Nr. 149

 

Kampf um die Hundertsonnenwelt

 

Der Gegner ist übermächtig – bis ein Mensch das robotische Denken beherrscht ...

 

von KURT BRAND

 

 

Man schreibt das Jahr 2114 irdischer Zeitrechnung. Für die Erdmenschen sind also seit der erfolgreichen Mondlandung einer Rakete mit chemischem Antrieb, dem Auftakt der echten Weltraumfahrt, noch nicht einmal anderthalb Jahrhunderte vergangen.

Trotz dieser nach kosmischen Zeitmaßen unglaublich kurzen Spanne hat es das von Perry Rhodan geschaffene und geleitete Solare Imperium fertiggebracht, zu einem Eckpfeiler galaktischer Macht zu werden.

Die meisten Völker der Milchstraße wissen bereits, dass es besser ist, Terraner zu Freunden zu haben, anstatt zu Feinden. Auch die Posbis, die positronisch-biologischen Robotwesen, die noch vor kurzem alles Leben in der Milchstraße blindwütig angriffen, haben ihre Attacken längst eingestellt.

Dies dürfte wohl darauf zurückzuführen sein, dass nach der Abschaltung des Hassrelais das den Terranern freundlich gesonnene Zentralplasma die Macht auf der Hundertsonnenwelt übernehmen konnte.

Die vernichtenden Kämpfe unter den Posbis, die plötzlich ausgebrochen sind, versetzen alle Verantwortlichen der Galaktischen Allianz in Unruhe. Schließlich sind die Posbis ja ein wichtiges Bollwerk gegen die Laurin-Gefahr!

Und so entschließt sich Perry Rhodan, alles auf eine Karte zu setzen! Alle technischen Reserven werden mobilisiert, und eine große Flotte unter Reginald Bulls Kommando wagt den »Sprung in den Interkosmos«!

Die Flotte kommt fast zu spät, denn der KAMPF UM DIE HUNDERTSONNENWELT hat längst begonnen ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan und Atlan – Die beiden Unsterblichen – und mit ihnen 3000 Terraner – warten fieberhaft auf das Auftauchen von Bullys Flotte.

Reginald Bull – Sein Weg zur Hundertsonnenwelt ist von Pannen begleitet.

Ras Tschubai – Der Teleporter betätigt sich als Waffenlieferant.

Van Moders – Der junge Robotiker denkt in Bahnen, die Menschen völlig fremd sind.

Gucky – Das »Reservistendasein« behagt dem Mausbiber nicht.

Owen DeSoto – Chief-Controller der THEODERICH.

Menke Laas – Ein Monteur, der als »Pannenspürer« eingesetzt wird.

1.

 

Chief-Controller Owen DeSoto, zuständig für die Kraftstationen der THEODERICH, sah mit seinen dreiundvierzig Jahren wie ein Zwanzigjähriger aus. Seine Vorfahren waren von Terra nach dem Planeten Siga ausgewandert, einer erdähnlichen Welt. Als eine der ersten hatte sie zum Solaren Imperium gehört.

Damals, als Siga zur Besiedlung freigegeben worden war, hatten die terranischen Biologen, Strahlexperten, Analytiker und viele andere nicht geahnt, dass dieser Planet trotz der guten Untersuchungsergebnisse in Wirklichkeit zu den verbotenen Welten zählte.

Fünfzehn Jahre lang ging auf Siga alles seinen normalen Weg, bis eines Tages die Kinderärzte die Genetiker alarmierten. Zu dieser Zeit lebten schon mehr als dreieinhalb Millionen auf dem terranischen Kolonialplaneten, und seine Industrie lief auf Hochtouren.

Kinderärzte und Genetiker standen vor einem Rätsel: Innerhalb der beiden letzten Monate waren acht Kinder geboren worden, die pygmäische Größe besaßen. Daraufhin hatte Terra seine besten Spezialisten nach Siga geschickt. Ergebnislos waren sie zurückgekommen. Die Nachrichten, die sie mitbrachten, waren besorgniserregend. Auf Siga wurden immer mehr Kinder mit zwergenhaftem Wuchs geboren.

Terra sperrte Siga.

Dreißig Jahre lang gehörte der Planet zu den verbotenen Welten. Aber auf dem Planeten war die eigenartige Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Vier Fünftel aller Neugeborenen waren pygmäisch. Alle Versuche, dem zwerghaften Wuchs mit Medikamenten, Hormonen und anderen biologischen Mitteln entgegenzutreten, waren ein einziger Misserfolg gewesen. Auch die Aras, die galaktischen Mediziner, hatten das Rätsel nicht lösen können. Auf dem isolierten Planeten ging das Leben weiter. Wer neunzig Zentimeter Größe aufweisen konnte, galt auf Siga als außergewöhnlich groß. Erst in der dritten Generation der Sigazwerge zeigte es sich, dass ihnen die Mutation nicht nur das Pygmäische aufgezwungen, sondern gewissermaßen als Ausgleich für dieses Handikap ein überdurchschnittliches Lebensalter beschieden hatte.

Chief-Controller Owen DeSoto war einundachtzig Zentimeter groß, damit eine volle Handspanne kleiner als der Mausbiber Gucky. Er hatte sich längst daran gewöhnt, sich unter terranischen Riesen zu bewegen. Siganesen, die in dieser Beziehung Minderwertigkeitskomplexe besaßen, gab es kaum. Owen DeSotos Stellung als Chief-Controller der Kraftstationen in der THEODERICH erlaubte auch keine Komplexe.

DeSoto sah Menke Laas, einen jungen Monteur aus dem Raum Antwerpen, vor der Verteilerschaltung knien und die einzelnen Phasen überprüfen. Die letzte Kontrolle zwischen Kraftstation 1 und 4 hatte einen minimalen Leistungsverlust aufgedeckt. Nach Angaben der Messinstrumente konnte der Fehler nur in der Verteilerschaltung liegen.

Dieser Laas ist verrückt, dachte DeSoto entsetzt. Er war im Begriff, ihm zuzurufen: Sind Sie wahnsinnig oder lebensmüde? Warum schalten Sie den Strom nicht ab?

Aber er kam nicht mehr dazu.

Ein armdicker Kurzschlussstrahl zischte dicht an seinem Kopf vorbei und richtete hinter seinem Rücken an der Wand Zerstörungen an. Owen DeSoto sah Menke Laas taumeln und zu Boden stürzen. Mit wenigen Sprüngen erreichte er ihn. Der kleine Siganese kniete neben dem ohnmächtigen Monteur. Das Knistern und Zischen in der nach arkonidischen Prinzipien angelegten Verteilerschaltung überhörte er. Laas' linke Gesichtshälfte wies schwerste Verbrennungen auf. Owen DeSoto erinnerte sich an seinen Sanitätskursus. Man hatte ihm beigebracht, Brandwunden sofort mit dem Aramittel Tola-Tolgen zu behandeln. Jeder, der an Schaltungen arbeitete, hatte dieses Medikament mitzuführen. Owen DeSoto als Chief-Controller gehörte auch zu dieser Gruppe.

Er hob Laas' Kopf mit der linken Hand etwas an, hielt in der rechten schon die Sprühpistole mit Tolga-Tolgen, richtete sie auf die verbrannte Gesichtshälfte und versprühte das Mittel. Als blassgrauer Film legte es sich auf die verbrannte Stelle. Owen DeSoto wusste, dass der Monteur sich morgen schon wieder die linke Gesichtsseite würde rasieren können – wenn er wieder zu Bewusstsein kam.

Der Kurzschluss hatte automatisch Alarm ausgelöst.

Vier Mann betraten die kleine Schaltstation: zwei Sanitäter, zwei Ärzte gehörten zu dieser Station. Ihre Aufgabe war es, Menschen, die durch Energieausbrüche verletzt wurden, dem Tod zu entreißen.

Der kleine Siganese trat zur Seite. Jetzt erst hörte er das Knistern und Zischen in der Verteileranlage. Sie stand immer noch unter Strom. Er drehte sich um und schaltete die Energiezufuhr ab. Zwischen Kraftstation 1 und 4 gab es jetzt keine Verbindung mehr.

»Den hat's aber erwischt!«, hörte DeSoto einen Arzt sagen. »Gehen Sie mit der Herzmaschine auf Volllast!«

DeSoto verstand die letztere Bemerkung. Menke Laas' Zustand war hoffnungslos. Das Herz des Monteurs stand nicht nur still, sondern war auch durch den elektrischen Schlag bis in die letzte Muskelfaser verkrampft.

Die Herzmaschine mit eigener Kraftanlage, ein etuigroßes Gerät, begann durchdringend hell zu pfeifen. Menke Laas, dessen Brust freigelegt worden war, fühlte nichts von den krampflösenden hochdosierten Elektroschocks, welche die Saugplatte an seinem Brustkorb auf sein Herz abstrahlte.

»Lazarett alarmieren!«, ordnete der andere Arzt an. Damit gab er den Monteur auf.

Die Bordverständigung meldete sich: »Wo bleibt Klarmeldung von den Kraftstationen eins und vier?«

Chief-Controller DeSoto musste seine Pflicht tun. Er hatte jetzt dafür zu sorgen, dass die Energieerzeuger 1 und 4 klar kamen. Ersatz-1 der Verteilerschaltung, eine vollwertige Zweitausführung, wurde durch einige Kontakte, welche der Siganese betätigte, zwischen Kraftstation 1 und 4 geschaltet.

In den beiden angrenzenden saalartigen Räumen, wo die gigantischen Energieerzeuger standen, hatten Lichtsignale den Befehl gegeben, die Aggregate probelaufen zu lassen. Aufmerksam beobachtete DeSoto die Angaben der Messinstrumente. Vom kleinen Steuerpult aus ließ er die Kraftstationen auf Maximalleistung gehen. Der Verlustgeber, ein kompliziertes Instrument, das automatisch die Hauptphasen in der Verteilerschaltung kontrollierte, ließ jetzt sein Grünfeld aufleuchten. In der Zentrale der THEODERICH leuchtete auf dem Hauptschaltpult ebenfalls ein Freizeichen auf. Damit war DeSoto der Aufgabe enthoben, über Interkom die Klarmeldung von 1 und 4 durchzugeben.

Keine Minute hatte diese Kontrolle beansprucht. Der Siganese konnte sich wieder dem bewusstlosen Laas zuwenden.

Die Sanitäter hatten Laas inzwischen auf die Schwebeliege gebettet. Neben Laas lag die auf Volllast arbeitende kleine Herzmaschine. Einer der beiden Ärzte stand mit Hilfe seines Minikoms mit Kollegen des Schiffslazarettes in Verbindung.

»Wir kommen!«, meldete er. In diesem Augenblick stieß ihn einer der Sanitäter an, der dabei erregt auf Menke Laas deutete.

Der Monteur hatte den ersten Atemzug gemacht!

»Puls kommt!«, las der zweite Arzt an einem Messinstrument der Herzmaschine ab. »Puls ist wieder weg! ... Immer noch. Das scheint das Ende gewesen zu sein. Ich muss es jetzt wohl mit Pectostab versuchen.«

Owen DeSoto kannte das Mittel Pectostab aus seinem Sanitätskursus. Der Arzt, der den Teilnehmern damals darüber einen Vortrag gehalten hatte, hatte das Präparat mit einer explodierenden Handgranate verglichen, mit der man versuchte eine Tür zu öffnen. Fast immer waren schwerste Gehirnschädigungen die Folge nach einer intravenösen Injektion.

»Kein Pectostab!«, schrie ein Sanitäter auf, der seine Fingerkuppe auf Laas' Puls liegen hatte. Die Injektionspistole, mit der der Arzt schon auf Laas' Armvene gezielt hatte, senkte sich.

»Was fällt Ihnen denn ein, Flibus?«, fragte der Arzt scharf.

Der Sanitäter war sich seiner Beobachtung sicher. »Fühlen Sie doch, Doktor. Der Mann hat Puls!«

Es stimmte.

Aber die Herzmaschine zeigte ihn nicht an!

»Das ist doch unmöglich«, rief der Arzt erregt, der Laas' Puls stärker und stärker schlagen fühlte.

Das leise, aber trotzdem deutlich zu hörende Aufstöhnen des besinnungslosen Monteurs klang gut in den Ohren der Ärzte und Sanitäter.

»Ich danke!«, sagte der Arzt zum Heilgehilfen, der ihn im letzten Augenblick davon abgehalten hatte, Laas Pectostab zu injizieren. »Beim nächsten Mal dürfen Sie mich ruhig noch lauter anbrüllen.«

»Doktor«, stotterte der Mann verlegen, »das war mir so herausgerutscht. Bitte, entschuldigen Sie.«

Der Arzt widersprach: »Da habe ich gar nichts zu entschuldigen. Mir ist ein schwerer Fehler unterlaufen und nicht Ihnen. Ich habe unserer medizinischen Technik mehr vertraut als meinem eigenen Können. Ich darf Ihnen versichern, dass mir dieser Vorfall eine Lehre sein wird.« Er wandte sich an seinen Kollegen. »Ich glaube, wir können jetzt den Monteur auf unserer Lazarettstation weiterbehandeln. Sind Sie einverstanden, Kollege?«

Der nickte und gab den Sanitätern das Zeichen, Menke Laas hinauszuschaffen. Als sie durch die Tür verschwanden, tat der Siganese einen tiefen Atemzug und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er dachte an Menke Laas' junge Frau und an das Töchterchen, das vor vierzehn Tagen angekommen war.

 

*

 

Durch Zufall erfuhr Reginald Bull von dem Unglück. Er wollte aufbrausen, beherrschte sich aber im letzten Moment. »Wie tollpatschig hat sich doch dieser Laas benommen!«, sagte er ergrimmt.

Es war erstaunlich, dass Bully inmitten der Startvorbereitungen der Spezialflotte dafür überhaupt Worte übrig hatte. Nachdenklich sah er Deringhouse an. »Kommt der Mann durch?«

»Er ist außer Lebensgefahr, Mister Bull. Aber ihn trifft keine Schuld. Unsere Supertechnik hat ihn um ein Haar umgebracht. Nach dem Bericht des Siganesen DeSoto hat man uns auf Arkon III eine Verteilerstation eingebaut, die in die Schaltung eines Schweren Kreuzers passt, aber nicht in die eines Imperiumschiffes. Laas hatte die Stromzufuhr abgeschaltet, ohne zu ahnen, dass auf der Hauptleitung noch der Strom lief. Als es dann zur Katastrophe kam, hatte Laas wahrhaftig Glück, von der Energiefontäne nur gestreift zu werden.«

Bully schüttelte den Kopf. »Das ist ein wunderbarer Startbeginn, Deringhouse. Hoffentlich haben wir auf der THEODERICH nicht mit noch mehr Überraschungen dieser Art zu rechnen. Dann kommen wir nie zur Hundertsonnenwelt.«

Drei Kabinen weiter saß ein Team zusammen; auf dem Schiff nannte man diese Männer die Koordinatoren. Sie waren für den gemeinsamen Start der Spezialflotte verantwortlich. Die X-Zeit lief seit zwanzig Minuten. Vor zwanzig Minuten war von der GAUSS, aus dem Interkosmos, der Hyperfunkspruch eingelaufen, dass in der Nähe der Hundertsonnenwelt tropfenförmige Schiffe der Laurins aufgetaucht wären.

Bully hatte einige Sekunden wie erstarrt hinter seinem Schreibtisch gesessen. Jefe Claudrin, der ihm die Funkfolie persönlich überbracht hatte, war Zeuge gewesen, wie auf Bullys Stirn viele kleine Schweißperlen standen. Dann aber hatte sich der Mann gefangen und mit unveränderter Stimme gesagt: »X-Zeit läuft ab 19:75 Uhr, Claudrin. Lassen Sie es an die übrigen Schiffe durchgeben.«

Danach hatte er Deringhouse zu sich gebeten. Der hatte fassungslos gefragt: »Wie haben die Laurins von unserem Plan Hundertsonnenwelt erfahren können?«

»Ich will es Ihnen verraten, Deringhouse! Perry hat durch den Peilstrahl der GAUSS die Unsichtbaren nach der Hundertsonnenwelt geholt. Jetzt wissen die Laurins auch, wo der Planet im Interkosmos zu finden ist. Ich frage mich nur, weshalb vorher kein Mensch an diese Gefahr gedacht hat.« Bully ahnte nicht, dass Perry Rhodan die gleiche Frage gestellt hatte.

Das Koordinatoren-Team meldete sich. Auf allen dreitausend Schiffen liefen die letzten Startvorbereitungen. Die. Anfrage kam, ob der Flug zur Hundertsonnenwelt nicht durch eine Etappe weniger zeitlich verkürzt werden könnte. »Sir, wir haben alle Daten dafür vorliegen!«

Bully brüllte ins Mikrophon: »Und wenn Sie hundertmal alle Daten haben! Es bleibt bei acht Etappen durch den Zwischenraum! Zum Donnerwetter, haben Sie denn immer noch nicht begriffen, dass der Interkosmos etwas anderes ist als der galaktische Raum? Schluss! Ende!«

»Nervliche Belastung, Mister Bull!«, sagte Deringhouse, der damit das Team zu entschuldigen versuchte.

»Jetzt schon?«, entgegnete der Dicke. »Was soll erst werden, wenn wir auf zweihunderttausend Lichtjahre tief im Sternenleeren Raum stehen? Seit wann hat ein Angehöriger der Solaren Flotte schwache Nerven? Wir sind doch keine Arkoniden!«

»Sie haben meine Bemerkung missverstanden.« Deringhouse gab sich nicht zufrieden. »Der Vortrag des Chefs auf Arkon III macht die Runde auf allen Schiffen.«

Jetzt knurrte Bully Deringhouse an. »Reden Sie bitte etwas klarer. Von welchem Vortrag Perrys ist die Rede? Der hat in letzter Zeit viele Reden gehalten. Also bitte!«

»Es handelt sich um jenen Vortrag, in dem er den Kommandeuren unseres Verbandes mitgeteilt hat, dass wir auf dem Flug zur Hundertsonnenwelt und wieder zurück in die Milchstraße mit einem Verlust von fünfzig Prozent der Flotte zu rechnen hätten. Inzwischen sind daraus achtzig gemacht worden und man spricht von starken Besatzungsverlusten.«

Bullys Blick wurde starr. Er beugte sich vor und flüsterte: »Deringhouse, und das erfahre ich erst jetzt?«

»Warum sollten Sie es früher erfahren? Ich bin mit einer knappen, aber präzisen Erklärung den Gerüchten entgegengetreten und habe damit jedem weiteren Geschwätz den Boden entzogen. Die Unruhe, welche durch die Gerüchte ausgelöst worden ist, wird noch einige Zeitlang nachklingen.«

Die Kommandozentrale schaltete sich ein. Jefe Claudrin befand sich vor der Gegenstation. Er meldete kurz vor Erreichen der X-Zeit, dass die einzelnen Einheiten sich zu Verbänden zusammengeschlossen hätten und auf den Start warteten.

Die Flotte hatte sich auf eine Strecke bis zu zehn Lichtminuten verteilt. Bully ließ sich den Telekom hereingeben. Über die Hyperfunkverbindung sprach er noch einmal zu allen Kommandanten und ordnete an, dass seine Ansprache auf jedem Schiff auf die Bordverständigung geschaltet wurde. Der letzte Mann sollte hören, was er zu sagen hatte.

Er benutzte keine Phrasen. Er sprach in seiner gewohnten Art, einfach, aber unmissverständlich.

»Wir gehen alle das gleiche Risiko ein. Wir verkleinern es, wenn jeder sich auf den anderen verlassen kann. Ob wir hundert oder zweihundert Schiffe auf dem Flug nach der Plasmawelt verlieren, spielt keine Rolle. Allein von Bedeutung ist, dass wir keine Menschenverluste zu beklagen haben. Es ist alles getan worden, um dies zu verhindern. Wenn jeder einen klaren Kopf behält, kann eigentlich nicht viel passieren. Und es darf auch nichts passieren. Vergessen wir nicht, dass sich der Chef mit seinem Spezialkommando auf der Hundertsonnenwelt in einer bedrohlichen Lage befindet und er uns aufgefordert hat, so schnell wie möglich dort einzutreffen. Dieser Notruf besagt eigentlich alles, und damit habe auch ich Ihnen nichts mehr zu sagen.«

In der Funkzentrale der THEODERICH trennte man die Telekomverbindung zu den übrigen Schiffen. Auch hier bereitete man sich auf den Start vor, als die GAUSS, ein Lichtjahr vor der Hundertsonnenwelt stehend, sich wieder meldete.

Doch der Hyperspruch kam nicht einwandfrei an. Eigentlich unverständlich, wenn man die gigantische Sendeleistung der GAUSS in Betracht zog. Nur Bruchstücke waren zu verstehen:

Setzen uns ab – ...ker Angriff durch tro... – ...waffnung zu schwach ...reffer in d... – ...lüchten in Librationszone und ...

Die Positronik hatte mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung den verstümmelten Spruch vervollständigt und gab ihn auf dem gleichen Stanzstreifen zur Kenntnis: Setzen uns ab. Starker Angriff durch tropfenförmige Laurinschiffe. Bewaffnung zu schwach. Treffer in der (Ausdruck ist nicht zu erstellen) ... Flüchten in Librationszone und ...

Auf seinem Bildschirm sah Bully die Stanzfolie und las die Texte. Es gehörte ein gewaltiges Maß an Selbstbeherrschung dazu, jetzt nicht den Marschplan zur Hundertsonnenwelt vollständig umzuwerfen. Reginald Bull spielte einige Sekunden lang mit dem Gedanken, statt in acht Etappen, in vier zu versuchen, den interkosmischen Planeten zu erreichen. Viele Stunden konnten damit gewonnen werden; vielleicht war die Flotte sogar dadurch einen Tag früher am Ziel – oder aber sie kam nie an.

Diese letztere Möglichkeit, die gar nicht so unwahrscheinlich war, gab bei Bully den Ausschlag.

Es blieb bei dem Marschplan, der festlag.

 

*

 

Mittlerweile stand für Perry Rhodan fest, dass die von der GAUSS georteten Fremdobjekte Laurinschiffe waren. Unerklärlich blieb, warum sie weder die GAUSS angriffen, noch den Versuch machten, sich der Hundertsonnenwelt zu nähern. Ihr Abstand zu dem Planeten blieb unverändert.