Ulf Schiewe

Gold des Südens 3

Die Bucht der Schmuggler

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Ulf Schiewe

Ulf Schiewe wurde 1947 geboren. Eigentlich wollte er Kunstmaler werden, doch statt der »brotlosen Kunst« widmete er sich der Technik und wurde Software-Entwickler und später Marketingmanager für Softwareprodukte.

Seit frühester Jugend war Ulf Schiewe eine Leseratte, den spannende Geschichten in exotischer Umgebung faszinierten. Im Lauf der Jahre erwuchs aus der Lust am Lesen der Wunsch, selbst einen großen historischen Roman zu schreiben, der in den »Bastard von Tolosa«, seinen ersten Roman, mündete.

Ulf Schiewe ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in München.

Impressum

© 2015 der eBook-Ausgabe Knaur eBook

Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit
Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: FinePic, München

ISBN 978-3-426-43480-2

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Die Personen

Hauptfiguren

Jan van Hagen – Junger Kaufherr und Seekapitän aus Bremen

Don Miguel Garcia Hernandez – Reicher Pflanzer und Zuckerbaron auf Hispaniola

Doña Maria Carmen de Alvarez y Ortega – Don Miguels junge Gemahlin

Don Alonso Calderón de la Higuera – Neu ernannter Vize-Gouverneur von Hispaniola

Cornelis van Doorn – Holländischer Kaufmann aus Amsterdam

Martin van Doorn – Seekapitän und Cornelis’ Sohn

Padre Anselmo – Franziskanermönch und Don Miguels Bruder

 

Die Mannschaft der Sophie

Hein Köppers – Steuermann und Navigator

Lars Erikson – Bootsmann

Ole Penning – Zimmermann

Hasko Lübben – Schiffskoch

Doctor Emanuel Almeida de Souza – Schiffsarzt, Portugiese aus Pernambuco

Fiete Boom – Schiffsjunge

Brun Enders – Matrose

Christjan Luttmann – Matrose

Jelle Appelhoff – Matrose

Geerke Buhr – Matrose

Klaas van Hove – Matrose

Piet Möller – Matrose

Johan Hendriks – Waffenmeister

Aart Jonkers – Gehilfe des Waffenmeisters

Elsje Smit – Prostituierte aus Amsterdam

 

Weitere Personen auf Hispaniola

Don Diego de Oliveira – Pflanzer und Portugiese

Don Rodrigo de Molina – Präsident des Königlichen Gerichts von Santo Domingo

Doña Ana – Don Rodrigos junge Frau

Doña Matilda – Don Diegos Frau

Pedro Fernandez – Aufseher des Don Diego

Octavio Faustino – Verwalter der hacienda von Don Miguel

Francisco Pérez – Anführer der vaqueros auf der hacienda von Don Miguel

Señor Carlos – Aufseher auf der Tabakpflanzung von Don Alonso

Tom Degger – Jäger und Bukanier, Deutscher

Luis Cabrón – Hafenmeister von Santo Domingo

Coronel Rivera – Kommandant der Truppen von Santo Domingo

Capitán Morales – Kapitän der Galeone Santa Trinidad

Leon – Don Alonsos Diener

Alejandro Mendoza – Händler in Santo Domingo

 

Die Sklaven

Olu – Heißt eigentlich Jaime Olufemi und ist Doña Marias Beschützer

Marta – Köchin auf Don Miguels hacienda

Consuela – Dienstmädchen auf Don Miguels hacienda

Juan – Schreiner auf Don Miguels hacienda

Abeni – Junge schwangere Sklavin auf der Sophie

Babatunde – Entlaufener Sklave, ursprünglich von Don Diegos hacienda

Dada – Babatundes Frau

Maria Benigna – Köchin auf Don Alonsos Tabakpflanzung

 

Andere

Willem van Hagen – Jans Vater

Der alte Geerke – Sekretär des Vaters

Greetje Hanssen – Jans Verlobte

Hendrikje van Doorn – van Doorns Gemahlin

Katrien van Doorn – Ältere Tochter

Agnes van Doorn – Jüngere Tochter

Don Alonsos Pläne

Don Alonso Calderón de la Higuera war durch und durch Offizier. Klugheit, Frugalität und Selbstdisziplin zeichneten ihn aus, Wagemut und Zielstrebigkeit. Aber auch ungeheurer Ehrgeiz und eine gewisse Skrupellosigkeit, wenn es darum ging, seine Ziele zu erreichen. Den Aufstieg in der Marine Seiner Majestät verdankte er diesen Eigenschaften und nicht etwa dem Geld oder Einfluss einer adeligen und reichen Familie, wie es sonst bei Karriereoffizieren üblich war. Denn Don Alonsos Herkunft war bescheiden. Seine Familie besaß nicht die Mittel, ein wichtiges Offizierspatent käuflich zu erwerben, noch weniger den Einfluss, bei Hofe etwas zu bewirken.

Er wäre also niemals über den Rang eines unbedeutenden Seekapitäns hinausgekommen, hätten da nicht einige glückliche Umstände geholfen, ein paar Liebschaften mit einflussreichen Frauen, vor allem aber eine Reihe erfolgreicher Aktionen gegen maurische Korsaren, in denen er durch Draufgängertum und Tapferkeit die Aufmerksamkeit der Admiralität auf sich gezogen hatte.

Nach weiteren erfolgreichen Einsätzen in der Neuen Welt, die ihm ein bescheidenes Vermögen eingebracht hatten, war ihm schließlich der Rang eines vicealmirante über die Schiffe und Truppen von Hispaniola verliehen worden. Dass es ihm schließlich gelungen war, den vormaligen Gouverneur auszubooten und seinen Platz einzunehmen, erfüllte ihn mit besonderer Befriedigung. Auch wenn man ihn zunächst nur zum Vize-Gouverneur bestellt hatte, war er nun doch endlich in einer Position mit genügend Macht, um sich ernsthaft zu bereichern. Vorausgesetzt, er stellte es klug genug an.

Vor allem musste er der Krone Erfolge gegen den Schmuggel vermelden können. Dann würde er gewiss den leidigen »Vize« in seinem Titel bald loswerden. Sobald das erreicht war, würde er seine Macht durch die Besetzung wichtiger Posten festigen können. Er nahm sich vor, schon mal eine Liste solch möglicher hombres de confianza aufzustellen. Verwandte oder andere Männer, deren Treue er sich erkaufen könnte.

Natürlich würde es auch nötig sein, die Richter der Real Audiencia, des Königlichen Gerichts auf Hispaniola, auf seine Seite zu bringen, denn diese hatten eine Aufsichtsfunktion und waren fast ebenso mächtig wie ein Gouverneur. Aber er hatte munkeln hören, dass Don Rodrigo de Molina, der Präsident des Gerichts, ein habgieriger Mann war. Es sollte möglich sein, ihn zu bestechen. Das heißt, wenn er erst mal die Mittel dazu hatte. Vieles war ihm bisher im Leben gelungen, warum nicht auch dieses? Er sah schon den Namen Calderón de la Higuera über der Caribe erstrahlen.

So liefen seine Gedanken, während Leon, sein Diener, ihn für die morgendliche Rasur einseifte. Leon war schon seit Ewigkeiten an seiner Seite und kümmerte sich um die Uniformen, Waffen und Pferde seines Herrn, um Botengänge und andere vertrauliche Dienste. Es war kurz nach Sonnenaufgang, die übliche Stunde, in der Don Alonso seinen Tag begann. Als Seeoffizier war er an eine spartanische Lebensweise gewöhnt. Der übermäßige Genuss von Speisen und Trank gehörte ebenso wenig dazu wie langes Schlafen in weichen Daunen. Und als Junggeselle kam er sich in den ausgedehnten Zimmerfluchten des Gouverneurspalastes fast verloren vor. Die halbe Dienerschaft hatte er entlassen und ein paar der schwarzen Hausdiener auf seine hacienda geschickt, wo sie sich wenigstens nützlich machen konnten.

Während Leon ihn rasierte, gedachte er mit Ungeduld seinem Schreiben an die Admiralität in Cadiz, in dem er schon vor Monaten seiner Forderung nach weiteren Marineeinheiten Ausdruck verliehen hatte. Dass immer noch keine Antwort eingetroffen war, ärgerte ihn. Mit den paar Schiffen, die ihm zur Verfügung standen, würde es kaum gelingen, den Schmuggel, wie die Krone es erwartete, nachhaltig zu unterbinden.

Und dann war da noch dieses Pack, das sich auf der Insel Tortuga angesiedelt hatte. Engländer, Franzosen, Holländer. Allesamt Abenteurer und Halsabschneider, Verbrecher, die vor dem Gesetz geflohen waren. Angeblich fristeten sie ihr Dasein als harmlose Jäger. Nannten sich Bukaniere und stellten den Rindern und Schweinen nach, die im Norden Hispaniolas wild herumliefen. Aber Don Alonso wusste, dass einige von denen nebenbei Piraterie betrieben, und das immer häufiger in letzter Zeit. In versteckten Buchten lagen die Kerle auf der Lauer, um sich dann in der Nacht mit kleinen Booten, manchmal sogar nur in indianischen Kanus, arglosen Handelsschiffen zu nähern, an Bord zu klettern und die Mannschaft zu überwältigen. Häufig geschah das im Paso de los Vientos, der Windpassage, wie die beliebte Schiffsroute zwischen Kuba und Hispaniola genannt wurde. Erst vor ein paar Tagen hatte er einen Brief des Gouverneurs von Havanna erhalten, der ihn inständig bat, das Seine zu tun, um diesem Treiben ein Ende zu setzen. Aber dazu brauchte er mehr Schiffe und Soldaten.

Leon redete kein Wort, während er seinen Herrn rasierte, wusste er doch, dass dieser die Zeit nutzte, um in Ruhe nachzudenken. Schließlich wischte er ihm den Rest des Seifenschaums ab, bürstete ihm das lange Haupthaar, schnipselte ein wenig an überstehenden Härchen seines gepflegten Schnurrbarts herum, dann war er fertig und entfernte das Tuch, mit dem Don Alonsos Hals und Schultern bedeckt gewesen waren.

Der erhob sich, ließ sich von seinem Diener noch kurz den Rock bürsten und den Uniformkragen richten, dann gürtete er sein Schwert und machte sich auf den Weg zu den morgendlichen Fechtübungen in der Fortaleza. Don Alonso war ein Meister mit dem Rapier, und keiner seiner Offiziere konnte ihm auch nur im Entferntesten das Wasser reichen. Jeden Morgen musste ein anderer gegen ihn antreten, und es war ihm ein Vergnügen, sie zu demütigen.

Nach dem Fechten kehrte er in die Residenz zurück, wusch sich, ließ sich ein frisches Hemd reichen, das andere war durchgeschwitzt, und frühstückte. Er war inzwischen durchaus an das einfache Essen der Indios gewöhnt. Er fand es nahrhafter und gesünder als Pasteten, Törtchen und süßes Gebäck, die der Koch ihm ständig aufzuschwatzen suchte. Zuerst nahm er ein großes Stück Papaya zu sich, dann casabe de yuca, eine Art Pfannkuchen aus Maniokmehl, heiß gegessen mit etwas Butter und Honig darüber. Dazu ein Glas mit frisch gepresstem Fruchtsaft. So gestärkt, machte er sich, wie häufig am Morgen, auf den Weg, ein wenig durch die wohlhabenderen Straßen der Stadt zu spazieren, um sich dem guten Volk von Santo Domingo zu zeigen. Dabei begleiteten ihn zwei Marinesoldaten. Nicht, weil in der Stadt Gefahr drohte, aber es schien seiner neuen Würde als Vize-Gouverneur angemessen zu sein.

Der Leinenmarkt war heute besonders gut besucht. Gestern war ein Schiff aus Cadiz eingetroffen und hatte unter anderem edle Tuche, Brokate und Spitzen gebracht. Mit aufgespannten Sonnenschirmen und begleitet von ihren schwarzen Hausdienerinnen, begutachteten die Damen der Stadt die neue Ware, die auf den Ständen zur Auswahl lagen. Statt diesen Firlefanz sollte man lieber Sklaven herschaffen, dachte Don Alonso. Er betrachtete es als Fehler der Regierung, spanischen Schiffen den Sklaventransport zu verbieten. Das diente nur dazu, die Preise steigen zu lassen. Bald würde sich niemand mehr neue Sklaven leisten können.

Er nickte einigen der Damen freundlich zu. Die meisten hielten inne, wenn er vorüberschritt, grüßten ehrerbietig oder warfen ihm neugierige Blicke zu. Es war natürlich bekannt, dass er noch Junggeselle war und in einem Alter, in dem es höchste Zeit wurde, eine Familie zu gründen. Und so wurde er seit seiner Ernennung immer häufiger von Matronen mit heiratsfähigen Töchtern umgarnt und zu gesellschaftlichen Anlässen eingeladen. Nicht, dass ihn das gestört hätte. Im Gegenteil. Denn einige dieser ehrbaren Damen nutzten die Gelegenheit, ihm heimlich anzudeuten, dass sie selbst auch nicht abgeneigt wären, intime Bekanntschaft zu machen. Natürlich in aller Diskretion.

Es war schon erstaunlich, ein wenig Macht, und schon flogen sie wie Motten zum Licht. Er hatte mal gelesen, dass Julius Cäsar sich einen Spaß daraus gemacht hatte, die Ehefrauen politischer Gegner zu verführen. Ein erheiternder Gedanke. Vielleicht sollte er das auch probieren. Der gute Richter Don Rodrigo de Molina, selbst ein alter Knacker, hatte eine hübsche junge Frau. Diese reife Frucht zu pflücken, würde ihm durchaus gefallen. Obwohl, dem Molina Hörner aufzusetzen, wäre natürlich unklug. Der Mann konnte einem gefährlich werden.

Auf einmal fand er sich Doña Maria Carmen gegenüber, begleitet von ihrer schwarzen Magd, die einen mit Einkäufen gefüllten Korb trug. Hinter ihnen stand ein hochgewachsener, muskulöser Afrikaner, der ihn mit gleichmütiger Miene, aber wachen Augen betrachtete. Beide Sklaven waren gut gekleidet, wie es sich für Doña Marias Stand gehörte.

Doch Don Alonso achtete natürlich nicht auf die Schwarzen, denn wie immer, wenn er Doña Maria irgendwo begegnete, traf ihn die Schönheit und Eleganz dieser Frau wie ein Blitz des Entzückens und ließ sein Herz höherschlagen. ¡Madre de Dios!, was für eine Frau! Dagegen waren die anderen Weiber der Stadt die reinsten Provinztrampel. Ihre stolze Haltung, überhaupt alles an ihr, wies sie als Dame von Geblüt aus. Die schmalen Handgelenke, eine Taille, von der man nur träumen konnte, und dann dieser Blick aus dunklen Augen, der einem durch und durch ging. Wenn er eine heiraten würde, dann diese. Eine Frau, für die man töten könnte.

»Buenos días, Don Alonso«, hörte er sie höflich sagen.

»Buenos días, Doña Maria«, beeilte er sich, den Gruß zu erwidern, leicht verunsichert über die plötzliche Begegnung. Aber dann lächelte er breit, zog schwungvoll den Hut und verbeugte sich galant vor ihr. »Ich hoffe, Ihr gehabt Euch wohl, Doña Maria.«

Den umstehenden Damen dürfte die besondere Aufmerksamkeit, die er Miguel Garcias Gemahlin schenkte, natürlich nicht entgangen sein. Es würde den Tratsch der nächsten Tage bestimmen. Aber das war ihm egal. Einer solchen Frau musste man einfach den Hof machen. Die Magd grinste, der große Afrikaner runzelte die Stirn. Doña Maria aber schien nicht sonderlich beeindruckt zu sein.

»Es geht mir ausgezeichnet, Don Alonso«, sagte sie kühl. »Danke der Nachfrage. Leider muss ich jetzt gehen. ¡Adiós!« Sie nickte ihm kurz zu und machte Anstalten, sich zu entfernen.

»So wartet doch einen Augenblick, Verehrteste.«

Sie wandte den Kopf und blickte mit hochgezogenen Brauen zurück. »Ist noch etwas?«

»Nun, ja. Ich wollte fragen, wie es mit Eurer Ernte steht. Ich habe gehört, sie ist in vollem Gang. Man sagt, es war ein gutes Jahr für Zucker.«

»Wir können nicht klagen, Don Alonso.«

»Das ist gut, denn Zucker erfreut sich immer größerer Beliebtheit in Spanien, wie wir alle wissen. Die Händler in Sevilla werden sich freuen.«

Er hatte etwas mehr als nötig die Betonung auf Sevilla gelegt. Und so, wie sie seinen Blick erwiderte, war deutlich, dass sie diese Andeutung durchaus verstanden hatte. Denn wahrscheinlich würde wieder nur ein Teil der Ware den Weg nach Sevilla finden.

»Und wir sind stolz, unseren Beitrag zum Glanz der Krone zu leisten.«

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