet sein.

In den Heldensagen, nicht nur der Erde, gab es einen charakteristischen, dramaturgischen Ablauf. Nach jeder unerhörten Glanztat des Helden musste unweigerlich eine noch größere und gefährlichere Aufgabe auf ihn warten, so lange, bis er unfehlbar eines Tages scheitern musste – unausweichlich, legendär, heroisch, aber letztlich tödlich.

Ich verzog die Lippen zu einem Lächeln.

»Akzeptabel«, sagte ich.

In Perry Rhodans Augen konnte ich erkennen, dass er als Einziger mich richtig verstanden hatte ...

2.

 

»Keine Bewegung!«

Die Stimme von Kentok Mirkom war deutlich zu hören, und sein Befehl wurde befolgt.

Von einem Augenblick zum anderen erwacht, verharrte die Gruppe GRIBBON in völliger Ruhe.

Keiner von ihnen wusste, was in den letzten dreizehn Stunden und der einen Minute mit ihm oder ihr geschehen war. Der alte terranische Begriff Black-out war wohl die präziseste Umschreibung für dieses Phänomen; Larn Ekholm, der schlanke Plophoser, hatte es anders ausgedrückt: Filmriss. Aber mit diesem Begriff, der wohl aus mythologischer Erdzeit stammte – was war ein Film? Offenbar etwas, das reißen konnte –, hatte keiner der anderen etwas anzufangen gewusst, und Ekholm hatte nur gegrinst, als man ihn nach der Bedeutung gefragt hatte.

Das Feld war dunkelgrün, wie immer. Die galaktischen Phasenspringer kamen immer auf den dunkelgrünen Feldern heraus, wahrscheinlich wusste nur Gomasch Endredde, warum dem so war. Gelandet waren sie wieder auf dem Fernkarussell Hades, das zu Level 3, also Zimbag, gehörte.

Das Ziel der Operation war vor dem ersten Sprung festgelegt worden – der Vorstoß sollte Level 7, Prullwegg, gelten.

Langsam bewegte der gebürtige Pariczaner den Kopf.