127Der Autor

Carsten Krumm ist Richter am Amtsgericht in Dortmund und Autor zahlreicher Fachbücher und juristischer Aufsätze vorwiegend im Verkehrsrecht. Er engagiert sich zudem in der Anwaltsfortbildung. Carsten Krumm war zeitweise als Staatsanwalt und vor seiner richterlichen Tätigkeit als Rechtsanwalt tätig.

Impressum

 

www.beck.de

 

ISBN Print: 978-3-406-73934-7

ISBN E-Book: 978-3-406-73935-4

 

© 2019 Verlag C. H. Beck oHG
Wilhelmstraße 9, 80801 München

Satz: Fotosatz Buck, 84036 Kumhausen
Druck und Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH
Am Fliegerhorst 8, 99947 Bad Langensalza
Umschlaggestaltung: Ralph Zimmermann – Bureau Parapluie
Umschlagbild: © bilderbox – fotolia.com
eBook‐Produktion: Datagroup int. SRL, www.datagroup.ro

Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier
(hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff)

3Inhalt

Vorwort

Das Bußgeldverfahren

„Erwischt“ – Was passiert nun?

Verfahren ohne Folgen: die Einstellung

So legen Sie Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein

Entscheidung im schriftlichen Verfahren?

Und das passiert in der Hauptverhandlung

Was muss ich nach einer Verurteilung tun?

Mit diesen Strafen ist zu rechnen

Die „richtige“ Geldbuße

Das Fahrverbot

Höheres Bußgeld statt Fahrverbot?

Absehen vom Fahrverbot wegen ­besonderer Härte

Fahrverbot nach Trunkenheit und Drogenkonsum

Beschränktes Fahrverbot als Ausweg!

Beginn und Ende des Fahrverbotes

Was passiert bei mehreren Fahrverboten?

Wenn der Verstoß nicht mehr verfolgt wird: die Verjährung

Punkte in Flensburg: das FAER

4Die wichtigsten Verkehrsverstöße

Geschwindigkeitsverstöße

Abstandsverstöße

Rotlichtverstöße

Trunkenheits- und Drogenfahrt

Alkoholverbot für Fahranfänger

Handy am Steuer

Gurtverstöße

Verstöße an Zebrastreifen

Ordnungswidrigkeiten bei Unfällen

Parken und Halten

Bußgeld – Punkte – Fahrverbot

Soforthilfe bei Verkehrsverstößen

 

Carsten Krumm

4. Auflage

2So nutzen Sie dieses Buch

Die folgenden Elemente erleichtern Ihnen die Orientierung im Buch:

Beispiele

In diesem Buch finden Sie zahlreiche Beispiele, die die geschilderten Sachverhalte veranschaulichen.

Definitionen

Hier werden Begriffe kurz und prägnant erläutert.

Die Merkkästen enthalten Empfehlungen und hilfreiche Tipps.

Auf den Punkt gebracht

Am Ende jedes Kapitels finden Sie eine kurze Zusammenfassung des behandelten Themas.

Zum Inhalt

Bußgelder, Fahrverbote und Punkte drohen auch den sorgfältigsten Verkehrsteilnehmern. Meist ist den Betroffenen schon bei Begehung der Ordnungswidrigkeit, spätestens aber mit Eingang des Anhörungsbogens bewusst, welche Konsequenzen drohen. Dieser Ratgeber erklärt verständlich die Rechtslage und gibt erste Anhaltspunkte, wie man sich im Verfahren verhalten sollte.

Erfahren Sie hier alles Wesentliche

5Vorwort

Bußgelder, Fahrverbote und Punkte drohen auch den sorgfältigsten Verkehrsteilnehmern. Meist ist den Betroffenen schon bei Begehung der Ordnungswidrigkeit, spätestens aber mit Eingang des Anhörungsbogens bewusst, welche Konsequenzen drohen und somit abzuwehren sind. Gerade für Situationen wie diese will Ihnen der Ratgeber Unterstützung bieten. Er kann gleichwohl für Sie eine Art Lotse durch das Bußgeldverfahren sein.

Ob Geschwindigkeitsübertretung, Falschparken oder Verstoß gegen das Handyverbot am Steuer – in diesem Buch erfahren Sie alles Wissenswerte über die wichtigsten und am häufigsten vorkommenden Verkehrsverstöße und die drohenden Folgen, nämlich über Geldbußen, Fahrverbot und Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg. Darüber hinaus erhalten Sie nützliche Tipps, wie Sie sich effektiv gegen Bußgeldbescheide zur Wehr setzen und wann Verkehrsverstöße verjährt sind.

Vielleicht noch ein Hinweis vorab: Natürlich sollte sich jeder Leser auch immer seiner eigenen Fähigkeiten bewusst sein und sich nicht überfordern. Überlegen Sie daher spätestens, wenn das Verfahren vor Gericht verhandelt wird, ob Sie sich nicht besser einen erfahrenen Verkehrsanwalt zu Hilfe nehmen. Immerhin wird dieser die Sache mit dem erforderlichen Abstand betrachten und ein guter Ratgeber sein.

Zwar sind die meisten Rechtsanwälte mit Verkehrssachen vertraut, doch sollte man in erster Linie Fachanwälte für Verkehrsrecht, Vertragsanwälte der großen Automobilklubs (ADAC, ACE oder AvD) oder Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft 6Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) kontaktieren – hier ist Fachwissen tatsächlich sichergestellt.

Einzelne Gerichtsentscheidungen werden in diesem Buch aus Platzgründen nicht dargestellt. Die wesentlichsten Paragrafen aber sind benannt, um Ihnen ein Nachlesen zu ermöglichen. Gibt man etwa die Paragrafenbezeichnung in eine Internetsuchmaschine wie Google ein (zum Beispiel „§ 47 OWiG“), so findet man sofort die aktuelle Gesetzesfassung, oft sogar Hinweise auf einschlägige Gerichtsentscheidungen. Auch der Bußgeldkatalog ist frei zugänglich im Internet erreichbar.

 

Allzeit gute Fahrt wünscht

Carsten Krumm

7Das Bußgeldverfahren

Ein normaler, alltäglicher Verkehrsverstoß ist in der Regel keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Diese Unterscheidung ist wichtig: Ordnungswidrigkeiten sind nämlich kein kriminelles Unrecht. Man ist als Täter also nicht etwa „vorbestraft“. Ordnungswidrigkeiten werden, anders als Straftaten, nicht durch die Staatsanwaltschaft, sondern regelmäßig durch Verwaltungsbehörden verfolgt.

Große Teile des Bußgeldverfahrens sind jedoch dem Strafprozess nachempfunden. Das maßgebliche Verfahrensrecht, nämlich das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) verweist an zahlreichen Stellen auf die Strafprozessordnung (StPO). Das Ordnungswidrigkeitenrecht kennt so auch keine Strafen, sondern nur Bußgelder und als (straßenverkehrsrechtliche) Nebenfolge das Fahrverbot.

Das Bußgeldverfahren ist zweigeteilt: Es gibt zum einen das behördliche Verfahren bei einer Verwaltungsbehörde (zum Beispiel einer kreisfreien Stadt). Davon unterscheidet man das gerichtliche Verfahren, das beginnt, wenn ein Bußgeldbescheid ergangen ist und von dem betroffenen Fahrer angefochten wurde. Die gerichtlichen Verfahren finden in der Regel vor dem Amtsgericht statt, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Auf den folgenden Seiten erfahren Sie, wie das Bußgeldverfahren beginnt, mit welchen Schreiben Sie rechnen müssen, wie das Gerichtsverfahren abläuft und welche Rechte Sie im Prozess haben.

8„Erwischt“ – Was passiert nun?

In Straßenverkehrssachen beginnt das Verfahren nahezu immer damit, dass die Polizei oder eine andere Behörde – dies ist je nach Bundesland verschieden – in ihrem Zuständigkeitsbereich eine Ordnungswidrigkeit feststellt. Oftmals wird man als Fahrer vor Ort gar nicht angesprochen, so etwa, wenn man durch sogenannte „Starenkästen“ geblitzt wird. Dagegen werden nach Lasermessungen, Messungen durch Nachfahren oder polizeilichen Rotlichtüberwachungen die jeweiligen Fahrer („Betroffene“) angehalten und ihre Personalien gesichert.

Aussage vor Ort? Nein: Schweigen ist Gold!

Wer vor Ort nach einer angeblichen Ordnungswidrigkeit angehalten wird, für den sollte in der Regel gelten: „Mund halten“. Lassen Sie sich keinesfalls auf eine Diskussion ein und kontrollieren Sie alles, was der Beamte aufschreibt.

Achtung

Schon ein einfaches Nicken vor Ort kann von der Polizei in der Eile als „Zugeben des Tatvorwurfs“ verstanden werden. Wollen Sie also schweigen, so sagen Sie etwa: „Ich will zu den Vorwürfen nichts sagen!“

Polizeibeamte versuchen auch oft, irgendeine Äußerung aus den betroffenen Fahrern „herauszukitzeln“. Lassen Sie sich besser nicht auf derartige Versuche ein, wenn Sie nicht ganz sicher sind, ob das, was Sie tun, richtig ist.

9Sollten die Polizeibeamten schließlich doch etwas in die Anzeige aufnehmen, was Sie gesagt haben sollen, so widersprechen Sie sofort, falls dies nicht stimmt.

Praxistipp

Normalerweise müssen Sie vor jeder Äußerung darüber belehrt werden, dass Sie nichts zur Sache sagen müssen. Bestehen Sie also vor Ort darauf, dass Ihnen gezeigt wird, was zum Vorfall schriftlich festgehalten wurde. Spontanäußerungen vor Belehrung gegenüber Polizeibeamten und auch solche nach Belehrung sind verwertbar – Äußerungen im Rahmen einer Vernehmung ohne vorherige ordnungsgemäße Belehrung dagegen nicht!

Viele Polizeivordrucke enthalten als Standardformulierung den Zusatz, der Betroffene sei belehrt worden. Ist dies erst einmal aktenkundig, so dürfte es zumeist müßig werden, einige Monate später in der Hauptverhandlung mit dem eingesetzten Polizeibeamten darüber zu diskutieren. Dieser wird nach bestem Wissen erklären, er könne sich an dieses Detail nicht mehr erinnern, er übernehme aber die Gewähr für die Richtigkeit seiner Eintragungen. Dies reicht für den Richter – er kann alles, was Sie gesagt haben, durch Vernehmung des Polizeibeamten verwerten!

Haben Sie zufällig im Auto einen Fotoapparat oder ein Fotohandy dabei? Es empfiehlt sich stets, von dem Tatort, dem Standort der Polizei, dem Messgerät, der Ampel, der Beschilderung, den Sichtverhältnissen oder was Ihnen auch sonst relevant erscheint, Fotos zu machen. Sollte eine Dokumentation 10vor Ort nicht möglich sein, dann ist es ratsam, dies alsbald nachzuholen.

Praxistipp

Notfalls helfen auch Skizzen oder die Ansprache anderer Verkehrsteilnehmer als mögliche Zeugen. Notieren Sie daher am besten immer deren Anschrift und die Kfz-Kennzeichen.

Anhörungsbogen: Muss ich den ausfüllen?

Sind Sie aus Sicht der Straßenverkehrsbehörde der Fahrer des Fahrzeugs, mit dem der Verstoß begangen wurde, so übersendet Ihnen die Bußgeldstelle einen sogenannten Anhörungsbogen. Durch diesen werden Sie über den genauen Tatvorwurf aufgeklärt.

Achtung

Auf den Anhörungsbogen müssen Sie nicht antworten! In der Regel empfiehlt sich dies auch nicht, da zuweilen die Fahreridentität aus Sicht der Behörde gar nicht wirklich feststeht.

Die Bußgeldstelle hofft natürlich in der Regel, dass Sie noch irgendetwas zur Richtigkeit des Vorwurfs sagen werden. Im Übrigen kann ohne förmliche Zustellung („Postzustellungsurkunde“) niemand beweisen, dass Sie überhaupt einen solchen Bogen erhalten haben.

11Der Anhörungsbogen lässt „in der Regel nicht“ erkennen, welche Rechtsfolgen drohen. Immer wird jedoch entweder eine „BKat-Nr.“ oder eine „TBNR“ angegeben. Erstere verweist auf den Bußgeldkatalog, letztere auf den parallel existierenden und nahezu deckungsgleichen bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog, der den Bußgeldkatalog in Verwaltungsdeutsch übersetzt.

Praxistipp

Beide Kataloge kann man in der jeweils aktuellen Version im Internet unter www.kba.de (Homepage des Kraftfahrtbundesamtes) nachlesen und herunterladen. Die Verstöße sind numerisch geordnet, es ist daher relativ einfach, den Sie betreffenden Tatbestand zu finden.

Nicht zu vernachlässigen ist auch, dass die Verwaltungsbehörde oft die Beantwortung des Anhörungsbogens abwartet. Angesichts der Verjährung kann ein „Nichtstun“ unter Umständen dazu führen, dass das Verfahren behördenintern einfach „vergessen“ wird. Diese (wenn auch nur geringe) Chance sollten Sie nutzen.

Praxistipp

Ist ein naher Angehöriger (Kind, Eltern, Geschwister) von Ihnen gefahren, so müssen Sie dies keinesfalls preisgeben. Hier haben Sie ein Zeugnisverweigerungsrecht. Sie können im Anhörungsbogen etwa angeben: „Der Fahrzeugführer ist ein naher Angehöriger – ich verweigere jede Aussage.“

12Muss ich ein Fahrtenbuch führen, wenn ich auf Behördenschreiben nicht antworte?

Vor der Fahrtenbuchauflage haben die meisten Autofahrer verständlicherweise Angst. Grundsätzlich besteht eine solche Möglichkeit natürlich, wenn der Fahrer des Fahrzeugs nicht benannt werden kann – die meisten Behörden werden jedoch von einer derartigen Maßnahme Abstand nehmen. Immerhin sind Bußgeldsachen Massenverfahren! Die Praxis ist in dieser Hinsicht jedoch regional sehr unterschiedlich, sodass hier tatsächlich Vorsicht geboten ist.

Faustformel: Je erheblicher der Verstoß, desto eher ist bei fehlender Mitwirkung zur Klärung der Täteridentität mit einer Fahrtenbuchauflage zu rechnen. Ausreichend sind bereits nicht geklärte Verstöße, für die Punkte in Flensburg vergeben werden.

Praxistipp

Geben Sie am besten gegenüber der Bußgeldstelle zunächst einmal gar keine Antwort auf den Anhörungsbogen ab, falls dieser nicht förmlich zugestellt wurde – schicken Sie ihn also nicht zurück! Dies ist allemal besser, als mitzuteilen, dass man selbst nicht wisse, wer der Fahrer war – eine solche Antwort fordert geradezu eine Fahrtenbuchauflage heraus!

13Was passiert, wenn der Fahrer auf dem Foto von Ihnen nicht benannt wird?

Kann die Bußgeldstelle den Fahrer nicht auf dem Messfoto erkennen, so wird beim Halter des Fahrzeugs nachgefragt und ggf. weiter ermittelt.

Beispiele

Auf dem Radarfoto ist eine männliche Person als Fahrzeugführer abgebildet. Halterin des Fahrzeugs ist Frau Müller. Diese wird zunächst von der Bußgeldstelle ein Schreiben zur Fahrerermittlung erhalten. Teilt sie der Behörde den Namen des Fahrers nicht mit, so wird weiter ermittelt.

Oft wird bei Anhaltspunkten hinsichtlich der Identität des Fahrers auf die Lichtbilder zurückgegriffen, die bei der Meldebehörde vorhanden sind. Dies führt dann zu einem Fotovergleich. Eigentlich darf die Bußgeldstelle dies nicht, die Ergebnisse des Lichtbildvergleichs sind jedoch verwertbar.

Achtung

Zulässig ist auch in schweren Fällen ein Durch­suchungsbeschluss durch das Amtsgericht – derartiges findet oft bei Motorradfahrern statt, um diese durch aufgefundene Kleidungsstücke/Helme etc. anhand des Messfotos identifizieren zu können.

Kann der Fahrer durch Lichtbildvergleich nicht identifiziert werden, so wird – jedenfalls bei Geldbußen ab 60 Euro (für die also Punkte drohen) – regelmäßig die für den Aufenthaltsort des Halters zuständige Polizei oder Ordnungsbehörde 14beauftragt, den Fahrer zu identifizieren. Der Mitarbeiter des Ordnungsamtes oder ein Polizeibeamter erscheint dann etwa am Halterwohnsitz und befragt die Familie des Halters und Nachbarn unter Vorlage des Tatfotos.

Verfahren ohne Folgen: die Einstellung

Bestehen trotz der Ermittlungen noch Zweifel an Ihrer Tatbegehung oder der Täterschaft, so stellt die Behörde das Verfahren ein. Das Gesetz kennt zwei Arten der Einstellung:

  • die Einstellung mangels Tatverdachts
  • und die Einstellung nach § 47 OWiG, wenn es trotz möglichen Verstoßes einer Ahndung nicht bedarf.

Praxistipp

Beide Einstellungen werden nicht in das Flensburger Fahreignungsregister eingetragen. Es gibt also keine Punkte!

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