Inhaltsverzeichnis

Das Buch
Der Autor
Widmung
Rauchfleisch (Chipped Beef)
Die Mackenplage (A Plague of Tics)
Schafft die Ya Ya raus! (Get Your Ya-Ya’s Out)
Familienbande (Next of Kin)
Zyklop (Cyclops)
Das Open der Damen (The Women’s Open)
Wahre Detektivgeschichten (True Detective)
Bei Dorothea Dix (Dix Hill)
Ich mag Jungs (I Like Guys)
Das Theatervirus (The Drama Bug)
Dinah, die Weihnachts-Hure (Dinah, the Christmas Whore)
Planet der Affen (Planet of the Apes)
Die unvollständige Quaddel (The Incomplete Quad)
C. O. G. (C. O. G.)
Für jeden etwas (Something for Everyone)
Asche (Ashes)
Nackt (Naked)
Copyright

Der Autor

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, studierte Malerei, schrieb regelmäßig für die New York Times, The New Yorker, Esquire u. a. Mit seiner Schwester verfasste er mehrere Theaterstücke, die im Lincoln Center in New York aufgeführt wurden. Er lebt derzeit in Paris.

Rauchfleisch (Chipped Beef)

Ich erwäge, die Dienstboten zu ersuchen, dass sie mein Kleingeld polieren, bevor sie es in das chinesische Aquarium tun, welches ich auf der Frisierkommode stehen habe. Es ist wichtig, sauberes Geld zu haben –, nicht neu, aber gepflegt. Das ist einer der Glaubenssätze meiner Kirche. Es handelt sich da nicht um meine persönliche Kirche, sondern um die Kirche, welche ich mit meiner Familie besuche: die Kathedrale der Funkelnden Natur. Sie ist jenes gewaltige Bauwerk mit den Türmen und Glocken und Statuen, welche gemeines Volk darstellen, die sich anschicken, von den Zinnen zu springen. Es werden auch Führungen veranstaltet und an jedem ersten Sonntag im Oktober ist Tag der offenen Tür. Kommen Sie doch auch mal! Aber lassen Sie Ihren Fotoapparat zu Hause, denn das Blitzlicht macht die Pferde scheu, und das stellt für mich und meine Eltern eine furchtbare Bedrohung dar, besteht der Pfarrer doch darauf, dass wir unsere Plätze in der ersten Bankreihe einnehmen. Unlängst rief er uns an, beschwipst – er ist ein kleiner Schluckspecht –, und sagte, unsere Gesichter führten ihn näher an Gott heran. Und es stimmt, wir sind schrecklich gutaussehende Menschen. Das Profil meiner Mutter ziert die neuen Schwebebahn-Wertmünzen, und was meinen Vater und mich betrifft, so planen die Leutchen bei der NASA eine Mondkapsel, die nach unserer Schädelform konstruiert werden soll. Unsere Wangenknochen sind äronautisch und unsere Kinngrübchen haben ein Fassungsvermögen von bis zu drei Dutzend Luftgewehrkugeln gleichzeitig. Auf Befragen antworten die meisten Menschen, meine Haut sei mein größter Aktivposten, weil sie – was sie tatsächlich tut! – strahle. Ich muss mir die Augen mit einer Socke verbinden, um nachts einschlafen zu können. Andere mögen meine Augen oder meine vollkommenen, schimmernden Zähne, mein volles Haar oder meine beeindruckende Gestalt, aber wenn Sie Wert auf meine Meinung legen, so finde ich meine hervorstechendste Eigenschaft die Fähigkeit, ein Kompliment zu ertragen.

Weil wir so schlau sind, können meine Eltern und ich durch Menschen hindurchgehen, als wären sie aus hartem, klarem Kunststoff. Wir wissen, wie sie nackt aussehen, und können das verzweifelte innere Getriebe ihrer Herzen, Seelen und Eingeweide sehen. Jemand quatscht mich mit »Na, wie läuft’s, Großer?«, an, und ich kann seinen Neid riechen, sein unbeholfen tastendes Verlangen, meine Zuwendung durch eine beiläufige und unangemessene Volkstümlichkeit zu erringen, bei der sich mir vor Mitleid der Magen umdreht. Wie läuft’s; wenn ich das schon höre. Sie wissen nichts über mich und meine Art zu leben und die Welt wimmelt von solchen Leuten.

Nehmen Sie zum Beispiel den Pfarrer, mit seinen zitternden Händen und seiner wächsernen Hauthülle. Er ist nicht komplexer als eins dieser fünfteiligen Holz-Puzzles, die man Idioten und Schulkindern gibt. Er möchte, dass wir in der ersten Reihe sitzen, damit wir die anderen Kirchgänger nicht ablenken, die sich sonst ständig auf ihrer Bank umdrehen, sich den Hals verrenken würden, um unsere physische und spirituelle Schönheit zu bewundern. Unsere gute Erziehung verzaubert sie und sie wollen aus erster Hand sehen, wie wir mit unserer Tragödie fertigwerden. Wohin wir auch gehen, überall stehen meine Eltern und ich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. »Sie sind’s! Seht nur, dort ist der Sohn! Berührt ihn, grabscht nach seinem Schlips, nach einer Locke von seinem Haupthaar, nach irgendwas!«

Der Pfarrer hatte gehofft, er würde, wenn er seine Predigt zu Pferde hielt, ein wenig Aufmerksamkeit zurückerlangen, aber selbst mit Lasso und einem Gespann tänzelnder Clydesdale-Kaltblüter war sein Plan zum Scheitern verurteilt. Immerhin blickt jetzt, da wir in der ersten Reihe sitzen, die Gemeinde nach vorn und das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn es dazu dient, die Menschen näher an Gott heranzuführen, kauern wir auch gern auf den Orgelpfeifen, oder wir schnallen uns an das original Cromargan-Kreuz, welches über dem Altar hängt. Wir würden so ziemlich alles tun, denn bei aller Unbill, die wir jüngst durchlitten, besteht unsere vornehmste Pflicht darin, anderen zu helfen. Die Innenstädtische Picknick-Stiftung, unsere jährliche Sternfahrt »Kampf dem Kopfweh!«, das der Nachsorge bei Polo-Verletzungen gewidmete Seitengebäude im hiesigen Allgemeinen Krankenhaus – : Unsummen stiften wir für wohltätige Zwecke, doch werden Sie uns nie darüber reden hören. Wir geben anonym, denn die Waschkörbe voller Dankschreiben, in unbeholfener Handschrift und hoffnungsloser phonetischer Orthographie abgefasst, brechen uns schier das Herz. Wenn sich herumspricht, dass wir großzügig und gutaussehend sind, wird der Platz vor unserem Portal hast-du-nicht-gesehen zum Zeltplatz für Moderedakteure und verkrüppelte Kinder, die mit ihren spitzen Krücken den Rasen ruinieren. Nein, man tut, was man kann, aber mit so wenig Fanfare wie möglich. Sie werden uns nie von Festwagen herunterwinken oder neben Seiner Exzellenz, dem Großen Brimborius, einhermarschieren sehen, denn damit würden wir nur die allgemeine Aufmerksamkeit auf uns lenken. Ja, man sieht die Schranzen, wie sie dies tagaus, tagein betreiben, aber so was ist billig und närrisch und eines Tages werden sie die Folgen ihrer Narretei zu büßen haben. Sie hungern nach etwas, wovon sie nichts wissen, wir dagegen, wir wissen nur zu gut, dass der Preis des Ruhms der Verlust des Privatlebens ist. Öffentliche Zurschaustellung von Glück ermuntert nur die vielen Entführer, welche die beraubten Grundstücke unserer besseren Wohngegenden durchstreifen.

Als es meine Schwestern erwischte, zerknüllte mein Vater die Lösegeldforderung und warf sie in die ewige Flamme, welche neben dem mumifizierten Pilgervater brennt, den wir im Speisesaal unseres Sommerhauses in Olfactory aufbewahren. Wir verhandeln nicht mit Kriminellen; das ist in unserem Charakter nicht angelegt. Hin und wieder denken wir an meine Schwestern und hoffen, dass es ihnen gut geht, aber wir halten uns nicht länger damit auf, da dies nur den Entführern nützt. Fürs erste sind meine Schwestern zwar weg, aber, wer weiß, vielleicht kehren sie eines Tages zurück, vielleicht wenn sie älter sind und selbst Familie haben. Bis dahin lebe ich als Einzelkind und einziger Erbe des nicht unbedeutenden elterlichen Vermögens. Einsam? Manchmal. Mir bleiben immer noch Mutter und Vater, sowie, natürlich, die Dienstboten, von denen einige außerordentlich schlau sind, wenn man einmal von ihren schiefen Zähnen und mangelhaften Manieren absieht. Erst neulich war ich mit Duncan im Stall, als …

»Lass doch endlich um des lieben Himmels willen«, sagte meine Mutter und tunkte wild ihren Holzlöffel in einen Kessel mit Rinderbrühe aus geschnittenem Rauchfleisch, »diese verdammte Katze zufrieden, bevor ich dich auch noch kratze. Es ist schon schlimm genug, dass du sie aufgerüscht hast wie eine Zweidollarhure. Zieh ihr das Kostüm aus und lass sie los, bevor sie auch noch abhaut wie die Katze davor.«

Mit der freien Hand rückte ich meine Brille zurecht und erinnerte sie daran, dass die Katze davor von einem Auto überfahren worden war.

»Sie hat sich absichtlich überfahren lassen«, sagte meine Mutter. »Es war ihr einziger Ausweg und du hast sie mit deinem Scheißdreck über die Kennedys und dass du mit ihnen Hochrippe gespeist hättest oder worüber du an dem Tag gerade gejammert hast, in den Tod getrieben. Jetzt lass sie endlich los. Danach möchte ich, dass du in den Hintergarten rennst und deine Schwestern aus dem Graben holst. Bei der Gelegenheit kannst du auch deinen Vater suchen. Wenn er nicht unter seinem Auto liegt, arbeitet er wahrscheinlich an der Klärgrube. Sag ihnen, sie sollen ihren Arsch zu Tisch bewegen, oder sie kriegen meine gottverdammte Faust zum Abendessen.«

Es war nicht so, dass wir arm gewesen wären. Meinen Eltern zufolge waren wir weit davon entfernt, nur nicht weit genug, um meine Bedürfnisse zu befriedigen. Ich wollte eben lieber ein Haus mit einem Burggraben statt mit einem Zaun. Um nachts einigermaßen schlafen zu können, brauchte ich einen nach uns benannten Flughafen.

»Du bist ein Snob«, sagte meiner Mutter immer. »Da hast du dein Problem, schön handlich verpackt. Ich bin unter Menschen wie dir aufgewachsen und weißt du was? Ich konnte sie nicht ausstehen. Niemand konnte sie ausstehen.«

Egal was wir hatten – das Haus, die Autos, die Ferien  –, es war nie genug. Irgendwo war ein schrecklicher Fehler gemacht worden. Das Leben, das ich führen musste, war eine einzige Zumutung, aber nie gab ich die Hoffnung auf, dass eines Tages meine echte Familie auftaucht und mit weißbehandschuhtem Finger auf den Klingelknopf drückt. Dann schreien alle: »Ach, Graf Meißelkinn« und schmeißen zur Feier des Tages ihre Zylinderhüte hoch in die Luft, »Gott sei Dank, dass wir Sie endlich gefunden haben.«

»Das wird nie geschehen«, sagte meine Mutter. »Glaub mir, wenn ich hätte ein Baby stehlen wollen, hätte ich eins genommen, das mich nicht jedesmal zusammenscheißt, wenn ich meine Jacke auf dem Sofa liegenlasse. Ich weiß auch nicht, wie es passiert ist, aber du bist mein Sohn. Wenn das für dich so eine Enttäuschung ist, stell dir einfach mal vor, wie es mir geht.«

Wenn meine Mutter einkaufen ging, lungerte ich oft vor dem Laden herum. Ich hoffte, wohlhabende Eheleute würden mich in ihren Kofferraum stopfen. Zunächst würden sie mich eine bis zwei Stunden lang foltern, aber sobald sie erführen, dass ich mit Golfschlägern umzugehen verstand, würden sie meine Fesseln lösen und mich als Fleisch von ihrem Fleische umarmen.

»Irgendwelche Entführer?«, fragte meine Mutter dann, wenn sie ihren beladenen Einkaufswagen auf den Parkplatz schob.

»Kennst du keine kinderlosen Ehepaare?«, fragte ich dann. »jemanden mit Swimmingpool oder Privatjet?«

»Du wärst der erste, dem ich Bescheid sage.«

Mein Missvergnügen nahm mit dem Erscheinen jeder neuen Schwester zu.

»Ihr habt wie viele Kinder in der Familie?«, fragten die Lehrer. »Da seid ihr bestimmt katholisch, stimmt’s?«

Meine Mutter schien zu Weihnachten immer schwanger zu sein. Das Klo war ständig voll schmutziger Windeln und ewig tappten Kleinkinder in mein Schlafzimmer, um meine Muschel- und Weinflaschensammlung durcheinanderzubringen. Ich hatte keine Ahnung von den genauen Vorgängen, aber nach dem zu urteilen, was ich bei den Nachbarn zufällig mitbekam, hatte unsere große Familie etwas mit der mangelnden Kontrolle meiner Mutter zu tun. Es war ihre Schuld, dass wir uns kein Sommerhaus mit Erkerfenstern und keinen Tennisplatz an der Steilküste leisten konnten. Anstatt ihren sozialen Status zu verbessern, zog sie es vor, Kinder auszuscheiden, jedes noch dreckiger als das davor.

Erst als sie ihre sechste Schwangerschaft ankündigte, wurde mir die Komplexität der Lage klar. Ich ertappte sie im Schlafzimmer, wie sie am hellichten Nachmittag weinte.

»Bist du traurig, weil du immer noch nicht im Keller staubgesaugt hast?«, fragte ich. »Ich kann das für dich tun, wenn du möchtest.«

»Ich weiß, dass du das kannst«, sagte sie. »Und ich weiß dein Angebot zu schätzen. Nein, ich bin traurig, weil ich, Scheiße, weil ich schon wieder ein Kind kriege, aber diesmal ist es das letzte, das schwör ich dir. Nach diesem lass ich mir vom Arzt die Eileiter zubinden und den Knoten verlöten, damit es ganz bestimmt nie wieder passiert.«

Ich hatte keinen Schimmer, wovon sie sprach – einem Leiter, einem Knoten, einem Lötkolben –, aber ich nickte, als hätten wir beide gerade eine Art private Übereinkunft getroffen, welcher später ein Team von Anwälten ihre endgültige Form geben würde. »Einmal schaffe ich es noch, aber ich brauche deine Hilfe.« Sie weinte immer noch, verzweifelt, aber irgendwie nachlässig, doch ich fand es weder peinlich noch zum Fürchten. Ich betrachtete ihre schmalen Hände, die sie sich wie einen Vorhang vors Gesicht hielt und verstand, dass sie mehr brauchte als eine freiwillige Haushaltshilfe. Und, oho, diese Person würde ich sein. Ein Zuhörer, ein Finanzberater, sogar ein Freund: Ich schwor, all dies und noch viel mehr zu sein, und zwar für zwanzig Dollar und eine schriftliche Garantie, dass ich immer mein eigenes privates Schlafzimmer haben würde. So engagiert war ich. Und weil sie wusste, was für ein gutes Geschäft sie gemacht hatte, trocknete meine Mutter sich das Gesicht und ging davon, um ihr Portemonnaie zu suchen.

Die Mackenplage (A Plague of Tics)

Als die Lehrerin fragte, ob sie mal meine Mutter besuchen kann, drückte ich achtmal die Nase gegen die Tischplatte.

»Darf ich das als »ja« verstehen?«, fragte sie.

Laut ihren Berechnungen hatte ich an jenem Tag achtundzwanzigmal meinen Platz verlassen. »Du hüpfst auf und ab wie ein Floh. Ich wende dir nur zwei Minuten lang den Rücken zu und schon drückst du deine Zunge gegen den Lichtschalter. Vielleicht machen sie das da, wo du herkommst, aber hier in meinem Klassenzimmer verlassen wir unseren Platz nicht und lecken nicht an Sachen, wenn uns danach ist. Das ist der Lichtschalter von Miss Chestnut und Miss Chestnut liebt trockene Lichtschalter. Fändest du das etwa schön, wenn ich zu dir nach Hause käme, um deine Lichtschalter abzuschlecken? Na? Fändest du das schön?«

Ich versuchte sie mir in Aktion auszumalen, aber mich rief mein Schuh. Zieh mich aus, flüsterte er. Poche dir mit meinem Absatz dreimal gegen die Stirn. Tu’s jetzt gleich, schnell, niemand wird was merken.

»Nun?«, Miss Chestnut hob die kaum sichtbaren, dünn nachgezogenen Brauen. »Ich stelle dir eine Frage. Fändest du das schön, oder fändest du das nicht schön, wenn ich bei dir zu Hause die Lichtschalter abschlecke?«

Ich zog mir den Schuh aus und tat, als untersuchte ich die Absatzprägung.

»Gleich haust du dir diesen Schuh übern Kopf, stimmt’s?«

Es war kein »Hauen«, es war Pochen; aber immerhin, woher hatte sie gewusst, was ich als nächstes vorhatte?

»Lauter Fußabdrücke auf der Stirn«, sagte sie und beantwortete meine unausgesprochene Frage.

»Du solltest irgendwann mal in den Spiegel kucken. Schuhe sind schmutzig. Wir tragen sie an den Füßen, um uns gegen das Erdreich zu schützen. Es ist nicht gesund, sich Schuhe übern Kopf zu hauen, stimmt’s?«

Nein, glaubte ich auch nicht.

»Glaubst du nicht? Mit Glauben hat das nichts zu tun. Ich ›glaube‹ nicht, dass es gefährlich ist, mit einer Papiertüte über dem Kopf auf die Straße zu rennen. Das hat mit Glauben gar nichts zu tun. Das sind Tatsachen, keine Glaubensfragen.« Sie saß an ihrem Pult, fuhr mit ihrer Vorlesung fort und schrieb gleichzeitig einen kurzen Brief. »Ich würde mich gern mal mit deiner Mutter unterhalten. Du hast doch eine, oder? Ich nehme an, du wurdest nicht von Tieren großgezogen. Ist sie blind, deine Mutter? Kann sie sehen, wie du dich beträgst, oder sparst du dir deine Mätzchen exklusiv für Miss Chestnut auf?« Sie überreichte mir den gefalteten Zettel. »Du darfst jetzt gehen und ich darf dich jetzt schon darum bitten, auf dem Weg hinaus nicht meinen Lichtschalter mit deiner bazillenverseuchten Zunge zu benetzen. Er hatte einen schweren Tag. Wir hatten beide einen schweren Tag.«

Es war nicht weit von der Schule bis zu unserem gemieteten Einfamilienhaus, nicht weiter als sechshundertsiebenunddreißig Schritte, und an einem guten Tag schaffte ich die Strecke in einer Stunde, wenn ich nur alle paar Dezimeter haltmachte, um mit der Zunge einen Briefkasten anzutippen, oder um einzelne Blätter oder Grashalme, die mir aufgefallen waren, zu berühren. Wenn ich die Anzahl der bereits zurückgelegten Schritte vergaß, musste ich zurück zur Schule und von vorn anfangen. »Schon wieder da?«, fragte dann der Hausmeister. »Kannst nicht genug kriegen von der Schule, was?«

Er hatte nichts verstanden. Ich wollte lieber als sonstwas zu Hause sein; das Hinkommen war das Problem. Möglicherweise fasste ich den Telegraphenmast bei Schritt dreihundertvierzehn an und machte mir, fünfzehn Schritte später, Sorgen, dass ich ihn nicht genau an der richtigen Stelle angefasst hatte. Er musste noch einmal angefasst werden. Man war nur ganz kurz abgelenkt und schon beschlich einen der Zweifel, und man stellte nicht nur den Telegraphenmast infrage, sondern auch den Rasenschmuck bei Schritt zweihundertneunzehn. Also muss man zurück, den Zementpilz noch einmal anlecken und hoffen, dass seine Wächterin nicht wieder aus dem Haus geschossen kommt und ruft: »Nimm dein Gesicht aus meinem Fliegenpilz!« Es konnte regnen, oder vielleicht musste ich mal, aber nach Hause zu rennen kam nicht infrage. Dies war ein langer und komplizierter Prozess, der eine erdrückende Detailversessenheit erforderte. Es war ja nicht so, dass es mir Vergnügen bereitete, die Nase gegen die siedendheiße Kühlerhaube eines parkenden Autos zu drücken …; Vergnügen hatte nichts damit zu tun. Man musste diese Dinge tun, denn nichts war schlimmer als die Qual, sie nicht zu tun. Den Briefkasten übergehen hieß, dass mein Hirn mich ihn nie wieder vergessen ließ, nicht für einen Moment. Ich mochte am Abendbrottisch sitzen, mich herausfordern, nicht daran zu denken und schon suchte der Gedanke mein Bewusstsein heim. Denk nicht dran. Aber dann war es bereits zu spät und ich wusste genau, was zu tun war. Indem ich mich entschuldigte, ich müßte mal austreten, verließ ich das Haus und kehrte zu jenem Briefkasten zurück, um ihn nicht nur anzutippen, sondern zu schlagen, praktisch auf das Ding einzudreschen, weil ich es so sehr hasste, dachte ich. Was ich natürlich in Wirklichkeit hasste, war mein Bewusstsein. Irgendwo musste es einen Schalter zum Ausknipsen geben, aber ich will verdammt sein, wenn ich ihn fand.

Ich erinnere mich nicht, dass es im Norden auch schon so schlimm gewesen ist. Unsere Familie war von Endicott, New York, nach Raleigh, North Carolina, transferiert worden. Das war das Wort, welches die Leute bei IBM verwendeten, transferiert. Ein neues Haus wurde gebaut, aber bis es fertig war, mussten wir uns mit einem Mietobjekt begnügen, welches einem Plantagengebäude ähneln sollte. Das Gebäude stand in einem baumlosen, schütter werdenden Garten und seine weißen Säulen versprachen eine Majestät, welche das Interieur nicht einzulösen verstand. Die Haustür öffnete sich auf einen dunklen, engen Flur, welcher von Schlafzimmern gesäumt wurde, die nicht viel geräumiger waren als die Matratzen, die zu ihrer Möblierung dienten. Unsere Küche befand sich im ersten Stock, neben dem Wohnzimmer, dessen Panoramafenster Aussicht auf eine Mauer aus Schlackeziegeln bot, erbaut, um die Schlammflut zurückzuhalten, die vom benachbarten Dreckhügel ausging.

»Unser kleiner Höllenwinkel«, sagte meine Mutter und fächelte sich mit einer der Schindeln, die unseren Vordergarten verunreinigten, Luft zu.

So deprimierend es auch sein mochte –, wenn ich bei der ersten Stufe zu unserem Haus angekommen war, hieß das, dass ich die erste Hälfte des Weges in mein Schlafzimmer geschafft hatte. Zu Hause berührte ich die Haustür mit jedem Ellbogen siebenmal, eine Aufgabe, die erschwert wurde, wenn noch jemand dabei war. »Versuch’s doch mal mit der Türklinke«, sagte meine Schwester Lisa. »Das tun wir auch und bei uns scheint’s zu wirken.« Im Haus wollten Lichtschalter und Türstopper befriedigt sein. Mein Schlafzimmer lag genau am Flur, aber erst hatte ich noch zu tun. Nachdem ich die vierte, achte und zwölfte mit Auslegware bezogene Stufe geküßt hatte, wischte ich mir die Katzenhaare von den Lippen, und weiter ging es in die Küche, wo ich Befehl hatte, die Brenner des Gasherds zu streicheln, die Nase gegen die Kühlschranktür zu drücken und Kaffeemaschine, Toaster und Mixer in einer Reihe auszurichten. Nachdem ich meine Runden durch das Wohnzimmer gemacht hatte, war es Zeit, sich neben das Geländer zu knien und blind ein Buttermesser in Richtung meiner Lieblingssteckdose zu werfen. Es gab Glühbirnen zu lecken und Badezimmerwasserhähne zu überprüfen, bevor ich endlich frei war, mein Schlafzimmer zu betreten, wo ich die Gegenstände auf meiner Kommode sorgfältig auf Linie brachte, die Ecken meines Metallschreibtischs ableckte, mich aufs Bett legte, auf und ab wackelte und darüber nachdachte, was für eine seltsame Frau die Lehrerin meiner dritten Klasse, Miss Chestnut, doch war. Warum wollte sie hierherkommen und an meinen Lichtschaltern lecken, wenn sie nie ihren eigenen nutzte? Vielleicht war sie betrunken.

In ihrem Brief hatte sie angefragt, ob sie zu uns nach Hause kommen kann, um sich über meine, wie sie sie nannte, »speziellen Probleme« zu unterhalten.

»Bist du von deinem Platz aufgestanden, um den Lichtschalter abzulecken?«, fragte meine Mutter. Sie legte den Brief auf den Tisch und steckte sich eine Zigarette an.

»Ein-, zweimal«, sagte ich.

»Ein-, zweimal wie? Jede halbe Stunde? Alle zehn Minuten?«

»Ich weiß nicht«, log ich. »Wer zählt bei so was schon mit?«

»Deine gottverdammte Mathe-Lehrerin zum Beispiel. Das ist ihr Job, das Zählen. Glaubst du etwa, sie merkt so was nicht?«

»Merkt was nicht?« Ich bin immer wieder verblüfft, dass die Leute tatsächlich so was bemerken. Weil meine Aktionen so immens privat waren, hatte ich immer angenommen, sie wären auch irgendwie unsichtbar. In die Enge getrieben, behauptete ich, der Zeuge habe sich geirrt.

»Was meinst du mit ›merkt was nicht?‹!? Heute Nachmittag hat mich die Dame, die hier in der Straße wohnt, diese Mrs. Keening, die mit den Zwillingen, angerufen. Sie sagt, sie hat dich in ihrem Vorgarten erwischt, auf Händen und Knien, wie du die Spätausgabe ihrer Zeitung geküßt hast.«

»Ich habe sie nicht geküßt. Ich habe nur versucht, die Schlagzeile zu lesen.«

»Und da musstest du so nah rangehen? Vielleicht sollten wir dir eine stärkere Brille besorgen.«

»Ja, das sollten wir vielleicht«, sagte ich.

»Und vermutlich hat sich diese Miss …« Meine Mutter entfaltete den Brief und studierte die Unterschrift. »… diese Miss Chestnut ebenfalls geirrt? Ist es das, was du mir zu sagen versuchst? Vielleicht hat sie dich mit dem anderen Jungen verwechselt, der auch immer von seinem Platz aufsteht, um den Bleistiftanspitzer abzulecken oder die Fahne anzufassen oder was zum Teufel du sonst treibst, sobald sie dir den Rücken kehrt?«

»Sehr gut möglich«, sagte ich. »Sie ist alt. Sie hat Flecken auf den Händen.«

»Wie viele?«, fragte meine Mutter.

An jenem Nachmittag, an welchem Miss Chestnut zu Besuch kam, war ich in meinem Schlafzimmer und wackelte. Im Gegensatz zum zwanghaften Zählen und Berühren war Wackeln keine Pflicht-, sondern eine freiwillige und höchst angenehme Übung. Es war mein Hobby und es gab nichts, was ich lieber getan hätte. Es ging nicht darum, sich in den Schlaf zu wackeln: Dies war kein Schritt in Richtung auf ein höheres Ziel. Es war das Ziel selbst. Die andauernde Bewegung machte mir den Kopf frei, sodass ich mir alles mögliche durch denselben gehen lassen und schwerstdetaillierte Phantasien entwickeln konnte. Noch ein Radio dazu und ich wackelte hochzufrieden bis drei oder vier Uhr morgens, lauschte der Hitparade und entdeckte, dass es in jedem einzelnen Lied um mich ging. Selbst wenn ich mir dasselbe Lied zwei- bis dreihundertmal anhören musste –, früher oder später entbarg sich seine geheime Botschaft. Weil es angenehm und entspannend war, musste mein Wackeln irgendwann ins Stolpern geraten, meistens weil mein Gehirn ihm ein Bein gestellt hatte, da mein Gehirn mir nicht mehr als zehn zusammenhängende Minuten Glück gestattete. Während der Anfangsakkorde meines jeweiligen Lieblingslieds flüsterte eine Stimme: Müsstest du jetzt nicht eigentlich oben in der Küche sein und überprüfen, ob tatsächlich noch hundertvierzehn Pfefferkörner in dem kleinen Keramiktopf sind? Und, he, wenn du sowieso oben bist, kannst du auch gleich noch feststellen, ob das Bügeleisen abgeschaltet ist, damit das Zimmer mit dem Baby nicht in Flammen aufgeht. Die Liste mit Forderungen wurde ganz schnell immer länger. Was ist mit der Zimmerantenne auf dem Fernseher? Bildet sie immer noch ein perfektes V, oder hat eine deiner Schwestern ihre Unversehrtheit zerstört? Weißt du, ich frage mich gerade, wie fest der Deckel vom Mayonnaisenglas zugeschraubt ist. Sehen wir doch einfach mal nach, oder?

Ich war ganz kurz davor, mich richtig wohl zu fühlen, so nah dran, den komplexen Code des Liedes zu knacken und schon kamen mir meine Gedanken dazwischen. Der Trick bestand darin, den rechten Augenblick abzupassen, bis die Platte nicht mehr meine Lieblingsplatte war, zu warten, bis sie vom ersten Platz auf der Hitliste gerutscht war, und mir einzureden, sie sei mir wurscht.

Ich war gerade dabei, mich mit »The Shadow of Your Smile« gütlich zu einigen, als Miss Chestnut eintraf. Sie klingelte, ich öffnete meine Schlafzimmertür einen Spalt weit und beobachtete, wie meine Mutter sie hereinbat.

»Sie müssen diese Kartons entschuldigen.« Meine Mutter schnickte ihre Zigarette vor die Tür in den unratstarrenden Vorgarten. »Es ist nur Mist drin, in jedem Einzelnen, aber Gott behüte, dass wir irgendwas wegschmeißen. O nein, völlig unmöglich! Mein Mann hat alles aufbewahrt: sämtliche hinterletzten Rabattmarken und Coupons, Badehosen, aus denen jeder herausgewachsen ist und Linoleumschnipsel, zusammen mit Steinen und knorrigen Stöcken, die, schwört er, seinem alten Abteilungsleiter oder Stellvertretenden Bereichswart oder sonstwas Gottverdammtem zum Verwechseln ähnlich sehen.« Sie wischte sich mit einem Stück Küchenrolle den Schweiß von der Stirn. »Na egal, zur Hölle damit. Sie sehen aus, als könnte ich einen Drink gebrauchen; geht Scotch in Ordnung?«

Miss Chestnuts Augen erhellten sich. »Eigentlich ja wirklich nicht, aber, naja, was soll’s?« Sie folgte meiner Mutter die Treppe hinauf. »Nur ein Tröpfchen mit Eis, ohne Wasser.«

Ich versuchte, im Bett zu wackeln, aber das Geräusch von Gelächter zog mich auf den Treppenabsatz, wo ich von meinem günstigen Aussichtspunkt hinter einem übergroßen Kleiderschrank aus die beiden Frauen beobachtete, wie sie mein Verhalten besprachen.

»Ach, Sie meinen das Anfassen«, sagte meine Mutter. Sie studierte den Aschenbecher, der vor ihr auf dem Tisch stand, und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, wie bei einer Katze, die eines Eichhörnchens ansichtig wird. Der Anblick fixierter Konzentration, den sie bot, legte nahe, dass nichts anderes von Belang war. Die Zeit war stehengeblieben und sie war taub gegenüber dem leisen Knattern des Ventilators und dem Gezanke meiner Schwestern draußen in der Einfahrt. Sie öffnete den Mund nur so weit, dass sie die Zunge über die Oberlippe gleiten lassen konnte, dann beugte sie sich vor und ihr Zeigefinger piekte den Aschenbecher, als wäre er etwas Schlafendes, was sie zu wecken versuchte. Ich hatte mich selbst nie in Aktion gesehen, aber ein scharfes, stechendes Gefühl der Erkenntnis sagte mir, dass meine Mutter mich zutreffend nachgemacht hatte.

»Unbezahlbar!«, lachte Miss Chestnut und faltete die Hände vor Entzücken. »Das war ja sehr gut; Sie haben ihn perfekt drauf. Bravo, ich gebe Ihnen eine Eins plus.«

»Gott allein weiß, wo er das her hat«, sagte meine Mutter. »Jetzt ist er wahrscheinlich unten in seinem Zimmer und zählt seine Wimpern oder nagt an den Griffen seiner Kommodenschubladen. Um ein, zwei Uhr nachts ist er immer noch zugange, poltert im Haus herum, um den Wäschekorb zu pieksen oder sein Gesicht gegen die Eisschranktür zu pressen. Der Junge ist ein bisschen schief gewickelt, aber das wächst sich zurecht. Also, was meinen Sie, noch einen Scotch, Katherine?« Jetzt war sie also schon Katherine. Noch ein paar Drinks und sie kam wahrscheinlich mit in die Sommerferien. Wie leicht es für Erwachsene war, sich bei einer zweiten Runde Cocktails zu verbrüdern. Ich ging wieder ins Bett und stellte das Radio laut, um mich nicht von ihrem Gequackel ablenken zu lassen. Denn Miss Chestnut war hier bei mir zu Besuch und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Stimmen mich in die Küche riefen, damit ich dort unangenehm auffiel. Vielleicht musste ich am Besenstiel lutschen oder auf den Tisch steigen, um die Lampe anzufassen, aber was sie auch von mir verlangten, ich hatte keine Wahl, ich musste es tun. Das Lied, das gerade im Radio gespielt wurde, stellte nicht die geringste Herausforderung dar; der Text war so klar, als hätte ich ihn selbst geschrieben. »Well, I think I’m going out of my head«, sang der Mann, »yes, I think I’m going out of my head.«

Nach Miss Chestnuts Besuch versuchte mein Vater, mich mithilfe einer Serie von Drohungen zu kurieren. »Wenn du noch mal deine Nase gegen die Windschutzscheibe drückst, wirst du dir wünschen, es gelassen zu haben, das kann ich dir garantieren«, sagte er, als er, den Schoß voller ungültiger Coupons aus einem anderen Bundesstaat, vom Einkaufen nach Hause fuhr. Es war mir praktisch unmöglich, auf dem Beifahrersitz zu sitzen, ohne die Nase gegen die Windschutzscheibe zu drücken, und nun, da die Aktion verboten war, wollte ich es mehr als alles andere auf der Welt. Ich versuchte, die Augen zu schließen, und hoffte, dadurch würde der Drang nachlassen, merkte aber, dass ich dachte, er sollte vielleicht die Augen schließen. Ich wollte die Nase gegen die Windschutzscheibe drücken; na und? Warum durfte er ohne Strafandrohung ständig sein Wechselgeld nachzählen und sich auf die Unterlippe beißen? Meine Mutter rauchte und Miss Chestnut massierte sich zwanzig-, dreißigmal am Tag die Hüfte –, und da durfte ich nicht die Nase gegen eine Windschutzscheibe drücken? Ich öffnete aufsässig die Augen, aber als er sah, dass ich mich auf mein Ziel zubewegte, stieg mein Vater voll auf die Bremse.

»Na, hat das Spaß gemacht?« Er gab mir ein Golf-Handtuch, damit ich mir das Blut von der Nase wischen konnte. »Hat sich das gut angefühlt?«

Gut war zu schwach für das, was ich fühlte. Ich liebte das Gefühl. Wenn mit dem richtigen Wumm ausgeführt, kann ein Schlag auf die Nase narkotische Wirkung haben. Das Berühren von Objekten stillte einen geistigen Juckreiz und war mit viel Bewegung verbunden: die Treppe hochrennen, durch das Zimmer laufen, einen Schuh ausziehen. Bald fand ich heraus, dass die gleichen Triebe auch innerhalb der Grenzen meines eigenen Körpers befriedigt werden konnten. Sich selbst auf die Nase zu hauen, war kein schlechter Anfang, aber ich verwarf diese Praktik wieder, als ich begann, die Augen tief in ihren Höhlen zu rollen, eine Übung, welche schnelle Schübe stumpfen, berauschenden Schmerzes hervorrief.

»Ich weiß genau, wovon Sie sprechen«, sagte meine Mutter zu Mrs. Shatz, meiner Lehrerin in der vierten Klasse, die gerade zu Besuch weilte. »Wenn er so wild mit den Augen rollt, ist es, als redete man mit einem Rotamint. Hoffentlich wirft er eines Tages einen schönen Gewinn aus, aber bis dahin, was meinen Sie, wie wär’s mit einem weiteren Gläschen Wein?«

»He, Kumpel«, sagte mein Vater, »wenn du versuchst, den Inhalt deines Schädels zu betrachten, kann ich dir jetzt schon sagen, dass es Zeitverschwendung ist. Da gibt es nichts zu sehen und dieses Zeugnis beweist es.«

Er hatte recht. Ich hatte die Nase gegen die Tür, den Teppich und die Windschutzscheibe gedrückt, aber nicht in die Schulbücher gesteckt, offensichtlich. Die Schule war für mich ohne jedes Interesse. Ich verbrachte meine Tage mit Warten, Warten darauf, endlich in das dunkle Schlafzimmer unseres neuen Hauses zurückzukehren, wo ich mit den Augen rollen, Radio hören und in Frieden wackeln konnte.

 

Ich gewöhnte mir an, brutal mit dem Kopf zu wackeln, von dem Gefühl aufgestachelt, welches mein Hirn hervorrief, wenn es gegen den einengenden Schädel schwappte. Es fühlte sich so gut an und nahm so wenig Zeit in Anspruch: Nur ein paarmal schnell geruckelt und ich war bis zu fünfundvierzig Sekunden lang befriedigt.

»Setzen Sie sich; ich hole Ihnen rasch was Kühles zu trinken.« Meine Mutter ließ meine Lehrerin aus der fünften und dann aus der sechsten Klasse in der Frühstücksnische stehen, während sie in die Küche ging, um Eiswürfel aus dem Gefrierfach zu brechen. »Sie sind wegen des Kopfwackelns hergekommen, stimmt’s?«, rief sie. »Das ist mein Herr Sohn; da gibt es kein Vertun.« Sie schlug vor, die Lehrkräfte sollten meinen zuckenden Kopf als zustimmendes Nicken interpretieren. »Das tu ich auch und jetzt muss er die nächsten fünf Jahre den Abwasch machen. Ich frage, er zuckt mit dem Kopf und die Sache ist geregelt. Tun Sie mir aber bitte einen Gefallen und lassen Sie ihn nicht länger als bis fünf nachsitzen. Ich brauche ihn hier zum Aufräumen und Bettenmachen, bevor sein Vater nach Hause kommt.«

Das gehörte zum Auftritt meiner Mutter. Sie spielte den Anheizer, pfiff auf der Pfeife und verzauberte die Menge mit ihren Witzen und übertriebenen Geschichten. Wenn Gesellschaft kam, tat sie oft, als hätte sie die Namen ihrer sechs Kinder vergessen. »He, George, oder Agnes, oder wie du heißt, renn doch mal ins Schlafzimmer und finde mein Feuerzeug.« Sie bemerkte meine Macken und Gewohnheiten, ließ sich aber von keiner je beschämen oder ernsthaft beunruhigen. Ihre Betrachtungen wurden gesammelt und als Teil einer Nummer vorgetragen, die wenig Ähnlichkeit mit unserem wirklichen Leben aufwies.

»Es ist nicht leicht zu erraten, aber ich wette, Sie sind wegen der kleinen Stimmchen hier«, sagte sie und bot meiner Lehrerin aus der siebten Klasse, die gerade zu Besuch da war, ein Glas Sherry an. »Ich überlege, ob ich mit ihm zu einem Exorzisten gehe, oder ob ich ihm eine Puppe kaufe, damit er ein bisschen Geld als Bauchredner nach Hause bringt.«

Er war aus dem Nichts aufgetaucht, mein verzweifelter Drang, ganz hinten in meiner Kehle hohe Geräusche zu produzieren. Das waren keine Wörter, sondern Laute, die ein Bedürfnis befriedigten, welches mir noch nie zuvor aufgefallen war. Die Laute wurden nicht mit meiner Stimme geäußert, sondern mit der Stimme einer fingerhutgroßen, launischen Diva, die sich unten an mein Gaumenzäpfchen klammerte. »Iiiiiiii – ammmmmmmmmm – aaaah – aaah – miiiiiiii.« Ich war der Wirt dieses Geheuls, aber unfähig, es zu kontrollieren. Wenn ich während des Unterrichts losschrie, drehten sich die Lehrkräfte vor ihrer Wandtafel um und zeigten einen zunehmend bestürzten Gesichtsausdruck. »Reibt da jemand an einem Ballon? Wer macht diesen Lärm?«

Ich versuchte mir Ausreden einfallen zu lassen, aber alles klang unglaubwürdig: »In meiner Kehle wohnt eine Biene.« Oder: »Wenn ich nicht alle drei Minuten meine Stimmbänder trainiere, kann ich wahrscheinlich nie wieder schlucken.« Das Lärmmachen ersetzte keine meiner bisherigen Angewohnheiten, es war lediglich eine weitere Vervollständigung dessen, was zu einer unberechenbaren, ausgeflippten Mackensammlung geworden war. Schlimmer als das ständige Aufjaulen und Zusammenzucken war die Angst, der morgige Tag könne noch Schlimmeres bringen, ich würde mit dem Drang aufwachen, anderen Leuten am Kopf zu ruckeln. Ich konnte ganze Tage zubringen, ohne die Augen zu rollen, aber es kam alles zurück, sobald mein Vater sagte: »Siehst du, ich wusste, dass du es dir abgewöhnen kannst, wenn du es dir nur richtig vornimmst. Wenn du jetzt nur noch den Kopf stillhältst und nicht mehr diese Geräusche machst, hast du’s geschafft.«

Was habe ich geschafft? fragte ich mich. Oft stellte ich mir, während ich wackelte, meine Karriere als Filmstar vor. Da war ich bei der Premiere unter einem flutlichterhellten Himmel, einen Satinschal locker um den Hals geworfen. Mir war klar, dass die meisten Schauspieler eine Liebesszene wahrscheinlich nicht unterbrechen würden, um die Nase gegen das Kamera-Objektiv zu drücken oder während eines dramatischen Monologs ein schnelles »Iiiiiii – asaaaaah« zu plärren, aber in meinem Fall machte die Welt bestimmt eine Ausnahme. »Ein bewegender und anrührender Streifen«, würden die Zeitungen urteilen. »Eine elektrisierende schauspielerische Leistung, bei der einem die Augen aus den Höhlen quellen, bei der das Publikum kreischt, und bei der die Kritik nur noch »Oscar, Oscar, Oscar!« nicken kann.«

Ich würde gern annehmen, dass meine nervösen Angewohnheiten auf der High School abflauten, aber die Klassenfotos sprechen eine andere Sprache. »Wenn man die fehlenden Pupillen hineinzeichnet, ist das Foto gar nicht mal so übel«, sagte meine Mutter. In Gruppenaufnahmen war ich leicht als das Verschwommene in der letzten Reihe zu identifizieren. Eine Zeit lang glaubte ich, ich würde, wenn ich meine Angewohnheiten durch verschrobene Garderobe ergänzte, eher als exzentrisch denn als schlicht zurückgeblieben betrachtet. Ich hatte unrecht. Nur ein erklärter Idiot wäre über die Korridore meiner High School in einem bodenlangen Kaftan gewandelt, und was die zahllosen Medaillons betraf, die mir am Halse hingen, so hätte ich genausogut eine Kuhglocke tragen können. Sie klirrten und klimperten bei jedem Kopfrucken und erregten Aufmerksamkeit, wenn ich ohne sie unbemerkt hätte passieren können. Meine übergroße Brille erlaubte lediglich einen noch klareren Blick auf meine rollenden, zuckenden Augen, und die klobigen Plateausohlen hinterließen dicke Beulen, wenn ich sie dazu nutzte, mir diskret gegen die Stirn zu pochen. Ich war kein schöner Anblick.

Ich kann mich irren, aber meinen Berechnungen zufolge bekam ich während meines gesamten ersten Jahrs auf dem College genau vierzehn Minuten Schlaf. Ich hatte immer mein eigenes Schlafzimmer gehabt, einen peinlich saubergehaltenen und aufgeräumten Ort, an welchem ich meinen Gewohnheiten privat frönen konnte. Nun sollte ich einen Zimmergenossen bekommen, einen wildfremden Menschen, der mir qua gottgegebenes Existenzrecht meine liebgewordenen Lebensgewohnheiten vergällen würde. Der Gedanke war beschämend und ich fuhr volle Pulle in der Universität ein.

»Die Ärzte sagen, wenn ich ihn kräftig genug durchschüttle, besteht die berechtigte Hoffnung, dass der Gehirntumor auf eine Größe schrumpft, welche eine Operation unnötig macht«, sagte ich, als mein Zimmergenosse zum erstenmal bemerkte, wie ich mit dem Kopf ruckelte. »Bis dahin wollen die anderen Fachärzte, dass ich diese Augenübungen mache, um das Kornealgewebe, wie sie es nennen, zu kräftigen. Ständig renne ich zum Arzt, aber was will man machen, stimmt’s? Pack deine Sachen aus, gewöhn dich schon mal ein bisschen ein. Ich werd nur rasch diese Steckdose mit einem Buttermesser überprüfen und ein paar Gegenstände auf meiner Kommode umstellen. Geht wiiiiie geschmiert; aaaaaaaalles eine Frage der Übung.«

Es war schon schwer genug, sich Ausreden einfallen zu lassen, aber die echte Qual kam, als ich gezwungen wurde, mit Wackeln aufzuhören.

»Haltet ein, o Romeo«, stöhnte mein Zimmergenosse in der ersten Nacht, als er meine Bettfedern quietschen hörte. Er wähnte mich masturbierend, und obwohl ich ihn gern korrigiert hätte, sagte mir etwas, ich würde keinerlei Punkte machen, wenn er erfuhr, dass ich schlicht im Bett wackelte, genau wie jeder andere achtzehn Jahre alte College-Student. Es war eine Folter, dazuliegen und nichts zu tun. Selbst mit Kofferradio und Kopfhörern hatte es keinen Sinn, Musik zu hören, wenn man nicht mit dem Kopf auf dem Kopfkissen auf und ab wackeln konnte. Im wesentlichen ist Wackeln waagerechtes Tanzen, und es erlaubte mir, privat etwas zu treiben, was ich in der Öffentlichkeit verabscheute. Mit dem ruckelnden Kopf, den rollenden Augen und den raschen, dolchstoßartigen Gesten hätte ich eine Sensation sein können, wäre ich aus dem Bett gestiegen und hätte meine Macken auf einem Tanzboden eingesetzt. Ich hätte meinem Zimmergenossen sagen sollen, ich sei Epileptiker, und es dabei belassen sollen. Dann wäre er zwar ununterbrochen durch den Raum gehetzt, um mir den Spatel von einem Eis am Stiel zwischen die Zähne zu rammen, aber na und? Ich war es gewohnt, mir Splitter aus der Zunge zu klauben. Was, so fragte ich mich, erwartete man denn von einem Durchschnittsmenschen, während er in einem verdunkelten Zimmer ausgestreckt lag? Es schien witzlos, unbeweglich herumzuliegen und sich ein rosigeres Leben auszumalen. Ich blinzelte in der engen Zelle aus Schlackegemäuer umher, und mir wurde klar, dass mich ein ganzes Leben voller Wunschdenken nicht weiter als bis hierher gebracht hatte. Nie würde es jubelnde Menschenmengen oder angesehene Regisseure geben, die in ihr Megaphon brüllten. Vielleicht musste ich mich im Liegen mit dieser schroffen Wirklichkeit abfinden, aber während ich das unternahm, konnte ich nicht ein ganz kleines bisschen auf und ab wackeln?

Ich hatte den Vorlesungsplan meines Zimmergenossen auswendig gelernt und huschte in den Pausen aufs Zimmer zurück, wo ich rasend schnell und anfallartig wackelte, ohne es jedoch recht zu genießen, aus Angst, er könnte jeden Augenblick zurückkehren. Vielleicht fühlte er sich nicht, oder er beschloss in letzter Minute, eine Vorlesung zu schwänzen. Dann hörte ich seinen Schlüssel im Schloss, sprang vom Bett auf, fuhr mir durch die Haare und griff nach einem der Lehrbücher auf dem Requisitentisch. »Ich lerne nur gerade für die Töpferei-Prüfung«, sagte ich. »Mehr hab ich gar nicht vor, nur hier schön auf dem Stuhl sitzen und alles über die Geschichte der Töpfe nachlesen.« So sehr ich mich auch anstrengte, es hörte sich immer an, als hätte ich mir etwas Geheimnisumwittertes oder Perverses zuschulden kommen lassen. Er wirkte nie im mindesten verlegen, wenn er beim Hören einer seiner vielen Heavy-Metal-Scheiben erwischt wurde, eine Übung, die ich viel beschämender finde als alles, was ich bisher kenne bzw. noch kennenlernen werde, mir jedenfalls bisher noch nicht mal vorstellen konnte. Es gab keinen anderen Ausweg: Ich musste mir etwas einfallen lassen, um den Typ loszuwerden.

Seine größte Schwäche schien seine Freundin zu sein, deren Fotografie er an einem Ehrenplatz über der Stereo-Anlage angepinnt hatte. Sie gingen seit der zehnten Klasse miteinander, und während er aufs College gegangen war, machte sie in ihrem Heimatort zwei Jahre Schwesternschule. Durch langjähriges Abhören der vierzig Spitzenreiter der aktuellen Schlagerparade hatte ich eine ziemlich lachhafte und klischeelastige Vorstellung von Liebe. Ich hatte das Gefühl nie selbst verspürt, wusste aber, dass es bedeutete, nie Es tut mir leid sagen zu müssen. Es kam über Nacht und war voller Pracht. Liebe war eine Rose und ein Hammer. Sie machte blind, sie nahm uns alles, doch sie gab auch viel zu viel, sie war, kurzum, ein seltsames Spiel, und durch sie drehte sich die Welt.

Mein Zimmergenosse und seine Freundin glaubten, sie seien stark genug, den Monat zu überstehen, ohne sich zu sehen, aber ich war da nicht so sicher. »Ich weiß nicht, ob ich ihr mit all den Ärzten über den Weg trauen könnte«, sagte ich. »Liebe vergeht wie ein Hauch, besonders in einer Krankenhaus-Umgebung. Konkurrenz belebt das Geschäft, aber Liebe ist keine Einbahnstraße. Denk mal drüber nach.«

Wenn mein Zimmergenosse die Stadt verließ, verbrachte ich das ganze Wochenende wackelnd im Bett und malte mir seinen tragischen Autounfall aus. Ich stellte ihn mir vor, eingewickelt wie eine Mumie, Arme und Beine an Flaschenzügen hängend. »Die Zeit heilt alle Wunden«, sagte seine Mutter und packte die letzte seiner Langspielplatten in einen Pappkarton. »Zwei Jahre Bettruhe und er ist wieder so gut wie neu. Wenn er aus dem Krankenhaus entlassen wird, richte ich ihm, glaube ich, das Wohnzimmer her. Da gefällt es ihm.«

Manchmal erlaubte ich ihm, mich in einem Stück zu verlassen, indem ich mir vorstellte, dass er zum Militär ging oder seine Freundin heiratete und mit ihr irgendwohin zog, wo es warm und sonnig war, wie Peru oder Äthiopien. Wichtig war nur, dass er das Zimmer verließ und nie wiederkam. Erst musste ich ihn loswerden, dann den Nächsten, dann den Übernächsten, bis ich allein übrig blieb, privat wackelnd und ruckelnd.

Zwei Monate nach Semesterbeginn machte mein Zimmergenosse mit seiner Freundin Schluss. »Und ich werde Tag und Nacht in diesem Zimmer sitzen, bis ich weiß, was ich falsch gemacht habe.« Er betupfte sich die feuchten Augen mit dem Ärmel seines Flanellhemdes. »Du und ich, kleiner Kumpel. Von jetzt an gibt es nur noch dich und mich und Jethro Tull. Was ist denn mit deinem Kopf? Na, macht der alte Tumor sich wieder mausig?«

 

»College ist das Beste, was dir je passieren kann«, pflegte mein Vater zu sagen, und er hatte recht, denn dort entdeckte ich die Drogen, das Trinken und das Rauchen. Ich weiß nicht viel über die wissenschaftlichen Aspekte, aber aus irgendeinem Grunde ließen meine nervösen Angewohnheiten nach, als ich mit Zigaretten anfing. Vielleicht war es Zufall, oder möglicherweise zogen sich die Macken angesichts eines Gegners zurück, der – bei allen Gesundheitsrisiken – mit größerer gesellschaftlicher Akzeptanz rechnen kann als das Ausbrechen in kleine, spitze Schreie. Hätte ich nicht geraucht, wäre ich wahrscheinlich unter Medikamente gesetzt worden, die genauso viel Geld gekostet, mir aber das Handwerkszeug vorenthalten hätten: die Feuerzeuge, die ich gedankenlos auf- und zuschnipsen kann; die Aschenbecher, die mir einen legitimen Grund zum Verlassen meines Stuhls verschaffen; schließlich die Zigaretten, die mich beruhigen, während sie mir etwas geben, was ich mit Händen und Mund tun kann. Es war, als sei ich zum Rauchen geboren, und als wären meine Glieder, bis mir das klar wurde, auf der Suche nach einer Alternative gewesen. Alles ist ganz prima, solang ich weiß, dass es eine Zigarette in meiner unmittelbaren Zukunft gibt. Die Menschen, die mich bitten, in ihrem Auto nicht zu rauchen, haben keine Ahnung, was sie sich damit einhandeln.

»Weißt du noch, wie du die Augen gerollt hast?«, fragen meine Schwestern. »Weißt du noch, wie du so heftig den Kopf geschüttelt hast, dass deine Brille auf den Holzkohlengrill fiel?«

Wenn sie derlei erwähnen, versuche ich manchmal einen Rückgriff auf meine alten Macken und Gewohnheiten. Wenn ich spät nachts in meine Wohnung heimkehre, fordere ich mich dazu heraus, die Nase gegen die Türklinke zu pressen oder die Augen zu rollen, um den einst so befriedigenden Schmerz hervorzurufen. Oder ich beginne die Papierservietten im Serviettenhalter zu zählen, aber der Übung mangelt es an ihrer alten Dringlichkeit und ich verliere bald das Interesse. Im Bett wurde genausowenig gewackelt wie sechzigmal hintereinander »Up, Up, and Away« aufgelegt. Ich konnte mir ganz leicht etwas anderes genausooft im Schaukelstuhl anhören, aber die frühere, bettlägerige Methode kann mir keinen Trost mehr spenden, weil ich den Code vergessen habe, den man zum Entziffern des Schlagertextes brauchte, damit der Ruck-und-Zuck-Trick wirkte. Ich weiß nur noch, dass es in einer meiner Geschichten zu diesem Text darum ging, dass sich alle Einwohner von Raleigh, North Carolina, in der Gondel eines Versuchsballons, den ich konstruiert hatte, versammeln mussten. Er war so ausgerüstet, dass er explodierte, sobald die Stadtgrenzen erreicht waren, wovon die Passagiere allerdings nichts ahnten. Die Sonne schien ihnen ins Gesicht, als sie den Blick zum blauen Himmel emporhoben, bereits leicht schwindlig vor Aufregung.

»So ein schöner Ballon!«, sagten alle, hielten sich am Geländer fest und klommen treppauf, ihrem feurigen Schicksal entgegen. »Wollen Sie nicht mitkommen?«

»Tut mir leid, Leute«, sagte ich und drückte die Nase gegen die Oberfläche meines Fahrkartenschalters, »aber ich habe andere Pflichten.«