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Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2409

 

Grenzwall Hangay

 

Ansturm auf die tödliche Barriere – sie ist wie ein Ende des Universums

 

Leo Lukas

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte: Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.

Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Ihr Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.

Perry Rhodan ist mit dem Spezialraumschiff JULES VERNE über 20 Millionen Jahre zurück in die Vergangenheit der Milchstraße gereist, die damals Phariske-Erigon hieß, um die Menschheit in der Gegenwart zu retten.

Atlan begibt sich indessen auf eine gefährliche Fahrt an den Brennpunkt des Geschehens – und dort stoßen die RICHARD BURTON und ihre Begleitschiffe auf den GRENZWALL HANGAY …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

RICHARD BURTON – Ein einzigartiger Spezial-Trägerraumer, der zahlreiche Überraschungen birgt …

ARAMIS, ATHOS und PORTHOS – Drei LFT-Doppel-BOXEN, jeweils sechs Kilometer lang …

ERIDANUS XV und FOMALHAUT I-III – Vier Tender der PONTON-Klasse, fliegende Werften, vollgepackt mit Triebwerken …

… sowie ihre Besatzungen.

Personalia (I)

 

Ich bin ein Langweiler.

Doch, doch. Zu Recht meidet man meine Gesellschaft. Was sollten andere an mir schon attraktiv finden? Weder sehe ich gut aus, noch ist es mir gegeben, durch Witze, geistreiche Sprüche oder spannende Anekdoten Frohsinn zu versprühen.

Nur im Extremfall werde ich interessant; freilich auf negative Weise. Denn fühle ich mich bedroht, kann es sein, dass von mir schlagartig eine furchtbare, mörderische Gefahr für meine nähere Umgebung ausgeht.

Kein Wunder, dass ich nicht gerade zu den beliebtesten Zeitgenossen zähle. Ich habe damit zu leben gelernt, genauso wie mit dem übrigen genetischen Erbe meiner Vorfahren, die für sehr lange Zeit als heimliche Herrscher der Milchstraße galten.

Ein potenziell tödlicher Langweiler – das bringt’s ziemlich auf den Punkt. Daran ist auch mein Versuch gescheitert, eine Familie zu gründen.

Von meinem Sohn und dessen Mutter habe ich seit über zwanzig Jahren nichts mehr gehört. Ich musste versprechen, keinen Kontakt anzustreben, darf nicht einmal nachfragen, wo sie sich aufhalten und wie es ihnen geht.

Das schmerzt.

Immer noch.

Aber ich will mich nicht beklagen. Ich habe Freunde; wenige; na ja, genau genommen einen einzigen, der sich meist noch verschlossener und sauertöpfischer gibt als ich selbst …

Immerhin, Perry Rhodan, Gucky, Atlan und einige andere Unsterbliche schätzen mich. Sie behandeln mich freundlich, geradezu kameradschaftlich. Sie sind es auch, die mir ermöglichen, meine zweifelhaften Gaben in den Dienst der Menschheit zu stellen.

Deshalb habe ich keinen Augenblick gezögert, als ich gebeten wurde, an dieser Expedition teilzunehmen. Sie ist überaus riskant und die Chance auf Erfolg oder auch nur eine einigermaßen heile Wiederkehr sehr gering.

Macht nichts. Obwohl ich keineswegs lebensmüde bin, gebe ich zu, dass mich die Ungewissheit eher reizt als abschreckt.

Ich befasse mich gern mit terranischer Geschichte, bis zurück ins prä-atomare Altertum. Das ist mein liebstes Hobby, ich habe sogar ein entsprechendes Studium nachgeholt. Daher erscheint mir die Ausgangslage unseres kleinen Geschwaders in gewisser Weise ähnlich jener der Maori, welche in der Frühzeit der Erde Polynesien und Neuseeland besiedelten.

Auch sie brachen wagemutig, fast schon tolldreist auf in ferne Regionen, ohne zu wissen, was sie dort erwarten würde. In zerbrechlichen Booten ruderten sie hinaus auf den freien Ozean, übers offene, unbekannte, lebensfeindliche Meer. Nur das Nötigste führten sie mit, Trinkwasser und Dörrfleisch.

Wenigstens die Verpflegung hat sich verbessert …

Natürlich ist es kokett, unsere gewaltigen, nach dem Höchststand der verfügbaren Technik ausgerüsteten Raumschiffe mit den winzigen Langbooten der Maori zu vergleichen; andererseits aber auch wieder nicht. Gegen die ungeheuren Distanzen, die wir bereits zurückgelegt haben, gegen eine ganze Galaxis, die von den Mächten des Chaos besetzt, umgestaltet und abgeschottet wurde, stellt unsere ach so stolze Flotte ein Nichts dar, eine Handvoll lächerlicher Nussschalen, allzu leicht verloren in der Unendlichkeit des Alls.

Dennoch erfüllt uns Zuversicht. Oder zumindest Trotz, und die typische Selbstüberschätzung, mit der die Terraner schon vor drei Jahrtausenden, angeleitet von Perry Rhodan, nach den Sternen gegriffen haben.

Wobei wir, wage ich stellvertretend zu behaupten, uns nicht bloß als Vorkämpfer der LFT verstehen, sondern als Speerspitze der gesamten Milchstraße.

Mögen die diversen Machtblöcke untereinander noch so zerstritten sein – die Invasion der Terminalen Kolonne TRAITOR hat sie alle hart getroffen, ausnahmslos. Und die Negasphäre, deren Entstehung dieser übermächtige Feind herbeiführen will, bedroht die nackte Existenz sämtlicher Völker.

Deshalb sind unsere Schiffe beileibe nicht nur mit Menschen oder sonstigen Lemurer-Abkömmlingen bemannt. Die Herkunft ist unwichtig, nur die Qualifikation zählt. Jeder Einzelne hat sich freiwillig entschlossen, das Wagnis einzugehen, hat ein langwieriges, knallhartes Ausleseverfahren durchlaufen und letztlich bestanden. Tausendfach gesiebt, stellen die Besatzungsmitglieder und übrigen Teilnehmer dieser Expedition das Beste dar, was die Liga Freier Terraner aufzubieten vermag.

Ich, der Langweiler, bin stolz und dankbar, einer von ihnen zu sein. Ich werde mich nach Kräften bemühen, zum Gelingen dieser Unternehmung beizutragen.

Mein Name: Trim Marath.

Mein Ziel: Hangay.

1.

Verstohlenes Rendezvous

 

Aus dem Nichts, im Nirgendwo, entstand ein künstliches Gebilde.

Annähernd kugelförmig, durchmaß es zusammen mit dem Ringwulst, der es auf Äquatorhöhe umgab, 120 Meter. Sein Volumen betrug exakt 594.265 Kubikmeter, die Masse 381.227 Tonnen.

Das Beiboot – denn um ein solches handelte es sich – war einer von einhundert Leichten Kreuzern, die den Leerraum zwischen den Galaxien gemeinsam mit ihrem Trägerschiff RICHARD BURTON überwunden hatten. Seine volle Bezeichnung lautete RB-KR-81 (Offensiver Aufklärer Typ MERKUR), Eigenname WOLF.

An Bord befanden sich bloß siebzig Personen. Nicht einmal ein Drittel wurde regulär benötigt, um diesen Auftrag auszuführen. In Anbetracht des äußerst heiklen Moments verfolgte jedoch die gesamte Mannschaft, hellwach und angespannt, den Fortgang der Ereignisse.

Die WOLF war während des Orientierungsstopps nach der vorletzten Überlicht-Etappe aus ihrem Hangar ausgeschleust worden. Mit dem folgenden Linearmanöver hatte sie sich quasi an die Spitze des Geschwaders gesetzt und war vor allen anderen Schiffen im Normalraum rematerialisiert, um die Lage zu sondieren.

Fürs Erste schien keine unmittelbare Gefährdung zu bestehen. Alles ruhig. Das Schrillen der Alarmsirenen blieb aus. Nahezu gleichzeitig atmeten siebzig Leute auf.

Major Yoko Kawayama, eine zierliche, scheu wirkende Venusgeborene, die es trotz ihres geringen Alters von 38 Jahren zur Kommandantin sowohl der WOLF als auch der neunten Kreuzerflottille der BURTON gebracht hatte, nahm die in kurzen Abständen eintreffenden Status-Meldungen ihrer Crew entgegen.

»Alle Systeme klar.«

»Triebwerke bei voller Funktionstüchtigkeit desaktiviert.«

»Diskretion gewährleistet: Rücksturz ins Einstein-Kontinuum erfolgte mit geringstmöglicher Erschütterung.«

Zwar blendete die Bordpositronik alle relevanten Daten auch am Kapitänspult ein, aber Kawayama bestand auf Check, Re-Check und mündlicher Bestätigung. Sie gehörte einer Generation an, die unter den Bedingungen der erhöhten Hyperimpedanz ausgebildet worden war und daher Anzeigen erst nach mehrfacher Kontrolle vertraute.

Außerdem musste hier, in relativer Nähe zu den Anomalien Hangays, erst recht mit Fehlfunktionen gerechnet werden. Nicht zuletzt besaß das Ritual eine Stress mildernde Wirkung.

»Galaktonautische Position korrekt.«

»Restfahrt neunundvierzig Komma neun neun Prozent Licht.«

»Emissionen aufs Minimum reduziert.«

»Abschirmungen stehen wie eine Eins.«

Die Kommandantin warf ihrem für die Schutzschirmfelder zuständigen Waffenmeister wegen seines unnötigen Kommentars einen scharfen, tadelnden Blick zu. Dann fragte sie: »Ortung?«

Selbstverständlich erfolgte diese rein passiv. Aktive Taster-Impulse hätten von der Gegenseite angemessen werden und die WOLF verraten können.

»Keine Feindeinheiten im kritischen Erfassungsbereich. Allerdings machen sich auch unsere Freunde rar. Dabei sind wir praktisch auf die Minute pünktlich.«

Yoko erwog, den Cheffunker zurechtzuweisen. Sie verzichtete darauf. Er verkündete allen Ernstes, das Hangay-Geschwader wäre mehr als elf Wochen unterwegs und der Zeitpunkt ihrer Ankunft dermaßen genau vorherzusagen gewesen. Seine schamlose Übertreibung spiegelte die allgemeine Gemütslage wider.

Die Kommandantin empfand selbst nicht anders. Schließlich hätten sie sich gleich nach dem Austritt aus dem Linearraum in einem Hypersturm wiederfinden können oder, schlimmer noch, im Impuls-Gewitter unzähliger Traitanks. Ein Scherzchen, um Dampf abzulassen, musste unter diesen Umständen gestattet sein.

Die »Wolfsjungen«, wie sie sich nannten, waren Profis genug, trotzdem volle Konzentration zu bewahren. Sonst hätten sie niemals die Eignungstests …

Ehe Major Kawayama ihren Gedankengang beenden konnte, heulten doch noch die Sirenen auf.

 

*

 

Die Annäherungs-Sensoren hatten ausgeschlagen.

»Sechzehn Flugobjekte innerhalb des Kernschuss-Bereichs!«

So plötzlich aufgetaucht, dass höchste Alarmstufe angebracht war.

»Positronik empfiehlt Nottransition.«

Der zusätzliche Strukturfeld-Konverter des Leichten Kreuzers erlaubte einen Fluchtsprung über maximal fünf Lichtjahre, falls die Mindesteintrittsgeschwindigkeit von fünfzig Prozent Licht gegeben war. Dazu musste die WOLF nur kurz durchstarten.

Womit sie allerdings ihre Tarnung aufgegeben hätte …

Verlier jetzt nicht die Nerven, ermahnte sich Yoko. Derlei Situationen waren am Simulator sehr oft durchgespielt worden.

Äußerlich erstarrte sie zu einer wenig über anderthalb Meter hohen Eissäule. »Identifikation?«

Die Errichtung des HÜ-Schirms vorzubereiten, musste sie nicht befehlen. Das war fixer Bestandteil der Standard-Prozedur.

»Wir werden angefunkt. Extrem gebündelt.«

»Aufs Holo legen!«

Ein kahler, wuchtiger Schädel füllte das gesendete Bild fast zur Gänze aus. Unregelmäßige Sechseckwaben überzogen die eisengraue Haut des grobschlächtig wirkenden Humanoiden. Unter knochigen Brauenwülsten glühten zwei rote, katzenhaft geschlitzte Augen. Unaufhaltsam mahlten die Kiefer, und zu beiden Seiten des Halses pulsierten beeindruckende Muskelstränge. In Summe sah der Kerl wie ein richtig böser Junge aus.

Aber er gehörte zu den Guten.

»Polm Ombar«, stellte er sich vor. »Willkommen im Halo von Hangay. Meine ASH AFAGA und fünfzehn weitere OREON-Kapseln werden eure Flotte zu unserem Stützpunkt geleiten.«

Er bleckte die Zähne. »Allerdings erst, nachdem wir uns vergewissert haben, dass ihr wirklich diejenigen seid, für die ihr euch ausgebt.«

 

*

 

Zwei der ungemein wendigen Raumer flogen so nahe heran, dass sie von den Außenbord-Kameras der WOLF erfasst wurden. Sie waren tropfenförmig und maßen 48 Meter in der Höhe, bei einer größten Ausdehnung von 22 Metern. Das Material der Hülle erinnerte an hellgrün schillerndes, von zahllosen feinsten Sprüngen durchzogenes Glas.

Aus der Hypno-Schulung wusste Yoko Kawayama, dass keines der hochgezüchteten Instrumente ihres Aufklärers die Kapseln der Friedensfahrer wahrgenommen hätte, auch nicht aus kürzester Distanz, hätten diese sich nicht absichtlich zu erkennen gegeben. Ein spezieller Tarnschirm machte sie für normaloptische Sicht sowie jegliche Ortung praktisch unauffindbar.

Diese sogenannte OREON-Haube seiner ASH AFAGA, so informierte Polm Ombar, habe er soeben dahin gehend erweitert, dass auch das terranische Schiff davon umfasst und vor Entdeckung durch etwaige überraschend aufkreuzende Chaos-Einheiten geschützt wurde. »Bitte gewährt nun meinem Mitstreiter Edzep, dem Parasitenspleißer, Zutritt zu eurem Innersten, damit er die Überprüfung vornehmen kann.«

Die zweite OREON-Kapsel ging längsseits und projizierte einen Verbindungstunnel. Kurz darauf sah sich Yoko einem ausnehmend exotischen Wesen gegenüber.

Die Gestalt dieses Friedensfahrers veränderte sich unaufhörlich. Am ehesten glich er einem Stapel hauchdünner, teils durchsichtiger, teils metallisch glänzender Folien, die man zu einem auf der Spitze stehenden Kegel zusammengerollt hatte. Mal schrumpfte er auf knapp einen Meter, mal streckte er sich bis zur dreifachen Länge.

Für Sekunden zogen sich die anorganisch wirkenden Blätter, aus denen er bestand, eng zusammen, dann wieder entfalteten sie sich palmenartig.

Dabei fielen manche ab wie vertrocknete Häute; andere wurden als gazeähnliche Knäuel regelrecht ausgespuckt, um in lichterlohen, kalten Flammen zu vergehen.

Der Parasitenspleißer – was immer das bedeutete – sprach nicht, sondern dachte. Dermaßen intensiv, dass Yoko befürchtete, ihr Kopf würde unter dem telepathischen Druck zerplatzen.

Ein Blick in die Runde ergab, dass es auch den anderen so erging. Kein Mitglied der Schiffsführung, das nicht stöhnte, sich die Schläfen hielt oder halb ohnmächtig im Kontursitz zusammengesackt war.

Ist leider notwendig, wird aber nicht lange dauern, erklärte Edzep, wobei Yoko nicht sicher war, ob sie überhaupt einzelne Wörter verstand.

Der Inhalt jedoch war klar. Je bereitwilliger ihr euch öffnet, desto weniger unangenehm und schneller vorüber wird es sein.

Yoko Kawayama ächzte. Jetzt begriff sie, dass der Revisor mit »Zutritt zum Innersten« keineswegs nur die im Schiffsmittelpunkt gelegene Zentrale der WOLF gemeint hatte …

Sie versuchte, dem Telepathen seine Tätigkeit zu erleichtern, indem sie ihm möglichst wenig Widerstand entgegensetzte. Das fiel ihr nicht leicht. Den Geist von einem Fremden durchwühlen zu lassen war ungewohnt, und es fühlte sich ekelhaft an, so als würden ihre intimsten Geheimnisse nach außen gestülpt.

Ich lese keine Details, beruhigte der Spleißer. Erkenne bloß die Wahrhaftigkeit der Intentionen, Reinheit oder Verschmutzung der Identität, insbesondere psychoparasitären Befall. Aufgepfropfte Befehle. Fremdbestimmung. Maskerade.

Sosehr sie darunter litt – Yoko sah ein, wie sinnvoll dieses Vorgehen war. Klar, dass die Friedensfahrer penibel darauf achteten, Existenz und Position ihres Vorpostens weiterhin vor der Terminalen Kolonne geheim zu halten. In dieser exponierten Lage waren höchste Vorsicht und gesundes Misstrauen angebracht, auch gegenüber Verbündeten.

Agenten TRAITORS, äußerst bewandert in der Kunst der Täuschung, Infiltration und Sabotage, hatten in der Milchstraße bereits große Probleme bereitet. Wer konnte mit Sicherheit sagen, dass die terranische Expedition nicht schon in der Heimatgalaxie unterwandert und während des langen Flugs »umgedreht« worden war?

Edzep, der Parasitenspleißer, durchforstete die Bewusstseine und Erinnerungen der »Wolfsjungen« nach Anzeichen von Unlauterkeit, erpresserischem Zwang oder unbemerkter Manipulation. Rasch stieß er auf Spuren von Rutmer Vitkineffs Versuch, die Befehlsgewalt über die RICHARD BURTON an sich zu reißen. Ebenso rasch erfuhr er, wie die Krise bewältigt und der verbrecherische Halbmutant, Latenz-Suggestor und ESCHER-Renegat ausgeschaltet worden war. Damit gab sich Edzep diesbezüglich zufrieden.

Jedoch hörte er deswegen längst nicht zu stöbern auf. Gerade unter den Friedensfahrern befanden sich zahlreiche parapsychisch Begabte, die andere Wesen auf diese oder jene Weise mental zu beeinflussen vermochten. Offenbar war der Parasitenspleißer einer ihrer Experten darin, derlei Eingriffe zu entdecken.

Sozusagen der Spezialist für Gegenspionage, dachte Yoko, sich jedes Wort mühsam abringend.

Ja, gab Edzep zurück. Tiefe Melancholie schwang in seiner Aussage mit. Keine schöne Existenz, der personifizierte Argwohn. Man verheizt sich und zerfleddert. Aber jemand muss es wohl machen. – Ihr seid sauber. Danke. Wir fahren fort wie vereinbart.

Grußlos schwebte er aus der Zentrale.

 

*

 

Major Kawayama und ihre Mannschaft hatten sich kaum erholt, da rematerialisierte das Hangay-Geschwader: die vier PONTON-Tender ERIDANUS XV sowie FOMALHAUT I, II und III, welche die drei »Doppel-BOXEN« ARAMIS, ATHOS und PORTHOS trugen, und natürlich die RICHARD BURTON, Atlans Flaggschiff für diese Mission.

Während die WOLF in ihren Hangar im modularen Ringwulst der BURTON zurückkehrte, umhüllten je vier Tropfenraumer die Tender und deren Last mit ihren OREON-Hauben. Edzeps Kapsel dockte dabei direkt an der BURTON an.

Der Parasitenspleißer widmete sich nun ausgiebig der Expeditionsleitung. Gleichzeitig analysierte die Friedensfahrerin Cür ye Gatta, eine Frequenzhörerin, den gesamten aktuellen und dokumentierten Funkverkehr innerhalb des Geschwaders.

Dann erst flog der Pulk weiter zum Stützpunkt Cala Impex.

Mittlerweile schrieb man den 20. Juni 1346 NGZ.

Personalia (II)

 

Ich bin süchtig.

Es hat gedauert, bis ich so weit war, mir dies einzugestehen. Wer gibt schon gerne vor sich selbst zu, dass er eine Abhängigkeit entwickelt hat, die seinen Charakter stärker prägt als alles andere?

Niemand. Ich zumindest nicht. Dabei fällt so etwas in mein ureigenstes Fachgebiet. Aber das Wissen, keinen Einzelfall darzustellen, hilft mir nicht im Mindesten. Ärzte sind schließlich auch nicht gegen Krankheiten gefeit, bloß weil sie deren Bezeichnungen und Symptome herunterrasseln können.

Symptome. Als da wären: Unrast. Unfähigkeit, eine stabile Beziehung einzugehen. Generelle Unzufriedenheit, trotz durchaus bequemer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Und so weiter.