Zoë Beck

Rot wie Schnee

Ein Winterthriller

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Zoë Beck

Zoë Beck, geboren 1975, wuchs zweisprachig auf und pendelt zwischen Großbritannien und Deutschland. Ihre große Liebe neben der Literatur ist die Musik: Mit drei Jahren begann sie, Klavier zu spielen, gewann bald darauf diverse Wettbewerbe und gab zahlreiche Konzerte. Heute arbeitet sie als freie Autorin, Redakteurin und Übersetzerin. 2010 erhielt sie den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte »Bester Kurzkrimi«. 2011 war sie wieder mit einem Kurzkrimi nominiert, »Das alte Kind« war auf der Shortlist für den Friedrich-Glauser-Preis Sparte »Bester Roman«. »Das zerbrochene Fenster« wurde von der Jury der KrimiZEITBestenliste unter die zehn besten Kriminalromane im September 2012 gewählt.

Über dieses Buch

Still legt sich der Schnee über die Stadt und deckt alles zu, bis nichts mehr zu erkennen und zu hören ist. So angenehm, diese Ruhe, besonders für Lina. Während sie Heiligabend in einer einsamen Berghütte auf die Schritte ihrer Eltern horcht, wartet sie, bis endlich der Wodka wirkt und das Blut aus ihren Armen langsam in den Schnee sickert …

Impressum

eBook-Ausgabe 2013

Knaur eBook

© 2013 Droemer Verlag

Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt

Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –
nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Redaktion: Johannes Engelke

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Umschlagabbildung: FinePic®, München

ISBN 978-3-426-43134-4

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Zoë Beck

Rot wie Schnee

Der erste Schnitt ist immer der tiefste, auch wenn er es nicht wirklich ist. Der erste Schnitt ist Schmerz und Erlösung, in einem intensiven, viel zu kurzen Moment vereint. Was danach kommt, ist ein Abarbeiten. Ein Beschäftigtsein, in dem Wissen, dass der Druck bald zurückkehrt, Druck, der nur vergeht, wenn man ihm mit Schmerz begegnet.

Bemerkt hatte sie es zum ersten Mal, als sie Altglas zum Container bringen sollte und sich dabei an einer Scherbe verletzte. Damals war sie dreizehn gewesen. Es hatte erst nicht weh getan, sie erinnerte sich an den Schock, dann an das Blut, und erst dann an den Schmerz. Ein guter Schmerz, der alles andere vertrieb.

Sie hatte die Wunde tagelang nicht in Ruhe gelassen. Immer wieder neu geöffnet. Sie hatte das Blut sehen wollen, spüren wollen, wie es aus ihr herauslief und dabei, wie bei einem Ventil, Druck abließ, Erleichterung brachte. Dann hatte eine Lehrerin angefangen, sich Sorgen zu machen, weil ihre Hand so lange verbunden blieb. Sie hatte sie zum Arzt gebracht, wo sie genäht wurde, und die Naht zu öffnen, hatte sie sich nicht getraut.

Aber sie hatte von da an gewusst, wie es funktionierte, und es immer wieder aufs Neue getan, wenn sie den Druck in ihrem Kopf, in ihrem Körper gar nicht mehr aushielt. Anfangs noch war da so etwas wie Scham gewesen. Später kam eine stille Freude auf diese Momente, die nur ihr gehörten. Sie verstand, dass es schon lange in ihr gewesen war und die Glasscherbe am Müllcontainer ihr nur einen Weg gezeigt hatte, den sie früher oder später ohnehin gegangen wäre.

Seitdem hatte sie drei Jahre lang ausprobiert, was ihr guttat. Den Kopf gegen die Wand knallen, mit einer Wasserflasche auf Beine oder Arme schlagen, sich verbrennen, verbrühen, vereisen, aufkratzen, mit Nadeln stechen, mit Scheren schneiden, Fingernägel, Fußnägel, Haare ausreißen, betrinken, bekiffen, Tabletten nehmen. Nichts davon brachte ihr so viel Erleichterung wie ein Schnitt in die Haut. Bis das Blut kam.

Der erste Schnitt ist immer der tiefste, auch wenn er es nicht wirklich ist. In Wirklichkeit geht nämlich der letzte so tief wie kein anderer.