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Originalausgabe

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,

Tumblingerstraße 21, 80337 München

© 2017. Redaktionelle Verantwortung: Verlag C.H. BECK oHG

eBook Datagroup int. SRL, 300665 Timişoara, România

Umschlaggestaltung: Design Concept Krön, Puchheim

Verwendung eines Fotos von FFCucina Liz Collet/Fotolia

eBook
ISBN 978-3-406-68756-3-6

Dieser Titel ist auch als Printausgabe beim

Verlag und im Buchhandel erhältlich.

Vorwort

Wer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, allgemein Hartz IV oder ALG II genannt, benötigt, muss sich gut auskennen. Die ursprünglich als Vereinfachung gedachte Zusammenführung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe ist durch viele Veränderungen und Reformen kompliziert geworden und das Nebeneinander von verschiedenen Sozialleistungen erleichtert den Überblick auch nicht.

Um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) zu erhalten, müssen zudem nicht wenige Regeln beachtet werden. Vorab haben wir deshalb eine kleine Übersicht erstellt, die zu den wichtigsten Stichworten führt, um zu wissen, was man tun muss und tun kann.

Dieses Buch kann keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Es sind stets viele Details zu beachten, die in einer solchen Übersicht nicht darstellbar sind. Bei vielen Stichworten gibt es Hinweise auf Fundstellen im Internet, mithilfe derer man sich weiter informieren kann. Auch sind Rechtsgrundlagen und wichtige Gerichtsentscheidungen aufgeführt, auf die man sich beziehen kann.

Die Stichworte berücksichtigen die Reform zum 1.8.2016, die für Leistungsberechtigte sowohl von Vorteil als auch von Nachteil ist. Die als „Rechtsvereinfachungsgesetz“ genannten Änderungen sollen dem Bürokratieabbau dienen, um damit den leistungsberechtigten Personen künftig schneller und einfacher Klarheit über das Bestehen und den Umfang von Rechtsansprüchen geben zu können. Auch durch diese Reform sind nicht für alle hilfsbedürftigen Menschen die Jobcenter (früher Arbeitsgemeinschaften oder ARGE genannt) die ersten Ansprechpartner, sondern je nach Einzelfall können das auch andere Sozialleistungsträger, wie Krankenkassen oder die Agentur für Arbeit sein.

Die wichtigsten Änderungen der Reform bei den Leistungen sind:

Kiel, im Mai 2017

Die Verfasser

Übersicht

Um die Grundlagen des SGB II zu verstehen, empfehlen wir vier Stichworte vorab zu lesen: →Grundsicherung/Grundsicherungsträger; →Anspruch/Anspruchsvoraussetzungen; →Regelbedarf/Regelleistung; →Miete

Die grundsätzlichen Voraussetzungen für Leistungen ergeben sich aus den folgenden Stichworten:

Wann bekomme ich Leistungen…?

(1) … wenn ich die allgemeinen Voraussetzungen erfülle: →Aufenthaltsort; →Altersgrenzen; →Hilfebedürftigkeit; →Erwerbsfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit; →Einkommen/Einkommensanrechnung; →Vermögen/Vermögensanrechnung; →Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten; →Härtefall

(2) …wenn ich zur Gruppe der Leistungsberechtigten zähle: →Leistungsberechtigter; →Bedarfsgemeinschaft; →Eheähnliche Gemeinschaft; →Haushaltsgemeinschaft; →Wohngemeinschaft; →Temporäre Bedarfsgemeinschaft; →Alleinerziehende; →Kinder; →Jugendliche und junge Erwachsene (unter 25-Jährige); →Selbstständigkeit; →Aufstocker; →Wohneigentum; →Obdachlose; →Ausländer (EU-Länder)

(3) … wenn keine Ausschlussgründe vorliegen: →Arbeitsunfähigkeit; →Erreichbarkeit; →Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung; →Rente; →Erwerbsminderungsrente; →Unterhalt; →Auszubildender; →Berufsausbildungsbeihilfe; →BAföG; →Studierende/Studium; →Meister-BAföG; →Asylbewerber; →Ausländer (Nicht-EU-Länder); →Stationäre Unterbringung; →Eigenheim/Eigentumswohnung

Wie bekomme ich Leistungen…?

(1) … wenn ich einen Antrag stelle: →Antrag; →Leistungsbeginn; →Folgeantrag; →Änderungs-/Aktualisierungsantrag; →Überprüfungsantrag; →Vertretung

(2) … wenn die zuständige Verwaltung diesen geprüft hat: →Jobcenter; →Persönlicher Ansprechpartner; →Anhörung; →Meldepflicht; →Mitwirkungspflichten; →Hausbesuch

(3) … wenn mir ein Bescheid zugestellt wird, der meinen Antrag ganz oder teilweise bewilligt: → Bescheid;Bewilligungszeitraum;Vorschuss;Abschlagszahlungen

Was kann ich tun…?

(1) … wenn mein Antrag teilweise oder ganz abgelehnt wird: →Fehlerhafter Bescheid (Verwaltungsakt); →Rechtsbehelfe; →Beratungshilfe

(2) … wenn ich Widerspruch einlegen muss: →Akteneinsicht; →Widerspruch/Widerspruchsverfahren; →Aufschiebende Wirkung; →Kosten des Verfahrens

(3) … wenn ich auch dann noch keinen Erfolg hatte und vor Gericht gehen muss: →Eilverfahren; →Klage; →Gerichtskosten; →Anwaltskosten; →Prozesskostenhilfe; →Herstellungsanspruch (sozialrechtlicher)

Wo bekomme ich weitere Hilfe und an wen kann ich mich zur Unterstützung wenden?Beratung;Rechtsberatung;Schuldnerberatung;Suchtberatung

Abkürzungsverzeichnis

a. A.

anderer Ansicht

a. a. O.

am angegebenen Ort

Abs.

Absatz, Absätze

AFBG

Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz

AFG

Arbeitsförderungsgesetz

Alg

Arbeitslosengeld

ALG II

Arbeitslosengeld II

Alt.

Alternative

a.M.

anderer Meinung

Anm.

Anmerkung

ArbG

Arbeitgeber

ArbN

Arbeitnehmer

ARGE

Arbeitsgemeinschaft

Art.

Artikel

AsylbLG

Asylbewerberleistungsgesetz

AsylVfG

Asylverfahrensgesetz

BA

Bundesagentur für Arbeit

BAföG

Bundesausbildungsförderungsgesetz

BBiG

Berufsbildungsgesetz

BEEG

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz

BEG

Bundesentschädigungsgesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BKGG

Bundeskindergeldgesetz

BR-Drucks.

Bundesrats-Drucksache

BSG

Bundessozialgericht

BT-Drucks.

Bundestags-Drucksache

BUrlG

Bundesurlaubsgesetz

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungs- gerichtes (Amtl. Sammlung)

BVG

Bundesversorgungsgesetz

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

ders.

derselbe

dgl.

dergleichen

d. h.

das heißt

EFZG

Entgeltfortzahlungsgesetz

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

f.

folgende Seite

ff.

folgenden Seiten

FreizügG

Freizügigkeitsgesetz

gem.

gemäß

GG

Grundgesetz

ggf.

gegebenenfalls

GKV

Gesetzliche Krankenversicherung

grds.

grundsätzlich

GUV

Gesetzliche Unfallversicherung

i. d. R.

in der Regel

i. E.

im Einzelnen

InsO

Insolvenzordnung

i. S. d.

im Sinne der/des

i. V. m.

in Verbindung mit

KdU

Kosten der Unterkunft

KV

Krankenversicherung

LSG

Landessozialgericht

MdE

Minderung der Erwerbsfähigkeit

Quadratmeter

MuSchG

Mutterschutzgesetz

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

Nr.

Nummer

o. g.

oben genannten

PC

Personal Computer

Rspr.

Rechtsprechung

RSV

Regelsatz-Verordnung

s.

siehe

S.

Seite

SG

Sozialgericht

SGB I

Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil

SGB II

Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende

SGB III

Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung

SGB IV

Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung

SGB V

Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Kranken- versicherung

SGB VI

Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenver- sicherung

SGB VII

Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung

SGB VIII

Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe

SGB IX

Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen

SGB X

Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz

SGB XI

Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung

SGB XII

Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe

SGG

Sozialgerichtsgesetz

sog.

sogenannte

st. Rspr.

ständige Rechtsprechung

u. a.

unter anderem

VA

Verwaltungsakt

vgl.

vergleiche

VO

Verordnung

VVG

Versicherungsvertragsgesetz

WoGG

Wohngeldgesetz

z. B.

zum Beispiel

z. T.

zum Teil

A

 Abfindung

Eine Abfindung ist eine Einmalzahlung, die ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer als Entschädigung für den Verlust seines Arbeitsplatzes zahlt, meist im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Wird die Abfindung vor dem Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ausgezahlt, zählt sie zum Vermögen.

Kommt die Abfindung erst zur Auszahlung, wenn der Leistungsberechtigte bereits ALG II beantragt hat oder schon bekommt, wird die Abfindung als Einkommen des Leistungsberechtigten gewertet. Zum Einkommen gehören nämlich sämtliche Einkommen in Geld, die der Leistungsberechtigte nach Antragstellung erhält.

Dabei kommt es nicht darauf an, ab wann man Anspruch auf die Abfindung hat.

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass es sich bei der Zahlung einer Abfindung, die während des ALG II-Bezuges an den Leistungsberechtigten ausgezahlt wird, um Einkommen handelt, auch wenn der Anspruch auf die Abfindung schon vorher bestanden hat. Sie wird dann als Einkommen und nicht wie Vermögen auf das ALG II angerechnet. Das heißt für den Leistungsberechtigten, dass er häufig weniger oder nichts von der Abfindungszahlung hat.

Hinweis:

Durch die Vorverlagerung der Antragstellung muss man noch mehr aufpassen. Ein Antrag auf ALG II wirkt nämlich in dem Monat, in dem er gestellt wird, auf den 1. des Monats zurück.

BEISPIEL: Stellt ein Leistungsberechtigter am 23.6. einen Antrag auf ALG II, so gilt der Antrag zum 1.6. als gestellt. Hat der Leistungsberechtigte am 10.6. die Abfindung ausgezahlt erhalten, dann wird sie als Einkommen angerechnet. Wäre sie vor dem 1.6. ausgezahlt worden, würde sie zum Vermögen gehören, was besser ist, weil dafür die (günstigeren) Vermögensfreibeträge gelten.

Angerechnet wird die Abfindung, die in einer Summe gezahlt wird, beim Einkommen als sog. einmalige Einnahme. Sie ist in dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließt, spätestens ab dem Folgemonat. Ist die Abfindungssumme höher als der Bedarf zum Lebensunterhalt nach dem SGB II für diesen Monat, so wird das Geld nicht nur in diesem, sondern gleichmäßig auf die folgenden sechs Monate verteilt und angerechnet.

Ist die Abfindung so hoch, dass der Bedarf für sechs Monate gedeckt ist, entfällt der Anspruch auf ALG II für diesen Zeitraum. Der Teil der Abfindung, der nach sechs Monaten noch übrig ist, gilt anschließend als Vermögen und wird nur noch angerechnet, wenn die Vermögensfreibeträge überschritten sind.

BEISPIEL: Der ALG II-Bedarf, einschließlich Unterkunft und Heizung, liegt bei 700,00 €. Der Leistungsberechtigte erhält eine Abfindung in Höhe von 2.400,00 € netto. Da dies den Bedarf für einen Monat übersteigt, wird die Abfindung (abzüglich etwaiger Freibeträge/Pauschalen) auf sechs Monate verteilt und es werden monatlich 400,00 € angerechnet.

Beträgt die Abfindung stattdessen 5.000,00 € netto, werden für die ersten sechs Monate jeweils 700,00 € (der monatliche ALG II-Bedarf), also insgesamt 4.200,00 €, „verbraucht“ und nur der Restbetrag von 800,00 € wird anschließend dem Vermögen zugerechnet.

Tipp:

Man sollte daher generell darauf achten, nicht nur Abfindungen, sondern alle Forderungen, die man gegen Dritte hat, „einzutreiben“, bevor man Leistungen nach dem SGB II beantragt. Sie werden dann als Vermögen und nicht als Einkommen berücksichtigt, was in der Regel günstiger ist.

Rechtsgrundlage:

§§ 11, 37 Abs. 2 SGB II; §§ 1a, 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Gerichtsentscheidungen:

www.bundessozialgericht.de:

Bundessozialgericht, Urteil vom 18.2.2010, Az. B 14 86/08 R

Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2009, Az. B 14 AS 64/08 R

Bundessozialgericht, Urteil vom 3.3.2009, Az. B 4 AS 47/08 R

Weitere Hinweise:Einkommen/Einkommensanrechnung; → Vermögen/Vermögensanrechnung; Einmaleinnahmen

 Abschlagszahlungen

Abschlagszahlungen sind Bestandteile der Miete, die für eine Mietwohnung zu zahlen sind. Die Abschlagszahlungen – besser auch „Vorauszahlungen“ genannt – werden meist im Voraus und in Form einer Pauschale an den Vermieter gezahlt.

Die Abschlagszahlungen für Neben- und Betriebskosten werden im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung vom Jobcenter übernommen, soweit sie angemessen sind.

Zu beachten ist, dass die Abschlagszahlungen für Strom als sog. Energiekosten vom Jobcenter nicht im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung übernommen werden, sondern vom Leistungsberechtigten aus der sog. Regelleistung zu erbringen sind.

Tipp:

Seit dem 1.4.2011 werden die Kosten für eine dezentrale Warmwasserbereitung zusätzlich übernommen. Dies ist der Fall, wenn die Warmwasserbereitung in der Wohnung, z. B. über einen strombetriebenen Boiler, erfolgt. Früher musste der Leistungsberechtigte die Kosten dafür selbst aufbringen. Seit dem 1.4.2011 erhält der Leistungsberechtigte hierfür einen Mehrbedarf. Diese Regelung wird von den Jobcentern häufig nicht beachtet.

Ein Leistungsberechtigter kann beim Jobcenter beantragen, dass das Jobcenter im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung die Miete und die Abschlagszahlungen direkt an den Vermieter erbringt. Auch sollte man versuchen, mit dem Jobcenter und dem Energieversorger eine Vereinbarung zu treffen, dass die Abschlagszahlungen direkt an den Versorger gezahlt werden. So verhindert man, dass in der Zukunft Rückforderungen seitens des Jobcenters auf einen zukommen.

Dies bietet sich aber nur an, wenn das Jobcenter die gesamten Kosten übernimmt. Sonst kann es zu einer sehr unübersichtlichen Zahlungsweise kommen, gerade bei einem Leistungsberechtigten, der neben einem schwankenden, geringen Einkommen ALG II bezieht.

Rechtsgrundlage:

§§ 21 Abs. 7, 22 SGB II

Weitere Hinweise: Miete; → Betriebskosten; Heizkosten; Regelbedarf/Regelleistung; Warmwasserpauschale

 Akteneinsicht

Jedes Jobcenter legt für jeden Leistungsberechtigten oder jede Bedarfsgemeinschaft einen Aktenordner an, eine sog. Leistungsakte. Diese Leistungsakte trägt ein Aktenzeichen, z. B. 13102BG23413. In dieser Leistungsakte wird der gesamte Schriftverkehr ab Antragstellung abgeheftet und aufbewahrt.

Grundsätzlich hat ein Leistungsberechtigter Anspruch darauf, Einsicht in die Akten des Jobcenters zu nehmen. Der Anspruch besteht bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses. Das ist immer dann gegeben, wenn die Akteneinsicht zur Geltendmachung oder Verteidigung der Interessen erforderlich erscheint. Das jeweilige Jobcenter muss die Akten vorlegen, ist aber nicht zu Erläuterungen oder Auskünften verpflichtet. Der Leistungsberechtigte hat jedoch Anspruch auf Kopien, die in der Regel kostenpflichtig sind. In Entwürfe muss kein Einblick gewährt werden. Das Recht zur Akteneinsicht beginnt mit Einleitung des Verfahrens und endet mit dessen Abschluss. Ergänzend gibt es einen Anspruch auf Auskunft über gespeicherten Daten.

Die Akteneinsicht muss beantragt werden. Sie wird meist in den Räumlichkeiten des Jobcenters nach Terminvereinbarung gewährt. Wird man von einem Rechtsanwalt vertreten, kann die Leistungsakte auch zur Einsichtnahme an diesen übersandt werden.

Ausnahmen vom Akteneinsichtsrecht bestehen,

Über den Antrag auf Akteneinsicht entscheidet das Jobcenter durch Verwaltungsakt (Bescheid), der nicht selbstständig angefochten werden kann, sondern nur mit der Entscheidung in der Sache, also z. B. über den Antrag auf ALG II.

Tipp:

Akteneinsicht sollte spätestens im Widerspruchsverfahren immer genommen werden, weil dies in vielen Fällen erforderlich ist, um das Verfahren effektiv zu betreiben. Sollte ein Jobcenter die Akteneinsicht verweigern, so sollte man zur Wahrung seiner Rechte auf jeden Fall gegen einen ALG II Bescheid Widerspruch einlegen und anschließend gegen den Widerspruchsbescheid Klage vor dem jeweils zuständigen Sozialgericht erheben. Die Sozialgerichte gewähren stets Akteneinsicht.

Rechtsgrundlage:

§ 120 SGG; §§ 25, 83 SGB X

Gerichtsentscheidungen:

www.sozialgerichtsbarkeit.de:

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.10.2014, Az. L 3 U 196/13

Weitere Hinweise: Überprüfungsantrag; → Widerspruch/Widerspruchsverfahren; Neufeststellung/Überprüfungsbescheid; Kosten des Verfahrens; Beratungshilfe

 Alleinerziehende

Als alleinerziehend im Sinne des SGB II gelten Leistungsberechtigte, die mit einem minderjährigen Kind allein – ohne Ehe- bzw. Lebenspartner – zusammen wohnen und erwerbsfähig sind, also einer Arbeit nachgehen können.

Alleinerziehende erhalten über die Regelleistungen hinaus einen Mehrbedarf/Mehraufwendungen anerkannt. Sie bekommen also mehr Geld je nachdem wie viele Kinder mit ihnen zusammenleben und wie alt die Kinder sind.

Anzahl der Kinder und Kindesalter

Mehrbedarf in %

Mehrbedarf in €

Erhöhter (Gesamt-)
Bedarf

1 Kind unter 7 Jahren

36 %

147,24 €

556,24 €  (409,00 € + 147,24 €)

1 Kind ab 7 Jahren

12 %

49,08 €

458,08 €

2 Kinder unter 16 Jahren

36 %

147,24 €

556,24 €

1 Kind ab 7 Jahren und 1 Kind ab 16 Jahren

24 %

98,16 €

507,16 €

2 Kinder ab 16 Jahren

24 %

98,16 €

507,16 €

3 Kinder

36%

147,24 €

556,24 €

4 Kinder

48%

196,32 €

605,32 €

5 Kinder und mehr

60 %

245,40 €

654,40 €

Tipp:

Alleinerziehende Leistungsberechtigte, die über eigenes Einkommen verfügen und zusätzlich ALG II erhalten, können auch noch einen Antrag auf Wohngeld und einen Antrag auf Kinderzuschlag stellen. Das Kindergeld kann dann höher als üblich sein, wenn das erhöhte Kindergeld zusammen mit Wohngeld und dem Einkommen den Lebensbedarf der Familie decken. Dann entfällt der Bedarf für ALG II.

Alleinerziehende Leistungsberechtigte, die kein ALG II beziehen, können trotzdem bei einem Jobcenter Anträge auf Sonderbedarf oder Mehrbedarf stellen. Dies können z. B. Leistungen in Form von Zuschüssen für Erstausstattungen, die Kostenübernahme für Schulausflüge, Schülerbeförderung, Mittagsverpflegung usw. sein.

Rechtsgrundlage:

§§ 20 Abs. 2, 21 Abs. 3, 24 Abs. 3, 28 SGB II

Weitere Hinweise: Kindergeld; → Kinderzuschlag; Wohngeld; Mehrbedarf/Mehraufwendungen; Erstausstattung; Bildungsgutscheine/Teilhabegutscheine; Unterhalt; Härtefall

 Altersgrenzen

Nicht jede Person kann ALG II beziehen. Zu den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen gehört auch das Lebensalter.

Man muss mindestens 15 Jahre alt sein, um ALG II zu erhalten. Jüngere Kinder bekommen kein ALG II, sondern ggf. Sozialgeld – ebenfalls nach dem SGB II – unter der Voraussetzung, dass sie mit einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben.

ALG II kann längstens bis zu dem Zeitpunkt beansprucht werden, in dem das Eintrittsalter für die Regelaltersrente erreicht wird. Dies ist bei Personen, die vor dem 1.1.1947 geboren sind, die Vollendung des 65. Lebensjahres. Die Altersgrenzen für das Ende des Leistungsbezuges werden für spätere Jahrgänge – angepasst an die Verschiebung des Beginns der gesetzlichen Altersrente – bis auf die Vollendung des 67. Lebensjahres für die Menschen, die ab 1964 geboren sind, angehoben.

Tipp:

Man kann die persönliche Altersgrenze in § 7a SGB II nachlesen oder bei der Rentenversicherung erfragen.

Personen, deren Anspruch auf ALG II nach dem 1.1.2008 entstanden ist, sind grundsätzlich ab Vollendung des 63. Lebensjahres verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen, selbst wenn dies zu Abschlägen, also weniger Rente, führt. Dies folgt aus der Regelung des SGB II, dass ein Leistungsberechtigter alles tun muss, um seine Hilfebedürftigkeit zu beseitigen oder zu vermindern. Dazu gehört dann auch der Bezug vorzeitiger Altersrente.

Allerdings gibt es Leistungsberechtigte, die diesen Antrag nicht stellen müssen. Dies sind nach der sog. „Unbilligkeitsverordnung“ Personen,

Sie alle können nicht zum vorzeitigen Renteneintritt gezwungen werden.

Rechtsgrundlage:

§§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 7a, 12a SGB II; Unbilligkeitsverordnung (Stand 4.10.2016)

Gerichtsentscheidungen:

www.sozialgerichtsbarkeit.de:

Bundessozialgericht, Urteil vom 19.8.2015, Az. B 14 AS 1/15 R

Weitere Hinweise: Anspruch/Anspruchsvoraussetzungen;Sozialgeld;Bedarfsgemeinschaft;Kinder;Rente;Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

 Altersrente

Rente

 Altersvorsorge

Arbeitnehmer zahlen in die gesetzliche Rentenversicherung ein, um nach dem Erreichen der Altersgrenze von zurzeit maximal 67 Jahren die gesetzliche Altersrente zu beziehen. Daneben zahlen mittlerweile viele Arbeitnehmer in private Altersvorsorgeprodukte Beiträge ein.

Leistungsberechtigte unterlagen bis Ende 2010 der Pflicht zur Rentenversicherung. Der monatliche Beitrag wurde durch die Leistungsträger erbracht und betrug 40,00 € im Monat. Zum 1.1.2011 ist diese Pflicht entfallen. Die Jobcenter erbringen keine Zahlungen mehr für einen Leistungsberechtigten in die gesetzliche Rentenversicherung. Leistungsberechtigte erwerben also durch die Inanspruchnahme von ALG II keine Rentenanwartschaften mehr.

Auch Beiträge zu einer privaten Altersvorsorge werden von den Jobcentern grundsätzlich nicht übernommen.

Tipp:

Beiträge zu bestimmten privaten Altersvorsorgeverträgen (z. B. Riester-Rente) können im Rahmen der Einkommensanrechnung bei Leistungsberechtigten, die über Einkünfte verfügen (Aufstocker), einkommensmindernd berücksichtigt werden.

Ersparnisse zur privaten Altersvorsorge sind zwar Bestandteile des Vermögens. Das Sparguthaben muss aber nicht vorrangig zum Lebensunterhalt eingesetzt werden, wenn es sich in angemessenen Rahmen hält und sichergestellt ist, dass es nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand verwendet werden kann.

Rechtsgrundlage:

§§ 11b Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II

Weitere Hinweise: Vermögen/Vermögensanrechnung; → Riester-Rente; Lebensversicherung; Eigenheim/Eigentumswohnung; Rente; Aufstocker; Einkommen/Einkommensanrechnung; Erwerbstätigenfreibeträge

 Amtsarzt

Das Jobcenter kann eine ärztliche Untersuchung zur Ermittlung der Erwerbsfähigkeit oder zur Feststellung eines krankheits- oder behinderungsbedingten Mehrbedarfes verlangen. Hierzu kann es die Hilfe des amtsärztlichen Dienstes in Anspruch nehmen, der Teil der Gesundheitsämter ist und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Auftrag von Behörden mitwirkt.

Hinweis:

Die Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung kann vom Jobcenter als Verletzung einer Mitwirkungspflicht bewertet werden.

Rechtsgrundlagen:

§ 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II

Weitere Hinweise: Ärztliche Untersuchung; → Erwerbsfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit; Krankheit; Arbeitsunfähigkeit; Mitwirkungspflichten; Meldepflicht

 Änderung/Aktualisierung von Bescheiden

Aufhebungsbescheid (Aufhebung eines Verwaltungsaktes); Neufeststellung/Überprüfungsbescheid; Änderungs-/Aktualisierungsantrag

 Änderungs- /Aktualisierungsantrag

Das Jobcenter bewilligt in seinem Bewilligungsbescheid einem Leistungsberechtigten ALG II in der Regel für einen Zeitraum von zwölf Monaten im Voraus. Änderungen, die in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eintreten und von Einfluss auf die Leistungen nach dem SGB II sein können, hat der Leistungsberechtigte von sich aus mitzuteilen. Dies sind seine Mitwirkungspflichten.

Haben sich Voraussetzungen bei einem Leistungsberechtigten geändert, muss ein Änderungs-/Aktualisierungsantrag gestellt oder eine sog. Veränderungsmitteilung ausgefüllt und übergeben werden. Dann wird der Bewilligungsbescheid abgeändert und zwar in Form eines Aufhebungs- und Änderungsbescheids.

Tipp:

Es empfiehlt sich, dem Leistungsträger stets alle Änderungen mitzuteilen und zwar schriftlich. Diese Mitteilung sollte zumindest mit einem eigenen, formlosen Schreiben geschehen, das als Änderungs- und Aktualisierungsantrag oder Veränderungsmitteilung bezeichnet werden kann. Die Leistungsträger halten für diesen Fall Formulare vor, die im Internet heruntergeladen werden können. Auf einer Kopie sollte das Jobcenter den Eingang und den Zeitpunkt des Erhalts zu Beweiszwecken bestätigen.

Rechtsgrundlage:

§§ 56–62 SGB II

Weitere Hinweise: Aufhebungsbescheid (Aufhebung eines Verwaltungsaktes);Mitwirkungspflichten;Neufeststellung/Überprüfungsbescheid

 Anfechtungsklage

Klage; → Aufschiebende Wirkung

 Angemessenheit der Unterkunftskosten

Miete

 Anhörung

Bevor das Jobcenter eine Entscheidung trifft, die die Rechtsstellung eines Antragstellers oder Leistungsberechtigten nachteilig verändert, muss es ihn anhören.

Die Anhörung hat den Sinn, Fehler bei der Sachverhaltsaufklärung zu vermeiden und vor Überraschungsentscheidungen zu schützen. Der Anspruch auf Anhörung besteht in Verfahren, die auf Erlass eines Verwaltungsaktes (Bescheid) gerichtet sind. Der Anspruch auf Anhörung bzw. die Pflicht zur Anhörung besteht auch im Widerspruchsverfahren. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben und auch keine Frist. Dem Antragsteller/Leistungsberechtigten sind bei der Anhörung alle entscheidungserheblichen Umstände mitzuteilen, damit er sich dazu äußern kann. Dazu zählen Tatsachen, Ermittlungsergebnisse, Ergebnisse von Beweisaufnahmen usw.

Eine Anhörung kann jedoch auch ausnahmsweise unterbleiben, wenn u. a.

Die Verletzung von Anhörungspflichten ist ein Verfahrensfehler, der zur Rechtswidrigkeit des Bescheids bzw. Verwaltungsaktes führen kann. Er kann dann vom Antragsteller/Leistungsberechtigten angefochten werden und ist aufzuheben, soweit die Anhörung nicht nachgeholt wird. Dies ist allerdings selbst im Gerichtsverfahren noch möglich (bis zur sog. letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens, also in der Regel die Berufung/Beschwerde vor dem Landessozialgericht), es sei denn, die Anhörung ist vorsätzlich und rechtsmissbräuchlich unterblieben.

Hinweis:

Auch wenn nur von Anhörung die Rede ist, hat das Jobcenter die Pflicht zur genauen Erklärung und es muss (später) im Bescheid in einer sog. Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit hinweisen, wie man sich gegen die (negativen) Maßnahmen wehren kann.

Tipp:

Bei Verletzung von Anhörungspflichten kann dem Leistungsberechtigen ein Schadensersatzanspruch und ggf. ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zustehen.

Rechtsgrundlage:

§ 24 SGB X

Gerichtsentscheidungen:

www.sozialgerichtsbarkeit.de:

Bundessozialgericht, Urteil vom 9.11.2010, Az. B 4 AS 37/09 R

Bundessozialgericht, Urteil vom 4.6.2014, Az. B 14 AS 2/13 R

Weitere Hinweise: Fehlerhafter Bescheid (Verwaltungsakt); → Rücknahmebescheid (Rücknahme eines Verwaltungsaktes); Aufhebungsbescheid (Aufhebung eines Verwaltungsaktes); Rückforderung/-zahlung von Leistungen; Neufeststellung/Überprüfungsbescheid; Herstellungsanspruch (sozialrechtlicher); Beratungshilfe

 Anrechnung (von anderen Einkünften)

Subsidiaritätsprinzip; Einkommen/Einkommensanrechnung; Vermögen/Vermögensanrechnung; Erwerbstätigenfreibeträge

 Anrechnung (von anderen Sozialleistungen)

Leistungen nach dem SGB II sind nachrangig und werden nur erbracht, soweit der Hilfebedürftige seinen Bedarf nicht anderweitig decken kann. Zur Bedarfsdeckung gehören auch andere Sozialleistungen. Diese können angerechnet werden.

Sie werden in dem Monat angerechnet, in dem sie zufließen, Einmalzahlungen spätestens ab dem Folgemonat.

Aber nicht alle Sozialleistungen werden angerechnet. Sozialleistungen kann man ohne Anrechnung behalten, wenn das ausdrücklich im Gesetz geregelt ist oder wenn die Leistungen einem anderen Zweck dienen (z. B. Blindengeld, Pflegegeld, Hilfen in besonderen Lebenslagen nach dem SGB XII).

Rechtsgrundlage:

§ 11a Abs. 3 SGB II

Weitere Hinweise: Einkommen/Einkommensanrechnung; → Pflegegeld; Erwerbsminderungsrente

 Anspruch/Anspruchsvoraussetzungen

Auf Leistungen nach dem SGB II haben diejenigen Ansprüche, die die Voraussetzungen erfüllen. Das SGB II nennt sie Leistungsberechtigte.

Um leistungsberechtigt zu sein, muss man ein bestimmtes Alter und den gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Das Mindestalter beträgt 15 Jahre. Das Höchstalter entspricht dem Eintrittsalter in die Regelaltersrente, das zwischen 65 Jahren (für Jahrgänge bis 1946) und 67 Jahren (für Jahrgänge ab 1964) liegt. Man kann die persönliche Altersgrenze in § 7a SGB II nachlesen oder bei der Deutschen Rentenversicherung erfragen.

Des Weiteren muss man erwerbsfähig und hilfebedürftig sein.

Erwerbsfähig im Sinne des Gesetzes ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten, also erwerbstätig zu sein.

Kann man nicht drei Stunden täglich arbeiten oder nicht zu sog. betriebsüblichen Bedingungen, ist man erwerbsunfähig.

Ausländer gelten nur dann als erwerbsfähig, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte.

Hilfebedürftig ist derjenige, der seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm zusammenlebenden Menschen (in einer sog. Bedarfsgemeinschaft) nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln aufbringen kann.

Sind alle Voraussetzungen erfüllt, hat man grundsätzlich Anspruch auf ALG II. Auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer sog. Bedarfsgemeinschaft leben, können einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben.

Von diesen Grundsätzen gibt es dann wiederum Ausnahmen, wenn bestimmte Ausschlussgründe vorliegen, z. B. bei stationärer Unterbringung, Studenten, die nicht im Haushalt der Eltern leben, usw.

Um die Leistungen zu erhalten, muss man zudem einen Antrag bei der zuständigen Behörde, dem Jobcenter, stellen. Dort werden die Voraussetzungen geprüft und eventuelle Ausschlussgründe festgestellt oder die gesetzlich vorgegebene Leistung berechnet und gewährt.

Rechtsgrundlage:

§§ 7–9, 44a SGB II

Weitere Hinweise:

www.arbeitsagentur.de: Veröffentlichungen/Weisungen/Arbeitslosengeld II/ Fachliche Hinweise zu §§ 7 und 8 SGB II

Antrag; Altersgrenzen; Aufenthaltsort; Erwerbsfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit; Hilfebedürftigkeit; Regelbedarf/Regelleistung; Bedarfsgemeinschaft

 Anspruchsdauer

Die Anspruchsdauer ist die Zeit, in der ein Leistungsberechtiger Leistungen nach dem SGB II erhält, auch Bewilligungszeitraum genannt. ALG II wird im Voraus geleistet. Der Bewilligungszeitraum beträgt nach den Neuerungen zum 1.8.2016 in der Regel ein Jahr. Er kann auf sechs Monate verkürzt werden, wenn über den Anspruch nur vorläufig entschieden wird oder die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind. Grundsätzlich werden Leistungen nur für die Zeit ab Antragstellung erbracht und nicht für die Vergangenheit.

Rechtzeitig bevor der Bewilligungszeitraum endet, sollte ein Antrag auf Weiterbewilligung (Folgeantrag) gestellt werden. Dazu gibt es vom Jobcenter eigene Formulare, die ca. einen Monat vor Ende der Leistungen dem Leistungsberechtigten zugesendet werden sollen.

Tipp:

Ein Leistungsberechtigter sollte sich nicht darauf verlassen, dass er die Unterlagen vom Jobcenter rechtzeitig zugesandt erhält. Daher sollte er sich spätestens einen Monat vor Ablauf selbst um die Unterlagen kümmern (z. B. anrufen, beim Jobcenter Unterlagen abholen, aus dem Internet herunterladen).

Wenn man die Unterlagen nicht oder zu spät bekommt und seinen Folge- oder Weiterbewilligungsantrag erst unmittelbar vor oder sogar nach Ablauf des Bewilligungszeitraums stellt, muss man unter Umständen längere Zeit auf sein Geld warten. Die Jobcenter brauchen nämlich mitunter sehr lange für eine Bearbeitung und Auszahlung des ALG II. Hat das Jobcenter aber keine Unterlagen zugesandt und kommt es dadurch zu einem Nachteil, muss das Jobcenter den Zustand wieder herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestehen würde.

Rechtsgrundlage:

§ 41 Abs. 3 SGB II

Weitere Hinweise:

www.arbeitsagentur.de: Formulare/Formulare für Bürgerinnen und Bürger/ Arbeitslosengeld II

Gerichtsentscheidungen:

www.sozialgerichtsbarkeit.de:

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.2.2015, Az. L 7 AS 187/14

Antrag; Bewilligungszeitraum; Folgeantrag

 Antrag

Um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, muss man einen Antrag stellen.

Ein Antrag ist das schriftliche Ersuchen an eine Behörde, in dem man zum Ausdruck bringt, eine bestimmte Leistung oder Leistungen erhalten zu wollen.

Durch den Antrag wird auch bestimmt, ab wann ein Anspruch entsteht.

Grundsätzlich werden Leistungen nur für die Zeit ab Antragstellung erbracht und nicht für die Vergangenheit. Gibt man den Antrag im Laufe eines Monats ab, wirkt dieser auf den 1. des Monats zurück, in dem der Antrag gestellt wird.

Der Antrag ist beim zuständigen Jobcenter zu stellen. Eine unzuständige Behörde muss einen Antrag jedoch unverzüglich an die zuständige weiterleiten. Als Antragszeitpunkt gilt der Zeitpunkt des Eingangs bei der unzuständigen Behörde.

Hinweis:

Ein Antrag ist zwar an keine Form gebunden. Das heißt, er kann auch mündlich gestellt werden. Allerdings ist es zulässig, für die Sachverhaltsermittlung das Ausfüllen von Vordrucken vorzusehen. Das wird in den Jobcentern auch gemacht. Bei bzw. zusammen mit der Antragstellung werden umfangreiche Informationen verlangt. Das aktuelle Antragsformular erhält man beim Jobcenter oder noch einfacher im Internet auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit www.arbeitsagentur.de unter der Rubrik „Formulare für Bürgerinnen und Bürger“ – „ALG II“.

Der Antrag ist in deutscher Sprache zu stellen, weil die Amtssprache deutsch ist. Soweit Anträge in ausländischer Sprache eingehen, kann das Jobcenter innerhalb einer angemessenen Frist die Vorlage einer Übersetzung verlangen, muss dann aber auch die Kosten hierfür übernehmen. Die Anträge gelten aber ab Eingang des (nicht verständlichen) Antrages als gestellt.

Die Vordrucke sind vollständig und vor allem wahrheitsgemäß auszufüllen. Die Angaben werden nämlich kontrolliert. Es findet ein zum Teil automatisierter Datenabgleich mit anderen Behörden statt. So erfährt das Jobcenter z. B. von etwaigen Freistellungsaufträgen, Zinseinkünften im Ausland, Kontenstammdaten, geringfügigen Beschäftigungen, angemeldeten Fahrzeugen usw. Falsche Angaben können zu erheblichen Konsequenzen führen und sogar strafbar sein.

Hinweis:

Wenn der Antrag zu spät gestellt wird, ist dies regelmäßig nicht mehr heilbar. Insbesondere kommt eine sog. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand in der Regel nicht in Betracht.

Tipp:

Auch wenn ein Jobcenter von einem Leistungsberechtigten verlangt, erst einmal bei einer anderen Behörde einen Antrag zu stellen, sollte darauf bestanden werden, dass der Antrag auf ALG II entgegen genommen wird (mit Eingangsstempel). Denn sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass doch nur ein Anspruch auf ALG II besteht bzw. bestand, gibt es unkompliziert ALG II vom ersten Tag an, ggf. als Nachzahlung.

Generell sollte man eher einen Antrag zu viel als einen zu wenig stellen und dies eher früher als später. Denn der Antrag hat anspruchsbegründende Wirkung.

Tipp:

Vor Antragstellung sollte man darauf achten, seine offenen Forderungen „einzutreiben“ und zu erhalten. Denn nach Einreichen des Antrages gelten Zahlungen nicht als Teil des Vermögens, sondern zählen zum Einkommen. Für das Vermögen gibt es höhere Freibeträge; Einkommen wird auf das ALG II angerechnet.

Für die Geltendmachung eines Sonderbedarfs oder Mehrbedarfs oder eines Bedarfs zur Bildung und Teilhabe verlangt das Gesetz die Stellung gesonderter Anträge.

Auf eine Besonderheit sei noch hingewiesen:

ALG II kann ausnahmsweise auch rückwirkend beantragt und gewährt werden, wenn zuvor andere Sozialleistungen – vergeblich – beantragt wurden. Es sollen Rechtsnachteile vermieden werden, die dadurch verursacht werden, dass ein Antragsteller darauf vertraut, Sozialleistungen von einem anderen Sozialleistungsträger zu erhalten. Voraussetzungen sind, dass

Dann kann ALG II bis zu einem Jahr rückwirkend gewährt werden.

BEISPIEL: A beantragt, nachdem er arbeitslos geworden ist, ab 1.4. zunächst Arbeitslosengeld I. Dieses wird am 15.5. versagt, weil A zuvor nicht lange genug beschäftigt war. Am 20.5. stellt er daraufhin einen Antrag auf ALG II. Eigentlich würde dieses erst ab 1.5. gezahlt werden. § 28 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 7 SGB II ermöglicht jedoch einen Leistungsbezug rückwirkend ab 1.4.

Rechtsgrundlage:

§ 60 SGB I; §§ 18, 19, 28 SGB X; §§ 37, 40 Abs. 7, 52 SGB II; § 93 AO

Gerichtsentscheidungen:

www.sozialgerichtsbarkeit.de:

Bundessozialgericht, Beschluss vom 24.9.2012, Az. B 14 AS 36/12 B

Weitere Hinweise:

www.arbeitsagentur.de: Formulare/Formulare für Bürgerinnen und Bürger/Arbeitslosengeld II/Ausfüllhinweise zum Hauptantrag

Bescheid; Änderungs-/Aktualisierungsantrag; Folgeantrag; Leistungsbeginn; Überprüfungsantrag; Vertretung

 Anwaltskosten

Benötigt man Rechtsberatung oder Unterstützung, z. B. im Widerspruchsverfahren oder bei einer Klage gegen das Jobcenter, kann man sich an einen Rechtsanwalt wenden.

Rechtsanwälte kosten allerdings Geld. Die Höhe der Gebühren ist im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Dieses gibt in sozialrechtlichen Angelegenheiten allerdings nur den Rahmen vor. Die konkrete Höhe ist abhängig von Aufwand und Bedeutung der Angelegenheit und wird vom Rechtsanwalt im Einzelfall festgesetzt.

Bei durchschnittlichen Angelegenheiten fallen für die anwaltliche Vertretung in Verfahren über einen Antrag und/oder Widerspruch z. B. folgende Gebühren an:

Verfahren/Tätigkeit

Betragsrahmen nach RVG

Gebühr bei durchschnittlicher Angelegenheit

Verwaltungsverfahren

50,00 € bis 640,00 €

300,00 €

Widerspruchsverfahren

50,00 € bis 640,00 €

300,00 €

Ggf. Einigungsgebühr/ Erledigungsgebühr

in Höhe der Gebühr für das Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren

in Höhe der Gebühr für das Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren

Bei Tätigkeit des Rechtsanwalts im vorangegangenen Verwaltungsverfahren wird die Gebühr für das Verwaltungsverfahren zur Hälfte, höchstens bis zu 175,00 €, auf die Gebühr für das Widerspruchsverfahren angerechnet.

Hinzu kommen die sog. Auslagenpauschalen und die gesetzliche Mehrwertsteuer und abhängig von den weiteren Umständen weitere Auslagen (Kopien) und ggf. Reisekosten. Für das gerichtliche Verfahren fallen weitere Gebühren an.

Ein Leistungsberechtigter wird von seinem ALG II kaum einen Rechtsanwalt bezahlen können. Der effektive Rechtsschutz gehört jedoch für jeden Bürger in Deutschland zu seinen Rechten. Deshalb sieht die deutsche Rechtsordnung vor, dass in berechtigten Fällen anwaltliche Hilfe auf Kosten des Staates in Anspruch genommen werden kann.

Die Hilfe in außergerichtlichen Verfahren, also auch im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren, nennt man Beratungshilfe und in gerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe.

Um Beratungs- oder Prozesskostenhilfe zu erhalten, muss man einen Antrag stellen. Den Antrag auf Beratungshilfe stellt man bei dem für den Wohnort zuständigen Amtsgericht in der Abteilung für Beratungshilfe.

Tipp:

Im Internet kann man über Suchmaschinen bei manchen Justizverwaltungen ein Antragsformular auf Beratungshilfe mit Erläuterungen herunterladen und ausdrucken.

Mit diesem Formular, ergänzt um eine Kopie des Bewilligungsbescheides für ALG II, des Mietvertrages und Kontoauszügen, kann man einen Antrag auf Beratungshilfe beim zuständigen Amtsgericht ganz einfach selbst stellen.

Von dem jeweiligen Amtsgericht erhält man bei Vorliegen der Voraussetzungen einen sog. Berechtigungsschein oder Beratungshilfeschein, mit dem der Antragsteller dann einen Rechtsanwalt seiner Wahl aufsuchen kann. Mittels dieses Beratungshilfescheins erhält der Rechtsanwalt seine Vergütung aus der Staatskasse bezahlt.

Ein Leistungsberechtigter, der Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt sucht, kann auch direkt einen Rechtsanwalt aufsuchen und diesen bitten, mit ihm zusammen einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Tipp:

In manchen Städten und/oder Landkreisen gibt es auch kommunale Beratungsstellen, bei denen man sich kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr rechtlich beraten lassen kann.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird meist zusammen mit der Klage bei dem jeweiligen Gericht eingereicht. Dies erledigt in der Regel der Rechtsanwalt.

Rechtsgrundlage:

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)

Weitere Hinweise: Beratungshilfe; → Prozesskostenhilfe; Rechtsberatung; Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten

 Arbeitsangebote

Die Jobcenter sind verpflichtet, den Leistungsberechtigten in eine Erwerbstätigkeit zu vermitteln. Sie sollen dazu Arbeitsangebote oder Ausbildungsangebote, die auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, vermitteln. Für den Leistungsberechtigten stellt sich die Frage, ob er jedes Arbeitsangebot auch annehmen, bzw. sich auf ein solches vorstellen muss. Dies ist die Frage der sog. Zumutbarkeit.

Grundsätzlich ist es dem Leistungsberechtigten zumutbar, jede Art von Arbeit anzunehmen. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Sie können

Sollte ein Leistungsberechtigter ein Arbeitsangebot ablehnen, drohen ihm Kürzungen von Leistungen, z. B. Kürzung des Regelbedarfes um 30 %. Lehnt der Leistungsberechtigte innerhalb eines Jahres ein weiteres Mal ein zumutbares Arbeitsangebot ab, so folgen weitere Sanktionen.

Rechtsgrundlage:

§§ 10, 31 SGB II

Gerichtsentscheidungen:

Bundessozialgericht, Urteil vom 15.12.2010, Az. B 14 AS 92/09 R

Weitere Hinweise: Arbeitsgelegenheiten; → Ein-Euro-Job; Eingliederung (Eingliederungsmaßnahmen/-leistungen/-zuschüsse); Eingliederungsvereinbarung; Kürzung von Leistungen

 Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM)

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) waren Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit auf dem sog. zweiten Arbeitsmarkt. Gefördert wurden auf diese Weise durch die Agentur für Arbeit Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die förderungsbedürftige Arbeitnehmer mit zusätzlichen und im öffentlichen Interesse liegenden Arbeiten beschäftigten. ABM-Maßnahmen stehen allerdings seit dem 1.4.2012 nicht mehr zur Verfügung. Das SGB II kennt diese Leistungen schon seit 2009 nicht mehr.

Das Jobcenter hat stattdessen die Möglichkeit, die Eingliederung von Personen über den „zweiten Arbeitsmarkt“ in Form von sog. „Arbeitsgelegenheiten“ zu fördern.

Rechtsgrundlage:

§§ 16, 16d SGB II;

Weitere Hinweise: Arbeitsangebote; → Arbeitsgelegenheiten; Ein-Euro-Job; Eingliederung (Eingliederungsmaßnahmen/-leistungen/-zuschüsse); Eingliederungsvereinbarung

 Arbeitsgelegenheiten

Arbeitsgelegenheiten sind Leistungen zur Eingliederung in Arbeit.

Die Jobcenter sollen zunächst die Arbeitsuchenden, also die Leistungsberechtigten, in den originären, ersten Arbeitsmarkt vermitteln. Ziel ist vorrangig, dass Leistungsberechtigte auf dem regulären Arbeitsmarkt wieder einen Arbeitsplatz finden, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Erst wenn dies nicht in absehbarer Zeit gelingt, sollen den Leistungsberechtigten Arbeitsgelegenheiten angeboten werden.

Es gibt zwei Formen der Arbeitsgelegenheiten, die Arbeitsgelegenheit mit Arbeitsvertrag und Arbeitsentgelt sowie die Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung.

Die Arbeitsgelegenheit mit Arbeitsvertrag ist ein sozialversicherungspflichtiges „normales“ Arbeitsverhältnis, welches gefördert wird.

Die Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung ist kein „normales“ Arbeitsverhältnis; es gibt dafür somit auch kein Arbeitsentgelt. Dieser Typ der Arbeitsgelegenheit wird inzwischen umgangssprachlich als Ein-Euro-Job bezeichnet und ist die häufigste Form. Eine solche Arbeitsgelegenheit muss

Praktisch bedeutet dies für einen Leistungsberechtigten, der einer Arbeitsgelegenheit nachgeht, dass er zusätzlich zum ALG II eine Aufwandsentschädigung für die Aufwendungen, die er hat, um der Arbeitsgelegenheit nachzugehen, erhält.

Die Mehraufwandsentschädigung kann zwischen 1,00 € und 2,50 € pro Stunde liegen. Die Arbeitszeit kann bis zu 30 Stunden in der Woche betragen.

Meist wird einem Leistungsberechtigten eine solche Arbeitsgelegenheit für die Dauer von drei bis zwölf Monaten zugewiesen. Innerhalb von fünf Jahren dürfen Leistungsberechtigten höchstens 24 Monate Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden. Neu ist seit dem 1.8.2016 die Möglichkeit einer Verlängerung um ein Jahr.

Bei einem Stundensatz von 1,00 € bis 2,50 € und einer wöchentlichen Stundenzahl von 30 Stunden, kann die Mehraufwandsentschädigung zwischen 130,00 und 325,00 € im Monat liegen. Sie wird auf das ALG II nicht angerechnet.