VVorwort

Es ist ein zunehmendes Interesse an Eheverträgen festzustellen, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass immer mehr Ehen geschieden werden. Die Beteiligten möchten sich möglichst vor oder während der Ehe absichern mit einem „vorsorgenden Ehevertrag“ oder zumindest im Falle einer Trennung einen „Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvertrag“ schließen.

Entsprechend hoch ist das Informationsbedürfnis. Dem trägt dieser Ratgeber Rechnung. Der Leser erfährt, was alles vereinbart werden kann und welche wichtigen Aspekte beachtet werden müssen.

Dabei ist die aktuelle Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Eheverträgen ebenso berücksichtigt, wie alle Gesetzesänderungen im gesamten Familienrecht.

Zum besseren Verständnis der teils schwierigen juristischen Materie wurde auf eine verständliche Darstellung geachtet. Es gibt viele anschauliche Beispiele. Außerdem werden dem Leser eine Reihe von Musterverträgen an die Hand gegeben.

Der Ratgeber erscheint in fünfter, völlig überarbeiteter Auflage. Zuvor erschien der Titel in der Reihe Ratgeber Recht bei der Nomos Verlagsgesellschaft.

Die Neuauflage wurde mit großer Sorgfalt erstellt. Gleichwohl ist eine Haftung des Autors ausgeschlossen. Vor Abschluss eines Ehevertrages ist unbedingt eine zusätzliche individuelle Beratung angeraten.

Mönchengladbach, August 2015

Michael W. Klein

XVIIAbkürzungsverzeichnis

Abs.

Absatz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH

Bundesgerichtshof

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

bzw.

beziehungsweise

d. h.

das heißt

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EP

Entgeltpunkte

ErbStG

Erbschaftsteuergesetz

EStG

Einkommensteuergesetz

etc.

et cetera

evtl.

eventuell

FamFG

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

GNotKG

Gerichts- und Notarkostengesetz

KostO

Kostenordnung

Nr.

Nummer

RVG

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz

u. a.

unter anderem, und andere

VersAusglG

Versorgungsausgleichsgesetz

vgl.

vergleiche

z. B.

zum Beispiel

Ziff.

Ziffer

ZPO

Zivilprozessordnung

11. Kapitel
 
Einleitung

I. Was ist ein Ehevertrag?

Unter einem Ehevertrag versteht man eine Vereinbarung, mit der Eheleute ihre rechtliche Beziehung zueinander regeln.

Wer heiratet, geht nicht nur eine Liebesbeziehung ein, vielmehr wird durch die Eheschließung auch eine Rechtsbeziehung begründet. Die gesetzlichen Konsequenzen sind weitreichender als viele ahnen. Diese ergeben sich aus den Gesetzen, insbesondere dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem BGB. Das BGB gilt automatisch für jede Ehe, wenn nichts anderes vereinbart wird.

Das Gesetz führt nicht immer zu einer ausgewogenen und gerechten Lösung. In manchen Fällen kann es zu unbilligen und als ungerecht empfundenen Ergebnissen führen.

Mittels eines Ehevertrages kann die Gesetzeslage abgeändert werden. Bestimmte gesetzliche Regelungen können außer Kraft gesetzt werden. Eheleute können die Rechtsgrundlage ihrer Ehe größtenteils selbst festlegen. Sie bestimmen mit dem Vertrag, was für sie individuell rechtlich gelten soll. Dies gilt nicht nur für die Zeit des glücklichen Zusammenlebens, sondern auch – und insbesondere – für den Fall ihres Auseinandergehens.

Nach der gesetzlichen Definition kann man mit einem Ehevertrag die „güterrechtlichen Verhältnisse“ regeln (§ 1408 Abs. 1 BGB). Gemeint sind die Vermögensverhältnisse. Darin erschöpft sich aber 2letztlich nicht der Ehevertrag. Es ist allgemein anerkannt, dass auch über die Regelung des Vermögens hinaus weitere Dinge geregelt werden können, z. B. der Versorgungsausgleich (Altersrentenausgleich) und nicht zu vergessen der Unterhalt. Absprachen können auch bezüglich Hausrat und Möbel getroffen werden sowie zur Nutzung einer Ehewohnung nach einer Trennung. Es gibt viele Regelungsmöglichkeiten, auf die im Folgenden noch näher eingegangen wird. Sofern die Eheleute darüber Vereinbarungen treffen wollen, so nennt man dies einen „Ehevertrag“. Dabei bestimmen die Eheleute selbst, wie umfangreich der Vertrag sein soll, also was alles geregelt werden soll, ob nur der Unterhalt oder auch das Vermögen oder zusätzlich noch der Versorgungsausgleich.

II. Verschiedene Arten von Verträgen

Man muss Eheverträge nicht nur nach deren Inhalt unterscheiden, sondern auch hinsichtlich des Zeitpunktes, zu dem sie geschlossen werden. Entsprechend gibt es

Im Einzelnen:

1. Vorsorgende Eheverträge (in glücklichen Zeiten)

Darunter versteht man solche Verträge, die zu einem frühen Zeitpunkt geschlossen werden, wenn sich beide Seiten in glücklicher Partnerschaft befinden, etwa vor der Eheschließung. Das ist der klassische Zeitpunkt. Bevor man heiratet, wird der Vertrag geschlossen. Möglich ist ein Vertragsschluss aber auch später nach der Heirat. Jedenfalls aus einer funktionierenden Partnerschaft heraus möchten Verlobte oder Eheleute für ihr eheliches Zusammenleben bzw. meistens für den Fall des Auseinandergehens ihrer Beziehung Vereinbarungen treffen. Für den „Fall der Fälle“ wird vorgesorgt. Beide Partner hoffen auf den Bestand der Ehe. Sollte sich diese 3Hoffnung aber nicht erfüllen, geht man ohne Streit auseinander, weil alles schon vertraglich geregelt ist.

Ist ein vorsorgender Ehevertrag unromantisch?

Viele Paare würden die Frage spontan mit „Ja“ beantworten. Wenn man sich liebt, denkt man doch nicht an Regelungen für ein Auseinandergehen. Man zieht ein Auseinandergehen gar nicht in Erwägung. Man schwebt auf „Wolke 7“, ist glücklich und möchte heiraten oder ist bereits glücklich verheiratet, und zwar fürs Leben. Wird man beim Standesbeamten nicht gefragt, ob man verheiratet sein wolle „bis der Tod Euch scheidet“? Diese Frage wird auch regelmäßig mit „Ja“ beantwortet!

Die Realität sieht anders aus. Mehr als jede dritte Ehe wird geschieden, Tendenz steigend. Es ist eine allgemein zu beobachtende Entwicklung in unserer Gesellschaft, dass der Ehebund oft vorzeitig aufgelöst wird. Dies mag auch mit einem allgemeinen Werteverfall zu tun haben. Wo auch immer die Ursachen liegen, es ist schlicht eine Tatsache, dass viele Ehen nicht auf Lebenszeit halten, obwohl beide Eheleute dies zu Beginn ernsthaft wollten.

Ist ein Ehevertrag nun unromantisch?

Die Antwort ist also „Nein“.

Wer sich liebt, der einigt sich.

Wenn sich Paare in glücklichen Tagen zusammensetzen und darüber nachdenken, was gelten soll, wenn sie einmal auseinander gehen, so sind dies regelmäßig ausgewogene und gerechte Lösungen. Man ist objektiv. Man will niemanden übervorteilen. Man hat nur das Ziel, dann mit Anstand und ohne Streit auseinander zu gehen. Nach dem Empfinden der Beteiligten soll es dann gerecht zugehen. Wenn man glücklich zusammen ist, lässt sich eine solche Lösung leicht finden.

Die Erfahrung zeigt zudem, dass Ehen mit „vorsorgendem“ Ehevertrag dauerhafter sind. Solche Ehen halten länger. Der Grund mag auch darin liegen, dass Eheleute, die in der Lage sind, zu Beginn ihrer Ehe gemeinsam Konfliktlösungen zu erarbeiten, viel Verantwortungsbewusstsein 4besitzen. Jedenfalls kann man sagen, dass der Abschluss eines Ehevertrages für den Bestand der Ehe förderlich ist.

2. Trennungsvereinbarungen (in der Krise)

Die Ausgangslage eines vorsorgenden Ehevertrages sind zwei glückliche Partner. Aus dieser Situation heraus wollen sie Vereinbarungen für den Eventualfall treffen, von dem sie hoffen, dass er nicht eintritt.

Demgegenüber ist Ausgangspunkt einer Trennungsvereinbarung oder eines Ehescheidungsfolgenvertrages (vgl. Ziff. 3.) eine zerbrochene Beziehung. Das Paar will sich trennen oder lebt bereits getrennt. Vor dem Scherbenhaufen ihrer Beziehung stehend, suchen sie eine konkrete Auseinandersetzung in Form eines Vertrages.

Eine reine Trennungsvereinbarung ist aber eher selten. Sie kommt in Betracht, wenn beide Partner „nur“ getrennt leben wollen. Oder wenn man sich vorläufig einigen will. Eine Scheidung oder eine Regelung über eine Scheidung hinaus wollen sie – noch – nicht.

Für die reine Trennungszeit können verschiedene Dinge geregelt werden, z. B. der Unterhalt. Man vereinbart bestimmte Beträge für die Trennungszeit, sowohl hinsichtlich Ehegatten- als auch Kindesunterhalt. Es kann auch geregelt werden, welcher Ehegatte die Kredite und Verbindlichkeiten weiter zahlt und ob später noch ein Ausgleich zu zahlen ist. Regeln kann man auch die Nutzung des gemeinschaftlichen Hauses/der Wohnung, wer dort weiter wohnen kann und wie die Kosten verteilt werden etc.

Stets beschränkt sich die Trennungsvereinbarung aber – wie der Name schon sagt – auf die reine Trennungszeit, also maximal bis zum Zeitpunkt der Scheidung.

3. Ehescheidungsfolgenverträge (bei zu erwartender Scheidung)

Sollte sich bereits eine Scheidung abzeichnen, wie meist in Trennungssituationen, ist eine umfassendere und weit reichende Regelung notwendig, zumindest sinnvoll. Die Folgen einer Ehescheidung 5werden mitgeregelt. Die Eheleute schauen also schon weiter in die Zukunft als dies bei der reinen Trennungsvereinbarung der Fall ist. Der Ehescheidungsfolgenvertrag kann alles für die Zeit nach der Scheidung regeln.

Dies betrifft vor allem die Vermögensregelung. Leben Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, errechnet man den Zugewinnausgleich und legt diesen im Vertrag fest. Ist gemeinschaftliches Grundvermögen vorhanden, etwa ein Haus, einigt man sich, was damit geschieht, z. B. Übernahme der Haushälfte durch einen Partner. Es erfolgt also eine endgültige Verteilung des Vermögens.

Im Ehescheidungsfolgenvertrag wird meist auch der Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung geregelt. Praktisch kann darin alles geregelt werden, was den Eheleuten für ihr endgültiges Auseinandergehen wichtig ist.

Inhaltlich kann es Überschneidungen geben zu einer Trennungsvereinbarung. Häufig werden auch Trennungs- und Ehescheidungsfolgenverträge kombiniert, sodass dann sowohl für die Trennungszeit wie auch für die Zeit nach einer Scheidung Regelungen getroffen werden.

Insgesamt kann mittels eines Ehescheidungsfolgenvertrages eine allumfassende Einigung vereinbart werden, sodass sich weitere Auseinandersetzungen erübrigen.

Hinweis:

Schließen Sie nie einen Ehevertrag, ohne vorherige anwaltliche Beratung. Im Ehevertrag werden Weichen gestellt, die in der Regel nicht mehr zurückgestellt werden können. Ohne vorherige fachkundige anwaltliche Beratung droht häufig großer Schaden.

6III. Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll?

1. Der vorsorgende Vertrag

Hinweis:

Es gibt eine Vielzahl von Ehen, bei denen ein Ehevertrag von Vorteil ist, mitunter wichtig ist oder auch dringend zu empfehlen ist.

Für welche ehelichen Konstellationen gilt dies?

Bevor man die Frage beantwortet, muss man sich klar machen, was das Gesetz regeln will, welche Zielsetzung der Gesetzgeber verfolgte. Der Gesetzgeber hatte bei Schaffung des Eherechtes eine Ehe vor Augen, in der ein Ehepartner erwerbstätig war, der andere den Haushalt führte und die aus der Ehe hervorgehenden Kinder versorgte, also die klassische Hausfrauen-Ehe. Der Gesetzgeber wollte denjenigen Ehegatten, der sich der Kinderbetreuung widmete, kein Einkommen erzielte, kein Vermögen bilden konnte und keine eigene Altersversorgung betreiben konnte, schützen. Aus der Schutzfunktion heraus sollten sich verschiedene Ansprüche für den wirtschaftlich schwächeren Partner ergeben. Er soll im Fall des Scheiterns der Ehe möglichst hälftig an allem beteiligt werden. So soll ihm ein Unterhaltsanspruch zustehen in Höhe der Hälfte des Mehrverdienstes. Ihm sollen die Hälfte der in der Ehe erwirtschafteten Rentenanwartschaften übertragen werden. Er soll die Hälfte des in der Ehe erwirtschafteten Vermögens erhalten. Der Gesetzgeber hatte insoweit eine Art „Standard-Ehe-Typ“ vor Augen.

In der Realität gibt es dagegen eine Fülle ehelicher Konstellationen, die von der gesetzgeberischen Vorstellung abweichen. Eheleute leben ihre Ehe heutzutage ganz unterschiedlich. Dies gilt sowohl für die Frage der Erwerbstätigkeit der Eheleute, wie für die Frage der Rollenverteilung. Aber auch aufgrund sonstiger Umstände ergeben sich in der Realität eheliche Konstellationen, die von dem Ehe-Typ abweichen, den sich der Gesetzgeber ursprünglich vorstellte. Denken Sie etwa an folgende Situationen:

7a) Konstellation – Doppelverdiener-Ehe

BEISPIEL: Beide Eheleute sind erwerbstätig und verdienen eigenes Geld. Sie wollen auch nach der Heirat ihre Jobs behalten. Sie haben keinen Kinderwunsch. Die Eheleute teilen sich die anfallenden Kosten. Jeder Ehegatte begründet eigene Rentenanwartschaften für das Alter. Beide können Vermögen bilden.

Sollte eine solche Ehe scheitern und geschieden werden, ist nicht unbedingt nahe liegend – wie das Gesetz es vorsehen kann – einem Ehegatten einen Unterhaltsanspruch zuzubilligen, möglicherweise über mehrere Jahre, wenn der Verdienst unterschiedlich ist. Ein solcher Unterhaltsanspruch kann geradezu als ungerecht empfunden werden. Hier liegt es nahe, eine zeitliche und/oder höhenmäßige Begrenzung des nachehelichen Unterhaltes zu vereinbaren oder den Unterhalt ganz auszuschließen. Auch hinsichtlich des Versorgungsausgleiches ist es – wie es das Gesetz vorsieht – nicht unbedingt nahe liegend, die in der Ehe erworbenen Anwartschaften für beide Eheleute jeweils auf den Cent auszurechnen und dem anderen Ehegatten jeweils die Hälfte der eigenen Rentenanwartschaften zu übertragen. Gleiches gilt für das in der Ehe erwirtschaftete Vermögen. Es bietet sich deshalb an, eine dahingehende Vereinbarung zu treffen, dass jeder die in der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften behält, ebenso sein Vermögen und etwaige Unterschiedsbeträge nicht auszugleichen sind, denn beide Ehegatten haben durch die Scheidung keine „ehebedingte Nachteile“ erlitten.

b) Konstellation – Doppelverdiener-Ehe mit Kindern

BEISPIEL: Beide Eheleute sind die ersten Jahre erwerbstätig. In der Zeit teilen sie sich die Kosten. In der Zeit erwerben sie eigene Rentenanwartschaften und bilden Vermögen. Später geht der Kinderwunsch in Erfüllung und ein Ehepartner, zumeist die Mutter, gibt die Erwerbstätigkeit auf und kümmert sich dann ausschließlich um Haushalt und Kinderbetreuung. Ab dem Zeitpunkt ist ihr die Begründung eigener Rentenanwartschaften, abgesehen von Kindererziehungszeiten, unmöglich, ebenso weitere Vermögensbildung.

8In einem solchen Fall kann es sich empfehlen, den gesetzlichen Versorgungsausgleich teilweise auszuschließen für die Zeit der beiderseitigen Berufstätigkeit und nur stattfinden zu lassen ab dem Zeitpunkt der Geburt des gemeinschaftlichen Kindes. Was den Unterhalt anbetrifft, könnten die Eheleute in einem Vertrag vereinbaren, dass der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt dann nicht gilt, wenn aus der Ehe gemeinschaftliche Kinder hervorgehen und aufgrund der notwendigen Kindesbetreuung einem Ehegatten eine Erwerbstätigkeit nicht möglich ist. Ein Unterhaltsanspruch kann also von einer Bedingung – z. B. notwendiger Kinderbetreuung – abhängig gemacht werden. Gleiches gilt für den Vermögensausgleich. Dieser könnte an die Bedingung geknüpft werden, dass Kinder aus der Ehe hervorgehen, infolgedessen ein Partner kein eigenes Vermögen erwirtschaften kann.

c) Konstellation – Kurze Ehedauer

BEISPIEL: Beide Eheleute sind erwerbstätig. Aus der Ehe gehen keine Kinder hervor. Nach kurzer Zeit scheitert die Ehe und es kommt zur Trennung. Die Ehe wird schon nach etwa drei Jahren geschieden.

In einem solchen Fall muss einem Ehegatten kein nachehelicher Unterhaltsanspruch zustehen, auch wenn die Einkünfte in der Ehe unterschiedlich waren. Denn letztlich stehen beide „auf eigenen Beinen“. Jeder Ehegatte kann für sich selbst sorgen. Hier könnte ehevertraglich vereinbart werden, dass ein Unterhaltsanspruch ausgeschlossen ist, wenn die Ehe weniger als fünf Jahre dauert. Ebenso könnte man an einen Ausschluss des Versorgungsausgleiches oder des Vermögensausgleiches denken, wenn die Ehe weniger als 5 Jahre dauert. Ansprüche der Ehegatten könnten also an eine Mindestdauer der Ehe geknüpft werden.

d) Konstellation – Vermögende Ehegatten

BEISPIEL: Die Ehefrau hat schon zum Zeitpunkt der Hochzeit ein größeres Vermögen, etwa ein unbebautes Grundstück.

9Nach dem Gesetz stehen zwar im Scheidungsfall einem Ehegatten seine Vermögenswerte alleine zu, sie sind nicht ausgleichspflichtig, weil sie zur Hochzeit schon vorhanden waren, unterfallen insbesondere in Höhe ihres damaligen Wertes nicht dem Zugewinnausgleich. Allerdings sind etwaige Wertsteigerungen ausgleichspflichtig. Wertsteigerungen können bisweilen erheblich sein, was an folgendem Beispiel deutlich wird:

BEISPIEL: Das unbebaute Grundstück der Ehefrau war zu Beginn der Ehe Ackerland und hatte einen Wert von 100.000 €. Während der Ehe wird es zu Bauland und hat danach einen Wert von 1.500.000 €.

Dieser Wertzuwachs wäre nach dem Gesetz ausgleichspflichtig, obwohl er an sich nichts mit der eigentlichen Ehe zu tun hatte. Mit welchem Recht sollte ein geschiedener Ehegatte an der Wertsteigerung teilhaben?

Solche Vermögenswerte können aus dem Zugewinnausgleich gänzlich ausgeklammert werden, sodass auch der Zuwachs nicht auszugleichen ist. Solches Vermögen bleibt dann einschließlich etwaiger Wertsteigerungen voll dem einen Ehegatten erhalten.

e) Konstellation – Unternehmer und Freiberufler

BEISPIEL: Der Ehemann ist Schreiner und hat kurz vor der Hochzeit eine kleine Schreinerei übernommen. Er hat Pläne, die Firma zu erweitern, will weitere Mitarbeiter einstellen und noch einen anderen Betrieb übernehmen.

Sollte die Ehe nach Jahren scheitern, wird der Wert des Unternehmens festzustellen sein und ist in die Vermögensauseinandersetzung einzubeziehen. Dem anderen Ehegatten steht ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertzuwachses zu. Er hat einen Geldanspruch. Die Durchführung des Zugewinnausgleiches kann dem Unternehmer die Existenz kosten, wenn er zur Begleichung des Zugewinnausgleichsanspruches sein Unternehmen/seine Praxis verkaufen muss.

10Um dies zu verhindern, ist ein Ehevertrag notwendig. So kann im Vorfeld z. B. vereinbart werden, wie das Unternehmen zu bewerten ist, um einen späteren Streit allein über den Wert zu vermeiden. Oder aber man kann festlegen, dass gar kein Geldausgleich stattfindet oder ein geringerer als das Gesetz es vorsieht. Oder man vereinbart, dass statt eines Barbetrages ein Äquivalent gegeben wird. Oder man vereinbart zumindest Zahlungsmodalitäten, sodass der Unternehmer-Ehegatte nicht sein Lebenswerk verkaufen muss, um den anderen auszugleichen. Wie man sieht, gibt es eine Vielzahl von Varianten, die in einem vorsorgenden Ehevertrag vereinbart werden können.

f) Konstellation – Der verschuldete Partner

Bei Eheschließung hat ein Ehepartner hohe Verbindlichkeiten. Er geht also mit Schulden in die Ehe. Diese werden während der Ehe getilgt. Für beide Ehepartner bedeutet dies Einbußen im Lebensstandard; evtl. kommt es dadurch auch zu einer mangelnden Vermögensbildung beim anderen Ehepartner. Wenn dann die Ehe scheitert und der ursprünglich verschuldete Ehegatte seine Vermögenssituation während der Ehe durch Schuldentilgung verbessert hat, muss er zwar– nach dem neuen seit 1. 9. 2009 geltenden Gesetz – einen Ausgleich zahlen, da nun auch Schuldentilgung in der Ehe einen Zugewinn darstellt (es wurde das sog. „negative Anfangsvermögen“ eingeführt). Jedoch kann es im Scheidungsfall schwierig sein, die Höhe des früheren Schuldenstandes zu beweisen. Deshalb empfiehlt es sich durchaus, das negative Anfangsvermögen im Ehevertrag zu dokumentieren.

g) Konstellation – Wiederverheiratete ältere Eheleute

BEISPIEL: Nehmen Sie an, zwei Menschen heiraten in fortgeschrittenem Alter. Jeder von ihnen war bereits verheiratet. Beide sind wirtschaftlich unabhängig und verfügen über eigenes Einkommen. Auf die Versorgung des anderen Partners kommt es ihnen letztlich nicht mehr an.

Nach dem Gesetz gilt für sie aber das Unterhaltsrecht wie für jeden anderen Ehegatten auch, ebenso gelten die Regelungen zum Vermögensausgleich. 11D. h. nach dem Gesetz würde im Scheidungsfall exakt ausgerechnet, wer dem anderen wie viel Unterhalt und wie viel Vermögensausgleich zu zahlen hat. Das werden die Beteiligten vielleicht nicht wollen.

Derartige Folgewirkungen können sie deshalb für den Fall einer Ehescheidung einvernehmlich ausschließen. In Betracht kommt hier ein wechselseitiger Unterhaltsverzicht wie auch ein Ausschluss des Zugewinnausgleiches für den Fall der Scheidung.

Sollte hinzukommen, dass die Eheleute jeweils eigene Kinder aus früheren Verbindungen mitbringen, so würde beim Tode eines Ehegatten nach dem – gesetzlichen – Erbrecht das Vermögen zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Kindern aufgeteilt werden. Dem überlebenden Ehegatten stünde sogar ein Pflichtteil zu, wenn die Kinder kraft Testament alleine erben würden. Dies wird häufig nicht gewollt sein.

BEISPIEL: Frau Müller ist Witwe und hat aus erster Ehe die Kinder Max und Moritz. Sie heiratet Herrn Schmitz, der geschieden ist und die Töchter Susanne und Silke hat. Sowohl Frau Müller als auch Herr Schmitz, machen ein Testament, indem sie für den Fall ihres Todes verfügen, dass jeweils nur ihre Kinder erben. – Nach fünf Jahren Ehe stirbt Frau Müller. Sie hatte ein Vermögen von 100.000 €. Ihre Söhne Max und Moritz werden Alleinerben und erben je 50.000 €. Jedoch hat der Ehemann ein gesetzliches Erbrecht, das hier zwar durch die testamentarische Verfügung der Ehefrau zugunsten deren Söhne entfallen ist. Jedoch löst die „Enterbung“ ein Pflichtteilsrecht des Ehemannes aus. Das Pflichtteil besteht in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbrechts. Hier beträgt es 25.000 €. Die Söhne Max und Moritz müssen also von ihrem Erbe 25.000 € an Herrn Schmitz zahlen.

Hinweis:

Es empfiehlt sich neben dem Ehevertrag der Abschluss eines Erbvertrages bzw. die Vereinbarung eines Erbverzichtes und Pflichtteilsrechtverzichtes zwischen den Eheleuten. Damit kann erreicht werden, dass jeweils nur die Kinder des betreffenden Ehegatten erben.

12h) Konstellation – Ehepartner mit großem Alters- und Vermögensunterschied

BEISPIEL: Nehmen Sie an, der 50-jährige Zahnarzt heiratet seine 25-jährige Sprechstundenhilfe. Hier besteht nicht nur ein erheblicher Altersunterschied, sondern auch ein Einkommens- und Vermögensunterschied. Nach einigen Jahren geht die Beziehung auseinander. Der Ehefrau kann ein hoher Unterhaltsanspruch zustehen, da sich – nach dem Gesetz – der Unterhalt nach den „eheprägenden“ Verhältnissen orientiert, die hier üppig waren. Ihr kann deshalb monatlich eine stattliche Summe zustehen, damit sie ihren Bedarf, den sie in der Ehe hatte, auch nach der Scheidung abdecken kann. Ein solcher Unterhaltsanspruch kann dauerhaft über viele Jahre bestehen.

Dies dürfte nicht immer als gerecht empfunden werden.

Abhilfe schafft ein Vertrag, mit dem der Unterhalt der Höhe und/oder der Dauer nach begrenzt wird. Oder es wird vereinbart, dass sich ein Unterhaltsanspruch nicht nach den ehelichen Verhältnissen bemisst, sondern nach anderen Maßstäben. Denkbar sind auch alternative Absicherungen oder Abfindungsregelungen, z. B. die Vereinbarung eines einmaligen Abfindungsbetrages.

i) Konstellation – Ehe mit Ausländern

Immer häufiger kommt es vor, dass Ehegatten unterschiedlicher Nationalität sind. Dies führt zur Frage, welche Rechtsordnung gilt, insbesondere ob deutsches Recht Anwendung findet oder ausländisches Recht. Dies betrifft die allgemeinen Wirkungen der Ehe wie auch – was noch von größerer Bedeutung ist – hinsichtlich der vermögensrechtlichen Situation. Häufig sind dies komplizierte Rechtsfragen, über die man bei Gericht trefflich streiten kann. Je nachdem welche Rechtsordnung gilt, führt dies zu total unterschiedlichen, wirtschaftlich bedeutsamen Konsequenzen.

Eine notariell zu beurkundende Vereinbarung, wonach eine bestimmte Rechtsordnung gilt, schafft hier Klarheit. Dies gilt wie gesagt insbesondere für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe, also ob beispielsweise für gemischt-nationale Ehen der deutsche Güterstand, die Zugewinngemeinschaft, gelten soll.

13Hinweis:

Wie man sieht, gibt es eine Fülle ehelicher Konstellationen, die von der Standardsituation, die der Gesetzgeber im Auge hat, abweichen. Mittels eines Ehevertrages kann auf die jeweiligen individuellen Umstände eingegangen werden, wie die Eheleute dies möchten. Mit Sicherheit sind ehevertragliche Vereinbarungen vielfach sinnvoll.

j) Inhaltsübersicht der Regelungsmöglichkeiten beim vorsorgenden Ehevertrag

Nachfolgend eine erste Übersicht, welche Vereinbarungen getroffen werden können:

2. Der Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvertrag

Beide Vertragstypen, also die reine Trennungsvereinbarung als auch der Ehescheidungsfolgenvertrag, werden hier zusammen behandelt. Denn in der Praxis ist es meistens so, dass Eheleute einen umfassenden Vertrag wünschen, der sowohl die Trennungs- als auch die Scheidungsfolgen regelt.

14a) Vorteil eines Vertrages

Geht die Ehe auseinander, sind die wirtschaftlichen Folgen von Bedeutung, besonders nach langer Ehezeit. Mit Recht erwarten Eheleute dann eine ordnungsgemäße Abwicklung des Vermögens. Etwaig entstandener Zugewinn auf Seiten eines Ehegatten muss ausgeglichen werden. Das Schicksal von Immobilien bedarf einer Regelung. Der Unterhalt eines Ehegatten und etwaig vorhandener Kinder muss ebenso geklärt werden, wie die Verteilung von Hausrat, Pkws, Schulden. etc.

Kurzum: Es geht um Geld, teilweise viel Geld, was dem einen oder anderen zusteht.

Es liegt in der Natur der Sache, dass man über all dies trefflich streiten kann. Und das ist in der Praxis allzu häufig der Fall. Besser ist, wenn Eheleute zu einer einvernehmlichen Lösung finden und darüber einen Vertrag schließen, eben einen Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvertrag (oder auch „Ehe- und Auseinandersetzungsvertrag“, oder „Scheidungsvereinbarung“oder „scheidungserleichternde Vereinbarung“).

Gegenüber einer gerichtlichen Regelung hat der Abschluss eines Vertrages unbestreitbare Vorteile:

b) Inhaltsübersicht beim Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvertrag

Eine erste Übersicht, welche Vereinbarungen getroffen werden können:

16IV. Formale Aspekte bei Eheverträgen

1. Zeitpunkt

Der Ehevertrag kann vor der Eheschließung wie aber auch zu jeder Zeit während der Ehe geschlossen werden.

Auch nach einer Trennung kann ein Vertrag noch geschlossen werden, dann spricht man vom Trennungs- oder Ehescheidungsfolgenvertrag.

Wird ein Vertrag vorehelich geschlossen, wird er erst mit der Eheschließung wirksam.

2. In welcher Form wird ein Ehevertrag geschlossen?

a) Notarielle Beurkundung

Achtung!

Fast jeder Ehevertrag bedarf grundsätzlich der notariellen Beurkundung!

Notarielle Form ist insbesondere dann erforderlich, wenn der Vertrag folgende Regelungen enthält:

Ausnahmsweise ist ein Vertrag ohne notarielle Beurkundung möglich, wenn nur folgende Dinge vereinbart werden:

Achtung!

Sofern ein Vertrag teilweise Vereinbarungen enthält, die der notariellen Beurkundung bedürfen, bedarf der gesamte Vertrag der notariellen Beurkundung. Ansonsten kann der gesamte Vertrag formell unwirksam werden.

In der Praxis stellt man in Gesprächen immer wieder fest, dass Eheleute, um Kosten zu sparen, möglichst viel selbst machen wollen, was zwar nachvollziehbar, aber auch mit großen Gefahren verbunden ist. Was haben sie von einer privaten Regelung, die zwar nichts kostet, aber auch nichts wert ist, weil sie im Streitfall unwirksam ist?

Man kann deshalb nur eindringlich vor privaten Regelungen warnen. Der spätere Schaden kann enorm sein. Eheleute sollten sich deshalb – bevor sie solche Alleingänge machen – fachkundig beraten lassen, vorzugsweise von darauf spezialisierten Fachanwälten für Familienrecht.

b) Persönliche Anwesenheit im Notartermin

Wörtlich heißt es im Gesetz, dass der Ehevertrag „bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Ehegatten zur Niederschrift eines Notars geschlossen“ werde, § 1410 BGB.

Dies bedeutet nun nicht unbedingt, dass beide Ehegatten „persönlich“ anwesend sein müssen. Möglich ist eine Stellvertretung, indem man jemandem eine Vollmacht erteilt. Dies wird aber in der Praxis so gut wie nicht vorkommen. Es ist auch nicht sinnvoll. Denn die persönliche Anwesenheit beider Ehegatten im Beurkundungstermin ist wichtig. Der Notar liest den Vertrag komplett vor und soll dabei wichtige Erläuterungen und Hinweise geben. Die Beteiligten sollen über die Tragweite des Vertrages umfassend informiert werden. Sie können dabei auch nochmals Fragen stellen, die der Notar beantwortet. Sollte einer der Beteiligten im Beurkundungstermin vertreten 18werden, ist nicht gewährleistet, dass der Vertretene alle Belehrungen erhält.

Insbesondere aufgrund der zum Teil weit reichenden Bedeutungen eines Ehevertrages sollte man also persönlich beim Notartermin anwesend sein.

Hinweis:

Man sollte sich keinesfalls vertreten lassen.

c) Eintragung Güterrechtsregister

Für die Wirksamkeit des Ehevertrages ist eine Eintragung ins sog. „Güterrechtsregister“ nicht erforderlich, § 1412 BGB. Insbesondere müssen Änderungen des Güterstandes, z. B. die Vereinbarung einer Gütertrennung, nicht in das Register eingetragen werden, um wirksam zu sein. Das Güterrechtsregister hat heutzutage kaum noch praktische Bedeutung, weshalb viele sogar die Abschaffung fordern.

Abgesehen davon entstehen für die Eintragung auch Gerichtskosten, die sich vermeiden lassen.

Sollten die Beteiligten aber in ihrem Ehevertrag eine Regelung treffen, die erbrechtliche Folgen hat – etwa ein Ehevertrag mit Gütertrennung – oder den Ehevertrag mit einem Erbvertrag verbinden, dann erfolgt automatisch eine Eintragung in das Zentrale Testamentsregister der Bundesnotarkammer. Das Zentrale Testamentsregister gibt es seit 1.1.2012. Es enthält Verwahrangaben zu allen erbfolgerelevanten Urkunden, die von einem Notar errichtet werden oder in gerichtliche Verwahrung gelangen. In jedem Sterbefall wird das Register von Amts wegen auf vorhandene Testamente oder erbrechtsrelevante Urkunden überprüft.

3. Präambel eines Vertrages

Aufgrund neuerer Rechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Ehevertrages entscheidend auf die Verhältnisse der Beteiligten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an. Insoweit ist – in einem späteren Streitfall – also von Gerichts wegen aufzuklären, 19wie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute damals waren. Diese Überprüfung wird erleichtert, wenn die Verhältnisse im Vertrag dokumentiert sind. Deshalb sollten in einer Präambel aufgenommen werden:

4. Abänderung/Aufhebung von Eheverträgen

a) Gemeinschaftliche Aufhebung

Ein Ehevertrag kann jederzeit inhaltlich abgeändert oder auch ganz aufgehoben werden. Voraussetzung ist natürlich das Einverständnis beider Eheleute. Denn diejenigen, die den Vertrag ursprünglich geschlossen haben, entscheiden auch darüber, ob er zu einem späteren Zeitpunkt geändert oder gar aufgehoben werden soll. Also durch gemeinsames Handeln ist jederzeit eine Änderung möglich. Ist ein Ehepartner später nicht zu einer Änderung bereit, bleibt es beim ursprünglichen Vertrag.

Jede Änderung oder Aufhebung eines Ehevertrages bedarf der Form, in der der ursprüngliche Vertrag geschlossen wurde, also regelmäßig der notariellen Form.

b) Einseitige Aufhebung

Eine einseitige Aufhebung des Ehevertrages ist so ohne Weiteres nicht möglich. Dies geht nur, wenn sich ein Ehepartner einen Rücktritt vorbehalten hat (was möglich ist).

20V. Grenzen der Vertragsfreiheit

Hinweis:

Es gilt grundsätzlich eine Vertragsfreiheit. Sehr vieles kann vereinbart werden. Aber es gibt Grenzen, die beachtet werden müssen.

1. Zwingende gesetzliche Bestimmungen

Es gibt gesetzliche Vorschriften, die unabänderlich sind und deshalb der vertraglichen Disposition entzogen sind. Dies gilt etwa für die Ehescheidungsvoraussetzungen. Sie sind gesetzlich vorgeschrieben und können nicht durch Vertrag abgeändert werden.

BEISPIEL: Unzulässig wäre es bspw., als Scheidungsvoraussetzung das frühere „Verschuldensprinzip“ für eine Ehe zu vereinbaren.

Stattdessen bleibt es beim „Zerrüttungsprinzip“, wonach eine Ehe geschieden werden kann, wenn sie als gescheitert anzusehen ist, insbesondere wenn Eheleute eine bestimmte Zeit voneinander getrennt lebten. So heißt es etwa in § 1566 BGB:

§ 1566 BGB Vermutung für das Scheitern

(1) Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt.

(2) Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben.

Diese Scheidungsvoraussetzung ist also gesetzlich festgelegt und kann nicht durch einen Vertrag aufgehoben werden.

2. Anfechtung von Verträgen

Wie jeder andere Vertrag auch, so können auch Eheverträge angefochten werden, wenn ein Partner getäuscht oder bedroht wurde oder über wesentliche Vertragsbestandteile im Irrtum war. Es gelten 21die allgemeinen gesetzlichen Anfechtungsregelungen der §§ 119, 123 BGB. In der Praxis dürfte eine Anfechtung höchst selten vorkommen. Gleichwohl muss es im Falle der Drohung oder der Täuschung eine Möglichkeit geben, sich von einem Vertrag zu lösen.

3. Unwirksame Eheverträge

Verträge, die „gegen die guten Sitten“ verstoßen, sind unwirksam (§ 138 BGB). Was gegen die guten Sitten verstößt, ist häufig Anschauungssache. Solche Bewertungen unterliegen dem Wandel der Zeit und richterlicher Beurteilung.

Vor nicht allzu langer Zeit wurden die Grenzen der Vertragsfreiheit durch das oberste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, neu definiert. Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar und im März 2001 zwei grundlegende Entscheidungen zur Wirksamkeit von Eheverträgen getroffen. Danach wird der schwächere Ehepartner mehr geschützt.

Eheverträge unterliegen nunmehr einer sogenannten „Inhaltskontrolle“. Sofern die Regelungen in einem Vertrag eine extreme Benachteiligung eines Partners bedeuten, kann dies zur Unwirksamkeit eines Vertrages führen.

Hinweis:

Für die Bewertung eines Vertrages gelten folgende Richtlinien, die vom Bundesverfassungsgericht (BverfG) aufgestellt wurden:

BEISPIEL: Der gut verdienende Arzt lebt mit seiner Sprechstundenhilfe seit Längerem in „wilder Ehe“ zusammen. Nachdem sie schwanger wird, möchte sie heiraten, auch damit das Kind ehelich zur Welt kommt. Er ist zu einer Heirat nur bereit, wenn zuvor ein Ehevertrag geschlossen wird, worin

  1. Gütertrennung vereinbart wird
  2. auf nacheheliche Unterhaltsansprüche wechselseitig verzichtet wird und
  3. der Versorgungsausgleich (Rentenausgleich) ausgeschlossen wird.

Die Sprechstundenhilfe ist letztlich einverstanden und unterschreibt einen entsprechenden Ehevertrag.

Ist dieser wirksam?

Antwort: Nein.

Hier liegt eine eindeutige Benachteiligung eines Vertragspartners vor. Hinzu kommt hier, dass die Frau im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein Kind erwartete und – für den Fall einer etwaigen späteren Ehescheidung – klar auf Unterhaltsansprüche angewiesen wäre; sie könnte es sich normalerweise nicht leisten, auf nacheheliche Unterhaltsansprüche zu verzichten. Sie ist dem Zahnarzt wirtschaftlich unterlegen. Die vertragliche Vereinbarung ist nicht Ausdruck einer gleichberechtigten Partnerschaft.

Nachdem 2001 durch das Bundesverfassungsgericht neue Maßstäbe gesetzt wurden, sind diverse Entscheidungen anderer Gerichte ergangen, die mit der Überprüfung von Eheverträgen befasst waren und denen weitere Kriterien entnommen werden können, was zulässig ist und was nicht. Besonderer Bedeutung kommt einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu, die im Februar 2004 erging.

Hinweis:

Bei den Scheidungsfolgen gibt es sog. „Kernbereiche“, die Eheleute besonders schützen sollen.

23Solche Kernbereiche sind in erster Linie der Unterhalt wegen Kindesbetreuung und in zweiter Linie der Alters- und Krankheitsunterhalt. Der Versorgungsausgleich (Altersrentenausgleich) steht auf gleicher Stufe wie der Altersunterhalt. Der Zugewinnausgleich fällt – für sich allein genommen – nicht darunter.

Je mehr durch einen Ehevertrag in die genannten Kernbereiche eingegriffen wird, diese z. B. ausgeschlossen werden, desto eher kann dies für eine unangemessene Benachteiligung eines Partners sprechen.

Wird ein Ehevertrag durch ein Gericht auf seine Wirksamkeit hin untersucht, wird zweistufig geprüft: In einer ersten Stufe wird bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse der Ehegatten vorgenommen („Wirksamkeitskontrolle“ gemäß § 138 Abs. 1 BGB). Eine Sittenwidrigkeit wird man regelmäßig nur dann annehmen, wenn in dem Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich ausgeschlossen werden, ohne dass dies im Vertrag kompensiert wird oder durch die besonderen Verhältnisse der Eheleute gerechtfertigt ist. Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass der Vertrag unwirksam ist, gelten dann stattdessen die gesetzlichen Regelungen. Andernfalls ist in einer zweiten Stufe bezogen auf die aktuelle Situation zu prüfen, ob es rechtsmissbräuchlich ist, dass sich ein Ehegatte jetzt auf den vertraglichen Ausschluss gesetzlicher Scheidungsfolgen beruft („Ausübungskontrolle“ gemäß § 242 BGB). Sollte dies der Fall sein, ordnet das Gericht die Rechtsfolgen an, die es für angebracht hält.

Um zu verhindern, dass ein Ehevertrag eventuell nach vielen Jahren für unwirksam erklärt wird, ist eine sorgfältige und kompetente juristische Beratung der Eheleute unverzichtbar! Der Berater sollte die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültige Rechtsprechung kennen. Natürlich kann aber niemand die zukünftige Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Eheverträgen vorhersehen. Deshalb kann es letztlich nicht ganz ausgeschlossen werden, dass Verträge in der Zukunft mit Wirksamkeitsbedenken konfrontiert werden oder angepasst werden müssen.

Soweit in diesem Buch Musterverträge abgedruckt sind, handelt es sich nur um allgemeine Beispiele. Sie können nicht in jedem Einzelfall 24übernommen werden. Stets ist eine individuelle Vertragsgestaltung notwendig. Und stets wird eine auf den Einzelfall bezogene eingehende juristische Beratung empfohlen.

Um dem zukünftigen Einwand der Unwirksamkeit eines Vertrages besser begegnen zu können, empfiehlt sich im übrigen, wie bereits zuvor angesprochen, die Aufnahme einer Präambel in den Vertrag, worin Folgendes dargelegt wird:

Gesamtverzichtsvereinbarungen, die vor der Eheschließung getroffen werden, können gültig und zulässig sein, wenn keine einseitige Benachteiligung vorliegt.

BEISPIEL:

Vertrag wirksam?

Antwort: Ja.

Hier ist keine einseitige Benachteiligung erkennbar.