Snow Hill! Was für eine Art von Ort mag sich wohl der ruhige Städter unter Snow Hill denken, wenn er dieses Wort mit der vollen Deutlichkeit goldener Buchstaben auf den Landkutschen, die aus dem Norden kommen, liest? Man pflegt sich im allgemeinen stets einen unbestimmten Begriff von einem Orte zu machen, dessen Namen man oft sieht oder hört; und welche Unzahl von falschen Vorstellungen mögen sich wohl schon an dieses Snow Hill gekettet haben? Es ist ein so vielsagender Name. Snow Hill! Und Snow Hill noch dazu in Verbindung mit einem »Mohrenkopf«!
Und wie verhält sich in Wirklichkeit die Sache? Der Weg führt uns in den Mittelpunkt von London, so recht in das Herz seines geschäftigsten Treibens, in den Wirbel des Lärms und des Verkehrs. Dort, gleichsam um die gewaltigen Ströme des Lebens zu hemmen, die von allen Seiten ohne Unterlaß herbeifließen und sich unter seinen Mauern begegnen, steht Newgate. In der gedrängt vollen Straße, auf die dieses Gebäude düster zürnend herunterblickt, wenige Fuß von den schmutzigen einsinkenden Häusern auf derselben Stelle, wo die Garköche, Fischhändler und Obstverkäufer ihr Gewerbe treiben, sind einst Hunderte von menschlichen Wesen; oft sechs bis acht kräftige Männer auf einmal, unter einem Gebrüll von Stimmen, gegen das sogar der Tumult einer großen Stadt als nichts erscheint, schnell und gewaltsam unter dem fürchterlichen Zudrang von Menschenmassen aus der Welt geschafft worden. Neugierige Augen blickten dann aus allen Fenstern, von allen Dachgiebeln, Mauern und Pfeilern, und wenn dann der zum Beil verurteilte Elende sich mit dem alles umfassenden Blick der Todesangst unter der Masse von weißen, aufwärts gerichteten Gesichtern umsah, so erblickte er auch nicht eines, das den Ausdruck von Mitleid oder Teilnahme getragen hätte.
In der Nähe des Gefängnisses und daher auch in der Nähe von Smithfield, dem Schuldturme, und dem Lärm der City, gerade an einer Stelle von Snow Hill, wo die nach Osten gehenden Omnibuspferde allen Ernstes daran denken, absichtlich zu fallen, und die westwärts ziehenden Fiakergäule zufällig stürzen, befindet sich der Wagenschuppen des Wirtshauses zum Mohrenkopf, dessen Portal durch die Büsten von zwei Mohren behütet wird. Es war ehedem der Stolz und Ruhm der geistvollen Londoner Jugend, diese beiden Wächter herunterzustoßen, aber schon seit einiger Zeit befinden sie sich in ungestörter Ruhe. Vielleicht weil diese Art von Scherz sich nunmehr auf den St.-James-Sprengel beschränkt, wo man sich mit leichter tragbaren Türklopfern zu schaffen macht und Klingeldrähte für geeignetes Spielzeug hält.
Mag nun dies der Grund sein oder nicht, genug, sie sind da, zürnend von beiden Seiten des Torwegs herabstierend, und das Wirtshaus selbst, das mit einem weiteren Mohrenkopf geziert ist, blickt finster aus dem Hintergrunde des Hofes hervor, während sich über der Türe des hinteren Schuppens, in dem die roten Postkutschen stehen, ein kleiner Mohrenkopf befindet, der dem vor dem Hauptportal stehenden sprechend ähnlich sieht, wie denn auch das ganze Äußere des Gebäudes mit seiner Säulenordnung dem sarazenischen Geschmack angepaßt zu sein scheint.
Geradeaus nach vorn zu ging ein hohes Fenster, über dem das Wort »Kaffeezimmer« gemalt war. Wer da zu rechter Zeit kam, konnte durch dieses Fenster Mr. Wackford Squeers mit den Händen in den Rocktaschen auf und ab gehen sehen.
Mr. Squeers’ Äußeres war nicht besonders ansprechend. Er besaß nur ein Auge, während man doch im allgemeinen das Vorurteil hegt, der Mensch müsse zwei haben. Aber dieses eine kam ihm ohne Zweifel sehr zustatten, wenn es ihm auch nicht sonderlich zur Zierde gereichte, denn es war von grünlich grauer Farbe und glich so ziemlich dem Ventilator einer Haustüre.
Die blinde Seite seines Gesichtes war in unzählige Falten und Runzeln gelegt, und das gab dem Mann, besonders wenn er lächelte, einen um so häßlicheren Ausdruck, als seine Physiognomie sowieso eine nur allzu große Ähnlichkeit mit der eines Gauners hatte. Sein Haar war glänzend und glatt gestrichen, ausgenommen an der niedern sich vordrängenden Stirne, wo es steif in die Höhe gebürstet war. Es war ein Bild, das mit der rauhen Stimme und dem unbeholfenen Benehmen Mr. Squeers’ trefflich zusammenstimmte. Etwa zwei-oder dreiundfünfzig alt, war der Mann nur wenig unter Mittelgröße. Er trug ein weißes Halstuch mit langen Zipfeln sowie einen schwarzen Schulmeisteranzug, doch waren die Ärmel seines Leibrockes viel zu lang und seine Hosen viel zu kurz, so daß es fast aussah, als gehörten die Kleider gar nicht ihm.
Mr. Squeers stand also in einem Verschlage bei einem der Kaffeezimmer-Kamine. Auf einer Eckbank stand ein mit einem vermürbten Strick zusammengebundener Koffer, und auf diesem saß ein winziger Junge. Seine Schnürstiefel und Corduroy-Hosenbeine baumelten in der Luft, und die Schultern bis zu den Ohren emporgezogen und die Hände auf den Knieen blickte er von Zeit zu Zeit in augenscheinlicher Furcht und Besorgnis nach dem Schulmeister hin.
»Halb drei«, brummte Mr. Squeers, wandte sich vom Fenster weg und schaute verdrießlich nach der Uhr des Kaffeezimmers. »Es wird heute niemand mehr kommen.«
Durch diese Aussicht sehr mißlaunig gestimmt, blickte er sodann nach dem kleinen Jungen, um zu sehen, ob dieser nicht etwas täte, wofür man ihn züchtigen könne. Da aber der Junge zufällig gar nichts tat, so gab er ihm nur eine Ohrfeige und sagte ihm, er solle es nicht wieder tun.
»Als ich das letzte Mal hier war«, brummte Mr. Squeers, »konnte ich zehn Jungen mitnehmen. Zehnmal zwanzig macht zweihundert Pfund. Morgen früh um acht kehre ich wieder heim und habe nur drei. Dreimal null ist null, dreimal zwei ist sechs, sechzig Pfund. Was ist denn aus diesen Jungen geworden? Was ist denn den Eltern in die Köpfe gestiegen? Was soll das alles heißen?« – Hier nieste der kleine Junge auf dem Koffer heftig.
»Was war das – was hast du gemacht, Schlingel?« fuhr der Schulmeister auf.
»Nichts, Sir«, antwortete das Kind.
»Wieso nichts?«
»Ich habe nur geniest, Sir«, versetzte der Junge und zitterte dabei so heftig, daß der Koffer unter ihm klapperte.
»So, du hast geniest. Warum sagtest du dann, du hättest nichts getan, Bengel?«
In Ermangelung einer besseren Antwort bohrte der Kleine seine Fingerknöchel in die Augen und begann zu weinen, wofür ihn Mr. Squeers mit einer Ohrfeige von seinem Koffer herunter und mit einer zweiten wieder hinaufschlug.
»Warte nur, bis ich dich in Yorkshire habe, dann sollst du den Rest schon bekommen, Bursche«, knirschte er dabei. »Willst du augenblicklich still sein, Bengel!«
»J-j-a-a«, schluchzte das Kind und rieb sich das Gesicht mit einem baumwollenen Taschentuch, das mit der üblichen Bettlerpetition bedruckt war.
»Augenblicklich!« donnerte Squeers. »Hörst du?«
Da diese Ermahnung mit einer wilden, drohenden Gebärde begleitet war, tat der kleine Junge sein möglichstes, um die Tränen zurückzuhalten, und machte seinen Gefühlen nur noch durch gelegentliches Schluchzen Luft.
»Mr. Squeers«, rief jetzt der Kellner zur Tür herein, »in der Bar ist ein Herr, der nach Ihnen fragt.«
»Führen Sie ihn herein, Richard«, sagte Mr. Squeers mit sanfter Stimme. »Stecke dein Schnupftuch ein, Lausbub, oder ich bring dich um, sobald der Herr fort ist.«
Der Schulmeister hatte dem Kinde kaum diese Worte in grimmigem Tone zugeflüstert, als der Fremde eintrat. Mr. Squeers tat, als sähe er ihn nicht, und gab sich den Anschein, als sei er eben eifrig damit beschäftigt, seinem jungen Zögling eine Feder zu schneiden und ihm väterliche Ermahnungen zu erteilen.
»Mein liebes Kind«, sagte er laut, »jeder Mensch hat sein Bündel zu tragen. Aber diese frühe Prüfung, die dir so nahe geht und derentwegen du dir die Augen aus dem Kopfe weinst, was ist sie? Nichts. Weniger als nichts. Du verläßt zwar deine Familie, mein Kind, aber du wirst in mir einen Vater und in Mrs. Squeers eine Mutter finden. In dem anmutigen Dorfe Dotheboys, bei Greta Bridge in Yorkshire, wo junge Leute verköstigt, gekleidet, mit Büchern, Wäsche, Taschengeld und allem Nötigen versehen werden…«
»Mr. Squeers, nicht wahr?« unterbrach der Fremde die Reklamepredigt. »Mr. Squeers, wie ich glaube?«
»Derselbe, Sir«, sagte Mr. Squeers mit geheuchelter Überraschung.
»Der Herr, der eine Anzeige in die Zeitung einrücken ließ?«
»Ja, in der Times, der Morning Post, dem Chronicle, Herald und Advertiser, hinsichtlich der Erziehungsanstalt Dotheboys Hall, bei dem anmutigen Dorfe Dotheboys in der Nähe von Greta Bridge in Yorkshire«, bestätigte Mr. Squeers. »Sie kommen in Geschäftsangelegenheiten, Sir, wie ich an ihren beiden jungen Begleitern bemerke. Wie geht es dir, mein junger Freund? Und wie geht’s dir, mein Junge?«
Mit diesen freundlichen Worten tätschelte Mr. Squeers die zwei hohläugigen, verhungert aussehenden kleinen Knaben, die der Fremde mitgebracht hatte, auf den Kopf und wartete, was ihm dieser mitzuteilen habe.
»Ich bin Farbwarenhändler und heiße Snawley, Sir«, stellte sich der Fremde vor.
Squeers nickte mit dem Kopf, als wolle er damit sagen: ein sehr schöner Name.
»Ich gedenke, Mr. Squeers, meine zwei Knaben ihrer Anstalt anzuvertrauen.«
»Es schickt sich vielleicht nicht für mich, Sir, mich selbst zu loben«, versetzte Mr. Squeers bescheiden, »aber Sie hätten keine bessere Wahl treffen können.«
»Hm«, brummte der Fremde. »Zwanzig Pfund jährlich, glaube ich, Mr. …«
»Guineen«, verbesserte der Schulmeister. »Pfund! Was meinen Sie, Mr. Squeers, da ich gleich zwei mitbringe?«
»Wird sich kaum machen lassen, Sir«, erwiderte Mr. Squeers gekränkt, als ob ihm noch nie früher ein derartiger Antrag gestellt worden wäre. »Doch wir wollen sehen. Viermal fünf ist zwanzig und dies doppelt genommen… Also gut, auf ein Pfund mehr oder weniger soll es uns nicht ankommen. Aber Sie müssen mich bei Ihren Bekannten empfehlen, Sir, damit ich auf diese Weise wieder auf meine Kosten komme.«
»Sie sind keine starken Esser«, warf Mr. Snawley hin.
»Oh, das kommt weiter nicht in Betracht«, meinte Squeers, »wir nehmen in unserer Anstalt keine Rücksicht auf falsche Appetite. – Die gesündeste Kost, Sir, die man in Yorkshire nur haben kann, und die besten Lehren in jeder Hinsicht. Alles, was sich ein Knabe nur zu Hause wünschen kann, Mr. Snawley!«
»Ich lege vor allem auf Sittlichkeit großes Gewicht«, bemerkte Mr. Snawley.
»Ich freue mich außerordentlich, dies zu hören«, versetzte der Schulmeister stolz und warf sich in die Brust. »Gerade was Moral anbelangt, hätten Sie kein besseres Institut finden können.«
»Davon bin ich überzeugt, Sir«, erwiderte Mr. Snawley. »Ich habe mich bei einem Herrn, auf den Sie sich beriefen, erkundigt, und erfuhr, Sie seien sehr religiös.«
»Ich hoffe allerdings, auf den richtigen Pfaden zu wandeln, Sir«, sagte Mr. Squeers bescheiden.
»Ich hoffe dies von mir gleichfalls. – Aber könnte ich nicht ein paar Worte mit Ihnen unter vier Augen sprechen?«
»Oh, bitte sehr«, versetzte Squeers grinsend. »Kinderchen, unterhaltet euch inzwischen einige Minuten mit euerm neuen Spielkameraden. Dies ist einer meiner Zöglinge, Sir. Er heißt Belling und ist aus Taunton.«
»So, so«, sagte Mr. Snawley und musterte den armen Kleinen wie eine Rarität von Kopf bis zu Fuß.
»Er geht morgen mit mir nach Dotheboys. Der Koffer, auf dem er sitzt, enthält sein Gepäck. Jeder Knabe muß zwei ganze Anzüge, sechs Hemden, sechs Paar Strümpfe, zwei Schlafmützen, zwei Taschentücher, zwei Paar Schuhe, zwei Hüte und ein – Rasiermesser mitbringen.«
»Ein Rasiermesser?« rief Mr. Snawley »Wozu denn das?«
»Zum – Rasieren«, sagte Mr. Squeers in gezogenem Tone.
Es waren zwei einfache Worte, aber in der Art, in der sie ausgesprochen wurden, mußte etwas Bedeutsames liegen, denn der Schulmeister und der Fremde blickten einander einige Augenblicke scharf an und unterdrückten dann ein Lächeln. Snawley war ein wohlgenährter plattnasiger Mann, dunkelfarbig gekleidet, mit langen schwarzen Gamaschen, und seine Mienen trugen den Ausdruck großer Sittenstrenge, so daß dieses Lächeln ohne irgendeinen augenfälligen Grund sich nur um so auffallender ausnahm.
»Bis zu welchem Alter behalten Sie die Knaben in Ihrer Schule?« fragte er nach einer Pause.
»Gerade so lange, als ihre Verwandten meinem Geschäftsträger in der Stadt die vierteljährliche Pension vorausbezahlen oder bis die Jungen davonlaufen«, antwortete Squeers. »Wir müssen zur Sache kommen. Kurz und gut, was sind das für Jungen? Natürliche Kinder?«
»N-nein«, erwiderte Snawley zögernd.
»Ich glaubte, es wäre so. Wir haben nämlich deren eine große Anzahl. Der Junge dort ist auch eines.«
»Der Belling?«
Squeers nickte; der Farbenhändler blickte wieder nach dem Knaben auf dem Koffer hinüber, wandte sich dann um und machte ein Gesicht, als wundere er sich höchlichst, daß das Kind ganz so wie andere aussehe.
»Ja, ja, so ist’s«, bestätigte Squeers. »Aber Sie wollten wegen Ihrer Knaben etwas sagen.«
»Ja. Hm«, erwiderte Snawley, »die Sache verhält sich so, daß ich nicht ihr eigentlicher Vater, sondern ihr Stiefvater bin, Mr. Squeers.«
»Ach, so stehen die Sachen!« rief der Schulmeister. »Das erklärt natürlich alles. Ich konnte mir nicht vorstellen, was zum Henker Sie veranlassen konnte, die Jungen nach Yorkshire zu schicken. Ha, ha, ha, jetzt verstehe ich.«
»Sehen Sie mal, ich habe die Mutter geheiratet«, fuhr Snawley fort, »und es kostet viel, die Kinder zu Hause zu erziehen, und da meine Frau einiges Vermögen besitzt, so fürchte ich, sie könnte es vielleicht für die Jungen verschleudern, was ihnen, wie Sie wissen, doch nur schaden würde. Weiber haben doch keine Einsicht.«
»Verstehe schon«, wehrte Squeers ab, warf sich in seinem Stuhl zurück und winkte mit der Hand.
»Und dies«, nahm Mr. Snawley seine Rede wieder auf, »hat mich zu dem Wunsch veranlaßt, sie in einer möglichst entfernt liegenden Kostschule unterzubringen, wo es keine Vakanzen gibt, damit das unzweckmäßige Nachhausekommen der Kinder, das sonst alle Jahre zweimal zum großen Nachteil der Erziehung stattfindet, wegfällt und sie ein wenig abgeschliffen werden. Sie verstehen?«
»Die Zahlungen regelmäßig, ohne irgendwelche weiteren Erkundigungen?« forschte Squeers.
»Natürlich. Nur wünsche ich, daß dabei streng auf Sittlichkeit gesehen wird.«
»Versteht sich.«
»Ich hoffe, es ist nicht gestattet, daß sie zuviel nach Hause schreiben?« fragte der Stiefvater zögernd weiter.
»Nie. Nur zu Weihnachten, wo alle in gleicher Weise ihren Angehörigen melden müssen, daß sie sich noch nie so glücklich befunden hätten und wünschten, nie wieder abgeholt zu werden.«
»Sehr gut, sehr gut«, erwiderte der Stiefvater, sich die Hände reibend.
»Und wenn wir uns gegenseitig schon so gut verstehen«, fuhr Mr. Squeers fort, »werden Sie mir wohl die Frage gestatten, ob Sie mich auch für einen wirklich moralischen, exemplarischen und untadelhaften Mann im Privatleben betrachten und ob Sie in meine Person als Erzieher und was makellose Rechtlichkeit, Uneigennützigkeit, Religiosität und Tüchtigkeit anbelangt, vollkommenes Vertrauen setzen?«
»Gewiß«, versicherte der Stiefvater, das Grinsen des Schulmeisters erwidernd.
»Sie würden also vielleicht auch nichts dagegen haben, wenn ich mich gelegentlich auf Sie berufe?«
»Nicht das mindeste.«
»Sie sind ein Mann nach meinem Sinn!« rief Squeers und nahm eine Feder zur Hand. »Das nenne ich mir ein Geschäft, wie ich es liebe.« Nachdem er Mr. Snawleys Adresse notiert hatte, schrieb er noch freudestrahlend eine Quittung über den Empfang der ersten Vierteljahresrate und war kaum mit diesem Geschäft zu Ende, als im Nebenzimmer eine Stimme »nach Mr. Squeers« fragte.
»Hier bin ich«, antwortete der Schulmeister. »Was steht zu Diensten?«
»Nur eine Geschäftssache«, sagte Mr. Ralph Nickleby eintretend, wobei ihm Nikolas auf den Fersen folgte. »Diesen Morgen stand eine Annonce unter Ihrem Namen in den Zeitungen.«
»Gewiß, Sir. Wenn’s gefällig ist, näher zu treten«, versetzte Squeers und deutete in das Zimmer mit dem Kamin. »Wollen Sie Platz nehmen?«
»Ich dächte schon«, brummte Ralph, ließ seinen Worten die Tat folgen und legte seinen Hut vor sich auf den Tisch. »Dies ist mein Neffe, Sir, Mr. Nikolas Nickleby.«
»Wie befinden Sie sich, Sir?« fragte Squeers höflich.
Nikolas verbeugte sich, murmelte, daß er ganz wohl sei, und schien ein wenig erstaunt über das Äußere des Eigentümers von Dotheboys Hall zu sein, wozu er übrigens auch alle Ursache hatte.
»Vielleicht erinnern Sie sich meiner noch«, begann Ralph nach einer Weile und sah den Schulmeister scharf an.
»Ich glaube, Sie bezahlten mir einige Jahre lang bei meinen halbjährigen Besuchen in der Stadt eine kleine Rechnung, Sir«, versetzte Squeers.
»Stimmt schon.«
»Für Rechnung der Eltern eines Knaben, namens Dorker, der unglücklicherweise…«
»… unglücklicherweise in Dotheboys Hall starb«, beendete Ralph den Satz.
»Ich kann mich noch recht gut erinnern, Sir. Ach, meine Frau hatte den Knaben so gern, als ob er ihr eigenes Kind gewesen wäre. Und die Pflege, die sie ihm während seiner Krankheit angedeihen ließ! Toastschnitten und warmen Tee jeden Abend und jeden Morgen, als er nichts mehr anderes genießen konnte! Ein Licht in seinem Schlafzimmer in der Nacht, in der er starb! Das beste Kissen hinaufgeschickt! Doch ich bereue es nicht. Es liegt etwas Erhebendes in dem Gedanken, seine Schuldigkeit getan zu haben.«
Ralph lächelte gezwungen und musterte die anwesenden fremden Gesichter.
»Es sind nur einige meiner Zöglinge«, erklärte Wackford Squeers und deutete auf die Knaben. »Dieser Herr, Sir, ist ein Vater, der soeben die Güte hatte, mir ein Kompliment zu machen über den Erziehungsplan in Dotheboys Hall, bei dem hübschen Dörfchen Dotheboys, in der Nähe von Greta Bridge in Yorkshire, wo junge Leute verköstigt, gekleidet, mit Büchern, Wäsche und Taschengeld…«
»Ja, ja, wir wissen das alles«, unterbrach ihn Ralph mürrisch, »es steht doch in der Anzeige.«
»Sie haben recht, Sir, es steht in der Anzeige«, entschuldigte sich Squeers.
»Und verhält sich auch so«, bekräftigte Mr. Snawley. »Ich fühle mich verpflichtet, Ihnen das zu versichern, Sir, und ich bin stolz auf diese Gelegenheit, es tun zu können, zumal Mr. Squeers ein höchst moralischer, exemplarischer, in jeder Beziehung tadelloser Mann…«
»Ich bezweifle es doch gar nicht, Sir«, unterbrach Ralph grob. »Aber ich dächte, wir könnten zur Sache kommen?«
»Mit größtem Vergnügen, Sir«, sagte Squeers. »Du sollst ein Geschäft nie verschieben, sei deine erste Regel. Das legen wir unsern für den Handelsstand bestimmten Zöglingen stets ans Herz. Belling, mein Junge, behalte das stets im Gedächtnis. Hörst du?«
»Ja, Sir«, hauchte Belling.
»Ob er wohl das Sprüchlein jetzt noch weiß?« höhnte Ralph.
»Sag es dem Herrn her«, befahl Squeers.
»Du sollst…« stotterte Belling.
»Sehr gut. Weiter.«
»Dein Geschäft nie …« fuhr das Kind fort.
»Sehr, sehr gut«, lobte Mr. Squeers. »Nun?«
»Ver…« flüsterte Nikolas gutmütig dem Knaben zu.
»Verrichten«, ergänzte Belling hastig. »Du sollst ein Geschäft nie verrichten.«
»Schon gut, Bürschchen«, knirschte Squeers und warf dem Jungen einen vernichtenden Blick zu. »Wenn wir’s auch jetzt verschieben müssen, so werden wir doch, wenn wir allein sind, ein kleines Geschäft miteinander zu verrichten haben.«
»Vorderhand wäre es aber vielleicht angezeigter, wenn wir an das unserige gingen«, fiel Ralph ein.
»Ganz, wie es Ihnen beliebt, Sir.«
»Wir werden gleich fertig sein. – Ihrer Anzeige zufolge suchen Sie einen tüchtigen Hilfslehrer?«
»Ganz richtig.«
»Hier steht er«, sagte Ralph. »Mein Neffe Nikolas, der vor kurzem die Schule verlassen und daher noch alles im Kopf und nichts in der Tasche hat, wäre gerade der Mann, den Sie brauchen.«
»Ich fürchte nur«, wendete Squeers ein, durch die Bewerbung eines jungen Mannes von Nikolas’ Äußerem verwirrt, »ich fürchte nur, er wird nicht recht für mich passen.«
»Er wird es«, sagte Ralph fest, »ich weiß das besser. Nikolas, du brauchst den Mut nicht gleich sinken zu lassen, denn du wirst in weniger als einer Woche die jungen Aristokraten in Dotheboys Hall unterrichten, wenn Mr. Squeers nicht eigensinniger ist, als ich voraussetze.«
»Ich fürchte nur, Sir«, wendete sich Nikolas an Squeers, »daß Sie gegen meine Jugend und den Umstand, daß ich nicht Magister bin, etwas einzuwenden haben.«
»Letzteres fällt allerdings sehr ins Gewicht«, versetzte Squeers mit möglichst ernster Miene, innerlich nicht wenig verblüfft durch den Gegensatz in der Offenherzigkeit des Neffen und dem weltklugen Benehmen des Onkels sowohl, wie durch die unverständliche Anspielung auf die jungen Aristokraten, die sich in seinem Institut befinden sollten.
»Merken Sie mal auf, Mr. Squeers«, mischte sich Ralph ein, »ich will die Sache in das rechte Licht stellen.«
»Wenn Sie die Güte haben wollten.«
»Wir haben hier einen jungen Mann, einen Jüngling, einen Guckindiewelt oder wie Sie es nennen wollen, von achtzehn oder neunzehn Jahren.«
»Das sehe ich«, bemerkte der Schulmeister.
»Und ich auch«, mengte sich Snawley ein, der es für passend hielt, seinem neuen Freund den Rücken zu decken.
»Sein Vater ist tot. Er selbst weiß nichts von der Welt, ist durchaus mittellos und braucht Beschäftigung«, erklärte Ralph.
»Ich empfehle ihn daher Ihrem vortrefflichen Institut, das er zum Grundstein seines Glückes machen kann, wenn er es recht anzugehen weiß. – Verstanden?«
»Alle Welt muß das einsehen«, nickte Squeers, den spöttischen Seitenblick nachahmend, mit dem Ralph seinen arglosen Neffen betrachtete.
»Natürlich«, bestätigte Nikolas hastig.
»Sie sehen, er hat mich verstanden«, fuhr Ralph in seiner harten und trockenen Weise fort. »Wenn irgendeine alberne Laune ihn veranlassen sollte, sich diese günstige Gelegenheit zu verscherzen, so hört meine Verbindlichkeit gegen seine Mutter und Schwester im selben Augenblick auf. Sehen Sie ihn einmal an und bedenken Sie, in wievielerlei Weise er Ihnen nützlich werden kann. Es fragt sich, ob er Ihren Zwecken für die nächste Zeit nicht besser entsprechen wird als zwanzig andere, die Sie unter normalen Umständen aufnehmen können. Nun, ist dies nicht der Überlegung wert?«
»Allerdings«, entgegnete Squeers, ein Blinzeln Ralphs erwidernd.
»Gut. Dann möchte ich nur noch ein paar Worte allein mit Ihnen sprechen.« Die beiden Ehrenmänner zogen sich sodann zurück, und ein paar Minuten später erklärte Mr. Wackford Squeers, daß Mr. Nikolas Nickleby von Stund an das Amt eines Hilfslehrers in Dotheboys Hall übertragen sei.
»Sie verdanken es der Empfehlung ihres Onkels, Mr. Nickleby«, betonte er.
Nikolas drückte in der Überfülle seines Herzens seinem Onkel immer und immer wieder die Hand und wäre am liebsten auf der Stelle vor Squeers auf die Knie gefallen. – »Er sieht zwar etwas wunderlich aus«, dachte er sich, »aber was tut das? Bei Porson und dem Doktor Johnson war es auch der Fall, wie überhaupt bei allen solchen Bücherwürmern.«
»Morgen früh um acht Uhr geht die Postkutsche ab, Mr. Nickleby«, bemerkte Squeers. »Sie müssen eine Viertelstunde früher hier sein, da wir diese Knaben mitnehmen.«
»Ich werde nicht ermangeln, Sir«, sagte Nikolas.
»Ich habe die Fahrt für dich bezahlt«, knurrte Ralph. »Du hast also nichts weiter zu tun, als dich warm anzuziehen.«
Dies war ein neuer Beweis von Großmut, und Nikolas empfand diese unerwartete Güte so tief, daß er kaum genug Dankesworte finden konnte, und er hatte deren aus der Tiefe seines Herzens noch nicht halb genug hervorgestammelt, als sie sich von dem Schulmeister verabschiedeten und das Gasthaus zum Mohrenkopf verließen.
»Ich werde morgen hier sein, um dich wohlbehalten abfahren zu sehen«, sagte Ralph. »Daß du dich also beizeiten einstellst!«
»Ich danke Ihnen so sehr, Sir«, beteuerte Nikolas. »Ich werde Ihre Güte nie vergessen.«
»Daran wirst du gut tun. Aber mach jetzt, daß du nach Hause kommst, und packe ein, was du zu packen hast. Glaubst du den Weg nach Golden Square finden zu können?«
»Gewiß. Ich kann mich ja durchfragen.«
»Dann bring diese Papiere meinem Schreiber«, sagte Ralph, ein kleines Päckchen aus der Tasche ziehend, »und richte ihm aus, er solle auf mich warten, bis ich nach Hause komme.«
Nikolas übernahm die Botschaft, verabschiedete sich herzlich von seinem würdigen Onkel, was von dem warmherzigen alten Herrn nur durch ein Brummen erwidert wurde, und eilte fort, um seinen Auftrag auszurichten. Bald fand er sich nach Golden Square zurecht, und Mr. Noggs, der auf seinem Heimwege einen Augenblick im Wirtshause vorgesprochen hatte, drückte eben auf die Türklinke, als Nikolas bei der Wohnung seines Oheims anlangte.
»Was ist das?« fragte Noggs, auf das Päckchen deutend.
»Papiere von meinem Onkel«, erwiderte Nikolas. »Er läßt Ihnen sagen, Sie möchten warten, bis er nach Hause käme.«
»Onkel?« rief Noggs.
»Mr. Nickleby«, erklärte Nikolas.
»Kommen Sie herein«, versetzte Newman und führte Nikolas, ohne weiter ein Wort zu sprechen, in den Hausflur und von da in das Bureau, wo er ihm einen Stuhl hinschob und dann selber seinen Schreiberbock bestieg. Dort blieb er mit schlaff herabhängenden Armen sitzen und betrachtete seinen Gast wie von einer Warte herunter.
»Antwort ist nicht nötig«, richtete Nikolas aus und legte das Päckchen vor sich auf den Tisch.
Newman erwiderte nichts, verschränkte nur die Arme, streckte den Kopf vor, um Nikolas’ Gesicht besser betrachten zu können, und forschte aufmerksam in dessen Zügen.
»Keine Antwort«, wiederholte Nikolas sehr laut, da er glaubte, Newman Noggs sei schwerhörig.
Newman faltete nur die Hände über dem Knie und fuhr unbeirrt, ohne eine Silbe laut werden zu lassen, fort, das Gesicht seines Gegenübers zu studieren.
Dieses Benehmen von Seiten dieses wildfremden Menschen war höchst auffallend und sein Äußeres so sonderbar, daß sich Nikolas nicht enthalten konnte, leise zu lächeln, als er Noggs fragte, ob er vielleicht einen Auftrag für ihn hätte.
Noggs schüttelte den Kopf und seufzte, worauf sich Nikolas mit der Bemerkung, daß er nicht müde sei, erhob und sich empfehlen wollte.
Newman Noggs seinerseits atmete jetzt tief auf und unterzog sich einer Anstrengung, der ihn niemand, am wenigsten einem Fremden gegenüber, für fähig gehalten haben würde. Er sagte, ohne auch nur ein einziges Mal zu stottern, daß es ihm sehr angenehm wäre, zu erfahren, was Mr. Ralph zu tun gedenke, wenn es der junge Herr für gut finden sollte, eine Mitteilung darüber zu machen.
Nikolas sah nicht ein, warum er es nicht sollte, und war im Gegenteil sehr erfreut, eine Gelegenheit zu finden, sich über das, was sein Inneres so ganz ausfüllte, auszulassen. Er setzte sich daher wieder nieder und erging sich mit Wärme in einer glühenden Schilderung all der Ehren und Vorteile, die er sich von seiner Anstellung an dem Sitze der Gelehrsamkeit in Dotheboys Hall versprach.
»Aber was ist Ihnen denn? Sind Sie unwohl?« unterbrach er sich plötzlich, als der Schreiber sich in den verschiedenartigsten seltsamsten Stellungen verdrehte, die Hände unter seinem Sitz verkrampfte und mit den Gelenken knackte, als wolle er sich alle Finger zerbrechen.
Newman Noggs erwiderte kein Wort und fuhr nur fort, die Achseln zu zucken und mit den Knöcheln zu knacken. Dabei verzog er das Gesicht zu einem grauenhaften Lächeln und starrte mit gespenstigem Ausdruck unverwandten Blickes ins Leere.
Anfangs glaubte Nikolas, der rätselhafte Mensch habe einen Anfall von Veitstanz, aber bei weiterer Überlegung entschied er sich für die Meinung, er wäre wohl betrunken, und hielt es daher für das vernünftigste, sich ohne weitere Erklärung zu entfernen. Als er die Türe öffnete, blickte er noch einmal zurück, aber Newman Noggs erging sich noch immer in denselben seltsamen Gebärden, und das Knacken seiner Finger tönte noch lauter als vorher.
»Oha«, rief der Kondukteur, der im Augenblick wieder auf den Beinen war und zu den Vorderpferden eilte. »Ist denn neamd do, wo mit Hand anlegen kunnt! Ob’st her gehst, Mistviech. Oha.«
»Was ist geschehen?« fragte Nikolas verwirrt.
»Wos g’schegn is? Gnua für heut nacht«, versetzte der Kondukteur. »Der Teufi hol den einäugigen Schinder. Toll is er gworden und bild’t sich was drauf ein a no, daß er d’ Kutschn umgworfen hat. Da, können S’ nöt Hand mit anlegen? Hols der Teufel, i täts, und wenn mir alle Knochen zerbrecheten.«
»Ich bin schon da«, rief Nikolas, sich auf die Beine helfend. »Meine Sinne waren nur noch nicht ganz beieinander. Das ist alles.«
»Ziagn S’ fest an«, rief der Kondukteur, »ich will daweil die Sträng oschneiden. Gut so, Herr. Jetzt können S’ es wieder fahrenlassen, Blitz und Hagel, die werden schnell gnua heimlaufen.«
Und richtig, kaum waren die Tiere befreit, als sie umsichtig wieder nach dem Stalle zurücktrabten, den sie erst vor ein paar Minuten verlassen hatten.
»Können So Hörn blasen?« fragte der Kondukteur, eine der Kutschenlaternen losmachend.
Nikolas bejahte.
»No, dann blasen S’ amal in dös, wo dorten aufm Boden liegt. I will daweil dem Gekreisch drinnen a End mochen. Werden S’ nöt bald stad sein, Sö da drinnen?«
Mit diesen Worten war es dem Manne gelungen, den nach oben gekehrten Kutschenschlag aufzureißen, und Nikolas weckte mit einer der außerordentlichsten Leistungen, die je von menschlichen Ohren auf einem Posthorn gehört wurden, das Echo auf weite Ferne hin. Die Töne taten auch ihre Wirkung, denn sie brachten nicht bloß die Passagiere, die sich nur allmählich von der betäubenden Wirkung ihres Falles erholten, auf die Beine, sondern riefen auch Beistand herbei; wenigstens sah man bereits Lichter immer näher kommen.
In der Tat galoppierte auch, noch ehe sich die Passagiere gehörig gesammelt hatten, ein Reiter heran, und bei einer sorgfältigen Untersuchung stellte sich heraus, daß die Dame im Innern ihre Laterne und der Herr seinen Kopf angestoßen hatte. Zwei Reisende auf dem vorderen Außensitz waren mit blauen Augen, einer mit blutiger Nase, der Postillion mit einer Beule an der Schläfe, Mr. Squeers mit einer Kontusion seines Gesäßes und die übrigen Reisenden, dank der Schneeschicht, auf die sie geschleudert worden, ohne alle Beschädigung davongekommen. Sobald man sich darüber Gewißheit verschafft, wollte die Dame in Ohnmacht fallen, aber man bedeutete ihr, daß man sie dann einem Herrn auf die Schulter laden und so nach dem nächsten Wirtshaus bringen würde, weshalb sie sich wohlweislich eines Besseren besann und mit der übrigen Gesellschaft auf ihren eigenen Beinen dahin zurückzugehen beschloß.
Als die Reisenden daselbst anlangten, fanden sie, daß es ein ziemlich einsames Haus war, das hinsichtlich der Räumlichkeiten keine sonderlichen Bequemlichkeiten gewährte. Als man jedoch ein großes Reisigbündel und eine hübsche Portion Kohlen zu einem Kaminfeuer aufgehäuft hatte, gewann das Ganze bald ein besseres Ansehen, und ehe man noch alle vertilgbaren Spuren des kürzlichen Unfalls wegwaschen konnte, war das Zimmer warm und hell. Eigentlich kein übler Tausch für die Nacht und Kälte im Freien.
»Nun, Mr. Nickleby«, sagte Squeers, der sich die wärmste Ecke ausgesucht hatte, »es war recht, daß Sie die Pferde gehalten haben. Ich hätte es auch so gemacht, wenn ich rechtzeitig dazu gekommen wäre. Es freut mich, daß Sie es getan haben. Es war gut so. Sehr gut.«
»So gut«, mischte sich der Herr mit dem freundlichen Gesicht, dem der Gönnerton, den Squeers Nickleby gegenüber anschlug, nicht sonderlich zu gefallen schien, »daß Ihnen wahrscheinlich kein Gehirn im Kopf geblieben wäre, mit dem Sie weiter hätten Unterricht erteilen können, wenn die Pferde nicht gerade im letzten Augenblick noch festgehalten worden wären.«
Diese Bemerkung entfesselte eine reichlich mit Komplimenten und Danksagungen gewürzte allgemeine Erörterung über die Gewandtheit, die Nikolas im kritischen Moment an den Tag gelegt hatte.
»Ich bin natürlich sehr froh, so davongekommen zu sein«, bemerkte Squeers, »denn jedermann freut sich, eine Gefahr glücklich überstanden zu haben. Wenn z. B. einer meiner Pflegebefohlenen Schaden genommen hätte und ich verhindert worden wäre, einen dieser kleinen Knaben seinen Eltern wieder gesund zurückzugeben, was hätten da meine Gefühle sein müssen? Es würde mir weit lieber gewesen sein, wenn mir selbst ein Rad über den Kopf gegangen wäre.«
»Sind es lauter Brüder, Sir?« fragte die Dame mit der Reise-und Grubenlampe.
»In gewissem Sinne sind sie es, Madam«, antwortete Squeers und suchte in seinen Überrocktaschen nach Karten herum. »Sie stehen alle unter der gleichen, liebevollen und väterlichen Hand. Mrs. Squeers und ich, wir beide sind jedem von ihnen Vater und Mutter. – Mr. Nickleby, geben Sie der Dame und den übrigen Herrschaften diese Karten. Vielleicht kennen sie einige Eltern, die sich gern meines Institutes bedienen würden.«
Mit diesen Worten legte Mr. Squeers, der keine Gelegenheit versäumte, seine Geschäftsanzeige unentgeltlich unter die Leute zu bringen, die Hände auf die Knie und blickte mit soviel Wohlwollen, als er aufzubringen vermochte, auf seine Zöglinge, während Nikolas schamrot dem Auftrag nachkam und die Karten verteilte.
»Ich hoffe, daß Sie bei dem Unfall keinen Schaden genommen haben, Madam?« wendete sich der freundliche Herr hastig an die zimperliche Dame, als sei sein sehnlichster Wunsch, von dem Thema loszukommen.
»Körperlich nicht«, versetzte die Dame.
»Wie! Ich will doch nicht hoffen; daß Sie geistig –«
»Der Gegenstand ist mir äußerst peinlich, Sir«, entgegnete die Dame in großer Aufregung, »und ich bitte Sie als einen Mann von Erziehung, das Thema fallenzulassen.«
»Du mein Himmel«, meinte der Herr mit dem freundlichen Gesicht lächelnd, »ich wollte doch bloß fragen.«
»Und ich hoffe, daß Sie weiter keine Fragen mehr an mich stellen werden«, sagte die Dame, »oder ich würde mich genötigt sehen, den Beistand der übrigen Herren anzurufen. Herr Wirt, ich bitte, lassen Sie einen Knaben vor der Türe achtgeben. Wenn eine grüne Equipage von Grantham her vorbeikommt, soll sie hier anhalten.«
Da der Kondukteur inzwischen nach Grantham geritten war, um eine andere Postkutsche zu holen, machte der Herr mit dem heitern Gesicht, als die Gesellschaft eine Weile schweigend um das Feuer gesessen hatte, den Vorschlag, eine Bowle Punsch zu trinken.
»Was meinen Sie dazu, Sir?« fragte er den Passagier, der sich im Innern der Kutsche den Kopf verletzt hatte und einen sehr vornehmen Eindruck machte.
Der Punsch wurde gebracht, und heitere Gespräche waren bald im Gang.
Auf den allgemeinen Vorschlag, es möge doch jemand, um die Unterhaltung zu erhöhen, irgendeine nette Geschichte erzählen, erklärte sich der Herr mit dem freundlichen Gesicht endlich lächelnd dazu bereit und begann ohne weitere Ziererei folgende Erzählung zum besten zu geben:
Der Freiherr von Saufaus
Der Freiherr von Saufaus auf Humpenburg in Deutschland war ein so liebenswürdiger junger Edelmann, wie man sich nur einen wünschen kann. Ich brauche wohl nicht zu sagen, daß er in einer Burg wohnte, denn das versteht sich von selber; auch brauche ich nicht zu bemerken, daß er in einer alten Burg lebte, denn welcher deutsche Baron hätte je in einer neuen gewohnt? Es hatte mit diesem ehrwürdigen Gebäude in vieler Beziehung so seine Bewandtnis, und es galt für auch weiter nicht besonders befremdlich oder geheimnisvoll, daß es, wenn der Wind blies, in den Schornsteinen rumorte und daß die Strahlen des Mondes durch gewisse kleine Öffnungen in den Mauern schienen und die weiten Hallen und Galerien teilweise hell erleuchteten, während die größere Hälfte der Gemächer in tiefem Schatten lag.
Es hieß, daß ein Vorfahre des Freiherrn, als es ihm an Geld gebrach, einen Wanderer, der ihn eines Nachts nach dem Weg gefragt, erdolcht habe, und man munkelte, die erwähnten sonderbaren Umstände seien eine Folge dieser Untat. Ich meinesteils kann mir das kaum denken, zumal der Ahnherr des Freiherrn ein sehr frommer Mann war und seine übereilte Tat dadurch sühnte, daß er aus dem Bauholz und den Steinen, die einem weniger wehrhaften Nachbarn gehörten, eine Kapelle errichtete und sich auf diese Weise eine Generalquittung für alle Forderungen, die der Himmel jemals an ihn stellen könnte, erwarb.
Auf wie viele Ahnen der Freiherr zurückblicken mochte, vermag ich leider nicht anzugeben; eines aber ist sicher, nämlich daß er deren mehr hatte als irgendein Adliger seiner Zeit, und ich wünschte nur, er hätte in unseren Tagen gelebt, dann würde er noch mehr gehabt haben. Es ist überhaupt ein Jammer für die großen Männer vergangener Zeiten, daß sie so früh geboren wurden, denn von einem Mann, der vor drei-oder vierhundert Jahren gelebt hat, kann man nicht erwarten, daß er so viele Vorfahren aufzuweisen hat wie einer in unseren Tagen. Der letzte Mensch, und wäre er auch nur ein Schuhflicker oder sonst ein armer Tropf, wird naturgemäß einen größeren Stammbaum haben als ein Mann von ältestem Adel in unsern Tagen; und das ist doch gewiß etwas, was von rechtswegen nicht sein sollte.
Also gut, der Freiherr von Saufaus auf Humpenburg war ein hübscher, dunkelhäutiger Mann mit schwarzem Haar und buschigem Schnurrbart, der in hellgrünem Wams und hohen Juchtenstiefeln, ein Horn über der Schulter, ähnlich dem der englischen Postkutschen-Kondukteure, auf die Jagd zu reiten pflegte. Wenn er in dieses Horn stieß, erschienen auf der Stelle vierundzwanzig Mannen von untergeordneterem Range in etwas gröberer grüner Tracht und etwas dicker besohlten Juchtenstiefeln und sprengten mit ihm, lange Spieße in den Händen, dahin, um Eber oder Bär zu hetzen; und wenn der Freiherr dem betreffenden Untier den Knickfang gegeben hatte, wichste er sich mit dem Fett seinen Schnurrbart.
Es war das ein lustiges Leben für den Freiherrn von Saufaus und ein noch lustigeres für seine Vasallen, die Nacht für Nacht Rheinwein tranken, bis sie unter den Tisch fielen, wo sie dann weiterzechten; und nie gab es wohl fröhlicher lärmende, scherzliebende Gesellen als Saufaus’ lustige Schar.
Doch auch die Freuden an oder unter der Tafel fordern bisweilen eine kleine Abwechslung. Daher sah sich der Freiherr eines Tages nach etwas Anregenderem um, fing mit seinen Kumpanen Händel an und trat zum Zeitvertreib zwei oder drei von ihnen jedesmal nach dem Mittagessen mit Füßen. Aber auch das befriedigte ihn nicht viel länger als eine Woche; dann wich seine gute Laune, und er sah sich nach einer neuen Zerstreuung um.
Eines Abends nach der Jagd, auf der er wieder einen riesigen Bären zur Strecke gebracht hatte, saß er übelgelaunt an der Tafel und musterte mit mißvergnügten Blicken die rauchige Decke der Halle. Er stürzte einen Humpen Wein nach dem andern hinunter, aber je mehr er trank, desto finsterer sah er drein. Die Herren, die die bedenkliche Auszeichnung genossen, in seiner Nähe zu sitzen, suchten natürlich nach Möglichkeit, es ihm im Trinken und in mürrischen Mienen gleichzutun.
»Ich will’s!« schrie der Freiherr plötzlich und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Füllt eure Humpen auf das Wohl der Freifrau von Saufaus.«
Die vierundzwanzig Grünröcke erblaßten bis auf ihre Nasen, die unverändert rot glühten.
»Ich habe die Gesundheit der künftigen Freifrau ausgebracht«, wiederholte der Freiherr und blickte wild umher.
»Die Freifrau von Saufaus soll leben!« brüllten die grünen Mannen, und vierundzwanzig gewaltige Humpen, mit trefflichem altem Rheinwein gefüllt, ergossen ihren Inhalt durch vierundzwanzig Kehlen. Dann lautes Schnalzen von achtundvierzig Lippen und sehnsüchtiges neuerliches Blinzeln nach dem Faß.
»Die schöne Tochter des Freiherrn von Schwillenhausen!« rief Saufaus. »Wir wollen sie von ihrem Vater zur Ehe begehren, ehe noch die Sonne morgen in ihr Bett scheint. Und wenn er unsere Bewerbung zurückweist, so werden wir ihm die Nase abschneiden.« Die Tafelrunde ließ ein drohendes Murmeln hören, und jeder faßte mit schrecklicher Bedeutsamkeit zuerst nach seinem Schwertgriff und dann nach seiner Nasenspitze.
Es ist doch etwas Schönes um kindlichen Gehorsam. Hätte die Tochter des Freiherrn von Schwillenhausen erklärt, sie habe bereits ihr Herz verschenkt, oder sich ihrem Vater zu Füßen geworfen, um sie mit Tränen zu benetzen, oder wäre sie nur in Ohnmacht gefallen und dem alten Herrn mit Gefühlsausbrüchen zu Leibe gegangen, so hätte man eins gegen hundert wetten können, daß Burg Schwillenhausen flötengegangen und sein Herr aus dem Fenster geworfen worden wäre. Das Freifräulein verhielt sich jedoch, als am nächsten Morgen ein Bote das Gesuch des Freiherrn überbrachte, ganz gefaßt und zog sich sittsam in ihr Kämmerlein zurück und schaute von dort nach dem angekündigten Freier und seinem Gefolge aus. Sie hatte sich kaum überzeugt, daß der Reiter mit dem großen Schnurrbart der Freier sei, als sie sogleich zu ihrem Vater eilte und ihm ihre Bereitwilligkeit ausdrückte, sich für ihn und den Frieden des Hauses zum Opfer zu bringen; und der ehrwürdige alte Herr umarmte sein Kind und ließ Freudentränen aus seinen Augen rieseln.
Auf der Burg ging es an diesem Tage gar hoch her. Saufaus’ vierundzwanzig grüne Mannen tauschten das Gelübde ewiger Freundschaft mit den zwölf Grünen derer von Schwillenhausen und schwuren dem alten Baron, nicht eher aufzuhören, von seinem Weine zu trinken, bis alles blau wäre; womit sie wahrscheinlich in erster Linie meinten: bis ihre Gesichter dieselbe Farbe erhalten hätten wie ihre Nasen. Als die Zeit des Aufbruchs herankam, schlugen alle einander auf die Schulter, und der glückliche Bräutigam ritt mit seinem Gefolge frohen Mutes nach Hause.
Sechs lange Wochen hatten die Bären und Eber Feiertag. Die Häuser derer von Saufaus und Schwillenhausen waren vereinigt, die Spieße rosteten und das Horn des Freiherrn wurde heiser, weil es gar nicht mehr geblasen wurde.
Das waren glückliche Tage für die vierundzwanzig. Aber ach, diese herrliche Zeit hatte bereits ihre Siebenmeilenstiefel angezogen und war im Schwinden begriffen.
»Mein Bester –« sagte die Freifrau.
»Meine Liebe?« sagte der Freiherr.
»Diese rohen, lärmenden Menschen –-«
»Welche?« fuhr der Freiherr auf.
Die Freifrau deutete aus dem Fenster, an dem sie mit ihrem Gemahl stand, in den Hof hinunter, wo die nichtsahnenden Grünröcke, den Fuß bereits im Steigbügel, um den Eber zu hetzen, noch einen guten Schluck zu sich nahmen.
»Mein Jagdgefolge?« fragte der Ritter.
»Entlasse sie, mein Gemahl!« flüsterte die Freifrau.
»Sie entlassen?« fragte der Freiherr erstaunt.
»Mir zuliebe, mein Gemahl!« schmeichelte die Dame.
»Dem Teufel zuliebe«, antwortete der Baron.
Die Freifrau aber stieß einen lauten Schrei aus und sank ohnmächtig zu den Füßen des Freiherrn nieder.
Was konnte der Freiherr tun? Er rief nach der Kammerfrau, eilte in den Hof hinunter, gab zweien der Grünröcke, die es am meisten gewöhnt waren, einen Tritt, verwünschte die übrigen der Reihe nach und hieß sie, sich zum Henker scheren.
Dies war der erste Sieg der Freifrau über ihren Gemahl, und ich brauche hier wohl weiter nichts mehr zu sagen, als daß er allmählich immer mehr und mehr bei strittigen Fragen den Kürzeren zog oder mit List aus dem Sattel irgendeines alten Steckenpferdes geworfen wurde.
Mit der Zeit wurde er ein wohlgenährter Achtundvierziger mit Herzverfettung und hielt weder Gelage noch Jagden ab oder sonst etwas, was ihm früher Freude gemacht. Er war zwar immer noch unbändig wie ein Löwe und starr wie Erz, aber fürchterlich unter dem Pantoffel.
Und das machte noch nicht einmal sein ganzes Mißgeschick aus. Ungefähr ein Jahr nach seiner Vermählung kam ein junges, lustiges Freiherrlein auf die Welt, dem zu Ehren ein großes Feuerwerk abgebrannt und eine Unmasse von Wein getrunken wurde. Im nächsten Jahr erschien ein kleines Freifräulein, das Jahr darauf wieder ein junger Freiherr, und so ging es abwechselnd weiter, bis der Herr Baron Vater einer kleinen Familie von zwölf Kindern war. Bei einem jedem solchen Jahresfeste war die alte Freifrau von Schwillenhausen immer wieder in tausend Ängsten um das Wohl ihres lieben Kindes, der Freifrau von Saufaus; und obwohl man nicht behaupten konnte, daß sie zur Förderung der Genesung ihrer Tochter wesentlich beitrug, so machte sie sich’s doch jedenfalls zur Pflicht, auf dem Schlosse Humpenburg so bekümmert wie möglich zu tun und ihre Zeit zwischen spitzigen Bemerkungen über ihres Schwiegersohnes Haushalt und Klagen über das harte Schicksal ihres unglücklichen Kindes zu teilen. Wenn sich dann der Freiherr von Saufaus, dadurch ein wenig gekränkt, zu der Bemerkung aufraffte, seine Gattin sei zum mindesten nicht übler daran als die Frauen anderer Edelleute, so rief die Baronin von Schwillenhausen die ganze Welt zum Zeugen auf, daß niemand als sie Mitgefühl für die Leiden ihrer Tochter empfinde, worauf natürlich sämtliche Verwandten und Freunde bestätigten, daß sie jedenfalls weit mehr Tränen vergieße als ihr Schwiegersohn und daß es keinen hartherzigeren Menschen gäbe als den Freiherrn von Saufaus.
Der arme Ritter ertrug dies alles, so gut es ging. Und als es nicht mehr ging, verlor er Appetit und Heiterkeit und setzte sich düster und niedergeschlagen in eine Ecke. Aber noch Schlimmeres stand ihm bevor, und als es kam, steigerte sich seine Schwermut. Nach und nach geriet er in Schulden; in seinen Truhen, die die Familie Schwillenhausen für unerschöpflich gehalten hatte, ging es zur Neige, und als seine Gemahlin im Begriffe war, den Stammbaum des Hauses mit einem dreizehnten Reis zu schmücken, machte er die betrübende Entdeckung, daß es mit seinen Mitteln zu Ende sei.
»Ich sehe nicht«, sagte sich der Freiherr, »wie ich mir weiterhelfen könnte. Es wird wohl das beste sein, ich bringe mich um.«
Das war ein glorreicher Gedanke. Der Freiherr nahm ein altes Jagdmesser aus einem Wandschrank, wetzte es an seiner Stiefelsohle und fuhr sich damit nach der Kehle.
»Hm«, sagte er dann und hielt inne, »vielleicht ist es nicht scharf genug.«
Abermals wetzte er es und wiederholte seinen Versuch, aber diesmal störte ihn das Kindergeschrei, das aus dem Turmzimmer über dem seinen herabtönte.
»Wäre ich Junggeselle«, seufzte der Freiherr, »so hätte ich es wohl fünfzigmal ausführen können, ohne dabei unterbrochen worden zu sein. »Heda, man bringe mir einen Humpen Wein und die längste Pfeife in das kleine Zimmer hinter der Halle!«
Einer der Diener kam dem Befehl unterwürfig im Verlauf einer halben Stunde oder darüber nach, und als der Freiherr sich nach dem gewölbten Zimmer verfügte, dessen schwarzgetäfelte und polierte Wände von dem Feuer des im Kamin lodernden Holzstoßes widerstrahlten, standen Humpen und Pfeife bereit, und der Ort sah im ganzen recht behaglich aus.
»Laß die Lampe da!« befahl der Freiherr.
»Befehlen sonst noch etwas, gnädiger Herr?« fragte der Diener.
»Abfahren«, brummte der Freiherr, jagte den Diener hinaus und verschloß die Türe.
»Ich will noch meine letzte Pfeife rauchen«, seufzte er dann, »ehe ich der Welt Lebewohl sage.«
Mit diesen Worten legte der Freiherr von Saufaus sein Messer auf den Tisch, goß ein ziemliches Quantum Wein hinunter, warf sich in seinem Stuhl zurück, streckte seine Füße vor dem Feuer aus und blies mächtige Rauchwolken in die Luft.
Er machte sich dabei allerlei Gedanken über seine gegenwärtige Trübsal, über die entschwundenen Tage seines Junggesellenlebens und über die vierundzwanzig Grünröcke, die sich seitdem nach allen Himmelsrichtungen zerstreut hatten, ohne daß man weiter etwas von ihnen gehört hätte. Sein Geist war mit Bären und Wildschweinen beschäftigt, und er hatte eben das Glas angesetzt, um es bis auf den Grund zu leeren, als er plötzlich zu seinem grenzenlosen Erstaunen bemerkte, daß er nicht allein sei.