Anmerkungen

 1 S. Freud (1909), Erste Vorlesung »Über Psychoanalyse«, GW Bd. VIII, London 1943, S. 5

 2 S. Freud (1909), Erste Vorlesung »Über Psychoanalyse«, GW Bd. VIII, London 1943, S. 12

 3 Albrecht Hirschmüller, Physiologie und Psychoanalyse im Leben und Werk Josef Breuers, Bern 1978

 4 E. Jones, a. a.O., Bd. I., S. 267. Jones sagt auch, in späteren Äußerungen habe Breuer Anna O. den Tod gewünscht, »damit die Arme von ihrem Leiden erlöst werde« (S. 268). Breuers Brief an Auguste Forel vom 21. November 1907 fasst die Übertragungsverstrickung bei schweren narzisstischen Störungen zusammen: »So habe ich damals viel gelernt … aber auch, dass es für den Arzt unmöglich ist, einen solchen Fall zu behandeln, ohne dass seine Praxis und sein Privatleben vollkommen ruiniert werden.« Ich halte es für naiv, wenn Analytiker in technischen Lehrtexten eine glatte Lösung solcher Fälle versprechen. Mir scheint eher, dass die typische berufliche Biografie sich derart gestaltet, dass der angehende Analytiker mindestens einmal in solche Verstrickungen gerät und ihnen künftig nicht so sehr durch verbesserte Technik als durch sorgfältigere Auswahl seiner Patienten entgeht.

 5 Gay, a.a.O., S. 746

 6 S. Freud (1895), Studien über Hysterie, GW Bd. I, S. 116

 7 Hypnotisierte sind keineswegs so »willenlos«, wie es Bühnenhypnose, aber auch wissenschaftliche Mythen darstellen. Es gibt eine illustrative Anekdote von der tief hypnotisierten Frau, die – vom Hypnotiseur aufgefordert, ihn zu küssen – diesem eine ebenso heftige wie verdiente Ohrfeige gibt.

 8 S. Freud (1925), »Selbstdarstellung«, GW Bd. XIV, S. 52

 9 S. Freud, GW Bd. XIV, S. 52

10  S. Freud, GW Bd. XIV, S. 52

11  Freud/Jung Briefwechsel, Frankfurt 1974, S. 13

12  S. Freud (1907), Der Wahn und die Träume in W. Jensens ›Gradiva‹, GW VII, S. 118

13 S. Freud (1913), Zur Einleitung der Behandlung, in: GW Bd. VIII, S. 454

14  Man kann die »Vorläufige Mitteilung« von Breuer und Freud in den »Studien über Hysterie« als Geburtsstunde bezeichnen; sie stammt aus dem Jahr 1893. Dort berichten die Autoren, »dass die einzelnen hysterischen Symptome sogleich und ohne Wiederkehr verschwanden, wenn es gelungen war, die Erinnerung an den veranlassenden Vorgang zu voller Helligkeit zu erwecken, damit auch den begleitenden Affekt wachzurufen, und wenn dann der Kranke den Vorgang in möglichst ausführlicher Weise schilderte und dem Affekt Worte gab.« (GW Bd. I, S. 85).

15 »Sie haben den sicheren Platz hinter der Couch aufgegeben und sich dem Klienten gegenüber gesetzt. Damit symbolisierten sie, dass sie die Macht gegenüber dem Klienten (die der Therapeut in der Psychoanalyse durch den nicht hinterfragbaren Deutungsanspruch erhält) ablehnten und den Klienten als Gleichberechtigten behandeln wollten.« Dieser Satz in einer programmatischen Darstellung der Gestalttherapie zeigt, wie billig der Fortschritt sein kann: Nicht die Rolle des bezahlten Experten, sondern die Anordnung der Möbel im Behandlungszimmer garantiert die Emanzipation. Aus den ausführlichen und durchdachten Überlegungen Freuds wird in dieser Karikatur eine reine Machtfrage.

16 Wenn im Folgenden meist von Patient und Analytiker gesprochen wird, sind beide Geschlechter gemeint; ausdrücklich sei darauf hingewiesen, dass diese Schreibweise aus sprachlichen Gründen gewählt wird, nicht um irgendeinem Geschlecht einen Vorrang zu geben, der obsolet wäre. Rein statistisch sind heute nicht nur die meisten Patienten, sondern auch die meisten Analytiker Frauen; der Rhythmus unserer Sprache hat sich jedoch noch nicht darauf eingestellt. Ich bin nicht überzeugt, dass Einsicht in die Gender-Problematik durch umständliche Sprachregelungen gewonnen oder vertieft wird; daher bitte ich meine Leserinnen und die fortschrittlichen Denker unter meinen Lesern um Verständnis, wenn ich sowohl das wenig ästhetische große I (Analytikerinnen) wie die ermüdende Aufzählung beider Geschlechter vermeide.

17 S. Freud (1913), Zur Einleitung der Behandlung, in: GW Bd. VIII, S. 468

18  S. Freud (1913), Zur Einleitung der Behandlung, in: GW Bd. VIII, S. 469

19  S. Freud (1913), Zur Einleitung der Behandlung, in: GW Bd. VIII, S.470

20  S. Freud (1913), Zur Einleitung der Behandlung, in: GW Bd. VIII, S. 377

21  S. Freud (1913), Zur Einleitung der Behandlung, in: GW Bd. VIII, S. 378

22   »Ich verbinde, Gott heilt.« Dieser Ausspruch stammt von dem französischen Wundarzt Ambroise Paré (1509–1590), einem Pietisten, der die chirurgische Praxis weiterentwickelt und sich von der akademischen Medizin distanziert hat, die sich vor allem auf das Studium der klassischen Texte in Griechisch und Latein stützte.

23  S. Freud (1913), Zur Einleitung der Behandlung, in: GW Bd. VIII, S. 380 f.

24  S. Freud (1915), Bemerkungen über die Übertragungsliebe, in: GW Bd. X, S. 313

25  S. Freud (1913), Zur Einleitung der Behandlung, in: GW Bd. VIII, S. 384

26 Ferenczis entsprechende Versuche sind, wie es Freud vorausgesagt hatte, an der so erweckten Unersättlichkeit einer Borderline-Patientin gescheitert, die schließlich von ihm verlangte, zu veröffentlichen, dass sie ihn im Zuge der gegenseitigen Behandlung (»mutuellen Analyse«) geheilt habe. Vgl. W. Schmidbauer (1997), Wenn Helfer Fehler machen. Liebe, Missbrauch und Narzißmus, Reinbek, S. 266 f.

27 »Wer Wissenschaft und Kunst besitzt, der hat auch Religion; wer diese beiden nicht besitzt, der habe Religion.« (Goethe, Xenien)

28 W. Schmidbauer (1977, 1992), Die hilflosen Helfer. Die psychologische Problematik der helfenden Berufe, Reinbek

29  Die historischen Hintergründe dieser Grundfrage der Psychoanalyse habe ich in dem Buch »Freuds Dilemma – Die Wissenschaft von der Seele und die Kunst der Therapie« erörtert.

30 Er habe »von keinem Bildwerk je eine stärkere Wirkung erfahren«, sagt er in seiner Arbeit aus dem Jahr 1914 über den Moses des Michelangelo (GW Bd. X, S. 174), vgl. auch E. Jones, Sigmund Freud, Bd. II, S. 431, Bern 1955

31 S. Freud (1900), Die Traumdeutung, GW Bd. 2/3, S. 100

32 S. Freud (1937), Konstruktionen in der Analyse, GW Bd. 16, S. 41–56

33  Frederick M. Bram, Das Geschenk der Anna O., in: Psyche 27, S. 449–459,1973, sowie Clemens de Boor und Emma Moersch, Emmy von N. – eine Hysterie? Versuch einer Re-Evaluierung, in: Psyche 34, S. 265–279, 1980

34 »Die Psychoanalyse … ist unfähig, eine ihr besondere Weltanschauung zu erschaffen. Sie braucht es nicht, sie ist ein Stück Wissenschaft und kann sich der wissenschaftlichen Weltanschauung anschließen. Diese verdient aber kaum den großtönenden Namen, denn sie schaut nicht alles an, sie ist zu unvollendet, erhebt keinen Anspruch auf Geschlossenheit und Systembildung … Eine auf die Wissenschaft aufgebaute Weltanschauung hat außer der Betonung der realen Außenwelt wesentlich negative Züge, wie die Bescheidung zur Wahrheit, die Ablehnung der Illusionen. Wer von unseren Mitmenschen mit diesem Zustand der Dinge unzufrieden ist, wer zu seiner augenblicklichen Beschwichtigung mehr verlangt, der mag es sich beschaffen, wo er es findet. Wir werden es ihm nicht verübeln, können ihm nicht helfen, aber auch seinetwegen nicht anders denken.« S. Freud (1932), Über eine Weltanschauung, Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, GW Bd. XV, S. 197

35  S. Freud (1932), Aufklärungen, Anwendungen, Orientierungen, Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, GW Bd. XV, S. 167. Diese Art der Hexenprobe ist eine poetische Erfindung; historisch bewiesen ist das so genannte Hexenbad. Üblicherweise wurden die Angeklagten hierbei über Kreuz gebunden an einer Stange in ein Gewässer (See oder auch Fluss) gesenkt. Gingen sie unter, galten sie als unschuldig, schwammen sie oben, galt dies als Hinweis auf ihren Teufelspakt.

36  Der Autor hat diese Problematik in zwei Büchern diskutiert: »Mythos und Psychologie«, München 1970, 1999, sowie »Das Geheimnis der Zauberflöte«, Freiburg 1995

37  Die Fackel, Heft Nr. 256, 5. Juni 1908, zit n. M. Worbs, Nervenkunst, Frankfurt 1983, S. 163

38  Die Fackel, zit. n.Worbs, a.a.O., S. 164

39  Ein Beispiel dafür ist der Bericht über eine Lehranalyse in D. v. Drigalski, Blumen auf Granit. Eine Irr- und Lehrfahrt durch die deutsche Psychoanalyse, Frankfurt (Ullstein) 1980

40  S. Freud (1914), Erinnern,Wiederholen und Durcharbeiten, in: GW Bd. X, S. 136

41  S. Freud (1914), Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten, in: GW Bd. X, S. 129

42  S. Freud (1914), Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten, in: GW Bd. X, S. 133

43  S. Freud (1914), Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten, in: GW Bd. X, S. 134

44  S. Freud (1914), Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten, in: GW Bd. X, S. 135

45  Dieser macht zwei sehr ungleiche Teile der Beute und schlägt dann vor, den seinen nach dem Prinzip auszulosen, dass eine Münze geworfen wird und er bei Kopf gewinnt, während der Gegner bei Zahl verliert.

46  S. Freud (1915), Bemerkungen über die Übertragungsliebe, in: GW Bd. X, S. 306

47  S. Freud (1916), Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: Studienausgabe Bd. 1, Frankfurt 1969, S. 423

48  S. Freud (1916), Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: Studienausgabe Bd. 1, Frankfurt 1969, S. 424

49  S. Freud (1915), Bemerkungen über die Übertragungsliebe, in: GW Bd. X, S. 306. An diesem Satz fällt auf, dass der sonst so klare und flüssige Stil Freuds holprig geworden ist – »weibliche Patientin« und »unzweideutige Andeutungen« sind Pleonasmen.

50  S. Freud (1915), Bemerkungen über die Übertragungsliebe, in: GW Bd. X, S. 310

51  Schon mehrmals habe ich Berichte gehört, dass ein Therapeut dem Liebeswerben einer Patientin nachgegeben hatte, gemeinsam mit ihr beschloss, die Behandlung zu beenden und sie privat zu treffen, worauf diese zu der Verabredung nicht erschien. Eine ausführliche Untersuchung zur Übertragungsliebe und zum sexuellen Missbrauch in der Psychotherapie findet sich in W Schmidbauer (1997), Wenn Helfer Fehler machen. Liebe, Missbrauch und Narzissmus, Reinbek.

52  Heinrich Heine, Die Wanderratten:

Heut helfen Euch nicht die Wortgespinste

Der abgelebten Redekünste.

Man fängt nicht Ratten mit Syllogismen,

Sie springen über die feinsten Sophismen.

Im hungrigen Magen Eingang finden

Nur Suppenlogik mit Knödelgründen,

Nur Argumente von Rinderbraten,

Begleitet mit Göttinger Wurst-Zitaten.

53  S. Freud (1915), Bemerkungen über die Übertragungsliebe, in: GW Bd. X, S. 316

54  S. Freud (1915), Bemerkungen über die Übertragungsliebe, in: GW Bd. X, S. 319

55  Ausführlich beschrieben in Leo Stone (1961, 1973), Die psychoanalytische Situation, Frankfurt

56  Janet Malcolm (1982), Psychoanalysis – The Impossible Profession, New York. Deutsch: Fragen an einen Psychoanalytiker. Zur Situation eines unmöglichen Berufs, Stuttgart 1983, S. 114

57 Ralph R. Greenson (1967), The Technique and Practice of Psychoanalysis, Bd. 1, New York. Deutsch: Technik und Praxis der Psychoanalyse, Stuttgart 1973, S. 359

58  Dieter E. Zimmer (1986), Tiefenschwindel, Die endlose und die beendbare Psychoanalyse, Reinbek – einer der vielen Versuche von Journalisten, etwas polemisch zu entwerten, was sie als »Psychoanalyse« ausgeben, Freud den Gestus des Aufklärers wegzunehmen und »wissenschaftliche« Aufklärung gegen die Tiefenpsychologie zu betreiben, welche den eigens gegen sie aufgerichteten Forderungen nach Objektivierung und experimentellem Beleg so wenig standhalten kann wie der Angeklagte vor dem Volksgerichtshof dem Vorwurf regimefeindlicher Gesinnung.

59  W. Schmidbauer (1988, 1991), Liebeserklärung an die Psychoanalyse, Reinbek, S. 92

60  Zu den in katamnestischen Untersuchungen am besten belegten Faktoren, welche einen bleibenden Erfolg einer Psychotherapie vorhersagen, gehört die vom Patienten erlebte, »gute Beziehung« zu seinem Therapeuten; das gilt für alle Schulrichtungen.

61  »Mit dem Machtmissbrauch – das läuft so: Ich werde herabgesetzt, entwertet, zum Teil sogar richtig gedemütigt. Wenn ich das merke und anspreche, dann wird mir einfach erzählt, dass das mein (!) Problem ist und nicht das des Therapeuten. Dadurch verunsichert, forste ich bei mir nach, was das bei mir sein könnte und der Therapeut fährt fort, mich schlecht zu behandeln. Das Schlimme ist, bei allen anderen Menschen hätte ich den Kontakt abgebrochen – aber diese ›Diagnose‹: das wäre etwas von mir – hat mich Stunden um Stunden gekostet, weil ich immer auf der Fahndung bei mir war, ob es wirklich was von mir ist. Das Schlimme ist, ich bin mir fast sicher, dass da was ganz Unprofessionelles passiert, lasse mich aber immer wieder verunsichern. Beim letzten Mal war es so, dass ich mich habe nicht mehr verunsichern lassen und bin entschieden aufgetreten, dass das und das nicht in Ordnung ist. Das Ergebnis war: total wütender Therapeut, der jegliche Beteiligung seinerselbst massivst ablehnte.« Zitat aus foren.de – ratschlage für therapiesuchende.

62  S. Freud (1932), Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: GW Bd. XV, S. 164

63  S. Freud (1932), Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: GW Bd. XV, S. 166

64  S. Freud (1932), Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: GW Bd. XV S. 167

65 Diese Technik wird ausführlich beschrieben in Wolfgang Schmidbauer (2005), Therapy on Demand. Narzisstische Störung und bedarfsorientierte Psychotherapie, Düsseldorf

66  S. Freud (1932), Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: GW Bd. XV, S. 167 f.

67  S. Freud (1932), Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: GW Bd. XV, S. 159

68 S. Freud (1932), Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: GW Bd. XV, S. 161

69  S. Freud (1927), Die Zukunft einer Illusion, in: GW Bd. XIV, S. 377

70 S. Freud (1928), Das Unbehagen in der Kultur, in: GW Bd. XIV, S. 431

71  S. Freud (1927), Die Zukunft einer Illusion, in: GW Bd. XIV, S. 370

72 Borwin Bandelow (2004), Das Angstbuch, Reinbek, ist ein typisches Beispiel aus der gegenwärtigen Produktion. Die abschätzige, entwertende Haltung gegenüber der Psychoanalyse hat in der Verhaltenstherapie Tradition, es gibt aber auch viele Verhaltenstherapeuten, die anders denken, und die Entwicklung von Standesorganisationen in der Psychotherapie (Psychotherapeutenkammern) hat dazu geführt, dass Schmähkritik von Psychotherapeuten untereinander untersagt worden ist.

73  S. Freud (1927), Die Zukunft einer Illusion, in: GW Bd. XIV, S. 372

74  S. Freud (1927), Die Zukunft einer Illusion, in: GW Bd. XIV, S. 374

1. Hysterie, Katharsis und Analyse

»So weit hat es uns Vorteil gebracht, mit den Ärzten zu gehen, und nun werden wir uns bald von ihnen trennen. Sie dürfen nämlich nicht erwarten, dass die Aussicht eines Kranken auf ärztliche Hilfeleistung dadurch wesentlich gesteigert wird, dass die Diagnose der Hysterie an die Stelle des Urteils auf ernste organische Hirnaffektion tritt.«1