Die Herbstsonne warf ihren fröhlichen Schein in die kleine Logirstube der Frau Majorin von Tollen, blitzte aus dem einfachen Spiegel an der sonst kahlen Wand zurück und ließ die Spitze eines Infanteriehelmes funkeln, der, aus dem geöffneten Futterale hervorsehend, neben allerhand Toilettengegenständen auf dem einzigen, etwas altmodischen Tische des Stübchens lag. Der vorschriftsmäßige Offizierskoffer stand am Boden, theilweise der Uniformstücke entleert, die auf dem Bette und den Stühlen umherlagen und hingen. Auf einem der birkenen Holzstühle saß ein junger schlanker Mann, unschwer als der Eigenthümer dieser Siebensachen zu erkennen. Er hatte ein hübsches intelligentes Gesicht, braunes dichtes Haar und über der Oberlippe ein keckes Schnurrbärtchen. In diesem Augenblick besah er mit verdrießlicher Miene einen Stiefel von höchst eleganter Façon.
„Verfluchte Wirthschaft!“ murmelte er, „mein einziges Paar Lackstiefel – Rechnung noch längst nicht bezahlt – und das Kamel von Dienstmädchen hat sie mit ordinärer Wichse – – unglaublich!“
Aergerlich warf er den Stiefel zu Boden, stellte sich, die Hände in den Taschen seiner Beinkleider vergrabend, an das einzige Fenster des schmalen weißgetünchten Raumes und betrachtete das kleine längliche Stückchen Erde dort unten, welches den stolzen Namen „Garten“ führte und in dessen engen Wegen der laue Herbstwind jetzt die ersten gelben Blättchen der alten Linde, seiner einzigen Zierde, umhertrieb. Um den dicken Stamm der Linde schlang eben ein junges Mädchen eine Waschleine; sie trat zu diesem Zweck auf die Bank, die den Baum umkreiste, und reckte sich auf den Zehen empor, um das Ende des Taues über einen Ast zu werfen. Es war eine wunderschöne schlanke Gestalt in einem sehr einfachen grauwollenen Morgenkleide. Die zurückgestreiften Aermel ließen ein Paar fein modellirter Arme sehen; das Haar lag in dichten schweren Flechten am Hinterkopfe und schimmerte wie mattes Gold unter dem einfachen Strohhut hervor. Ihr Thun hatte nichts Rasches an sich; es war eine ausgesprochen vornehme Art, mit der sie sich bewegte.
Ueber den Rasenplatz kam eine ältere Frau; sie trug, mühsam schleppend, mit dem Dienstmädchen, einem kleinen rothhaarigen schwächlichen Geschöpfe, einen Korb voll nasser Wäsche; ihre blaue leinene Schürze zeigte die feuchten Spuren des Waschfasses. Sie setzte den Korb hin und nickte dem jungen Mädchen zu, das von der Bank herabgesprungen war und eifrig begann, die Zeugstücke auf die Leine zu hängen.
Die ältere Dame blieb, tief athemholend, ein Weilchen stehen und wischte die Stirn; dann folgte sie dem Dienstmädchen wieder in das Haus zurück.
Das Gesicht des jungen Offiziers färbte plötzlich eine dunkle Röthe, während er diese einfachen Vorgänge beobachtete. Und just in diesem Moment flog der Blick des Mädchens seinem Fenster zu. Sie hielt in ihrer Beschäftigung inne und kam herüber.
„Bist Du schon aufgestanden?“ scholl ihre helle Stimme fröhlich zu ihm hinauf. „Warte nur einen Augenblick, Rudolf, Du sollst sofort den Kaffee haben.“ Sie band die Klammerschürze ab, warf sie zur Erde und schritt eilig in das Haus.
Er wandte sich um und verließ das Zimmer; auf dem engen Flur scholl ihm das Klappern von Tassen und Tellern aus der im Erdgeschoß befindlichen Küche entgegen. Er stieg das schmale ächzende Treppchen hinunter und wurde am Fuße derselben von seiner Mutter empfangen. Ihr vergrämtes, von der Anstrengung der Arbeit geröthetes Gesicht hing mit aufleuchtenden Augen an den seinen.
„Guten Morgen, Rudi,“ sagte sie freundlich, „Du mußt nun auf den Kaffee warten, wer konnte denn auch ahnen, daß Du schon so früh aus den Federn sein würdest! Hast Du gut geschlafen, Herzensjunge?“
Sie streckte ihm die noch vom Waschen faltige Hand entgegen. „Komm in die Eßstube,“ bat sie, „Lore ist gleich fertig mit dem Frühstück.“
Er folgte stumm und verlegen; seine hohe Gestalt in eleganter Joppe mußte sich bücken unter der niedern Thür. Er sah sich in dem kleinen Zimmer, dessen blau und grau gemusterte Tapete die Spuren langjähriger Dienste trug, mit einem unbehaglichen Ausdruck um, und an dem sauber gedeckten Tische vor dem Sofa, auf welchem die Mutter bereits Platz genommen, stehen bleibend, fragte er verdrießlich:
„Warum wäschst Du denn selbst, Mutter?“
„Aber, Rudi!“ gab die alte Dame zurück, während sie hastig eine Semmel mit Butter bestrich. „Weil – nun – weil es mir Vergnügen macht, und der Lore auch.“
„Schönes Vergnügen! Langt’s denn nicht mal mehr zu einer Waschfrau?“
Die Majorin war roth geworden. Es langte in der That nicht mehr, seitdem die Zinsen des kleinen Kapitals fehlten, das im vorigen Jahre für Rudi „in einem dringenden Falle“ geopfert wurde, aber sie begnügte sich mit einem leisen Kopfschütteln. „Laß Dich doch das nicht kümmern, sagte die Dame, „es ist wirklich nicht schlimm. Setze Dich her, siehst Du, da kommt Lore mit dem Kaffee.“
Das junge Mädchen hatte eben die Kanne auf den Tisch gestellt und faßte nun den lockigen Kopf des Bruders mit beiden Händen. Guten Morgen, Du!“ rief sie lachend. „Was machst Du denn für ein Gesicht, Du Brummbär? Wie hast Du geschlafen?“
„Schauderhaftes Lokal, diese sogenannte Logirstube,“ erwiderte er, das schöne Mädchen etwas freundlicher betrachtend, „überhaupt ein nettes Unkenloch, diese neue Wohnung, die vorherige war wenigstens einigermaßen präsentabel, aber –“
„Aber diese kostet achtzig Thaler weniger!“ rief Lenore von Tollen, „und hier hast Du Sahne und Zucker; nimm recht viel davon, damit Du etwas weniger bittere Reden führst.“ Sie setzte ihm, noch immer lächelnd, die Unterschale näher und verließ das Zimmer. „Mama,“ rief sie, noch einmal zurückkommend, „nun bleib’ ganz ruhig sitzen und erzähle Dir etwas mit Rudi, ich besorge draußen schon alles, Papas Kakao steht auf dem Herde, wenn Du ihn suchst.“
Die Mutter betrachtete zunächst in stummer Bewunderung den ihr gegenübersitzenden Sohn. Dann aber begann der lange mühsam zurückgehaltene Redestrom. Jetzt hatte sie ihn ja endlich allein und konnte, wozu gestern abend nach seiner Ankunft keine Zeit mehr gewesen war, nach all den tausend Dingen fragen, die das Mutterherz zu wissen wünschte. „Der Vater freut sich so sehr, Rudi,“ schloß sie endlich, „Du mußt ihm recht viel erzählen; ich bin so glücklich, daß Du vier Wochen Urlaub hast, schon Lorchens wegen. Du lieber Himmel, sie hat wirklich nichts von ihrem jungen Leben!“
„Na, in diesem Neste –“ meinte der Sohn und brannte sich eine Cigarre an, und die ersten Züge thuend, fragte er: „Hat sie denn die Unglücksidee immer noch, den blutarmen Kerl, den Doktor Dingsda, zu heirathen?“
„Da fragst Du mich zu viel, Rudi, ich weiß es nicht. Daß sich die jungen Leute für einander interessiren, ist mir nicht verborgen geblieben, aber zu einer Aussprache zwischen mir und Lore ist es bis jetzt nicht gekommen, und ich hüte mich, daran zu rühren.“
„Wird ja wohl endlich vernünftig geworden sein,“ murmelte er; „aber hörst Du? Eben ist Vater erwacht.“
Ueber ihnen waren drei dumpfe Schläge erklungen, als werde mit einem Stock auf die Dielen gepocht. Frau von Tollen ließ ihre halb geleerte Tasse stehen und lief eilig aus dem Zimmer. Verstimmt blickte Rudi ihr nach. „Wo brennt’s denn?“ sagte er halblaut, setzte sich rittlings auf den Stuhl, die Arme auf die Lehne desselben gestützt, und blaue Ringel in die Luft blasend, dachte er darüber nach, wie er „dem Alten“ am besten eine höchst unangenehme Mittheilung machen könne, nämlich die, daß er einige Moneten brauche, um – na, natürlich um Schulden zu bezahlen. „Herr Gott, das wird wieder mal ein schönes Lamento geben! Aber es ist ja geradezu himmelschreiend, daß man mit der Lumpenzulage ausreichen soll! Und wenn man noch obendrein das schreckliche Pech hat –“
Er stockte in seinem Selbstgespräch, denn die Schwester kam herein. Sie hatte anstatt der großen Arbeitsschürze eine zierliche weiße umgebunden, die Aermel heruntergestreift und setzte sich mit einer Schüssel voll Bohnen dem Bruder gegenüber an das Fenster.
„So,“ sagte sie, „und nun erzähle mir auch etwas, Rudi; wir haben uns lange nicht gesehen; Stoff genug wirst Du haben.“ Sie begann dabei mit flinken Fingern die Bohnen zu schneiden und sah erst nach einem Weilchen, als keine Antwort kam, in das Gesicht des Bruders. Sie mußte diesen verdrießlichen, sorgenvollen Ausdruck kennen, mit dem er an ihr vorüberschaute; ihre schönen bräunlichen Augen öffneten sich plötzlich schreckhaft. „Um Gotteswillen, Rudi, Du hast doch keine Unannehmlichkeiten gehabt?“
„Ah! Bah! Es ist nicht von Bedeutung – aber – ich wollte, Papa wüßte es erst!“
Aus ihrem blühenden Antlitz wich jede Spur von Farbe, eine peinliche Angst malte sich in den weichen Augen. „Rudolf, wenn es Papa betrüben könnte, so verschweige es ihm – er ist so elend, so aufgeregt – ich bitte Dich!“
Er zuckte die Schultern und rauchte weiter.
„Was ist’s denn?“ drängte sie. „Du brauchst doch nicht etwa Geld, Rudolf?“
„Allerdings! Der ‚Isidor‘ ist mir gefallen; ich wollte ihn ja verkaufen, weißt Du, um damit Löwenthal zu befriedigen – kriegt das Beest die Kolik und ist in drei Stunden lebendig und todt!“ „Löwenthal? Wer ist Löwenthal und was verlangt er? Du hast im vorigen Jahre nichts gesagt von ihm –.“
„Geld verlangt er!“ klang es ärgerlich zurück, „und seines Zeichens ist er Pferdehändler, den ich angepumpt habe; voilà tout –.“ Das junge blonde Geschöpf senkte den Kopf wie unter einem schweren Schlag. Sie hatte es geahnt, als der Brief kam mit der Meldung seines Besuches: er kommt, um neue Sorge zu schaffen, umsonst würde er sich nicht in dieses „Wurstnest“, wie er es zu nennen pflegte, hinsetzen; umsonst nicht die tödliche Langweile des „theuren Vaterhauses“ vier Wochen lang genießen wollen – und ihr Ahnen war jetzt plötzlich zur Gewißheit geworden. Da saß er und rauchte von den Cigarren, die sie angeschafft mit ihren ersparten Groschen, und draußen mühte sich die Mutter in der Küche, um das Leibgericht ihres Lieblings zu kochen. Tagelang hatte die alte Frau von weiter nichts gesprochen, als - „wenn Rudi erst da ist - wenn Rudi kommt –.“
Ja, nun saß er da, und mit ihm war die Sorge in das bescheidene Haus geschlichen, um sich abermals an das Krankenbette des gelähmten Vaters zu setzen und neben der bekümmerten Mutter zu stehen, wenn sie ungewohnte harte Arbeit that – damit sie ihr noch schwerer werde.
Lenore von Tollen war keine von den jungen Damen, die mit großen Erwartungen in die Zukunft blicken, aber ein bißchen Sonnenschein mitunter, so meinte sie bescheiden, wäre wohl nothwendig zum Leben. Ach, und die Sonne schien selten in dies junge Herz, und wenn ihre Strahlen wirklich einmal so recht goldig blinkten, dann kam immer und immer wieder eine dunkle Wolke und verhüllte sie. – Die dumpfen Wochen des vergangenen Jahres stiegen in ihrer Erinnerung auf, die einem ähnlichen Bekenntniß des Bruders gefolgt waren; die Bewegungen der kleinen sonst so flinken Hände verlangsamten bei der Aussicht auf eine erneute Katastrophe, auf abermalige Kummerthränen der Mutter, da die ersten kaum getrocknet; auf frischen Gram und Groll des kranken Vaters, der den alten noch lange nicht verwunden, und lähmten sie förmlich.
„Sag’s ihm heute nicht!“ preßte sie endlich hervor, „schweige bis nach seinem Geburtstage, Rudolf.“ Und als er eine ungeduldige Bewegung machte, setzte sie leise hinzu: „Helfen kann er Dir ja doch nicht mehr.“
„Den Kuckuck auch!“ murmelte der Lieutenant, „wer soll es sonst? Mein Herr Bruder läßt mich abfallen, der Onkel schützt Müdigkeit vor –“
„Du hast an Viktor geschrieben?“ fuhr das junge Mädchen auf, und eine flammende Röthe goß sich über ihr Gesicht. „Rudolf, wie konntest Du das thun, wie ist es Dir möglich gewesen?“
„Ich habe nicht geschrieben, ich war persönlich bei ihm,“ erwiderte er gelassen und strich die Asche seiner Cigarre vorsichtig an der Stuhllehne ab. „Ich bin in D. vorgefahren gestern und wurde sehr liebenswürdig empfangen. Sie hatten just große Mittagsgesellschaft und luden mich ein, da zu bleiben; es waren verschiedene höhere Offiziere nebst Familie anwesend und einige von Frau Klothildens Verwandtschaft, vor jedem Gedeck standen sechs verschiedene Gläser, die Sache fing an mit Austern und zum Schluß floß der Sekt in Strömen. Aber Viktor, den ich nach Tische sprach in der bewußten Angelegenheit, erklärte mir sehr freundlich und verbindlich, daß er leider nicht in der Lage sei, meinen Wünschen zu entsprechen. Er habe den Grundsatz, aus den Mitteln seiner Frau Gemahlin nicht einen Dreier herauszuziehen, um ihn in seinem oder seiner Familie Interesse zu verwenden; er selbst aber verfüge über gar nichts weiter, als sein bescheidenes Rittmeistergehalt, das wisse ich jawohl auch, es thue ihm so leid – so leid –. Wir drückten uns zärtlich die Hände, ich saß noch ein Stündchen in Frau Klothildens Salon und ließ mich dann von ihr zu allerhand Ritterdiensten kommandiren, empfahl mich noch vor den übrigen Gästen und gab dem in lila Sammetlivree gesteckten Diener meinen letzten Thaler als Trinkgeld. Das Eisenbahnbillet bis Wellenberg hatte ich, Gott sei Dank, in der Tasche und durch die Liebenswürdigkeit meiner Schwägerin so außerordentlich dinirt, daß ich die fünf Stunden Coupefahrt von Berlin bis hier aushielt, ohne hungrig zu werden, – und soweit wären wir ja denn glücklich, meine liebste Lore.“
„Gott sei Dank – Du hast wenigstens sie nicht – angesprochen!“ kam es über des Mädchens blasse Lippen.
„Genire Dich doch nicht, sag’s nur heraus – ‚angebettelt‘,“ fiel er ein. „Nein, ich habe nicht mündlich gebettelt, aber vielleicht schreibe ich noch an sie.“
„Rudolf! Die Frau, die uns alle so kränkend behandelt, die unserer Schwester in ihrem Hause eine Stellung zuweisen wollte, welche noch unter dem Niveau einer ‚Bonne‘ war – an die wolltest Du Dich wenden, damit sie weiter erzählen kann, die ganze Familie ihres Mannes liege ihr zur Last?“
„Ah, bah! Helene hat das übertrieben; sie ist zimperlich und nervös geworden durch ihren ewigen Brautstand und hat die Manieren einer alten Jungfer angenommen. Es wird Zeit, daß ihr geliebter Franz sie unter die Haube bringt,“ erwiderte er. „Klothilde hat nicht allein über sie geklagt,“ fuhr er fort, „der Onkel auch. Der alte Geck kann übrigens meinetwegen nach Borneo gehen; ich werde ihn nicht mehr inkommodiren. Schreibt mir auf meinen sehr höflichen Brief, er sei im Begriff, eine größere Reise zu machen und habe dazu seine paar Kröten selbst nöthig; ich solle dach endlich ernstlich daran denken, mit meinen Mitteln auszukommen. Ein jeder müsse sich nach seiner Decke strecken. Es ist zu angenehm, wenn die Leute so ein bißchen armselig thun können, sie kommen damit so hübsch weit. Der hat sein Schäfchen im Trocknen auf der Reichsbank, aber – nur nichts hergeben!“
„Verzeihe, Rudi, der Onkel hat kein Vermögen; er besitzt weiter nichts, wie seine Pension als Generallieutenant, und davon giebt er redlich ab,“ versicherte Lore. „Er bezahlt ja doch das Schulgeld für Käthe und giebt mir und Helene ein kleines Taschengeld. Und an Papa schickt er Wein und Tabak, und –“
„Ja, an Euch Mädchen hat er einen Narren gefressen; unsereiner aber –“
„Er hat, weiß Gott, das Mögliche gethan, sollte ich denken,“ sagte leise das junge Mädchen.
„Ja, außerordentlich opulenter Weise,“ spottete der junge Mann und griff nach einer frischen Cigarre, „aber, was hilft alles Gekolke, ich muß das Geld schaffen, das ist ein Faktum.“
„Nein, nein, sage es nicht zu Vater!“ rief Lore und sprang auf, „heute nicht, und die nächsten Tage nicht. Ich will mit der Mutter reden, vielleicht weiß Franz Rath.“
„Helenes Bräutigam, der seit fünf Jahren auf Königszulage wartet, um heirathen zu können? Gutes Kind!“ Er sah sie bedauernd an und fuhr sich mit den schlanken weißen Fingern über die Stirn, warf die eben angezündete Cigarre fort und erhob sich. „Meinetwegen warten wir,“ gab er zu, „drei Wochen hat’s ja noch Zeit. – Was in aller Welt soll man nun den ganzen Tag anfangen?“ fuhr er fort und sah hinaus in den kleinen stillen Garten, wo die Wäsche lustig im Winde flatterte. „In diesem Krähwinkel giebt’s ja nicht einmal eine anständige Kneipe. Ist hier immer noch das alte Vergnügungsprogramm?“ fragte er dann, „der nachmittägliche Spaziergang? Mamas Whistpartie? Dein englisches Kränzchen und, wenn der Mond zuweilen scheint, um den auswärtigen Herrschaften die Landstraße zu erhellen, ein Klubabend mit Kälberbraten und Tanz?“
Das junge Mädchen hatte die Arbeit vollendet und räumte die gebrauchten Tassen auf dem Tische zusammen. Sie nickte leise auf des Bruders ironische Fragen.
„Nächsten Montag sind wir, auch Du, von Beckers zu einem Ball geladen.“
„Was?“ rief der Lieutenant, „mit denen verkehrt Ihr jetzt? Wie ist denn das gekommen? Papa schwur doch Stein und Bein, daß er mit diesen Geldsäcken nichts zu thun haben wollte?“
„Sie machten hier Visite,“ erklärte Lore, „erst der Sohn –“
„Adalbertchen Becker? Ei sieh, sieh!“
„Und dann die Mutter,“ fuhr Lore fort. „Der Kreis ist hier so klein, und Mama meinte, man könne sich nicht ausschließen, die andern verkehren alle mit ihnen, sie sind auch in den Klub aufgenommen.“
„Also Adalbertchen als Löwe der Westenberger Gesellschaft?“
„Ja!“ rief jetzt eine frische Stimme, „und unserer Lore macht er den Hof!“
Ein junges Mädchen zwischen sechzehn und siebzehn Jahren war hereingekommen, hing sich an des Bruders Hals und, ihn ansehend, bog sie den Kopf zurück, daß die langen dunkeln Zöpfe bis auf den Boden herunter hingen.
„Hast Du mir die Photographien vom Kaiser und von den Prinzen Wilhelm und Heinrich mitgebracht? Und –“
„Ratzibus vergessen, Backfisch!“ betheuerte der Bruder, „aber wenn ich wiederkomme –“
„Das sagst Du schon zum siebenten Mal. Wenn Du nicht willst, so laß es!“ war die Antwort. Sie setzte sich schmollend an den Kaffeetisch und schenkte ihre Tasse voll.
Sie war ein schlankes biegsames Geschöpf mit einem blassen Gesicht, das etwas ganz Fremdartiges hatte. Mitunter konnte man meinen, es sei geradezu unschön. Der Mund, obgleich klein, schien zu üppig, das kurze Stumpfnäschen allzu keck, der bräunliche Teint beinah fahl, aber dann brauchte sie nur die Augen aufzuschlagen, und alles war vergessen. Geradezu wunderbar waren diese großen, dunkeln, von langen Wimpern umschatteten Augen, aus welchen bald ein schwermüthiges Sehnen, bald übermüthige Lebenslust schaute; es wechselte beständig. Und diese Augen bestimmten den Ausdruck des ganzen Gesichtes, das einen Moment dem einer heimathskranken Spanierin, im nächsten wieder dem eines schelmischen Kobolds glich. Und natürlich war auch ihr ganzes Wesen diesem Augenwechsel entsprechend. Sie war mitunter der Sonnenschein des Hauses, ihr hellklingendes Lachen erfüllte es förmlich mit Lebenslust, aber sie konnte es auch finster machen, denn für Gelegenheit zum Aerger sorgte sie reichlich. Sie war die personifizierte Opposition gegen alle Hausordnung, wollte niemals helfen und verstand es meisterlich, sich von jeder Arbeit zu drücken, um sich mit einem Romane in irgend welchen unauffindbaren Winkel zurückzuziehen. In diesem Nesthäkchen schien sich der Feudalismus des ganzen Geschlechtes derer von Tollen konzentriert zu haben; sie hätte am liebsten einen Zelter bestiegen, den Falken auf den Handschuh gesetzt und wäre als Ritterfräulein in Wald und Heide auf die Beize geritten, so und soviel ihr huldigende Ritter im Gefolge. Wie die Sachen aber leider standen, mußte sie sich begnügen, anstatt einer stolzen Ritterburg ein sehr bescheidenes Miethshäuschen am Ende einer stillen Gasse der guten Stadt Westenberg zu bewohnen und in der Clematislaube des Gärtchens von künftigen glänzenden Tagen zu träumen. Indessen sammelte sie eifrig Wappen, wußte die Stammbäume aller namhaften Geschlechter auswendig und gerieth über die immer häufiger werdenden Mesalliancen in hellen Zorn. Zur Hochzeit ihres ältesten Bruders simulirte die damals achtjährige Krabbe eine Halsentzündung und blieb daheim; sie hätte es nicht mit ansehen können, daß Viktor von Tollen, dem stattlichen Kürassier, ein simples Fräulein Lange angetraut wurde, und wären die Geldsäcke der niedlichen Braut noch zwanzigmal größer gewesen. Käthchen hätte am liebsten zu Zeiten der Raubritter leben mögen, damit Viktor den Herrn Kommerzienrath Lange ausplündern konnte, anstatt die Tochter zu freien. Dies alles hinderte sie aber durchaus nicht, mit wahrer Hingebung für Herrn Doktor Schönberg zu schwärmen, der die Litteraturstunden in der Selecta der Töchterschule übernommen hatte, welche Klasse Käthe besuchte, um das Erzieherinexamen zu machen. Sie suchte sich über diese „Verirrung“ mit den wunderlichsten Romanen zu trösten, in denen „Er“ jedesmal „von Schönberg“ hieß, der, nur durch die Noth gezwungen, seinen Adel einstweilen bei Seite legte. – –
Lore hatte die Schwester traurig angesehen. „Wie spät Du wieder aufgestanden bist,“ sagte sie vorwurfsvoll, „und konntest doch so gut etwas helfen, denn Deine Klasse beginnt heute erst um zehn Uhr.“
Käthe schnitt ein unbehagliches Gesicht, warf zwei große Stücke Zucker in den Milchkaffee und sprach von etwas anderem.
„Rudi! Rudi! ertönte jetzt die Stimme der Mutter draußen, „der Vater fragt nach Dir!“
Ein trauriger bittender Blick Lores folgte dem Hinausgehenden.
* * * * *
Lore war noch ein Weilchen in der Küche thätig gewesen, hatte ein zweites Frühstück in der Eßstube auf den Tisch gestellt, nach der Wäsche gesehen und sich dann in ihr eigenes Stübchen hinauf begeben, um Toilette zu machen. Es befand sich im Bodengeschoß und war eine sogenannte Mansarde; aber wie anmuthig sah es hier aus! Das schmale Bettchen unter dem schrägen Dach verdeckten duftige weiße Mullvorhänge, in denen die vielen Stopfen so fein ausgeführt waren, daß man meinen konnte, sie gehörten zu dem Blumenmuster. An dem niedrigen Fenster stand ein kleiner wunderlicher Schreibtisch, eine Art Rokokomöbel mit erblindeter Politur und allerhand Schäden, das eine der verschnörkelten Beine fehlte ganz und war in sehr primitiver Weise ersetzt worden. Aber dieser Schreibtisch war „historisch“; Frau von Tollen auf Donnerstadt nannte ihn einst ihr eigen, und Prinz Louis Ferdinand hatte, während er in Donnerstadt bei Gelegenheit eines Manövers zwei Wochen Quartier genommen, seine Briefe an diesem Tischchen geschrieben. Auf der oberen Platte standen nun die kleinen Nippessachen der jetzigen Eigenthümerin, bescheidene Blumenvasen, die stets gefüllt waren mit frischen Blüthen, wenn die Jahreszeit es erlaubte; Nadelkißchen, eine Kabinettphotographie des Kaisers, und als Pendant ein Bild der Königin Luise; kleine unbedeutende Kotillongeschenke, ein Kästchen mit Messingbeschlag zum Aufbewahren von Schmuck, das aber nur ein welkes Sträußchen in seinem dunkelrothen Atlaspolster barg. Auf der untern Platte lag die Schreibmappe, ein Geschenk Käthes; sie zeigte auf der Holzplatte in möglichster Größe, aber etwas primitiver Malerei das Tollensche Wappen, den silbernen Hund auf goldener Mauer im blauen Felde, und darunter den Wahlspruch: „Treu und fest.“ Der kleine Spiegel über der Kommode an der Längswand des Kämmerchens trug in der Ecke ebenfalls das Wappen; es wollte gar nicht zu der einfachen Holzleiste passen, die es umrahmte, so wenig, wie das schöne Mädchen in diesen niedrigen Raum zu gehören schien, in den es eben eingetreten war und wo es so unbeweglich stehen blieb mit tief gesenktem Haupt.
Endlich fuhr sie sich mit der Hand über die Stirn, durch das geöffnete Fenster waren lärmende, lachende Stimmen erklungen. Sie spähte hinter den Blumenstöcken hervor zu dem Nachbargrundstück hinüber. Ein großes altersgraues Gebäude lag dort im klaren Sonnenschein, und auf dem weiten kiesbestreuten Platz davor tummelten sich ein paar hundert Knaben in diesem Augenblick. Ehemals ein Kloster, diente es jetzt dem Städtchen als Gymnasium.
Die Augen Lores irrten über die spielende bewegte Menge und blieben endlich mit beredtem Ausdruck an einem jungen Manne haften, der mitten durch das Getümmel über den Platz der Mauer zu schritt. Er trug einen dunkelblauen gut sitzenden Civilanzug und einen Filzhut von gleicher Farbe. Näher kommend, faßte er das Giebelfensterchen ins Auge und nahm grüßend den Hut ab. Rosig erglühend neigte Lore von Tollen den Kopf und trat zurück, während er, als geschehe es nur der warmen Sonnenstrahlen wegen, seine Kopfbedeckung in der Hand barhaupt weiterschritt.
Das junge Mädchen hatte sich auf den Stuhl gesetzt, der vor ihrem Bette stand, sie konnte von dort aus seine Schritte verfolgen. Ein strahlendes Lächeln war über ihr Gesicht verbreitet, und so lächelnd wandte sie noch den Kopf zurück. als ihre Mutter eintrat.
„Lore,“ begann die alte Dame verlegen, „wenn es Dir keine Unbequemlichkeit macht – der Schuster – weißt Du, die Stiefel für Käthe und einige Reparaturen – er hat die Rechnung zum dritten Male geschickt und gleich quittiert. Die Frau wartet unten – und – ich bin – es ist der siebenundzwanzigste, Lore.“
Das junge Mädchen war aufgesprungen und an die Kommode geeilt. „Wie viel, Mama?“ fragte sie fröhlich, indem sie aus dem obersten Schub ein Kästchen hervorlangte und es vor dem Ohre der Mutter leise klappern ließ.
„Zwölf Mark. Lorchen – wenn es nicht zu viel?“
Vier blanke Thaler verschwanden in der Hand der alten Dame und vier Lippen preßten sich innig aufeinander. „Nächsten Ersten. Lore.“
„Mach’ Dir keine Sorgen, Herzensmutter!“
Als sie gleich darauf wieder allein war, überzählte sie ihren kleinen Schatz. Noch zwölf Thaler; davon würden drei für des Vaters Geburtstagsgeschenk sein, und das Uebrige – sie lächelte wieder und dachte an das hellblaue Tüllkleid, das sie so gern, so lebensgern zum ersten Winterklubabend sich kaufen wollte. Aber – Weihnacht? Nun, bis Weihnacht war schon längst wieder ihr Geburtstag gewesen und der Onkel hat die bewußten zwanzig Mark gespendet; bis dahin hatte sie auch aus dem Berliner Stickereigeschäft – sie sah sich unwillkürlich scheu um: das durfte ja niemand ahnen, daß sie heimlich für Geld arbeitete! Der Vater würde schelten, die Mutter weinen und Käthe außer sich sein. Und gar Rudi – ach, Rudi! –
Ihr sonniges Lächeln verschwand, wie hatte sie das nur einen Augenblick vergessen können? Still beendete sie ihre einfache Toilette und nahm, bevor sie das Zimmer verließ, von dem Bücherband eine Spruchsammlung, steckte den schlanken Finger zwischen die Seiten und las die Stelle, die seine Spitze berührte. Sie pflegte es jeden Morgen zu thun und den kleinen Wegweiser für den Tag in der zufällig bezeichneten Stelle zu suchen.
„Sorg’! Aber sorge nicht zu viel;
Es geht doch, wie Gott haben will.“
las sie.
Und noch einmal:
„Kein süßer Leid, denn Hoffen.“
Sie sprach es leise und wie fragend vor sich hin. Dann flog ihr Blick durch das Fenster zu dem Gymnasium hinüber, und wie Rosengluth ergoß es sich wieder über das schöne Gesicht. Hastig, als habe sie ein Geheimniß verrathen, schloß sie das Buch und lief hinunter zum Vater.
Der alte gelähmte Herr saß in seinem Rollstuhl, von blauen Tabakswolken umhüllt, und plauderte mit dem Sohne. Als er Lore gewahrte, flog ein ungeduldiger Zug über sein vergrämtes Gesicht. „Lore, wie tausendmal habe ich Dir schon gesagt, Du sollst Taubenfedern besorgen und die Pfeifen reinigen, sie sind kaum noch zu rauchen.“
„Papa, ich habe sie vor zwei Tagen alle gereinigt bis auf diese; Du rauchtest gerade daraus.“
„Ausreden giebt’s immer,“ polterte der alte Herr. – „Was sagte denn nun der freche Dachs von Fähnrich?“ wandte er sich, im Gespräch fortfahrend, an seinen Sohn. „Zu meiner Zeit hätte ich den Patron achtundvierzig Stunden eingelocht, aber –“
„Ist auch geschehen, Papa.“
„Lore!“ rief der Major.
Das Mädchen kam aus der Nebenstube zurück.
„Schließ die Fenster! Himmelsakrament, Junge, hör’ diesen Spektakel da draußen an! Was, ist’s denn schon Zwölf? Ach so – heute ist die Schule eine Stunde früher aus als gewöhnlich. Ich sage Dir, zum Verrücktwerden ist diese Wohnung; am Alltag der Schullärm und Sonntags drüben im sogenannten Hellmannschen Gartensaal die Tanzmusik“ – er verbeugte sich ironisch gegen Lore, die noch am Fenster stand – „alles haben wir den Damen zu verdanken; sie fanden diese Bude idyllisch, gesund, allerliebst – ich weiß nicht, was noch! Und herein mußte ich!“
Lore antwortete nicht, sie putzte eben mit dem Staubtuche die Kommode, auf welcher der große Tabakskasten seinen Platz hatte. Rudolf war aufgestanden und ans Fenster getreten.
„Der Tausend,“ sagte er, „da kommt ja Herr Adalbert Becker zu Pferde. Gilt die Parade Dir, Lore?“ Er verbeugte sich dabei, einen Gruß erwidernd. „Donnerwetter, famoser Gaul!“
„Seine Mittel erlauben ihm das,“ brummte der Major, „und dabei hat er so viel Pferdeverstand, daß er kaum einen Percheron von einem Ziegenbock unterscheidet. Sieh ihn Dir an, der Kerl hängt wie eine Klammer auf der Waschleine.“
Das junge Mädchen war niedergekniet und befreite die geschweiften Füße des Sofatisches vom Staube.
„Ihr habt ja wohl Verkehr?“ fragte der Lieutenant.
„Wer unter Wölfen ist, muß mit ihnen heulen,“ erwiderte der alte Herr ungemüthlich, und als ob er möglichst von etwas anderem reden wollte, sprach er: „Gehst Du nicht einen Frühschoppen trinken? Du findest just die ganze Crême der Westenberger jeunesse dorée bei Kramer – am Markt, weißt Du?“
„Je nun, ja! Ich könnte es thun,“ war die Antwort.
Lore hatte eben, mit der Wasserflasche in der Hand, die Stube verlassen, als der Bruder ihr folgte. „Erlaube,“ sagte er galant, ihr die Karaffe abnehmend, „wolltest Du an die Pumpe?“
Sie nickte und ging neben ihm die Treppe hinunter.
„Papa scheint in etwas gereizter Stimmung,“ bemerkte er.
Sie blickte ihn ruhig an. „Nicht anders wie sonst. Er fühlt sich elend, die Gicht plagt ihn wieder; man muß Geduld haben, er meint es nicht so böse.“
Sie standen am Brunnen in der Nähe der alten Mauer. „Höre, Lore,“ sagte der Lieutenant, ihr die jetzt gefüllte Flasche reichend, „ich tränke ganz gern einen Schoppen bei Kramers – aber – Du weißt, in Berlin ist alles drauf gegangen, könntest Du mir, bis der Zahlmeister mein Gehalt schickt – Ich habe faktisch keinen Dreier mehr –“
„Aber natürlich, Rudolf!“ Unmerklich spielte ein Lächeln um den reizenden Mund. „Wie viel?“
„Wie viel kannst Du entbehren, Lore? Ich habe – ich muß nämlich auch eine kleine Rechnung abmachen. Würdest Du mir zehn Thaler geben?“
„Gewiß!“ Sie lief eilends die Treppe hinauf in ihr Stübchen und entleerte den Pappkasten seines Inhaltes. Ein paar Minuten später ging der Herr Lieutenant zu Kramer, und als er das Lokal wieder verließ, hatte er zwei Kaviarschnitten, ein Ragout fin und verschiedene Seidel Echtes genossen und für den andern Tag eine Reitpartie nach Demnitz verabredet mit Adalbert Becker und dem Bezirksadjutanten, um im dortigen Offizierskasino des Dragonerregimentes eine Pfirsichbowle mit auszutrinken, die Becker infolge einer Wette zu geben hatte. Er kam daher weniger gelangweilt nach Hause, als er fortgegangen war, neckte sich in liebenswürdigster Weise mit Käthe und erzählte Schnurren aus der Garnison, die den Major so heiter stimmten, daß er ein übriges that. Lore mußte in den Keller steigen und eine Flasche Rüdesheimer heraufholen.
„Ich trinke auf Se. Majestät unsern Kaiser!“ rief Käthe, mit dem Bruder anstoßend, und trank ihr Glas mit einer allerliebst burschikosen Manier auf einen Zug aus. Und dann flüsterte sie Lore mit leuchtenden Augen zu. „Du, Doktor Schönberg hat bei Beckers doch keinen Besuch gemacht, er hat gesagt, es passe ihm nun mal nicht.“
Lore antwortete nicht, sie bückte sich rasch nach ihrer Serviette.
„Du sollst heute zum Wachtelhündchen kommen, Lore,“ sprach Fräulein Käthe nun laut.
„Käthe!“ sagte vorwurfsvoll die Mutter, während der Lieutenant lachte. „Ich will es nie wieder hören, Käthe!“ fuhr die alte Dame fort, „Du hast ‚Tante Melitta‘ zu sagen und nicht anders – verstehst Du?“
„Wie? Sitzt Ihr noch immer so zu Füßen von Tante?“ fragte Rudolf.
„Sie hat ja sonst niemand,“ entschuldigte Lore. „Sagte sie, wann ich kommen soll, Käthe?“
„Nun, jedenfalls doch zum Kaffee,“ schmollte die Kleine; „sie rief es mir aus dem Fenster zu, sie müßte Dich nothwendig sprechen.“
„Verschrobenes Frauenzimmer!“ schalt leise der Major seine leibliche Schwester; „hätte heirathen sollen!“
„Sie hat ja eine unglückliche Liebe gehabt,“ erklärte Käthe.
„Nun ja, ja, das wissen wir,“ knurrte der alte Herr.
„Tante Melitta sagte neulich, sie bedauere es recht sehr, nicht doch noch geheirathet zu haben; es sei nun einmal das Richtige für die Frau, und –“
„Sei ruhig; Deine Weisheit kennen wir zur Genüge! Wenn drei Frauenzimmer zusammenkommen, sprechen sie vom Heirathen. Sie hätte ihn nehmen sollen, dann hätte sie wenigstens was Gescheiteres gethan, als –“
„Aber Papa!“ rief Käthe im Tone tiefster Entrüstung, „es ist doch nur Euer Hauslehrer gewesen und, erinnere Dich, er hieß August Kiebitz! Denke Dir: ‚Melitta Kiebitz, geborene von Tollen‘!“
„Nun und was weiter?“ sagte die Mutter, „wenn er sonst ein braver Mann war?“
Käthe schlug die Hände zusammen und lachte silberhell. „Mama, das ist klassisch von Dir!“
Die gute Mama, deren gebeugter Gestalt und vergrämten Zügen man es nicht mehr ansah, daß sie einstmals die reizendste Erscheinung auf den Hofbällen der kleinen mitteldeutschen Residenz gewesen, sah bekümmert zu Lore hinüber. „Bleib’ nicht gar zu lange aus, Kind; Du weißt, die Wäsche ist zu legen und – so mancherlei –“
„Wenn Ihr nur waschen könnt!“ rief der Major und trank den Rest seines Weins aus. „Gesegnete Mahlzeit!“ Und er hinkte auf seiner Krücke zur Thür hinaus, um oben in seinem verräucherten Zimmerchen der Ruhe zu pflegen.
* * * * *
Fräulein Melitta von Tollen, die vor kurzem ihren sechzigsten Geburtstag gefeiert hatte, bewohnte am entgegengesetzten Ende des Städtchens in dem ehemaligen Zollhause, dicht vor dem Eingang zum Thor, den ersten Stock. Es war das kein Luxus, denn derselbe umfaßte nur drei Stuben und eine winzige Küche. Aber die Miethe war billig und die Wohnung bot unschätzbare Vortheile; erstlich besaß sie einen Balkon, auf dem der Ständer des Papageis und der Armstuhl des Fräuleins gerade Platz fanden, und der überdies in den wundervollen, schattigen, parkartigen Garten der Frau Ellfriede Becker hinabsah, und zweitens konnte Tante Melitta jeden Wagen, jeden Spaziergänger und jede Landpartie kontrolliren, denn nach dieser Seite befanden sich die Anlagen des Städtchens mit dem üblichen Kriegerdenkmal, der Siegeseiche und dem Schützengarten.
Tante Melitta lebte hier seit zwanzig Jahren. Als sie ihrem Vater die Augen zugedrückt hatte und sich auf eine schmale kleine Revenue, eine Familienstiftung, angewiesen sah, forschte sie überall nach einem Ort, wo man mit zweihundertfünfzig Thalern anständig leben könne. Aus Westenberg, allwo eine alte Freundin ihrer Mutter noch vegetirte, liefen die günstigsten Nachrichten ein, und so zog sie hierher mit ihrem Papagei, den Rokokomöbeln und dem Schmerz um ihre verlorene Liebe und war mittlerweile eine Merkwürdigkeit der Stadt geworden, erstlich durch die innige Theilnahme an dem Schicksale der gesammten Mitbürgerschaft, besonders wenn Ehen zu stiften waren, alsdann durch eine wunderliche Spielerei, der sie oblag. Sie besaß eine förmliche Puppenkolonie. Da gab es völlig eingerichtete Puppenhäuser, vom Keller bis zum Boden, Gärten, in denen Puppen spazierten, Waschhäuser, Plättküchen, Bäckereien. Jedes Geräth, jedes Möbelchen war zierlich durch ihre Finger hergestellt, so daß selbst Erwachsenen das Spielen mit diesen Miniaturpuppen manchmal eine Lust dünkte. Sie hatte Namen für diese verschiedenen Puppenfamilien, und man konnte nichts Eleganteres sehen, als das rosaseidene Boudoir der Frau Gräfin Adlerhorst, nichts Herzigeres als die Kinderstube im Puppenhause des Herrn Amtsrathes, in welcher sieben Puppenkinder mit steifen Armen um den winzigen Tisch saßen, und die Frau Puppenamtsrath vor der Kaffeekanne präsidirte. Nichts erfreute die alte Dame mehr als die Bewunderung, die ihre Gäste diesem Kunstwerk zollten.
Als ihr Bruder, der Major, den Abschied nehmen mußte und sich ebenfalls nach einem billigen Ort umsah, lobte und pries sie Westenberg bis in den Himmel; und richtig, die Familie zog her.
An dem Abend, wo Major von Tollen mit seiner Familie in Westenberg eintraf, hatte Tante Melitta alle ihre Puppenanlagen illuminirt und erntete den vollsten Beifall der drei Nichten, von denen die älteste, zwanzigjährige, freilich schon Braut, Lore aber erst zwölf und Käthe erst sechs Jahre zählte. Auf ihren Bruder, den Major, aber hatte Westenberg gleich in den ersten Minuten einen höchst niederschlagenden Eindruck gemacht. Die dreistündige Omnibusfahrt von der letzten Eisenbahnstation mit den unruhigen Kindern und dem vielen Handgepäck hatte seine Nerven gereizt; die Finsterniß des Herbstabends, nur durch spärlich vertheilte, an Ketten über den Straßen schwebende Laternen hier und da erhellt, die gealterte Erscheinung der Schwester, die ihn exaltirt bewillkommnete, der Anblick der alten bekannten Möbel, welche Erinnerungen an längst vergangene bessere Zeiten weckten, alles machte ihn unwirsch und verdrießlich. Er nannte die Puppenanlagen einen verfl… Unsinn, die Betten im Gasthause vorsündfluthlich und schloß mit der Versicherung, daß dies Westenberg allem Anscheine nach das miserabelste Nest sei, das ihm in seinem langen Leben vorgekommen. Er werde sofort die Möbelwagen zurückschicken, woher sie gekommen. Nun, das geschah freilich nicht, schon der Geldbeutel verbot es, aber die Schwester verzieh dem Bruder das Urtheil nie, das er über ihr geliebtes Puppenasyl und über ihr trautes Westenberg gefällt hatte, das Verhältniß blieb ein gespanntes bis auf den heutigen Tag.
Mit der stillen, von Sorgen gequälten Schwägerin ging es desto besser, denn im Grunde war Fräulein Melitta ein gutmüthiges Geschöpf, wenn sie auch, wie man so sagt, ihre Mucken hatte. Ihr Liebling war Lore, das schöne schlanke Mädchen mit der eigenartig stolzen Haltung des kleinen goldhaarigen Kopfes und dem ehrlichen Herzen. Sie hatte das kecke übermüthige Wesen der Jüngsten nie geliebt, Käthe war ihr daher ein Greuel, und seitdem dieser Unband ihr mit einer so frommen unschuldigen Miene zum letzten Geburtstage, am 31. März, Kiebitzeier, in ein Körbchen mit rosa Watte verpackt, geschenkt hatte, die das freche Ding von einem Nachbarsjungen mit unsäglicher Mühe erlangte, wurde sie von Tante Melitta überhaupt nur noch geduldet, denn: „Nicht einmal der Schmerz um den verlorenen Kiebitz ist ihr heilig gewesen! Die heutige Jugend ist entartet!“ hatte sie entrüstet geäußert zu Lore, die eine Viertelstunde später gekommen war und Käthe, blau vor unterdrücktem Lachen, mit einem Tellerchen voll Eierfladen vor sich auf der Fensterbank, im Nebenzimmer fand. Lore ertrug wirklich musterhaft die Launen der alten Dame und würde sie ebenso musterhaft ertragen haben, wenn die Fenster des Wohnzimmers von Fräulein Melitta auch nicht den Blick gewährt hätten, wie sie es wirklich thaten, nämlich über die Straße hinweg zu einem Paar blinkender Fenster mit geblümten Kattunvorhängen, die so bescheiden und versteckt hinter hohen Rüstern lagen, daß sie gar nichts Bemerkenswerthes zu bieten schienen und weder der Tante noch den vielen Leuten auffielen, die dort vorüber gingen, die aber Lore von Tollen doch der schönste Anblick der Welt dünkten.
Das bescheidene Haus gehörte der verwitweten Frau Pastor Schönberg, und hinter den besagten Fenstern wohnte ihr Sohn, der Doktor Ernst Schönberg. Als Lore die Straße herunterkam, der Wind ihr gelbe Blätter entgegen wirbelte und ihr Auge die rothbraune Färbung der Rüstern gewahrte, zog es wie freudige Ueberraschung in ihr Herz – es nahte die Zeit, wo sie nicht mehr auf dem kleinen Balkon an der Hinterseite des Hauses mit Tante zu sitzen brauchte, wo das traute Plätzchen hinter der Filetgardine mit der entzückenden Aussicht wieder zur Geltung kam. Darüber vergaß sie einen Augenblick ihre vielen traurigen Gedanken von heute früh und trat, rosig und rasch athmend vom Gange und der steilen Treppe, in das Zimmer der Tante.
Die alte Dame mit der eigenthümlichen Haarfrisur – an jeder Seite des schmalen Gesichtes hingen drei bis vier Löckchen herunter, die allerdings ungemein an den Behang eines Wachtelhundes erinnerten – saß an ihrem Nähtisch und wühlte in einem Haufen von buntem seidenen Tand umher.
„Gott sei Dank, Lore, daß Du kommst!“ rief sie der Eintretenden entgegen, „der Thee ist schon abgegossen worden, er hätte sich sonst bitter gezogen; lege ab und setze Dich!“ Sie fuhr wieder mit den Fingern in den bunten Läppchen umher und zog einen Brief hervor. „Da ist ein Schreiben von Helene für Dich; sie bat mich, ich möchte es Dir unbemerkt übermitteln – ist wohl wegen Deines Papas Geburtstag, denke ich.“
Lore hatte das Jäckchen abgezogen, den dunkelblauen, sehr einfachen Filzhut von dem blonden Haare genommen und saß nun an ihrem geliebten Fensterplatz mit der interessanten Aussicht, der Tante gegenüber, den Brief in der Hand drehend. Die alte Aufwärterin des Fräuleins brachte Thee und Buttersemmeln, im Ofen brannte ein leichtes Feuer, denn die Herbstkühle war der alten Dame bereits sehr empfindlich, und der gemüthliche Zauber dieser wunderlichen Altjungfernstube, der die Puppenanlage einen heiteren kindlichen Ausdruck verlieh, theilte sich auch Lores jungem Herzen mit.
„Danke schön, liebe Engeln,“ sagte sie freundlich, der alten Frau die Tasse abnehmend und den Brief bei Seite legend. Dann wandte sie sich wieder zu der Tante: „Rudi ist gestern gekommen, er wird mich nachher abholen, um Dich zu begrüßen.“
„Weißt Du nicht, wie weit er mit seinem Interesse für die schöne Blondine in seinem Album gekommen ist?“
„Welche?“ fragte Lore belustigt. „Er hat Blondinen und Brünetten zu halben Dutzenden darin. Aber nun verzeih einen Augenblick, Tantchen, ich möchte den Brief erst lesen.“
Die Handschrift der Schwester erschreckte sie; die sonst so gleichmäßigen Schriftzüge hatten sich diesmal fast unleserlich gestaltet, als seien sie in Aufregung und Hast über das Papier gestreut.
„Liebste Lore!
Soeben beifolgende Zeilen meines Bräutigams – ich bitte Dich, was soll daraus werden? Am liebsten käme ich selbst, um die Sorgenstunden mit Euch zu tragen, aber die Pflicht fesselt mich hier; ich wäre zu undankbar, wollte ich meine Schwiegermama verlassen auf ihrem Krankenlager.
Ich kann mich nicht entschließen, Mama zu schreiben, wie Franz es wünschte –. Du bist so ruhig und verständig, in Deine Hände lege ich es; siehe zu, wie Du es den Eltern am besten beibringst.
In treuer Liebe
Deine Helene.“
Zitternd griff Lore nach dem Briefblatt, das mit des Schwagers Handschrift dicht bedeckt war. Noch suchte sie sich zu beherrschen, ihren Schrecken zu verbergen, da klopfte es an die Thür, und auf das „Herein!“ von der schrillen Stimme Tante Melittas erschien auf der Schwelle ein junger Mann in einem Besuchskostüm allerneuester englischer Mode.
„Mille pardon, meine Gnädigste, wenn ich störe! Schon lange beabsichtigte ich, unserer hochverehrten Nachbarin meine Aufwartung zu machen – Ah!“ unterbrach er sich, „Fräulein von Tollen – welch glücklicher Zufall! Eben ist meine Mutter bei Ihrem elterlichen Hause vorgefahren, um Ihnen, ganz speciell Ihnen, einen Besuch abzustatten. – Erlauben die Damen?“ Er hatte währenddem einen Stuhl herangezogen, um sich an Fräulein Melittas Seite niederzulassen, die mit einer gewissen altmodischen Feierlichkeit im Sofa Platz genommen.
„Freut mich sehr – äußerst angenehm, Herr Becker!“ lispelte sie.
Lore war ruhig auf ihrem Platz verblieben. Sie kam sich vor, als sei sie gelähmt, so rieselte ihr noch immer der Schreck über das Gelesene durch die Glieder. Die Anwesenheit Adalbert Beckers ward ihr zur psychischen Qual. Er richtete jetzt das Wort an sie, und sie sah ihn verständnißlos an, ohne eine Antwort zu finden. Er war gewissermaßen eine hübsche Erscheinung, dieser große blonde Mensch, nur lag in seinen feuchten hellblauen Augen ein Schimmer, der Lore stets mit Widerwillen erfüllte, ohne daß sie wußte, weshalb. Das rosige Gesicht war gedunsen, wie es denen passirt, die gern gut diniren und den Sekt dabei nicht sparen. Seine Toilette war elegant, aber nicht die eines Gentleman; er trieb einen wahnsinnigen Luxus in Kravatten und Hemdknöpfen, besaß die kleinsten Taschentücher mit den größten Monogrammen und die unmöglichsten Parfüms. Die Verbeugungen seines großen starken Körpers mißriethen meistens kläglich, und im Verkehr mit Damen warf er mit Komplimenten um sich, so groß und grob wie Bomben. Er sprach überdies gern von seinem Gelde und taxirte jedes Ding auf seinen Werth. Im großen und ganzen hatte er sich in den drei Jahren, die er in Westenberg verlebte, den Ruf eines „guten Kerls“ erworben, und in der That gab er nicht geringe Summen für wohlthätige Zwecke aus. Das neue städtische Krankenhaus war zum großen Theil aus seinen Mitteln erbaut, er hatte einen Brunnen auf dem Markt gestiftet und zu Kaisers Geburtstag speiste er den ganzen Kriegerverein in der „Krone“. Lauter Lobenswerthes; aber Lore von Tollen dachte anders. Sie hielt ihn für roh; sie hatte diese Ansicht von ihm, seitdem er ein edles Pferd, das er auf einem Wettrennen zu schanden geritten – es trug einen unheilbaren Schaden des rechten Vorderbeines davon und hustete – an einen Karrenfuhrmann verkauft. – Das Thier, das sich kaum zu schleppen vermochte, zog jeden Tag die schwere Sandkarre vor der eleganten Villa vorbei, in deren Ställen es noch vor wenigen Monaten gestanden, verhätschelt und geliebkost; und jedesmal machte das Thier Halt und wieherte leise, als ob es eingelassen werden wollte, und Herr Adalbert Becker sah es ruhig mit an – hatte er doch sechs Thaler für den Gaul bekommen!
Zufällig hatte Lore das erfahren; seitdem haßte sie den Mann, der für die beste Partie im Städtchen galt und der Gegenstand vieler heimlicher Berechnungen besorgter Mütter war, die heirathsfähige Töchter besaßen. Sie meinte, wer für Thiere kein Erbarmen habe, fühle auch Menschenleid nicht mit. Und dieser Mann widmete seine ausschließliche Huldigung Leonore von Tollen, und trotz der kühlen Nichtachtung wurde er immer eifriger in seinen Aufmerksamkeiten.
Nun saß er dort bei der Tante, bei der alten einsamen Person, die gar nicht Anspruch machte auf Besuche junger Lebemänner. Lore wußte ganz genau, es war wiederum ein Versuch, sich ihr und ihrer Familie zu nähern.
„Sie ahnen nicht, mein gnädigstes Fräulein, was meine Mutter Ihnen für eine Bitte vortragen wollte; da ich glücklicher bin als sie und Sie so unvermuthet hier treffe, darf ich Sie wohl damit bekannt machen? Es handelt sich um eine kleine Aufführung für unseren Ball – wir rechnen dabei auf Ihre Gnade. – Würden Sie die Rolle der französischen Bäuerin in dem kleinen Singspiel ‚Kurmärker und Pikarde‘ übernehmen? Diese entzückende Rolle wäre durch Ihre Grazie und Eleganz entschieden verkörpert.“
Er legte seine in helle Glacés gepreßten Hände bittend zusammen und sandte einen wahrhaft feurigen Blick zu dem jungen Mädchen hinüber.
„Ich bedaure sehr, ich spiele grundsätzlich nicht Komödie.“
„O, aber – warum nicht?“
„Weil ich es nicht liebe.“
„Warum lieben Sie es nicht? Sie sollten es lieben, denn es giebt keine Gelegenheit, in der sich eine reizende Dame –“
Er brach ab vor ihrem großen kühlen Blick, der, wie erstaunt über dieses dringende Zureden sein Gesicht streifte. Ihr feiner Mund zog sich unmerklich etwas herab, und dieser Zug verlieh dem Gesicht etwas Stolzes, Hochmüthiges.
„Weshalb wollen Sie nicht? Weshalb weisen Sie mich ab?“ stotterte er verlegen.
Sie antwortete auch jetzt nicht sogleich, sie erhob sich in ihrer ganzen schlanken Höhe und, die Briefe in der Hand dem Nebenzimmer zuschreitend, wandte sie an der Thür den goldschimmernden Kopf noch einmal halb zurück, wie eine Königin es nicht stolzer gethan haben könnte. „Sie werden sich mit der einfachen Thatsache begnügen müssen,“ sprach sie.