Die Autorin
Jalda Lerch, geboren und aufgewachsen in Ost-Berlin und dort ziemlich sesshaft, verreist für ihr Leben gern. Aber leider zu selten. Hobbys hat sie keine, dafür vier inzwischen recht große Kinder und einen kleinen Hund. In jeder freien Minute verkrümelt sie sich gern mit einem Krimi in eine stille Ecke oder auf den Balkon. Manchmal ist es aber auch die Zeitung, ein Frauenroman oder ein dicker Sachbuchwälzer.
Das Buch
Die lebenslustige Conny bringt Schwung in eine Berliner Studenten-WG. Mit ihr kommen Partys, Drogen und jede Menge fremdes Volk in die Wohnung. Nach einer wilden Nacht liegt die junge Frau tot in ihrem Bett. Sie wurde von vielen geliebt und von vielen gehasst. Lars Behm, der gerne akribisch ermittelt und die Fakten genau analysiert, steht endlosen Mutmaßungen und einer Vielzahl von Verdächtigen gegenüber. Solche Fälle mag er gar nicht. Er bittet eine junge Kollegin, sich undercover in die WG einzumieten. Ein gefährlicher Plan.
Jalda Lerch
Party in den Tod
Ein Fall für Lars Behm
Kriminalroman
Midnight by Ullstein
midnight.ullstein.de
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Originalausgabe bei Midnight.
Midnight ist ein Digitalverlag
der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
Oktober 2015 (1)
© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2015
Umschlaggestaltung:
ZERO Werbeagentur, München
Titelabbildung: © FinePic®
Autorenfoto: © privat/© Mary Lange
ISBN 978-3-95819-050-4
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»Connymaus, aufstehn! An die Arbeit!«, ruft Patrick, während er das geräumige Zimmer betritt, und hält für einen Moment inne. Was für ein Stillleben! Die tiefstehende Sonne strahlt durch blankgeputzte Fensterscheiben und leuchtet das Chaos aus. Leere Gläser und halbvolle Bierflaschen schimmern in goldenem Licht auf Schränken, Stühlen und sogar auf den Dielen vor sich hin, dazwischen immer wieder Chipskrümel, Kronkorken oder übervolle Aschenbecher, soweit Patrick solche Details überhaupt erkennen kann. Denn ohne Brille sieht der Raum aus wie von Monet gemalt.
»Aus den Federn, Conny! Jetzt wird geputzt!«
Kichernd schwankt Patrick an Connys Bett vorbei in Richtung Balkon wie ein Schiff auf stürmischer See. Als er die Balkontür öffnet, strömt ihm Luft von der Frische einer Meeresbrise entgegen. Erst jetzt bemerkt er, wie sehr die ganze Bude nach Hafenspelunke müffelt.
Wenige Augenblicke später schlurft Malte durch das Zimmer, in rot-blauen Boxershorts, den Blick stur auf den klebrigen Boden gerichtet, um seine nackten Füße besser um Bierlachen navigieren zu können. Nur flüchtig blickt er zum Bett hinüber, registriert bloß ein paar blonde Strähnen, die unter der graukarierten Decke hervorlugen. Auch er würde Conny gern etwas Lustiges zurufen, doch fehlt ihm dafür jegliche Energie. Soll sie doch weiterpennen, die Glückliche, das Erwachen käme noch früh genug.
Und würde sicher grausam.
Da sein Blick konsequent auf den Boden gerichtet ist, entdeckt Malte unter einem Stuhl eine Brille. Mit einem Ächzen hebt er sie auf und legt sie auf den Schreibtisch, der zur Bar umfunktioniert wurde. Dann huscht auch er hinaus auf den Balkon.
Schweigend und leicht fröstelnd stehen Patrick und Malte nun zwischen Bierkisten und Grill und schauen hinunter auf ihre kleine Straße im Wedding, in die sich nur wenige Autos verirren. Vor dem Trödelladen gegenüber hocken einige abgerissene Gestalten auf alten Stühlen bei Kaffee und Bier, eine dürre Frau mit Dalmatiner schlendert vorüber in Richtung Schillerpark, eine Horde lärmender Kids fährt einander mit einem scheppernden Einkaufswagen spazieren. Noch immer sagen Patrick und Malte kein Wort, sondern genießen, jeder für sich, den morbiden Zauber dieses Spätsommernachmittags, an dem die Luft bereits herbstlich frisch riecht und die Sonne noch einmal alles gibt, um den Asphalt glänzen und die sattgrünen und vereinzelten gelben Blätter der mächtigen Platanen aufleuchten zu lassen.
»Geile Party.«
Patricks Stimme klingt so rau, als wäre sie mit einem groben Hobel bearbeitet worden.
Malte will nicken, krallt sich stattdessen aber lieber am Geländer fest und beugt sich kurz über die Brüstung, weil ihm kotzübel ist. »Keine gute Idee«, denkt er sogleich, zieht seinen schweren Kopf wieder zurück und atmet so tief durch, als müsse ihn dieser Atemzug für den Rest seines Lebens mit Sauerstoff versorgen; so konzentriert, dass er gar nicht bemerkt, wie hinter seinem Rücken Henning den Balkon betritt. Leichenblass stolpert der zu zwei aufeinandergestapelten Bierkästen in der Ecke und lässt sich darauf fallen. Beim Klirren der leeren Flaschen lacht Patrick auf. Malte aber zuckt vor Schreck zusammen. Dieser Groove aus unerwarteten Geräuschen dröhnt in seinen Ohren wie ein tieffliegender Düsenjet.
»Was ist denn das da?«
Henning deutet auf etwas hinter den Jungs, und die drehen sich um. Direkt an der Hauswand liegt, gekrümmt wie ein Embryo, ein schmächtiger Körper in einem grünen T-Shirt.
»Ist das etwa Kim?«
»Oh Gott!«, ruft Malte erschrocken.
Henning steht auf, stürzt sich auf den jungen Mann mit den schwarzen Haaren, der es sich auf ein paar Bierpappen leidlich bequem gemacht hat, und rüttelt ihn am Arm. Doch sofort ertönt ein helles »Fuck«, und der Arm, den er eben berührt hat, schlägt wild um sich.
»Megaparty, was?«
Rick deutet mit dem Finger auf Kim und lacht erneut los.
»Absolut«, sagt Henning und genießt es, seine heisere Stimme zu hören.
Als Ricks Kichern abebbt, beginnt er zu singen: »I met my looove by the gas works waaall, dirty old town, dirty old town …«
Obwohl Rick eigentlich Patrick heißt, also den irischsten aller Vornamen trägt, und mit ebensolcher Inbrunst singt, verpfuscht er den Song derart, dass dessen Melodie kaum mehr zu erahnen ist.
»He Rick, wo ist eigentlich deine Brille?«, fragt Henning, um den Sänger abzulenken, damit er endlich aufhört, während Malte weiter bedächtig und tief die Weddinger Luft in sich einsaugt.
»Meine Brille?« Patrick verdreht seine Augen, als suche er sie auf seiner Nase.
»Brille?«, fragt nun auch Malte. Da war doch was.
»Brille!«, antwortet Henning und schüttelt resigniert den Kopf.
»Ach, hier steckt ihr alle!«
Lautlos wie ein Gespenst betritt nun auch Kathi den Balkon. Sie trägt einen weißen Handtuchturban auf dem Kopf, aus dem einige nasse braune Strähnen ins Gesicht fallen, dazu ein graues Longshirt und Leggins. Kathi sieht müde aus, doch in ihrem Blick liegt noch etwas anderes, Abweisendes, das Henning davon abhält, ihr gegenüber die Party zu loben.
»Morgen, Kathi«, krächzt er nur.
»Supergeile Party«, sagt stattdessen Malte, dieser Idiot, der ausgerechnet jetzt seine Sprache wiederfindet, zu Kathi, die ihn daraufhin so entsetzt ansieht, als hätte er vor ihren Augen kleine Katzen zu Tode gequält. Woraufhin Rick umgehend von einem neuen Lachanfall heimgesucht wird. »Hab ich das geträumt oder kamen heute Nacht tatsächlich die Bullen? Zu uns? Nicht wie sonst immer nur zu den Nachbarn?«
Während Malte und Henning mit verhaltenem Stolz nicken, mustert Kathi Rick mit leicht zusammengekniffenen Augen.
»Ach, die Bullen heißt das neuerdings? Wie erbärmlich!«
Kathi verschränkt die Arme vor ihrer mädchenhaften Brust und ihr Körper wirkt so angespannt, als wolle sie im nächsten Moment eine komplexe Turnübung absolvieren. Ihre beinahe farblosen Augen, die zwischen hellblau und grau changieren, feuern verstörend intensive Blitze auf ihre drei Mitbewohner ab.
»So geile Partys könnt ihr von nun an jeden Tag haben, Jungs! Aber ohne mich. Ich ziehe nämlich hier aus.«
Henning und Rick schlucken. Nur Malte fängt sofort an zu labern, wie man es von ihm kennt: Aber Kathi, was soll denn das, so ein Quatsch, überleg dir das noch mal in Ruhe, entspann dich erst mal.
Henning aber ist schockiert. Dass Kathi das Wort Spaßbremse auf der Stirn geschrieben steht, weiß der halbe Kiez. Aber dass sie gleich solch dramatische Konsequenzen zieht? Aus einer stinknormalen Party, wie sie jede Studi-WG hin und wieder schmeißen sollte?
»Mensch, Kathi«, sagt Henning immerhin, doch mehr fällt ihm dazu leider nicht ein. Wieder spürt er in seinem Kopf dieses schwarze Loch, das Erinnerungen und Worte aufgesogen hat wie Malte vorhin die frische Luft.
»Conny pennt immer noch«, wundert sich Malte nun auch noch laut. Da er Kathi mit seinen Sozialpädagogenfloskeln nicht hat überzeugen können, hakt er das Thema Auszug nunmehr ab und fängt ausgerechnet von Conny an. Dieser Schwachkopf. Obwohl Peinlichkeiten und Fettnäpfchen zu Malte gehören wie Arme und Beine, muss sich Henning immer wieder aufs Neue über ihn wundern.
»Und ganz allein im Bett! Wie ungewöhnlich!«, steigt nun auch Rick mit ein und kichert vor sich hin wie ein boshafter Greis.
Kathi zieht einen Flunsch, reckt ihre zarte Nase ein wenig höher und schüttelt verächtlich den Kopf. Der weiße Turban, obwohl nur aus Frottee, verleiht ihr eine gewisse Würde. Natürlich würde sie ausziehen aus dieser WG, die längst nicht mehr ihr Zuhause ist. Ihr Entschluss stand fest und das tat gut. Allein die Ignoranz, mit der ihre Mitbewohner auf ihre Ankündigung reagieren, ist Bestärkung genug. Keiner der Jungs, mit denen sie immerhin seit drei Jahren recht harmonisch zusammenlebt, scheint von ihrer Entscheidung ernsthaft berührt. Sogar der dauernd betroffene Malte leiert bloß seine üblichen Plattitüden herunter, wie er es bei jeder beliebigen Gelegenheit tut. Rick sagt überhaupt nichts dazu und auch Hennings Reaktion ist mit einem geseufzten »Mensch, Kathi« mehr als dürftig. Dass sie ausziehen will, ist den Jungs so egal, als würde ein Tourist in die Spree spucken.
Hauptsache, Conny bleibt.
Ausgerechnet.
Mit so viel Wut im Bauch, dass sie zu platzen glaubt, dreht Kathi sich um und verschwindet in der Wohnung. Als sie an Connys Bett vorbeikommt, hält sie inne und brüllt aus voller Kehle wie ein durchgeknallter Feldwebel: »Aufstehn!« So laut, als solle die Schlafende sofort aus dem Bett springen und vor ihr salutieren. Doch unter der grauen Decke regt sich noch immer nichts. Vermutlich hat sich Conny ins Koma gesoffen. Wo sie hingehört, diese blöde bitch, denkt Kathi schadenfroh und stürzt aus dem Zimmer.
Henning, der Kathis schrillen Schrei gehört hat, kommt durch die Balkontür, um gegebenenfalls den Krach zwischen den Mädels zu schlichten. Schon mal wegen der Nachbarn. Kathi aber ist längst verschwunden. Gerade noch hört er die Tür ihres Zimmers zuknallen, so laut wie in den ganzen drei Jahren nicht. Conny hingegen, die ansonsten immer für Lärm sorgt, ist ungewöhnlich still. Schnarcht nicht einmal, so wie üblich, wenn sie am Abend zuvor zu viel gefeiert hat.
»Conny?«
Vorsichtig tritt Henning an das weiße schmiedeeiserne Bett heran, aus Angst, sein angeschlagenes Gleichgewicht völlig zu verlieren und hineinzutaumeln. Obwohl das vielleicht die wirksamste Art wäre, eine Frau wie Conny zu wecken. Läge ein Kerl auf ihr, würde sie sicher munter.
»Connymaus!«, ruft Henning mit strenger Stimme und ist ratlos. Auf keinen Fall will er Conny einfach die Decke wegziehen, das ginge zu weit. Eigentlich. Instinktiv aber kann er nicht anders. Zu reglos und still liegt sie da. So sehr er auch lauscht, er kann nicht einmal ihren Atem vernehmen. Plötzlich wandelt sich seine aufkommende Panik in Mut. Er greift nach der grauen Bettdecke und zieht sie sanft weg, entblößt erst mal nur den Kopf. Falls Conny nackt ist. Denn eine Frau wie Conny, das steht für Henning fest, schläft grundsätzlich nackt.
Nun legt er Conny bis zu den Schultern frei. Und ist erleichtert, aber zugleich enttäuscht: Sie hat doch etwas an. Dieses knallrote Top von letzter Nacht, das mindestens zwei Nummern zu klein ist und deshalb besonders sexy an ihr aussieht. Ihre weißblonden Haare sind verstrubbelt wie an jedem Morgen. Doch da ihr Gesicht zur Wand gedreht ist, kann Henning nicht sehen, ob ihre Augen inzwischen geöffnet sind. Noch immer regt sie sich nicht.
»Conny«, ruft Henning beschwörend, fast kläglich. Vom Magen ausgehend breitet sich ein elendes Gefühl wie Nervengift in seinem Körper aus und erfasst sogar sein Hirn. Scheißkater, denkt er. Alkohol zerfrisst nicht nur die Leber, sondern auch die Psyche. Immer muss man gleich an Schlimmstes denken! Sobald Conny ausgeschlafen hat, wird sie schon aufstehen. Wozu sie also wecken?
Vorsichtig greift Henning nach der Decke, um sie wieder hochzuziehen. Nicht wie vorhin über den halben Kopf, aber zumindest bis zum Hals. Dabei streift seine Hand Connys Oberarm, der trotz der Sommerbräune seltsam farblos wirkt.
Kurz darauf vernimmt Henning einen langen, markerschütternden Schrei.
Aus seinem eigenen Mund.
Dieses kerngesunde Limettengrün, das Lars Behm da entgegengefedert kam, zog seinen Blick magisch an. In dem T-Shirt steckte der stramme Oberkörper einer höchstens zwanzigjährigen Joggerin. Sie trug ein weißes Stirnband und lächelte ihn an, während er keuchend ihren Weg kreuzte. Mitleidig, wie sonst. Genau wie vorhin die Frau in Kanariengelb.
Na und?, dachte Lars und stampfte weiter auf seinen nagelneuen Adidas-Laufschuhen. Auf keinen Fall wollte er sich einschüchtern lassen von diesen sportlichen Weibern, allesamt jünger, schlanker und fitter als er. Nur selten war ihm heute, an diesem historischen Tag, da Lars zum ersten Mal in seinem Leben joggen ging, ein Mann begegnet. Und wenn doch, so schien dieser tief in seine Läuferseele versunken und blickte ihn wenigstens nicht an. Vor allem nicht bedauernd.
Im Gegensatz zu den Frauen.
Lars hatte seine Ressentiments noch nicht hinter sich gelassen, als schon die nächste weibliche Person auf ihn zugelaufen kam, diesmal in Lila. So sehr die Farbe ihrer sportlichen Klamotten auch variierte, das Lächeln war immer gleich erniedrigend. Lars spürte, wie sein Gesicht, das vor Anstrengung bereits rot wie eine Feuerwehr war, noch weiter an Farbe zulegte. Zu gern hätte er gewusst, was all diese eingebildeten Schnepfen dachten, wenn sie ihn beim Joggen begafften.
Oder lieber doch nicht.
Lars versuchte, sich wieder auf sich selbst zu konzentrieren und spürte gerade der Zentnerschwere in seinen Gliedern nach, als erneut eine Pferdeschwanzträgerin locker und leicht wie ein Flummi auf ihn zugetrabt kam. Er konnte und wollte nicht mehr. Also bremste er ab und verlangsamte seinen Schritt, bis er endlich Spaziertempo erreicht hatte. Das tat so gut, dass er vor Erleichterung unwillkürlich lächeln musste. Daraufhin lachte die Frau, die bereits die Dreißig überschritten haben mochte, ihn an. Oder aus.
»Na, schon genug?«, fragte sie atemlos und hüpfte, als sie Lars erreicht hatte, vor ihm auf der Stelle herum, so dicht, dass er sogar ihren seltsam frischen Duft zu riechen glaubte, der ihn verwirrte. Lars blieb ebenfalls stehen und sah sie an. Natürlich war sie zierlich und schlank wie die meisten Joggerinnen, trug jedoch immerhin dunklere Farben und Klamotten, die keine zweite Haut bildeten wie bei den anderen Damen, sondern lässig an ihr herumschlabberten. Lars zählte mindestens fünf Ohrringe und bestaunte ihre dunkelbraunen Augen und das Universum kleiner Leberflecke in ihrem Gesicht. Über der rechten Augenbraue trug sie eine winzige Narbe.
»Nicht so schnell aufgeben, Champ!«, sagte sie mit angestrengter Stimme, lächelte ihn verschmitzt an und lief weiter. Während Lars der Frau hinterherblickte, war er so verwirrt, dass in seinem Kopf blitzschnell verschiedene Bemerkungen aufblinkten wie Bilder in einem Flipperautomaten, von »blöde Kuh« über »nette Person« bis zu einem satten, blutroten »Wow!«.
Extra langsam und wie immer leicht gebückt schlurfte Lars nach Hause, die dicken Hände in den Taschen der ausgebeulten Jogginghose, weil sie ihm so leichter erschienen.
Das mit dem Joggen war eine ausgesprochen blöde Idee gewesen. Die Lauferei war nicht nur wesentlich anstrengender, als sie gemeinhin bei anderen aussah, sondern in seinem Fall auch recht deprimierend. Zehn Minuten hatte er gerade einmal hinter sich, und schon keuchte er wie eine Dampflok aus dem vorletzten Jahrhundert. Nein, das Joggen würde ihm den Start in die neue Lebensdekade keineswegs erleichtern, eher erschweren.
Denn Lars Behm drohte die Vierzig.
Was den meisten Menschen nach ein wenig kokettem Gejammer vermutlich relativ egal war – denn was machte es real für einen Unterschied, ob man neununddreißig Jahre und elf Monate oder neununddreißig Jahre und zwölf Monate alt war – jagte Lars tatsächlich Angst ein. Zahlen konnten ihn nun mal so richtig fertig machen. Und diesmal war es die Vier mit der Null hintendran.
Da sich Lars also vor diesem Geburtstag fürchtete wie das Schwein vorm Metzger, brauchte er dringend eine Strategie, um diesen Tag mit so etwas wie Würde zu begegnen. Verdrängen half nicht, er musste die Sache offensiv angehen. Zum Beispiel endlich erwachsen werden.
Den ersten Riesenschritt in diese Richtung würde er zum Glück schon sehr bald unternehmen. Wenn alles gut ging, würde er in nur wenigen Tagen – vermutlich zum ersten September – bei seiner Mutter ausziehen, die ihn, wenn auch subtil, seit mindestens einem Jahr permanent schikanierte. Endlich würde er sein eigenes Reich haben. Und das war keine bloße Träumerei, sondern eine ziemlich konkrete Absprache. Ein gewisser Olli, ein Schulfreund vom Kollegen Meier, wollte so schnell wie möglich zu seiner schwangeren Freundin ziehen und suchte daher dringend einen Nachmieter. Und das würde er sein, Lars Behm. Wenn die Hausverwaltung einverstanden war – und warum sollte sie das nicht sein? Und falls ihm die Wohnung gefiel – und das würde sie. Denn Lars war nun wirklich nicht besonders anspruchsvoll. Neununddreißig Quadratmeter für sich allein wären für ihn schließlich eine deutliche Verbesserung. Und einen Balkon würde er sowieso nicht mehr brauchen, wo er doch außerdem mit dem Rauchen aufhören wollte.
Denn angesichts seines drohenden vierzigsten Geburtstags hatte Lars plötzlich eine fundamentale Sache kapiert: Das Leben war endlich. Gewusst hatte er das selbstverständlich schon immer, aber erst jetzt begriffen. Er war nicht so unsterblich, wie er sich immer gefühlt hatte. Also wollte er in Zukunft mehr auf seine Gesundheit achten und hatte sich für den Anfang vorgenommen, es mit Joggen zu probieren und mit dem Rauchen aufzuhören. Das mit dem Rauchen stellte sich Lars leicht vor, weil er ahnte, dass er im Grunde seines Herzens gar kein Raucher war. Aber ein Jogger, das hat er heute gemerkt, war er erst recht nicht.
Keuchend, aber gut gelaunt, stampfte Lars die Treppe hoch, die zum Fahrstuhl führte, und freute sich bei jeder einzelnen der schwarz-grau gesprenkelten Stufen, dass seine Tage in diesem Haus gezählt waren. Er freute sich auf seine eigenen neununddreißig Quadratmeter und staunte darüber, dass deren Anzahl exakt seinen derzeitigen Lebensjahren entsprach. Das konnte kein Zufall sein!
Als der Fahrstuhl im siebten Stock hielt und Lars in den Hausflur trat, stand seine Mutter bereits in der Wohnungstür, als habe sie auf ihn gewartet. Plötzlich sah er sie mit anderen Augen: So zierlich und drahtig wie sie war, könnte sie trotz ihrer grauen Haaren glatt als Joggerin durchgehen. Sie strahlte sie ihren Sohn mit dem gleichen optimistisch-spöttischen Lächeln an und sagte: »Das Joggen scheint dir richtig gut zu tun, Lars!«
Lars nickte. Sollte sie doch einfach denken, was sie wollte. Bald war er sowieso hier raus.
»Bist du sehr verschwitzt?«, erkundigte sich Sibylle Behm besorgt, während sie einen Schritt zurücktrat, um ihren Sohn in die Wohnung zu lassen. Irritiert sah Lars sah seine Mutter an. Was ging die das denn an? War die Dusche defekt? Oder wollte sie ihn eigenhändig abschrubben? Hatte sie sich eine neue Schikane ausgedacht und würde ihn künftig wie ein Baby behandeln?
»Es ist wegen der Frau Frenzel …«
Als wenig später, kaum dass er sich gebückt hatte, um sich von seinen neuen Sportschuhen zu befreien, die Klingel an der Tür schrillte, wusste Lars Behm Bescheid.
Seine Assistentin stand vor der Tür.
Ein neuer Fall wartete auf ihn.
Aus der Dämmerung, in der er versunken war wie in einem abgrundtiefen, finsteren Ozean, tauchte plötzlich Kathis blasses Gesicht auf. Mit einem typisch mütterlichen Blick, besorgt und zugleich streng, sah sie auf ihn herab und fragte leise: »Henning?«
Henning wusste nicht, was die Frage bedeuten sollte, aber er nickte. Der Nebel in seinem Hirn lichtete sich ein wenig, nicht zuletzt dank der vertrauten schwarzen Industrielampe über ihm, die er sich erst vor kurzem auf einem Trödelmarkt besorgt hatte. Offensichtlich lag er also auf dem Bett in seinem Zimmer und neben ihm saß Kathi, in der einen Hand die rosafarbene Rührschüssel aus der Küche, in der anderen einen Waschlappen, mit dem sie ihm hin und wieder kühles Wasser auf die Stirn tupfte, als hätte er Fieber. Vermutlich hatte sie das in irgendwelchen Kitschfilmen gesehen. Henning fand das rührend altmodisch. Doch warum tat sie das? Was fehlte ihm denn? Und wie war er überhaupt in sein Zimmer gekommen? Hatte er nicht eben noch mit den Jungs auf dem Balkon gestanden?
»Kathi?«
»Ja?«
»Was ist los? Wie komme ich hierher?«
Mit niedergeschlagenem Blick, als wäre es ihr selbst peinlich, berichtete Kathi mit stockender Stimme, wie er in Connys Zimmer ohnmächtig geworden und auf die Dielen geknallt war. Rick und Malte hätten ihn dann gemeinsam hierhergeschleppt und auf sein Bett gelegt.
»Aber wieso?«, wunderte sich Henning, doch im selben Moment fiel ihm alles ein: Das weißblonde Haar. Das knallrote Top. Wie er Conny wieder zudecken wollte und dabei flüchtig ihren Oberarm berührte. Der mindestens so kalt war wie eine leere Bierflasche. Und wie ihm plötzlich grün vor Augen wurde. Das war dann auch das Letzte, woran er sich erinnerte.
Das Wichtigste aber hatte Kathi ihm verschwiegen.
»Was ist mit Conny?«, fragte Henning heiser und begann aus seinem tiefsten Inneren heraus zu zittern.
»Jetzt erhol dich doch erst mal!«, sagte Kathi, noch immer im Krankenschwesternmodus, was Henning inzwischen auf die Eier ging, schließlich war er wieder bei Bewusstsein. Und schrecklich klar im Kopf.
»Ist sie – tot?«
Kathi nickte mit gesenktem Kopf, so betreten, als wäre sie persönlich schuld an Connys Tod. Einen Gedanken, den Henning im ersten Moment nicht einmal unplausibel fand. Wäre Kathi nicht so ein chronisch farbloser Typ, der wie ein Schatten durchs Leben huschte, sondern beispielsweise ein lateinamerikanisches Temperamentsbündel, hätte sie Conny sicher mehrmals täglich lautstark den Tod an den Hals gewünscht, und zwar in allen möglichen qualvollen Varianten. Und wer weiß, ob es beim Wünschen geblieben wäre.
»Und was passiert nun?«, fragte Henning so sachlich wie möglich. Sein Kopf schmerzte zwar fürchterlich, doch der Restalkohol trübte seinen Verstand angenehm ein und konservierte einen letzten Rest Hoffnung, dass alles vielleicht doch nur ein Albtraum war, aus dem er in den nächsten Sekunden erwachen und erleichtert darüber lachen würde. Am meisten mit Conny. Henning sah ihre blauen Augen vor sich, die fröhlich oder spöttisch in die Welt sahen, die zarten Lachfalten in ihren Augenwinkeln, ihre dichten, dunklen Wimpern, ihre scharf geschwungenen und doch so lebendigen Augenbrauen, ihren kleinen, kompakten Mund, der sich beim Lachen leicht schief verzog, was sie so schön verwegen aussehen ließ. Unmöglich, dass sie nicht mehr am Leben sein sollte.
»Wir haben die Polizei gerufen. Und für dich einen Krankenwagen.«
»Ja. Klar. Danke.«
Dieser Albtraum wollte offenbar kein Ende nehmen, so ausdauernd Kathi seine Stirn auch mit dem feuchtkalten Waschlappen bearbeitete. Nach dieser Behandlung müsste er doch längst aufgewacht sein!
Da Henning zu betäubt zum Sprechen war, drehte er sich einfach zur Wand, weg von Kathi und ihrem nassen Lappen, der sowieso nicht half, und schloss die Augen. Sofort erschien ihm Conny, fegte all seine schweren Gedanken weg und lachte ihn kokett mit roten Lippen an, füllte ein Glas mit etwas Spritzigem und reichte es ihm, schwang ihre runden Hüften in einem anregenden Rhythmus. Dann kam sie auf ihn zu und umarmte ihn nonchalant, als wäre sie bloß eine nette Kletterpflanze, die hin und wieder ein bisschen Halt sucht, und hauchte ihm ins Ohr: »Du bist der Beste!« Mit den meisten Männern redete Conny wie mit Dackeln, doch das störte die wenigsten, denn so war sie eben. Biest, Schlampe, Luder. Dabei aber immer lustig und so sympathisch, dass ihr – bis auf Kathi – niemand böse sein konnte.
Conny, das war Lebenslust pur. Unfassbar, dass sie tot sein sollte.
Plötzlich schreckte Henning hoch, drehte den Kopf wieder zu Kathi und fragte: »Und der Puls? Habt ihr mal nachgeguckt?«
Zunächst war Kathi verwirrt, es dauerte eine Weile, bis sie kapierte, dass Henning sich nach Conny erkundigte. Dann seufzte sie und antwortete ein wenig barsch: »Die ist kalt wie ein Fisch.«
Kathis unterkühlte Art ließ Henning schaudern und zugleich hellwach werden, mehr als es die Tupferei mit dem Waschlappen je vermocht hätte. Er setzte sich im Bett auf und raufte sich sein Haar. Conny, dieses Miststück. Wenn er an sie dachte, drehte sein Kreislauf auf wie der Motor eines Ferraris.
»Ich bin wieder okay. Danke erst mal.«
Henning sprang von seinem Bett auf und lief nervös in seinem Zimmer hin und her wie ein Raubtier im Käfig, während Kathi noch immer auf dem Stuhl klebte und einfach nicht gehen wollte. Schließlich blieb er vor ihr stehen und sah sie eindringlich an.
»Danke, Kathi«, wiederholte er, aber da sie immer noch nicht zu kapieren schien, wurde er deutlicher. »Ich muss jetzt mal allein sein, verstehst du?«
Kathi errötete. Sie sprang nun ebenfalls auf und schob den Stuhl zurück in die Ecke, aus der sie ihn geholt hatte. Dann entschuldigte sie sich sogar, sodass Henning sich nun richtig mies fühlte.
»Hör doch auf. Es ist nichts gegen dich, Kathi, aber ich muss jetzt erst mal meinen Kopf klarkriegen!«
Henning wartete vergeblich auf ein zustimmendes Nicken von Kathi.
Als sie endlich die Tür von außen zugezogen hatte, atmete er auf. Dann sah er sich hektisch in seinem Zimmer um, in dem es nicht ordentlicher aussah als im Rest der Wohnung und das ebenso nach kaltem Rauch stank. Auf seiner alten Truhe entdeckte Henning, zwischen etlichen leeren Bierflaschen, noch eine andere Flasche. Sie war aus weißlichem Glas und an ihrem Hals baumelte ein kleiner weißer Plastikelefant. Mampe Gin aus Berlin. In der Flasche war noch ein guter Rest. Hastig schraubte Henning den roten Deckel auf und nahm einen großen Schluck, der in seinem Rachen brannte.
Als Erstes musste er Connys Bild aus seinem Kopf spülen.
Das war die Hauptsache.
Lange nicht an einem Sonntag im Wedding gewesen, dachte Behm, während sie mit dem Opel die breite, nur mäßig geschäftige Müllerstraße entlangfuhren. An anderen Wochentagen allerdings auch nicht. Wenn Behm ehrlich war, kam er ausschließlich aus beruflichen Gründen in diese Ecke der Stadt. Mal war es eine Messerstecherei in einem Brautmodengeschäft, mal ein erschlagener Obdachloser in Rehberge oder eine Überdosis in einem Keller der Sansibarstraße.
Vermutlich war auch dieser Fall nichts anderes als ein Tod durch Rauschmittel. Eine multiple Vergiftung mit Organversagen, Atem- oder Herzstillstand, wie seine Assistentin Inga Frenzel, die heute auffallend wortkarg war, angedeutet hatte. »Tod nach Party«, hatte sie nur gesagt und dann weiter geschwiegen. Vielleicht also die Überdosis einer gepfuschten oder neuen Droge oder ein tödlicher Mix aus gängigen Betäubungsmitteln und Alkohol. Immer wieder furchtbar, weil die Opfer meist sehr jung waren, oft keine zwanzig, also noch nicht einmal halb so alt wie er.
Behm hoffte, dass er nicht zu sehr nach seinem Joggingversuch roch, und genoss die trübe Stimmung seiner Assistentin Inga Frenzel, die ihm sonst immer ein paar Worte zu viel redete oder gar absurde Wünsche äußerte. So aber konnte er in Ruhe aus dem Fenster gucken und die Gegend bestaunen als wäre er ein Tourist aus München, Hamburg oder Mitte.
Die Müllerstraße erschien ihm als ein Konglomerat diverser Gegensätze, aus alten und neuen Häusern, hohen wie niedrigen, in deren Erdgeschossen sich verstaubte oder moderne Geschäfte befanden, türkische wie deutsche. Das Rathaus Wedding zur linken Seite gab sich schlicht und schnörkellos wie ein altes Fabrikgebäude. Im Vorbeifahren registrierte Behm unter anderem ein Divan-Frühstückshaus, einen Bolu-Halal-Lebensmittelmarkt sowie derart viele Imbissbuden, dass ihm das Wasser im Munde zusammenlief. Doch schon bald vergaß Behm seinen Appetit, denn er ärgerte sich über die Fußgänger, die hier noch konsequenter als andernorts die Ampeln ignorierten und die vierspurige Straße einfach dort überquerten, wo es ihnen gerade beliebte. Das nervte Behm so sehr, als säße er eigenhändig hinterm Steuer.
Zwischen Ungarn- und Türkenstraße bog Inga von der Müllerstraße rechts in die Bulgarenstraße ab, eine kleine Straße mit Ausblick auf einen Park. Auf der linken Seite, vor einem Trödelladen, fand sie sogleich eine prächtige Parklücke.
Während Behm und seine Assistentin synchron zu beiden Seiten aus dem Opel stiegen, klingelte Ingas Handy. Umgehend, als hätte sie darauf gewartet, presste sie ihr Smartphone ans Ohr und war drei Sekunden später mitten auf dieser beschaulichen Straße in einen lautstarken Streit verwickelt, den Behm auf dem Gehweg geduldig abwartete, während er den Inhalt des Schaufensters studierte. Er entdeckte angestaubte Glaskaraffen, ein ramponiertes Schränkchen mit kitschigen Intarsien, darüber eine Gasmaske, diverse Abzeichen und Medaillen, bis Inga ihn plötzlich am Ärmel seines T-Shirts zupfte. Ihr sonst so fröhlich vom Kopf abstehendes rotblondes Strubbelhaar hing schlaff herab und umrahmte ein trauriges Gesicht, in dem die kecke Stupsnase heute seltsam deplatziert wirkte.
»Ich muss weg, Behm. Dringend was klären.«
»Natürlich«, antwortete er rasch. Was sollte er auch anderes sagen, so wie sie aussah. Nachfragen könnte er jetzt noch, was los sei, müsste es vielleicht sogar, allein schon, weil ihn als ihr Chef zu interessieren hätte, warum sie während eines Einsatzes so dringend weg musste. Behm aber schwieg.
»Kann ich den Wagen haben?«
»Na klar.«
Inga bedankte sich kurz und versprach immerhin, ihn hier wieder abzuholen. Im Nu hatte sie ausgeparkt, noch zackiger als sonst, und gab kräftig Gas. Im nächsten Augenblick aber quietschten die Bremsen. lnga öffnete das Fenster und rief ihrem Chef zu: »Nummer zwölf, Schreiber und Hartmann!«
Dann sauste sie davon. Behm, der noch immer reglos auf dem Gehweg vor dem Trödelladen stand und ihr verdutzt nachblickte, war nun doch ein wenig neugierig. Aber er hatte jetzt wirklich keine Zeit, sich den Kopf über Ingas private Probleme zu zerbrechen. Bestimmt wurde er schon dringend erwartet, dachte Behm, als er auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinter dem Streifenwagen den silbernen Transporter mit den verdunkelten Scheiben entdeckte, der ihm jedes Mal aufs Neue einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.
Behm ging rüber zur Nummer zwölf und guckte an der Hauswand des Altbaus empor. Mit Erdgeschoss zählte er fünf Stockwerke. Dann drückte er die Klingel neben dem Schild Schreiber/Hartmann. Ohne dass er auch nur seinen Namen zu nennen brauchte, ertönte kurz darauf der Summer und über die Sprechanlage schnarrte die Anweisung: »Ganz oben, fünfter Stock.«
Während Behm die schwere Holztür aufstemmte, wunderte ihn nichts mehr. Sehnsüchtig musterte er im Vorbeigehen die verschlossenen Türen im Erdgeschoss. Die Wohnungen dort unten waren immer billiger als die in den oberen Etagen, weil unbeliebter. Vermutlich sogar aus Angst vor Kriminalität. Dabei kam es Behm vor, als steige das Risiko, ermordet zu werden, mit jedem Stockwerk beträchtlich. Seine Leichen jedenfalls befanden sich meist in den oberen Etagen. Und vorzugweise in Häusern ohne Fahrstuhl wie diesem hier.
Noch immer erschöpft von seinem Dauerlauf nahm Behm schwerfällig Stufe um Stufe. Obwohl die Fenster zum Hof mit bunten Blumenmotiven verziert waren, wirkte das Treppenhaus düster. Die Stufen waren in der Mitte abgenutzt und die Wände vermutlich seit Jahrzehnten nicht gestrichen worden. Vor einigen Wohnungen sah es aus wie in einer Rumpelkammer: Ausgelatschte Schuhe, schmuddeliges Kinderspielzeug, Flaschenkisten und anderer Krempel. Die hohen Holztüren der Wohnungen waren mit Schnitzereien versehen, doch auch dort blätterte massiv die Farbe ab. Saniert wäre dieses Haus sicher eine Perle auf dem Wohnungsmarkt, jedoch für den typischen Bewohner des Wedding, der oft türkischer, arabischer oder afrikanischer Herkunft war, Hartzer oder Student, vermutlich unbezahlbar. Ach was, dachte Behm, so ein olles, halbkaputtes Treppenhaus hatte doch auch Charme und war sicher mehr Berlin als Potsdamer Platz und Siegessäule zusammen.
Auf dem letzten Treppenabsatz machte Behm halt, um sich mit seinem Stofftaschentuch die schweißüberströmte Stirn abzuwischen, was ihm immer Erleichterung verschaffte, wenn er vor Aufregung oder Anstrengung schwitzte. Und im Moment litt er unter beidem. Doch bereits beim Griff in seine ausgeleierten Hosentaschen wusste Behm, dass die Suche diesmal vergeblich war, hatte er doch noch immer seine Jogginghose an. Die braun oder grau karierten Leinentaschentücher seines Großvaters trug er jedoch ausschließlich in seinen guten Jeans mit sich herum.
Na, dieser Fall fängt ja besonders vielversprechend an, ärgerte sich Behm, ohne Taschentuch, ohne Inga. Am liebsten hätte er spontan den Rückzug angetreten, die Treppe runter und einfach weg. Ein verführerischer Gedanke, den er jedoch niemals in die Tat umsetzen würde, denn dazu war er erstens zu feige und zweitens liebte er seinen Beruf ziemlich, auch wenn ihm der Trubel am Tatort selten behagte. Und der würde diesmal besonders heftig ausfallen, da dem plötzlichen Todesfall, wie Inga angedeutet hatte, eine Partynacht vorausgegangen war – in einer Wohngemeinschaft.
Als Behm sich weiterbewegen wollte, den vermutlich letzten Treppenabsatz vor Augen, versperrte ihm ein dürrer, fix und fertig aussehender Jüngling in einer abgewetzten Lederjacke den Weg und fragte: »He, Alter, was geht denn hier ab? Ich kann gar nicht mehr pennen!«
Erst jetzt entdeckte Behm die alte Decke vor einer Wohnungstür eine halbe Treppe tiefer, unter der dieser Bursche gesteckt haben musste. Dieser junge Mann könnte ein Zeuge sein, allerdings wirkte er so zugedröhnt, dass er von ihm kaum brauchbare Informationen erhalten würde. Also quetschte sich Behm seitlich an dem kaputten Jungen vorbei und trat die Flucht nach vorn an. Schnaufend ackerte er sich die restlichen Stufen empor und klingelte erschöpft bei Schreiber/Hartmann, die ein für dieses Haus ungewöhnlich ordentliches Klingelschild besaßen. Das fiel ihm gerade noch auf, als auch schon die Tür aufgerissen wurde und den Blick auf den dicht bevölkerten Flur freigab, als würde dort eine Party aus Rettungskräften, Polizisten, WG-Bewohnern und späten Gästen stattfinden. Dazwischen entdeckte Behm die seriös gekleideten Mitarbeiter der Gerichtsmedizin, ihre Sackkarre mit dem dunkelblauen Leichensack stand dezent in einer Ecke. Die Stimmung aber war aufgekratzt, alle redeten miteinander oder vor sich hin und es fehlten eigentlich nur noch die Bierflaschen in der Hand.
»Hauptkommissar Behm, auch schon da!«
Mit diesen Worten begrüßte ihn Polizeiwachtmeister Spiller, ein sehr engagierter junger Mann, der dauernd überall im Einsatz zu sein schien. Behm muffelte etwas zurück, das entfernt an eine Begrüßung erinnerte, und betrat endlich die nach kaltem Rauch und Bierpfützen riechende Wohnung.
Mit einem üppig gefüllten Tablett in den schmalen Händen und einem Lächeln auf den dunkelroten Lippen betrat Valeska Zielinski den Schlafsalon ihres Chefs, als würde sie einen Catwalk entlangschreiten. Dabei trug sie lediglich einen rot-schwarzen Spitzenunterrock und nichts darunter.
»Frrrühstück!«
Als Erstes starrte wieder dieser Che sie an, an seiner Zigarre nuckelnd. Wie eine Heiligenikone hing sein Poster über dem riesigen Bett, wo normale Menschen nackte Frauen oder – wie zuhause in Polen – reizvolle Landschaften zu hängen hatten. Valeska war überaus tolerant und hart im Nehmen, sonst könnte sie, die gelernte Chemielaborantin, kaum als Haushaltshilfe beziehungsweise Putzfrau arbeiten. Das Bild von Che aber strapazierte Valeskas Nerven, und hätte sie hier je etwas zu sagen, würde es sofforrt im Papierkorb landen, gleich neben diesem ominösen kleinen Zettel, den sie vorhin beim Aufstehen vor dem Bett gefunden hatte. Unbedingt. Die Revolution war vorbei und das war gut so. Verherrlichen konnten den Kommunismus nur jene, die nie in ihm hatten leben müssen.
Mit etwas viel Schwung, sodass es ordentlich schepperte, stellte Valeska das Tablett auf dem kleinen Glastisch neben dem Bett ab, verärgert darüber, dass Wolf ihren sexy Auftritt verschlafen hatte. Jetzt immerhin bewegte er sich ein wenig.
»Frrrühstück!«, säuselte Valeska erneut, obwohl längst Abendbrotzeit war. Dann hob sie die graukarierte Bettdecke hoch und kroch darunter. Angewidert erinnerte sie sich daran, dass Conny dieselbe Decke hatte. Von Wolf persönlich gekauft. Weil Connys billige Bettbezüge seinen altersschwachen Luxuskörper zu zerkratzen drohten.
»Wolf, was ist los?«
Wolf kam allmählich zu sich, stützte sich auf die Ellbogen und grinste verschlafen in die Welt. In solchen Momenten, wenn er aussah wie ein frecher kleiner Junge, liebte Valeska ihren Chef sogar ein bisschen. Aber auch sonst mochte sie ihn gut leiden. Denn Wolf-Dieter König war nicht nur ein Charmeur der alten Schule, der wusste, wie man mit Frauen umging, er war außerdem eine gute Partie. Eine serr gutte! Da brauchte man sich nur mal flüchtig in dieser Dachgeschosswohnung umzugucken, die zwar spartanisch eingerichtet – mit wenigen Möbeln aus Bambus statt aus Holz und Bastmatten statt Teppichen, – aber sowohl geräumig als auch zentral gelegen war, in Alt-Mitte nämlich, mit einem so unglaublichen Blick auf den Fernsehturm, dass sie nur teuer sein konnte. Und überhaupt lebte Wolf König auf großem Fuß. Jeden einzelnen Tag.
»Wann bist du gekommen?«, fragte Valeska in strengem Ton, als wäre sie bereits seit zwanzig Jahren mit Wolf verheiratet, und kuschelte sich an seinen Körper, der zwar schon fast sechzig Jahre alt, aber immer noch überraschend knackig war. Es gab jüngere Männer, und zwar nicht wenige, die wesentlich schlaffer um Hüften und Schenkel waren. Nur der Hintern geriet allmählich außer Form. Schade eigentlich, aber kein Problem.
»Keine Ahnung, Valeska, wirklich.«
Wolf sah seine Putzfrau schuldbewusst an und ergötzte sich an ihrem Anblick. Wie hingegossen lag sie neben ihm auf dem Bett, der rot-schwarze Fummel bedeckte nur spärlich ihr zartes weißes Fleisch, den Kopf hatte sie kokett auf den Arm gestützt, den üppigen Busen vorgestreckt, sodass sich Wolf mehr auf den Nachtisch freute als auf das Frühstück selbst.
Valeska aber sann darüber nach, ob sie Wolf von diesem abgerissenen Typen mit dem ausgeblichenem grünen Jever-Basecap erzählen sollte, der, als sie mitten in der Nacht heimgekommen war, schon wieder unten an den Briefkästen herumgelungert und sie diesmal sogar unverschämt angeglotzt hatte. Sie fragte sich, wie so ein Gesindel ins Haus hineinkam, obwohl die Tür eigentlich immer abgeschlossen war.
»Das war doch mal eine gelungene Party. Endlich kommt ein bisschen Schwung in die lahme Bude!«
Während Wolf heiser vor sich hin kicherte, seufzte Valeska. So gern auch sie auf Feiern ging, seit sie als Putzfrau schuften musste – wenn auch nur stundenweise – konnte sie nicht anders, als jedes zerbrochene oder auch nur umgekippte Glas zu registrieren. Sie entdeckte Kartoffelchips auf dem Sofa, die von sitzenden Hintern in viele Krümel zerbröselt, oder Nudeln auf dem Boden, die von schmutzigen Schuhen plattgelatscht werden würden. So ausgelassen fröhlich die Leute um sie herum auch sein mochten – die meisten von ihnen hätte sie unter anderen Umständen vermutlich sympathisch gefunden – Valeska sah auf solchen Feten in allen Anwesenden nur noch potenzielle Schmutzfinken.
»Es war ekelhaft«, gestand Valeska. »Ich bin gegangen um drei, als Rick hat so furchtbar gesungen bei Karaoke und dabei seine Flasche umgekippt! Und du wieder hast mit Conny geredet!«
Wolf riss beide Hände hoch, um seine Unschuld zu beteuern.
»Nur geredet, ehrlich! Ich musste noch was mit ihr klären.«
Wolfs Gesicht verdüsterte sich. Wie um sich abzulenken, roch er an seinen Achseln und verzog das Gesicht.
»Ich stinke.«
Valeska lachte und begann, gierig an ihm zu schnüffeln.
»Wie alter Elch.«
Wolf verzog das Gesicht, und Valeska, die seine Eitelkeit kannte, korrigierte sich sofort.
»Wie blutjunger Elchbulle!«
»Schon besser, du zartes Lamm.«
Sie fielen einander in die Arme und ihre leidenschaftlichen Küsse gingen bald über in eine wilde Beißerei. Valeska stöhnte auf. Da war er wieder, dieser magische Moment, dem sich beide ergaben. So eigenwillig und eigensüchtig jeder für sich auch sein mochte, gehörten sie doch zusammen. Vielleicht gerade deshalb. Aus selbem Holz, dachte Valeska oft.
»Ist es wirklich aus mit Conny?«, fragte Valeska misstrauisch, als sie sich wieder beruhigt und voneinander abgelassen hatten. Die Antwort auf diese Frage konnte sie nämlich nicht oft genug hören. Zumal sie vorhin, als sie aus dem Bett gestiegen war, diesen Zettel neben Wolfs Hose gefunden hatte. Ein Herz und eine Uhrzeit waren darauf gekrakelt. Aber der musste ja nicht unbedingt von Conny stammen. Und alle anderen jungen Damen waren für Valeska gewöhnlich kein Problem.
»Ja doch«, knurrte Wolf und drehte sich weg, hin zum übergroßen Fenster, wo die silberne Kugel des Fernsehturms ihm die freie Sicht in den leuchtend blauen Himmel versperrte. So allerdings hatte er das noch nie gesehen. Immer hatte er Gefallen an diesem futuristisch anmutenden Gebilde aus den Sechzigern gefunden. Wurde er etwa alt?
Als Wolf sich von ihr abwandte, wälzte sich Valeska auf den Rücken und starrte die modernen Stuckimitate an der hohen Decke an, an denen sie sich sonst immer erfreut hatte. Die aber irgendwie doch nicht hierher passten, wie sie nun bemerkte. Etwa so wie sie selbst?
All die Köstlichkeiten auf dem Tischchen neben dem Bett – frischer Blutorangensaft, weichgekochte Eier, Lachsbrötchen mit Kaviar, Obstsalat mit Naturjoghurt – blieben vorerst unangetastet. Ebenso ihre Handys, die abwechselnd klingelten. Keiner von beiden hatte Lust aufzustehen.
Sie waren halt wirklich »aus selbem Holz«.
Ungelenk wie immer stülpte sich Behm die blauen Plastiktüten über seine Schuhe, bevor er das Zimmer der Toten betrat. Es hatte Überlegungen gegeben, die ganze Wohnung absperren zu lassen, doch das hielt Weinert von der Spurensicherung nach Begehung aller Zimmer für unnötig. Seiner maßgeblichen Meinung nach war der Fundort der Leiche zugleich der Tatort, sofern es überhaupt eine »Tat« gegeben hatte. Und wer mochte schon hundertzwanzig mit Zigarettenkippen, Essensresten und Bierlachen versiffte Quadratmeter vergeblich nach Spuren absuchen? Dann lieber nur zwanzig.
Bevor Behm zu dem Bett hinüberging, auf dem die Tote lag, sah er sich systematisch im Zimmer um.
»Fotos sind schon im Kasten«, hörte er neben sich die Stimme von Dr. Lehmann. Auch das noch. Behm hatte den alten Gerichtsmediziner völlig übersehen, begrüßte ihn nun kurz und hielt sich prophylaktisch den rechten Zeigefinger vor den Mund. Für einen Moment wollte er absolute Ruhe haben, um ein paar Eindrücke aufzunehmen.
Das Zimmer der Toten war – wenn man einmal vom Partysiff absah – auf sympathische Weise chaotisch. Auf dem kleinen Schreibtisch, der offensichtlich zu einer Bar umfunktioniert und mit lauter Schnapsflaschen bestückt worden war, lag ein schwarzer Männerhut, wie ihn heutzutage auch junge Frauen tragen. Aus einem halb geöffneten Kleiderschrank quollen bunte Klamotten. Überall im Zimmer gab es etwas zu entdecken. Eine bunte Plüschblume mit lachendem Gesicht in einer Bodenvase, auf dem kleinen Sofa eine Gitarre, deren leuchtendes Dunkelrot fast mit dem der seltsamen Deckenleuchte aus Kunststoff identisch war, und über die ganze Wand gegenüber dem Bett waren kreuz und quer Fotos gepinnt. Als Behm nähertrat, blickte er in sympathische junge Gesichter, Freunde und Bekannte vermutlich, darunter mindestens drei Bilder, die von einer blondgelockten Kindheit der Toten zeugten.
Behm wandte sich um und studierte die andere Seite des Zimmers. Das große Bett mit seinem weißen, verschnörkelten Metallgestell passte gut zum mädchenhaft verspielten Ambiente des Raums. Darüber hing das Schwarzweißposter einer Sängerin, ebenfalls mit schwarzem Hut und Klampfe in der Hand, vermutlich das Idol der Toten. Noch bis letzte Nacht schien hier in diesem Raum, so Behms erster Eindruck, eine leidenschaftliche junge Frau gelebt zu haben.
Behm sah Wachtmeister Spiller fragend an, der schwieg jedoch und blickte hinüber zu Dr. Lehmann, dem er das Reden gern überließ. Der wiederum sprudelte sofort los wie ein Springbrunnen unter hohem Wasserdruck: Er habe die Leiche zunächst nur oberflächlich untersucht, ohne viel zu verändern, damit sich der Herr Hauptkommissar noch den obligatorischen ersten Eindruck vom möglichen Tatort verschaffen könne, also auch von der Lage der Toten … Als Behm ungeduldig nickte, berichtete er umgehend weiter.
»Die Gesichtsmuskeln reagieren nur noch sehr schwach auf Strom, die Frau ist also definitiv länger als sieben Stunden tot. Nach der Körpertemperatur zu schließen jedoch auf keinen Fall länger als neun Stunden. Der Zeitpunkt des Todes liegt also vermutlich zwischen acht und zehn Uhr morgens. Doch das wird natürlich alles noch genauestens überprüft und konkretisiert.«
Behm nickte, ärgerte sich jedoch darüber, dass Lehmann ihn in seinem Übereifer mit solch technischen Details wie Gesichtsmuskeln und Körpertemperatur überfiel, noch bevor er die Identität der Toten kannte.
»Vielleicht könnte ich ja erst mal gesagt bekommen, wer die Tote ist. Und wer sie gefunden hat. Das alles.«
Dr. Lehmann zog sich beleidigt zurück und überließ Wachtmeister Spiller das Feld, der umgehend sein iPhone zückte und dort die Fakten ablas: »Die Tote heißt Conny Weber und ist sechsundzwanzig Jahre alt. Nach Aussagen ihrer Mitbewohner stammt sie aus Cottbus, studiert irgendwas mit Musik und jobbt nebenbei.«
Lehmann verdrehte maximal die Augen, unterließ es aber, den jungen Mann wegen der falschen Zeitform zu kritisieren, sondern wandte sich an Behm und erklärte ihm ausführlich, wie die vier anderen WG-Bewohner am Nachmittag dieses Zimmer durchquert hatten, das den einzigen Zugang zum Balkon bot, und dass erst gegen halb fünf einer von ihnen dabei eher zufällig den Tod der jungen Frau entdeckt hatte. Dieser Mitbewohner war vor Schreck bewusstlos geworden, was auch der Grund für die Anwesenheit der Rettungssanitäter war.
»Und wie geht es ihm jetzt?«
»Er ist wieder bei Sinnen«, antwortete Lehmann. »Sogar vernehmungsfähig, würde ich meinen.«
»Er heißt Henning Rath, stammt aus Tübingen und ist Student der Geschichtswissenschaften«, ergänzte Spiller, der noch immer sein Handy in der Hand hielt.
Eine Studenten-WG also, dachte Behm und seufzte. Obwohl er selbst vor vielen Jahren einige Semester Kriminalistik studiert hatte, war ihm dieses Studentenmilieu mit seinem speziellen Jargon, seinen Diskussionsrunden und Feten so fremd geblieben wie die Psyche einer Frau.
»Da hier letzte Nacht eine Feier stattfand, wie man unschwer erkennen kann«, schaltete sich Dr. Lehmann wieder ein, doch der junge Wachtmeister unterbrach ihn aufgeregt: »Bei der es übrigens gegen zwei Uhr nachts zu einem Polizeieinsatz kam! Wegen Ruhestörung, wie mir Kollege Wenske …«
Unter den tadelnden Blicken des alten Mediziners verstummte der junge Wachtmeister sofort, sodass dieser weiterreden konnte.