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Nr. 1266

 

Der Tross des Kriegers

 

Vironauten im Einsatz – den Geheimnissen des Kriegerkults auf der Spur

 

von Kurt Mahr

 

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Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man den Frühsommer des Jahres 429 NGZ. In den Monaten zuvor sind im Solsystem viele Dinge geschehen. Da war zum Beispiel der Angriff der beiden letzten Elemente des Dekalogs. Doch er wurde abgewehrt, und das Chronofossil Terra konnte aktiviert werden.

Damit ergab sich eine neue Lage: Die Endlose Armada machte sich auf den langen Weg in Richtung Behaynien. Perry Rhodan ging auf die Suche nach EDEN II. Die Reste des Virenimperiums ballten sich im Raum Terra zusammen. Und viele Menschen begannen, die Auswirkung der Aktivierung Terras zu spüren, indem sie sich als Galaktiker empfanden und von akutem Fernweh ergriffen wurden.

Dieses Fernweh wird durch die Virenschiffe gestillt, die mit ihren Passagieren Kurs in die Unendlichkeit des Alls nehmen.

Zu den vielen Vironauten, die einzeln oder in kleinen oder größeren Gruppen zu ihrer großen Abenteuerreise aufbrechen, gehören Reginald Bull mit dem EXPLORER-Konglomerat und Roi Danton mit seinen neuen Freihändlern. Eine weitere prominente Terranerin ist Irmina Kotschistowa mit ihrer ÄSKULAP.

Sie treffen sich nach dem SOS-Ruf der LASHAT im Cepor-System, um Tekener und seinen Leuten Hilfe zu leisten.

Aber sie finden dort eine ganze Armada vor – es ist DER TROSS DES KRIEGERS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Reginald Bull – Der Terraner sucht das »Elysium« auf.

Whisky – Ein Paria.

Coulinor – Ein Maerler.

Merioun – Kriegsherr für das Cepor-System.

Roi Danton – Er besucht einen Ring-Ingenieur.

Irmina Kotschistowa – Die Mutantin wird gejagt.

1.

 

Der Anblick war verwirrend. Zur rechten Hand leuchtete der Glutball der Sonne Cepor. Aus dem Meer der Sterne der fremden Galaxis traten deutlich die Lichtpunkte zweier naher Planeten hervor. Einer davon musste Nagath sein, dachte er. Ronald Tekener und seine Vironauten befanden sich dort – falls sie noch lebten, nachdem sie einen verzweifelten Hilferuf abgestrahlt hatten.

Er hatte die rechte Hälfte der Helmscheibe seines SERUNS doppelt polarisiert, um vom Glanz der Sonne nicht geblendet zu werden. Seine Aufmerksamkeit galt dem verwirrend bunten Lichtermeer, das sich in unmittelbarer Nähe ausbreitete.

Ein Jahrmarkt, dachte er verächtlich. Vor den Toren der Welt, die sie ins Unheil stürzen, feiern sie Kirmes.

Der kantige, in sich verschachtelte Umriss der EXPLORER schrumpfte rasch, wurde zu einem matten Lichtfleck und verschwand schließlich vollends vor dem Hintergrund des Sternenteppichs. Es war eine halbe Stunde her, seit Reginald Bull das Konglomerat der Virenschiffe verlassen hatte. Mit einer Geschwindigkeit von etlichen Kilometern in der Sekunde bewegte er sich durch das Vakuum des Alls auf die bunten Lichter zu. Wenn er den Orter aktivierte, sah er auf der Videofläche, die einen Teil der Helmsichtscheibe beanspruchte, zahlreiche kleine Reflexe, die sich auf gleichem Kurs bewegten. Er grinste flüchtig. Vironauten. Es hatte sie nicht an Bord ihrer Fahrzeuge gehalten. Sie waren auf dem Weg zu den Attraktionen des Jahrmarkts. Sie hatten die Taschen ihrer Raummonturen voller Kostbarkeiten, mit denen sie zu handeln gedachten.

Es gab viele unter ihnen, dachte er bedrückt, die den Ernst der Lage noch nicht begriffen hatten. Sie waren noch in dem Traum befangen, den sie alle in den Tagen des Aufbruchs geträumt hatten – im Traum von der Unabhängigkeit, der Ungebundenheit und den Wundern des Universums, die von ihnen besichtigt werden wollten. Sie verstanden nicht, oder wollten nicht wahrhaben, dass der sorglose Haufe der Vironauten mittlerweile in einen Konflikt galaktischer Größenordnung verwickelt worden war, dem er sich nicht entziehen konnte.

Reginald Bull schob die trüben Gedanken beiseite. Wer gab ihm das Recht, sich über die anderen zu beschweren? Schließlich war er selber auf Handeln und Sammeln aus. Was spielte es da für eine Rolle, dass er sich nicht für materielle Güter, sondern ausschließlich für Informationen interessierte? Es waren eigenartige Gerüchte über die Dinge in Umlauf, die es für den, der zu zahlen vermochte, auf den Jahrmärkten des Kriegertrosses zu haben gab. Kein physischer oder psychischer Genuss, keine Dienstleistung, keine Ware, die dort nicht feil wäre. Bull hatte die Taschen voll wertvoller Tauschobjekte, mit deren Hilfe er sich zu beschaffen gedachte, was ihn interessierte: Aufklärung über den Ewigen Krieger und seine Organisation.

Aus Tausenden von Raumschiffen unterschiedlichster Bauarten bestand die Flotte des Trosses, die sich überall dort einfand, wo der Krieger auftauchte, um den Wert seiner Lehre vom Permanenten Konflikt handgreiflich zu demonstrieren.

Reginald Bull trieb auf eine schimmernde Kuppel zu, die sich gut und gern dreißig Kilometer weit aufwölbte. An ihrer Peripherie reihten sich Raumschiffe in Abständen von wenigen Kilometern. Das waren die Fahrzeuge des Organisationskomitees, das für die Einrichtung des so genannten Festplatzes verantwortlich zeichnete. Der Festplatz – so nannte sich die transparente Kuppel, die von leistungsstarken Projektoren an Bord der Komitee-Schiffe erzeugt wurde und aus reiner Energie bestand. Im Innern der Kuppel gab es Zonen unterschiedlicher Gravitation. Es gab, so hatte Bull gehört, mindestens sieben verschiedene Abteilungen, von denen jede ihre eigene Atmosphäre enthielt. Für alle individuellen Bedürfnisse der Trossmitglieder war gesorgt.

Im Innern des Domes schwebten Gebilde aus Formenergie. Es waren Gebäude, jeweils im Stil der heimatlichen Architektur des Erbauers errichtet. Es gab Quader mit flachen und solche mit Giebeldächern, es gab Pyramiden und Kegel, aufrecht stehende Zylinder und liegende Halbzylinder, die an Wellblechbaracken erinnerten. Es gab Spitz- und Flachkegel, Polyeder und schließlich solche Gebilde, denen jegliche geometrische Symmetrie fehlte. Und das alles leuchtete in sämtlichen Farben des Spektrums. Jeder Gebäudeeigentümer hatte seine private Vorliebe für die eine oder andere Farbnuance, und so leuchtete das Innere des Festplatzes in einer Buntheit, die den Sinn verwirrte.

Wenn man bedachte, dass es nicht nur diesen einen Festplatz, sondern ihrer mehrere hundert gab und dass zwischen den Festplätzen auch einzelne Raumschiffe oder kleine Gruppen von Fahrzeugen abseits vom Trubel der großen Energiedome ihre Waren und Dienste feilboten, dann gewann man einigermaßen eine Vorstellung von der gewaltigen Ausdehnung des Jahrmarkts und von der Vielzahl der Aktivitäten, die sich zwischen der dritten und vierten Planetenbahn des Cepor-Systems abspielten.

Reginald Bull glitt auf ein riesiges Leuchtzeichen zu, das in den verschlungenen Lettern des Sothalk-Alphabets eine Schleuse für Sauerstoffatmer markierte. Bull bremste ab. In der Wand der Kuppel entstand ein Strukturriss. Er schwebte hindurch und gelangte in einen hallenähnlichen Raum, der von buntem Leben und Treiben erfüllt war.

An den beiden Längswänden der Halle standen zahlreiche kleine Raumfahrzeuge. Sie hatten Jahrmarktsbesucher gebracht, die sich nun am Durchgang im Hintergrund drängten und mit den Beauftragten des Komitees um die Höhe des Obolus feilschten, den sie für den Einlass zum Festplatz zu entrichten hatten. Roboter, die die Kontrolle des Eingangs wesentlich effizienter hätten versehen können, waren nirgendwo in Sicht. Das, stellte Reginald Bull fest, war ein charakteristischer Zug des Trosses, den der Ewige Krieger hinter sich herzog: Es gab organisches Leben in Hülle und Fülle. Roboter wurden nicht gebraucht.

Bull öffnete den Helm und ließ ihn im Nackenstück des SERUNS verschwinden. Vorsichtig atmete er die synthetische Luft. Sie enthielt einen angenehmen Duft, der entfernt an Orangenblüten erinnerte und vermutlich von einem Bakterizid herrührte. Vor dem Durchgang hatte sich eine Warteschlange gebildet, die sich aus Wesen unterschiedlichster Erscheinungsformen zusammensetzte. Rufe flogen hin und her. Die Menge war von der freudigen Erregung derer beseelt, die auf Spaß und Vergnügen aus waren. Reginald Bull hatte Gelegenheit, sich darüber zu wundern, wie sehr die grundlegenden Verhaltensweisen intelligenter Wesen – unbeschadet ihrer unterschiedlichen Herkunft, äußeren Erscheinung und Mentalität – einander glichen.

Schließlich war er an der Reihe. Ein pseudo-humanoides Wesen in der bunten Uniform des Organisationskomitees musterte ihn aus einem einzelnen, großen, aus Hunderten von Facetten bestehenden Auge. Der schnabelförmige Mund öffnete sich, und eine schrille, durchdringende Stimme erkundigte sich in Sothalk, der Sprache des Kriegers:

»Was hast du zu bieten, Fremder?«

Wortlos griff Bull in eine seiner Taschen und förderte eine Handvoll Kleinigkeiten zutage. Auf der flachen Handfläche hielt er sie dem Einäugigen entgegen.

»Nimm dir, was du willst«, sagte er. »Aber nicht mehr als eines.«

Die kleinen Dinge, von denen keines mehr als den Umfang eines Daumennagels besaß, mochten einer Technik entstammen, die dem Einäugigen so fremd war wie das rote Auge der Beteigeuze. Aber er erkannte ihre Funktion sofort.

»Das ist hochwertige Mikrosyntronik«, staunte er, und sein Auge wurde noch ein wenig größer. »Bist du sicher, du willst soviel ausgeben?«

»Du hast ein mühevolles Amt, mein Freund«, antwortete Bull, »und dir entgeht das Vergnügen, das sie dort drinnen anbieten. Nimm dir, was du willst.«

Mit zwei spitzen, krallenbewehrten Fingern griff der Einäugige zu. Er nahm sich ein winziges, kugelförmiges Gebilde von der Größe eines Stecknadelkopfs.

»Kluge Wahl«, lobte Bull. »Mikrosyn-Chip mit drei Milliarden logischen Funktionen. Beste Siga-Technik.«

Der Einäugige barg seinen Schatz, und Reginald Bull beförderte das, was er noch in der Hand hielt, wieder in die Tasche. Er wollte weitergehen, aber ein Zuruf des Buntuniformierten hielt ihn zurück.

»Du bist einer von denen, die sich Vironauten nennen, nicht wahr?«, fragte er.

»Das ist richtig«, sagte Bull.

»Ich habe dein Bild gesehen. Du bist derjenige, dem die Faust des Kriegers abhanden gekommen ist.«

»Auch damit hast du recht«, antwortete Bull.

»Du bist freundlich zu mir gewesen«, sagte der Einäugige. »Du hast nicht gefeilscht. Du hast zehnmal soviel gezahlt wie die anderen, die hier passieren. Ich schulde dir etwas. Nimm meine Warnung: Als einer, der die Faust des Kriegers verloren hat, bist du dort drinnen weniger wert als der ärmste Drakker. Nimm hinzu, dass du in deiner Tasche einen Schatz mit dir herumschleppst und dass keinem ein Vorwurf gemacht werden wird, wenn er einen Verachtenswerten wie dich überfällt, ausraubt und womöglich gar totschlägt. Dann kannst du dir ungefähr ausrechnen, was dich auf dem Festplatz erwartet.«

Reginald Bull musterte den Einäugigen nachdenklich. Eine breite, knollenförmige Nase zierte das Zentrum seines Gesichts. Große Ohrlappen hingen wie welke Salatblätter zu beiden Seiten des länglichen Schädels. Ein Büschel bleicher, spaghettiähnlicher Haare wuchs aus dem Mittelpunkt der Schädeldecke.

»Ich danke dir für die Warnung, Bruder«, sagte Bull. »Sag mir deinen Namen, damit ich mich an dich erinnern kann.«

»Ich bin Zirrah, aus dem Volk der Nasvanu«, sagte der Einäugige.

»Ich danke dir, Zirrah«, sagte Bull.

Er hatte noch mehr auf der Zunge, aber hinter ihm wurden die Wartenden ungeduldig.

»Was habt ihr da für Extrageschäfte?«, grollte es aus der trichterförmigen Sprechöffnung eines Wesens, dessen Körper die Form einer dicken Walze hatte. »Meint ihr, wir hätten unsere Zeit gestohlen?«

Reginald Bull verabschiedete sich von Zirrah mit einer winkenden Geste. Er trat durch die torbogenförmige Öffnung und befand sich nun im Innern des Festplatzes.

 

*

 

Bull desaktivierte einen Großteil der Funktionen des SERUNS, die er beim Aufenthalt auf dem Festplatz nicht brauchte. Ein halbes Hundert Mikroaggregate, aus Feldprojektionen bestehend, löste sich auf. Die Montur verlor dadurch einiges von ihrer Unförmigkeit. Bull fühlte sich beweglicher.

Er stand am Rand eines weiten Platzes. Am gegenüberliegenden Rand erhoben sich schimmernde, in schreienden Farben leuchtende Gebäude. Musik lag in der Luft, untermalt von Stimmengemurmel, das darauf abzielte, unterschwellige Wünsche des Festplatzbesuchers zu wecken. Ein Strom von Fremdwesen, aus der Schleuse kommend, die Bull vor wenigen Minuten verlassen hatte, ergoss sich an ihm vorbei. Ein jeder schien genau zu wissen, wonach ihm der Sinn stand.

»Kann ich dir behilflich sein?«, erkundigte sich eine freundliche Stimme.

Reginald Bull fuhr herum. Vor ihm stand eine junge, attraktive Frau. Er hätte darauf geschworen, dass sie terranischer Herkunft sei. Als er sie genauer musterte, stellte er fest, dass ihre Füße ein paar Zentimeter über dem Untergrund schwebten, der sich hier als glatte, hellgraue Konkritguss-Imitation darbot.

Eine Projektion, dachte er enttäuscht. Irgend jemand hatte seine Unschlüssigkeit bemerkt und versucht, ihn mit dem Holobild einer Artgenossin zu locken. Die Täuschung war nicht perfekt. Die schöne Fremde sprach Sothalk.

»Das kannst du«, sagte er. »Wo ist hier etwas los?«

Sie lachte hell auf.

»Hier ist überall etwas los«, erklärte sie. »Was interessiert dich? Du machst mir den Eindruck eines Mannes mit gehobenem Geschmack. Wie wär's mit einem Rendezvous?«

»Mit dir?«, fragte Bull verblüfft.

»Mach keine Witze«, verspottete sie ihn. »Ich bin nur eine Projektion. Aber da, wo ich herkomme, gibt es Frauen aus Fleisch und Blut. Sie mögen nicht auf das Haar genau von deiner Spezies sein, aber du wirst Gefallen an ihnen finden.«

»Schäm dich«, wies Bull sie zurecht. »Willst du Liebe verhökern? Was ich suche, ist ein Platz, an dem ich den Betrieb beobachten kann. Möglichst über einem anständigen Getränk. Ich habe Durst.«

Die Projektion lächelte hintergründig.

»Nächsthöhere Ebene«, sagte sie. »Ich kann dir keinen bestimmten Ort nennen. Aber geh nur hinauf, du wirst schon etwas finden.«

»Hinauf, wo?«, fragte Bull.

»Geh nur«, sagte die Projektion und erlosch im selben Augenblick.

Er tat vorsichtig einen Schritt. Überrascht stellte er fest, dass er sich auf einer Rampe befand, die in mäßiger Steigung in die Höhe führte. Der Grund, auf dem die Füße ruhten, war völlig transparent und daher unsichtbar. Bull ging weiter. Der graue Belag des Platzes blieb unter ihm zurück. Als er sich umsah, bemerkte er zur Rechten und zur Linken bunte Leuchtstreifen, die den Verlauf und die Ränder der Rampe markierten. Er näherte sich einem der Streifen, schritt über ihn hinweg und prallte gegen ein unsichtbares Hindernis. Die Sicherheitsvorkehrungen waren umfassend. Das Organisationskomitee hatte dafür gesorgt, dass niemand von der Rampe stürzte.

Der Ausblick änderte sich plötzlich. Als habe er das obere Ende einer steilen Treppe erreicht, tauchten mit einemmal neue Gebäude, die er bisher nicht hatte sehen können, vor ihm auf. Sie reihten sich zu beiden Seiten einer schmalen Straße, in der reger Verkehr herrschte. Eine bunte Besuchermenge tummelte sich zwischen den beiden Gebäudezeilen. Holoramas schwebten in der Luft und versuchten, Unschlüssige in dieses oder jenes Etablissement zu locken. Marktschreierisches Gebrüll unterstützte die optischen Darstellungen.

Trotz des unablässigen Gequirles, der grellen, zuckenden Lichterfülle und des ohrenbetäubenden Geschreis wirkte die Szene friedlich und auf eine merkwürdige Art und Weise harmonisch und homogen. Das änderte sich jedoch plötzlich. Ein Schrei gellte auf:

»Der gottverdammte Drakker hat mir mein ganzes Hab und Gut geklaut!«

Das bisher ziellose Durcheinander der Menge entwickelte System. Die Vergnügungssuchenden wichen zur Seite hin aus. Eine Gasse entstand. Wie Mauern standen die Festplatzbesucher zu beiden Seiten der Straße. In der Straßenmitte entdeckte Reginald Bull ein hochgewachsenes, stämmiges, dreibeiniges Geschöpf. Der Leib hatte die Form einer Birne, deren schlankes Ende einen kräftigen, zwischen den Beinen baumelnden Steiß bildete. Drei Arme besaß der Fremde ebenfalls. Sein Schädel war unregelmäßig geformt und erinnerte auf den ersten Blick an einen terranischen Blumenkohl. Sinnesorgane waren nicht zu erkennen, um so deutlicher dafür ein breiter Mund, aus dem unflätige Schimpfwörter in ununterbrochener Folge hervorsprudelten. Der Dreibeinige war nicht allzu sicher auf den Füßen. Während er tobte und wetterte, schwankte er hin und her. Da Dreipunktlagerung im allgemeinen als äußerst stabil anerkannt wird, lag der Verdacht nahe, dass der Fremde unter dem Einfluss berauschender Substanzen stand.

Den, dem das wüste Geschimpfe galt, erblickte Reginald Bull erst ein paar Sekunden später. Er war ein Zwerg im Vergleich mit dem Dreibeiner. Ein flacher, diskusförmiger Körper, nicht mehr als 30 Zentimeter im Durchmesser, wurde von einem unansehnlichen, dunkelbraunen Chitinpanzer umhüllt. Die Körperscheibe wurde von vier Stummelbeinen getragen, die in kräftigen Scherenklauen endeten. Die Klauen konnten abgeknickt werden und dienten dann als Füße. Aus dem Rand des Diskus ragten mehrere Stiele hervor, die an den Enden augenähnliche Sinnesorgane trugen.

Der Drakker – nur um diesen konnte es sich bei dem Kleinen handeln – war sich über das Bedrohliche seiner Lage im Klaren. Als der Dreibeinige seine Tirade für eine Sekunde unterbrach, um Luft zu holen, hörte man den Zwerg mit spitzer Stimme protestieren.

»Wie kann ich dich bestohlen haben? Ich reiche dir nicht einmal bis zu den Kniegelenken!«

Der dreibeinige Gigant indes ließ sich nicht besänftigen. Mittlerweile hatte auch die Menge an den Straßenrändern sich zu ereifern begonnen, und was von dort zu hören war, kündete nichts Gutes für den Zwerg.

»Gib's ihm!«, kreischte eine schrille Stimme.

»Die Drakker haben hier nichts verloren«, brüllte ein zweiter.

Es war klar: Die Zuschauer wollten action