Sigrid Engelbrecht

Das Anti-Burnout-Buch für Mütter

Impressum

© KREUZ VERLAG
in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2012
Alle Rechte vorbehalten
www.kreuz-verlag.de

Umschlaggestaltung: [rincón]2 medien gmbh, Köln
Umschlagmotiv: / © Getty Images/Richard Boll

ISBN (E-Book): 978 - 3 - 451 - 34651 - 4
ISBN (Buch): 978 - 3 - 451 - 61122 - 3

Inhaltsübersicht

Vorwort

Einführung

Spagat zwischen Kindern und Karriere: Mütter heute

Jede fünfte Mutter ist Burnout-gefährdet

Familienfreundliche Unternehmen – noch immer ein Mythos?

Mehrfach belastet: Alleinerziehende

Sind Sie Burnout-gefährdet?

Burnout – was ist das eigentlich genau?

Selbsttest: Vorübergehendes Tief oder Burnout?

Teil 1: Ursachen

Stress von außen

Überforderung durch Planungszwänge

Sich verschärfende Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt

Risiken der Teilzeitarbeit

Energiefresser Hausarbeit

Der Fluch der Unterbrechung

Fehlende Wertschätzung

Überzogene Erwartungen: Von der Supermutter zur Superalleskönnerin

Schule: Stress bei Müttern und Stress bei Kindern

Kinder, die nicht flügge werden

Mutter und Tochter zugleich sein

Stress-Check: Stressoren von außen

Stress von innen

Ansprüche an sich selbst als Mutter

Herzeigbare Kinder haben

Mütterwettbewerb: das schönste, klügste, beste Kind

Ringen um Anerkennung

Zurückstellen eigener Bedürfnisse zugunsten der Kinder

Zankapfel Haushaltspflichten

Überverantwortlichkeit: einmal Mutter, immer Mutter

Stress-Check: Stressoren von innen

Faktoren, die die Erschöpfung beschleunigen

Uneingestandene Gefühle

Unvermögen, Grenzen zu setzen

Fehlende Ansprechpartner für eigene Nöte

Kein Job, der erfüllt und Freude macht

Keine persönlichen Freiräume haben

Warnzeichen für Erschöpfung übergehen

Stress-Check: Burnout-Beschleuniger

Teil 2: Impulse zum Gegensteuern

Impuls 1: Bestandsaufnahme

Impuls 2: Schach dem Super-Mutter-Syndrom

Impuls 3: Loslassen überzogener Ansprüche an sich selbst

Impuls 4: Wertschätzung für sich selbst

Impuls 5: Grenzen setzen

Impuls 6: Sich Unterstützung suchen

Impuls 7: Orientierung an Lebensfreude: Was sind meine Kraftquellen?

Der persönliche Veränderungsplan

Nützliche Adressen und Links

Weiterführende Literatur

Wegweiser zu den Übungen und Selbst-Checks

Vorwort

»Irgendwie wächst mir alles über den Kopf«, »In der letzten Zeit habe ich zu nichts richtig Lust, muss mich fast schon zu jedem Handgriff zwingen.«, »Diese dauernde Müdigkeit – manchmal könnte ich im Stehen schlafen.« Zustände wie diese kennen wir alle in Situationen, in denen wir uns beruflich oder privat überlastet fühlen. Situationen, in denen wir alles andere als gelassen sind, sondern hektisch oder gereizt auf alles reagieren, was an uns herangetragen wird. Situationen, in denen der Zeitdruck überhandnimmt und wir uns von allem und jedem nur noch genervt fühlen. Immer mal wieder gibt es solche Phasen im Leben, wo die Vielfalt dessen, das es zu bewältigen gilt, überbordet oder wir plötzlich sehr viel Neues lernen müssen – nach der Geburt des ersten Kindes beispielsweise oder wenn wir im Job einen neuem Aufgabenbereich übernehmen und dementsprechend gefordert werden. Sobald wir das Gefühl haben, die neue Situation in den Griff zu bekommen, weichen diese inneren Alarmzeichen und wir fühlen uns wieder gesund und tatkräftig.

Doch wenn Müdigkeit, Lustlosigkeit und das Gefühl der Überforderung zu Dauergästen werden, sollten wir das ernst nehmen, denn dies können auch Indizien für einen Burnout – für eine chronische Erschöpfung – sein. Auch Schlafstörungen, häufige Kopf- und Rückenschmerzen oder immer wieder auftretende Magen-Darm-Beschwerden weisen darauf hin, dass wir aus dem Gleichgewicht geraten sind. Und wenn eine Erkältung gleich in die nächste überzugehen scheint, ist dies ein Warnzeichen, dass unsere Abwehrkräfte geschwächt sind – eine häufige Folge von Dauerstress. Hier gilt es, frühzeitig gegenzusteuern.

»Ginger Rogers hat alles gemacht, was Fred Astaire machte. Aber sie tat es rückwärts und auf Stöckelschuhen.« Dieses Zitat von Cheryl Benard ist eine treffende Metapher für die Situation berufstätiger Mütter: Wir tun alles, was Kinderlose und was mit einer Hausfrau verheiratete Männer auch machen und haben jenseits des Jobs noch ein zweites Leben zu meistern, in dem es ebenfalls darum geht, den Erfordernissen und der eigenen Verantwortlichkeit so gut wie irgend möglich gerecht zu werden. Desto wichtiger ist es, sich die eigenen Kräfte gut einzuteilen.

Arbeiten bis zum Umfallen ist keine Lösung, das wissen Sie – doch vielleicht fehlt es noch an geeigneten Strategien, Verantwortung auf mehr Schultern zu verteilen, oder Sie haben es mit inneren Antreibern wie »Sei perfekt«, »Streng dich an« oder »Mach’s allen recht« zu tun, die Sie immer wieder dazu verleiten, Ihre Grenzen zu ignorieren. Dem auf die Spur zu kommen lohnt sich. Es hilft dabei, aus ungesunden Denk- und Verhaltensmustern auszusteigen und Schritt für Schritt sorgsamer mit sich selbst und den eigenen Kräften umzugehen.

Dieser Ratgeber regt Sie dazu an, in Ihrem Alltag wieder mehr Freude, Ruhe und Entspannung zu erleben – auch und gerade, wenn Sie vor der Mammutaufgabe stehen, Beruf, Kinder, Partnerschaft und Haushalt miteinander in Einklang zu bringen. Tatkräftig sein, ohne dabei selbst auf der Strecke zu bleiben, genau darum geht es.

 

Ihre Sigrid Engelbrecht

Einführung

Spagat zwischen Kindern und Karriere: Mütter heute

Job, Partnerschaft, Kinder und Haushalt unter einen Hut zu bringen ist eine Herausforderung, die sich täglich von Neuem stellt. Es bedeutet Stress pur, und das meist nicht nur in Ausnahmefällen, sondern Tag für Tag aufs Neue. Gerade bei jungen Müttern liegen häufig die Nerven blank. Die neuen Anforderungen treiben den Stresspegel allzuoft nach oben.

Fachleute bezeichnen Stress schon seit Längerem als »neue Volkskrankheit«, und auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betrachtet Stress als »eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts«. Man ist sich weitgehend einig, dass seelischer Druck für ca. 70 Prozent aller Krankheiten mitverantwortlich ist. Das dürfte niemanden sonderlich erstaunen, denn schließlich sind viele Menschen – auch und gerade Mütter – mehr denn je fast rund um die Uhr mit dem Job und der Organisation des Alltags beschäftigt, wo Reizüberflutung und Hektik mittlerweile die Regel sind. All die tausend Dinge, die ständig zu bedenken und zu tun sind. All die Anforderungen, die erfüllt werden sollen. Bis irgendwann Körper und Psyche nicht mehr mitmachen. Vielen fällt es schwer, nach getaner Arbeit richtig abzuschalten, innezuhalten und Abstand zu finden.

Krankschreibungen geschehen zunehmend auch aufgrund von psychischen Störungen, und diese sind letztlich meist auf ein Zuviel an Stress zurückzuführen. Dieses Leben im Standby-Modus macht krank. Neuere Studien belegen, dass chronischer Stress den Hippocampus buchstäblich schrumpfen lässt. Das ist der Teil unseres Gehirns, der wichtig ist für die Informationsverarbeitung und das Gedächtnis. Wir können uns dann nicht mehr konzentrieren, machen vermehrt Fehler und werden vergesslich. Die Gefahr für Gehirn, Psyche und Körper erhöht sich umso mehr, wenn der Stress sich in alle Lebensbereiche hineinfrisst, wir also andauernd unter Druck stehen und uns nirgends Rückzugsfelder für Ruhe und Entspannung bleiben.

Grund genug, um uns klar darüber zu werden, wie Stress auf uns wirkt und wie wir ihm anders begegnen können als bisher.

Auf Stress reagieren wir alle unterschiedlich. Was für die eine belebende Spannung ist, kann für die andere schon eine krankmachende Überforderung sein, je nachdem, wo unsere persönlichen Talente und Fähigkeiten und wo unsere Schwächen angesiedelt sind. Stress an sich ist nichts Schlechtes. Mit kurzfristigen Stressmomenten kommen wir normalerweise gut zurecht, sie sind sozusagen das Salz in der Suppe. Wir können unter Stress viel Energie für die Bewältigung unserer Aufgaben mobilisieren.

Eine versalzene Suppe bekommt uns jedoch nicht. Für Dauerbeanspruchung und permanente Überlastung ist unser Organismus nicht gemacht. Dies mag eine Weile gut gehen, doch irgendwann greifen gängige Kompensationsversuche wie Fernsehen, Shopping, das Gläschen Rotwein am Abend oder einer Freundin das Herz ausschütten nicht mehr. Wer sich über einen längeren Zeitraum hinweg verausgabt, zu wenig schläft und kaum für echte Arbeitspausen und körperlichen Ausgleich sorgt, ist irgendwann einfach am Ende mit seinen Kräften.

Frauen und Männer reagieren unterschiedlich auf Stress. Einer Studie der Universität Michigan zufolge haben Frauen nicht nur ein stärkeres Stressempfinden als Männer – sie tendieren in der Reaktion auf alltagstypische Stressoren wie Termindruck, Ärger und Konflikte auch eher zu psychischen Symptomen. Die Stressfolgen bei Männern zeigen sich dabei deutlicher in Herz- und Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck und Übergewicht, bis hin zu Infarkt oder Schlaganfall. Häufiger bei Frauen zu finden sind Migräne, Neurodermitis, Angstzustände und auch Depressionen. Über zehn Prozent aller Krankenstände bei Frauen haben psychische Ursachen.

Wissenschaftler vertreten schon seit Längerem die These, dass die Mehrfachbelastung und die daraus entstehenden Rollenkonflikte einen großen Teil zu den psychosomatischen Problemen beisteuern, mit denen insbesondere Frauen besonders zu kämpfen haben.

Doch was sind Stressfaktoren, die Frauen – und insbesondere Müttern – psychisch so zu schaffen machen, dass sie sich irgendwann in einem Zustand chronischer Erschöpfung, dem Burnout, wiederfinden?

Wenn in den Medien von Burnout die Rede ist, bezieht sich das meist auf berufliche Überforderung, von Familienarbeit ist dabei nur selten die Rede. Als würde sich hier alles von selbst irgendwie regeln. Erst runde zehn Jahre ist es her, dass das Unwort Erziehungs»urlaub« durch den Begriff »Elternzeit« abgelöst wurde. Inzwischen ist es wohl auch beim Allerletzten angekommen, dass Pflege und Betreuung eines neugeborenen Babys herzlich wenig mit Urlaub zu tun haben, sondern dass diese Aufgabe weit mehr Energie, Konzentration, Koordination, Management und Verantwortung erfordert als die Leitung einer Lebensmittelabteilung oder einer Bankfiliale.

Doch es gibt noch weitere, schwer auszurottende Vorurteile, mit denen sich berufstätige Mütter konfrontiert sehen. Wenn eine Frau »nur« einen Halbzeitjob hat, so eine gängige Vorstellung, dann müssten Erwerbs- und Hausarbeit doch mit links zu vereinbaren sein, oder? Allen, die dieser Meinung sind, ist anzuraten, einmal vier Wochen mit Teilzeitjob und kleinen Kindern auf die Reihe zu kriegen und erst dann den Mund wieder aufzumachen. Und auch der Begriff »Rabenmutter« ist ungemein zählebig. Mütter, die nach der Geburt ihres Kindes wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren, müssen sich viele Fragen gefallen lassen. Ob ihnen ihr Kind denn so gar nicht fehlt? Ob sie auch genügend Zeit haben für die Förderung ihres Kindes, die Krabbelgruppe, das Baby-Schwimmen oder den Mini-Club 

Mütter sind immer im Dienst. Dies gilt für die Mütter von Babys ebenso wie für die Mütter von Schulkindern. Die Herausforderungen ändern sich, wenn ein Kind aus dem Gröbsten heraus ist, doch weniger werden sie dadurch keineswegs. Die Organisation des ganz normalen Alltags kann Stress pur sein. Oft ist es ein pausenloser Hürdenlauf durch den Tag: Frühstück machen, Kinder zur Kita bringen, dann zum Job, sich dort beweisen und allen Anforderungen gerecht werden, Kinder abholen, einkaufen, kochen, sich um größere und kleinere häusliche Sorgen kümmern, ein offenes Ohr haben für Sorgen, Kummer und Wehwehchen, dazwischen Hausarbeit, Reparaturen, Behördengänge usw. usw. Da ist ein 14-Stunden-Tag oft nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel.

Nicht von ungefähr ist inzwischen von der »Familienmanagerin« die Rede, denn die Aufgaben einer berufstätigen Mutter sind mindestens ebenso vielfältig wie jene, die im Management anfallen, und der Zeitdruck, unter dem sie steht, kann mit dem eines Angestellten in einer Führungsposition locker mithalten. Hinzu kommen die häufig fehlende Unterstützung durch den Partner und durch die Kollegen sowie die mangelnde gesellschaftliche Wertschätzung der Mehrfachbelastung. Für Mütter geht es vielfach darum, sich selbst und ihrem Umfeld zu beweisen, dass sie genauso leistungsfähig und auch bereit sind, den gleichen Einsatz zu bringen, wie Frauen und Männer ohne Kinder (»… rückwärts und mit Stöckelschuhen …«).

Dieser Anspruch erzeugt natürlich auch immensen inneren Druck. Beruflich ebenso erfolgreich und belastbar zu sein wie vor der Mutterschaft, den Kindern eine liebevolle und aufmerksame Mutter sein, dem Mann eine attraktive und aufgeschlossene Partnerin bleiben und nebenbei den Haushalt stemmen, all das entpuppt sich oft genug als Illusion, denn dazu müsste der Tag wohl doppelt so viele Stunden haben.

Jede fünfte Mutter ist Burnout-gefährdet

Damit ist klar, dass Burnout nicht nur ein Problem für Manager, Lehrer, Sozialarbeiter, Pflegekräfte, Sportler, Ärzte und Polizisten ist. Die chronische Erschöpfung ist längst in den Familien angekommen. Burnout ist zum Problem der ganzen Gesellschaft geworden. Wie mittlerweile auch wissenschaftliche Studien belegen, trifft Burnout häufig berufstätige Frauen mit Kindern. Man schätzt, dass jede fünfte Mutter Burnout-gefährdet ist.

Oftmals kommen zum alltäglich zu leistenden Kraftakt noch zusätzliche Herausforderungen: Ein Kind wird krank, die eigenen Eltern immer hilfsbedürftiger, im Job fallen zwei Kollegen aus und die Arbeit wird auf wenigen Schultern verteilt, die dann mehr zu tragen haben usw. Mütter stehen meist unter enormen Zeitdruck. Die Hektik wird dadurch verschärft, dass sie sich ständig im raschen Wechsel um die verschiedensten Belange kümmern müssen. Diese vielfältigen Belange machen Erholung vom Alltag schwer. Unter Alltag verstehen wir ja normalerweise alle Werktage außer den Wochenenden, den Feiertagen und der Urlaubszeit. Dann ist Freizeit, Vergnügen und Entspannung angesagt. Doch für Familienmanagerinnen fallen diese Erholungsphasen meist aus. Nicht nur, dass die Gedanken um das Wohl der Lieben sich nicht per Knopfdruck einfach abschalten lassen: Als Hauptansprechpartnerin für Sorgen und Probleme der Kinder und oft auch für die des Partners ist eine Mutter immer im Dienst. Das lässt sich eine Zeit lang stemmen, doch auf Dauer geht es an die Substanz. Mit leisen Schritten macht sich die Lebensfreude davon und die Erschöpfung hält Einzug. Die permanente Mehrfachbelastung durch Beruf, Hausarbeit und Kindererziehung zehrt und zerrt an der Psyche und an der Gesundheit.

Familienfreundliche Unternehmen – noch immer ein Mythos?

Kinder und Karriere passen in Deutschland nach wie vor schlecht zusammen. Zwar wird landauf, landab das hohe Lied der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesungen, doch in der Realität sieht das meist anders aus. Die vielfältigen Anforderungen an Mütter werden, allen familienpolitischen Reformen zum Trotz, von vielen Arbeitgebern noch immer nicht angemessen mitgedacht. Die meisten haben sich längst noch nicht auf die Bedürfnisse gut qualifizierter Mitarbeiterinnen eingestellt. Zwang zur Flexibilität, Schichtarbeit, Überstunden und Arbeit an den Wochenenden erschweren trotz aller Verlautbarungen zur Familienfreundlichkeit in Unternehmen eine tatsächliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie massiv.

Obgleich mittlerweile ca. zwei Drittel aller Mütter mit minderjährigen Kindern berufstätig sind, fehlt es an familienfreundlichen Arbeitszeiten und in der Kita-Landschaft klaffen noch immer große Lücken. Dies wird vor allem wieder Alleinerziehenden zum Fallstrick. Zwei Drittel aller alleinerziehenden Mütter würden gerne ihre berufliche Situation verbessern bzw. würden gerne überhaupt erwerbstätig sein, um ein existenzsicherndes Familieneinkommen zu erwirtschaften. Sie scheitern jedoch an den Rahmenbedingungen: fehlende Angebote an flexiblen und Teilzeit-Arbeitsplätzen, befristete Arbeitsverträge, geringe Akzeptanz des Arbeitgebers für die Situation von Müttern und die zu geringe Anzahl an Kitaplätzen – insbesondere für kleine Kinder und bei der Ganztagesbetreuung.

Vor allem die fehlende Krippenplätze werden für Mütter, die nach der Elternzeit wieder in ihren Beruf einsteigen möchten, zum Bremsklotz für die Karriere. Häufig können sie im Job nicht dort anknüpfen, wo sie vor der Geburt des Kindes gestanden hatten. Ein Wiedereinstieg nach längerer Zeit bedeutet für mehr als vier Fünftel aller Mütter, sich mit einem Teilzeitjob mit geringerem Verantwortungsbereich und niedrigerem Gehalt zu arrangieren. Darin wird auch einer der Gründe gesehen, weshalb beispielsweise Akademikerinnen schon seit Längerem weniger bereit sind, Mutter zu werden.

Mehrfach belastet: Alleinerziehende

Etwa jedes vierte Kind wächst nicht mehr in einer klassischen Vater-Mutter-Kind-Familie, sondern mit nur einem Elternteil heran. Dabei sind Alleinerziehende keine homogene Gruppe, denn es gibt ja sehr unterschiedliche Gründe dafür, Kinder ohne einen Partner aufzuziehen: ledig bleiben aus Überzeug, Trennung oder Scheidung, Tod des Ehe- oder Lebenspartners.

Neun von zehn Alleinerziehenden sind Frauen, das sind insgesamt über zwei Millionen Mütter. Sie müssen den Spagat zwischen Kindererziehung und dem Erwirtschaften eines existenzsichernden Einkommens gänzlich aus eigener Kraft zuwege bringen.

Viele Alleinerziehende, vor allem Mütter von Kindern unter drei Jahren, leben dabei in äußerst bescheidenen Verhältnissen, wo jeder Euro zweimal umgedreht werden muss. Etliche bewegen sich an oder unterhalb der Armutsgrenze. Finanzielle Probleme sind ein zusätzlicher Stressfaktor, der auf die Seele drückt. Obgleich Alleinerziehende in besonderem Maße auf einen existenzsichernden Job angewiesen sind, betrifft die Arbeitslosigkeit und die geringfügige Beschäftigung diese Gruppe mit am stärksten. Auch gut ausgebildete Frauen mit Kind müssen oft lange suchen oder sich mit zeitlich befristeten Jobs begnügen, die ihrer Qualifikation nicht gerecht werden.

Obwohl Alleinerziehen mehr und mehr zu einer akzeptierten Lebensform geworden ist, haben Ein-Eltern-Familien noch immer mit vielen Nachteilen in der Gesetzgebung, dem Steuerrecht und der Sozialplanung zu kämpfen. Besonders für Alleinerziehende ist eine sichere und zuverlässige Kinderbetreuung der Dreh- und Angelpunkt für alle Aktivitäten, seien es Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote, der Wiedereinstieg in den Beruf oder auch die Möglichkeit, sich zu erholen und zu entspannen. Auch wenn der Sprung aus der Armutsfalle geglückt ist und die Sicherheit eines guten Jobs und geregelten Einkommens der alleinerziehenden Mutter den Rücken stärkt, ist und bleibt ihre Lage alles andere als einfach. Was macht sie, wenn ein Kind krank wird oder einen Unfall hat, wenn schulische Probleme auftauchen oder die einsetzende Pubertät eines Kindes sie vor ganz neue Herausforderungen stellt? Als Haushaltsvorstand muss sie sich trotzdem im Beruf bewähren und die gewohnte Leistung bringen, will sie nicht mit ihrer Familie in die Arbeitslosigkeit abrutschen.

Der Alltag von Müttern heißt oft: sich hier kümmern, sich da kümmern, sich dort kümmern. Dies gleicht einem Jonglieren mit verschiedenen Tellern. Fällt einer herunter, gibt es einen Scherbenhaufen. Erstaunlich eigentlich, dass sich – Geburtenrückgang hin oder her – trotz noch immer unzureichender Rahmenbedingungen über drei Viertel aller Frauen dafür entscheidet, Mutter zu werden, oder?