Achtes Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Noch mehr von dem Hinauf und Hinunter im Leben. – Man führt mich in den Gerichtshof hinauf, und ich führe den Lichter auf der Themse hinunter. – Die beiden Tome. – Ein fröhliches Herz auf zwei Stümpfen. – Mein erster Unterricht im Singen. – Unser Lichter wohl bemannt mit zwei Jungen und einem Bruchstücke.

Ich erwachte am andern Morgen nicht eher, als bis mich die Polizei weckte, um mich vor Gericht zu führen. Die Menge, welche uns verfolgte, schien keinen Unterschied zwischen den Gefangenen und Zeugen zu machen, und war sehr freigebig mit Bemerkungen, die für mich nicht sehr schmeichelhaft und unterhaltend waren. »Ein junger Bursche für ein solches Gewerbe,« rief Einer; »der Galgen ist ihm auf die Stirn gedrückt,« sagte ein Anderer, dem ich – so viel ich an seinen Zügen bemerkte, als ich mich nach ihm umwandte – die Schmeichelei mit Fug und Recht hätte zurückgeben können.

Das Gericht war nicht weit vom Wachthause entfernt und wir langten bald daselbst an. Der Oberbeamte ging in's innere Zimmer und besprach sich mit den Geschworenen, bevor sie in die Amtsstube traten und ihre Sitze einnahmen.

»Wo ist dieser Jacob Ehrlich? Junge, weißt du etwas von der Bedeutung eines Eides?«

Ich antwortete bejahend. Der Eid wurde mir abgenommen und meine Aussage niedergeschrieben. Dann las man den Gefangenen die Anklage vor und fragte sie, ob sie etwas zu ihrer Vertheidigung vorzubringen wüßten. Fleming hatte von seinem Anwalt, den er berufen, die Weisung erhalten, keine Antwort zu geben. Marables erwiederte ruhig, die Angaben des Jungen seien sämmtlich richtig.

»Glaubt aber ja nicht,« sagte der Beamte, »daß wir Euch als Königszeuge Königszeugniß wird die Aussage eines Mitschuldigen genannt, auf welche hin ein Verbrecher überwiesen wird. Das Königszeugniß hat für den, welcher es ablegt, Begnadigung zur Folge. annehmen können; das Zeugniß des Knaben ist hinreichend.«

»Ich wollte auch nicht als Zeuge auftreten,« versetzte Marables; »ich suche nur mein Gewissen zu erleichtern, nicht Verzeihung zu erlangen.«

Hierauf wurden die Verbrecher verhört und in's Gefängniß gebracht. Ich konnte nicht umhin, zu Marables hinzugehen und ihm die Hände zu drücken, ehe man ihn abführte. Er erhob seine beiden Hände, denn er hatte die Handschellen noch an, und wischte sich die Augen, indem er sagte: »Laß es dir eine Warnung sein Jacob – nicht als ob ich glaubte, du bedürftest einer Warnung; aber ich war einst eben so ehrlich, als du, und nun sehe mich jetzt an.« Er sah mit einem Schmerzensausdruck auf seine gefesselten Handgelenke. Sie verließen das Zimmer. Fleming warf mir einen Blick zu, der es deutlich genug aussprach, was ich zu gewarten hätte, wenn ich ihm je in die Hände fallen sollte.

»Wir müssen dich hier behalten, Junge,« bemerkte einer der Geschworenen, »wenn du nicht einen genügenden Bürgen stellen kannst, daß du dich bei der Untersuchung als Zeuge einfindest.«

Ich erwiederte, ich kenne Niemand, als Herrn Drummond und meinen Schulmeister, habe aber keine Mittel, sie von meiner Lage in Kenntniß zu setzen.

Der Oberrichter beauftragte den Polizeidiener, mit der ersten Kutsche nach Brentford zu fahren, das Vorgefallene Herrn Drummond mitzutheilen und ihm zugleich zu eröffnen, daß der Lichter so lange unter der Aufsicht der Strompolizei bleibe, bis er Leute an Bord schicke. Ich erhielt die Erlaubniß, mich auf eine Bank hinter die Schranken zu setzen.

Es war schon Mittag vorüber, als Herr Drummond in Begleitung des Domine erschien. Um Zeit zu ersparen, gab Ihnen der Beamte meine Aussage zum Durchlesen. Sie leisteten Bürgschaft, und ich konnte den Gerichtssaal verlassen. Wir fuhren mit einander in der Landkutsche hinab, aber da sie im Innern saßen und ich mich auf einem Außensitze befand, so hatte ich nicht viele Fragen zu beantworten, bis wir in Herrn Drummonds Hause anlangten, wo ich über alles Vorgefallene umständlichen Bericht erstattete.

»Proh! Deus!« rief der Domine, als ich meine Erzählung beendet hatte. Welch ein Entrinnen! Wie nahe warst du daran, uns entrissen zu werden, wie Propertius, freilich in Beziehung auf ein Weib, sagt: ›Eripitur nobis jam pridem carus puer‹. Wie gut war es, daß du schwimmen gelernt hattest – wahrlich, du mußt wacker um dein Leben gekämpft haben. ›Pugnat in adversas ire natator aquas‹, ja, gewiß, wacker, mein Kind. Nun, Gott sei gepriesen!«

Aber Herrn Drummond war daran gelegen, daß der Lichter in die Werfte zurückgebracht würde. Er ließ mir daher das Essen reichen (denn ich hatte den ganzen Tag noch nichts über die Lippen gebracht) und schickte mich in einem Boote mit zwei Männern nach der Barke, um sie heraufzuführen. Am nächsten Morgen kamen wir zurück; und da Herr Drummond noch keinen neuen Schiffer angenommen hatte, blieb ich wieder einige Tage lang am Lande, indem ich meine Zeit zwischen dem Domine und dem Drummond'schen Hause theilte, wo ich nicht nur von dem Herrn, sondern auch von seiner Gattin und der kleinen Sarah sehr freundlich behandelt wurde.

Bald war ein Führer für den Lichter gefunden; und da ich eine geraume Zeit unter seiner Oberherrschaft stand, so muß ich ihn etwas genauer beschreiben. Er hatte den größten Theil seiner Lebenszeit als Soldat an Bord eines Kriegsschiffes zugebracht, manchem größeren und kleineren Seetreffen beigewohnt, und in der Schlacht bei Trafalgar seinen Dienst mit dem Verluste seiner beiden Beine beschlossen – ein Unglück, das ihm einen Jahrgehalt aus dem Greenwich-Hospital verschaffte, welchen er, als Gatte und Vater, der Aufnahme in diese Anstalt vorzog. Seit dieser Zeit arbeitete er auf dem Flusse. Er war sehr beweglich und breitschulterig, und hatte vor dem Verluste seiner Beine gewiß seine fünf Fuß elf Zoll, wo nicht volle sechs Fuß gemessen; als er aber fand, daß er sich auf kurzen Stümpfen besser im Gleichgewicht erhalten konnte, als auf langen, so hatte er seine hölzernen Beine ungefähr um acht Zoll gegen seine früheren verkürzt und dadurch bei seinem breiten Körperbau das Ansehen eines großen Zwerges gewonnen. Den vortrefflichen Ruf, dessen er sich erfreute, verdiente er in vollem Maße. Er war stets heiter und trank gern sein Gläschen. Ein leichter Sinn bildete den Grundzug seines Charakters. Er sang unaufhörlich. Seine Stimme war sehr schön und kräftig. So lange er an Bord des Kriegsschiffes war, mußte er häufig dem Kapitän und den Officieren singen, wie er denn überhaupt als die Seele der Back galt. Sein Gedächtniß war vorzüglich, sein Vorrath an Liedern unerschöpflich. Uebrigens sang er selten oder nie mehr als eine oder zwei Liederstrophen, die ihm bei irgend einer Veranlassung des Augenblicks beifielen, wobei er die Worte häufig veränderte, um sie der Gelegenheit anzupassen. Ihn begleitete sein Sohn Tom, ein Junge von meinem Alter, so lustig, als sein Vater, mit einer guten Tenorstimme und einem ordentlichen Vorrath an Humor. Häufig nahm er die Strophen seines Vaters auf, um sie mit Worten von seiner eigenen Erfindung und einem allzeit fertigen Witze in richtiger Tonweise weiter auszuführen. Wir drei bildeten die Mannschaft des Lichters, und da durch Verzögerung schon eine geraume Zeit verloren worden war, so schifften wir uns bei der Ankunft der beiden Tome sogleich ein. Der Vater hieß Tom Beazeley, war aber auf dem Flusse bekannter unter dem Namen »der alte Tom«, oder wie ihn irgend ein sachkundiger Spaßvogel getauft hatte, »der Meermann auf zwei Stümpfen«. Sobald wir unsere Armatur an Bord hatten, wie es der alte Tom nannte, erhielt er seine Verhaltungsbefehle, und wir stießen von der Werfte ab. Der Wind war günstig. Der junge Tom geberdete sich so ruhig und muthwillig, wie ein Affe. Sein Vater ergriff das Steuer. Wir Jungen spannten die Segel und ließen uns dabei von einem kleinen Neufoundländer Hunde helfen, den Tom dazu abgerichtet hatte, ein Tau mit den Zähnen zu halten und überhaupt beim Auftakeln Dienste zu leisten. – Die Barke glitt dahin und der alte Tom sang, daß man es an beiden Ufern hören konnte:

»Wohlauf, die Segel gerichtet;
Gebt allen Winden sie frei!
Der See bin ich immer verpflichtet,
Doch bleib' meinem Liebchen ich treu.«

»Tom, du Betteljunge, ist der Bündel für deine Mutter fertig? Wir müssen auf Battersea-Revier den Kahn aussetzen, Jacob, und der Alten die Kleider an's Land schicken, sonst bekommen wir keine reinen Hemden auf den Sonntag. Lege auch die deinigen dazu, Jacob, sie wird nichts dagegen haben, denn sie hat sonst schon für die ganze Mannschaft gewaschen. Ziehet Beide an – noch einen Ruck, dann laßt das Lien fallen. So ist's recht, meine Hähnchen.

»Die Segel dem Winde gerichtet,
Er treibt uns die Fluthen entlang!
So bringet noch, dem wir verpflichtet,
Ein Gläschen beim frohen Gesang.«

»Tom, wo ist mein Theetopf? Komm, Junge, wir müssen zum Frühstück pfeifen. Jacob, da hängt ein Tau über Bord. Nun Tom, gib mir meinen Thee; mit der einen Hand will ich trinken, mit der andern steuern, und was die Beine betrifft, je weniger wir davon sagen, desto besser ist's.

Ich ford're nicht Schätze, noch Ehren,
Ich sehne mich nicht nach der Höh',
Nur Eins soll der Herr mir gewähren –«

Hier fiel Tom mit seinem Tenor ein, indem er ihm den Topf hinreichte:

»Zum Frühstück ein gutes Glas Thee.«

»Still, du Seehahn! wie wagst du es, deine Pfenningspfeife hier anzustecken? Wie ist der Wasserstand, Tom?

»Drei Viertel Ebbe.«

»Nein, Schuft, es ist nicht wahr. Jacob, sprich du.«

»Ungefähr halb, denke ich.«

»Und du hast Recht.«

»Was für Wasser haben wir hier unten auf der Seite?«

»Ihr müßt um die Ecke biegen,« erwiederte ich; »die Bank springt vor.«

»Dank, Junge, meinte es auch, war aber meiner Sache nicht gewiß.« Und nun stimmte der alte Tom in lieblicher Weise die Strophe an:

»Wandelst du des Wassers Pfade,
Gib dem Meinen kein Gewicht!
Folge einem guten Rathe,
Dieser Kompaß trüget nicht.«

»Bist du es alter Tom?« rief ein Mann von einer anderen Barke.

»Ja, was noch übrig ist, mein Herzblatt.«

»Mit dieser Strömung wirst du nicht durch die Brücken kommen, – dort rechts auf den untern Revieren weht ein starker Wind.«

»Hat nichts zu sagen, wir wollen sehen, wie wir's machen.

›Wenn nicht Sturm und Wetter toben,
Und der Wind sich günstig weist,
Sei die Stunde nicht verschoben,
Welche uns Erfolg verheißt.«‹

»Bravo, alter Tom! warum werfen die Jungen die Angeln nicht aus? Alle Fische gehören dir zu.« rief der Mann, als Wind und Strömung die Barke trennte.

»Ich diente meist auf einem kleinen Fahrzeuge, das sie Arion nannten,« sagte der alte Tom, »und von einem Kerle, der eben so hieß, erzählten sie, er habe die Fische hinter sich herlocken können, so oft es ihm beliebt habe. Wie wir in der Nordsee waren, sah ich selbst, daß Einem Schaaren von Seekälber folgten, wenn man pfiff; aber dieses Vieh hat Ohren – die Fische haben keine.

›Wohl denk' ich an's kalte und traurige Land,
Wo des Nordlichts Pracht
In des Winters Nacht
Vergoldet den schneeigen Strand‹.«

»Bist du mit deinem Frühstück«; fertig, Jacob? Da, nimm das Steuer; indessen will ich mit Tom das Fahrzeug wie eine Aepfeltorte aufstutzen.«

Der alte Tom humpelte nach dem Vorderschiff und der Sohn folgte mit dem Neufoundländer Hunde, der sich als eine der brauchbarsten Personen an Bord zu betrachten schien. Sie wandten die Taue auf, scheuerten das Verdeck und gingen dann in die Kajüte, um dort ihre Anordnungen zu treffen.

»Ein gutes Schloß, das, Tom,« rief der Vater, den Schlüssel am Wandschranke drehend. (Ich erinnerte mich desselben; es schnappte einst so laut, daß ich deßhalb über Bord geworfen wurde.) »Diesen Schrank, sage ich, Tom,« fuhr der Alte fort, »machst du mir nicht auf; darin will ich den Zucker und Grog verschließen, du Schuft. Es geht zu schnell damit, seitdem du Haus- und Hofmeister bist.

›Denn Grog ist der Backbord und Steuerbord,
Der Hauptmast und Besan und Log;
Am Land und zur See, im sichern Port,
Ist's Matrosen Kompaß der Grog‹.«

»Aber kein Kompaß, Vater, mit welchem man sicher steuert,« bemerkte Tom.

»Darum mache dir nichts mit ihm zu schaffen, Tom.«

»Ich trinke nur deßhalb ein wenig, Vater, damit Ihr nicht zu viel trinkt.«

»Schönen Dank für Nichts! wann trinke ich zu viel, du Schuft?«

»Nicht zu viel für einen Mann, der auf seinen eigenen Spazierhölzern einhergeht, aber zu viel für einen, auf zwei Besenstielen.«

»Halte deine Zunge im Zaume, Musje Tom. oder ich schraube einen meiner Besenstiele ab und gebe dir damit eins auf's Dach.«

»Und bevor er aus der Schraubenmutter ist, gebe ich Euch das Fersengeld. Was wollt Ihr dann thun, Vater?«

»Dich fangen, sobald ich kann, Tom, wie die Spinne die Fliege.«

»Wozu aber das, wenn Ihr den Aerger nicht zehn Minuten lang ertragen könnt?«

»Sehr wahr, Tom; danke also dem Himmel, daß du zwei gute Fersen hast und dein armer Vater keine.«

»Und sehr wahr, daß ich dem Himmel auch oft dafür danke; aber wozu sich über einen Tropfen Rum und eine Hand voll Zucker ärgern?«

»Weil du mehr nimmst, als dir zusteht.«

»Nun, so nehmet Ihr weniger, dann ist Alles in der Ordnung.«

»Und warum soll ich weniger nehmen?«

»Weil Ihr nur ein halber Mann seid; Ihr habt für keine Beine zu sorgen, wie ich.«

»Ich sage dir aber, Tom, das ist eben der Grund, warum ich mehr bedarf; ich muß meinen alten Leib über den Verlust seiner Beine trösten.«

»Wenn Ihr Eure Beine verlort, Vater, so verlort Ihr Euern Ballast, und deßhalb müßt Ihr nicht zu viel Segel beisetzen, sonst könntet Ihr in einer dunkeln Nacht über Bord humpeln. Wenn ich den Grog trinke, so geschieht es also zu Eurem Besten, wie Ihr seht.«

»Du bist zwar in diesem Punkte ein gewissenhafter Sohn und so weit der Zucker in's Spiel kömmt, ein süßes Kind; aber doch soll Jacob bei mir in der Kajüte schlafen, und du kannst deine Federn vorne schütteln.«

»Nun, das finde ich ganz unnatürlich; warum Vater und Sohn trennen?«

»Nicht Vater und Sohn, blos Sohn und Rumflasche.«

»Das ist eben so grausam, warum zwei so gute Freunde trennen?«

»Von wegen, weil er für dich zu stark ist, Tom, und dich bisweilen wirft.«

»Nun, ich vergebe es ihm; er thut das in der besten Laune von der Welt.«

»Du bist ein spitzfindiger Kauz, aber du spitzest deine Zunge umsonst. Branntwein ist für einen Jungen, wie du, zu stark, und wächst dir über den Kopf.«

»Nun, wachse ich nicht auch? wir wachsen mit einander.«

»Du wirst aber höher wachsen ohne ihn.«

»Ich möchte kein so hoher Mann werden, wie Ihr, mit verkürztem Unterstocke.«

»Wäre ich nicht ein so hoher Mann gewesen, so würde mir auf immer der Athem verkürzt worden sein; die Kugel, welche mir die Beine abschlug, hätte dich mitten entzwei geschlagen.«

»Und die Kugel, welche Euch den Kopf abschlüge, würde über den meinigen wegpfeifen; so sind wir also wieder gleich.«

»Und hier ist der Grog aufgehoben,« versetzte der alte Tom, den Schlüssel umdrehend und in seine Tasche steckend, »und der Riegel vorgeschoben. So, jetzt wollen wir auf das Verdeck.«

Ich schrieb die ganze Unterredung nieder, weil sie dem Leser den besten Begriff von Tom und seinem Benehmen gegen seinen Vater gibt. Tom liebte seinen Vater, und wenn er auch boshaft war und den starken Geist ebenfalls liebte, wo er ihn erhaschen konnte, so war er doch nicht ungehorsam oder lasterhaft. Wir hatten bereits Battersea-Fields erreicht, als sie auf das Verdeck zurückkehrten.

»Weißt du, Jacob, wodurch das Kirchspiel Battersea in den Besitz dieser Felder kam?

»Nein, ich weiß es nicht.«

»Nun, so will ich dir's sagen; – weil die Leute von Battersea menschlicher und barmherziger waren, als ihre Nachbarn. Es war eine Zeit, wo diese Felder keinen Werth hatten, und jetzt sollen sie so viel werth sein, als eine Münzstätte. Die Leiche eines armen Teufels, der im Strome ertrank, wurde hier an's Land gespült, und keines der Kirchspiele wollte die Kosten der Beerdigung tragen; aber die Leute von Battersea, denen man die Last am wenigsten aufbürden konnte, mochten es nicht länger mit ansehen, daß der arme Tropf im Schlamm liegen blieb, und verstanden sich zu dem Begräbnisse. Wie nun die Felder einen Werth bekamen, waren die übrigen Kirchspiele mit ihren Ansprüchen gleich bei der Hand, aber man untersuchte die Sache, und weil nachgewiesen wurde, daß Battersea den Todten begraben hatte, wurden die Güter dieser Gemeinde zugesprochen. Auf diese Art wurden sie für ihre Menschlichkeit gut bezahlt, und sie verdienten es auch. Herr Drummond sagte mir, du kennest den Strom genau, Jacob.«

»Ich ward auf demselben geboren.«

»So hörte ich und weiß Alles von deines Vaters und deiner Mutter Tod. Ich erzählte es Tom, weil er auch ein Freund von der Rumflasche ist.«

»Nun, Vater, wir wollen den Jacob nicht daran erinnern; die Thränen stehen ihm schon in den Augen,« sagte Tom theilnehmend.

»Ich wollte, du hättest nie einen andern Tropfen im Auge, – aber vergiß es Jacob, ich bedachte nicht, was ich sagte. Siehst du dort jenes Häuschen mit den beiden Schornsteinen? – das ist mein, dort wohnt meine Alte – möchte wissen, was sie gerade schafft.«

Der alte Tom schwieg eine Zeitlang. Seine Augen waren auf das Haus gerichtet. Dann begann er:

»Ich kreuzte durch die Meere, ich suchte den fernen Strand,
Ich triumphirt' in Schlachten, ich warf den Feuerbrand;
Ich trug den wilden Donner durch wilder Wogen Graus,
Ich fand nicht Ruhm, noch Schätze, – doch fand ich Herd und Haus.«

»Tom, lasse das Boot hinab und rudere mit dem Bündel an's Land; frage die Alte, was sie macht und melde ihr, ich sei munter.« »Im nächsten Augenblicke stand Tom im Boot und ruderte lustig nach dem Ufer.

»Das erinnert mich an meine Rückkehr zu meiner Mutter. Es war nach den ersten drei Jahren meines Seedienstes. Ich entlehnte den Nachen vom Schiffer – mein erstes Schiff war ein Grönländer – und steuerte nach meiner Mutter Hütte unter dem Riff. Die alte Seele wäre beinahe vor Freude gestorben.«

Der alte Tom schwieg, wischte sich eine Thräne aus den Auge und stimmte wie gewöhnlich eine Strophe an, die er sotto voce vortrug.

»Was kümmert's dich, wenn sich die Augen füllen?
Auch in der Thräne liegt ein süßer Trost.«

»Wie jammerte das alte Ding,« fuhr er nach einer Pause fort, »als ich zur See gehen wollte! – Das war ein Bitten und Betteln – Knaben haben kein Gefühl, – das ist nur zu gewiß.«

»Kind, laß mich nicht im fernen Himmelsstrich!
Kind, laß mich nicht, ich habe nichts als dich!
Denk' an den Sturm, denk', eine Mutter fleht,
Ach, eine Mutter, die am Grabe steht!«

»Doch endlich gewöhnte sie sich daran, wie das Weib sagte, wenn sie den Aalen die Haut abzog. Tom ist ein guter Junge, Jacob, aber nicht so gesetzt, wie du dem Vernehmen nach sein sollst. Seine Mutter verzärtelt ihn und ich kann ihm auch nicht schief kommen; denn er hat eben doch das Herz am rechten Flecke. Dort schüttelt die alte als Signal das Tischtuch nach uns. Ich wollte, ich wäre selbst an's Land gegangen, aber ich kann diese kleinen papierenen Boote nicht besteigen, ohne den Boden mit meinen Zimmerhölzern zu durchstoßen.«

Sechzehntes Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Das Leben auf hohem Fuße von einem niedern Standpunkte. – Welt – Französisch – Kunstsinn und dergleichen.

Es war nahe an sechs Uhr, und Mrs. Turnbull trat festlich gekleidet in's Gastzimmer. Sie war wirklich eine sehr schöne Frau und hatte ganz das Aussehen einer großen Dame; aber ihre Sprache verrieth sie. Sie glich dem Pfau. So lange sie schwieg, konnte man das Gefieder bewundern, aber ihre Stimme verderbte Alles.

»'Err Gemahl,« sagte sie, »h'ich wünschte, H'Ihnen zu h'erklären, daß in H'Ihrem Betragen gewisse H'Unanstandigkeiten vorkommen, die h'ich nicht dulden kann, besonders H'Ihre H'Erwahnungen der Zeit, wo Sie vor dem Maste dienten.

»Habe ich mich dessen zu schämen, meine Liebe?«

»Ja. 'Err Gemahl, das 'eißt – man verliert durch solche H'Einzelheiten in der vornehmen Welt. Vor den Leuten zu tadeln, ist h'unanständig, h'ich 'abe mir deßwegen einen Plan h'ausgesonnen, h'um H'Ihrer Gemeinheit vorzubeugen. Merken Sie sich 's, 'Err Gemahl, so h'oft b'ich sage, h'ich 'abe Kopfschmerz, so h'oft h'ist dieß 'Hein Zeichen für Sie, daß Sie schweigen sollen; und 'Err Turnbull würden mich verpflichten, wenn Sie den ganzen Abend h'über gemslederne 'Andschuh tragen würden.«

»Wie, bei Tisch, meine Liebe?«

»Ja, bei Tisch; H'Ihre 'Aende find so rauh, man kann sie nicht h'anrühren.«

»Ich weiß eine Zeit, wo du anders dachtest.«

»Wann, 'Err Gemahl? 'Abe h'ich H'Ihnen das nicht h'immer gesagt?«

»Ja, in der neueren Zeit; aber ich meinte die Zeit, wo eine Polly Speck von Wapping meine Hand am Altar nahm.«

»Wahrhaftig, 'Err Turnbull werden beleidigend. Ich 'ieß Mary, und die Specks sind h'ein guter h'alter h'englischer Name. Sie führen H'Ihr Wappen durch mich. Das will was 'eißen, das kann h'ich H'Ihnen sagen.«

»Ich hatte jedenfalls auck was Ordentliches dafür zu bezahlen.«

»Die Bezahlung, 'Err Turnbull, war dafür, daß Sie h'über'aupt h'ein Wappen führen durften, da Sie nie h'eins ge'abt 'aben.«

»Und nie eins haben wollte. Was bekümmere ich mich um solches Zeug?«

»Und h'als Sie wählten, 'Err Turnbull, 'ätten Sie mich um Rath fragen sollen, h'anstatt vor Sir Georg Naylor und h'allen 'Erolden zum Gespötte zu werden. Wer h'anders, h'als h'ein Wahnsinniger würde drei fliegende 'Arpunen und drei liegende Tonnen, mit h'einem spritzenden Wallfisch als 'Elmzierde gewählt 'aben? Just, h'um vor Jedermann zur Schau zu tragen, was h'auf h'immer h'in Vergessenheit begraben werden sollte; h'und dann H'Ihr pöbelhaftes Motto– › Thran für immer‹! Ja, Thränen für h'immer sollte man darüber weinen.«

»Nun, die Herolde sagten mir, dieses Wappen wäre eben dasjenige, das ich hätte wählen müssen; sie nannten es sehr treffend.«

»Sie nahmen H'Ihr Geld h'und lachten Sie h'aus. Zwei Paar Greife, h'ein Löwe, h'ein Halbdutzend Leoparde, h'und h'ein 'And mit h'einem Dolche hätte keinen 'Eller weiter gekostet. Doch was kann man von einem Schweine h'erwarten?«

»Nun, wenn es geräuchert würde, so wäre es gerade, was du bist, – Speck

»H'Ich mag mich nicht selbst h'erniedrigen, 'Err Turnbull.«

»Da thust du vollkommen recht, meine Liebe. Erinnere dich des Motto's, das du statt des meinigen wählen wolltest.«

»Ja, h'und h'es war h'ein sehr passendes – Zu große Vertraulichkeit h'erzeugt Verachtung – nicht wahr, 'Err H'Ehrlich?«

»Ja. Madame; so lautete eine von unseren Schulschriften.«

»H'Ich bitte h'um Verzeihung, Err, h'es war meine h'eigene H'Erfindung.«

Rap, tap, rap tap tap, tap tap.

»Mr. und Mrs. Peters von Petercumb Hall,« meldet der Hausmeister; und hereintrat zuerst Mrs. Peters, ein Diminutiv von einer Dame; ihr folgte Mr. Peter, ein Mann von sechs Fuß vier Zoll Höhe, wovon acht Zoll für Verbeugungen abgingen. Herr Peters hatte sich mit einem ansehnlichen Vermögen von der Börse zurückgezogen, einen Landsitz gekauft, demselben den Namen Petercumb-Hall gegeben und sich eine Equipage angeschafft. Ein zweites Pochen, und Herr und Frau Drummond werden angemeldet, Höflichkeitsbezeugungen ausgetauscht und von Mrs. Turnbull ein Rauchkerzchen angezündet.

»Nun, Drummond,« fragte Turnbull, »wie stehen die Kohlen im Preise?«

»H'Ich 'abe Kopfschmerz, 'Err Gemahl.«

Dieß war natürlich ein Gegenstand des allgemeinen Bedauerns und ein Zaum für Herrn Turnbull's Zunge.

Ein abermaliges Pochen und eine Pause. »Monsieur und Madame Tagliabue kommen,« und herein tritt Monsieur und Madame Tagliabue. Der erstere, ein quecksilberner, kleiner Franzose mit hübschen Beinen und einem kugelrunden Bauche. Madame segelt herein, wie ein Ostindienfahrer mit Leesegeln unten und oben, von einem Umfang, daß ihr Gemahl dem Lootsenboote gleicht, das am Stern angehängt ist.

» Charmée de vous voir, Madame Tombulle. Vous vous portez bien; n'est-ce-pas?«

»Wui,« erwiederte Mrs. Turnbull und erschöpfte damit ihre ganze Kenntniß der französischen Sprache, während Monsieur vergebliche Anstrengungen macht, auf der einen oder andern Seite an der Takelwand seiner Frau vorüberzukommen, um seine Verbeugung zu machen – ein Zweck, den er nicht eher erreicht, als bis seine Ehehälfte Besitz vom Sopha ergriffen hat, den sie ganz ausfüllt.

Wer diese Leute waren und wie sie lebten, konnte ich nicht ausfindig machen; sie waren in einer Fly von Brentford gekommen.

Eine abermalige Anmeldung. »Mylord Babbleton und Herr Smith.«

»'Err Gemahl, gehen Sie 'inab h'und h'empfangen Sie Seine 'Errlichkeit.« (»Es stehen zwei Wachskerzen h'auf dem Tisch in der 'Alle,« sagte die Dame ihm in's Ohr, »die zünden Sie h'an und gehen Seiner 'Errlichkeit voraus.«)

»Ich lasse mich hängen, wenn ich es thue,« versetzte Herr Turnbull; »die Diener sollen ihm leuchten.«

»H'Ach, 'Err Turnbull, h'ich 'abe Kopfschmerz'.«

»Meinetwegen,« erwiederte Herr Turnbull, sich verdrießlich setzend.

Mittlerweile führte Herr Smith, welcher des Lords Hofmeister war, seinen Zögling in's Zimmer. Es war ein blöder, tölpelhafter, rothhaariger und häßlicher Junge von zwölf bis dreizehn Jahren. Frau Turnbull hatte Herrn Smith in der Nähe von Brentford, wo er mit seinem Zöglinge wohnte, ausfindig gemacht und seine Bekanntschaft gesucht, um einen Lord auf ihrer Besuchsliste zu haben. Zu ihrer großen Freude hatte es der Führer nicht vergessen, seinen Bären mitzubringen. Mrs. Turnbull flog an die Thüre, um die Gaste zu empfangen, machte dem aristokratischen Wunderthiere eine tiefe Verbeugung und faßte ihn ehrerbietigst bei der Hand. –

»Wollen H'Ihre 'Errlichkeit nicht zum Feuer 'intreten? 'aben H'Ihre 'Errlichkeit nicht kalt? H'ich 'offe H'Ihrer 'Errlichkeit Gerstenkorn h'ist besser. H'erlauben Sie mir, H'Ihrer 'Errlichkeit Mr. h'und Mrs. Peters – Madam h'und Muschjö Taglibu – Mr. h'und Mrs. Drummond vorzustellen. – Der sehr h'ehrenwerthe Lord Viscount Babbleton.« Herr Turnbull und ich wurden der Vorstellung nicht für würdig erachtet. »Wir können jetzt zu Tafel gehen, 'Err Turnbull.«

»Snobbs, tragen Sie auf,« sagte Herr Turnbull zum Hausmeister.

»H'Ach, 'Err Turnbull, h'ich 'abe fürchterlich Kopfschmerz.«

Dieser letzte Kopfschmerz hatte einen eigenthümlichen Grund. Der Hausmeister hieß Snobbs, aber Mrs. Turnbull hatte es für besser gefunden, diesen Namen in Mortimer oder vielmehr 'Err Mortimer umzuändern. Alle Hausbedienten mußten ihn so nennen, wenn sie ihren Dienst nicht verlieren wollten – und Herr Turnbull hatte ihn Snobbs genannt!

Die Tafel wurde angekündigt. Madame Tagliabue, wurde, ich weiß nicht aus welchem Grunde, als die erste Dame im Zimmer betrachtet, und Lord Babbleton von Frau Turnbull ersucht, ihr seinen Arm zu leihen. Madame stand auf, nahm Seiner Herrlichkeit Hand und führte ihn hinweg. Bevor sie noch das Zimmer verlassen hatte, war der junge gnädige Herr unter den weiten Falten ihres Gewandes verschwunden und kam nicht wieder zum Vorschein, bis sie ihn bei ihrer Ankunft im Speisesaal darunter hervorzog. Endlich waren Alle nach den Wünschen der Dame des Hauses untergebracht, wiewohl mehrere Verschiebungen und Wechsel nöthig geworden waren, bis die Rangordnung gehörig beobachtet werden konnte. Mrs. Turnbull hatte einen französischen Koch gemiethet, und da sie der Sprache nicht allzu mächtig war, lag eine vollständige Speisekarte neben ihr, um ihrem Gedächtnisse nachzuhelfen. Herr Mortimer hatte ihr gesagt, das sei Sitte in der vornehmen Welt, da die Großen ihre Gastmahle nicht selbst anordneten, folglich auch nicht wissen könnten, welche Gerichte da seien.

»Mrs. Turnbull, was haben Sie dort für eine Suppe?«

» Consummy-Suppe, Mylord. Wollen H'Ihre 'Errlichkeit von dieser h'oder von jener, einer O'juss-Suppe, Gebrauch machen

Seine Herrlichkeit stierten albern vor sich hin und gaben keine Antwort. Herr Mortimer stellte einen Teller Suppe vor ihn hin.

»Lord Babbleton speisen Suppe,« sprach Herr Smith feierlich; und der kleine sehr Ehrenwerthe löffelte seine Suppe zur großen Freude der Dame des Hauses.

»Befehlen Sie Suppe, Madame, oder Fisch?«

» Merci, nicht Supp' – poisson« (Fisch).

»Fürchten Sie nichts, Madame, wir 'aben h'einen französischen Koch, Sie bekommen hier kein poison (Gift), bemerkte Mrs. Turnbull etwas verstimmt.

» Comment, ma chere madame, ick meint' zu sag', daß ick vorzieh' Kodfisch.«

»'Err Turnbull, Fisch für Madam. John h'einen reinen Teller für Lord Babbleton. Wovon geruhen H'Ihre 'Errlichkeit jetzt Gebrauch zu machen?« (Diesen Ausdruck hielt Frau Turnbull für ausnehmend fein und zierlich.)

» Ah! madame, votre cuisine est superbe,« rief Monsieur Tagliabue, die Ecke eines Tellertuches in sein Knopfloch steckend und sich zur behaglichen Ausrundung seines Tonnenbäuchleins anschickend.

»Wui,« erwiederte Mrs. Turnbull. Mrs. Peters, wollen Sie von der Platte neben 'Errn Turnbull kosten? Was ist es doch?« (auf ihre Karte sehend) – » Agno roty. Befehlen Sie davon, Mylord? Wenn H'Ihre 'Errlichkeit noch nicht so weit h'in H'Ihrem Französischem gekommen sind – es 'eißt gebratenes Lammfleisch.«

»Seine Lordschaft sind ein sehr großer Freund von Lammbraten,« sagte Herr Smith mit Nachdruck.

»'Err Turnbull, Lammbraten für Lord Babbleton h'und für 'Errn Peters.«

»Sogleich, meine Liebe. – Nun, Jacob, du siehst, als ich erster Steuermann war –«

»H'Ach 'Err Turnbull, h'ich 'abe h'entsetzliche Kopfschmerzen. Schneiden Sie den Lammbraten vor. (Bei Seite.) 'Err Mortimer, gehen Sie h'und flüstern Sie 'Errn Turnbull zu, h'ich lasse h'ihn bitten, h'er möchte seine 'Andschuhe h'anziehen.«

»Mrs. Peters, Sie h'essen ja gar nicht. 'Err Mortimer, geben Sie die Nebenplatten 'erum, h'und lassen Sie John den Champagner serviren.«

»Mrs. Peters, dort ist Wolli-went-o'Witer. Belieben Sie Gebrauch von diesem Außengerichte zu machen? Mrs. Drummond, wollen Sie von der Platte kosten, die h'eben 'erumgereicht wird? h'es ist – h'ich will h'einmal sehen – h'es ist schuh forosi. Mylord, h'ich 'offe, das Lammfleisch h'ist nach H'Ihrem Geschmack? Muschjö Tagliabue – William, geben Sie Muschjö h'einen reinen Teller. Was befehlen Sie zunächst?«

» Vraiment, madame, tout est excellent, superbe! Je voudrais embrasser votre cuisinier – c'est un artlste comme il n'y en a pas.«

»Wui,« erwiederte Mrs. Turnbull.

Der erste Gang wurde abgetragen und nach einigem Verzug erschien der zweite. Mittlerweile hatte 'Err Mortimer verschiedene Weine herumgegeben.

»Drummond, wollen Sie ein Glas Wein mit mir trinken?« sagte Turnbull. »Ich kann die sauern französischen Weine nicht leiden. Wollen Sie Madera? Ich war einmal auf Madera ein paar Stunden am Lande, als ich vor dem Maste diente, im Jahr –«

»'Err Turnbull, h'ich 'abe wieder h'auf h'ein Neues Kopfschmerz,« rief die Dame des Hauses mit zürnemden Tone: »Mylord, befehlen Sie von diesem Gerichte? – h'es ist – h'ein ding dong o'turf – Truthahn, Mylord.«

»Seine Herrlichkeit sind ein großer Freund von Truthähnen,« sprach Herr Smith diktatorisch.

Da Monsieur Tagliabue, der neben Mrs. Turnbull saß, fand, daß der Truthahn stark in Anspruch genommen wurde, und es lang dauern könnte, bis er auch zu seinem Antheile käme, so schob er eine Trüffel in den Mund und sagte:

» C'est superbe! Apparement, madame n'aime pas la cuisine Anglaise

»Wui.« erwiederte Mrs. Turnbull. »Madame, was h'ist H'Ihnen gefällig?« fuhr Mrs. Turnbull fort.

» Tout de bon, madame

»Wui; was steht dort neben H'Ihnen, 'Err Peters?« fuhr die Dame des Hauses fort.

»Ich kann es wirklich nicht genau angeben; aber ich glaube, es ist eine Art Backwerk.«

»H'Ich will sehen, h'ach ja, bidet du poins. Madame, befehlen Sie h'etwas bidet du poms

» Comment, madame, je ne vous comprends pas –«

»Wui.«

» Monsieur Tagliabue, expliquez donc,« sagte die Ausländerin, so roth, wie eine Ocksenkeule.

»Permettez« erwiederte Monsieur, auf die Karte sehend. »Ah, c'est impossible, ma chère,« fuhr er lachend fort. »Madame Turnbull se trompait, elle voudrait dire Beignets de pommes

» Vous trouvez notre langue fort difficile, n'est-ce-pas?« fuhr Madam fort, welche ihre Heiterkeit wieder gewann, indem sie Mrs. Turnbull holdselig zulächelte.

»Wui,« erwiederte Mrs. Turnbull, welche bemerkte, daß sie einen Verstoß begangen hatte, und sah mit ängstlicher Erwartung dem Ausgange des Zwiegespräches entgegen. Es brachte eine treffliche Wirkung auf sie hervor. Sie wurde ganz schweigsam, bis die Tafel vorüber war.

Endlich standen die Damen vom Tische auf und ließen die Herren allein; aber wir erfreuten uns dieses Glückes nicht lange. Man meldete den Kaffee und es ging eine Treppe höher hinauf. Eine Menge französischer Liqueure wurden herumgegeben und von der Gesellschaft gebührender Maßen gerühmt. Herr Turnbull jedoch verlangte ein Glas Branntwein zum Draufsetzen.

»H'ach 'Err Turnbull, welche Kopfschmerzen!«

Die Gesellschaft wurde langweilig. Lord Babbleton schlief auf dem Sopha ein. Herr Peters ging im Zimmer umher, bewunderte die Gemälde und fragte nach den Namen der Meister.

»H'Ich 'abe h'ihn wirklich ganz vergessen, h'aber 'Err Drummond, Sie sind h'ein Kenner, wie h'ich 'öre,« sagte die Dame des Hauses, auf ein Stück von höchst untergeordnetem Rang deutend. »H'ich bin meiner Sache nicht gewiß, h'aber h'ich denke, h'es ist h'ein Van – Van Kleks

»Ich bin auch dieser Meinung,« versetzte Herr Drummond trocken; wir haben eine Menge Gemälde in England, die von derselben Hand sind.«

Der französische Gentleman schlug ein Ecarté vor, aber Niemand verstand das Spiel, als seine Frau, die sich neben ihn setzte, um ihm die Zeit zu vertreiben. Die Damen schlenderten im Zimmer umher und betrachteten die Schaustücke, womit die Tische beladen waren; Mrs. Peters sprach gelegenheitlich von Petercums-Hall; Herr Smith spielte Geduld in einer Ecke; Herr Turnbull und Herr Drummond saßen in einer anderen und waren in einer angelegentlichen Unterhaltung begriffen; und die Dame des Hauses eilte von Einem zum Andern, und bat, nicht so laut zu reden, um den sehr h'ehrenwerthen Lord Viscount Babbleton nicht zu erwecken. Endlich wurden die Wagen gemeldet und zu Jedermanns Zufriedenheit, am meisten aber zu meiner eigenen, ging die hohe Gesellschaft auseinander.

Ich muß bemerken, daß mir die Albernheiten, die ich hier mittheile, damals nicht so stark auffielen, aber eine Mahlzeit außer dem Hause war ein Ereigniß für mich, und die ganze Scene prägte sich in meinem Gedächtnisse tief ein. In meinem späteren Leben, als ich die Anmaßungen der vornehmen Welt näher kennen lernte, trat der ganze Vorgang wieder lebhaft vor die Augen meines Geistes.

Sechstes Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Ist sehr belehrend und handelt mit großer Gelehrsamkeit von den verschiedenen Sinnen und von »Menschennatur«; verbreitet sich auch über die beste Methode, einen Moralphilosophen zu bilden. – Kurz, es enthält Materialien zum Bau eines ganzen Systems und eines halben Dutzends von Theorien, wie dergleichen Dinge heutzutage gemacht werden.

Nachdem mir Marie Stapleton das Geheimniß anvertraut hatte, war ich ziemlich begierig, wie sich ihr Vater benehmen würde; aber als wir eine Zeitlang mit einander geplaudert hatten, und es ihm gar nicht schwer zu fallen schien, auf jede Bemerkung zu antworten, die in gewöhnlicher Stimme an ihn gerichtet wurde, sagte ich, er wäre doch nicht so taub, als ich geglaubt hätte.

»Nein, nein,« erwiederte er, »im Hause höre ich sehr gut; aber in der freien Luft höre ich schon auf zwei Schritte Entfernung nichts mehr. Im Freien mußt du mir immer nahe an's Ohr sprechen, aber nicht laut, dann höre ich dich prächtig.«

Ich holte einen lächelnden Blick aus Mariens blauem Auge und gab keine Antwort.

»Dieser Frost wird anhalten, wie ich fürchte,« fuhr Stapleton fort, »und wir werden einige Tage nichts zu thun haben, als in die Hände zu hauchen und unsern Verdienst dran setzen; aber 's gibt nie viel zu thun um diese Jahrszeit. Der Winter thut uns Fährleuten entsetzlich Abbruch. Was mich betrifft, so rauche ich meine Pfeife und denke über Menschennatur nach; aber was du thun sollst, Jacob, das weiß ich nicht.«

»O, er lehrt mich lesen und schreiben,« sagte Marie.

»Wüßte nicht warum?« versetzte Stapleton. »Wozu lesen und schreiben? Wir haben, meine ich, schon zu viel Sinne; wenn wir nun gar noch Gelehrsamkeit dabei hätten, so wäre es ja noch schlimmer.«

»Wie viel Sinne gibt's denn, Vater?«

»Wie viele! das kann ich dir nicht sagen, aber mehr als genug, um uns von Sinnen zu bringen.«

»Es gibt, glaube ich, nur fünf,« sagte ich; »da ist erstens das Gehör

»Nun,« versetzte Stapleton, »hören kann zuweilen von Nutzen sein, aber nicht hören ist oft noch besser. Ich verdiene zweimal so viel Geld, seitdem ich den besten Theil meines Gehörs verloren habe.«

»Gut, und dann haben wir das Gesicht,« fuhr ich fort.

»Sehen ist bisweilen nützlich, das gebe ich zu; aber das weiß ich, wenn Einer ein junges Paar aufm Strom auf- und abrudern kann und zu Zeiten im Stande ist, auch nicht zu sehen, daß dann manche halbe Krone in seine Tasche fällt.«

»Gut, nun kommen wir an den Geschmack

»Taugt gar nichts, ist nur 'ne Qual. Wenn der Geschmack nicht wäre, so wäre es uns gleich, ob wir schwarz Brod oder Braten äßen, ob wir Wasser oder Doppelbier tränken; und in diesen schweren Zeiten würden wir dadurch unendlich viel ersparen.«

»Nun dann, wie steht's mit dem Geruch

»Der Geruch taugt wieder zu gar nichts auf der Welt. Für Einen guten Geruch am Strome, gibt es zehn garstige; und so ist's überall, so viel ich weiß.«

»Was ist der nächste Sinn, Jacob? fragte Marie mit einem schlauen Lächeln.

»Das Gefühl

» Fühlen, das ist der schlimmste Sinn von allen. Im Winter fühlen wir's immer zu kalt, und im Sommer zu heiß – und 'nen Schlag fühlen wir auch. Fühlen macht nur Schmerz; – das ist 'en ganz fataler Sinn.«

»Nun, so würden wir wohl ohne Sinne besser fahren?«

»Nein, ganz können wir sie nicht entbehren. Ein wenig hören und ein wenig sehen ist ganz gut; aber's gibt noch andere Sinne, die du vergessen hast, Jacob. Unterm ganzen Bündel, meine ich, ist der beste das Rauchen

»Ich habe nie gehört, daß das ein Sinn wäre,« versetzte ich lachend.

»Dann hast du deine Erziehung noch nicht halb vollendet, Jacob.«

»Sind Lesen und Schreiben auch Sinne, Vater?« fragte Marie.

»Das versteht sich, Mädchen, denn ohne Sinne könntest du nicht lesen und schreiben; und Rudern ist auch ein Sinn; und's gibt noch eine Menge andere Sinne; aber nach meiner Meinung sind die meisten Sinne Unsinn, und führen zu nichts, als zum Verderben.«

»Jacob,« sagte Marie, mir in's Ohr flüsternd, »ist Liebe auch ein Sinn?«

»Nein, das ist ein Unsinn,« versetzte ich.

»Nun gut.« erwiederte sie, »ich stimme meinem Vater bei, daß Unsinn besser ist. als Sinn; aber immer sehe ich noch nicht ein, warum ich nicht lesen und schreiben lernen soll, Vater.«

»Ich habe es in meinem Leben nie gekonnt, und noch nie ein Bedürfnis darnach verspürt. – Warum sollst du's nicht auch entbehren können?«

»Weil ich ein Bedürfniß darnach verspüre.«

»Nun, du kannst's lernen, aber's führt zu nichts Gutem. Sieh einmal diese Burschen in den Federn, alle waren glücklich, ehe Jim Holder kam, der ein Gelehrter ist, und nun seit der ihnen vorliest, thun sie nichts mehr als brummen und murren und räsoniren, ich weiß nicht über was Alles – über Korngesetze, Steuern und Freiheit und allen übrigen Unsinn. Nun, was könntest du denn weiter, als du jetzt kannst, wenn du lesen und schreiben lerntest?«

»Ich könnte mich unterhalten, Vater, so oft ich nichts zu thun habe, wenn Ihr und Jacob fort sind. Wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin, sitze ich oft auf meinem Stuhl und denke, was soll ich jetzt thun, und zuletzt sehe ich zum Fenster hinaus und schneide Gesichter gegen die Leute, weil ich nichts Besseres weiß. Ja, Vater, Ihr müßt ihm erlauben, daß er mich lesen und schreiben lehrt.«

»Nun, Marie, wenn du willst, so willst du; aber merk' dir's, daß du mir keinen Vorwurf machst – ich nehm's nicht auf mich, 's kommt auf dein Gewissen. Ich lebe jetzt etliche vierzig oder fünfzig Jahre in der Welt, und all mein Unglück kam davon her, daß ich zu viele Sinne hatte, während das Glück anfing, als ich sie über Bord warf.«

»Ich wollte, Ihr würdet mir erzählen, wie das kam,« sagte ich: »ich möchte Euch gar zu gern zuhören, und für Marien wär's auch eine Lektion.«

»Nun, 's liegt mir nichts d'ran, Jacob, nur muß ich meine Pfeife zuerst anzünden, und du, Marie, geh' fort und hole einen Krug Bier.«

»Laßt den Jacob gehen, Vater. Ich habe mir's in den Kopf gesetzt, daß er jetzt meine Gänge machen soll.«

»Du darfst den Jacob nichts heißen, Marie.«

»Nein, nein – heißen will ich ihn nichts, aber ich weiß, daß er's thut – nicht wahr, Jacob?«

»Ja, mit Vergnügen,« versetzte ich.

»Nun, dann habe ich gar nichts dagegen, vorausgesetzt, daß es aus Liebe geschieht,« sagte Stapleton.

»Natürlich aus Liebe,« meinte Marie mit einem Blicke auf mich, »oder um's Latein, Jacob?«

»Was ist Latein?« fragte ihr Vater.

»Ah! das ist ein neuer Sinn. Jacob hat mir schon was davon beigebracht, was sich wie so viele andere Sinne als Unsinn erwiesen hat.«

Ich ging nach dem Biere fort; als ich zurückkehrte, flackerte das Feuer lustig und der alte Stapleton hatte einen gewaltigen Rauch sinn entwickelt. Er puffte einige Mal und begann dann, die Pfeife aus seinem Mund nehmend, folgendermaßen:

»Ich kann nicht genau sagen, wann und wo ich geboren wurde, denn ich fragte Vater und Mutter nicht, und sie sagten mir's nicht, von wegen weil ich sie nicht fragte, und das ist ganz der Menschennatur angemessen.«

Hier unterbrach sich Stapleton mit drei Zügen aus der Pfeife. »Ich erinnere mich, als ich ein kleiner Balg von zwei Fuß Höhe war, pflegte mich meine Mutter den ganzen Tag lang herumzupuffen, und ich pflegte in gleichem Maße zu heulen. Der Vater sprach dann von Sünd' und Schande, worauf die Mutter auf ihn darstürzte und er sie wacker durchwalkte. Sie setzte sich dann in einen Winkel und flennte in ihre Schürze hinein, während ich in einem andern stand und meinem Geiferlätzchen die gleiche Ehre erwies. Das war Alles nichts als Menschennatur.«

Eine Pause und sechs oder sieben Züge aus der Pfeife.

»Ich wurde in eine Kleinkinderschule geschickt, damit man meiner Person und meiner Streiche los würde. Dort lernte ich ruhig auf der Bank sitzen und das Maul halten; nebenher vertrieb ich mir die Zeit damit, daß ich meine Daumen um einander drehte und nach den Mücken gaffte, die zur Sommerszeit in der Stube herumsummten, und Winters, von wegen weil es da gar keine Mücken gibt, sah ich der alten Schulmeisterin zu, wie sie ihre Strümpfe strickte, und dachte, wie lange es noch anstehe, bis ich heim dürfte und mein Mittagessen bekäme, was bei einem Kind nicht als Menschennatur war. (Puff, puff, puff.) Vater und Mutter wohnten in einem Souterrain; Mutter verkaufte Kohlen und Erdäpfel, und Vater ging in's Taglohn auf die Barken. Wie ich's Alter hatte, ließ die Schulmeisterin dem Vater sagen, ich müßte jetzt lesen und schreiben lernen, und das mache drei Pfenninge die Woche, deshalben nahm mich mein Vater aus der Schule, von wegen weil er dachte, ich habe jetzt genug Erziehung gehabt, und Mutter setzte mich auf einen umgestürzten Korb, auf welchem ich Acht geben sollte, ob Niemand nichts nehme, so lange sie unten zu thun hatte. Und da saß ich den langen lieben Tag, hütete die Kohlen und Erdäpfel, und sprach mit Niemanden ein Sterbenswörtchen. Weil ich nichts Besseres zu thun hatte, dachte ich dann über dieß und das, und wenn das Essen fertig sein würde und ich von meinem Korb hinunter dürfte; den ihr müßt wissen, Denken ist wieder ein Sinn, und wenn einer nichts zu thun und nichts zu sagen hat, so ist Denken nicht mehr als Menschennatur. (Puff, puff, und eine Pfeife für einen Trunk Bier.) Mit der Zeit wurde ich ein starker dicker Junge, und Mutter sagte, ich esse zu viel, weßhalb ich irgendwie mein Brod selber verdienen müsse, und Vater sagte ohne Weiteres Ja dazu. Aber da war eine kleine Schwierigkeit, wie das zu machen sei; und bis man die heben konnte, that ich eine Zeitlang wieder nichts, als Kohlen und Erdäpfel hüten, wie vorher. Da gab mir einmal Mutter nicht genug zu essen, und ich nahm mir was zum Schnabeliren, derowegen sie mir steckte, und weil ich stark war, steckte ich ihr wieder. Sobald übrigens der Vater nach Hause kam, gab er mir's tüchtig heim. Nun aber nehme ich den Weg unter die Füße, laufe so eine Meile vor mich hin, und denke noch immer nicht daran, wie ich mich durchschlagen wolle, bis ich müd' und hungrig werde und mich ganz unglücklich fühle. (Puff, puff, puff, und ein Akt des Ausspuckens.) Ich laufe fort und fort; endlich kommt eine Kutsche und ich sitze hinten auf; der Kutscher gibt mir Eins mit der Peitsche, worauf ich stracks hinunter springe und in die Straße falle, und ehe ich wieder aufstehen kann, kommt ein Herr in 'nem Gig – das Rad geht über mich hinüber und zerbricht mir den Fuß. Ich schreie vor Schmerzen, und wenn ich den Sinn des Fühlens nicht gehabt hätte, wäre mir das nicht eingefallen. Er hält, steigt aus und fragt mich, ob mir's weh thue, und ich sag: ja. Sein Bedienter holt Leute und die tragen mich in ein Wirthshaus, wo sie mich auf einen Tisch zwischen lauter Bierkrüge legen und einen Doktor holen, der mich auf's Bett legt und mir den Fuß wieder einrichtet. Da war ich denn auf wenigstens sechs Wochen versorgt, und der Herr kam allemal und fragte mich, wie mir's gehe, und ich sagte so so, la la, Dank der gütigen Nachfrage.« Puff, puff – die Asche wird ausgeklopft, die Pfeife wieder eingefüllt, angezündet und ein Trunk gethan; dann geht es weiter. »Wie ich geheilt war und wieder auf den Füßen stand, sagte der Herr: ›Was kann ich für dich thun?‹ Der Wirth aber unterbrach ihn und sagte, er brauche einen Krugjungen, und ob ich nicht Lust zur Profession habe. Nun, die Krüge liebt' ich nicht, aber die Züge, und da ich zu Haus nichts unter die Zunge hatte, so sagte ich ja. Der Herr bezahlt die Zeche, gibt mir eine halbe Guinee in die Tasche und sagt mir, ich soll ein anders Mal nicht mehr mitten in die Straße hineinliegen. Ich sage ja, ich wolle es nicht mehr thun, und er springt in seinen Gig, und ich hab' ihn seither mit keinem Aug' mehr gesehen. Drei Jahre blieb ich bei meinem Herrn, trug Bier zu seinen Kunden und that allemal auch einen Zug aus dem Kruge, denn das ist nichts als Menschennatur, wenn einem so was schmeckt, aber ich verderbte es nie bei meinem Meister, bis ich einmal meine Meisterin in der Hinterstube mit meinem Musterkartenreiter schön thun sah. Ich schwieg lange, aber wie ich endlich zu viel sah, sage ich's meinem Herrn. Der wird zornig, läuft zu seinem Weibe hinein, bleibt eine halbe Stunde bei ihr, kommt heraus, wirft mich vor die Thüre, schilt mich einen Lügner und sagt, ich solle mich nie mehr vor ihm blicken lassen. Ich werfe ihm einen Krug an den Kopf, und zeigte ihm was anderes als mein Gesicht, denn ich nehme Fersengeld und laufe so schnell mich meine Füße tragen können. So viel vom Sehen