Optionen und Futures sind äußerst vielseitige und flexible Finanzinstrumente. Sie ermöglichen dem Anleger auch in schwierigen Börsenphasen, mit relativ geringem Mitteleinsatz Gewinne an Aktien- und Terminmärkten zu erzielen. Doch diese Instrumente stellen hohe Ansprüche an die Sachkenntnis und das Risikobewusstsein ihrer Nutzer.
Dieses besonders verständlich geschriebene Buch erschließt die komplexe Materie, von ihren Grundlagen bis zu den fortgeschrittenen Aspekten. Zugleich führt es in die Funktionsweise und die Theorie der Kapitalmärkte ein.
Igor Uszczapowski studierte Philosophie sowie Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Cambridge und Oxford. Ausgehend von seinen Kenntnissen des Bankwesens und der Finanzmärkte befasst sich der Autor inzwischen im größeren Kontext einer Theorie der freien Gesellschaft mit den kultu-rellen, erkenntnistheoretischen, politologischen und rechtsphilosophischen Bedingungen leistungsfähiger Institutionen der Wirtschaft.
Vorwort zur 7. Auflage
1. Kapitel Zur Einführung
1. Optionen und Futures in der Bundesrepublik Deutschland – eine erste Orientierung
1.1 Zurück zur Zukunft
1.2 Der Tunnel-Effekt
1.3 Das Ende der Abschreckung
2. Die Deutsche Terminbörse (seit 1998 Eurex)
2.1 Computerisierung, Markteffizienz und der Nutzen für den Anleger
2.2 Das Market-Maker-System
2.3 Bedenken und Ängste oder: vom Abenteuer der Mündigkeit
2. Kapitel Wozu es Finanzmärkte gibt
1. Einleitung
1.1 Die unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffs der Spekulation
1.2 Die Lebensberechtigung der Finanzmärkte
1.3 Wertpapiere
2. Der Preis von Kapital
2.1 Nutzenverzicht
2.2 Risiko
3. Begriffe und Techniken des modernen Investitionsmanagements
3.1 Einige zentrale Begriffe der modernen Portefeuille-Theorie
3.2 Die drei Formen der Markteffizienz
3.3 Die Rolle der Börse
4. Zusammenfassung und Einordnung von Termingeschäften in die Finanzlandschaft
4.1 Spekulation, Allokation, Effizienz
4.2 Märkte für Kassa- und derivative Instrumente
3. Kapitel Optionen – die Grundgeschäftsarten
1. Die vier Grundgeschäftsarten – Atome des Optionsuniversums
1.1 Was allen Optionen gemeinsam ist
1.2 Calls und Puts
1.3 Long und short
1.4 Die vier Grundgeschäftsarten im Überblick
2. Die Darstellung von Optionspositionen
2.1 Long-Position in Aktien
2.2 Short-Position in Aktien
3. Long-Call oder Kauf einer Kaufoption
3.1 In-the-money
3.2 At-the-money und out-of-the-money
3.3 Volle Teilnahme am Gewinnpotential bei geringerem Kapitaleinsatz
4. Short-Call oder Verkauf einer Kaufoption
4.1 Formen des Calls
4.2 Optionen – ein Nullsummenspiel
5. Long-Put oder Kauf einer Verkaufsoption
5.1 In-the-money, out-of-the-money und at-the-money
5.2 Protective-Put
5.3 Versicherungskosten
6. Short-Put oder Verkauf einer Verkaufsoption
7. Kombinationen der Grundgeschäftsarten
7.1 Long-Straddle
7.2 Short-Straddle
8. Handelbarkeit und Liquidität von Optionskontrakten
9. Moderne Optionsbörsen
9.1 Das Over-the-Counter-Geschäft
9.2 Das börsennotierte Optionsgeschäft
4. Kapitel Optionspreisbewertung
1. Strategien der Risikominderung
1.1 Diversifikation
1.2 Aufnahme risikoloser oder risikoarmer Portefeuillekomponenten
1.3 Direkte Versicherung
2. Der Versicherungscharakter von Optionen
2.1 Call als Versicherung
2.2 Put als Versicherung
2.3 Optionshandel – ein Handel in Versicherungsleistungen
2.4 Vertiefung des Versicherungscharakters eines Calls
2.5 Auf dem Weg zur Optionspreisbestimmung – die Komponenten des Preises eines Calls
3. Die exakte Bewertung von Optionen
3.1 Die Bewertung von Calls
3.2 Der vollständige Wertkurvenverlauf eines Calls
3.3 Der Wert eines Calls bei Unsicherheit über den Aktienkurs am Verfalltag der Option – die Black-Scholes-Formel
3.4 Dividenden – ihr Einfluss auf die Ausübungsentscheidung und den Wert von Calls und Puts
3.5 Exkurs: Intuitive Ermittlung des exakten Preises einer Call-Option – der Ansatz von Cox-Ross-Rubinstein
5. Kapitel Fortgeschrittene Optionsstrategien
1. Calls und Puts
1.1 Long-Call
1.2 Short-Call
1.3 Long-Put
1.4 Short-Put
2. Zusammengesetzte Strategien
2.1 Standardisierte Optionskombinationen
2.2 Spreads
2.3 Combinations-Strategien für den Volatilitätshandel
2.4 Vergleich von Combination und Strangle
2.5 Schlussbemerkung
6. Kapitel Futures
1. Grundsätzliches zum Terminhandel – Forwards und Futures
1.1 Futures im Kontext der Finanzmärkte
1.2 Die Grundgeschäftsarten – Long-Futures und Short-Futures
1.3 Optionen versus Futures
2. Die zentrale Rolle der Clearing-Stelle im Futures-Handel
2.1 Jederzeitige Glattstellung
2.2 Open-Interest
2.3 Futures – ein Nullsummenspiel
3. Das Sicherheitsnetz der Clearing-Stelle
3.1 Erfüllungssicherheit
3.2 Die ständige Überwachung offener Positionen und das Prinzip des mark-to-market
3.3 Leverage oder die Hebelwirkung des Futures
4. Futures – ein Instrument für risikofreudige und dennoch solide Investoren
5. Die enge Beziehung zwischen Kassa- und Futures-Markt
5.1 Die Gleichwertigkeit von Futures und zugrundeliegendem Kassaobjekt bei Fälligkeit des Futures
5.2 Das Verhältnis von Kassa- und Futures-Preis vor Fälligkeit des Terminkontrakts
5.3 Cost-of-carry
5.4 Positive und negative Basis
5.5 Der korrekte Preis für Financial Futures
5.6 Arbitrage als Garant einer eindeutig bestimmbaren Preisbeziehung zwischen Kassa und Futures
5.7 Veränderungen in der Basis
5.8 Die Parallelität von Kassa- und Futures-Markt als Grundlage für Absicherungsstrategien
5.9 Unproblematische Leerverkäufe
5.10 Die Attraktivität und hohe Liquidität von Futures-Märkten
6. Absicherungsgeschäfte (Hedging) bei Zins-Futures
6.1 Einige Eigenschaften festverzinslicher Titel
6.2 Long-Hedge
6.3 Short-Hedge
6.4 Cross-Hedge
6.5 Chancen und Risiken beim unvollkommenen Hedge
7. Arten des Handels mit Futures
7.1 Gewinne und Verluste als Resultat einer variablen Basis
7.2 Spreading
7.3 Das Zusammenspiel der drei Teilnehmergruppen
8. Hedging mit Bund-Futures an der Eurex
8.1 Notionelle Bundesanleihe als Handelsgegenstand des Bund-Futures
8.2 Direct-Hedge
8.3 Seller’s Option
8.4 Der Preisfaktor
8.5 Cheapest-to-deliver (CTD)
8.6 Der Rechnungsbetrag
8.7 Preisfaktor-Hedge
8.8 Kennzahlen der Zinsreagibilität bei Anleihen
9. Aktienindex-Futures
9.1 Risikoarten
9.2 IndizesIndizes zur Nachbildung des Gesamtmarkts
9.3 Hedging mit Aktienindex-Futures
9.4 Der Deutsche Aktienindex (DAX) und der DAX-Futures
10. Index-Arbitrage, Programm-Handel und der Börsenkrach vom Oktober 1987
11. Optionen auf Futures
11.1 Das Beispiel der US-Treasury-Bond-Terminkontrakte
11.2 Die Praxis des Handels
11.3 Verhalten bei niedrigem Zinsniveau
11.4 Verhalten bei erwartetem Zinsanstieg
11.5 Short-Positionen
7. Kapitel Das binomiale Optionspreismodellbinomiale und die Bewertung von Firmen, Finanzierungsinstrumenten und Investitionen
1. Herleitung des Optionspreismodells
1.1 Die Grundannahmen
1.2 Die Herleitungsschritte
1.3 Das einperiodige Binomialmodell
1.4 Die Ausweitung des Binomialansatzes auf zwei Perioden
1.5 Das multiperiodige Modell
2. Einsatzfelder des Optionspreismodells
2.1 Der synthetische Kredit
2.2 Optionen und Corporate Finance
2.3 Realoptionen – optionstheoretische Investitionskalküle
8. Kapitel Kreditderivate
1. Was sind Kreditderivate?
2. Kreditrisiko, herkömmliche Formen des Umgangs mit Kreditrisiken und die Rolle von Kreditderivaten beim Management von Kreditrisiken
2.1 Herkömmliche Verfahren des Managements von Kreditrisiken
3. Konkrete Formen von Kreditderivaten
3.1 Kredit-Swaps
3.2 Total (Rate of) Return Swap
3.3 Kredit-Optionen
3.4 Weitere Mischformen
4. Einordnung der Kreditderivate in das Gesamtbild der Kapitalmärkte
4.1 Vollständige Märkte in der Theorie
4.2 Vollständige Märkte in der Praxis – das Beispiel der Kreditderivate
9. Kapitel Devisengeschäfte
1. Derivative im Fremdwährungsbereich
2. Forward-Geschäfte (Devisentermingeschäfte)
3. Covered Interest Arbitrage
4. Forwards, Futures und Optionen im Forex-Bereich (Foreign Exchange)
5. Devisenoptionen
Anhang
1. Zinseszinsrechnung
1.1 Der Zinseszins
1.2 Stetige Verzinsung
2. Einige Ausführungen über Statistik
2.1 Absolute Häufigkeit
2.2 Relative Häufigkeit
2.3 HäufigkeitsdichteHäufigkeitsdichte , Dichtefunktion f (x)
2.4 Häufigkeitssumme, Verteilungsfunktion F (x)
2.5 Stetige Verteilungen
2.6 Statistische Kenngrößen
2.7 Die Normalverteilung
Sachverzeichnis
Impressum
Der Verkaufserfolg des Buches „Optionen und Futures verstehen“ und auch das neue Layout der Reihe, in der es erscheint, geben Anlass, die inzwischen 7. Auflage des Werks vorzulegen.
Das Buch legt die grundsätzlichen Zusammenhänge des Geschäfts mit Optionen und Futures dar. Da sich hinsichtlich der prinzipiellen „Geschäftsmechanik“ kaum Änderungen eingestellt haben, ist der Aktualisierungsbedarf insgesamt verhältnismäßig gering.
Im einleitenden Teil werden die wesentlichen Merkmale der in Deutschland entstandenen börslichen Infrastruktur für Derivate entstehungsgeschichtlich behandelt. Deshalb verwende ich darin weiterhin den Namen „Deutsche Terminbörse“, die nach dem Zusammenschluss der eidgenössischen SOFFEX im Mai 1998 nunmehr den Namen „Eurex“ trägt.
„Optionen und Futures verstehen“ ist von Anfang an ein großer Erfolg beschieden gewesen. Für diesen Zuspruch bin ich meinen vielen Leserinnen und Lesern dankbar. Nicht selten erhalte ich Rückmeldung von Lesern, die durch die Lektüre des Buches entscheidende Impulse für die erfolgreiche Gestaltung ihrer Karriere erhalten haben. Mich selbst begleitet die Beschäftigung mit dem Thema der derivativen Finanzmärkte in immer neuen Lebensetappen als Inspirationsquelle und willkommener Wissensfundus.
Im ersten Teil des Buches wird mein Bestreben deutlich, Optionen und Futures in den größeren Zusammenhang von Wirtschaft und Gesellschaft einzuordnen. Mein Interesse an dieser Sichtweise hat sich im Laufe der Jahre zu einem noch globaleren Blick auf unsere Gesellschaft ausgeweitet. Derzeit befasse ich mich im Rahmen einer umfassenden Theorie unserer Zivilisation mit den kulturellen, erkenntnistheoretischen, politologischen und rechtsphilosophischen Bedingungen leistungsfähiger Institutionen der Wirtschaft.
Man sieht, dass Optionen und Futures reizvolle Perspektiven sowohl für den Geist als auch für das praktische Leben bieten.
Kaiserslautern, im September 2011 |
Igor Uszczapowski |
Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, |
Papa, Charly hat gesagt…
… sein Vater hat gesagt:
Optionen und Futures sind Teufelszeug!
Was antwortet man darauf? Was sind eigentlich Optionen und Futures? Wozu dienen sie? Welche Chancen bieten sie? Welche Risiken sind bei ihrem Einsatz zu berücksichtigen? Solche Fragen kommen seit der Gründung der Deutschen Terminbörse im Jahre 1989 vermehrt auf uns alle zu (Im Mai 1998 wurde die DTB in Eurex umbenannt; siehe Vorwort).
Die Relevanz dieses Themenbereichs spricht nicht nur Börsenprofis und Privatanleger, sondern ebenso den Nichtspezialisten, den mündigen Bürger an, der sich zusehends dazu aufgerufen sieht, einen Standpunkt zu vertreten, wenn weitreichende Thesen zur Diskussion stehen, die eine fundierte Einschätzung der gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Bedeutung dieser Innovationen herausfordern.
Haben Futures den Crash von 1987 verursacht? Stimmt es, dass Finanzmärkte, dominiert von Spielern, ihren vernünftigen Bezug zu den realwirtschaftlichen Märkten eingebüßt haben und dass spekulative Exzesse, die unsere Volkswirtschaft bedrohen könnten, durch Optionen und Futures forciert werden?
Was, auf der anderen Seite, ist mit einer Aussage anzufangen wie dieser: „Wer sich nicht an den Terminbörsen engagiert, ist ein Spekulant.“? Hat man es mit gefährlicher Augenwischerei zu tun, wenn man lesen muss: „Die modernen Termininstrumente, Optionen und Futures, eröffnen Anlegern ein weites Feld neuer Möglichkeiten, Anlagerisiken zu begrenzen. Wem die Wirkung dieser Finanzprodukte vorenthalten bleibt, ist unkontrollierbaren Risiken stärker ausgesetzt. Der Erfolg seiner Investitionen ist ungewisser, seine Haltung somit spekulativer als nötig.“
Das vorliegende Buch zielt darauf ab, fundiertes Wissen zu vermitteln, mit dessen Hilfe die Möglichkeiten und Grenzen dieser neuen Anlageinstrumente erkennbar und die angeschnittenen Problemfelder sachlich beurteilbar, wenn natürlich auch nicht immer schlüssig entscheidbar werden. Dabei bestehen die Anliegen dieses Buches darin, die Grundprinzipien von Optionen und Futures einerseits in verständlicher Form und sorgfältiger Entfaltung des Stoffs auch und gerade jenen Leserinnen und Lesern, die noch keine Vorkenntnisse besitzen, nahezubringen, andererseits aber auch deren technische, wissenschaftliche und sonstige, wenn man so will, fortgeschrittene Aspekte ins Licht zu rücken, ohne die selbst ein Grundverständnis der Materie bedenklich unvollständig bleibt und zu Fehlschlüssen oder zu nicht optimalen Entscheidungen verleiten kann.
Über das erste Kapitel: Es gilt die These zu begründen, derzufolge Optionen und Futures, oft verfemt als gefährliche Spekulationsinstrumente, tatsächlich ein breites Spektrum von sinnvollen Einsatzmöglichkeiten erschließen, die gerade dem Zweck der Risikobeschränkung und rationalen Risikosteuerung dienlich sind. Im ersten Kapitel wird deshalb der Versuch unternommen aufzuzeigen, was Risiko ist, wie es gemessen und verwaltet wird, warum es auch ohne künstliche Risikoproduktion, wie wir sie aus Glücksspielen kennen, einen volkswirtschaftlich vorgegebenen Bestand an Risiken gibt, und wie Finanzmärkte, deren herkömmliche Institutionen und Produkte und in deren weiterem Umfeld auch Optionen und Futures dazu beitragen, mit diesen Risiken besser umzugehen.
Über das zweite Kapitel: Hier wird erklärt, was Optionen sind, wie sie auf Grund der Einbettung in eine börsliche Infrastruktur auf ihre ganz eigene Art dazu verwendet werden können, die Flexibilität des Anlegers zu erhöhen, seinen vielschichtigen Zielvorgaben präziser nachzukommen und insbesondere seinem Wunsch nach Risikoschutz genauer und in vielfacher Hinsicht auf einzigartige Weise zu entsprechen.
Über das dritte und vierte Kapitel: Im dritten Kapitel werden der Versicherungscharakter von Optionen genauer dargestellt und das Verständnis für das Verhalten von Optionen im Lichte der modernen Optionspreistheorie vertieft. Dies bereitet den Boden für das vierte Kapitel, das sich als eine Einführung versteht in die zahlreichen komplexeren Kombinationen und fortgeschrittenen Strategien, welche sich mit den im zweiten Kapitel vorgestellten Grundgeschäftsarten des Optionswesens verwirklichen lassen.
Über das fünfte Kapitel: Im fünften Kapitel werden Futures im Grundsatz sowie in ihren vielseitigen konkreten Ausprägungen vorgestellt. Dabei wird auch deren Rolle im Crash von 1987 behandelt.
Über das sechste Kapitel: Mit der modernen Optionspreistheorie ist ein neues Paradigma in die Wissensbestände der Finanzwirtschaft eingedrungen, das auf beispiellose Weise bestehende Denkansätze und in mindestens gleich großem Maße auch die Praxis dieser weiten Disziplin gleichsam hinter sich in Marsch zu setzen weiß.
Angesichts dessen widmen wir uns im sechsten Kapitel der Herleitung einer der leistungsfähigsten, vielseitigsten und zugleich transparentesten Varianten der Optionspreistheorie – namentlich dem Bionomialmodell – und werfen von wechselnden Standpunkten den Blick auf das, was als die Drehscheibe gelten darf, über die diese Theorie zu den unterschiedlichsten Anwendungen gelangt: die Put-Call-Paritätsbeziehung. Angefügt wird ein Abriss von der Art, wie neuerdings Fragestellungen der Corporate Finance durch den dargelegten Ansatz in neues Licht getaucht werden.
Über das siebte Kapitel: Termingeschäfte, das Thema dieses Buches, spielen eine so wichtige Rolle bei den Transaktionen des Devisenbereichs, dass man kaum umhin kann, auch ihnen ein Kapitel zuzudenken, wobei wir allerdings, am Schluss dieses Bandes angelangt, die Grundprinzipien und Strategien von Derivativen nicht noch einmal „in grün“, sondern vielmehr die verbleibenden Eigentümlichkeiten dieser Spielart abhandeln.
Was benötigt man, wenn einem ein Options- und ein Futureshändler begegnen, die beide bis zum Hals in frischem Beton stecken? Eine Pumpe, eine Schaufel, ein Stemmeisen? Falsch. Mehr Beton. Der Witz hat an Aktualität eingebüßt, seit sich Kreditwirtschaft und Gesetzgeber in konzertierter Aktion gegen die wettbewerbsstrategischen Gefahren stemmen, die dem Finanzplatz Deutschland durch die Abwanderung von Kapital an ausländische Börsenplätze mit reichhaltigerem Leistungsangebot insbesondere im Bereich der Termingeschäfte drohen. Optionen und Futures sind Termin- oder Zukunftsgeschäfte, die sich dadurch auszeichnen, dass die Geschäftserfüllung (Kauf oder Verkauf eines bestimmten Objekts) erst zu einem zukünftigen Zeitpunkt zu vorab vereinbarten Konditionen erfolgt.
Zukunfts- oder Termingeschäfte haben eine lange Vergangenheit, eine bis in die späten 80er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts eher trostlose Gegenwart und nun wieder eine Zukunft in Deutschland. Vom „no future for futures“ zum „back to the futures“ war es ein kleiner und dennoch gewaltiger Sprung – ein Sprung der sich im Wesentlichen innerhalb von zwei Jahren, 1988–90, vollzogen hat, in denen weitgehende rechtliche Neuregelungen sowie der Aufbau einer vollcomputerisierten Spezialbörse für Optionen und Futures verwirklicht wurden.
Während börsennotierte Optionen und Futures – was genau sich hinter diesem Begriff verbirgt zeigen die folgenden Kapitel – seit zwanzig Jahren zunächst in den Vereinigten Staaten und zunehmend im europäischen Ausland eine anhaltende Erfolgsgeschichte erlebten, die deren Ausreifung zum seriösen Instrument moderner Vermögensverwaltung und wachsende Akzeptanz in weiten Kreisen des professionellen wie des privaten Anlegerpublikums mit sich brachte, verschloss man sich lange Zeit in der Bundesrepublik Deutschland diesen Entwicklungen.
Albert O. Hirschmann, ein amerikanischer Gelehrter, der sich in seinem Werk auch ausgiebig mit Problemen der Dritten Welt befasst, hat bei seinen Studien zur Entwicklungsgeschichte der betreffenden Länder ein Phänomen entdeckt, das er als den Tunnel-Effekt bezeichnet. Es handelt sich dabei um ein menschliches Verhaltensmuster, das er am Beispiel eines in einem Autotunnel entstandenen Staus erläutert. Solange sich der Stau auf beide der in entgegengesetzter Richtung verlaufenden Fahrbahnen erstreckt, fügen die Menschen sich nolens volens in ihr ärgerliches Schicksal. Die Situation ändert sich, wenn der Stau sich einseitig, d. h. nur auf einer der Fahrbahnen aufzulösen beginnt. Je flüssiger die einseitige Verkehrsbewegung wird, desto ungeduldiger werden die Zurückbleibenden. Dies kann sich bis zu einem regelrechten Panikgefühl des Verlassenseins, des Übergangenseins, des Zukurzkommens, ja des Betrogenseins steigern.
Der Kern des Phänomens liegt darin, dass das Bewusstsein der Bewegung, des Vorankommens anderer, das Bewusstsein der eigenen Stagnation weckt und Handlungsbedarf schafft, wo er zuvor nicht oder in weitaus geringerem Maße empfunden wurde. Die geradezu plötzlich hereinbrechende, wiewohl durchaus nicht überstürzte Erleichterung und Modernisierung des Options- und Futuresgeschäfts in der Bundesrepublik Deutschland haben in gewissem Maße Ähnlichkeit mit dem beschriebenen Tunnel-Effekt. Innerhalb relativ kurzer Zeit sah man sich hierzulande von einer ständig an Fahrt gewinnenden Kolonne von Konkurrenten zurückgelassen. Börsen in Frankreich und Großbritannien begannen 1988/90 Optionen und Futures auf deutsche Wertpapiere mit beachtlichem Erfolg anzubieten. Auch die Schweiz trug mit eindrucksvollen Resultaten dem steigenden Bedarf an diesen modernen Investitionstypen durch die Einrichtung der Swiss Options and Financial Futures Exchange (SOFFEX) Rechnung.
Die Zurückhaltung, ja Rückständigkeit und scheinbare Interesselosigkeit deutscher Anleger auf diesem Sektor des Investitionswesens, oft als Ergebnis der deutschen Sicherheitsmentalität hingestellt, beruhte in Wahrheit wohl eher auf den – verglichen mit ausländischen Börsenplätzen – stark erschwerten Geschäftsbedingungen und zum Teil ausdrücklichen Verboten, mit denen deutsche Anleger von Optionen und Futures lange Zeit abgeschreckt worden sind. Angesichts solcher Behinderungen muss der über viele Jahre bestehende Mangel an einer angemessenen Infrastruktur und an Experten auf diesem Feld vornehmlich als unweigerliche Folgeerscheinung, nicht aber als Ausdruck einer aus freien Stücken eingenommenen Haltung der Ablehnung von Optionen und Futures gewertet werden.
Unter den vielen Gründen für die verhältnismäßig späte Öffnung des deutschen Kapitalmarktes findet sich auch ein zum großen Teil historisch bedingtes Defizit an Vertrautheit mit der facettenreichen und nicht selten recht komplexen, keineswegs aber, wie dieses Buch zeigen möchte, undurchdringlichen Materie. Halbwissen und die aus ihr entstehende Anfälligkeit gegenüber Vorurteilen haben hierzulande sicherlich zu der an Diskriminierung grenzenden Vernachlässigung von Optionen und Futures beigetragen.
Die bis August 1989 bestehende rechtliche Benachteiligung und die damit verbundene kommerzielle Rückständigkeit des Options- und Futures-Wesens in der Bundesrepublik Deutschland lassen sich durch folgenden Vergleich veranschaulichen: In einem Land, in dem Autohersteller für die Unfälle verantwortlich gemacht werden können, die den Abnehmern ihrer Fahrzeuge, verschuldet oder unverschuldet, widerfahren, wird es keinen großen Anreiz geben, Autos herzustellen. Die Autobranche dieses Landes wird infolgedessen kaum mit der Konkurrenz auf Auslandsmärkten mithalten können.
In einer ähnlichen Lage befanden sich bis in die jüngste Vergangenheit Optionen und Futures in der Bundesrepublik Deutschland. Die Rechtslage ermöglichte es nämlich einer bedeutenden Anzahl von potentiellen Nutzern, in der Hauptsache privaten Anlegern, sich Verbindlichkeiten, die bei Geschäften mit Optionen und Futures entstehen können, wegen deren Status als Spielschulden – die nicht einklagbar sind – zu entziehen. Die natürlichen Anbieter dieser Produkte, vor allem Banken, waren aus diesem Grunde dazu gezwungen, Sicherheitsleistungen zu verlangen, die wiederum den ökonomischen Sinn von Optionen und Futures stark herabsetzten. Gleichzeitig bestanden starke Beschränkungen für Großanleger, deren Markteintritt heute mehr denn je eine unverzichtbare Voraussetzung für einen florierenden Handel ist. Unter diesen Umständen war der deutsche Markt dazu verurteilt, vor sich „hinzudümpeln“. Neuerdings haben sich die Rahmenbedingungen, in denen sich die Anbieter und Nutzer dieser Produkte bewegen müssen, nachhaltig im Sinne einer deutlich verbesserten Freisetzung des ökonomischen Leistungsvermögens von Optionen und Futures verändert.
Die Deutsche Terminbörse ist eine der ersten vollcomputerisierten Börsen überhaupt und folgt sehr eng dem Weg, den die SOFFEX seit 1987 vorgezeichnet hat. Wie auch in der Schweiz, ist der Entschluss, das lärmende Börsenparkett durch die lautlose Präzision eines Zentralcomputers zu ersetzen, historisch bedingt: Um das Problem der Einbindung der in beiden Ländern auf eine lange Tradition zurückblickenden Regionalbörsen und die Gefahr unwirtschaftlicher Duplikation und Marktzersplitterung gar nicht erst aufkommen zu lassen, wählte man ein System, mittels dessen ein standortunabhängiger Handel möglich wird. Denn alles, was technisch zur Marktteilnahme benötigt wird, ist der Anschluss an den Zentralcomputer, der Angebot und Nachfrage sammelt und vermittelt. Gehandelt wird ausschließlich über Bildschirme, statt, wie an Präsenzbörsen üblich, durch Zuruf. Die Börsenteilnehmer geben also Aufträge und Kurse von ihren jeweiligen Eingabestellen in das EDV-System der Deutschen Terminbörse ein, wo sie automatisch zugeordnet und zusammengeführt werden. Die bei den Börsenteilnehmern stehenden Rechner sind mit dem Zentralrechner der Deutschen Terminbörse in Frankfurt über Standleitungen der Bundespost verbunden. So kann Wall Street, oder richtiger gesagt, „Mainhattan“ im Prinzip auch nach „Hintertupfing“ kommen.
Von der Computerisierung der Börse verspricht man sich noch weitere Vorzüge: Die Übermittlung und Verarbeitung von Informationen verlaufen außerordentlich schnell und effizient, wodurch Verbuchung und Abwicklung zügiger und mit weniger Fehlern behaftet erfolgen können und die umfassende Überwachung und kontinuierliche Aufsicht von Geschäften erleichtert werden. Ein tiefer, umfassender und aktueller Einblick in relevante Marktdaten, wie Preise, Umsätze, die Größe der Geschäftsabschlüsse, das Angebots- und Nachfrageniveau und dergleichen ist gewährleistet. Der elektronische Verbund aller Handels-, Informations- und Abwicklungsinstanzen verkürzt die Reaktionszeiten. Auch können die Kosten des Handels auf Grund erhöhter Effizienz gesenkt werden.
Stichwort Effizienz: Tatsächlich ist die Entwicklungsgeschichte moderner Finanzinstrumente, wie Optionen und Futures, untrennbar verbunden mit einem unaufhaltsamen Trend zur Effizienz der Wertpapiermärkte. Unter der Effizienz eines Marktes versteht man speziell, dass die Marktteilnehmer alle handelsrelevanten Informationen umgehend und gleichzeitig erhalten, dass der Handel schnell und selbst bei großen Beträgen reibungslos und ohne Preisschocks auszulösen, erfolgen kann, und dass Transaktionskosten – die Kosten, die für die Durchführung des Geschäfts berechnet werden müssen – minimiert werden. Markteffizienz ist also vor allen Dingen gut für den Nutzer der Märkte, den Konsumenten von Investment-Dienstleistungen.
Die Computerisierung der Deutschen Terminbörse versteht sich in diesem Sinne als entschlossener Versuch, Markteffizienz herbeizuführen. Die verschiedenen börslichen Sondereinrichtungen, die mit der Deutschen Terminbörse ihr Debut in der Bundesrepublik Deutschland erleben – wie zum Beispiel das sogleich kurz anzusprechende Market-Maker-System – stehen wie der verstärkte Einsatz von Rechnern im Dienst der Markteffizienz. Der Begriff der Markteffizienz und die sie flankierenden Organisationsformen moderner Börsen werden grundlegend und ausführlich im ersten Kapitel im Rahmen der Besprechung der volkswirtschaftlichen Funktion von Finanzmärkten dargestellt und später in den Kapiteln über Optionen und Futures noch einmal anhand der Besonderheiten dieser Instrumente vertieft. Wir beschränken uns daher an dieser Stelle auf einen kurzen Abriss.
Dem Market-Maker-System der DTB kommt die Aufgabe zu, einen lebhaften und kontinuierlichen Handel sicherzustellen. In einem Land, in dem drei in jeder Hinsicht – einschließlich des Wartungsservices – gleichwertige Automobilmarken angeboten werden, wird wohl diejenige sich am besten verkaufen, für die Händler zur Stelle sind, die Neuwagen, aber auch Gebrauchtwagen dieser Marke, jederzeit bereit sind, anzukaufen und wiederzuverkaufen. Man kann sich also von dem Wagen schnell und unproblematisch trennen, wenn er seinen Wert für den bisherigen Besitzer verloren hat und den Erlös aus dem Verkauf für Dinge verwenden, die nun einen größeren Nutzen haben als der Besitz dieses Autos.
Genau das leistet das Market-Maker-System der DTB im Hinblick auf Optionen und Futures. Weil die Market-Maker dazu verpflichtet sind, jederzeit zu kaufen oder zu verkaufen, kann man sicher sein, dass man sich zu jedem Zeitpunkt aus einem Wert heraus- und in einen anderen hineinbewegen kann. Dies erhöht ganz offensichtlich die Flexibilität der Marktteilnehmer. Außerdem sind die Market-Maker dazu verpflichtet, „vernünftige“ Kurse zu stellen, also Kauf- und Verkaufspreise so zu gestalten, dass der dringend Kauf- oder Verkaufswillige sein Geschäftsziel erreichen kann, ohne dafür „über den Tisch gezogen“ zu werden. Unter diesen Bedingungen sind viel mehr Menschen willens, in den Markt einzutreten, was den Handel flüssiger, alternativenreicher und billiger macht.
Die Deutsche Terminbörse bietet Dienstleistungen an, deren Existenzberechtigung vom langfristigen Nutzen für den Abnehmer, das Anlegerpublikum, entschieden wird. Schon bei ihrer Geburt war sie umgeben von Konkurrenten. Die folgenden Kapitel zeigen, auch wenn die DTB oder die strukturverwandte SOFFEX nicht immer namentlich angesprochen werden, durch welche Produkte und organisatorischen Besonderheiten Börsen ihrer Art sich den Konsumenten zu empfehlen suchen.
Zur Einstimmung in die im ersten Kapitel behandelten Fragen sei abschließend der Versuch unternommen, den gesellschaftspolitischen und volkswirtschaftlichen Rahmen abzustecken, innerhalb dessen sich die Logik und der Aufbau von Börsen allgemein und der DTB im Besonderen verstanden wissen wollen.
Wovor fürchten sich die Menschen im Zusammenhang mit modernen Börsengeschäften, Termingeschäften und den vermeintlich nachteiligen Auswirkungen der neuen deutschen Institution, der DTB?
Als Lafette, von der fast alle Einwände gegen das Wertpapiergeschäft im Allgemeinen und gegen Termingeschäfte im Besonderen lanciert werden, fungiert der Oberbegriff der Spekulation. Marktwirtschaftlich verfasste Ökonomien zeichnen sich dadurch aus, dass das Miteinander, die Interaktion von selbstverantwortlichen Individuen, und nicht der Dirigismus politischer Zentralinstanzen die Verteilung (Allokation) von Ressourcen steuert. Solch ein freiheitliches System macht es erforderlich, dass unterschiedliche individuelle Neigungen und Absichten (Präferenzen) und die verschiedenartigen Handlungsweisen, Strategien und persönlichen Eigenarten, die bei der Verfolgung gewählter Ziele zur Anwendung kommen, nicht nur toleriert, sondern auch aktiv durch Einrichtung von zweckdienlichen Institutionen unterstützt werden.
Organisierte Märkte, und nichts anderes sind Börsen wie die DTB, leisten zu diesem Zweck einen unverzichtbaren Dienst. Sie tun dies, indem sie die Bewältigung volkswirtschaftlich vorgegebener und nicht etwa, wie im Spielkasino, willkürlich ins Leben gerufener Risiken ermöglichen.
Gewiss ist es in einer freiheitlichen Ordnung möglich, die gewährte Freiheit zu missbrauchen. Gewiss hat die Börse auch Platz für den verantwortungslosen und den selbstzerstörerischen Spekulanten. So wenig aber wie die technischen Glanzleistungen des modernen Individualverkehrs für unzurechnungsfähige Trunkenbolde geschaffen worden sind, und so wenig wie man das moderne Auto verdammen oder gar abschaffen sollte, weil mitunter schrecklicher Missbrauch mit ihm getrieben wird, so wenig ist die Börse für den Glücksspieler intendiert.
In der Regel sind auf Dauer hochspekulative Aktionen ohnehin selbsteliminierend und wegen der aus langer Tradition gewachsenen manipulationsverhindernden Vorkehrungen der Börsen nicht in der Lage, den Restmarkt zu dominieren. Die Empörung über gelegentliche Exzesse pflegt dennoch zu einem das ganze Wertpapiergeschäft und dessen Institutionen umschlingenden Ablehnungsdenken auszuwachsen, das in Verboten und anderen Interventionsmaßnahmen Schutz vor den „unheimlichen Machenschaften“, den „bedrohlichen Spielen“ der Börsianer zu finden hofft. Dem unvorsichtigen Umgang mit Investitionen sollte man jedoch nicht ohne weiteres mit Verboten zu Leibe rücken. Allzu schnell ist der Spielraum verstellt, der dem Börsengeschehen eingeräumt werden muss, wenn es seiner komplexen wirtschaftlichen Funktion zufriedenstellend nachkommen soll. Wer „ja“ sagt zur Souveränität des freien Wirtschaftssubjekts, der muss sich darüber im Klaren sein, dass er konsistenterweise auch „ja“ sagen muss zu dessen Eigenständigkeit in der Bestimmung des Maßes an Risiko, dem er sich durch seine ökonomischen Entscheidungen aussetzen will.
Börsen sind durch ihre Organisationsstruktur und Usancen ganz bewusst für die freie, faire und effiziente Umverteilung der von freien Individuen getragenen Risiken ausgelegt. Sie sind ein einzigartiges Instrument zur Koordinierung und gegenseitigen Ergänzung von Menschen mit individuellen Einschätzungen der Zukunft, verschiedenartigen Ansichten, Fähigkeiten und Neigungen sowie mit unterschiedlicher Risikobereitschaft. Die Institution Börse könnte gar keine so weit zurückreichende Tradition aufweisen, wenn sie von unbesonnenen und rücksichtslosen Spielertypen beherrscht wäre. Tatsächlich sind Börsen Evolutionsprodukte, in denen das jahrhundertalte Erlebnis der mannigfachen Handelsrisiken in zahllosen sicherheitsstiftenden organisatorischen Maßnahmen seinen Niederschlag gefunden hat.
Ein letztes bevor wir in medias res gehen, in die Materie eintauchen: Das vorliegende Buch ist dem Zweck gewidmet, Verständnis für die grundlegenden Prinzipien von Optionen und Futures zu schaffen. Das konkrete Geschäft erfordert jedoch die Berücksichtigung zahlreicher zusätzlicher Einzelheiten, die sich oftmals im Laufe der Zeit und von Börse zu Börse, ja von Anbieter (Bank oder Broker) zu Anbieter anders gestalten können. Wir verzichten deshalb hier darauf, solch wichtige Details wie Börsengebühren, Vermittlerprovisionen, Sicherheiten, bilanzielle, steuerliche Gesichtspunkte, Kontraktmerkmale, Börsengepflogenheiten etc. im Einzelnen zu behandeln. Die Leserinnen und Leser fahren besser, wenn sie sich über diese Aspekte nach dem jeweils aktuellsten Stand sorgfältig von den Options- und Futures-Spezialisten seriöser Institutionen der Kreditwirtschaft aufklären lassen, die in der Regel gerne Informationsmaterial hierüber bereitstellen.
Inwiefern ist denn das Spiel schlechter als irgendeine Art Geldgewinn, |
Mark Twain war der Auffassung, dass der Oktober einer der gefährlichsten Monate für Aktienspekulationen sei. Die anderen Monate, in denen der Aktienspekulant hohen Risiken ausgesetzt ist, seien Juli, Januar, April, September, November, Mai, März, Juni, Dezember, August und Februar.
Die Zeiten haben sich geändert, seit Mark Twain, wohl um die Jahrhundertwende, seine Strategie des Risikomanagements ganz im Sinne der obigen Einschätzung wie folgt formulierte: „Es gibt zwei Situationen im Leben, in denen man seine Finger von Spekulationsgeschäften lassen sollte: Wenn man sich’s nicht leisten kann und wenn man sich’s leisten kann.“
Die Zeiten haben sich insofern geändert, als heutzutage durch die Entwicklung neuer Anlagetypen – insbesondere derjenigen, die den Gegenstand dieses Buches bilden – Optionen und Financial Futures – eine weitgehende Begrenzung von Verlustrisiken möglich geworden ist.
Bevor die Methoden, Techniken und Produkte, die die modernen Finanzmärkte zu diesem Zwecke anbieten, im Einzelnen dargestellt werden, ist es nützlich, darauf einzugehen, wozu es Aktien und andere Anlageformen überhaupt gibt, welcher Art die mit ihnen verbundenen Risiken sind, und ob und wie die Privatperson, die Geschäftsfrau, der Geschäftsmann, das mittlere Unternehmen, das Großunternehmen und die Gesellschaft als Ganzes von ihnen profitieren können.
Zuallererst aber ist es wichtig, die unterschiedlichen Bedeutungen, die dem Begriff der Spekulation zugewiesen werden, klar auseinanderzuhalten.
Meistens verbinden wir, wie Mark Twain das zweifellos tat, mit dem Ausdruck „Spekulation“ die Vorstellung von mutwilliger Risikoübernahme. Bei dem Wort denken wir an das Hazard, an das Glücksrittertum der Kasinos, wobei auf eine geringe Gewinnchance hin mitunter große Beträge im wahrsten Sinne des Wortes „aufs Spiel gesetzt“ werden; vielleicht denken wir auch an eine übermütig eingegangene Wette, an den Nervenkitzel von allerlei Glückspielen oder gar an das Verhängnis der Spielsucht, dessen absurde Tragik Dostojewski in seinem Roman „Der Spieler“ aus den Abgründen seiner eigenen Erfahrung nachzeichnet. Kurzum, gemeint ist meist die unvernünftige, durch nichts erzwungene Gefährdung von Werten (meistens in Form von Geld) in der leichtsinnigen Hoffnung auf deren dramatische Vermehrung.
Neben dem Mißverhältnis von Gewinnaussichten und Einsatz („Alles auf eine Karte setzen“) nimmt diese landläufige Bedeutung des Ausdrucks auch noch die Komponente der Willkür in sich auf: Das Spielkasino ist eine Fabrik, in der Risiken erzeugt werden, die nicht bereits bestehen und denen sich niemand auszusetzen haben würde, wenn nicht der Mutwille die Spieler dazu triebe.
Demgegenüber bezeichnet der Spekulationsbegriff der Finanzwelt geradezu das Gegenteil: Die Übernahme von volkswirtschaftlich gegebenen Risiken. In diesem Sinne sind Äußerungen wie „Spekulanten sind wichtig für den Markt“ oder „Ohne Spekulation keine Absicherungsgeschäfte“ zu verstehen. Hinter solchen Aussagen verbirgt sich die Erkenntnis, dass, wie überhaupt im Leben, auch in der Wirtschaft ein gewisser Risiko-Bestand unvermeidlich anfällt und so verwaltet werden sollte, dass von ihm der geringste Schaden ausgeht. Zur Erreichung dieses Ziels sind Mechanismen von großem Wert, die es ermöglichen, Risiken so unter den Menschen zu verteilen, dass zu jedem Zeitpunkt diejenigen, die sie am ehesten zu tragen vermögen, dies für eine angemessene Gegenleistung tun können. Finanzmärkte sind solche Mechanismen.
Wenn Finanzmärkte gut funktionieren, erlauben sie Risikoabgebern zu einem passablen Preis, Risiken auf diejenige abzuwälzen, die dazu am besten geeignet, bereit und in der Lage sind.
BEISPIEL:
Zwei sehr fähige Informatik-Studentinnen möchten nach soeben abgeschlossenem Studium ihre Fertigkeiten als freie Unternehmerinnen umsetzen. Sie sind sich, wie man so sagt, zu 80 % sicher, dass das Projekt, welches ihnen vorschwebt, ein kommerzieller Erfolg werden wird – d. h. schon bald weit mehr als die mit ihm verbundenen laufenden und Investitionskosten in Höhe von, nehmen wir an, zehn Millionen € erwirtschaften wird. Das Risiko ist den Jungunternehmerinnen in spe dennoch zu hoch, weil im Falle eines Scheiterns untilgbare Schulden in Höhe von zehn Millionen € für sie der existenziellen Vernichtung gleichkämen.
Trotzdem besteht für die Informatikerinnen kein Grund zu resignieren. Anderen Zeitgenossen mag der Sachverhalt nämlich in einem ganz anderen Licht erscheinen. Für sie mögen zehn Millionen eine Kleinigkeit sein – Spielgeld, so wie für Otto Normalverbraucher die 5 € Lotto-Einsatz: Geld also, oder Risikokapital, wie es die Finanziers nennen, dessen Verlust man ohne weiteres verkraften kann. Außerdem könnte es sein, dass gerade der Geschäftssektor, in dem sich die jungen Informatikerinnen betätigen wollen, erfahrungsgemäß floriert, wenn ein anderer Geschäftssektor, in dem ein potentieller Kapitalgeber bereits Geld angelegt hat, in Schwierigkeiten ist, und umgekehrt. Eine Investition in das Projekt der Informatikerinnen verspräche, so gesehen, eine Stabilisierung des Gesamtertrags, denn wenn die Erfahrungswerte verlässlich sind, dann wird die schwache Leistung des einen Projekts jeweils von einer umso stärkeren des anderen ausgeglichen, so dass immer ein vielleicht bescheidenerer, dafür aber sicherer Gewinn zu erwarten ist. Denn demgegenüber könnte die Konzentration des zur Investition zur Verfügung stehenden Geldes auf nur eines der beiden, statt auf beide Projekte, zwar günstigenfalls einen höheren Ertrag einbringen, schlimmstenfalls aber auch zu einem wesentlich deutlicheren Verlust führen. Die Verteilung einer bestimmten Investitionssumme auf mehr als eine Anlage begründet – sehr wichtiger Begriff – ein sogenanntes Portefeuille.
Schließlich mag sich der Investor sagen: Ich sehe die Chancen des Projekts wie die Informatikerinnen selbst und meine absehen zu können, dass eine hohe Rendite (= auf ein Jahr oder einen anderen Zeitraum bezogener Zinsbetrag, ausgedrückt als Prozentsatz des angelegten Kapitals) viel wahrscheinlicher ist als eine niedrige oder gar eine negative (= mehr Geld investiert als zurückerhalten), und dass von allen gleichermaßen riskanten Investitionsmöglichkeiten diese bei weitem den besten wahrscheinlichen Ertrag (= Rendite) verspricht. Man sieht: Was für den einen machbar, attraktiv und durchaus seriös ist, kann für den anderen Spekulation im schlechtesten Sinne des Wortes sein.
Aufgrund ihrer unterschiedlichen Lebenslage, Vermögensstruktur, Risikotoleranz und vielfältigen sonstigen Umstände haben Teilnehmer am Wirtschaftsleben oft einander ergänzende Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten. Es ist Aufgabe der Finanzmärkte, diese Menschen auf effiziente und kostengünstige Weise zusammenzubringen, so dass die Ersparnisse/Gelder einer Gruppe (Investoren) anderen Gruppen (Kapitalnehmern) zur Finanzierung von Vorhaben zugänglich gemacht werden. Dabei ist es von großem volkswirtschaftlichem Nutzen, wenn diese Vermittlungswirkung der Finanzmärkte dafür sorgt, dass investibles Kapital nicht brachliegt und zur Leistungserstellung bereitstehende Menschen und Ressourcen nicht wegen unzureichender Finanzierung unproduktiv bleiben müssen.
Für die Bereitstellung ihres Kapitals erhalten Investoren sogenannte Effekten oder Wertpapiere. Es handelt sich dabei in aller Regel um Dokumente, die ein Recht auf Eigentum und/oder Teilhabe an künftigen Gewinnen des finanzierten Unternehmens verbriefen. Wertpapiere teilen sich in zwei Großkategorien auf, nämlich Schuld- und Forderungstitel zum einen und Beteiligungstitel zum anderen.
Schuldtitel beinhalten das Versprechen, zu festgesetzten Terminen Zinszahlungen zu leisten und den geliehenen Betrag zu einem bestimmten Zeitpunkt (oder innerhalb eines Zeitraums) zurückzuzahlen.
Aktien repräsentieren einen Anspruch auf Einflussnahme aufgrund von Mitsprache- und Mitwirkungsrechten an der Unternehmensführung.
In der Regel machen Aktionäre ihren Einfluss in der Wahl des Aufsichtsrates geltend (Stimmberechtigung). Der Aufsichtsrat setzt die Absichten und Interessen der Aktieninhaber auf dem Wege der Kontrolle und Einsetzung eines geeigneten Top-Managements durch. Das Top-Management ist zuständig für das konkrete Tagesgeschäft.
Außerdem verbindet sich mit dem Besitz von Aktien ein Anspruch auf die Vermögenswerte, welche nach Abgeltung sämtlicher Gläubigerforderungen, die sich wiederum aus der Finanzierung durch Schuldtitel ergeben, noch als Eigentum des Unternehmens verblieben sind. Des Weiteren ist damit die Teilhabe an den Gewinnen des Unternehmens auf dem Wege von Dividenden-Ausschüttungen sowie durch Wertsteigerung der Aktie verbunden. Typischer Anlass für einen Beteiligungsfinanzierungsvorgang ist die Unternehmensgründung oder -vergrößerung.
So könnten unsere Informatik-Studentinnen durch Ausgabe von Aktien den Markt für Beteiligungskapital zur Freisetzung ihrer volkswirtschaftlichen Leistungskraft in Anspruch nehmen.
Das Risiko solcher Unternehmungen, wie sie unsere Informatik-Studentinnen gründen könnten, liegt bei den sogenannten Gesellschaftern, den Käufern der Aktien. Diese stellen heute Gelder bereit, weil sie die Wahrscheinlichkeit für ausreichend hoch halten, dass ihnen in der Zukunft genügend zurückfließen wird, um den zunächst geübten Nutzenverzicht und das eingegangene Risiko eines teilweisen oder gänzlichen Kapitalverlustes zu rechtfertigen. Im Folgenden sollen die zwei Faktoren – Nutzenverzicht und Risiko –, die den Preis von Kapital wesentlich bestimmen, genauer beleuchtet werden.
Wer Geld abtritt an andere, kann mit diesem Geld für den Zeitraum des Ausleihens keinen Konsum finanzieren oder sonstigen unmittelbaren Nutzen aus diesem Teil seines Vermögens ziehen. Er verzichtet auf Konsum (z. B. eine schöne Reise) oder sonstigen Nutzen (z. B. Wiederanlage in ein neues, aussichtsreicheres Projekt). Bei der Erfassung dieser Nachteile begegnen einem zwei sehr wichtige und in diesem Buch stets wiederkehrende Begriffe: Opportunitätskosten und Liquidität.
Die Auswirkungen einer zeitweisen Bindung von Geld in einer Investition müssen auch daraufhin untersucht werden, ob nicht sogenannte Opportunitätskosten entstehen. Ein Sparer, dessen Geld sich seit fünf Jahren auf seinem Sparkonto zu zwei Prozent pro anno verzinst, hat jährliche Opportunitätskosten in Höhe von drei Prozent, wenn es ihm über den gleichen Zeitraum möglich gewesen wäre, durch eine andere Investition fünf Prozent für sein Geld zu erhalten.
Opportunitätskosten sind demnach nichts anderes als entgangene Einkünfte, weil man nicht die günstigste Investition getätigt hat.
Unter der Liquidität eines Vermögenswertes ist dessen Eignung als Zahlungsmittel, d. h. die Leichtigkeit und Geschwindigkeit, mit der er in (Bar-) Geld zu verwandeln ist, zu verstehen.
Der Prozess des Geldverleihens und der Geldaufnahme kann aufgefasst werden als ein Handel in Liquidität, d. h. als ein Tauschgeschäft, bei dem ein liquider Wert, wie z. B. Geld, gegen einen weniger liquiden (z. B. Festgeld, das auf einige Monate oder gar Jahre blockiert ist, oder einen Bausparvertrag) für eine entsprechende Kompensation abgetreten wird.
Ein liquider Vermögenswert zeichnet sich demnach dadurch aus, dass er problemlos zu (barem) Geld gemacht werden kann, so dass die in ihm liegende Kaufkraft möglichst ohne Verzögerung genutzt werden kann.
Ein Gemälde, für das die Besitzerin zwei Jahre nach einem Käufer suchen muss, um einen angemessenen Veräußerungspreis zu erzielen, ist daher als illiquide zu bezeichnen. Wie wertvoll die Eigenschaft der umgehenden Liquidierbarkeit einer Investition ist, wird einem bewusst, wenn man bedenkt, dass die Lebensumstände eines Investors und die zur Wahl stehenden Investitionsmöglichkeiten im Laufe der Zeit sich ständig ändern können. Ein Anleger mag krank werden, eine sehr günstige Alternativinvestition entdecken (Opportunitätskosten!), einer Frau mit überaus „einnehmendem“ Wesen verfallen oder aus sonstigen Gründen meinen, den Wert seines Vermögens dringend realisieren zu müssen.
Aus einer Auswahl von verschiedenen Anlageformen ist demnach vernünftigerweise diejenige zu wählen, die, ceteris paribus, am liquidesten ist.
BEISPIEL:
„Ceteris paribus“ ist eine lateinische Phrase, in die sich die Ökonomen verliebt haben, nachdem sie entdeckten, dass sie ihnen das Leben um einiges leichter machen kann. Der Ausdruck besagt soviel wie: Es sei vorausgesetzt, dass alles andere – außer den angesprochenen Größen – gleich bleibt.
Die vermeintliche Tatsache, dass Ökonomen das Spiel mit Annahmen und Voraussetzungen mitunter etwas übertreiben, persifliert folgender Insiderwitz, auf den im Verlaufe des Buches noch Bezug zu nehmen sein wird:
Ein Physiker, ein Ingenieur und ein Ökonom erleiden Schiffbruch. Sie retten sich und einige Dosen Proviant auf eine einsame Insel. Ein Dosenöffner fehlt. Der Physiker macht sich sofort daran, komplizierte Formeln zu entwickeln, anhand derer der Punkt der zylindrischen Dosenstruktur ermittelt werden kann, an dem die Ausübung von Druck am effektivsten ist. Der Ingenieur sucht indes nach einem Gegenstand, der geeignet wäre, die Dosen aufzubrechen. Schließlich schaltet sich der Ökonom mit seinem Lösungsvorschlag ein und verkündet mit verklärtem Gesichtsausdruck: „Nehmen wir doch einmal an, es befände sich ein Dosenöffner in unserem Besitz . . .“