Für Christina, Maren, Lena und Alva

Inhalt

Vorwort

Aus dem Nähkästchen

2002

Nicht mal Rabenmütter sparen beim Nestbau!

Die Aussätzigen im Babyraum

Frauen lieben Fußball

Wo ist denn der Urlaub?

2003

Es geht los!

Hemmungslos männlich

Tim Gerlinde

Hol den Staubsauger

2004

Rooming-in

Freudiges Glucksen

Fernsehschlaf

Bakterienhimmel

2005

Nicht immer nur spucken!

Naturvölker

Kinder braucht das Land

Vom Kindergarten zur Anti-Terror-Truppe

2006

Schwedenurlaub

Baumarkt-Muffel

Die Lebensmitte ist noch weit weg

Robbie Williams und ich

2007

Das Camping-Gen

Die Sittenwächter aus dem Kinderzimmer

Klein-Ida wird Fußballer

Trauern in Königsblau

Vom Tourmalet nach Alpe d’Huez

Das Quintett »Billy oder Ivar?«

2008

Und ewig grüßt der Flohwalzer

Gedächtnisverlust nach der Babypause

Eltern-Olympiade

In Elternzeit

Nachwuchs für Jogi: Die Wahrheit liegt auf dem Platz

Weinerlich, aber kraftvoll: Männer auf Mammutjagd

Das Wunderkind: Sie steht!

Das Kamikaze-Baby

Strohwitwer: Freiheit und Sehnsucht

Jongleure am Herd

Alle drei zu Hause: Horrorspiele und geschlossene Türen

Krisenbilanz: Einsame Hausmänner und Sisyphos

Alva und die Griechen

»Frau Klenk, bitte!«

Die drittschrecklichste Fahrt

David und Jonathan in unserem Aquarium

Alles muss komplett sein!

Wie Alva zum Mama-Kind wurde

Die Null steht!

2009

Der ewige St. Martin

Pädagogisch wertvoll

Nichts gegen Verehrer aus gutem Hause

Gnade der späten Geburt

Die Streitschlichter auf der Rückbank

Maren rettet die Tierwelt

2010

Und wo bleibt Maren?

Einschlafrituale mit einem Freak

Schwerelosigkeit in der Wellblechhütte

Der PR-Hausmann

Ein dreijähriger Hippie

Unser wahres Ich heißt Iwona!

2011

Der Kommunikator

Rasende Mädchen

Das ewige Kleinkind

Mehr Mädchen geht nicht

Wenn Bildung scheitert

Kampf der Giganten

2012

Demütigung auf dem Spielplatz

Alles wird gut

Die dunkle Seite der Macht

Mitbringtag

Jeder darf mal!

Mehr Zeit mit Papa

Die Leiden der Familie K.

2013

Das organisierte Kind

Häusliche Männer

»Du bist der Praktikant!«

Wo ist der Haken?

Der gute Ehemann ist Fußballfan

»Ihh, was ist das denn?«

Vorwort

Ich erinnere mich genau: Als Maren, die älteste Tochter von Christof und Christina, geboren wurde, lag ich gerade im Krankenhaus. Zwei Jahre waren Klenks da in Witten, zwei Jahre arbeitete Christof damals als Redakteur in unserem Verlagshaus. Zum ersten Mal sah ich Maren in einer Klinik in Hagen. Da wusste ich, es war passiert: Familie Klenk war zu dritt – und in die Kinderphase gestartet.

Zwei Jahre später wurde Christof mein Kollege in der family-Redaktion; wir begannen unsere Arbeit an family gemeinsam an dem Samstag im Jahr 2001, an dem Schalke fast Deutscher Fußballmeister geworden wäre. Seitdem versuchen wir, ein Magazin zu produzieren, in dem unsere Begeisterung für unsere Ehe, unsere Kinder und unsere Art zu leben erkennbar wird. (Unsere Art zu leben heißt: Papa, Mama und drei Töchter, denn wie Klenks haben auch wir das Glück eines Drei-Mädel-Hauses.)

Seit diesen Anfängen schreibt Christof regelmäßig über sich, seine Frau Christina und seine wachsende Zahl an Töchtern. Über Erfolge, Tiefpunkte, kleine Auseinandersetzungen, pädagogische Leistungen und Missgriffe, Tricks und Einsichten. In Echtzeit entwickelte sich die wahre Geschichte der Familie Klenk. Aus dem Kleinkind von 2001 ist natürlich längst eine Teenagerin geworden. Ihre Schwestern sind im Lauf der Jahre dazugekommen, Kinderkrankheiten, Schulerlebnisse, Musikschulversuche, Tischgespräche …

Eines haben alle Beiträge gemeinsam: Sie sind immer ehrlich (gut, gelegentlich etwas pointiert übertrieben), immer humorig und immer wieder den Satz erzwingend: »Ja, genau so ist es!« Zumindest alle Töchterväter haben sich bei Christof wiedergefunden.

»Wer family einige Jahre gelesen hat, bekommt das Gefühl, die Familie Klenk persönlich zu kennen.« Das hören wir gelegentlich von unseren Stamm-Lesern. Und tatsächlich ist die Begeisterung ungebrochen. In zehn Jahren gab es keinen einzigen kritischen Leserbrief, sondern nur Begeisterung für die Kolumne.

Die Erlebnisse von Christof in kleinteiliger, ehrlicher und immer humoriger Form zu lesen, war schon ein Vergnügen. Jetzt die ganze Geschichte in einem Buch zu haben, empfinde ich als echtes Geschenk. Es bekommt im Regal einen Platz ganz vorn.

Im Herbst 2013

Martin Gundlach

Chefredakteur von family

Aus dem Nähkästchen

Es ist großartig, jetzt das Buch mit all den Geschichten aus unserer Familie vorliegen zu haben. Vieles, was da drinsteht, war mir nicht mehr bewusst, hatte ich verdrängt oder anders in Erinnerung. Vieles hat sich seit den Anfängen verändert. Als ich die erste Kolumne schrieb, war meine Frau mit unserem zweiten Kind schwanger. Jetzt ist dieses Kind, Lena, elf Jahre alt und geht auf die weiterführende Schule. Besonders spannend ist es für mich, dass sich vieles schon sehr früh angedeutet hat, was heute in voller Blüte zu sehen ist. Dass Alva ein Nachtmensch ist und ein Morgenmuffel, das war Thema in den Kolumnen und hat sich bestätigt. Mittlerweile ist sie sechs Jahre alt. Wir bringen sie um acht ins Bett, wie sich das gehört für ein Kind ihres Alters, doch wir wissen, dass sie vor zehn kaum Anzeichen von Müdigkeit zeigen wird. Meistens singt sie, tanzt, hört CD, spielt mit den Filly Pferden und schaut sich Bücher an. Neulich bin ich nach Mitternacht nach Hause gekommen. Die ganze Wohnung war dunkel. Meine Frau war längst zu Bett gegangen. Nur bei unserer Jüngsten brannte noch Licht. Auch sie schlief bereits, aber wahrscheinlich noch nicht lange, sonst hätte meine Frau bei ihr das Licht ausgemacht. Auch Lenas Willenskraft und Marens Musikalität haben sich schon sehr früh angedeutet. Es ist wirklich erstaunlich: Kinder kommen komplett auf die Welt. Vieles wird größer oder wird verfeinert, aber eigentlich können wir Eltern nichts mehr hinzufügen, was nicht schon angelegt wäre.

Prima, dass ich durch die Tätigkeit für family gezwungen war und bin, Erlebnisse aus dem Familienleben festzuhalten. Dadurch ist eine kleine Chronik mit netten Erinnerungen entstanden. Die eine oder andere werde ich meinen Töchtern bei ihren Hochzeitsfeiern einmal vorlesen, das habe ich mir schon vorgenommen. Hätte es keine Abgabetermine gegeben, wäre vieles schon in Vergessenheit geraten und niemals aufgeschrieben worden. Aber die Abgabetermine waren nicht die eigentliche Triebfeder, sondern das offenbar stetig wachsende Interesse der Leser. Zahlreiche Rückmeldungen haben mich im Lauf der Jahre erreicht, ermutigt und motiviert, weiterzuschreiben. Viele haben ihren eigenen Familienalltag in unserem wiedererkannt, haben sich amüsiert, haben mitverfolgt, wie sich vieles bei uns entwickelt hat, und zum Ausdruck gebracht, dass sie Spaß an den Kolumnen hatten. Vielen Dank dafür!

Es gibt aber auch Schattenseiten bei dieser Tätigkeit. Die will ich hier nicht verschweigen. Freunde rufen uns nicht an, weil sie den Eindruck haben, dass sie »in family alles Wichtige über uns erfahren«. Man selbst fängt an, im eigenen Alltag ständig nach Verwertbarem zu suchen: »Netter Satz von Alva, lässt sich das mit einem Urlaubserlebnis verbinden? Ist das witzig genug?« Man steht in der Gefahr, das eigene Leben nur noch als Ideenpool zu sehen. Schönen Erlebnissen, die aus irgendeinem Grund nicht verwertbar sind, haftet ein Makel an. Verwertbare Situationen kann man gar nicht mehr so richtig erleben, weil man innerlich mitprotokolliert: »Das war ein guter Satz von Lena, könnte ich das noch irgendwie zuspitzen?«

Noch schlimmer ist, dass sich Kollegen, Freunde, Bekannte und Familienangehörige plötzlich ungefragt um Ideen kümmern. Man sitzt gemütlich beieinander, erzählt sich schöne Anekdoten und lacht und schon ruft jemand: »Wäre das nicht Stoff für deine Kolumne?«

Ich bin jedenfalls gespannt, wie lange ich das noch machen kann. Als ich anfing, gab es nur eine kritische Leserin aus dem Familienkreis, die mein Geschriebenes absegnen wollte: meine Frau. Maren dagegen fand es damals nett, wenn sie sich auf dem Bild wiedererkannt hat, für family hat sie sich ansonsten nicht interessiert. Jetzt ist Maren 14. In der Pubertät wird vieles peinlich, vor allem die eigenen Eltern und das, was sie so sagen und schreiben. Eine Freundin von Maren hat neulich bei Facebook gepostet: »Bin ich froh, dass mein Papa keine Kolumnen in family schreibt.«

Heute sind es schon drei kritische Leserinnen, die vor Drucklegung wissen wollen, was da über sie erscheinen wird, und darauf achtgeben, dass sie im richtigen Licht erscheinen. Bald wird auch Alva mitreden wollen. Ob nach diesem Zensurvorgang am Ende noch etwas übrig bleibt?

Ich hoffe jedenfalls, dass Sie, liebe Leserin und lieber Leser, an den Kolumnen, die ich hier veröffentlichen darf, ähnlich viel Spaß und Freude haben wie ich selbst.

Witten, im Sommer 2013

Christof Klenk

2002

Nicht mal Rabenmütter sparen beim Nestbau!

Gibt es Ehemänner von schwangeren Frauen, die sich nicht darüber wundern, dass das Gehalt zur Monatsmitte bereits komplett aufgebraucht ist? Denen kann ich hier ein bisher wohlbehütetes Geheimnis verraten: Das Geld landet bei einem Möbelhändler aus Schweden!

Besuchen Sie mal eine dieser Filialen an einem ganz normalen Wochentag. Schon morgens um zehn ist das Restaurant überfüllt. Zählen Sie die schwangeren Frauen, während Sie sich durchs Labyrinth des Möbelhauses quälen. Sie werden sich hinterher fragen, was die Diskussion über das Aussterben der Deutschen soll. Die Welt besteht doch eigentlich nur aus Schwangeren!

Was tun die werdenden Mütter beim Hersteller von Ivar, Billy und Högmo? Das für sie einzig Wichtige (Richtige?): Sie wollen ein Nest bauen für ihr Kind. Auf den Kontostand können sie dabei keinerlei Rücksicht nehmen. Nicht mal Rabenmütter sparen beim Nestbau!

Bei uns ist die Schwangerschaft schon seit zwei Jahren vorbei, aber der Nestbau ist leider noch immer nicht abgeschlossen. Eine Wickelkommode, ein Kinderbettchen oder einen Hochstuhl haben wir schon, aber meine Frau sieht immer noch Kaufbedarf.

Gezieltes Einkaufen ist beim skandinavischen »Rundumversorger« leider nicht möglich. Egal was man kaufen will, man muss immer am gesamten Möbelprogramm vorbei. Es gibt keinen direkten Weg zur Kasse. Wenn ich es also geschafft habe, meine Frau durch all die vielen Gänge bis zur Kasse zu ziehen, fangen die Probleme erst richtig an. Plötzlich sind wir nämlich von tausend sinnlosen Kleinigkeiten umringt, die die Lebensqualität unserer Familie offensichtlich immens steigern können – und das für ein paar läppische Euro! Dinge, von denen wir vorher nicht ahnten, dass wir sie brauchen. Zu diesem Zeitpunkt bin ich aber schon so mürbe, dass ich jede Thermoskanne und jedes Taschenlampenset abnicke, in der Hoffnung, zügig rauszukommen.

Wenn ich die pfiffigen Einrichtungsideen mit Unterstützung meiner zweijährigen Tochter zu Hause auspacke, wundere ich mich, in wie viele Einzelteile man ein simples Gewürzregal zerlegen kann. (Die Einrichtungsideen nennen sich vermutlich deshalb »pfiffig«, weil man schon ziemlich clever sein muss, um aus dem Puzzle aus Einzelteilen ein funktionierendes Ganzes herzustellen.)

Noch mal zum Stichwort »Lebensqualität«. Das schwedische Möbelhaus hat unser Leben mit einem Schuhregal bereichert, das jedes Mal zusammenknickt und sein Gleichgewicht verliert, wenn man die Schuhe nicht genau auf die Mitte des Regalbrettes stellt. Wir haben auch eine Personenwaage, die sich grundsätzlich während des Wiegens verstellt. Das Gute daran: Mit jedem Mal Wiegen wird man leichter. Schön, dass unser Kind in einer heilen Welt aufwachsen kann!

1998 sind wir nach Witten gezogen. Einige Monate später hat IKEA eine neue Filiale in der Nähe eröffnet. Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen?

Die Aussätzigen im Babyraum

Wir haben es geschafft – unser Kind geht sonntags in die (betreute!) Krabbelgruppe! Das Beste: Wir müssen nicht mehr im Babyraum sitzen. Die Leidenszeit ist (zumindest vorläufig) vorbei. Das soll kein Plädoyer gegen Babyräume sein. Wahrscheinlich gibt es auf dieser Welt keine bessere Lösung, aber ich will Verständnis und Mitleid bei denen wecken, die nicht wissen, wie es ist, einen Gottesdienst im Babyraum zu verbringen.

In einer Gemeinde gibt es Mitglieder, Besucher, Gäste und Babyraumbesucher. Die Reihenfolge steht für die Hierarchie. Babyraumbesucher sind nicht wirklich Teil der Gemeinde. Natürlich gibt es eine Tonübertragung und dazu – zumindest in vielen Gemeinden – Blickkontakt durch eine Scheibe. Aber die beiden Wahrnehmungen kann man kaum zusammenbringen, denn während durch die Glaswand ein gestochen scharfes Bild zu sehen ist, ist der Ton ein Rauschen, das an Filme aus den 30er-Jahren erinnert. (Manchmal vergessen die Techniker auch einfach, den Gottesdienst in den Babyraum zu übertragen, dann werden die Gespräche im Babyraum umso lauter.) Aber auch wenn die Übertragung läuft: Von Gebetsgemeinschaften ist meist entfernt das Gemurmel beim Amen zu hören. Wenn der Chor singt, hört man ausschließlich die Stimmen der Sänger, die am nächsten beim Mikrofon stehen. Leider sind das nicht immer die besten.

Nimmt man im Babyraum nun am Gottesdienst teil oder nicht? Darüber gibt es recht unterschiedliche Auffassungen. Einige Mütter und Väter sind so ausgehungert nach menschlicher Kommunikation, die über »dadada« und »gagaga« hinausgeht, dass sie sich unbedingt unterhalten müssen. »Der Kleine war heute Nacht drei Stunden wach. Ich bin völlig durch den Wind.« »Unsere hatte gestern viermal Stuhlgang. Einmal hellgrün, einmal eher gelblich und die letzten beiden Male ziemlich fest.«

Das sind die Themen im Babyraum. Andere versuchen währenddessen in der Stille ihre Sünden zu bekennen, von der Herrlichkeit des Herrn zu singen oder sich in die Predigt zu vertiefen. Das gelingt aber nur selten: Wer es schafft, die Gesprächshungrigen zu ignorieren, wird spätestens resignieren, wenn Dennis, Kevin und Nick die Stabilität von Fisher-Price prüfen, indem sie ihr Spielzeug mit Vehemenz und bewundernswerter Ausdauer auf den Boden schlagen.

Spätestens nach zehn Minuten Gottesdienst knurrt allen Kindern der Magen. Jetzt packen Mütter und Väter die mitgebrachten Speisen aus. Alternativ angehauchte Mütter und Väter neigen zu Reiswaffeln. In den ersten Wochen unserer Zeit im Babyraum waren wir so naiv, Butterkekse mitzubringen – ein Anfängerfehler: Die Eltern mit dem schmackhaftesten Angebot sind im Nu umringt von zehn Kindern mit offenen Mündern, die jederzeit bereit sind, ihren Konkurrenten das Essen aus der Hand zu reißen. Das kann einen derartigen Tumult verursachen, dass selbst die tapfersten Gottesdienstteilnehmer im Babyraum den Faden der Predigt verlieren. Zum Glück haben wir es hinter uns. Für immer?

Ich habe auch Väter erlebt, die gerne im Babyraum waren, weil sie sich ein bisschen bewegen während des Gottesdienstes.

Frauen lieben Fußball

Meine Eltern führen eine ziemlich gute Ehe. Sie sind sich in vielen Dingen einig und gehen meist liebevoll miteinander um. Das gilt für die Wochentage Montag bis Freitag und Sonntag, nicht aber für den Samstagabend. Dann nämlich ist Bundesliga angesagt – zumindest für meinen Vater. Meine Mutter hält das für eine vollkommen sinnlose Beschäftigung. Leider kann sie überhaupt nicht nachvollziehen, warum ihr Mann seine dürftig gesäte Freizeit bei einer Tätigkeit verschwendet, die ihn Woche für Woche an den Rand eines Herzinfarkts bringt. (Er ist VfB-Fan, das erklärt manches.)

Es kann zu heftigen Wortgefechten führen, wenn meine Mutter nicht lockerlässt, obwohl oder gerade weil mein Vater kaum antwortet. Denn natürlich kann und will er sich nicht auf das Gespräch konzentrieren. Seit ich denken kann, gab es bei uns diese Auseinandersetzungen.

Natürlich habe ich aus den Fehlern meiner Eltern gelernt, denn ich habe eine Frau geheiratet, die 90 Minuten Fußball am Samstagabend wohlwollend toleriert. Ihre Meinung, ich müsse unsere Tochter auch samstags ins Bett bringen und die Haushaltspflichten müssten erledigt sein, bietet zwar immer wieder Anlass zu Diskussionen, aber ich habe mittlerweile gelernt, meinen Standpunkt ruhig und selbstbewusst vorzutragen. (Ganz wichtig dabei: Ich-Botschaften. »Ich bin verletzt, wütend und traurig, weil ich gerne Fußball …«)

Meistens bringe ich die Kleine einfach in der Werbepause ins Bett. Das Problem liegt an anderer Stelle. Denn ich konnte beim Jawort (vor fast acht Jahren!) nicht ahnen, wie sich die Fußballwelt, meine Fußballwelt entwickeln würde. Samstags, kein Problem. Aber Fußball kommt natürlich auch sonntags. Und in Europapokalwochen noch dienstags, mittwochs und donnerstags.

Zur Rettung meiner Ehe verabscheue ich öffentlich die Zweite Bundesliga, deren montägliche Live-Übertragung ich heroisch meide. Denn ich weiß: Wenn ich mich auch noch für die Spiele der Zweiten Liga begeistern würde, wären wir wahrscheinlich nicht mehr zusammen.

Ganz harte Zeiten sind die Großevents wie Fußballweltmeisterschaften. Meine Frau bringt ja schon kein Verständnis dafür auf, dass ich auch Irland gegen Kamerun sehen will. (Dabei bin ich im Gegensatz zu vielen Gelegenheitsguckern froh über jedes Spiel, bei dem ich mich nicht über die deutsche Nationalmannschaft aufregen muss …)

Immer wieder muss ich dann den Vorwurf hören: »Fußball ist dir wichtiger als ich. Du verbringst viel mehr Zeit mit dem Fußball als mit mir.« So ein Blödsinn. Über die Jahre gesehen (und früher habe ich viele Spiele für sie sausen lassen) lässt sich diese Rechnung nicht halten.

Ich würde jedes Fußballspiel auslassen, um meine Ehe zu retten, wenn es sich nicht gerade um ein WM-Endspiel oder ein Champions-League-Halbfinale handelt. Zumindest auf Freundschaftsspiele könnte ich verzichten. Und auf die Zweite Bundesliga.

Ich fürchte, dass die Fußballbegeisterung bei mir über die Jahre nicht nachgelassen hat. Die Begeisterung für meine Frau allerdings auch nicht.

Wo ist denn der Urlaub?

Es fing damit an, dass wir Maren auf dem Weg zum Reisebüro erklären wollten, wo wir hinfahren. Erwartungsgemäß sagte ihr das Wort »Reisebüro« überhaupt nichts. Also erklärten wir ihr, dass wir »Urlaub kaufen« wollten. Eine Formulierung, bei der sich einem die Nackenhaare aufstellen – und sie erfüllte nicht einmal ihren Zweck! Mit dem Begriff Urlaub wusste unsere Zweijährige nämlich auch nicht so richtig was anzufangen. »Wo ist der Urlaub?«, fragte sie nur ziemlich irritiert. Wir erzählten von Wasser, Sand und Spielplätzen und hatten erst mal Ruhe.

Wir waren schon an unserem Urlaubsort angelangt, da tauchte die Frage dann wieder auf: »Wo ist denn der Urlaub?« »Wir sind doch schon im Urlaub«, antworteten wir. Sie lehnte diese Antwort jedoch mit einem vehementen »Nein, gar nicht!« ab und begann zu weinen.

Offenbar war unser Hotel an der türkischen Riviera nicht das, was sie sich unter Urlaub vorstellte, obwohl es einen wunderschönen Spielplatz zu bieten hatte.

Für uns war es allerdings bis zu diesem Zeitpunkt auch keine Erholung, weil unser Zimmer an einer Einkaufs- und Kneipenstraße lag. Partys bis spät in die Nacht inklusive. Die Alternative war ein Zimmer mit Blick auf eine Baustelle. Wir nahmen diese Möglichkeit aber an, weil dort wenigstens abends kein Lärm war.

Welch glücklicher Schachzug das war, erkannten wir, als wir ins neue Zimmer gezogen waren. Denn hier schien der Urlaub auch für Maren erst richtig loszugehen. Wenn wir in Ruhe ein Buch lesen wollten, öffneten wir einfach die Balkontür und stellten sie ans Geländer. Dort stand sie dann und schaute gebannt den Bauarbeitern zu. Manchmal winkten ihr die Maler zu. Maren winkte zwar nicht zurück, kam dann aber ganz glücklich ins Zimmer gerannt und rief: »Der hat gewinkt!« Besonders beeindruckend waren aber Maschinen, die Lärm machten, und der Trecker, der die Steine abtransportierte. Davon sprach sie noch Wochen danach!

Für unseren nächsten Urlaub brauchen wir weder Meer, Strand noch Berge, aber ein Zimmer mit Baustellenblick wäre gut. Das müsste billig zu kriegen sein. Allerdings brauchen wir dann wohl ein Zimmer für vier Personen.

Auch unsere anderen Kinder hatten mit dem Konzept »Urlaub« Probleme. Mittlerweile verbinden sie damit Camping, einen See und Berge.

2003

Es geht los!

Ich muss dieses Mal ein bisschen jammern. Alle sprechen davon, was eine Gebärende zu leiden und zu leisten hat, aber wer spricht von ihrem Ehemann?

Gut, das Thema Männer und Geburtstrauma wurde in den Medien auch schon breitgetreten. Ich habe gelesen, dass sich manche Frauen zu regelrechten Furien verwandeln, wenn es an die Niederkunft geht. Aber deshalb gleich ein männliches Geburtstrauma zu entwickeln, halte ich für reichlich übertrieben.

Viel bedauernswerter als während der Geburt sind Männer zwischen Geburtstermin und tatsächlicher Geburt. Dass die Ehefrau hochschwanger ist, bekommen die Kollegen irgendwann mit. Wenn dann der Termin näher kommt, können sich Schwangere in den Mutterschutz zurückziehen und notfalls keine Telefonate mehr annehmen. Ihre Männer gehen jedoch weiter zur Arbeit und sind den Fragen der Kollegen schutzlos ausgeliefert. Richtig schlimm wird’s, wenn sich das Kind über Gebühr Zeit lässt. Man muss nur kurz den Arbeitsplatz verlassen – schon brodelt die Gerüchteküche. »Geht’s los?« Kommt der angehende Vater erleichtert vom Klo zurück, blickt er in enttäuschte Gesichter. Versagergefühle stellen sich ein – dabei kann er gar nichts dafür!

Oder doch? In einem Hebammenbuch ist – an die Männer gerichtet – zu lesen: »So, wie Sie das Kind gezeugt haben, können Sie auch die Geburt in Gang setzen.« Mal ganz abgesehen davon, dass beim Zeugungsakt dieser Riesenbauch noch nicht im Weg war, hilft es auch nicht wirklich – zumindest hat das eine Miniumfrage im Bekanntenkreis ergeben. Den ungeborenen Kindern sind die angeblich so wirkungsvollen Prostaglandine vollkommen gleichgültig. Sie machen schon pränatal, was sie wollen.

Was bleibt also den Männern übrig? Sie sind einem vollkommen geheimnisvollen Vorgang hilflos ausgeliefert. Die Frauen können wenigstens in sich hineinhorchen und die Signale des Körpers auswerten. Dem Mann bleibt nichts anderes übrig, als zuzuschauen, wie die Gattin über ihren Bauch streicht und wie sie dabei bedeutungsschwere Laute von sich gibt.

Nachts dasselbe: Man schläft unruhig, ständig bereit. Irgendwann wacht die Gattin auf und streicht sich wieder über den Bauch. Schnell ist auch der nervöse Ehegatte hellwach. »Geht’s los?« »Wehen alle fünf Minuten. Ich nehme mal ein Bad, dann geht’s entweder richtig los oder es hört wieder auf.«

Der Gatte zieht sich an und beginnt schon mal mit der Suche nach dem Autoschlüssel. Doch dann die Entwarnung: »Es hat aufgehört.« An Schlaf ist