Der letzte Mohikaner

James F. Cooper

Der letzte Mohikaner

Roman

Roman

Aus dem Amerikanischen von Leonhard Tafel

FISCHER E-Books

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.
Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.

Inhalt

Impressum

Covergestaltung: bilekjaeger, Stuttgart

Coverillustration: Thomas Cole/Fenimore Art Museum, Cooperstown/Bridgeman Art Library, Berlin

 

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011

 

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ISBN 978-3-10-401205-6

Fußnoten

Ein unübersetzbares Wortspiel mit Mahogany, Mahagonyholz, da ›hog‹ im Englischen Schwein bedeutet. Anm. d. Ü.

Verschmähet mich ob meiner Farbe nicht,

Der schattigen Livrei der glüh’nden Sonn!

WILLIAM SHAKESPEARE

Der Verfasser glaubt, in dem Texte der folgenden Erzählung und den begleitenden Anmerkungen den Schauplatz derselben genügsam beleuchtet, ebenso dem Leser die zum Verständnis der meisten einzelnen Anspielungen erforderliche Belehrung in hinlänglichem Maße gegeben zu haben. Immer aber herrscht noch soviel Dunkelheit in den indianischen Überlieferungen und soviel Verwirrung in den indianischen Namen, dass einige Erläuterungen willkommen sein dürften.

Bei wenig Menschen findet man eine größere Verschiedenheit, wir möchten sagen, größere Widersprüche der Gemütsart, als bei dem eingeborenen Krieger von Nordamerika. Im Kriege ist er unternehmend, prahlerisch, verschmitzt, grausam, rachsüchtig, voll Selbstverleugnung und Aufopferung; im Frieden gerecht, edelmütig, gastfreundlich, bescheiden, abergläubisch und insgeheim keusch. Diese Eigenschaften zeichnen zwar nicht alle in gleichem Grade aus, bilden aber so hervorstechende Züge bei diesen merkwürdigen Völkern, dass man sie charakteristisch nennen darf.

Man ist allgemein der Ansicht, dass die Ureinwohner des amerikanischen Festlands asiatischer Abkunft seien. Viele Tatsachen, sowohl im physischen als im sittlichen Gebiete, bestärken diese Meinung, und nur wenige fallen scheinbar in die entgegengesetzte Waagschale.

Die Farbe des Indianers ist, wie der Verfasser glaubt, ihm eigentümlich; und wenn seine Backenknochen sehr auffallend das Gepräge tartarischen Ursprungs tragen, so ist dies bei den Augen nicht der gleiche Fall. Das Klima dürfte auf erstere großen Einfluss gehabt haben; aber es ist schwer abzusehen, wie es bei den letzteren einen so wesentlichen Unterschied bewirkt haben soll. Die Bildersprache des Indianers ist in Dichtung und Rede morgenländisch: beschränkt, und vielleicht zu ihrem Vorteil beschränkt durch den engeren Kreis seiner praktischen

Sprachforscher, welche viel Zeit auf ihre Studien verwandt haben, behaupten, dass die vielen zahlreichen Stämme, welche früher das Gebiet der Vereinigten Staaten bewohnten, eigentlich nur zwei oder drei Sprachen geredet hätten. Die jetzigen Schwierigkeiten des Verständnisses der Völker untereinander sind nach ihnen in Sprachverderbnis und Mundarten zu suchen. Der Verfasser erinnert sich, der Zusammenkunft zweier Häuptlinge der großen Prärien westlich vom Mississippi beigewohnt zu haben, bei welcher ein Dolmetscher, der beide Sprachen redete, zugegen war. Die Krieger schienen im besten Vernehmen unter sich und sprachen viel miteinander, und doch verstand nach der Versicherung des Dolmetschers keiner ein Wort von dem, was der andere sagte. Sie waren von feindlichen Stämmen, und nur der Einfluss der amerikanischen Regierung hatte sie einander genähert. Merkwürdig ist jedoch, dass eine gemeinsame Politik beide auf denselben Gegenstand führte. Sie forderten sich gegenseitig zum Beistand auf, falls die Wechsel des Krieges die eine oder die andere Partei in die Hände ihrer Feinde brächte. – Welche Bewandtnis es nun auch mit dem Ursprung und dem Genius der indianischen Sprachen haben mag, eine Verschiedenheit in einzelnen Wörtern derselben liegt jetzt außer

Gleich Völkern, die höhere Ansprüche machen dürfen, erzählt auch der amerikanische Indianer die Geschichte seines Stammes oder Geschlechts ganz anders als andere Völker. Er überschätzt gerne seine eigenen Vorzüge und schlägt diejenigen seines Nebenbuhlers oder Feindes geringer an; ein Zug, der vielleicht die mosaische Schöpfungsgeschichte bekräftigen dürfte.

Die Weißen haben durch ihre Verstümmelung der Namen viel dazu beigetragen, die Überlieferungen der Ureinwohner noch mehr zu verdunkeln. So wechselte bei ihnen der Name auf dem Titel dieses Buches bald in Mohicanni, bald in Mohikans oder Mohegans; die letzte Form ist bei den Weißen die gewöhnlichste. Wenn man sich erinnern will, dass die Stämme des Landes, welches der Schauplatz der folgenden Erzählung ist, im Munde der Holländer (die sich zuerst in New York ansiedelten), der Engländer und Franzosen stets wieder anders klangen, und wie sogar die Indianer nicht allein ihren Feinden, sondern auch sich selbst häufig verschiedene Namen gaben, so ist die Verwirrung leicht erklärt.

In den folgenden Blättern werden die Namen Lenni, Lenapen, Delawaren, Wapanachki und Mohikaner von einem und demselben Volke oder von Stämmen desselben Volkes gebraucht. Die Mengwe, die Maquas, die Mingos und die Irokesen, obgleich nicht durchaus identisch, werden von den Sprechern häufig identifiziert, da sie politisch miteinander verbunden und Feinde der vorher genannten Völkerschaften waren. Mingo war ein Hauptschimpfwort, ungleich heftiger als Mengwe und Maqua. Oneida ist der Name eines besonderen und mächtigen Stammes aus diesem Bunde.

Die Mohikaner waren Herren des Landes, welches in diesem Teile des Kontinents von den Europäern zuerst in Besitz genommen wurde. Sie wurden daher auch zuerst vertrieben, und das anscheinend unvermeidliche Los aller dieser Völker, welche den

Über den fraglichen Charakter hat der Verfasser weiter nichts zu sagen, als dass er einen Mann von natürlicher Gutmütigkeit zeichnen soll, welcher den Versuchungen des zivilisierten Lebens entrückt, dennoch die Vorurteile und Lehren desselben nicht ganz vergessen hat: Einen Mann, der an die Sitten und Gewohnheiten des Naturzustandes gewiesen, durch dieses Band mehr gewinnt als verliert, und die Schwächen wie die Vorzüge seiner Lage sowohl als seiner Geburt zutage legt. Der Verfasser wäre vielleicht der Wirklichkeit näher geblieben, wenn er ihn sittlich weniger hochgestellt hätte; aber das Gemälde hätte an Interesse verloren, und die Aufgabe des Romanschreibers ist, dem Ideale der Poesie möglichst nahe zu kommen. Nach diesem

Was die Örtlichkeit anbelangt, so hat der Schauplatz der folgenden Erzählung, seitdem die angedeuteten historischen Ereignisse stattgefunden haben, sich so sowenig verändert, als nur irgendein Distrikt von gleichem Umfang in dem ganzen Gebiete der Vereinigten Staaten. Moderne, gut eingerichtete Badeanstalten finden sich jetzt an der Quelle, wo Falkenauge haltmachte und trank: Straßen durchschneiden die Wälder, wo er und seine Freunde sogar pfadlos wandern mussten. An den Fällen des Glenn liegt ein kleines Dorf, und während William Henry und selbst eine Festung späteren Ursprungs nur noch an Ruinen erkennbar sind, steht eine andere Ortschaft an den Ufern des Horican. Außer diesen Veränderungen hat der Unternehmungsgeist und die Schöpfungskraft des Volkes, welche anderwärts Wunder getan, wenig vollbracht. Die ganze Wildnis, in welcher sich die letzten Ereignisse unserer Geschichte zutragen, ist beinahe immer noch Wildnis, obgleich die Rothäute ganz aus ihr gewichen sind. Von allen hier genannten Stämmen sind dort nur noch wenige halbzivilisierte Oneidas auf dem ihnen in New York vorbehaltenen Landstrich zu treffen. Die übrigen haben entweder die Gebiete ihrer Väter verlassen oder sind ganz von der Erde verschwunden.

Mein Ohr ist offen und mein Herz bereit.

Nur weltlichen Verlust, nicht Schlimmres kannst

Du melden. Sage, ist mein Reich verloren?

WILLIAM SHAKESPEARE

Es war eine Eigentümlichkeit der Kriege, welche in den Kolonien Nordamerikas geführt wurden, dass die Mühseligkeiten und Gefahren der Wildnis zu bestehen waren, ehe noch die feindlichen Heere sich begegnen konnten. Ein breiter Gürtel von scheinbar undurchdringlichen Wäldern trennte die Besitzungen der feindlichen Provinzen von Frankreich und England. Der kühne Pflanzer und der geübte Europäer, der an seiner Seite focht, kämpften oft Monate lang mit reißenden Waldströmen oder suchten raue Gebirgspässe gangbar zu machen, um Gelegenheit zu finden, ihren Mut in mehr kriegerischem Kampfe zu zeigen. Aber wetteifernd mit der Ausdauer und Selbstverleugnung der erfahrenen eingeborenen Krieger lernten sie jede Schwierigkeit überwinden; und es wollte scheinen, dass mit der Zeit kein Winkel in den Waldungen so finster, kein Versteck so abgelegen wäre, in den sie nicht zu dringen wagten, die ihr Blut verpfändet hatten, ihre Rache zu sättigen oder der kalten, selbstsüchtigen Politik entfernter Monarchen Europas Geltung zu verschaffen.

Vielleicht gibt kein Distrikt auf der ganzen Strecke der dazwischen liegenden Grenzen ein lebendigeres Bild von der Grausamkeit und Wildheit der barbarischen Kriege jener Zeiten, als das Land, welches zwischen den Quellen des Hudson und den anstoßenden Seen liegt.

Die Vorteile, die hier die Natur für die Bewegungen der Kämpfenden bot, waren zu augenfällig, um nicht benützt zu werden. Der langgedehnte Wasserspiegel des Champlain erstreckte sich von den Grenzen Kanadas bis tief in die

Unweit seinem südlichen Ende empfängt er die Zuflüsse eines anderen Sees, dessen Wasser so klar sind, dass die Missionare der Jesuiten sie ausschließlich gewählt hatten, um die sinnbildliche Reinigung der Taufe zu vollziehen, was ihm den Namen des Sees du Saint Sacrement gegeben hat. Die minder eifrigen Engländer glaubten seinen klaren Wellen Ehre genug anzutun, wenn sie ihnen den Namen ihres regierenden Fürsten, des zweiten aus dem Hause Hannover, gaben. Beide Völker vereinigten sich aber, den schutzlosen Eigentümern dieser bewaldeten Räume ihr natürliches Recht auf Verewigung seines ursprünglichen Namens Horican zu rauben.

Durch zahllose Eilande sich windend und in Gebirge eingebettet, dehnt sich der Heilige See ein Dutzend Stunden weiter gegen Süden aus. Mit der hoch gelegenen Fläche, welche hier dem Lauf des Wassers entgegentritt, fängt ein Trageplatz von eben so vielen (englischen) Meilen an, der an die Ufer des Hudson auf einen Punkt führt, wo der Fluss über die gewöhnlichen Hemmnisse reißender Strömungen oder Rifts (Risse), wie sie in der dortigen Landessprache heißen, siegt und zur Flutzeit schiffbar wird.

Da rastloser Unternehmungsgeist die Franzosen bei Verfolgung ihrer Eroberungspläne selbst in die entfernten, fast unzugänglichen Schluchten des Alleghanygebirges führte, so lässt sich leicht denken, dass ihr zum Sprichwort gewordener Scharfsinn die natürlichen Vorteile der soeben beschriebenen Landstrecke nicht übersehen konnte. Sie wurde auch wirklich der blutige Schauplatz, auf dem die meisten Schlachten um die Herrschaft in den Kolonien geschlagen wurden. Forts wurden angelegt auf den verschiedenen Punkten, welche die Heerstraßen beherrschten: Wurden genommen und wieder genommen, geschleift und wieder hergestellt, sowie ein Sieg über feindliche Banner erfochten war. Während der Pflanzer sich von den

Wenn auch die Künste des Friedens in diesen unglücklichen Gegenden unbekannt waren, so wimmelten doch seine Wälder von Menschen; die lichten Punkte und Täler ertönten von kriegerischer Musik, und das Echo ihrer Gebirge warf das Gelächter oder das mutwillige Geschrei manches ritterlichen, sorgenlosen Jünglings zurück, der in der vollen Kraft seines jungen Mutes dahineilte, um in die lange Nacht der Vergessenheit hinüberzuschlummern.

Auf diesem Schauplatze des Kampfes und des Blutvergießens trugen sich die Begebnisse zu, welche wir zu schildern versuchen, und zwar im dritten Jahre des Kriegs, welchen England und Frankreich um den Besitz eines Landes führten, das keinem auf die Dauer zuteil werden sollte.

Die Unfähigkeit seiner Heerführer draußen und der unglückliche Mangel an Energie in seinen Beratungen im Innern hatte Großbritannien von der stolzen Höhe, auf die es die Talente und der Unternehmungsgeist seiner früheren Kriegs- und Staatsmänner gebracht hatten, herabgestürzt. Nicht länger von seinen Feinden gefürchtet, verloren seine Diener bald auch das Vertrauen in sich selbst. Bei diesem drückenden Zustand der Erniedrigung waren die Kolonisten, obgleich unschuldig an seiner Schwäche und zu niedrig gestellt, um an solchen Missgriffen Schuld zu haben, die natürlichen Opfer derselben. Sie hatten erst noch gesehen, wie ein auserlesenes Heer aus dem Lande, das sie bisher als Mutter verehrten und für unbesiegbar gehalten, unter den Befehlen eines Führers, der wegen seiner seltenen kriegerischen Verdienste aus einer Schar erfahrener Kriegsmänner auserwählt worden, von einer Handvoll Franzosen und Indianer schimpflich zersprengt worden war und vor völliger

Als daher in dem Fort, welches das Südende des Trageplatzes zwischen dem Hudson und den Seen deckte, die Nachricht eintraf, dass Montcalm mit einem Heere, zahllos wie das Laub auf den Bäumen, den Champlain heraufkomme, so wurde die Wahrheit derselben mehr mit dem verzagten Widerwillen der Furcht

Von ihrem Missgeschick niedergedrückt, schienen Offiziere und Soldaten mehr geneigt, die Annäherung ihres furchtbaren Feindes innerhalb ihrer Festungswerke zu erwarten, als sich ihrem Vorrücken zu widersetzen und nach dem glücklichen Vorgang der Franzosen bei dem Fort du Quesne einen kühnen Angriff auf die Heranrückenden zu wagen.

Nachdem sich die erste Bestürzung über diese Nachricht

Gemäß den Befehlen der vorigen Nacht unterbrach das Wirbeln der Lärmtrommeln, deren schallendes Echo in der feuchten Morgenluft aus jeder Richtung der Wälder widertönte, den tiefen Schlaf des Heeres, als eben der Tag die rohen Umrisse einiger hoher Fichten in der Nähe an den Glanz eines milden, wolkenlosen östlichen Himmels zu zeichnen begann. Im Augenblick war das ganze Lager in Bewegung. Selbst der niedrigste Soldat sprang von seinem Lager auf, um Zeuge von dem Abmarsche

Die tiefsten Töne der sich entfernenden und bereits dem Blicke entschwundenen Kolonne erreichten nicht mehr das Ohr der Horcher, und die letzten Nachzügler waren schon den Augen entrückt. Aber immer noch sah man Anstalten zu einer anderen Abreise vor einem Blockhause von ungewöhnlichem Umfang und mit größeren Bequemlichkeiten, vor welchem Schildwachen, die, wie man wusste, die Person des englischen Generals zu bewachen hatten, auf- und abgingen. Auf dieser Stelle stand ein halb Dutzend Pferde beisammen, von denen zwei, nach ihrem Sattelzeug zu urteilen, für Frauen von einem Rang bestimmt zu sein schienen, den man sonst nicht so weit in den Wildnissen des Landes zu treffen gewohnt war. Ein drittes trug das Geschirr und die Wappen eines Stabsoffiziers, während die anderen, mit einfachen Decken und mit Reisetaschen beschwert, offenbar für Diener bestimmt waren, welche bereits der Winke ihrer Herrschaften gewärtig standen. In ehrerbietiger Entfernung von

Das Äußere dieses Menschen machte einen höchst ungünstigen Eindruck, ohne dass jedoch eine besondere Missgestaltung an ihm zu bemerken war. Er hatte alle Gebeine und Gelenke anderer Leute, aber keine Spur von Ebenmaß. Stand er, so überragte er alle Nachbarn, saß er, so schien er wieder auf die gewöhnliche Größe unseres Geschlechts reduziert. Derselbe Widerspruch in den Gliedern schien durch den ganzen Menschen zu herrschen. Sein Kopf war groß; seine Schultern eng; seine Arme lang und schlotternd; seine Hände dagegen klein und fast zart; seine Beine und Schenkel dünn, fast ausgemergelt, aber außerordentlich lang, und seine Knie wären unnatürlich plump erschienen, wenn sie nicht von den breiteren Grundlagen, auf welcher dieser falsche Bau verkehrter menschlicher Ordnung ruhte, übertroffen worden wären. Der nicht zusammenpassende, geschmacklose Anzug des Individuums diente bloß dazu, sein linkisches Wesen noch mehr hervorzuheben. Ein himmelblauer Rock mit kurzen, breiten Schößen und niederem Kragen gab einen langen, dünnen Hals und noch längere, dünnere Beine den schlimmsten Bemerkungen Übelwollender preis. Seine untere Bekleidung bestand aus gelbem Nanking, der sich dicht am Leibe anschloss und an seinen Ungeheuern von Knien mit breiten Schleifen weißer Bänder befestigt war, welche durch den Gebrauch ziemlich beschmutzt erschienen. Dunkle, baumwollene Strümpfe und Schuhe, an deren einem ein versilberter Sporn hervorstand, vollendeten das Kostüm der Niederungen seiner Gestalt: Keine Krümmung oder Ecke war davon versteckt, im Gegenteil durch die Eitelkeit oder die Einfalt des Eigentümers geflissentlich ans Licht gestellt. Die unförmige Tasche eines

Während der gemeine Haufe sich in ehrerbietiger Entfernung von Webbs Quartiere hielt, ging unser Mann unbedenklich mitten unter den Dienern umher, indem er Lob oder Tadel über die Pferde ausdrückte, so wie sie ihm missfielen oder seinen Beifall hatten.

»Freund, ich möchte fast sagen, dieses Tier stammt nicht aus heimischer Zucht, sondern ist aus fremden Landen, vielleicht gar von der kleinen Insel über dem blauen Wasser gekommen?«, sprach er in einem Ton, der sich ebenso wohl durch seine Milde und Sanftheit, als seine Person durch ihre seltsamen Verhältnisse auszeichnete. »Ich kann von diesen Dingen sprechen, ohne eben zu prahlen: Denn ich bin drunten an beiden Häfen gewesen, dem, welcher an der Mündung der Themse liegt und nach der Hauptstadt Altenglands benannt wird, und dem anderen, der noch den Beisatz des Neuen führt, und hab’ gesehen, wie die Zweimaster und Brigantinen ihre Herden, wie man’s einst bei der Arche tat, zusammentrieben, da sie nach der Insel Jamaica mussten, um dort mit vierfüßigen Tieren Tausch- und anderen Handel zu treiben; aber nie habe ich je ein Tier gesehen, das so sehr dem Schlachtross in der Bibel gleicht, wie dieses: ›es scharrt in dem Tal und freut sich seiner Stärke; es stürmt heran, um den Geharnischten zu begegnen. Es ruft unter den Trompeten: Ha,

Als er auf diese ungewöhnliche Anrede, die, mit aller Kraft voller und klangreicher Töne vorgebracht, wohl einige Aufmerksamkeit verdient hätte, keine Erwiderung erhielt, so wandte er, der jene Worte der heiligen Schrift entlehnt hatte, sich an die schweigende Gestalt, die er absichtslos angeredet hatte, und fand einen neuen und mächtigeren Gegenstand der Bewunderung in dem Wesen, das seinem Blicke begegnete. Seine Augen fielen auf die schweigsame, aufrechte und starre Gestalt des indianischen Läufers, der die unwillkommene Nachricht vom vorigen Abend ins Lager gebracht hatte. Obgleich der Wilde, im Zustande vollkommener Ruhe, dem Anschein nach mit charakteristischem Stoizismus, die Aufregung und das Geräusch umher nicht beachtete, so lag doch in seiner Ruhe ein mürrischer Trotz, der die Aufmerksamkeit selbst erfahrener Augen auf sich gezogen hätte, als diejenigen waren, welche ihn jetzt mit unverhohlenem Erstaunen betrachteten. Der Eingeborene trug den Tomahawk und das Messer seines Stammes; und doch war sein Aussehen nicht ganz das eines Kriegers. Im Gegenteil sprach sich in seiner Erscheinung eine gewisse Nachlässigkeit aus, wie es schien die Folge von kürzlicher Anstrengung, von der er sich noch nicht ganz erholt haben mochte. Die Farben auf seinem nach Kriegerart bemalten, wilden Gesichte waren in dunkler Verwirrung ineinander geflossen und machten seine schwärzlichen Gesichtszüge noch wilder und abstoßender, als wenn die Kunst hervorzubringen versucht hätte, was hier der bloße Zufall getan. Sein Auge allein, das gleich einem feurigen Stern unter finsteren Wolken hervorblitzte, war in seiner natürlichen Wildheit zu schauen. Einen Augenblick nur begegnete sein forschender und doch vorsichtiger Blick dem verwunderten Auge des anderen, wandte sich dann teils aus Schlauheit, teils mit Verachtung ab und stierte dahin, als wollte er die fernen Lüfte durchdringen.

Es lässt sich nicht wohl bestimmen, welche Bemerkung dieser

Ein junger Mann in der Uniform eines Offiziers führte zwei Damen, welche, nach ihrem Anzug zu urteilen, im Begriff waren, den Anstrengungen einer Reise in den Wäldern sich zu unterziehen, zu ihren Rossen. Eine, und wie es schien die jugendlichere, obgleich beide noch jung waren, vergönnte einen flüchtigen Blick auf ihr blendend weißes Gesicht, ihr schönes goldenes Haar und ihre lichten blauen Augen, indem sie die Morgenluft den grünen Schleier, der langsam von ihrem Biberhut herabfloß, kunstlos beiseite wehen ließ. Das Rot, welches noch über den Fichten am westlichen Himmel verweilte, war nicht glühender noch zarter als die Blüte ihrer Wangen, und der anbrechende Tag nicht lieblicher als das seelenvolle Lächeln gegen den Jüngling, der ihr in den Sattel half. Die andere Dame, welche gleichfalls die Aufmerksamkeiten des jungen Offiziers zu teilen schien, verbarg ihre Reize vor dem neugierigen Blicke der Soldateska mit einer Sorgfalt, die sich für vier oder fünf Jahre weiterer Erfahrung besser geschickt hätte. So viel konnte man jedoch sehen, dass sie, obschon von gleich ausgezeichnetem Ebenmaß, das durch ihren Reiseanzug nichts an Grazie verlor, eher voller und ausgebildeter war als ihre Begleiterin.

Die Damen saßen kaum zu Pferde, als ihr Begleiter sich leicht in den Sattel seines Schlachtrosses schwang. Alle drei verbeugten

Auf dieser kleinen Strecke ließ sich unter ihnen kein Ton vernehmen; ein leichter Ausruf entfuhr aber der jüngeren Dame, als der indianische Läufer unerwartet an ihr vorüberglitt und vor ihnen auf der Heerstraße dahineilte. Obgleich diese plötzliche und überraschende Erscheinung des Indianers der anderen keinen Laut entlockte, so öffnete doch ihr Schleier seine Falten und verriet einen unbeschreiblichen Blick des Mitleids, der Verwunderung und des Entsetzens, während ihr schwarzes Auge den leichten Bewegungen des Wilden folgte. Die Locken dieser Lady waren glänzend schwarz, gleich dem Gefieder des Raben. Ihre Haut war nicht braun, sondern eher in die Farbe südlichen Blutes getaucht, das seine Grenzen zu durchbrechen drohte. Und doch war hier nichts Unedles, kein Mangel an Schattierung in einem Gesichte, das ungemein regelmäßig, würdevoll und ausnehmend schön genannt werden konnte. Sie lächelte, als bemitleidete sie ihre eigene augenblickliche Vergesslichkeit und zeigte dabei eine Reihe Zähne, die das reinste Elfenbein beschämt haben würden, worauf sie, ihren Schleier wieder zurechtbringend, ihr Gesicht vorwärts beugte und stillschweigend dahinritt, wie jemand, dessen Gedanken von der ihn umgebenden Szene abgezogen sind.

Sola, sola, so, so, so, sola!

WILLIAM SHAKESPEARE

Während die eine der liebenswürdigen Damen, mit denen wir unsere Leser flüchtig bekannt gemacht, so in Gedanken vertieft war, hatte sich die andere schnell von dem leichten Schrecken erholt, der jenen Ausruf veranlasste, und über ihre eigene Schwäche lachend, fragte sie den jungen Mann, der ihr zu Seite ritt:

»Sind solche Gespenster häufig in diesen Wäldern, Heyward, oder ist das ein Schauspiel, das uns zuliebe gegeben wurde? Wenn Letzteres der Fall ist, so muss uns Dankbarkeit den Mund schließen; im ersteren Fall bedürfen Cora und ich eines reichen Vorrates von jenem ererbten Mute, dessen wir uns rühmen, selbst ehe wir noch dem gefürchteten Montcalm begegnen.«

»Der Indianer dort ist ein Läufer von dem Heere, und kann in der Weise seines Volkes für einen Helden gelten«, versetzte der Offizier. »Er hat sich erboten, uns auf einem nur wenig gekannten Pfade schneller und folglich angenehmer nach dem See zu bringen, als wenn wir den langsamen Bewegungen des Heeres folgten.«

»Der Mensch gefällt mir nicht«, sprach die Lady, von angenommenem, noch mehr aber von wirklichem Schrecken schaudernd. »Sie kennen ihn doch genau, Duncan, sonst würden Sie sich nicht so unbedenklich seiner Führung anvertrauen?«

»Sagen Sie lieber, Alice, ich würde Sie ihm nicht anvertrauen. Ich kenne ihn, sonst würde ich ihm am wenigsten in diesem Augenblicke vertrauen. Man sagt, er sei auch ein Kanadier – und doch diente er unseren Freunden, den Mohawks, die, wie Sie wissen, eine der sechs verbündeten Indianer-Nationen sind. Er wurde, wie ich hörte, durch einen seltsamen Vorfall zu uns gebracht, bei dem Ihr Vater beteiligt war, und wobei der Wilde hart

»Wenn er meines Vaters Feind war, so gefällt er mir noch viel weniger!«, rief das nun wirklich erschrockene Mädchen. »Wollen Sie nicht mit ihm sprechen, Major Heyward, dass ich seine Stimme höre. Es ist vielleicht eine Torheit, aber Sie haben schon oft von mir gehört, dass ich auf den Ton der Menschenstimme gehe.«

»Das würde vergeblich sein, und höchstwahrscheinlich nur durch einen Ausruf beantwortet werden. Wenn er auch Englisch versteht, so tut er doch, wie die meisten seines Volkes, als verstünde er nichts davon, und am wenigsten wird er sich herablassen, jetzt zu sprechen, da der Krieg ihn zur strengsten Behauptung seiner Würde auffordert. Aber er hält inne: Der geheime Weg, den wir einschlagen sollen, ist wahrscheinlich hier in der Nähe.«

Die Vermutung Major Heywards war richtig. Als sie zu der Stelle kamen, wo der Indianer stand, wies er auf ein Dickicht zur Seite der Heerstraße, und ein schmaler, unansehnlicher Pfad, der, wenn auch mit einiger Unbequemlichkeit, eine Person aufnehmen konnte, wurde sichtbar.

»Dahin also«, sprach der junge Mann mit gedämpfter Stimme, »geht unser Weg. Zeigen Sie kein Misstrauen, oder Sie locken selbst die Gefahr herbei, die Sie zu fürchten scheinen.«

»Cora, was denkst du?«, fragte die widerstrebende Schöne. »Wenn wir mit den Truppen reisen, werden wir nicht, obgleich wir ihre Gegenwart lästig finden müssten, über unsere Sicherheit beruhigter sein können?«

»Da Sie mit den Kunstgriffen der Wilden zu wenig bekannt sind, Alice, so wissen Sie nicht, wo die Gefahr am größten ist«, fiel Heyward ein. »Wenn die Feinde überhaupt schon den Trageplatz erreicht haben, was keineswegs wahrscheinlich ist, da unsere Kundschafter draußen sind, so gehen sie sicherlich darauf aus, die Kolonne zu umzingeln, weil es hier am meisten zu skalpieren gibt. Die Straße des Detachements ist bekannt, während

»Sollen wir dem Mann misstrauen, weil seine Sitten nicht die unseren sind, und seine Haut dunkel?«, fragte kaltblütig Cora.

Alice zögerte nicht länger; sie gab ihrem Narraganset einen tüchtigen Schlag mit der Reitgerte, drückte zuerst die dünnen Zweige der Gebüsche beiseite und folgte dem Läufer den dunkeln, verschlungenen Pfad entlang. Der junge Mann betrachtete die letzte Sprecherin mit unverhohlener Bewunderung und ließ ihre schönere, oder zum Mindesten nicht weniger schöne Gefährtin ohne Begleitung, während er eifrig einen Weg für jene bahnte, welche Cora genannt worden war. Die Diener mussten vorher ihre Weisungen erhalten haben, denn statt mit in das Dickicht einzudringen, folgten sie auf der Heerstraße der Kolonne, eine Maßnahme, welche nach Heywards Angabe der Scharfsinn ihres Führers angeraten hatte, um nicht zu viel Spuren von sich zu hinterlassen, für den Fall, dass die kanadischen Wilden sich etwa so weit dem Heere voraus in Hinterhalt legten. Mehrere Minuten lang erlaubte der verschlungene Weg keine weitere Unterhaltung. Jetzt aber gelangten sie aus dem breiten Saume des Unterholzes, das sich die Heerstraße entlang erstreckte, unter das hohe und dunkle Bogendach der Waldbäume. Hier war ihr Vordringen weniger unterbrochen, und sobald der Führer merkte, dass die Damen über ihre Pferde freier verfügen konnten, schlug er einen stärkeren trottartigen Schritt an, der die sicherfüßigen Tiere in einen schnellen, aber leichten Passgang versetzte. Der junge Mann hatte sich umgewendet, um mit der schwarzäugigen Cora zu sprechen, als ihn entfernte Hufschläge, die über die Wurzeln des holprigen Weges hinter ihnen daherstampften, veranlassten, sein Schlachtross anzuhalten. Auch seine Begleiterinnen hielten in demselben Augenblick ihre Zügel an, die ganze Partie machte Halt, um Aufschluss über die unerwartete Unterbrechung zu erhalten.

In wenigen Augenblicken sah man ein Füllen wie einen Damhirsch durch die geraden Fichtenstämme schlüpfen und gleich

Der Eifer und die Bewegungen des reitenden Teils waren nicht minder merkwürdig als die seines Rosses. Bei jedem Wechsel der Evolutionen des Letzteren erhob der Erstere seine hagere Gestalt in den Bügeln und bewirkte durch die ungebührliche Verlängerung seiner Beine ein so plötzliches Wachsen und Zusammensinken seiner Gestalt, dass jede Vermutung über seine eigentlichen Dimensionen vereitelt wurde. Fügen wir noch die Tatsache hinzu, dass durch den einseitigen Gebrauch des Sporns eine Seite der Mähre sich schneller zu bewegen schien als die andere, und dass die misshandelte Flanke durch unablässige Schläge mit dem buschigen Schwanze bezeichnet ward, so haben wir das treue Bild von Ross und Mann.

Die Runzeln, welche sich um die schöne, offene und männliche Stirn Heywards gesammelt hatten, glätteten sich

»Suchen Sie jemand?«, fragte Heyward, als der andere nahe genug gekommen war, um seine Eile zu mäßigen, »ich hoffe, Sie sind kein Unglücksbote.«

»Ja gewiss«, erwiderte der Fremde, indem er fleißigen Gebrauch von seinem dreieckigen Biberhut machte, um eine Zirkulation in der geschlossenen Luft des Waldes zu bewirken, und seine Zuhörer in Zweifel ließ, auf welche der Fragen des jungen Mannes er antwortete. Als er jedoch sein Gesicht abgekühlt hatte und wieder zu Atem gekommen war, fuhr er fort: »Ich höre, Sie reiten nach William Henry, und da ich ebendahin reise, so schloss ich, gute Gesellschaft würde mit den Wünschen beider Parteien zusammentreffen.«

»Sie scheinen das Vorrecht der entscheidenden Stimme zu haben«, erwiderte Heyward; »wir sind unser drei, und Sie haben niemand als sich selbst zu Rat gezogen.«

»Gewiss. Das Erste, worüber wir im Reinen sein müssen, sind wir selbst. Ist man dessen gewiss – und wo Weiber mit im Spiel sind, ist dies nichts Leichtes – so ist das Nächste, dem Entschlusse gemäß zu handeln. Ich suchte beides zu tun und hier bin ich.«

»Wenn Sie nach dem See reisen«, versetzte Heyward stolz, »dann sind Sie nicht auf dem rechten Wege, die Straße liegt wenigstens eine halbe Meile hinter uns.«

»So ist es«, erwiderte der Fremde, durch den kalten Empfang nicht entmutigt. »Ich habe mich in Edward eine Woche aufgehalten und müsste stumm sein, wenn ich mich nicht nach dem Weg, den ich zu nehmen habe, erkundigt hätte; und wäre ich stumm, so hätt’s auch mit meinem Beruf ein Ende.«

Er lächelte vor sich hin, wie einer, dem die Bescheidenheit

»Ein äußerst willkürlicher, wo nicht voreiliger Entschluss!«, rief Heyward, unentschlossen, ob er seinem steigenden Ärger Luft machen oder dem Sprecher ins Gesicht lachen sollte. »Aber Sie reden vom Unterrichten und von Beruf; sind Sie dem Provinzialcorps beigegeben als Lehrer in der edlen Kunst der Verteidigung und des Angriffs? Oder sind Sie vielleicht einer, der Linien und Winkel zieht und vorgibt, die Mathematik auszulegen?«

Der Fremde sah den Frager einen Augenblick verwundert an, dann aber löste er jede Spur von Selbstzufriedenheit in einen Ausdruck feierlicher Demut auf und antwortete:

»Von Angriff ist, hoffe ich, auf keiner Seite die Rede. Was die Verteidigung betrifft, so brauch’ ich mich nicht zu verteidigen. Mit Gottes Gnade habe ich keine offenbare Sünde begangen, seitdem ich ihn zum letzten Mal um Vergebung gebeten. Ich verstehe Ihre Anspielungen auf Linien und Winkel nicht und überlasse das Auslegen denen, die besonders zu diesem heiligen Amte berufen sind. Ich mache auf keine höhere Gabe Anspruch, als auf eine geringe Einsicht in die glorreiche Kunst des Lobgesangs und Danksagens, wie sie bei dem Psalmsingen dem Himmel dargebracht werden.«

»Der Mann ist offenbar ein Schüler Apollos«, rief die belustigte Alice, »und ich nehme ihn unter meine spezielle Protektion. Nein, weg mit diesen Runzeln, Heyward, aus Mitleid für meine neugierigen Ohren lassen Sie ihn in unserem Gefolge reisen. Überdies«, fuhr sie in gedämpftem und hastigem Tone mit

»Glauben Sie, Alice, ich würde diejenigen, die ich liebe, auf einen geheimen Pfad führen, wenn ich mir dächte, dass eine solche Not kommen könnte?«

»Nein, nein, ich denke jetzt auch nicht daran; aber dieser seltsame Mann belustigt mich, und wenn er ›Musik in seiner Seele hat‹, so wollen wir ihn nicht lieblos aus unser Gesellschaft verweisen.« Sie deutete mit ihrer Reitgerte bittend nach dem Pfade hin, indes beider Augen in einem Blicke sich begegneten, den der junge Mann gerne verlängert hätte; dann gab er ihrem begütigenden Einfluss nach, stieß seinem Rosse die Sporen ein, und in wenigen Sprüngen war er wieder an Coras Seite.

»Es freut mich, dich zu treffen, Freund«, fuhr Alice fort, dem Fremden mit der Hand winkend, weiterzureiten, indem sie ihr Pferd wieder in einen Pass zu bringen suchte. »Parteiische Verwandte haben mich beinahe überredet, dass ich bei einem Duett nicht übel anstehen könne, und wir erheitern uns den Weg, wenn wir unserer Lieblingsneigung etwas nachgeben. Es wird einem Wesen, das so unwissend ist wie ich, zu besonderem Vorteil gereichen, die Meinungen und Erfahrungen eines Meisters in der Kunst zu vernehmen.«

»Es ist erfrischend für Geist und Leib, sich zu seiner Zeit durch Singen von Psalmen zu erquicken«, erwiderte der Meister im Gesang, indem er unbedenklich ihrer Einladung folgte, »und nichts dürfte dem Gemüt so wohl tun als eine solche Vereinigung. Aber vier Stimmen sind erforderlich, um eine Melodie gehörig auszuführen. Nach allen Anzeigen besitzen Sie einen sanften und vollen Diskant; ich kann, durch absonderliche Gunst des Himmels, einen vollen Tenor auf die höchste Note führen; aber es fehlt uns noch ein Alt und ein Bass! Der königliche Offizier dort, welcher mich nicht in seine Gesellschaft aufnehmen wollte, könnte den Letzteren übernehmen, wenn ich nach den

»Urteilen Sie nicht zu voreilig nach flüchtigen und täuschenden Scheinbarkeiten«, entgegnete lächelnd das Mädchen, »wenn Major Heyward auch bei Gelegenheit solche tiefe Töne anstimmen kann, so glauben Sie mir, dass seine natürliche Stimme sich mehr zu einem weichen Tenor als für den Bass eignet, den Sie gehört haben.«

»Ist er also im Psalmsingen besonders erfahren?«, fragte ihr schlichter Begleiter.

Alice hätte gern laut aufgelacht, bezähmte aber ihre Laune, als sie antwortete: