Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Epilog:
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2458
Der zweite Dantyren
Er will sein Vorbild übertreffen – dazu ist dem Dual jedes Mittel recht
Leo Lukas
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Planeten der Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung. Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Existenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis Hangay – ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.
Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensystems, dem Zugriff der Terminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRANOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zumindest zu stören.
Die Rückkehr des tot geglaubten Roi Danton aus den Fängen TRAITORS eröffnet der Menschheit neue Möglichkeiten, zumal er in seinem Gefolge rund 1800 Mikro-Bestien hat, die sich gegen die Terminale Kolonne stellen. Eine gewagte Expedition macht nun aus Michael Reginald Rhodan eine Gestalt wie aus finsteren Alpträumen: Er wird DER ZWEITE DANTYREN …
Dantyren – Ein Dualer Kapitän fühlt sich zu Höherem berufen.
Roi Danton – Ein Original, das den Platz seiner Kopie einnehmen möchte.
Senego Trainz – Eine Mikro-Bestie kämpft um Anerkennung.
Goran Frownie und Ero Ustinoth – Zwei Oberstleutnante machen Maske und steuern einen Traitank.
Lipica Atabinmek – Eine kostümierte Agentin sieht ihre Mission aus geschlechtsspezifischen Gründen kritisch.
Liforner Zwiegespräche (I)
Gut angekommen
Der Linke: »Also, wenn du mich fragst …«
Der Rechte: »Halt die Klappe!«
Der Linke: »Schön, auch wenn du mich nicht fragst – das kann ja wohl nur ein schlechter Scherz sein, oder? Ich meine, auf dem Rübenacker, den sie hier Hauptlandefeld nennen, haben gerade mal zehn Traitanks Platz! Und die ganze Station stinkt; muffig, modrig, widerlich provinziell. Der Mief des Hinterlands! Dieser Planet, dieses System, der komplette Sektor ist eine einzige Anhäufung von …«
Der Rechte: »Still, ich zeichne auf. Die Übernahme des Kommandos gestaltete sich unproblematisch. Wenige, kurz und sparsam eingesetzte Disziplinierungsmaßnahmen genügten, um dem Personal des Stützpunkts und den Vertretern der Zivilbevölkerung den nötigen Respekt einzuflößen.«
Der Linke: »Mhm. Zwei tot, sieben unbestimmten Grades verletzt, etwa zwanzig bis dreißig in den lallenden Wahnsinn getrieben – toller Einstand. Ich würde sagen, wir sind ziemlich gut angekommen bei unseren Schäfchen. Garantiert lieben sie uns bereits abgöttisch.«
Der Rechte: »Gehorchen müssen sie, und das haben wir ihnen auch maßvoll klargemacht. Dein dummer Spott vergeudet Atemluft, ebenso wie die Jammerei. Erfüllen wir unsere Pflicht, so werden bald höhere Aufgaben winken. Wir sind hier lediglich zur Bewährung.«
Der Linke: »Auf Bewährung. Sonderlich viel scheint man uns jedenfalls nicht zuzutrauen. Sieh dich um! Oder hast du keine Augen in deinem Natternschädel? Wahrscheinlich waren die bisherigen Testergebnisse so übel, dass längst ein Nachfolger heranreift. Und uns wirft man bei der ersten Gelegenheit zum Müll. Na ja, wäre vielleicht nicht das Schlimmste. Dann bin ich dich wenigstens los.«
Der Rechte: »Dieses Gespräch ist unergiebig. Ich beende die Aufzeichnung und lösche sie.«
Der Linke: »Spinnst du? Speichern, selbstverständlich, zwecks späterer Analyse. Schnapp nicht gleich ein, Mann! Nur Mut, aus uns wird schon noch was. Wir stehen erst ganz am Anfang.«
Prolog:
Geht doch
Die Isla Bartolomé gehörte zu den allerkleinsten Inseln des Galapagos-Archipels. Nicht viel mehr als einen Quadratkilometer maß ihre Oberfläche.
Der karge, vulkanische Boden ernährte hauptsächlich Kakteen und Krabben sowie ein paar verstreute Pinguine und Seelöwen.
Aber Größe war nicht von Belang und die Abgeschiedenheit ein entscheidender Faktor.
Galapagos ist der optimale Ort, gewissermaßen ein Resonanzboden, lautete die Begründung für die Wahl. Gleichzeitig wirkt sich das mentale Feld, das die fünfzehn Milliarden Menschen im Solsystem erzeugen, hier nicht störend aus – im Unterschied zu Grönland oder gar Terrania City.
Deshalb residierte auf diesem entlegenen, schmalen, wenig fruchtbaren Eiland die aktuell stärkste Geistesmacht der Milchstraße: der Nukleus der Monochrom-Mutanten.
*
Am 10. Mai 1347 NGZ näherte sich ein unauffälliger Personengleiter der Inselgruppe mit durchschnittlicher Reisegeschwindigkeit.
Kurz vor Bartolomé sackte die Maschine plötzlich ab, beschleunigte jäh und drehte einen gewagten Looping. Dann drückte der Pilot sie noch weiter nach unten, raste der Länge nach über Bartolomé hinweg, zog eine extrem enge Schleife, winkte links-rechts mit den Stummelflügeln … und setzte, mit vollem Gegenschub abbremsend, butterweich auf.
»Angeber«, neckte Fran Imith.
»Ach, komm schon. Von Zeit zu Zeit«, gab Reginald Bull breit grinsend zurück, »muss ich mir einfach selber beweisen, dass ich es noch draufhabe.«
Der Verteidigungsminister der Liga Freier Terraner schwang sich aus dem Cockpit, so schnell er konnte. Als er seinen Sprung in den Knien abfederte, stand Fran trotzdem schon da, bot ihm zum Halt den Ellbogen und strich mit der anderen Hand kokett langsam die roten Locken glatt.
Sie hatte es ebenfalls noch drauf …
Bully wurde wieder einmal bewusst, wie sehr er seine Frau liebte. Und wieder einmal brachte er es nicht zuwege, ihr das zu sagen.
»Alles wie gehabt.«
Er deutete in Richtung der Siedlung Schohaakar, zu den Unterkünften der Wissenschaftler und Techniker, zum unscheinbaren Containerdorf unter der kaum sichtbaren Prallschirmglocke. »Beneidenswert, diese Ruhe. Die Kerle sind fein raus, machen Studienurlaub auf Staatskosten, während unsereins sich abstrampelt.«
Fran hob die Augenbrauen; das war ihr einziger Kommentar. Sie kannte Bull gut genug, um zu wissen, dass er mit dem Gebrummel seine Beklommenheit überspielte. Unzweifelhaft empfand sie die enorme mentale Präsenz ebenso intensiv wie er.
Zugleich wandten sie ihre Gesichter der markantesten Felsformation der Insel zu. An den Schotterhängen des Pinnacle Rock schwebte ein Ball aus reinem, gelbweißem Licht.
Der Nukleus … Seit dem letzten Besuch war er erkennbar stärker geworden.
Die Funkenkugel schien in stetem Rhythmus zu pochen wie ein lebendiges Herz. Kein bekanntes Messgerät vermochte dieses Pulsieren nachzuweisen.
Andererseits spürten Fran und Bully das immense, hochkonzentrierte psionische Potenzial bis ins Mark: die ungeheuren, verdichteten Energien, akkumuliert hauptsächlich aus dem psimateriellen Korpus ARCHETIMS.
Die Kraft der Sonne, dachte Reginald Bull. Nicht irgendeine Kraft, nicht irgendeine Sonne, sondern ein sechsdimensionales Juwel, der in Sol versteckte Leichnam einer Superintelligenz, die vor Urzeiten vollbracht hat, wozu wir uns gerade mit Müh und Not rüsten.
Bully schluckte. Er fuhr sich über die Augen, vermochte sich kaum vom Anblick der nur zwei Meter durchmessenden und doch so mächtigen Energieballung zu lösen. Beinahe hätte er das ungleiche Pärchen übersehen, das ihnen entgegenschlenderte.
Der Bursche war knapp über zwanzig, eher schmächtig, sein Dreitagebart ungleichmäßig gewachsen. Er wirkte linkisch, keineswegs so, als berste er vor Selbstvertrauen.
Doch Bull wusste aus eigener Erfahrung, dass weit mehr in Marc London steckte, als es den Anschein hatte. Erst vor wenigen Monaten, bei der Erkundung des Stardust-Systems, hatte er mehrfach bewiesen, über welch wertvolle Fähigkeiten er verfügte.
Die schlanke, hoch aufgeschossene junge Frau neben ihm strahlte wesentlich mehr Durchsetzungsvermögen aus. Sommersprossen bedeckten die helle Haut ihres leidlich hübschen Gesichts. Am auffälligsten war, dass sie leicht schielte.
Freilich konnte niemand sagen, ob Fawn Suzuke überhaupt auf herkömmliche Weise sah; nicht einmal, ob sie noch – oder wieder – als Person existierte.
1303 NGZ war sie, wie die anderen Monochrom-Mutanten aus Para City, zunächst in der negativen Superintelligenz SEELENQUELL aufgegangen; bei deren Vergehen im Folgejahr hatten diese sich von ihr als Nukleus gelöst und waren, so jedenfalls hieß es, in den »Dienst« von ES getreten. Gleichwohl war Fawn vermutlich mehr als ein unselbstständiger Ableger des Nukleus. Hätte sie denn sonst Marcs Gefühle erwidert?
»Hallo, ihr beiden!«, sagte Fran. »Alles okay? Geht’s euch gut?«
London legte sacht den Arm um Suzukes Hüfte. »Danke, wir leben … irgendwie. – Seid gegrüßt. Was führt euch zu uns?«
»Ich möchte«, sagte Bully mit belegter Stimme, räusperte sich, zuckte entschuldigend die Schultern und begann erneut: »Ich bin gekommen, um dem Nukleus eine Bitte zu unterbreiten. Wir benötigen Hilfe bei einer eventuell entscheidenden Operation.«
»Setzen wir uns?« Mit einer flüchtigen Handbewegung wies Fawn Suzuke auf eine Gruppe von grob kniehohen Steinblöcken, die sich als behelfsmäßige Sitzgelegenheiten eigneten.
Bull blinzelte; er hätte nicht beschwören können, dass die vier Felsen zuvor schon da gewesen waren.
Besser nicht zu viel darüber nachdenken …
Nachdem sie Platz genommen hatten, berichtete er: »Es ist ein zweiter Dantyren aufgetaucht. In der Eastside der Milchstraße, unweit von Maahkora. Ein paar versprengte Akonen haben Kolonnenfunk abgehört und dabei eine an die Dienstburg CRULT gerichtete Botschaft aufgefangen. Sie stammt von einer Welt namens Liforno, rund zwölfeinhalbtausend Lichtjahre vom galaktischen Zentrum und über zweiundvierzigtausend vom Solsystem entfernt.«
Der Absender der via Funkrelaiskette der Terminalen Kolonne verbreiteten Nachricht erkundigte sich darin nach einem mysteriösen »Komplex Astrovent«. Bull und seine LFT-Experten wussten mit diesem Begriff nichts anzufangen; allerdings deutete die innerhalb der Kolonne eher unübliche Verwendung eines Kodewortes auf erhöhte Brisanz hin.
Jedenfalls zeigte das mitgelieferte Bild des Fragestellers einen Dualen Kapitän – und der glich äußerlich Dantyren wie ein Ei dem anderen!
Bully bot an, mithilfe des Holo-Projektors seines Armbands die Aufnahme vorzuzeigen, doch Suzuke winkte ab.
»Nicht nötig. Ich bin überzeugt, ihr habt sie gründlich untersucht und ihre Echtheit nachgewiesen. – Offenbar gibt es also eine weitere Kreatur, die aus Kopien von Roi Danton und dem Mor’Daer-Soldaten Yrendir zum Dual verschmolzen wurde.«
»So ist es. Da der echte Roi Danton sich inzwischen wieder in Freiheit befindet und sein während der Gefangenschaft erworbenes, beträchtliches Insiderwissen über TRAITOR nutzen möchte, haben wir zusammen einen zugegebenermaßen verwegenen Plan geschmiedet. Mike …«
Unwillkürlich hatte Bully den Taufnamen seines Patenkinds verwendet. Er korrigierte sich: »Ich meine, Roi will versuchen, diesen neuen Dantyren auszuschalten und dessen Platz einzunehmen. Schafft er das, könnte er auf hoher Führungsebene in die Reihen der Terminalen Kolonne einsickern. Niemandem außer ihm bietet sich eine solche Möglichkeit.«
»Klingt gleichermaßen riskant wie einleuchtend. Aber wo kommt der Nukleus ins Spiel?«
»Sofort. – Bis hierher wurde alles nach bestem Wissen und Gewissen vorbereitet. Allerdings hat der Plan einen gewaltigen Haken. Ein wesentliches Detail entzieht sich unserem Zugriff. Konkret: Der Progresswahrer in CRULT, Antakur von Bitvelt, könnte uns einen Strich durch die Rechnung machen. Es steht zu befürchten, dass der Herr der Dienstburg jederzeit dazu imstande wäre, einen ›falschen‹ Dantyren zu enttarnen, auch auf große Entfernungen, per mentalem Kontakt.«
»Verstehe.« Suzuke legte den Kopf schief, schloss die Augen und tastete nach der Hand ihres Begleiters, als suche sie Halt bei ihm.
Bullys Assoziation war gar nicht so weit hergeholt. Der nach wie vor oft schüchtern und unbeholfen wirkende Junge besaß das einzigartige Talent, parapsychische Fähigkeiten zu reduplizieren. Marc korrespondierte mit nahezu allem, was an superhochfrequenten Signalen auf ihn einströmte.
Deshalb diente er Fawn als eine Art Anker. Schon bei ihrem ersten Erscheinen vor über drei Jahren hatte Marc ihr geholfen, sich zu stabilisieren; und später, als sie so geschwächt war, dass sie fast vergangen wäre, ermöglichte ihr einzig seine Nähe, sich im Diesseits zu halten. Erst nachdem der Nukleus am 14. Oktober 1344 NGZ auf der Isla Bartolomé materialisiert war, hatte sich anscheinend auch dessen Sprecherin dauerhaft gefestigt.
Ob ihrer und Marcs seltsam symbiotischer Beziehung längerfristig eine Zukunft beschieden sein würde, stand jedoch in den Sternen …
»Du erbittest vom Nukleus, er möge Dantyren vor dem Progresswahrer verbergen?«
»Ja.« Bully straffte sich. »Wäre es ihm … dir … euch möglich, Antakur von Bitvelts mentale Kommunikation zu stören, und sei es nur auf gewisse Zeit? Damit er den Austausch des Duals nicht bemerkt? Immer vorausgesetzt, dass Rois frecher Coup gelingt.«
Fawn schlug die Augen auf. Ihr Silberblick war in unbestimmte Fernen gerichtet. »Du hast eine berechtigte Frage gestellt, Reginald Bull«, sagte sie leise, »und wirst in Bälde Antwort erhalten.«
*
In Bälde.
Bei Wesen wie dem Nukleus konnte das alles Mögliche bedeuten. Solche für Menschen letztlich unverständliche, in gänzlich anderen räumlichen und zeitlichen Dimensionen beheimatete Wesenheiten neigten recht häufig dazu, sich Tage oder gar Wochen lang in Schweigen zu hüllen.
Fran Imith richtete sich daher innerlich auf eine längere Wartezeit ein. Für ihr und Bullys leibliches Wohl war gesorgt. Der Gleiter verfügte über eine kleine, doch bequeme Schlafkabine und reichlich Vorräte. Das war nicht das Problem.
Weit schlimmer würde es werden, Reginalds Ungeduld zu besänftigen. Als biologisch unsterblicher Zellaktivatorträger sollte er zwar theoretisch alle Zeit der Welt haben und die entsprechende Gelassenheit an den Tag legen. Aber Phasen der Untätigkeit, selbst wenn es sich nur um einige Stunden handelte, hielt er trotzdem äußerst schlecht aus.
Däumchen zu drehen, anstatt die Ärmel hochzukrempeln und eine Aufgabe beherzt anzupacken, war nun mal nicht sein Ding …
Fran wurde positiv überrascht. Schon nach wenigen Minuten sprach der Nukleus zu ihnen, wie meist durch Fawn Suzukes Mund.
»Ihr habt recht. Es muss versucht werden«, sagte die fragile junge Frau in beiläufigem, fast heiterem Tonfall. »Großen Aufwand kann der Nukleus aber nicht investieren. Denn seine Kräfte braucht er für den Angriff auf die entstehende Negasphäre in Hangay. Außerdem dürfen der Aufenthaltsort und das aktuelle Machtpotenzial des Nukleus keinesfalls ruchbar werden – damit die gegnerische Superintelligenz KOLTOROC beides nicht in ihre Pläne für die Milchstraße einbeziehen kann.«
»Schon klar.« Bully verschränkte seine Finger und bog sie durch, dass die Gelenke knackten. »Aber eine partielle Störung der mentalen Kreise des Progress-Wahrers …«
»… sollte machbar sein«, setzte das sommersprossige Medium fort. »Seht!«
Ohne Kopf oder Oberkörper zu drehen, wies Suzuke mit einer schlenkernden, weit ausholenden Armbewegung hinter sich, in Richtung des Pinnacle Rock.
Fran kniff die Augen zusammen. Über der pulsierenden Lichtkugel bildete sich ein zweiter Ball, viel kleiner, höchstens so groß wie eine Kinderfaust.
Der Nukleus begann, einen Funken abzunabeln!
»Unser Gespräch ist beendet«, sagte Fawn Suzuke. »Nun kehrt heim. Ich wünsche euch und eurem Vorhaben viel Glück.«
»Danke!«, stieß Bully rau hervor. Er hob die Hand, um sie Marc London zu reichen, ihm vielleicht auch auf die Schulter zu klopfen, überlegte es sich dann jedoch wieder und wischte ein nicht vorhandenes Stäubchen vom Brustteil seiner Kombination. »Äh … Macht’s gut, ihr zwei!«
»Wir tun unser Bestes«, antwortete Marc flach.
»Tja, wer nicht?«
Liforner Zwiegespräche (II)
Die Summe der Teile
Der Rechte: »An den Totingoniden gehört ein Exempel statuiert.«
Der Linke: »Haben wir das nicht heute Morgen? Den Überfall unserer Schlägertrupps auf die Feriensiedlung würde ich persönlich nicht unbedingt unter ›freundschaftliche Stippvisite‹ einordnen. ›Handfestes Pogrom‹ trifft’s da schon eher.«
Der Rechte: »Ich habe mich nicht aus dem Singulären Intellekt gelöst, um mir von deinen Zynismen die Laune vergällen zu lassen.«
Der Linke: »Oh doch. Weil du mich brauchst, als Individuum. Weil wir nämlich derzeit, wenn geistig vereint, noch erschreckend ineffektiv sind.«
Der Rechte: »Und an welcher Komponente liegt das? An deiner! Du bist der Schwachpunkt. Nach der gemeinsamen Schöpfung wärst du ums Haar verreckt. Dann hast du lange Zeit jegliche Mitarbeit verweigert. Erst durch die Kralle des Laboraten konntest du allmählich zur Räson gebracht werden.«
Der Linke: »Man nennt das, was ich dir voraushabe, Charakter. Im Gegensatz zu deinem sturen Befehlsempfängertum, Echsenschädel!«
Der Rechte: »Ha! Dass deine Hälfte einen permanenten Fehlerquell darstellt, haben die Kolonnen-Oberen nur allzu rasch registriert. Du bist ein Weichling, ein Versager, reagierst in kritischen Augenblicken falsch und neigst dazu, bei der geringsten Widrigkeit die Nerven und den Überblick zu verlieren.«