Stefan Hartmann

Deutsche Sprachgeschichte

Grundzüge und Methoden

A. Francke Verlag Tübingen

Inhalt

Fußnoten

2.1.1 Untersuchungsebenen

Selbst die Syntax von Yoda aus den „Star Wars“-Filmen, der gerne als Paradebeispiel für idiosynkratische Syntax herangezogen wird, folgt zumindest teilweise einem spezifischen System; vgl. Pullum (2005).

2.1.2 Wie verändern wir Sprache? Zur Theorie des Sprachwandels

Zur Einführung in die generative Grammatik vgl. z.B. Philippi (2008).

Zwischen den genannten Paradigmen gibt es sehr viele Überschneidungen und teilweise auch Potential für terminologische Verwirrung (so stimmt z.B. die „kognitive Linguistik“, die Schwarz-Friesel 2008 behandelt, in einigen Kernpunkten nicht mit dem „Mainstream“ der Kognitiven Linguistik überein, der z.B. von Croft & Cruse 2004 oder Ungerer & Schmid 2006 vertreten wird). Einen guten Überblick bietet Helbig (2002). Eine empfehlenswerte Einführung in die funktionale Grammatik ist Smirnova & Mortelmans (2010), gute Einführungen in die Konstruktionsgrammatik sind Ziem & Lasch (2013) und Hilpert (2014).

Der Titel von Spivey (2007), „The Continuity of Mind“, ist eine Anspielung auf Fodors (1983) „Modularity of Mind“.

2.2.1 Sprachvergleich und Rekonstruktion: Die komparative Methode

Eine allgemeinverständliche populärwissenschaftliche Darstellung des Ansatzes von Gray und Atkinson findet sich jedoch auf http://language.cs.auckland.ac.nz/ (zuletzt abgerufen am 30.05.2017). An diesem Überblickstext orientieren sich auch die weiteren Ausführungen in diesem Kapitel.

2.2.2 Authentische Sprachdaten: Korpuslinguistik

Allerdings zeigen Lemnitzer & Zinsmeister (2015: 154) anhand einer Stichprobe, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Links inzwischen inaktiv ist, was Analysen, die den Einbezug des weiteren Kontexts erfordern, zusätzlich erschwert. Ungeachtet dessen spricht dieser Befund eher für ein solches Webkorpus als dagegen – denn während das Netz immer im Fluss ist, bleibt die Zusammenstellung des Korpus stabil.

Dieselben Vorbehalte gelten natürlich auch für die diatopischer Auswertung anderer Korpora, bei denen keine expliziten Informationen über den Ort der sprachlichen Sozialisation der SprecherInnen/SchreiberInnen verfügbar sind.

http://www.sprachlog.de/2015/05/08/um-und-bei-dialektologisch/ (zuletzt abgerufen am 01.11.2016).

Unter http://nl.ijs.si/noske/wacs.cgi/first_form (zuletzt abgerufen am 01.11.2016).

2.2.3 Reflexe des Sprachwandels im Gegenwartsdeutschen: Fragebogenstudien und Experimente

https://books.google.com/ngrams/ (zuletzt abgerufen am 20.05.2017).

Beispiele aus Schlobinski (1996: 39).

Einige Dienstleister bieten eine solche Option an, die jedoch i.d.R. auf Cookies basiert, die man einfach löschen kann. Bei manchen Dienstleistern wie Google Forms gibt es die Möglichkeit, nur Personen mit einem Account an der Umfrage teilnehmen zu lassen. Davon ist jedoch abzuraten, da es erstens die Hemmschwelle erhöht, an der Umfrage teilzunehmen. Zweitens werden Personen, die aus Datenschutzgründen keinen Account erstellen möchten, von der Umfrage ausgeschlossen, und drittens ist die Maßnahme nicht wirklich effektiv, weil dieselbe Person ohne weiteres mehrere Accounts erstellen kann. Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, die E-Mail-Adresse des Teilnehmers oder der Teilnehmerin als Identifikator zu benutzen oder die Umfrage mit Passwörtern zu versehen, die unabhängig von der Umfrage selbst verteilt werden und nur einmal verwendbar sind. All diese Optionen setzen jedoch voraus, dass die Teilnehmenden sensible Kontaktdaten wie z.B. ihre E-Mail-Adresse preisgeben, was unter Umständen dazu führt, dass sie von einer Teilnahme absehen.

Vgl. jedoch Levinson (2012), der die Annahme einer Uniformität der menschlichen Kognition als „Ursünde“ der Kognitionswissenschaften bezeichnet. Ein „uniformitarianer“ Ansatz darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass die kognitive Architektur aller Menschen genau gleich sei. Natürlich gibt es sehr viel Diversität; aber diese Diversität, so die Annahme, ist so eingeschränkt, dass allgemeingültige Aussagen zumindest prinzipiell möglich sind.

Für studentische Hausarbeiten o.ä. wird natürlich in aller Regel keine statistische Analyse erwartet. Sie ist jedoch ein gern gesehener „Bonus“ und in den meisten Fällen sehr viel einfacher, als man zunächst vielleicht denken mag.

3.2.1 Phonologie des Althochdeutschen

Eine kritische Diskussion des Phonemspaltungs-Szenarios findet sich bei Durrell (1977). Zu einer differenzierteren Darstellung der ahd. Monophthongierung vgl. ebd. sowie Morciniec (1981).

3.3.2 Morphologie des Mittelhochdeutschen

Der Begriff Homonymie wird z.T. uneinheitlich gebraucht. In der Regel spricht man von Homonymen, wenn zwei Wörter gleich geschrieben und gleich ausgesprochen werden, z.B. Bank ‚Geldinstitut‘ und Bank ‚Sitzbank‘. Ist nur die Schreibung, aber nicht die Aussprache gleich, so spricht man von Homographie; wenn umgekehrt nur die Lautung, aber nicht die Schreibung gleich ist, von Homophonie, s.u. 4.2.1.

4.1.1 Die Lautverschiebungen

Um genau zu sein, hatte Rasmus Kristian Rask bereits 1818 und damit einige Jahre vor Grimm auf die 1. Lautverschiebung hingewiesen (vgl. Putschke 1998: 477).

Oft werden die stimmhaften Frikative in der Literatur als /ƀ/, /đ/, /ǥ/ dargestellt (z.B. Ernst 2012: 67; Schmid 2013: 78); ich verwende stattdessen, um Verwirrung zu vermeiden, die entsprechenden Zeichen aus dem Internationalen Phonetischen Alphabet ( IPA , s. Infobox 7b).

Die Beispiele stammen aus König (2011: 45) und Fourquet & Buschinger (2000: 1115), die rekonstruierten ie. Grundformen wurden z.T. aus Kluge (2012) ergänzt. Teilweise gibt es aktuellere und detailliertere Rekonstruktionen, in denen z.B. verschiedene k- und h-Laute unterschieden werden, die ich hier allerdings nicht berücksichtige, da die Beispiele nur der Illustration dienen.

Zit. nach http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-schonsten-kinder-und-hausmarchen-6248/48 (abgerufen am 17.03.2017).

In omd. Dialekten heißt es daher auch: Das Pferd heißt Pferd, weil’s fährt.

4.1.2 Ablaut und Umlaut

Quelle: https://www.gutefrage.net/frage/wagen-im-plural, zuletzt abgerufen am 30.05.2017.

Das ist streng genommen eine Vereinfachung, da die Ablautstufen ursprünglich von ihrer Funktionalisierung im Flexionsparadigma der starken Verben unabhängig sind. So illustriert Keller (1995: 82) die unterschiedlichen Ablautstufen an gr., lat. und got. Wortformen für ‚Fuß‘: lat. pedis / pēs, gr. podós, got. fōtus.

5.1.1 Flexionsmorphologischer Wandel

Heute sprechen wir in Wörtern wie gewinnen nur einen Nasal: [ɡəˈvɪ n ən]. Historisch handelt es sich jedoch tatsächlich um einen Doppelkonsonanten, wie wir sie heute z.B. noch aus dem Italienischen kennen (z.B. bello ‚schön‘, s.o. 3.1.3).

Suchanfrage: #REG(^des$|^eines$) Autoren bzw. #REG(^des$|^eines$) Autors (Datum der Anfrage: 30.05.2017).

5.1.2.1 Das veränderliche System der Adjektivbildung

Die fnhd. Beispiele und die Paraphrasen stammen aus Thomas (2002).

5.2.2 Diachrone Anwendung von Produktivitätsmaßen

Ich danke Luise Kempf, die diese Erhebung im Rahmen einer gemeinsamen Untersuchung durchgeführt hat.

6.1 Syntaktischen Wandel verstehen

Das indirekte Objekt (Dativ) ließe sich entsprechend mit Wem oder was? erfragen, z.B. Ich gebe dem Lehrer das Buch.

6.1.2 Der Ausbau der Klammer

Die Indizes i und j zeigen hier an, welcher Artikel mit welchem Substantiv zusammengehört.

6.1.3 Der am-Progressiv

http://www.atlas-alltagssprache.de/runde-2/f18a-b/ (zuletzt abgerufen am 28.04.2017).

Zum Chi-Quadrat-Test s.u. 6.2.3. Der p-Wert gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass eine solche Verteilung durch Zufall zustandekommt. Phi (ϕ) gibt die Effektstärke an und ist, anders als der p-Wert, von der Stichprobengröße unabhängig. Die Effektstärke nimmt einen Wert zwischen 0 und 1 an, ein Wert von 0,24 ist also nicht besonders hoch, was man so interpretieren kann, dass ein Effekt von Frequenz (bzw. „Hapaxigkeit“) auf Großschreibung zwar vorhanden, aber nicht allzu stark ist – andere Faktoren spielen auch mit hinein.

6.2.1 Zur Arbeit mit annotierten Korpora

Vorsicht: In DDC muss man, wie bereits in Kap. 2.2 erwähnt, außerhalb von regulären Ausdrücken den ODER -Operator doppelt setzen: ||. Innerhalb von regulären Ausdrücken hingegen setzt man ihn, wie bei regulären Ausdrücken üblich, einfach.

Je nachdem, ob man das alte Interface eins.dwds.de oder das neue Interface dwds.de nutzt, variiert die Zahl der Ergebnisse etwas. Einer der Nachteile der alten Schnittstelle ist, dass dort teilweise zwei nahe beieinanderstehende Treffer in einem Beleg zusammengefasst werden. Dadurch reduziert sich die Belegzahl. Bei einer Suchanfrage wie der unseren kommt das natürlich extrem häufig vor. Deshalb zeigt das neue Interface für unsere Suchanfrage eine Trefferanzahl von etwas über 2 Mio., das neue hingegen etwas über 3 Mio. an.

Ein „Cheat Sheet“ für ANNIS , das die wichtigsten Suchabfrageoperatoren auf einen Blick enthält, findet sich im digitalen Begleitmaterial. Eine ausführlichere Anleitung zu ANNIS findet sich unter http://corpus-tools.org/annis/.

Die Suchanfrage ist Dipper (2015: 537) entnommen; dort steht allerdings statt DPOSA noch DPOSGEN (für ‚genitivisches Possessivpronomen‘). Der Tag DPOSGEN kommt in REM inzwischen nicht mehr vor.

Bei sehr großen Datenmengen ist das manchmal nicht möglich. In diesem Fall muss man mit Stichproben arbeiten – entweder beschränkt man dann die Analyse generell auf die gewählte Stichprobe, oder man nutzt die Stichprobe, um die Anzahl der Fehltreffer in der gesamten Konkordanz zu extrapolieren, und arbeitet mit dem gesamten Datensatz weiter, wobei man die Tatsache, dass man mit „unreinen“ Daten arbeitet, natürlich immer im Hinterkopf behalten muss.

6.2.3 Eine Methode kommt selten allein: Die Familie der Kollostruktionsanalysen

http://www1.ids-mannheim.de/kl/projekte/methoden/derewo.html (zuletzt abgerufen am 20.05.2017).

6.2.4 Noch einmal am-Progressiv: Ein experimenteller Ansatz

Dieses Kapitel basiert teilweise auf Hartmann (2016a).

Die Angabe zum Ort der sprachlichen Sozialisation wurde mit einem Freitextfeld erfragt, um den Probandinnen selbst die Entscheidung zu überlassen, wie genau sie die Region spezifizieren wollen, und damit die Antwortwahrscheinlichkeit zu erhöhen. Da meist das Bundesland angegeben wurde, liegt dies der hier dargestellten Auswertung zugrunde, wenngleich die politischen Grenzen aus dialektologischer Sicht natürlich wenig aussagekräftig sind.

7.1 Lexikalischen und semantischen Wandel verstehen

Wie so viele Bezeichnungen mit dem Attribut kognitiv, ist auch „kognitive Semantik“ mehrdeutig: Es kann einerseits die umfassende Theorie sprachlicher Bedeutung von Talmy (2000) gemeint sein, andererseits die Auffassung von Bedeutung in der sog. Kognitiven Linguistik im allgemeinen. Hier ist die letztgenannte Lesart gemeint. Zur Einführung in die Kognitive Linguistik vgl. z.B. Croft & Cruse (2003) oder Evans & Green (2006). Eine etwas andere Spielart der kognitiven Linguistik stellt Schwarz-Friesel (2008) vor.

7.1.1 Erweiterung des Wortschatzes durch Entlehnung

http://www.gutefrage.net/frage/verkommt-die-deutsche-sprache-anglizismen (abgerufen am 24.03.2017).

Interessanterweise heißt es in der Duden-Auflage von 1915: „Diese Eindeutschung des engl. cake ist annehmbar, aber es muß in der E[in]z[ahl] Kek gesagt werden, nicht Keks“ (zit. nach Busse 1993: 37).

7.1.2 Wie geil ist das denn: Bedeutungswandel

Gezählt wurden die Lemmata im Abstand von 5 Wörtern vor und 5 Wörtern nach dem Keyword, das wiederum im DTA (Stand 2015) mit der Lemmasuche nach geil gefunden wurde (639 Treffer). Da das DTA weiter wächst, können in der aktuellen Version evtl. mehr Treffer gefunden werden.

Zum Beispiel muss bei der Interpretation berücksichtigt werden, dass die Datenmengen pro Jahrhundert unterschiedlich sind, dass möglicherweise ein gehäuftes Vorkommen von witzig in einem einzigen Text die Frequenzen verzerrt und dass witzig sowohl attributiv als auch prädikativ gebraucht werden kann: das witzige Buch vs. das Buch ist witzig und die Untersuchung der Kollokate im Wortabstand von +1 eigentlich nur zur attributiven Verwendungsweise aussagekräftige Ergebnisse liefern kann (und selbst hier kann das Bezugsnomen erst später folgen, vgl. das witzige, aber unnötige Buch).

Die Begriffe Bedeutungsverbesserung (auch: Meliorisierung) und Bedeutungsverschlechterung sind umstritten (vgl. Blank 1993; Bechmann 2013: 232235), weil ja nicht die Wörter selbst „besser“ oder „schlechter“ werden, sondern vielmehr eine Bedeutungsübertragung auf Konzepte stattfindet, die als „besser“ oder „schlechter“ bewertet werden. Dafür gibt es jedoch keine wirklich objektiven Bewertungsmaßstäbe.

7.2.3 „Zeige mir deine Nachbarn und ich sage dir, wer du bist“: Was Kollokationen über Semantik verraten.

Die Suchanfrage wurde mit dem inzwischen eingestellten Online-Abfragesystem Colibri 2 durchgeführt, das den Export von bis zu 10.000 Belegen erlaubte. De facto fanden sich teilweise einige Belege mehr in der ausgegebenen Konkordanz, sodass in den Daten beispielsweise 11.584 Belege für Banane enthalten sind.

8.1.2 Haben Dieselben schon gespeist? Anredewandel im Deutschen

Quelle: Sendung „3 nach 9“, aus: Loriot. Die vollständige Fernseh-Edition. Warner Home Video 2007.

Sowohl Text als auch Übersetzung zit. nach Wolfram von Eschenbach. 2003. Parzival: Text und Übersetzung. Mhd. Text nach der 6. Ausgabe von Karl Lachmann, Übersetzung von Peter Knecht. 2. Aufl. (De-Gruyter-Texte). Berlin, New York: De Gruyter.

Oder kann ich es doch? (Hier können Sie Ihren persönlichen Schrödingers-Katze-Witz einfügen.)

8.1.3 Pragmatik und Grammatikalisierung

Hier benutze ich den Begriff Konjunktion als Überbegriff sowohl für koordinierende Konjunktionen wie denn, die Hauptsätze verbinden (Jana hustet, denn sie ist erkältet), als auch für subordinierende Konjunktionen (= Subjunktionen) wie weil, die Nebensätze einleiten (Jana hustet, weil sie erkältet ist).

Mit Bogner (1996) gibt es jedoch schon eine korpusbasierte Untersuchung zum Fnhd.

Die Begriffe inchoativ und ingressiv werden in der Literatur z.T. austauschbar benutzt (z.B. Comrie 1976), z.T. aber auch differenziert. So unterscheidet Szczepaniak (2011: 145) ingressives bzw. „schnelles“ werden mit abruptem Zustandswechsel im Ahd. von inchoativem bzw. „langsamem“ werden im Mhd., das einen länger andauernden Veränderungsvorgang bezeichnen kann.

8.2.1 Sprache im Spannungsfeld von Mündlichkeit und Schriftlichkeit

Möglicherweise mit der Ausnahme von GoogleBooks, das allerdings nur sehr eingeschränkt als linguistisches Korpus nutzbar ist.

8.2.2 n-Gramme und Sprachgebrauchsmuster

Suchanfragen: <s/> [word="!"] bzw. [word!="!"] <s/>.

9.1 Graphematischen Wandel verstehen

Das Deutsche ist jedoch keineswegs die einzige germanische Sprache, deren Schriftsystem im Laufe seiner Geschichte die satzinterne Großschreibung entwickelt hat. So existierte die satzinterne Großschreibung auch im Dänischen und Norwegischen, wurde dort jedoch 1948 durch eine Rechtschreibreform abgeschafft (vgl. Bredel et al. 2017: 68). Im Englischen stieg die Gebrauchshäufigkeit satzinterner Majuskeln im 17. Jh. deutlich an, um jedoch schon im 18. Jh. wieder abzuebben (vgl. Gramley 2012: 147). Im Deutschen dagegen wurde zeitweilig die Einführung der gemäßigten Kleinschreibung diskutiert, die die Majuskelsetzung nur für Satzanfänge, bestimmte Nominalgruppen (v.a. Eigennamen) und das Anredepronomen Sie vorsieht; dieser Reformvorschlag wurde jedoch als zu radikal abgelehnt (vgl. Ewald & Nerius 1997).

Einen ersten Überblick in tabellarischer Form bietet http://www.duden.de/ueber_duden/geschichte-der-rechtschreibung (zuletzt abgerufen am 12.04.2017).

9.1.1 Die Entwicklung der Substantivgroßschreibung

Solche Verwendungsweisen sind natürlich prinzipiell möglich, prototypischerweise wird Freiheit aber nicht in einer solchen stärker individuierten Lesart verwendet.

Einen notorisch problematischen Fall stellt die Personifizierung abstrakter Konzepte dar. Wenn abstrakte Konzepte als Menschen konzeptualisiert werden, gelten sie dann als abstrakt oder als konkret, als unbelebt oder als belebt? Yamamoto (2008: 131) etwa zählt personifizierte Abstrakta zur Kategorie „Personen“.

9.1.2 Von der Graphie zur Orthographie: Die Geschichte der deutschen Rechtschreibung

Natürlich kann man streng genommen nicht nach Konsonanten suchen, sondern nur nach Buchstaben, die für Konsonanten stehen.

9.2.1 Gedruckte vs. handschriftliche Texte

http://dx.doi.org/10.18710/SJ4OQE, zuletzt abgerufen am 20.05.2017.

9.2.2Levenshtein-DistanzLevenshtein-Distanz und graphische Variation

Auf die bedingte Formatierung wird auch in den Abschnitten zu Tabellenkalkulationsprogrammen in den Tutorials im digitalen Begleitmaterial eingegangen.

Wie zitiere ich richtig?

http://celxj.org/downloads/USS-NoComments.pdf (zuletzt abgerufen am 03.04.2017).

http://www.zotero.org/styles/unified-style-linguistics (zuletzt abgerufen am 30.04.2017).

Literaturverzeichnis

Sämtliche im Literaturverzeichnis angegebenen URL s zuletzt abgerufen am 30.05.2017.

Vorwort

Wissenschaft kann man nicht alleine betreiben. Sie lebt vom gegenseitigen Austausch, von der Weitergabe von Wissen auf allen nur denkbaren Wegen. Wenn ich in diesem Buch versuche, einen kondensierten Einstieg in die deutsche Sprachgeschichte und die Methoden ihrer Erforschung zu bieten, dann ist das Ergebnis in jeder Hinsicht stark beeinflusst von all denjenigen, die meinen eigenen Blick auf Sprache und Sprachwissenschaft geprägt haben. Hier kann ich nur einige wenige von ihnen nennen und ihnen stellvertretend danken.

Meine sprachgeschichtliche Prägung habe ich an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bei Damaris Nübling erfahren, die auch den Kontakt zum Narr-Verlag hergestellt und damit den Anstoß für das vorliegende Buch gegeben hat. Ähnlich prägend für meine sprachhistorische Ausbildung waren Kerstin Riedel und Sabine Obermaier. Einen großen Teil der korpuslinguistischen Expertise, die ich in den vergangenen Jahren erwerben konnte, verdanke ich meiner anglistischen Kollegin Susanne Flach (Neuchâtel). Einige sehr wertvolle Hinweise hat mir auch Andreas Klein (Mainz) gegeben.

Während meiner Promotion in Mainz hatte ich das Glück, mit großartigen Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten zu können – stellvertretend seien Kristin Kopf und Luise Kempf genannt. Nicht minder großartig sind meine derzeitigen Kolleginnen und Kollegen in Hamburg bzw. (ab Oktober 2017) Bamberg, durch die ich zu vielen der im Folgenden diskutierten Themen auch neue Perspektiven entwickeln konnte. Hier danke ich besonders Renata Szczepaniak, die meine Arbeit an diesem Buch stets voll unterstützt hat. Darüber hinaus danke ich Lisa Dücker, Melitta Gillmann, Eleonore Schmitt, Daniela Schröder und Annika Vieregge für hilfreiche Anmerkungen zu einzelnen Kapiteln. Auch bin ich der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg zu Dank verpflichtet, deren Dienste ich beim Schreiben dieses Buches in teilweise doch recht exzessivem Maße in Anspruch genommen habe. Was meine Kenntnisse in der Programmiersprache R angeht, auf die sich auch große Teile des digitalen Begleitmaterials zu diesem Buch stützen, verdanke ich Fabian Barteld (Hamburg), Ash Chapman (Newcastle) und Peeter Tinits (Tallinn) vieles.

Meinen Studierenden in Mainz und Hamburg danke ich dafür, dass sie meinen Blick auf Sprachgeschichte und ihre didaktische Vermittlung immer wieder mit engagierten Rückfragen und guten Ideen geschärft haben. Auf Seiten des Narr-Verlags gilt mein besonderer Dank Tillmann Bub, der von der ersten Idee bis zur Publikation immer ein guter und verlässlicher Ansprechpartner gewesen ist, und Elena Gastring, dank deren gründlicher Durchsicht des Manuskripts ich noch zahlreiche Fehler und Unklarheiten tilgen konnte – wenn auch sicherlich nicht alle; die verbleibenden liegen selbstverständlich allein in meiner Verantwortung.

Einige Kollegen und gute Freunde haben dieses Buch besonders geprägt: Auch wenn die Grafiken, die ich erstellt habe, wohl keinen Designpreis gewinnen, wären sie ohne die Hilfe von Jonas Nölle (Edinburgh) sicherlich deutlich weniger ansehnlich geworden. Andreas Hölzl (Zürich) hat dankenswerterweise fast das gesamte Manuskript gelesen und sehr viele hilfreiche Vorschläge eingebracht. Michael und Monika Pleyer (Koblenz) haben nicht nur nützliche Rückmeldungen zur vorliegenden Einführung gegeben, sondern mir hin und wieder auch wertvolle Ablenkung von dem Buchprojekt verschafft.

Mein größter Dank gilt jedoch meiner Familie, ohne deren Unterstützung ich es sicherlich nicht geschafft hätte, zusätzlich zu einer Reihe anderer Projekte noch ein Einführungswerk zu schreiben.

 

Hamburg, September 2017     Stefan Hartmann

Wenn wir nicht wissen,

wie etwas geworden ist,

so kennen wir es nicht.

 

August Schleicher

1. Einführung

An Einführungen in die deutsche Sprachgeschichte besteht kein Mangel – warum also noch eine weitere? Die Antwort darauf ist ebenso einfach wie folgenreich für die Konzeption dieses Buches: Bücher zur deutschen Sprachgeschichte gibt es viele, aber die deutsche Sprachgeschichte muss erst noch geschrieben werden.

Das heißt jedoch keineswegs, dass ich mir anmaßen würde, die deutsche Sprachgeschichte, also das beste und umfassendste Referenzwerk über die Geschichte der deutschen Sprache zu schreiben. Ganz im Gegenteil: Einen wirklich umfassenden Überblick zu geben über die Entwicklungen, die die deutsche Sprache in den letzten knapp 1.500 Jahren durchgemacht hat, ginge weit über das hinaus, was diese Einführung leisten kann und will. Der Punkt ist ein anderer: Wissenschaft ist ein Prozess, der davon lebt, dass bestehendes Wissen hinterfragt und überprüft wird, dass Forschungslücken gefüllt werden, dass unterschiedliche Methoden und Herangehensweisen erprobt und diskutiert werden. Diese Einführung will daher zwar auch einen Überblick über die deutsche Sprachgeschichte bieten, Ihnen aber vor allem Methoden an die Hand geben, selbst Sprachgeschichtsforschung zu betreiben.

Trotz dieser recht anspruchsvollen Zielsetzung sollte sich das Buch weitgehend ohne Vorkenntnisse lesen lassen. Bis auf Grundbegriffe, die aus dem schulischen Grammatikunterricht bekannt sein sollten, werden alle wichtigen Fachtermini erklärt. Wenn doch ein Begriff unklar sein sollte, ist es heute einfacher denn je, ihn nachzuschlagen, sei es im Internet oder, noch besser, in einem Fachlexikon wie Bußmann (2008) oder Glück & Rödel (2016).

Diese Einführung reagiert mit ihrer dezidiert methodischen Ausrichtung auf Entwicklungen in der germanistischen Sprachgeschichtsforschung, die sich auch in der Lehre niederschlagen. Die historische Sprachwissenschaft des Deutschen hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen ausgeprägten Methodenpluralismus entwickelt. An die Seite qualitativer, philologisch orientierter Arbeit an historischen Texten sind mehr und mehr quantitative und empirische Methoden getreten. Viele Dozierende erwarten mittlerweile von ihren Studierenden empirisches Arbeiten auch in Seminar- und Abschlussarbeiten. In den meisten Einführungen werden aber methodische Aspekte, auch aus Platzgründen, zumeist nur am Rande erwähnt. Zum Einstieg in empirische Methoden musste man bisher auf andere Einführungswerke zurückgreifen, die aber zumeist nicht auf sprachgeschichtliche Fragestellungen zugeschnitten sind, sondern entweder synchron orientiert sind (also die Gegenwartssprache behandeln) oder aus anderen Disziplinen wie der Psychologie oder der Sozialwissenschaft stammen.

Wenn man von germanistischer Sprachgeschichtsforschung spricht, dann ist damit in aller Regel – so auch in diesem Buch – die Untersuchung der deutschen Sprachgeschichte gemeint. Allerdings würde uns vieles entgehen, wenn wir die Perspektive ausschließlich auf das Deutsche einengen: Der Sprachvergleich gehört seit jeher zum Methodenrepertoire der historischen Sprachforschung. Deshalb ist ein Kapitel in diesem Buch auch der komparativen Methode gewidmet, ohne die wir viele der Sprachwandelprozesse, die quasi zum „Kanon“ des sprachgeschichtlichen Wissens gehören, nicht kennen würden.

Die Methode, die sich im Zuge der Digitalisierung wohl am eindrucksvollsten durchgesetzt hat, ist sicherlich die Korpuslinguistik, d.h. die Arbeit mit großen Sammlungen authentischer Sprachdaten. Auf Grundlage von Korpora lassen sich wissenschaftliche Hypothesen überprüfen, Sprachwandelprozesse nachvollziehen, regionale und textsortenspezifische Unterschiede dingfest machen. Germanistische Sprachgeschichtsforschung ohne Korpora – das ist heutzutage fast undenkbar. Schon in studentischen Seminararbeiten erfreut sich Korpuslinguistik erfahrungsgemäß wachsender Beliebtheit. Im methodischen Teil dieses Buches bilden korpuslinguistische Ansätze daher einen Schwerpunkt. Neben einem allgemein gehaltenen Einstieg in korpuslinguistische Methoden in Kapitel 2.2.2 werden mehrere korpusbasierte Fallstudien vorgestellt und diskutiert, und im digitalen Begleitmaterial zu diesem Buch finden sich mehrere praktisch orientierte Anleitungen zu Korpusrecherchen über einschlägige Korpusabfragesysteme.

Zum wachsenden Methodenpluralismus trägt aber auch die Verzahnung der germanistischen Sprachwissenschaft mit der Dialektologie bei. „Das“ Deutsche im Sinne einer überregionalen Standardsprache ist eine recht junge Entwicklung, und bis heute ist die deutsche Sprache in nicht zu unterschätzendem Maße dialektal geprägt. Regionale Unterschiede zu vernachlässigen, würde daher bedeuten, eine wichtige Dimension sprachlicher Variation außer Acht zu lassen. Zum Methodenrepertoire der Dialektologie gehören zum Beispiel Informantenbefragungen, die genutzt werden können, um Sprachraumgrenzen abzustecken: Wo im deutschsprachigen Raum sagt man Appel und wo Apfel? Wo benutzt man gell? als Rückversicherungssignal und wo eher ne? oder oder? Wie wir noch sehen werden, sind regionale Variation und diachroner Wandel bisweilen aufs engste verzahnt.

Nicht nur das Methodenrepertoire der historischen Sprachwissenschaft ist deutlich gewachsen, sondern auch das Spektrum der Fragestellungen ist breiter geworden. So haben beispielsweise Wortbildungswandel, historische Syntax und auch Wandelphänomene im Bereich der Pragmatik in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit erfahren. Damit gehen ebenfalls methodische Herausforderungen einher: Welche Textsorten spiegeln den authentischen Sprachgebrauch früherer Jahrhunderte am besten wider, sodass sich damit pragmatische Phänomene, also Aspekte des Sprachgebrauchs im Kontext, untersuchen lassen? Und welche Textsorten sind dezidiert schriftsprachlich und weisen deshalb verschachteltere Satzstrukturen und komplexere Wortbildungsprodukte auf als es im alltäglichen mündlichen Sprachgebrauch zu erwarten ist?

Diesen und vielen weiteren methodischen Herausforderungen wollen wir uns in den nächsten Kapiteln stellen. Dabei ist jedes Kapitel in zwei Teile untergliedert. Der erste Teil gibt einen Überblick über den jeweiligen Forschungsstand zu den einzelnen Themen, der zweite Teil widmet sich methodischen Aspekten und will Sie mit dem Rüstzeug ausstatten, selbst weiterzuforschen. In den einzelnen Kapiteln – angefangen mit dieser Einleitung – finden sich darüber hinaus immer wieder Infoboxen, die ergänzende Informationen zu den einzelnen Themen oder teilweise auch ganz allgemeiner Art liefern. In den methodischen Kapiteln finden sich hier oft Tipps und Tricks oder Warnungen vor häufigen Fehlern, in den Theoriekapiteln vertiefende Informationen zu einzelnen Aspekten des jeweiligen Kapitels oder terminologische Hinweise.

Dieses Buch will somit nicht nur eine Einführung in die deutsche Sprachgeschichte und die historische Sprachwissenschaft sein, sondern auch und gerade eine Einladung zum wissenschaftlichen Denken. Gerade wenn es um Themen wie Sprache und Sprachwandel geht, kommt die wissenschaftliche Perspektive im öffentlichen Diskurs oft zu kurz. Das ist wenig verwunderlich, denn wir alle benutzen Sprache(n), und folgerichtig hat jeder und jede bestimmte Meinungen und Einstellungen zu Sprache. Doch selbst Studierende in höheren Semestern, die längst nicht mehr an Sprachverfallsmythen glauben (vgl. z.B. Plewina & Witt 2014 für eine Reihe von Aufsätzen, die die populäre Idee eines vermeintlichen Verfalls der deutschen Sprache wissenschaftlich dekonstruieren), haben bisweilen erfahrungsgemäß Probleme, wissenschaftliche Prinzipien zu verstehen, insbesondere wenn es um das Verhältnis von Theorie und Daten, von Explanans (also der Erklärung) und Explanandum (dem zu Erklärenden) geht. Daher ist dieser Einführung besonders daran gelegen, Sprachwissenschaft explizit als Wissenschaft zu präsentieren.

Wenn Sie durch die Kombination aus Überblicksdarstellung und praktisch orientierter Anleitung zum eigenständigen Weiterfragen, Weiterdenken und Weiterforschen Spaß an scheinbar trockenen Themen wie syntaktischem oder morphologischem Wandel, Lautverschiebungen und Ablautreihen gewinnen, hat dieses Buch sein vielleicht wichtigstes Ziel erreicht.

Die deutsche Sprachgeschichte muss erst noch geschrieben werden – schreiben Sie daran mit!

Was dieses Buch ist – und was nicht …

Wie Sie an dieser Stelle schon gemerkt haben dürften, ist dieses Buch eine Chimäre: einerseits eine Einführung in die deutsche Sprachgeschichte, andererseits eine Hinführung zum methodischen Repertoire der historischen Sprachwissenschaft. Daher kann es keinen vollständigen Überblick über die deutsche Sprachgeschichte geben (sofern das überhaupt im Rahmen eines einzigen Werks möglich ist). Auch was die methodischen Ansätze angeht, auf denen der Fokus des Buches liegt, war zwingend eine Auswahl notwendig. Von Polenz (1991: 1723) weist zu Recht darauf hin, dass das Erkenntnisinteresse der Sprachgeschichtsschreibung über die rein linguistische Perspektive hinausgeht und beispielsweise auch (kultur-)historische Fragestellungen umfasst. Diese Perspektive werde ich in den Überblicksdarstellungen in den folgenden Kapiteln aufgreifen, aber die Vorstellung der Arbeitstechniken beschränkt sich weitgehend auf das ohnehin schon umfangreiche linguistische Methodeninventar.

Da die Arbeit mit Korpora in der germanistischen Sprachgeschichtsforschung die wohl mit Abstand wichtigste Methode des Erkenntnisgewinns darstellt, liegt der Schwerpunkt in dieser Einführung klar auf korpuslinguistischen Zugängen. Stärker als andere Einführungswerke, die dezidiert der Korpuslinguistik gewidmet sind (z.B. Scherer 2006, Perkuhn et al. 2012, Lemnitzer & Zinsmeister 2015), werde ich auf die speziellen Herausforderungen eingehen, die historische Korpuslinguistik mit sich bringt. Dennoch ersetzt dieses Buch natürlich keine Einführung in die Korpuslinguistik. Vielmehr will es quasi ein Sprungbrett für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit sprachgeschichtlichen Fragestellungen sein.

Wie man dieses Buch benutzt

Weil diese Einführung einen Spagat versucht zwischen der Vermittlung von „Grundzügen“ einerseits und „Methoden“ andererseits, ist jedes der folgenden Kapitel in zwei Teile gegliedert. Der jeweils erste Teil fasst unter dem Motto „Sprachwandel verstehen“ den derzeitigen Forschungsstand zu Kernthemen der germanistischen Sprachgeschichtsforschung zusammen, im zweiten Teil werden methodische Ansätze und Probleme oft anhand von Fallstudien illustriert. Die Kapitel bauen teilweise aufeinander auf, können aber prinzipiell auch unabhängig voneinander gelesen werden, auch wenn Leserinnen und Leser, die keine linguistischen Vorkenntnisse mitbringen, dann eventuell öfter einen Blick ins Wörterbuch werfen (oder im Internet nachsehen) müssen.

Aus Platzgründen kann nur bedingt eine praktisch orientierte Einführung in die jeweiligen Methoden gegeben werden. Allerdings stehen im digitalen Begleitmaterial eine Vielzahl an Tutorials insbesondere aus dem Bereich der Korpuslinguistik zur Verfügung (https://utb-shop.de/9783825248239). Das hat auch den Vorteil, dass ich zeitnah auf Änderungen etwa bei web-basierten Korpusschnittstellen reagieren kann, was in einem gedruckten Buch nur bei einer neuen Auflage möglich wäre. Darüber hinaus finden sich die meisten Daten und Skripts, die den Analysen in diesem Buch zugrundeliegen, in einem Github-Repository (github.com/hartmast/sprachgeschichte). Dort sind auch die besagten Tutorials zusammen mit den dazugehörigen Beispiel-Datensätzen hinterlegt. Ein Teil der Materialien findet sich zudem auf meiner Homepage www.stefanhartmann.eu – etwas Redundanz kann ja angesichts der notorischen Flüchtigkeit von Webinhalten nicht schaden, auch wenn ich natürlich versuchen werde, die Daten auf allen genannten Kanälen dauerhaft verfügbar zu halten.

Ein paar Warnungen (und Ermutigungen) vorab

Wissenschaft kann viel Spaß machen, ist aber nicht immer einfach. Das gilt auch für dieses Buch: Auch wenn es für AnfängerInnen ebenso geschrieben ist wie für LeserInnen, die schon Vorkenntnisse in der Linguistik mitbringen, sind einige Abschnitte sehr anspruchsvoll. Kapitel 3 zum Beispiel fasst auf wenigen Seiten einige Eckpfeiler der deutschen Sprachgeschichte zusammen, wofür man eigentlich ein ganzes Buch oder gar mehrbändige Überblicksdarstellungen benötigen würde. Dadurch lässt dieses Kapitel eine Lawine an Informationen auf Sie los, während es zugleich andere wichtige Entwicklungen in der Geschichte des Deutschen sträflich vernachlässigt. Lassen Sie sich davon bitte nicht abschrecken: Sie sollen die dargestellten Prozesse nicht auswendig lernen, sondern lediglich einen komprimierten Überblick bekommen, der zum Verständnis vieler der Entwicklungen erforderlich ist, die in den darauffolgenden Kapiteln genauer skizziert werden.

Im Methodenteil indes gilt: Keine Angst vor Zahlen und keine Angst vor Statistik! Erfahrungsgemäß finden viele Studierende den Gedanken, statistische Analysen durchzuführen, eher abschreckend (oder haben ein Germanistikstudium gewählt, um genau so etwas nie wieder machen zu müssen).

Dreierlei zur Beruhigung und Ermutigung. Erstens: Statistik ist keine Zauberkunst, sondern basiert auf relativ einfachen und intuitiv nachvollziehbaren Prinzipien. (Die Mathematik dahinter mag teilweise komplex sein, aber mit ihr müssen wir uns nur im Ansatz auseinandersetzen.) Zweitens: Die statistischen Tests, die ich in diesem Buch und im Begleitmaterial dazu vorstelle, sind – mit wenigen Ausnahmen – wirklich sehr grundlegend und können auch von Anfängerinnen und Anfängern gut verstanden werden. Und drittens: Statistik ist keine Wissenschaft für den Elfenbeinturm. Statistik-Kenntnisse können im Alltag außerordentlich vorteilhaft sein. Das gilt auch für angehende Lehrerinnen und Lehrer. Wie oben erwähnt, will dieses Buch auch eine Einladung zum wissenschaftlichen Denken sein. Dazu gehört, die wissenschaftliche Methode zu verstehen, die in Kap. 2 vorgestellt wird. Die wissenschaftliche Methode indes ist ohne Statistik kaum denkbar – wir brauchen Statistik, um unterschiedliche Erklärungsmodelle miteinander vergleichen und entscheiden zu können, welches das überzeugendste ist. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen in Teilen von Politik und Gesellschaft offene Wissenschaftsfeindlichkeit (auch gegenüber der Linguistik) salonfähig geworden ist, ist es wichtiger denn je, zu verstehen, wie Wissenschaft funktioniert, und auch Schülerinnen und Schüler ans wissenschaftliche Denken heranzuführen.

Infobox 1: Linguistische Auszeichnungen und Konventionen

 

In der Linguistik gibt es einige Notationskonventionen, mit denen man sich vertraut machen muss, um sprachwissenschaftliche Texte zu verstehen und selbst Sprachwissenschaft zu betreiben.

Kursivierung

Metasprachliches wird kursiv gesetzt. Der Unterschied zwischen Metasprache einerseits und Objektsprache andererseits lässt sich an einem einfachen Beispiel illustrieren: In dem Satz „Der Hund hat vier Beine“ wird das Wort Hund objektsprachlich gebraucht, bezieht sich also auf das Tier. In dem Satz „Das Wort Hund beginnt mit dem Laut /h/“ wird Hund metasprachlich gebraucht: es geht um das Wort, um die sprachliche Einheit.

‚…‘

In einfachen Anführungszeichen werden Bedeutungen angegeben, z.B.: das englische Wort dog ‚Hund‘; das deutsche Wort Hund ‚Säugetier mit vier Beinen‘

/hʊnt/

In /…/ stehen Phoneme. Unter Phonemen versteht man die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit: Im sog. Minimalpaar Haus vs. Maus kommt der Bedeutungsunterschied nur durch ein einziges variierendes Phonem – /h/ vs. /m/ – zustande.

[hʊnt]

In […] stehen Phone. Unter Phonen versteht man die konkrete lautliche Realisierung eines Phonems. So kann das Phonem /ʁ/ in Rat (in Lautschrift: [ʁa:t] bzw. [ra:t]) als Gaumenzäpfchen-r gesprochen werden ([ʁ]), was die in Deutschland verbreitetste Variante ist. Gerade in Bayern, Österreich und der Schweiz findet man aber auch das „rollende“ Zungenspitzen-r ([r]) (vgl. Meibauer et al. 2015: 87; Becker 2014: 27f.).

<Hund>

In <…> werden Grapheme notiert, also Schriftzeichen. Zu den großen „Aha-Erlebnissen“ angehender Studierender der Sprachwissenschaft gehört oft die Erkenntnis, dass Sprache und deren Verschriftung zwei unterschiedliche Dinge sind. Dies wird schon im mehrfach erwähnten Beispiel <Hund> deutlich: Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht – wir sprechen Hund nicht mit einem /d/, also einem stimmhaften Plosiv, aus, sondern mit /t/, einem stimmlosen Laut (s.u. 3.3.1). Noch deutlicher wird der Unterschied zwischen Sprache und Schrift, wenn wir uns vor Augen führen, dass in einigen Fällen ein Laut (z.B. /ʃ/) durch drei Grapheme wiedergegeben wird (<sch>) oder dass das gleiche graphische Zeichen (z.B. der Digraph <ch>) für ganz unterschiedliche Laute stehen kann (/ç/ in ich vs. /χ/ in ach).

> und <

> ist zu lesen als ‚wandelt sich zu‘, z.B. gebollen > gebelltgebollen wandelt sich zu gebellt‘. < ist umgekehrt zu lesen als ‚geht hervor aus‘, z.B. entsprechend gebellt < gebollengebellt geht hervor aus gebollen‘.

*

Der Asterisk kennzeichnet in der Regel ungrammatische Formen, die als Beispiele angeführt werden, z.B. *die Computers. Außerdem werden damit nicht belegte und rekonstruierte Formen ausgezeichnet, etwa in einem Satz wie „Das deutsche Wort Bruder geht auf indoeuropäisch *bhrāter221

?

Während einige Formen eindeutig ungrammatisch sind (z.B. *ich kief statt ich kaufte), schwankt bei anderen die grammatische Akzeptabilität. Solche Fälle sind statt mit Asterisk mit Fragezeichen gekennzeichnet (? Globusse, ? Atlasse statt Globen, Atlanten).

Zur Darstellung von Phonen und Phonemen wird das Internationale Phonetische Alphabet verwendet, kurz IPA . Die jeweils aktuelle Version des IPA findet sich auf der Seite der International Phonetics Association unter https://www.internationalphoneticassociation.org/content/full-ipa-chart (zuletzt abgerufen am 10.09.2016).