In dir sein, Gott, ist alles
Gebete
Kreuz
Zum Geleit
Herr,
lass schweigen,
was du nicht selbst in mir redest.
Lass still stehen,
was du nicht selbst bewegst.
Nimm die Stelle ganz ein,
die jetzt ich bin,
und tue in mir und durch mich,
was dir gefällt.
Führe mich ganz aus mir selbst
und aus dem Meinen heraus in dich,
o mein Gott,
mein Ursprung und mein Ende.
So bin ich nicht mehr im Schein,
sondern im Wesen,
von allem Übel erlöst und frei,
und ehre dich
und verherrliche dich allein.
Gerhard Tersteegen
Ewiger,
heiliger,
geheimnisreicher Gott.
Ich komme zu dir.
Ich möchte dich hören,
dir antworten.
Vertrauen möchte ich dir
und dich lieben,
dich und alle deine Geschöpfe.
Dir in die Hände
lege ich Sorge,
Zweifel und Angst.
Ich bringe keinen Glauben
und habe keinen Frieden.
Nimm mich auf!
Sei bei mir,
damit ich bei dir bin,
Tag um Tag.
Führe mich,
damit ich dich finde
und deine Barmherzigkeit.
Dir will ich gehören,
dir will ich danken,
dich will ich rühmen,
Herr, mein Gott.
In dir sein, Gott, das ist alles.
Das ist das Ganze,
das Vollkommene, das Heilende.
Die leiblichen Augen schließen,
die Augen des Herzens öffnen
und eingehen in deine Gegenwart.
Ich hole mich
aus aller Zerstreutheit zusammen
und vertraue mich dir an.
Ich lege mich in dich hinein
wie in eine große Hand.
Ich brauche nicht zu reden,
damit du mich hörst.
Ich brauche nicht aufzuzählen,
was mir fehlt,
oder dir zu sagen,
was in dieser Welt geschieht
und wozu wir deine Hilfe brauchen.
In dir sein, Gott, das ist alles,
was ich mir erbitte.
Damit habe ich alles erbeten,
was ich brauche für Zeit und Ewigkeit.
Schweigen möchte ich, Gott,
und auf dich warten.
Schweigen möchte ich, damit ich verstehe,
was in deiner Welt geschieht.
Schweigen möchte ich,
damit ich mir selbst nahe bin
und allen deinen Geschöpfen
und deine Stimme rundum höre.
Ich möchte schweigen,
damit ich unter den vielen Stimmen
die deine erkenne.
Ich will nicht den Menschen entfliehen
oder ihnen ausweichen.
Den Lärm und die Unrast will ich nicht hassen.
Ich möchte sie in mein Schweigen aufnehmen
und für dich bereit sein.
Stellvertretend möchte ich schweigen
für die Eiligen, die Zerstreuten, die Lärmenden.
Mit allen Sinnen und Gedanken warte ich,
bis du zu mir sprichst
und bis mein Wort dich findet.
Als alle Dinge
in der Mitte des Schweigens standen«,
sagt die Bibel,
»da kam vom göttlichen Thron,
o Herr, dein allmächtiges Wort.«
Ich möchte schweigen
und darüber staunen,
dass du für mich ein Wort hast.
Gott, ich bin nicht wert,
dass du zu mir kommst,
aber sprich nur ein Wort,
so wird meine Seele gesund.
Wirke in mir so,
dass du mein Leben bist.
Sei um mich so,
dass du meine Welt bist.
Durchdringe mich,
dass ich selbst unwichtig werde
und du allein bleibst.
Du in deinem Licht strahlender Gott,
du bist deiner Sonne gleich in ihrem Aufgang.
Wir warten auf dich, wie die Erde wartet.
Wir rühmen dich, wie es alles tut, was lebt,
wie das All der Welt.
Denn alles Geschaffene ist dein.
Alles, was ist, erzählt deine Gedanken.
Alles, was ist, zeigt uns deine Weisheit.
In allem, was ist, erfüllt sich dein Plan,
auch in mir.
Du bist in der Bläue über mir,
du bist in der Erde unter mir.
Ich selbst bin in dir und preise dich,
herrlicher Gott.
Ich möchte nichts
als hier sein und in dir leben.
Ich möchte mich lassen, mich freigeben.
Ich möchte mich öffnen
und mich offen in der Hand halten, dir entgegen.
Ich begegne dir, mein Gott.
Dabei verstehe ich, dass ich ein Ganzes bin.
Vielerlei Kräfte sind in mir
und sie alle sind eins.
Alles, was ich bin, ist versammelt in dir.
Du nimmst mich an.
Ich tue dasselbe. Ich nehme mich an.
Ich sage Ja zu mir.
Nicht, weil ich etwas Besonderes wäre,
sondern weil ich mich dir anvertraue.
Du naher Gott, du alles durchdringender,
siehst mich aus großer Nähe.
Du sprichst zu mir und meiner Seele
mit deiner großen, leisen Stimme.
Meine Bestimmung ist, dich zu schauen
in vielen Bildern, die mir nahekommen.
Indem ich schaue, gebe ich mich dir zurück,
als dein Spiegel, dein Kind.
Gott, du Geist der Welt,
aller Dinge und Kräfte und Wesen,
die Erde fasst dich nicht und nicht der Weltraum.
Möge mein Herz dich empfangen.
So verbinden sich an der Stelle, an der ich bin,
dein Himmel und deine Erde.
Gerühmt seist du,
Ursprung und Quelle alles Lebendigen.
Im Abglanz unserer Lichter
und im Spiegel unserer Bilder
schaue ich dein Licht.
Lass mich ein Licht sein in dir.
Du bist der schaffende Geist in allem Lebendigen.
Atme du in mir, verwandelnde Kraft.
Ich warte. Die Zeit bindet mich nicht.
Ich schaue frei in die kommende Welt,
hoffend, träumend,
und weiß: Ich werde sein in dir.
Gott, alles ist vergänglich. Du bleibst.
Alles Vergängliche wird vergehen vor dir.
Auch die Vergänglichkeit selbst.
Wir aber werden bleiben. In Ewigkeit.
Ein Tag öffnet sich vor mir.
Ein neuer Tag.
In seiner Frühe suche ich dich,
wunderbarer und heiliger Gott.
Licht du! Ewiger Glanz! Schaffende Kraft!
Ich danke dir für deinen Tag.
Du schaffst Licht in der Finsternis,
Friede in den Traurigen,
Trost in den Schwermütigen,
Klarheit in den Verwirrten,
Leben in den Schwachen.
Schaffe Licht auch in mir
in der Frühe dieses Tages.
Vor mir liegt ein Tag.
Ich weiß nicht, ob ich erfüllen kann,
was er von mir fordert.
Aber gib du mir den Mut und den Willen,
ihn zu bestehen.
Geleite uns, segne uns.
Ich danke dir für deinen Tag.
Du, Gott, gibst diesen Morgen.
Du gibst meine Stunden. Meine Jahre.
Du gibst mir viel Zeit.
Sie liegt hinter mir. Sie liegt vor mir.
Sie war mein. Sie wird mein sein.
Ich danke dir für jeden Schlag der Uhr.
Er ist ein Schritt
auf deinem Weg mit mir.
Ich bitte dich nicht um mehr Zeit,
als du mir beschieden hast.
Ich bitte aber um viel Achtsamkeit,
den Anruf jeder Stunde zu hören.
Ich bitte dich um Sorgfalt,
das ich meine Zeit nicht töte,
nicht verderbe oder vertreibe.
Jede Stunde ist ein Streifen Land.
Ich möchte sie öffnen mit dem Pflug,
möchte Liebe hineinwerfen,
Gedanken und Gespräche,
damit Frucht aus ihr wächst.
Segne du meinen Tag.
Ich bitte dich, dass ein wenig meiner Zeit
frei ist von Befehl und Pflicht.
Ein wenig für Stille.
Ein wenig für das sorglose Spiel
und viel für die Menschen,