Die Gottespest

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Unter allen Geisteskrankheiten, welche »der Mensch in seinem dunklen Drange« sich systematisch in den Schädel impfte, ist die Gottespest die allerscheuslichste.

Wie Alles eine Geschichte hat, so ist auch diese Seuche nicht ohne Historie; nur schade, dass es mit der Entwickelung von Unsinn zum Verstand, wie sie im Allgemeinen aus dem Historismus oft gefolgert wird, bei dieser Art Geschichte ganz gewaltig hapert. Der alte Zeus und sein Doppelgänger, der Jupiter – das waren noch ganz anständige, fidele, wir möchten sagen gewissermassen aufgeklärte Kerle, verglichen mit den jüngsten Drillingssprossen am Stammbaume der Götterei, welche sich, bei Licht besehen, an Brutalität und Grausamkeit getrost mit Fitzliputzli messen können.

Wir wollen übrigens mit den pensionierten oder abgesetzten Göttern überhaupt nicht rechten, denn die richten keinen Schaden mehr an. Die noch amtierenden Wolkenverschieber und Höllen-Terroristen des Himmels aber wollen wir dafür desto respectloser kritisieren, blamiren und abführen.

Die Christen haben einen dreifältigen Gott; ihre Vorfahren, die Juden, begnügten sich mit einem einfältigen. Sonst sind beide Gattungen eine recht heitere Gesellschaft. »Altes und neues Testament« bilden für sie die Quellen aller Weisheit; daher muss man diese »heiligen Schriften« wohl oder übel lesen wenn man sie durchschauen und verlachen lernen will.

Greifen wir nur die »Geschichte« dieser Gottheiten heraus, so genügt das eigentlich schon zur Charakteristik des Ganzen vollkommen. In kurzem Abriss ist die Sache nämlich die:

»Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.« Er befand sich mithin zunächst im allgemeinen Nichts, wo es allerdings nüchtern genug ausgesehen haben mag, um sich als Gott darin zu langweilen. Und da es für einen Gott eine Kleinigkeit ist, aus Nichts Welten hervor zu zaubern, wie ungefähr ein Taschenspieler Hühnereier oder Silberthaler aus dem Aermeln schüttelt, so »schuf« er »Himmel und Erde.« SPÄTER drechselte er »Sonne, Mond und Sterne« zurecht. Gewisse Ketzer, so man Astronomen nennt, haben zwar längst festgestellt, dass die Erde weder Mittelpunkt des Universums ist, noch je gewesen sein kann, noch überhaupt zu existiren vermochte, bevor die Sonne, um welche sie sich dreht, da war. Diese Leute haben nachgewiesen, dass es ein reiner Blödsinn ist, von »Sonne Mond und Sternen« und daneben von der Erde zu reden, als ob dieselbe, verglichen mit Ersteren, etwas ganz Spezielles und Uebergewichtiges wäre. Sie haben es längst jedem Schulbuben eingepaukt, dass die Sonne auch nur ein Stern, die Erde aber ein Trabant der Sonne, der Mond sozusagen ein Untertrabant der Erde ist, nicht minder, dass die Erde, verglichen mit dem Weltganzen, weit entfernt, eine hervorragende Rolle zu spielen, umgekehrt kaum wie ein Sonnenstäubchen sich ausnimmt.

Was hat sich ein Gott um Astronomie zu kümmern? Er macht, was er will und pfeift auf Wissenschaft und Logik. Aus diesem Grunde hat er auch nach seiner Erdenfabrikation zuerst das Licht und HERNACH die Sonne gemacht. Selbst ein Hottentotte kann heutzutage einsehen, dass ohne Sonne auf der Erde kein Licht sein kann; aber Gott – hm! der ist ja kein Hottentott.

Aber hören wir weiter! Die »Schöpfung« war so weit ganz gelungen, aber es war immer noch kein rechtes »Leben in der Bude.« Der Schöpfer wollte sich amüsiren. Daher machte er endlich Menschen. Er wich dabei merkwürdiger Weise ganz von seiner zuvor angewandten Praxis ab. Statt diese »Schöpfung« durch ein einfaches »Es werde!« zu bewerkstelligen, machte er ungemein viele Umstände beim »Schaffen.« Er nahm eine ganz prosaischen Lehmkloss zur Hand, modellirte daraus »nach seinem Ebenbilde« eine Mannesfigur und »blies derselben eine Seele ein.« Da aber Gott allweise, gütig, gerecht, kurzum die Liebenswürdigkeit selber ist, so leuchtete ihm ein, dass dieser Adam, wie er sein Fabrikat nannte, sich allein ungemein langweilen dürfte. (Vielleicht erinnerte er sich dabei an sein vormaliges langweiliges Dasein im Nichts). Und so erzeugte er denn eine ganz nette, reizende Eva. Hier hatte ihm indessen offenbar die Erfahrung gelehrt, dass die Bearbeitung von Lehmklössen eben doch für einen Gott ein gar zu unreinliches Geschäft sei, weshalb er eine neue Fabrikationsmethode in Anwendung brachte. Er riss dem Adam eine Rippe aus und verwandelte dieselbe – Geschwindigkeit ist keine Hexerei, am allerwenigsten für eine Gott – in ein niedliches Frauenzimmer. Ob die herausgenommene Rippe Adams später wieder ersetzt wurde, oder ob nach der stattgehabten Operation Adam als einseitiger Mensch herum laufen musste, davon schweigt des Sängers Höflichkeit.

Die moderne Naturwissenschaft hat festgestellt, dass sich Thiere und Pflanzen im Laufe von Millionen von Jahren aus einfachen Urschleimgebilden in den mannigfaltigsten Abzweigungen bis zu ihren jetzigen Formen entwickelt haben. Sie hat ferner festgestellt, dass der Mensch nichts weiter ist, als das vollkommenste Produkt dieser Entwickelung, und dass er nicht nur vor so und so vielen Jahrtausenden auch im engeren Sinne des Wortes ein sehr thierisches Aussehen hatte und keine Sprache besass, sondern auch, dass er – jede andere Annahme schliesst sich von selbst aus – aus niedrigeren Thierarten hervorgegangen sein muss. (Unsere nächste Broschüre – No. 4 der »Internationalen Bibliothek« – wird sich mit diesem Thema, dem Darwinismus eingehender beschäftigen).

Die Naturwissenschaft lässt mithin Gott mit seiner selbst verkündeten Menschenmacherei als einen ganz albernen Aufschneider erscheinen. Aber was nützt das Alles! Gott lässt mit sich nicht spassen. Ob seine Erzählungen wissenschaftlich klingen, oder sich wie alberner Quatsch anhören, er befiehlt, dass man daran glaube, widrigenfalls er es geschehen lässt, dass Einen der Teufel (sein Konkurrent) holt, was sehr unangenehm sein soll. In der Hölle herrscht ja nicht nur beständiges Heulen und Zähneklappern, sondern es brennt auch ein ewiges Feuer, es nagt ein unermüdlicher Wurm und es stinkt ganz heillos nach Pech und Schwefel. Alledem soll ein Mensch ohne Leib ausgesetzt werden. Es schmort sein Fleisch, das er nicht bei sich hat; er klappert mit den längst ausgefallenen Zähnen; er heult ohne Hals und Lunge; seine in Staub zerfallenen Knochen benagt der Wurm; er riecht ohne Nase – und das alles ewiglich. Eine verteufelte Geschichte!

Gott ist überhaupt, wie er in seiner selbstverfassten Chronik, der Bibel, ganz offen kundig mittheilt, ungemein launig und rachgierig – geradezu ein Musterdespot.

Kaum waren Adam und Eva gemacht, so verstand es sich für ihn von selbst, dass dieses Pack regiert werden müsse; deshalb erliess er ein Strafgesetzbuch. Dasselbe lautete kathegorisch: Ihr sollt nicht essen vom Baume der Erkenntnis! Seitdem hat auch noch nie irgendwo ein gekrönter oder ungekrönter Tyrann existirt, welcher nicht den Völkern dieses Diktat zugeschleudert hätte.

Adam und Eva respektirten dieses Verbot nicht. Dafür wurden sie ausgewiesen und zu lebenslänglicher und auch auf ihre Nachkommen für alle Zeiten zu übertragender harter Arbeit verdonnert. Der Eva wurden ausserdem noch die »bürgerlichen Ehrenrechte« aberkannt, indem sie als Magd Adams deklarirt wurde, dem sie zu gehorchen habe. Unter göttlicher Polizeiaufsicht standen sie ohnehin schon. Wahrhaftig, so weit hat es selbst Lehmann im Schuhriegeln der Menschen noch nicht gebracht.

Die Strenge Gottes gegen die Menschen nützte indessen gar nichts, vielmehr ärgerten ihn dieselben, je mehr sie sich vermehrten, desto schmählicher. Und wie rasch diese Vermehrung von Statten ging, das konnte man schon bei der Geschichte von Kain und Abel merken. Als der Letztere von seinem Bruder todtgeschlagen worden, ging Kain »in ein fremdes Land« und nahm sich ein Weib. Woher das »fremde Land« mit den dort zu findenden Weibern plötzlich kam, hat der liebe Gott freilich nicht notirt, was bei seiner damaligen Arbeitsausübung nicht zu verwundern ist.

Endlich war das Maas voll. Gott beschloss, die ganze Menschheit durch Wasser zu vertilgen. Nur ein paar Leute nahm er aus, um es nochmals zu probiren; unglücklicherweise hatte er sich, aller Weisheit ungeachtet, aber schon wieder einmal vergriffen, denn Noah, der Chef der Geretteten, entpuppte sich bald als ein grosser Söffel, mit dem seine Söhne Allotria trieben. Was konnte aus solch’ einer verlotterten Familie Gutes entstehen?

Wieder breitete sich die Menschheit aus; wieder entwickelte sich dieselbe zu jenen »Rabenäsern« und »Sündengimpeln«, von denen das bekannte Meklenburger Gesangbuch so viel Böses zu berichten weiss. Gott hätte bersten mögen vor himmlischem Zorne, zumal alle seine exemplarischen Lokalzüchtigungen, wie Austilgung ganzer Städte durch Pech und Schwefel, rein »für die Katz« waren. So entschloss er sich , das ganze Gesindel mit Stumpf und Stiel auszurotten, als ein höchst sonderbares Ereignis ihn wieder milder stimmte. Andernfalls wäre es längst um die Menschheit geschehen.

Eines Tages tauchte nämlich ein gewisser »heiliger Geist« auf. Es ging demselben, wie dem »Mädchen aus der Fremde« –: Niemand wusste, woher er kam. Der Bibelschreiber (nämlich Gott) sagt nur, er selber sei der heilige Geist. Man hat es also vorläufig mit einer zweieinigen Gottheit zu thun. Jener »heilige Geist« kam auf den Einfall, in der Gestalt eines Täuberichs mit einem obskuren Frauenzimmer Namens Maria eine Bekanntschaft anzuknüpfen. Er »überschattete« in einer süssen Stunde die Auserwählte seines Herzens, und siehe da, sie gebar ein Knäblein, was indessen, wie Gott in der Bibel ausdrücklich betont, ihrer Jungfräulichkeit durchaus keinen Abbruch that. Der früher bemerkte Gott nannte sich nun Gott Vater, versicherte jedoch gleichzeitig, dass er nicht nur mit dem »heiligen Geist«, sondern auch mit Gottes Sohn vollständig identisch sei. Man denke! Der Vater war sein eigener Sohn, der Sohn sein eigener Vater, Beide zusammen ausserdem noch »heiliger Geist«. So gestaltete sich die »heilige Dreifaltigkeit.«

Und nun, armes Menschenhirn, halte Stand, denn was jetzt folgt, könnte ein Pferd umbringen! Wir wissen, dass Gott Vater beschlossen hatte, das Menschenpack zu frikassieren. Das that dem Gott Sohn ungemein leid. Er (bekanntlich gleichzeitig Gott Vater) nahm die ganze Schuld der Menschen auf sich und liess sich, um seinen Vater (bekanntlich gleichzeitig Gott Sohn) in seiner Raserei zu beschwichtigen, von jenem zu erlösenden Gesindel zu Tode schinden – natürlich nicht ohne nachträglich wieder frisch und froh in den Himmel zu fahren. Diese Aufopferung des Sohnes (der Eins ist mit dem Vater) machte dem Vater (der Eins ist mit dem Sohn) einen solchen Höllenspass, dass er sofort eine allgemeine Amnestie erliess, welche zum Theil noch heute in Kraft ist.

Das ist der »geschichtliche Teil« der »heiligen Schrift«. Man sieht, der Blödsinn ist dick genug aufgetragen, um Denjenigen, der bereits idiotisiert genug ist, ihn zu verdauen, empfänglich für irgend einen Wahnwitz zu machen.

Hierher gehört vor allem die Lehre von der Belohnung und Bestrafung des Menschen im sogenannten »Jenseits«. Längst ist es wissenschaftlich erwiesen worden, dass es ein vom Körper unabhängiges Seelenleben nicht gibt, dass das, was die Religionsschwindler »Seele« nennen, nichts weiter ist, wie das Denkorgan (Hirn), welches durch die lebendigen Sinnesorgane Eindrücke empfängt und auf Grund derselben sich bethätigt, und dass mithin im Augenblikke des körperlichen Absterbens auch diese Regung aufhören muss. Was kümmern sich aber die Todfeinde des menschlichen Verstandes um die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung? Gerade so viel, als nöthig ist, dieselben nicht ins Volk dringen zu lassen.

So predigen sie denn das »ewige Leben« der menschlichen »Seele«. Wehe derselben im »Jenseits,« wenn der Leib, worin sie »diesseits« gesteckt, die Strafgesetze »Gottes« nicht pünktlich respektirte! Wie uns diese Leute nämlich versichern, ist ihr »allgütiger, allgerechter, allbarmherziger, gnädiger etc. etc. Gott« eine Ultra-Schnüffelnase, welche sich um jeden Pfifferling eines jeden Einzelnen bekümmert und jeden »Fehltritt,« den ein Mensch macht, in seine Allerweltsakten einträgt. Dabei ist er ein ganz absonderlicher Kauz. Während er wünscht, dass neugeborene Kinder unter der Gefahr eines Schnupfens ihm zu Ehren mit kaltem Wasser begossen (getauft) werden; während er einen Heidenspass hat, wenn unzählige Glaubensschafe in ihren kirchlichen Ställen ihn litaneienmässig anblöken, oder wenn ihm die Eifrigsten seines Anhangs ohne Unterlass fromme Katzen-musiken darbringen und ihn um alle möglichen und unmöglichen Dinge anbetteln (beten); während er sich in blutige Kriege mischt und als »Schlachtengott« sich von den Siegern anposaunen und beweihräuchern lässt, wird er fuchsteufelswild, wenn Jemand an seinem Dasein zweifelt, falls er Katholik ist, an Freitagen Fleisch isst oder nicht fleissig per Ohrenbeichte seine »Sünden« losscheuert, falls er Protestant ist, nicht die den Katholiken empfohlenen Heiligenknochen, Muttergotteslappen und Bilder verachtet, oder wenn er überhaupt nicht mit bockledernen Mienen, verdrehten Augen, gekrümmten Rücken und gefalteten Händen in der Welt umher duselt.

Stirbt so ein Mensch in »verstocktem« Zustande, so wird ihm vom »lieben Gott« eine Strafe zudiktirt, gegen welche alle Hiebe und Knuten und neunschwänzigen Katzen, alle Zuchthaus-Qualen und Verbannungs-Leiden, alle Empfindungen der Verdammten auf dem Schaffotte, alle Foltern und Martern, die je ein irdischer Tyrann ersonnen haben mag, nur angenehme Kitzeleien sind. Dieser »Gott« über-bietet an bestialischer Grausamkeit Alles, was auf der Erde Kanailleuses passiren könnte. Sein Zuchthaus heisst Hölle, die wir bereits kennen, sein Henker ist der Teufel, seine Strafen dauern ewig. Er gewährt höchstens für leichte Fälle nach längerer Zeit Begnadigung, vorausgesetzt, dass der betreffende Delinquent als Katholik gestorben ist. Für einen Solchen hat er nämlich unter Umständen das »Fegefeuer« vorgesehen, welches sich von der »Hölle« ungefähr so unterscheidet, wie in Preussen das Gefängnis vom Zuchthaus; so ist es nur für verhältnismässig kurzzeitige Insassen eingerichtet und hat etwas leichtere Disciplin. Immerhin brennt es auch im Fegefeuer ganz »gottsträflich«. Sogenannte »Todsünden« werden indessen nie mit Fegefeuer, sondern stets nur mit Hölle geahndet. Hierher gehört z. B. »Gotteslästerung,« begangen durch Wort, Schrift und Gedanken. Gott duldet also in dieser Beziehung nicht nur weder Press-, noch Redefreiheit, sondern er trifft auch schon die unausgesprochenen Gedanken. Ueberbietet er somit schon an und für sich an Rüppelhaftigkeit selbst die schuftigsten Despoten aller Länder und Zeiten, so thut er dies weit mehr noch hinsichtlich der Art und Dauer seiner Strafmittel. Dieser Gott ist also das denkbar entsetzlichste Scheusal.

Sein Verhalten ist um so infamer, als er von sich behaupten lässt, dass die ganze Welt und namentlich auch die Menschheit in all’ ihrem Thun und Lassen durch seine »göttliche Vorsehung« regulirt wird. Er malträtirt also die Menschen für Handlungen, deren Urheber er selber ist! Wie liebenswürdig sind gegenüber diesem Ungeheuer die Tyrannen der Erde aus vergangener und gegenwärtiger Zeit! – –

Gefällt es Gott aber, einen Menschen nach seinen Begriffen gut leben und sterben zu lassen, so – malträtirt er ihn erst recht. Denn der versprochene »Himmel« ist, wenn man ihn genau betrachtet, noch ein viel heilloserer Platz, als die Hölle. Man hat da gar keine Bedürfnisse, sondern ist immer befriedigt, ohne dass je ein Verlangen nach irgend einer Sache der Befriedigung vorausginge. Da aber ohne Verlangen und Erlangen gar kein Genuss denkbar ist, so ist das Dasein im Himmel rein genusslos. Man ist da ewig im Anschauen Gottes versunken; es wird immer auf den nämlichen Harfen dieselbe Melodie gespielt; man singt fortwährend das »neue Lied, das schöne Lied,« wenn auch nicht »von dem versoff’nen Nagelschmied«, so doch kaum Anregenderes. Das ist die höchste Potenz der Langweiligkeit Der Aufenthalt in einer Isolirzelle wäre entschieden vorzuziehen.

Kein Wunder, dass Diejenigen, welche reich und mächtig genug sind, das Paradies auf Erden zu geniessen, unter sich mit Heine lachend ausrufen:

»Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.«

Und doch sind es gerade die Reichen und Mächtigen, welche den Gottesblödsinn und die Religionsduselei hegen und pflegen. Es gehört das entschieden zum Geschäft.

Ja, es ist für die herrschenden und ausbeutenden Klassen geradezu Lebensfrage, ob das Volk religiös versimpelt wird oder nicht. Mit dem Religionswahnsinn steht und fällt ihre Macht. Je mehr der Mensch an Religion hängt, desto mehr glaubt er. Je mehr er glaubt, desto weniger weiss er. Je weniger er weiss, desto dümmer ist er. Je dümmer er ist, desto leichter kann er regiert werden! – –

Dieser Gedankengang war den Tyrannen aller Länder und Zeiten geläufig, daher standen sie auch stets mit den Pfaffen im Bunde. Gelegentliche Streitigkeiten zwischen diesen beiden Sorten von Menschenfeinden waren sozusagen nur häuslicher Hader um die Obergewalt. Jeder Pfaff’ weiss, dass er ausgespielt hat, sobald die »oberen Zehntausend« ihm nicht mehr unter die Arme greifen. Jedem Reichen und Mächtigen ist es kein Geheimniss, dass der Mensch nur dann geknechtet und ausgebeutet werden kann, wenn die Schwarzkünstler irgend einer Kirche es fertig bringen, genügenden Sklavensinn in die Herzen der Volksmassen zu pflanzen, denselben die Erde als »Jammerthal« erscheinen zu lassen, ihnen das »göttliche« Diktat: »Seid unterthan der Obrigkeit!« einzutrichtern und sie mit einer angeblichen Extrawurst, welche nach dem Tode im unbekannten Wokenkukuksheim gebraten werden soll, abzuspeisen.

Der Erzjesuit Windhorst liess einmal im deutschen Reichstag in der Hitze des Gefechtes deutlich genug erkennen, wie die Schwindler und Gauner der Welt über diesen Punkt denken.

»Wenn im Volke der Glaube zerstört wird – sagte er – kann es das viele Elend nicht mehr ertragen und rebellirt!« –– das war deutlich und hätte jeden Arbeiter zum Nachdenken anregen sollen, würde ihn auch stutzig gemacht haben, wenn – ja wenn nicht so Viele religiös zu vernagelt wären, um noch im Stande zu sein, mit normalen Ohren zu hören und einfache Dinge zu begreifen.

Umsonst haben die Pfaffen – das heisst: die schwarzen Gendarmen des Despotismus – sich nicht stets so ungeheuer abgemüht, den Rückgang des religiösen Wesens aufzuhalten, obwohl sie selbst bekanntlich unter sich vor Lachen bersten möchten ob des Blödsinns, den sie gegen gute Bezahlung predigen.

Jahrtausende hindurch haben diese Gehirnverhunzer einfach ein Schreckensregiment geführt, ohne welches die religiöse Tollhäusigkeit längst ein Ende genommen hätte. Galgen und Schwert, Kerker und Ketten, Gift und Dolch, Meuchelund Justizmord –– das waren ihre Mittel zur Aufrechterhaltung dieses Wahnsinns, der ein ewiger Schandfleck in der Geschichte der Menschheit bleiben wird. Hunderttausende sind auf Scheiterhaufen langsam »im Namen Gottes« geröstet worden, weil sie es gewagt, den biblischen Mist stinkend zu finden. Millionen von Menschen wurden gezwungen, sich in langwierigen Kriegen die Köpfe gegenseitig einzuschlagen, ganze Länder zu verwüsten und nach Mord und Brand die Pest zu erzeugen – nur damit die Religion erhalten blieb. Die raffinirtesten Foltern wurden seitens der Pfaffen und ihrer Helfershelfer ersonnen, wenn es galt, Diejenigen, welche vor Gott keine Furcht mehr hatten, durch irdische Teufeleien neuerdings in Religiosität hinein zu schrecken.

Man nennt einen Menschen einen Verbrecher, der Anderen Hände und Füsse verstümmelt. Wie soll man Jene bezeichnen, welche das Hirn zu Grunde richten, und, wenn ihnen das nicht gelingen will, den ganzen Körper mit ausgesuchter Grausamkeit Zoll für Zoll verderben? Wohl ist wahr: Diese Strolche können heute ihr göttliches Banditengewerbe nicht mehr in der althergebrachten Weise treiben, wenn auch Gotteslästerungsprozesse und dgl. immer noch vorkommen; dafür haben sie sich aber desto mehr auf Familienschleicherei, auf Weiberbeeinflussung, auf Kinderfang und Missbrauch der Schule geworfen. Ihre Heuchelei hat eher zuals abgenommen. Selbst der Presse haben sie sich in einem sehr hohen Grade bemächtigt, seitdem sie bemerkten, dass sie nicht mehr im Stande seien, die Buchdruckerei als solche wieder aus der Welt zu schaffen.

»Wo ein Pfaff hintritt, wächst 10 Jahre lang kein Gras mehr,« lautet ein altes Sprichwort. Das heisst mit anderen Worten; Ein Mensch, der einmal den Pfaffen unter die Klauen gerathen ist, hat aufgehört gedanklich fruchtbar zu sein. Seine Gehirnmaschinerie stockt, statt derselben kriechen religiöse Maden und göttliche Würmer in seinem Schädel umher. Er gleicht einem Schafe, das die Drehkrankheit hat.