Alessandra Reß
Die Türme von Eden
Reß, Alessandra: Die Türme von Eden, Hamburg,
Lindwurm Verlag 2020
Originalausgabe
ePub-eBook: ISBN 978-3-948695-21-7
PDF-eBook: ISBN 978-3-948695-20-0
Print: ISBN 978-3-948695-19-4
Lektorat: Angellika Bünzel, Lektorat Bünzel
Satz: Flora Schöntaube, Lindwurm Verlag
Cover: © Annelie Lamers, Lindwurm Verlag
Covermotiv: Hintergrund & Struktur: pixabay.com
Innenillustration: von Sepia100 / stock.adobe.com
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TEIL I
LEGBA
KAPITEL 1
ABSCHIED
»Es ist Zeit.«
Keri nickte.
Die Besucher hatten dieses Mal darauf verzichtet, Aufsehen zu erregen. Zu zweit standen sie im Dunkeln vor der Eingangstür, ein Mann und eine Frau, ausnahmsweise nicht umgeben von der Traube neugieriger Gaffer, die ihresgleichen sonst auf Schritt und Tritt folgte. Ihre Uniformen verbargen sie unter schwarzen Mänteln.
Keri wusste trotzdem allzu genau, wer oder vielmehr was sie waren. Zwar war sie sich nicht sicher, ob sie den beiden schon einmal begegnet war, doch die Besucher verströmten die charakteristische Kälte der Liminalen.
»Wir warten im Hof«, sagte die Frau. Ihre Stimme klang sanft und kam Keri vage bekannt vor, aber sie konnte diese Leute nicht auseinanderhalten. Ob Mann oder Frau, groß oder klein, dunkel- oder hellhäutig – ihre Aura war immer die gleiche. Egal, wie sanft sie klangen, sie blieben kalt.
»Du hast fünfzehn Minuten. Du brauchst nichts mitzunehmen.«
Wieder nickte Keri, worauf sich die beiden umdrehten und in der Dunkelheit verschwanden. Ihre Schritte knirschten im Kies.
Keri schloss die Tür und ging ins Haus zurück. Ihre Eltern und Max saßen im Wohnzimmer. Max’ kleine Tochter schlummerte an seiner Schulter. Wortlos sahen die drei Keri an und in ihrem Blick las sie, dass sie wussten, wer an der Tür gewesen war.
Ihre Mutter reagierte als Erste, kam auf Keri zu und umarmte sie – das erste Mal seit Monaten, das zweite Mal in den letzten vier Jahren. Keri zögerte einen Moment, dann erwiderte sie die Geste. Früher hatte sich das vertraut angefühlt. Heute schmeckte es nach Erinnerung. Keri spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete.
Ihre Mutter ließ sie los und trat zurück. Sie lächelte.
»Wir sind so stolz auf dich«, flüsterte sie und fischte eine einzelne Träne aus ihrem Augenwinkel. »Du tust das Richtige.«
Keri versuchte zurückzulächeln, war sich aber unsicher, ob es ihr gelang.
Ihr Vater sagte nichts, als er sie an der Schulter drückte. Doch auch er lächelte, obwohl Traurigkeit in seinem Blick lag. Dann kehrte er zu seinem Sessel zurück und eine unangenehme Stille erfüllte den Raum. Worüber sprach man, wenn man nicht wusste, ob man einander je wiedersah?
»Ich muss … was holen«, brachte Keri schließlich hervor und floh aus dem Wohnzimmer, die Treppe hinauf in ihre Kammer. Sie schloss die Tür, lehnte sich mit geschlossenen Augen dagegen und atmete tief durch.
Seit Monaten hatte sie gewusst, dass dieser Moment kommen würde. Dass sie irgendwann vor der Tür stehen und Keri abholen würden. Es war in Ordnung. Sie hatte sich das selbst ausgesucht und es kam ihr auch heute noch richtig vor. Meistens zumindest.
Mit einem Seufzen öffnete Keri die Augen und sah sich um. Es gab nichts, das sie holen musste. Auch das hatten sie ihr schon vor Monaten gesagt. Keris altes Leben würde hierbleiben und es sollte nichts geben, was sie daran erinnerte.
Der Gedanke, sich von all den Dingen zu trennen, tat weh. Da waren die alten Bücher, die sie irgendwann aus der Bibliothek mit heimgenommen hatte, weil sich außer ihr ohnehin niemand für die Geschichten interessierte. Da waren die Kleider, die ihre Freundin Penninah ihr genäht hatte, die Fotoalben voller Erinnerungen an früher und vor allem der Armreif mit den Blumenornamenten. Es war Valerians letztes Geschenk an sie gewesen.
Valerian … Auf Keris Schreibtisch lag ein Blatt Papier. Sie hatte ihm noch schreiben wollen, aber dafür blieb keine Zeit mehr. Vielleicht würde es auch bald keinen Grund mehr dazu geben.
Im Grunde war es gut, dass diese Dinge hierblieben. Sie würden sie nur ablenken und an ihrer Entscheidung zweifeln lassen.
Eines aber musste Keri mitnehmen. Aus ihrem Schrank holte sie ein reich besticktes Leinenkleid. Seit fünf Jahren hatte sie es nicht mehr getragen. Der Stoff war viel zu kühl für diese Jahreszeit und wahrscheinlich würde Keri bald selbst ihre Kleidung ablegen müssen – sie hatte noch nie gesehen, dass die Liminalen etwas anderes als ihre Uniformen getragen hätten, von den Umhängen einmal abgesehen. Aber das Kleid schien ihr für den Moment angemessen.
Sie hatte es gerade angezogen, als es an der Tür klopfte.
»Ja?«, fragte sie zaghaft und erwartete, ihre Mutter zu sehen. Doch zu ihrer Überraschung betrat Max das Zimmer.
Eine Weile musterten sie einander wie zwei Fremde, die einander zum ersten Mal sahen. Und tatsächlich war ihr Bruder in den letzten Jahren für sie zu einem Fremden geworden. Wenn sie einander in der Stadt begegneten, hatte er meist nicht einmal einen abfälligen Blick für sie übrig, und auch in der Familie machte er keinen Hehl aus seiner Abneigung. Es fiel ihr schwer, ihn anzusehen. Sie kratzte sich am Arm.
»Es ist gut, dass du das machst«, sagte er schließlich.
Keri blinzelte überrascht.
»Das ist deine Chance, es wiedergutzumachen«, fügte er hinzu. Er schien mit sich zu ringen, noch etwas sagen zu wollen. Das Unausgesprochene hing in der Luft und Keri wünschte sich, Max würde es aussprechen. Doch er beließ es bei einem letzten Blick und einem Stirnrunzeln. Vielleicht erinnerte er sich an den Tag, an dem er das Kleid zuletzt an ihr gesehen hatte?
Nachdem er gegangen war, starrte Keri eine Weile reglos auf die geschlossene Tür. Die wenigen Worte ihres Bruders hatten sie gefreut und zugleich wehgetan. Ihre ganze Familie schien sicher zu sein, dass sie das Richtige tat. Dass es Kaniwe war, ihr Schicksal. Ihre Chance, die Schuld von sich zu nehmen, die sie vor fünf Jahren auf sich geladen hatte. Vielleicht würden ihre Eltern sie eine Weile vermissen. Aber im Grunde waren sie froh über den Weg, den Keri gewählt hatte. Jetzt konnten sie sie wieder als ihre Tochter bezeichnen.
Keri faltete die Kleidung, die sie ausgezogen hatte, ordentlich zusammen. Ob ihre kleine Nichte sie einmal bekommen würde? Nun würde Max das vielleicht zulassen. Vielleicht wäre er sogar stolz, wenn er seine Tochter in Keris Kleidern sah.
Vielleicht tat Keri tatsächlich das Richtige.
Sie ging wieder nach unten, warf ihrer Familie ein Lächeln zu, das sie erwiderten. Alle. Zu sagen gab es nichts mehr, oder vielleicht auch zu viel, um es auszusprechen.
Keri wandte sich um und ging in die Kälte.
KAPITEL 2
RÜCKKEHR
Misakis Augen folgten dem kleinen roten Punkt, der sich langsam durch die Schwärze bewegte, die alles war, was auf dem Bildschirm von der Weite zwischen dem Planeten Legba und der Umlaufbahn des Mondes Cyberia angezeigt wurde.
»Einen Moment lang dachte ich ja, sie würden geradewegs nach Cyberia fliegen«, sagte Oswin, der neben Misaki saß und sich auf seinem Drehstuhl ständig von rechts nach links drehte. Er grinste.
»Ich finde diese Vorstellung nicht witzig«, sagte Jerram. Mit verschränkten Armen stand er neben seinen beiden Freunden.
Oswin hob beschwichtigend die Hände. »Sie sind ja vorbeigeflogen.«
»Schon zum zweiten Mal«, bemerkte Jerram mit finsterem Blick.
»Vermutlich gibt es keine Neuigkeiten dazu, was sie auf Cuchulain gewollt haben könnten?«, fragte Misaki und drehte sich zu Jerram um, der so intensiv auf den Bildschirm blickte, als hoffe er, den Punkt kraft seiner Gedanken verschieben zu können.
Er schüttelte den Kopf. »Sie haben eine Gau-Hauptstadt auf dem Planeten angeflogen und knapp zwei Stunden dort verbracht. Soweit wir sagen können, nur um Aufzutanken und ein paar Waren an Bord zu holen, ehe sie auf fast demselben Weg wieder nach Legba zurückgeflogen sind.«
»Eine Gau-Hauptstadt.« Misaki verzog das Gesicht. »Auf Cuchulain klingt einfach alles martialisch. Was meint ihr denn, welche Art von Waren das gewesen sein könnten?«
»Äxte, Schwerter, Wolfsfelle, Leder aus Menschenhaut, …«
»Oswin!« Jerrams Stimme hatte einen warnenden Unterton.
»Was denn?«, fragte Oswin mit unschuldigem Blick. »Ich kenn mich aus mit den Handelswaren, die Cuchulain an irre Reisende vertickt!«
Jerram rollte mit den Augen, wandte sich dann aber an Misaki, als habe es den Einwurf ihres Kollegen nie gegeben. »Das versuchen unsere Leute auf Cuchulain noch herauszufinden. Bisher deutet alles darauf hin, dass es sich um gewöhnliche Lebensmittel gehandelt hat – Reis, Brot, ein paar Früchte.«
»Das ergibt einfach keinen Sinn.« Oswins Grinsen war wie weggefegt. »Das alles findet man auch auf Legba. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Liminalen extra nach Cuchulain fliegen, nur um exotisches Obst abzuholen, das bis Legba ohnehin ungenießbar sein wird. Meint ihr nicht … also, wäre es nicht denkbar, dass Renovas an Bord aufgeflogen ist und sie das Signal nur noch nutzen, um uns zu verwirren?«
Misaki musste schlucken. »Sag doch sowas nicht«, flüsterte sie.
»Wir gehen allen Möglichkeiten nach, die uns einfallen«, sagte Jerram tonlos. »Ich denke aber nicht, dass sie sich mit solchen Spielchen aufhalten würden. Wenn sie von Renovas’ Doppelrolle wüssten, befände sich sein Sarg schon auf dem Weg zu uns. Ich denke eher …« Er verstummte.
»Was?«, fragte Misaki beunruhigt.
»Es gibt vieles, was wir in Betracht ziehen sollten. Möglicherweise haben die Liminalen wirklich nur ihre Vorräte für die Rückreise aufgestockt. Vielleicht haben sie auch jemanden abgeholt oder etwas abgeliefert, oder vielleicht versuchen sie, Spuren zu verwischen.«
»Spuren verwischt man doch nicht, indem man über eine der Hauptrouten eine Großstadt anfliegt!«, hielt Misaki dagegen und zwirbelte geistesabwesend eine lange schwarze Strähne um ihren Zeigefinger. »Und mit Sicherheit haben sie auch Transporter auf Cuchulain, die was auch immer nach Legba bringen könnten.«
Jerram nickte langsam. »Ich bin mir der Probleme in meinen Überlegungen bewusst.«
Misaki fragte sich, ob in seinem Kommentar eine Maßregelung lag. Seit sieben Jahren arbeitete sie mit Jerram zusammen und noch viel länger zählte sie ihn zu ihren Freunden – eine Zeit lang war er für sie sogar noch mehr als das gewesen. Dennoch fiel es ihr inzwischen immer schwerer, zu deuten, was hinter seinen Aussagen lag. Dass er sich Sorgen machte, war offensichtlich – das machten sie sich alle. Nicht nur wegen der seltsamen Route der Liminalen, sondern vor allem, weil Renovas bei ihnen an Bord war, anstatt gemeinsam mit seinen Freunden im Büro zu sitzen. Im Prinzip unternahm er nur eine Dienstreise, wie er es schon unzählige Male zuvor getan hatte. Nur konnte dieses Mal keiner sagen, wohin sie führte.
Trotzdem, im Moment war es nicht nur die Sorge um Renovas, die Jerram so verbissen machte.
»Nun, inzwischen haben sie ihre Route geändert und fliegen nicht mehr wie auf dem Hinweg«, sagte Oswin und strich sich durch den hellbraunen Bart. »Seht ihr?« Er richtete sich auf und fuhr auf dem Bildschirm die grüne Linie nach, die den Flug der Liminalen dokumentierte. »Bis hierhin«, er zeigte auf eine Stelle, »haben sie noch denselben Weg genommen, danach sind sie abgewichen.«
Jerram zuckte mit den Schultern. »Wenn sie zurück nach Make wollen, ist das nicht so verwunderlich.«
»Ich habe meine Zweifel, dass sie dorthin zurückfliegen. Bald treten sie in die Atmosphäre von Legba ein und derzeit deutet nichts darauf hin, dass sie auch nur entfernt planen, die Stadt anzusteuern.«
»Anscheinend haben sie eine komplizierte Art des intraplanetarischen Flugs gewählt«, sagte Misaki mit einem schiefen Lächeln.
Jerram ging darauf nicht ein, sondern betrachtete schweigend den Punkt, der sich weiter dem blauen Planeten Legba näherte.
»Wie dem auch sei«, sagte er schließlich. »Ich habe einen Termin mit Behzad. Oswin, du wertest weiter die Aufnahmen aus Adad aus. Misaki behält Renovas und seine Liminalen im Auge.«
Er stand auf und begann, seine Sachen zusammenzusuchen. Oswin seufzte hörbar, tat es seinem Vorgesetzten aber gleich.
Misaki wandte sich wieder dem Bildschirm zu, wo nun am Rande Legba sichtbar wurde, der größte und bevölkerungsreichste Planet Aditis. Dorthin flog Renovas – gemeinsam mit Mitgliedern eben jener Organisation, die er so verabscheute.
Jerram hatte Bedenken gehabt, ausgerechnet ihn auf diese Mission zu schicken. Nicht nur, dass die Folgen nicht absehbar waren, was mit Renovas geschehen würde, wenn die Liminalen entdeckten, dass sie einen Spion unter sich hatten. Das Problem lag auch bei Renovas selbst. Niemand in Jerrams Abteilung war den Liminalen besonders zugetan – selbst, wenn man von ihren schrägen Ansichten absah, gab es dafür einfach zu viele ungeklärte Verbrechen, die in Richtung der Organisation wiesen. Doch Renovas’ Abneigung ging tiefer, grenzte an Verachtung. Und das mochte ihn zu voreingenommen machen, zu unvorsichtig. Wie sollte er sich einer Organisation unterordnen, für die er keinerlei Verständnis aufbrachte?
Misaki schüttelte den Gedanken ab, während Jerram und Oswin den Raum verließen. Es nutzte nichts, wenn sie sich endlos diese Fragen stellte – Jerram hatte schließlich nachgegeben und Renovas war aufgebrochen. Der rote Punkt war im Moment alles, was Misaki von ihm geblieben war.
Inzwischen zeigte er an, dass der Transporter mit Renovas und den Liminalen an Bord in die Atmosphäre Legbas eingedrungen war. Als er zum Landeanflug ansetzte, zoomte Misaki die Karte näher heran und langsam wurden Einzelheiten des Planeten sichtbar. Kontinente, Ozeane, sogar Gebirge konnte Misaki ausmachen, bis …
Schlagartig richtete sie sich auf, ihre Augen bewegten sich hektisch über den Bildschirm. Wo war das Signal hin?
Misaki zoomte die Karte noch näher heran, bis sie sogar Flüsse und Großstädte erkennen konnte. Die grüne Linie, die Renovas’ Flug seit Cuchulain markierte, war wie üblich verschwunden, sobald der Transporter die Atmosphäre erreicht hatte. Das Signal hätte aber weiter sichtbar sein sollen, doch es gab keine Spur mehr davon.
Schweißperlen traten auf Misakis Stirn. Der Kontakt zu Renovas war endgültig abgebrochen.
KAPITEL 3
ENTSCHEIDUNG
Die meisten Menschen, die nicht enttarnt werden wollten, legten sich eine neue Identität zu.
Dante kehrte zu seiner Alten zurück.
»Twi Dante Feyn«, las die Liminale auf der anderen Seite des Schreibtischs in Legbas Standardsprache vor.
Es war seltsam, so angesprochen zu werden. Wie lange war es her, dass Dante auf diesen Namen gehört hatte? Sechs Jahre, sieben?
Die Frau blickte weiter auf seine ID-Karte, obwohl sie ohne ein Lesegerät nicht viel davon ablesen konnte. Vermutlich wusste sie ohnehin bereits alles über ihn. Wer es bis hierhin schaffte, war gründlich durchleuchtet worden und ein offenes Buch für die Liminalen. Außer man besaß die richtigen Freunde auf Cyberia.
Endlich sah die Liminale auf. »Sie sind auf … Thot geboren?«, fragte sie. Das kurze Zögern machte deutlich, dass sie sich nicht sicher war, wie sie Dantes einstigen Heimatplaneten nennen sollte. Sie hatte sich für die nostalgische Variante entschieden.
»Ja«, entgegnete er wahrheitsgemäß.
Der Blick der Frau war schwer deutbar. Bei seinen Recherchen zu Eden war sie Dante schon häufiger aufgefallen. Beispielsweise war sie auf den Aufzeichnungen aus Adad und Demeter zu sehen gewesen, als man die beiden Neophyten abgeholt hatte. Vor dreizehn Monaten, als einer von ihnen angeblich zurückgekehrt war, hatte Dante die Frau das erste Mal in persona gesehen. Sie hatte sein Interesse geweckt, weil ihre schmale Figur und die lockige Kurzhaarfrisur im ersten Moment deplatziert wirkten in der harten, dunklen Uniform der Liminalen. Doch wenn man sie näher betrachtete, wurde deutlich, dass der Eindruck täuschte: Ihr Körper war schmal, aber auch muskulös, und es ging eine reservierte Kälte von ihr aus, die nur allzu gut zur Uniform passte.
Dante vermutete, dass sie in der Organisation einen hohen Rang einnahm, deshalb überraschte es ihn, ihr nun gegenüberzusitzen. Warum ließ sie sich zu Gesprächen mit jemandem herab, der bisher nicht einmal ein Novize war? War Dante vielleicht doch aufgeflogen?
Nein. Wahrscheinlicher war es, dass sich diese Frau selbst ein Bild von den Menschen machen wollte, die Teil ihrer obskuren Gemeinschaft werden sollten. Die anderen potenziellen Novizen hatte Dante noch nicht kennengelernt, doch er vermutete, dass es nicht allzu viele waren. Die Liminalen gingen schließen nicht einfach herum und fragten, wer sich ihnen anschließen wollte. Ohne die Möglichkeiten der Suchenden hätte Dante nicht gewusst, wie er überhaupt in Kontakt zur Organisation hätte treten sollen, und er fragte sich, wie das jemandem gelingen sollte, der weder Bürger von Cyberia war, noch in Nähe eines ihrer Tempel lebte. Normalerweise suchten sich die Liminalen ihre potenziellen Novizen selbst aus oder nutzten ihre Kontaktpersonen dafür. »Wenige meiner Brüder und Schwestern kommen von Thot«, bemerkte die Frau und riss Dante damit aus seinen Gedanken.
Kein Wunder, dachte er. Niemand verlässt mehr die Ruinen.
»Wann sind Sie von dort weggegangen?«
»Ich war zwanzig.«
»Vor vierzehn Jahren also.«
Es war eine Feststellung, doch Dante spürte die unausgesprochene Frage dahinter. ›War es Zufall oder wurdest du gewarnt?‹ Die Liminale besaß genug Pietät, die Frage nicht zu stellen und stattdessen zur nächsten überzugehen.
»Sind Sie noch einmal zurückgekehrt?«
Dante öffnete den Mund, zögerte aber einen Moment. Die Frage kam überraschend und verunsicherte ihn. In Gedanken ging er den Lebenslauf durch, den er mit Oswin und Misaki erstellt hatte. Laut diesem hatte er seine zerstörte Heimat nie wieder besucht. Trotzdem blieb er lieber bei der Wahrheit, solange es ihm möglich war.
»Ja«, antwortete er daher. »Fünf Jahre später bin ich noch einmal an meinen Heimatort zurückgekehrt.«
Beziehungsweise zu dem, was noch von ihm übrig war.
Wieder so ein schwer deutbarer Blick.
Vielleicht hätte er das doch verschweigen sollen. Aber den Liminalen musste klar sein, dass er bei seiner Rückkehr gründlich durchgecheckt worden war und man ihn nie nach Legba zurückgelassen hätte, wenn er auch nur das geringste Anzeichen einer Kontamination gezeigt hätte.
Nach einem erneuten langen Schweigen fuhr die Frau in ihrer Befragung fort: »Sie haben angegeben, sich uns anschließen zu wollen, weil Sie nach einem neuen Sinn suchen. Nach etwas, woran Sie glauben können.«
Dante nickte. Dieser Teil war Misakis Idee gewesen. Sie fand, das passe zu ihm.
»Und Sie sind sicher, ihn bei uns zu finden?«
»Wenn nicht auf Eden«, entgegnete Dante, »dann nirgendwo.«
»Laut unseren Informationen haben Sie den Ruinenplaneten nie verlassen, bis Sie kurz vor dessen Zerstörung nach Legba gereist sind. Seitdem liegt dort Ihr Lebensmittelpunkt. Berufsbedingt haben Sie einige Monate auf Adad verbracht, ansonsten sind uns nur Kurzaufenthalte auf den anderen Planeten und Sibera bekannt.« Die Liminale benutzte die Bezeichnung der Auswärtigen für Cyberia. Jerram hatte Dante immer wieder eingeschärft, diesen Begriff zu verwenden, solange er sich in der Nähe von Liminalen befand.
»Es gibt noch viele Orte in diesem Sternensystem, die Sie nicht besucht haben und an denen Sie nach Ihrem Sinn suchen könnten«, fuhr die Frau fort. »Warum wollen Sie gerade den Engeln dienen?«
Wieder zögerte Dante. Zwar war die Antwort auf diese Frage durch die vorangegangenen Verhöre längst zur Routine geworden, doch er hielt es für klüger, seine Antwort nicht danach klingen zu lassen.
»Die Schweigenden sind tot«, antwortete er schließlich und blickte auf die Tischplatte. »Es gibt niemanden mehr, der den Menschen einen Weg weisen, der über sie wachen würde. Die Menschen haben versucht, für sich selbst Verantwortung zu tragen. Aber ich bin Zeuge ihres Versagens geworden.« Die Bitterkeit in seiner Stimme brauchte er nicht zu spielen. »Wo Menschen leben, existiert kein Sinn.«
Die Frau nickte. Sie wirkte zufrieden mit der Antwort.
»Sie haben nun zwei Möglichkeiten, Feyn«, erklärte sie. »Entweder Sie gehen durch die Tür hinaus, durch die Sie diesen Raum betreten haben. Dann bekommen Sie Ihre ID-Karte zurück, bleiben, wer Sie sind, und können gehen, wohin es Ihnen beliebt. Sie werden vergessen, jemals hier gewesen zu sein, wie auch wir Sie vergessen werden. Sie können Ihr Leben frei leben, fern von jeglicher Verantwortung gegenüber der Welt. Oder Sie gehen durch diese Tür.« Sie wies auf einen unscheinbaren Durchgang hinter sich. »In diesem Falle werden Sie sich ab sofort unserer Gemeinschaft unterordnen und ein Teil von ihr werden. Sie werden tun, was Ihnen aufgetragen wird. Sie werden gehen, wohin Ihnen befohlen wird. Sie werden nur noch auf den Namen hören, den wir Ihnen gestatten, und das Leben, das Sie bisher gelebt haben, hinter sich lassen. Sie werden kein Ich mehr sein, sondern ein Wir. Sie werden den Dienern der Welt dienen, und das wird Ihr einziges Lebensziel sein, bis zu Ihrem Tod oder, wenn Sie sich als würdig erweisen, Ihrer Transformation. Es liegt in Ihrer Hand, wie Sie sich entscheiden. Doch bedenken Sie, dass es Ihre endgültige Entscheidung sein wird. Ein Zurück akzeptieren wir nicht.«
Dante hatte nie nachvollziehen können, wieso sich Leute freiwillig den Liminalen anschlossen. Die vier bewohnbaren Planeten und der Mond Cyberia boten so viele Möglichkeiten – was bewog einen da, sich dieser Gemeinschaft aus uniformierten Lügnern und Anhängern einer untergegangenen Zeit anzuschließen? Konnte die kleine Aussicht auf angebliche Unsterblichkeit so groß sein, dass man bereit war, sich diesem Schwachsinn unterzuordnen? Nach dieser Ansprache konnte er sich das noch weniger vorstellen.
Ohne ein Wort zu sagen, stand er auf. Die ID-Karte lag vor ihm, doch er ignorierte sie. Stattdessen umrundete er den Schreibtisch und öffnete die Tür hinter der Liminalen.
Die nächste Identität wartete.
KAPITEL 4
ERKENNTNIS
Als die Liminalen Keri in den Schlafsaal brachten, wäre sie am liebsten sofort wieder umgedreht. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte. Eine dunkle Kammer in einem der großen Engelstempel auf Legba vielleicht oder eine Kabine auf einer Raumstation? Vielleicht sogar einen herrschaftlichen Raum auf Eden, falls es diesen Planeten wirklich gab.
Stattdessen saß sie nun in einem Raum mit Linoleumboden, einfachen Holzbetten und staubigen Fenstern, die zu einem Innenhof hinausgingen. Außer ihr waren noch fünfzehn andere in dem Raum; Novizen wie sie, die darauf warteten, was nun mit ihnen geschah. Keri hatte nicht damit gerechnet, dass es so viele sein würden. Wenn sie ehrlich war, hatte sie bisher sogar geglaubt, die Einzige zu sein.
Die Novizen hatten nichts gemein mit den kalten Gestalten, die Keri verhört und später abgeholt hatten. Lachend und schwatzend saßen sie in kleinen Gruppen zusammen, kaum jemand blieb für sich. Die meisten von ihnen waren Erwachsene, doch kaum einer schien älter als Mitte Zwanzig zu sein.
In den letzten Jahren hatte Keri sich Mühe gegeben, anderen Menschen aus dem Weg zu gehen. Normalerweise war das auch nicht schwierig gewesen, denn wer gab sich schon mit einer Unglücksbringerin ab? Doch kaum hatte sie sich hier ein freies Bett ausgesucht, war eine hochgewachsene Frau mit schwarzem Pferdeschwanz und schräg stehenden Augen neben sie getreten. Sie sah sich durch Keris Schweigen offenbar nicht im Mindesten entmutigt, in ihrem schon seit ihrer Begrüßung andauernden Wortschwall fortzufahren. »Du musst wissen«, erzählte sie gerade mit leichtem Akzent, »daheim auf Adad gibt es zwar an jeder Ecke irgendeinen Tempel, aber versuch mal, Liminale aufzutreiben! Als ich endlich welche gefunden hatte, wollten sie mich abwimmeln, sie dachten wohl, ich würde es nicht ernst meinen. Aber ich hab mich durchgebissen und jetzt bin ich hier. Hoffe, das war den ganzen Stress wert. Ich meine«, sie senkte die Stimme und nickte zu den Fenstern, »wenn das da draußen Eden ist, überleg ich mir noch mal, ob das hier wirklich ein Job für mich ist.«
Keri sah zum Innenhof und lächelte müde. Nein, das war sicher nicht Eden. Es hieß, der verborgene Planet Eden sei ein Paradies aus Alabaster, auf dem der Himmel aus Diamanten bestehe und sich die Türme bis über die Wolken erhoben. Dort lebten die Liminalen und jene, denen sie dienten – die Engel.
»Entweder dort oder nirgends«, flüsterte Keri.
»Hm?«, fragte ihre Nachbarin, wartete aber keine Entgegnung ab, sondern sagte: »Guck mal, die beiden dahinten!«
Sie zeigte auf eine Gruppe von fünf jungen Männern, doch Keri ahnte, auf welche beiden die Bemerkung ihrer Gesprächspartnerin abzielte. »Cuchulainer«, stellte Keri fest. »Die Tätowierungen am ganzen Körper und die Undercuts sind Stammessymbole und weisen sie als Kriegsjungen aus.«
Während sie das sagte, hob einer der beiden den Kopf. Einen Moment lang trafen sich ihre Blicke und Keri sah schnell zur Seite, zum angrenzenden Bett. Ein Mann lehnte dort mit verschränkten Armen und musterte Keri kurz. Sie hatte das unangenehme Gefühl, dass er sie zuvor schon beobachtet hatte. Zu viele Menschen!
»Die Frisur sieht bescheuert aus«, sagte die Schwarzhaarige. »Erinnert mich an Streifenhörnchen. Huch, der eine kommt rüber.«
Keri sah wieder nach vorne und tatsächlich kam gerade der Cuchulainer herüber, dessen Blick sie zuvor begegnet war.
»Hallo«, begrüßte er sie. »Wollt ihr euch nicht zu uns setzen?« Er wies zu den anderen.
Keris Sitznachbarin stand auf. »Sie hier sagt, du kämst von Cuchulain. Stimmt das? Ich hab noch nie jemanden von dort getroffen.«
»Das ist jetzt gleich«, erwiderte der Mann nach kurzem Zögern. »Wir sind alle Kinder Edens.«
Hinter Keri ertönte ein Lachen und als sie sich umdrehte, bemerkte sie wieder den Mann, der am Bett lehnte.
»Hast du ein Problem?«, fragte der Cuchulainer ihn unwirsch.
Der andere schüttelte den Kopf. »Aber wir sind noch nicht auf Eden.«
Der Cuchulainer entgegnete nichts darauf und wandte sich wieder den Frauen zu. »Also, wenn ihr mögt …« Er deutete mit dem Kopf in Richtung seiner Freunde und ging zu ihnen zurück.
»Komm schon«, forderte Keris Sitznachbarin sie auf und folgte ihm.
Mit einem Seufzen erhob Keri sich, als sie erneut den Blick des Mannes auf dem Bett bemerkte.
»Ist was?«, fragte sie.
»Nein. Tut mir leid.« Sein Grinsen war verschwunden. »Ich dachte nur – du kamst mir bekannt vor.«
Keri musterte den Mann genauer. Er schien ihr einer der ältesten im Raum zu sein, sie schätze ihn auf Mitte dreißig. Seine halblangen Haare und der Dreitagebart waren von einem dunklen Braun, sein Teint hatte einen Bronzeton. Er war größer als der Cuchulainer, aber nicht so muskulös.
»Wie heißt du?«, fragte sie.
»Dante.«
»Woher kommst du?«
Ein kurzes Zögern. »Legba.«
»Ich kenne keinen Dante aus Legba.« Sie wandte sich um und folgte den anderen beiden. Sie war sich sicher, dem Mann nie begegnet zu sein. Aber gut möglich, dass er sie schon einmal gesehen hatte.
Keri musste schlucken. Sie hatte bisher nicht daran gedacht, aber was, wenn alle Novizen hier sie schon einmal gesehen hatten? Die Aufnahmen und Interviews waren damals um die Welt gegangen und wäre es nicht logisch, dass jemand, der sich für die Liminalen interessierte, sie sich noch einmal ansah?
Sie atmete tief ein und brachte nur ein kurzes Lächeln zustande, als die Gruppe um die beiden Cuchulainer ihr Platz machte, damit sie sich zu ihnen setzen konnte. Neugierige Blicke, jemand gab ihr die Hand. Aber keine Fragen mehr, ob man einander kenne, niemand sah sie zu lange an.
Nein, bestimmt erkannte sie hier niemand.
Sie wagte es nicht, zu Dante zurückzusehen. Vielleicht nur ein Missverständnis oder er hatte nach einem Weg gesucht, sie anzusprechen.
»Wir haben uns gerade gefragt, wie es nun weitergeht«, sagte ein schlaksiger, bleicher und rotwangiger junger Kerl aus der Gruppe um die Cuchulainer. Seine grüngefärbten kurzen Haare zogen zwangsläufig die Blicke auf sich. »Ob wir noch hierbleiben oder es bald weiter nach Eden geht.«
»Vielleicht trainieren sie uns hier? Sicher werden sie uns nicht einfach so nach Eden lassen«, vermutete der Cuchulainer, der Keri eben hergebeten hatte. »Das ist eine Ehre, die man sich verdienen muss.«
»Wo sind wir hier überhaupt?«, fragte die Schwarzhaarige.
»Es ist irrelevant, wo wir sind«, entgegnete der Cuchulainer. »Entscheidend ist, wo wir hinkommen.«
Ehe jemand darauf reagieren konnte, ging die Tür zum Schlafsaal auf und eine Liminale in Uniform trat ein.
Augenblicklich erstarben die Gespräche ringsum. Keri schlang unwillkürlich die Arme um sich. Ihr war, als sei die Temperatur um zehn Grad gefallen.
»Stellt euch auf«, befahl die Liminale.
Die Novizen erhoben sich und warfen einander unsichere Blicke zu.
»Jeder vor sein Bett!«, fauchte die Frau ungeduldig und die Novizen beeilten sich, der Forderung nachzukommen, bis sie einander in zwei Reihen gegenüberstanden.
»Ihr habt es weit geschafft«, begann die Liminale, sobald sich die Unruhe gelegt hatte. Langsam schritt sie den Mittelgang entlang, die Hände hinter ihrem Rücken verschränkt. »Weiter als die meisten anderen. Es ist euch gelungen, uns zu überzeugen, dass euer Herz und euer Verstand den Dienern der Welt gehören und ihr bereit seid, euch unserer Gemeinschaft und ihren Zielen unterzuordnen. Wir wissen das zu schätzen.« Ihr Blick und ihre Stimme ließen das allerdings bezweifeln. »Aber bevor ihr tatsächlich Teil unserer Gemeinschaft werdet, müsst ihr beweisen, dass auch eure Seelen dem Wunsch eures Herzens und eures Verstands folgen. Ihr müsst die Engel überzeugen.«
Keri beobachtete die Mienen ihrer Kameraden. Die Augen des Mannes ihr gegenüber glänzten, während er gebannt an den Worten der Liminalen hing, doch einige schauten verunsichert oder sogar ängstlich drein.
»Ihr werdet die Nacht hier verbringen«, sprach die Liminale derweil. »Euch wird Verpflegung gebracht werden und ihr erhaltet Hygieneartikel. Morgen erwarten euch dann die Prüfungen. Morgen wird sich zeigen, ob euer Herz, euer Verstand und eure Seele eins sind. Morgen wird sich zeigen, ob ihr die Kleidung der Dienersdiener tragen dürft und ob ihr eurer neuen Identität würdig seid. Morgen erst wird sich entscheiden, ob ihr würdig seid, zu uns zu gehören.«
Sie war am Ende der Reihen angekommen und musterte die Novizen noch einmal gründlich. »Ich hoffe, möglichst viele von euch wiederzusehen.« Mit diesen Worten ging sie den Weg zurück und verschwand durch die Tür.
Einen Moment lang blieb es ruhig, dann wurden die geordneten Reihen wieder zu einer Ansammlung kleiner Trauben und die Diskussionen fingen an.
»Ob sie einen Lügendetektor benutzen?«
»In Cuchulain ist es üblich, durch eine Tat seinen Mut zu beweisen. Bestimmt ist das hier ähnlich.«
»Es sind Götter oder wenigstens Halbgötter! Die brauchen keine Hilfsmittel, um uns in die Seelen zu schauen.«
Keri hörte den Gesprächen nur mit halbem Ohr zu. Mit einem leisen Seufzen ließ sie sich auf ihr Bett sinken.
Eine Prüfung also. Noch eine.
»Aber sie hat gesagt, die Engel prüfen uns!« Keri sah zu einem Mädchen, das vergeblich versuchte, sich Gehör bei einem der Grüppchen zu schaffen. Als sie Keris Blick bemerkte, sagte sie: »Die Frau hat doch gesagt, dass wir die Engel überzeugen müssen! Das heißt, wir werden tatsächlich Engel treffen!« Sie strahlte übers ganze Gesicht.
Keri zwang sich zu einem Lächeln. »Vielleicht hast du recht«, flüsterte sie viel zu leise dafür, dass das Mädchen sie hätte verstehen können. »Vielleicht werden wir einen Engel treffen.« Ihr Lächeln schwand.