12 Technik-Pflege-Mix: Vermittlung digitaler Kompetenzen in der professionellen Pflege

Prof. Dr. Wolfgang Becker

1 Einführung

2 Kompetenzbegriff und Kompetenzarten in der Pflege

3 Auswirkungen der Technisierung und Digitalisierung auf Pflegeprozesse und Kompetenzanforderungen

4 Entwicklung und Förderung digitaler Pflegekompetenzen

4.1 Bildungsbezogene Ebene

4.2 Betrieblich-organisatorische Ebene

5 Zusammenfassung

Literatur

Prof. Dr. habil. Wolfgang Becker

Prof. Wolfgang Becker leitet den Masterstudiengang „Management im Gesundheitswesen“ an der HFH • Hamburger Fern-Hochschule. Er verfügt über umfassende Erfahrungen in Lehre und Forschung zum Wissenstransfer und zur Evaluation im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich. Aktuell ist er mitverantwortlich für das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter dem Dach der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) geförderte Projekt „Sprint-Doku“ zur Evaluation des Einsatzes einer digitalen Pflegedokumentation in Verbindung mit selbstlernender Spracherkennung und -erfassung.

1 Einführung

1

Professionelle Pflege ist geprägt durch steigende Arbeitsverdichtung, zunehmenden Arbeitsdruck und wachsende körperliche und psychische Belastungen (Jacobs et al. 2019; Rothgang/Müller 2018). Dies geht einher mit einem sich verschärfenden Fachkräftemangel in Verbindung mit einer Zunahme der Pflegebedürftigkeit aufgrund des demografischen Wandels sowie einem Anstieg von Multi- und Komorbidität und chronischen Erkrankungen. Parallel dazu ist eine zunehmende Digitalisierung und Technisierung im Kontext von Pflege zu beobachten (Elmer/Matusiewicz 2019; BMG 2017; Rösler et al. 2018). Mit dem Einsatz pflegeunterstützender Technologien im Sinne des Technik-Pflege-Mix ist u. a. die Intention verbunden, zeitintensive und körperlich anstrengende Tätigkeiten im Pflegealltag zu reduzieren und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Insgesamt soll die Arbeit von Pflegekräften durch Digitalisierung erleichtert werden und dadurch mehr Zeit für eigentliche Pflege zur Verfügung stehen.

2

Auf politischer-rechtlicher Ebene sind Aktivitäten zu beobachten, die darauf abzielen, die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für einen effektiven Einsatz von digitalen Technologien in der professionellen Pflege zu verbessern. So wird z. B. im Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale Versorgung-Gesetz – DVG) vom 9. Dezember 2019 formuliert, dass mehr Leistungserbringer in der Pflege an die Telematikinfrastruktur angebunden und damit Verwaltungsprozesse vereinfacht werden sollen. Innovative Lösungen sollen schneller Eingang in die Gesundheitsversorgung finden, um eine qualitativ hochwertige und zugleich wirtschaftliche Erbringung von medizinischen und pflegerischen Leistungen gewährleisten zu können. In der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) haben die Akteure in der Arbeitsgruppe 3 „Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung“ u. a. vereinbart, dass ab 1. Oktober 2022 ambulante Pflegedienstleistungen der Pflegeversicherung nur noch auf elektronischem Weg mit den Kostenträgern – den Pflegekassen – abrechnen können (BMAS 2019, S. 87 ff.). Ab dem 1. April 2023 soll dies auch für Leistungen der häuslichen Krankenpflege gelten. In der häuslichen und stationären Pflege sowie in Krankenhäusern sollen zukünftig vermehrt technische Systeme zu Kontroll-, Routine- und logistischen Tätigkeiten als Unterstützung eingesetzt werden. Als Beispiele werden elektronische Dokumentationssysteme, robotische Systeme zum Transport, zur Lagerung und zur Mobilisierung von Personen, intelligente Pflegewagen sowie Systeme zur Risikovermeidung wie Tür-auf-Sensoren, Aufstehmelder, Sturzerkennung und Orientierungslichter genannt.

3

Vor dem Hintergrund der eingeleiteten bzw. in Zukunft wirksam werdenden Maßnahmen stellt sich die Frage, wie Pflegekräften zielgerichtet und aufgabenbezogen digitale Kompetenzen zur Nutzung von Technologien in der professionellen Arbeit vermittelt werden können. Im vorliegenden Beitrag werden zunächst der Kompetenzbegriff und die Kompetenzarten in der Pflege geklärt. Es folgt ein Überblick über die Auswirkungen der Technisierung und Digitalisierung auf pflegerische Arbeits- und Organisationsprozesse und die Kompetenzanforderungen in der professionellen Pflege. Abschließend wird der Frage nachgegangen, auf welchen Ebenen strategisch anzusetzen und wie vorzugehen ist, damit professionell Pflegende über die notwendigen digitalen Kompetenzen im Sinne von „Digital Care Literacy“ verfügen.

2 Kompetenzbegriff und Kompetenzarten in der Pflege

4

Kompetenzen beschreiben ganz allgemein Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse und Wissen zur selbstständigen Bewältigung von bestimmten Aufgaben (Dehnborstel 2015; Erpenbeck/Sauter 2015; Heyse et al. 2010). Sie sind auf berufliche Handlungs- und Entscheidungssituationen ausgerichtet und implizieren eine an Komplexität und Dynamik ausgerichtete Denk- und Arbeitsweise. Kompetenzen sind eine wichtige Grundlage dafür, berufsbezogene Anforderungen professionell bewältigen zu können.

5

Im Pflegebereich können grundsätzlich vier Arten von Kompetenzen unterschieden werden (Olbrich 2018; Benner 2012): Unter fachlicher Kompetenz ist die Fähigkeit zu verstehen, Professionelles anzuwenden und somit einen Praxistransfer im Sinne des beruflichen Handelns zu ermöglichen. Im Vordergrund steht die selbstständige und fachlich korrekte Durchführung von Aufgaben auf der Basis von pflegerischem Fachwissen und Können. Sozial-kommunikative Kompetenz bezieht sich auf die Interaktionsfähigkeit von Pflegekräften. Dadurch können pflegerelevante Kontakte und Beziehungen zu Patientinnen und Patienten aufgebaut und die Ganzheitlichkeit des Pflegeprozesses erfasst werden. Wichtige Fähigkeiten hierfür sind Gesprächsfähigkeit, Argumentationsfähigkeit, Empathie, Rollendistanz, Konfliktfähigkeit etc. Personale Kompetenz müssen im Pflegebereich so ausgeprägt sein, dass die Nähe zu anderen Menschen und die damit verbundenen Problemlagen akzeptiert werden können. Alltagssituationen sollten durch eine klare Haltung zum Beruf bewältigt werden. Hierzu zählen Reflexionsfähigkeit, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Selbstkritik etc. Unter methodischer Kompetenz ist die Fähigkeit zu verstehen, den Pflegeprozess zu planen, durchzuführen und zu evaluieren. Eine präzise Planung der Arbeitsabläufe erleichtert das Zeitmanagement und bringt eine gewisse Sicherheit mit sich. Trotzdem müssen Pflegekräfte jeden Tag aufs Neue individuell – und zum Teil auch spontan – als Reaktion auf jeweilige Ereignisse mithilfe ihrer Methodenkompetenz Arbeitsabläufe anpassen und verändern. Wichte Eigenschaften sind hierbei u. a. Problemlösungsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und vernetztes Denken.

6

Die vier genannten Kompetenzbereiche greifen ineinander über und stehen miteinander in Verbindung. Ziel ist die Herausbildung beruflicher Handlungskompetenzen, die sich darauf beziehen, in beruflichen Situationen fach-, personal- und sozialkompetent zu handeln und die individuelle Handlungsfähigkeit in beruflicher und gesellschaftlicher Verantwortung weiterzuentwickeln.

7

Im Zuge der Technisierung und Digitalisierung müssen Pflegekräfte über Fähigkeiten verfügen, die über die vier genannten Kompetenzbereiche hinausgehen. Um den Herausforderungen in einer digitalisierten und technisierten Altenpflege gewachsen zu sein, benötigen Pflegekräfte Technikkompetenzen19 im Sinne von „Digital Care Literacy“. Sie müssen in der Lage sein, in Verbindung mit ihrer fachlichen, sozial-kommunikativen, personalen und methodischen Kompetenz digitale Technologien ziel- und aufgabenbezogen einzusetzen und zu nutzen. Im Folgenden wird dargestellt, welche Auswirkungen der Einsatz von digitalen Technologien auf die Organisation und den Ablauf von Pflegeprozessen – den Technik-Pflege-Mix – hat und welche Implikationen dies für Kompetenzanforderungen von Pflegekräften hat.

3 Auswirkungen der Technisierung und Digitalisierung auf Pflegeprozesse und Kompetenzanforderungen

8

Das Spektrum von Informations- und Kommunikationstechnologien20, die in der professionellen Pflege eingesetzt werden, ist breit gefächert. Im Wesentlichen können folgende Bereiche unterschieden werden (Rösler et al. 2018; Bräutigam et al. 2017; BAuA 2015):

9

Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien hat vielfältige Auswirkungen auf den Pflegealltag (Fachinger/Mähs 2019; BGW 2017; DAA-Stiftung Bildung und Beruf 2017). Technikeinsatz in der Pflege verändert den Workflow und beeinflusst die professionelle Hilfe pflegebedürftiger Menschen. Auf der Ebene der Arbeits- bzw. Versorgungsprozesse sind insbesondere folgende Aspekte hervorzuheben:

10

Auf der Ebene der Arbeitsbelastung zeigen sich die Effekte der Digitalisierung und Technisierung im Pflegebereich u. a. wie folgt:

11

Auswirkungen der Digitalisierung und Technisierung zeigen sich auch auf der Ebene der Kompetenzen des Pflegepersonals in Verbindung mit dem Berufsbild und dem Selbstverständnis der Pflege:

12

Welche konkreten Auswirkungen Informations- und Kommunikationstechnologien in der Pflege haben, hängt wesentlich davon ab, wie sie eingesetzt werden. Entscheidend ist dabei, dass solche Technologien an den praktischen Erfordernissen in der professionellen Pflege ausgerichtet sind und eine hohe Usability aufweisen. Gefördert werden kann dies dadurch, dass professionell Pflegende in die Entwicklung und Einführung neuer Technologien eingebunden werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Pflegekräfte mit den notwendigen Technikkompetenzen ausgestattet sind. Im Folgenden wird näher auf Strategien und Maßnahmen zur Entwicklung und Förderung digitaler Pflegekompetenzen eingegangen.

4 Entwicklung und Förderung digitaler Pflegekompetenzen

13

Die Kompetenzprofile in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften rücken vor dem Hintergrund der digitalen Transformation im Gesundheitswesen immer stärker in den Fokus. Professionell Pflegende sind in die Lage zu versetzen, „[…] technische Lösungen gut und sicher zu bedienen, damit ein Einsatz einen praktischen Mehrwert hat […]“ (BGW 2017, S. 147). Damit Kompetenzen im Umgang mit pflegunterstützenden Technologien entwickelt und gefördert werden können, müssen Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen ergriffen werden. Die in der Fachliteratur diskutierten Ansatzpunkte (Fuchs-Frohnhofen et al. 2018; Fachforum Innovative Arbeitswelten im Hightech-Forum 2017; GI 2017; INQA 2015) lassen sich unter bildungsbezogenen und betrieblich-organisatorischen Gesichtspunkten betrachten.

4.1 Bildungsbezogene Ebene

14

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Technisierung und Digitalisierung in der Pflege ist die Entwicklung und Förderung von „Digital Care Literacy“ – definiert als Fähigkeit zum professionellen Umgang mit digitalen Anwendungen und technischen Hilfsmitteln – von grundlegender Bedeutung. Kompetenzen zu informationstechnischen Grundlagen und der Erwerb von operativem Wissen über die Nutzungsmöglichkeiten von Pflegetechnologien müssen integraler Bestandteil der grundständigen Pflegeausbildung sein (GI 2017; BGW 2017).

15

In der Vergangenheit sind in der Pflegeausbildung Kompetenzen der „Digital Care Literacy“ nicht explizit vermittelt worden. Dies hat sich ab 1. Januar 2020 mit dem Wirksamwerden der im Pflegeberufegesetz (PflBG) postulierten Neuformulierung der Rahmenlehrpläne für den theoretischen und praktischen Unterricht und der Rahmenausbildungspläne für die praktische Ausbildung geändert. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB 2019a) hat zum 1. August 2019 die von der nach § 53 PflBG einzurichtenden Fachkommission erstellten Rahmenlehrpläne veröffentlicht und den Praxiseinrichtungen und Pflegeschulen zur Verfügung gestellt. Für die Träger der Pflegeausbildung dienen die Rahmenpläne als Orientierungshilfe. Sie haben empfehlenden Charakter für die Lehrpläne der Länder und die schulinternen Curricula.

16

In den Rahmenlehrplänen der Fachkommission werden dezidiert Anforderungen an die digitalen Kompetenzen von Pflegefachkräften formuliert (BIBB 2019a). So sollen Auszubildende in die Lage versetzt werden,

17

Aber nicht nur in der Pflegeausbildung, sondern auch im Rahmen von Fort- und Weiterbildungen ist der Umgang mit modernen Technologien gezielt zu fördern. Für bereits berufstätige Pflegekräfte bieten sich Angebote für modulare Fort- und Weiterbildung an (arbeitsplatzbasiertes Lernen, E-Learning-Kurse), die auf die unterschiedlichen Vorerfahrungen ausgerichtet sind und auf praxisnahe Qualifikationsinhalte adressieren (Evans et al. 2018; Braeseke u. a. 2017).

18

Die Entwicklung und Förderung von digitalen Pflegekompetenzen sollte zweistufig angelegt sein: Zunächst sollten Grundlagen der Techniknutzung (Zugangsmöglichkeiten, Einsatzfelder, Verfahrensregeln etc.) vermittelt werden und darauf aufbauend dann eine Vertiefung in den Bereichen IT-Recht, IT-Sicherheit, Datenschutz, Ethik etc. erfolgen. Neben Aspekten der Technikanwendung und -bedienung sollten auch Dimensionen der technikinduzierten Kollaboration und Kommunikation im Sinne des Technik-Pflege-Mix (Mensch-Maschine-Interaktionen) thematisiert werden (GMDS 2017).

19

Das BIBB (2019b) hat in einem Forschungsprojekt auf der Basis von Literaturanalysen und der Auswertung von leitfadengestützten Experteninterviews Kompetenzbündel gebildet, die auch als Grundlage zur Beschreibung von Dimensionen der Technikkompetenz in der Pflege herangezogen werden können (Krämer et al. 2015, S. 16 ff.). Damit Pflegekräfte nach Abschluss ihrer Aus-, Fort- bzw. Weiterbildung verantwortungsvoll mit pflegebezogenen Technologien umgehen können, sollte auf folgende kompetenzbezogene Lernziele fokussiert werden:

20

In den Leitlinien der Gesellschaft für Informatik zur Entwicklung und dem Erwerb digitaler Kompetenzen in Pflegeberufen wird zudem hervorgehoben, dass ein kritischer Umgang mit digitalen Techniken u. a. durch das Verstehen der Aus- und Wechselwirkungen derartiger Technologien wichtig ist (GI 2017). Darüber hinaus werden Lernkompetenzen betont, die eine Anpassung an sich verändernde bzw. neue Technologien im Sinne des lebenslangen Lernens begünstigen, wie Veränderungsbereitschaft, Offenheit, Flexibilität etc.

21

Digitale Pflegekompetenzen lassen sich einer weiteren Systematisierung folgend inhaltlich vier technikbezogenen Teilbereichen zuordnen:

22

Die Entwicklung und der Erwerb von digitalen Kompetenzen setzen eine individuelle Lernbereitschaft und -fähigkeit voraus. Dabei sollten Vorkenntnisse und Erfahrungen in Maßnahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung integriert werden. Durch die enge Verknüpfung von theoretischen und praktischen Lerninhalten kann eine nachhaltige Verinnerlichung der Lerninhalte gefördert werden (Süss 2018; Moser et al. 2011). Wichtig ist, dass digitale Kompetenzen vermittelt werden, die sich am Pflegealltag orientieren (praxisintegrierendes Lernen). Die Einrichtung und Nutzung von Lern- und Erprobungsräumen im räumlichen Umfeld des Arbeitsplatzes von Pflegekräften bieten hierfür günstige Rahmenbedingungen. Als Vorbild können die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Clusters „Zukunft der Pflege“ seit 2018 geförderten Pflegepraxiszentren (PPZ) in vier Städten – Berlin, Nürnberg, Hannover, Freiburg – dienen (BMBF 2018). Ziel ist es dort, den Einsatz moderner Technologien in der pflegerischen Versorgung erlebbar und erfahrbar zu machen. Bestehende und neue Pflegetechnologien können in unterschiedlichen Pflegesettings (ambulant, stationär) im Echtbetrieb einsetzt werden. Hierbei können die Mensch-Technik-Interaktionen unter pflegepraktischen, ethischen, rechtlichen und ökonomischen Aspekten des Technikeinsatzes verdeutlicht, analysiert und bewertet werden.

23

Unter curricularen Gesichtspunkten ist ferner von Bedeutung, dass das Lehrpersonal in Aus-, Fort- und Weiterbildungseinrichtungen selbst über die notwendigen Qualifikationen und Technikkompetenzen verfügt und in seinen fachlichen Zuständigkeiten Expertise mitbringt. Darüber hinaus sind Erfahrungen in der pflegerischen Versorgungspraxis unabdingbar und didaktisch sinnvoll einzubinden. Es muss sichergestellt sein, dass Lehrende darüber hinaus die notwendige Unterstützung in infrastruktureller Hinsicht bekommen. Eine moderne technische Grundausstattung der Aus-, Fort- und Weiterbildungseinrichtungen der Pflege ist Ausgangspunkt und Voraussetzung für IT-bezogenes Unterrichten und Lernen.

4.2 Betrieblich-organisatorische Ebene

24

Pflegekräfte sollten bei der Planung und dem Einsatz von Technologien in Pflegeeinrichtungen frühzeitig einbezogen werden. Die Gestaltung digitalisierter Arbeits- und Organisationsprozesse sollte in Abstimmung und unter Einbindung professioneller Pflegekräfte erfolgen. Zur Initiierung und Steuerung von Veränderungsprozessen eigen sich hierbei insbesondere Konzepte des Change- und Innovationsmanagements (Hauschildt/Salomo 2016; Doppler/Lauterburg 2014).

25

Ein wichtiger Faktor bei der Vermittlung von digitalen Pflegekompetenzen ist die Gestaltung lernförderlicher Arbeitsbedingungen in Pflegeeinrichtungen. Voraussetzung sind hierbei ausreichende technische, räumliche und zeitliche Ressourcen für Lernprozesse. Die Bedeutung der Einbindung in eine Community Practice wirkt sich erfahrungsgemäß positiv auf die Lernmotivation und den Lernerfolg aus. Gerade im Pflegebereich kann das Lernen in Gruppen, in welchen ein Austausch und eine Interaktion mit anderen Pflegekräften stattfindet, unterstützend wirken (Kyndt et al. 2016; Kirchhof 2006). Lernfördernd kann auch sein, wenn in Pflegeeinrichtungen qualifizierte Ansprechpartner zur Techniknutzung zur Verfügung stehen.

26

Um dem unterschiedlichen Beschäftigungsumfang und den familiären Rahmenbedingungen von professionell Pflegenden gezielt Rechnung tragen zu können, sollten Bildungsmaßnahmen modular aufgebaut sein und Anpassungen an persönliche Bedürfnisse und individuelles Lernverhalten (Lerntypen) ermöglichen. Je nach Zielgruppe können diese Maßnahmen berufsintegrierend oder -begleitend angeboten werden. Die individuelle Teilnahmebereitschaft kann durch finanzielle Anreize durch den Arbeitgeber und die Anerkennung (Zertifizierung) von erfolgreichen Bildungsabschlüssen gefördert werden.

27

Bei der Einbindung von bestehenden und neuen Technologien in pflegerische Arbeits- und Organisationsprozesse ist darauf zu achten, dass sich für Pflegekräfte aus dem kompetenten Technikeinsatz nachweislich Vorteile ergeben. Professionelle Pflegearbeit sollte durch technische Assistenzsysteme unterstützt und erleichtert werden. Dadurch sollte die Arbeitszufriedenheit gesteigert und die Qualität der Versorgung von zu Pflegenden verbessert werden.

28

Damit Pflegekräften Technologien im Arbeitsalltag akzeptieren und motiviert einsetzen, ist es auf betrieblicher Ebene wichtig, sie partizipativ in Entscheidungsprozesse für eine bestimmte Technologie einzubeziehen.21 Die Intensivierung der Mensch-Maschine-Interaktion ist gerade im Pflegebereich ein sensibles und konfliktträchtiges Feld. Deshalb sollten Betriebsvereinbarungen getroffen werden, um für alle Betroffenen Regelungen über Entscheidungskompetenzen und Haftungsrisiken beim Einsatz technischer und digitaler Assistenzsysteme zu haben.

29

Die Technikakzeptanz hängt nicht nur von der technischen Funktionalität, Anwenderfreundlichkeit und dem erkennbaren Mehrwert für die Pflegarbeit ab. Wichtig ist auch, Ängste und Hemmnisse ernst zu nehmen und professionell Pflegenden Erwartungs- und Handlungssicherheit zu vermitteln (BMG 2019, S. 116). Pflegekräfte haben eigene Anforderungen an solche Systeme, die es zu berücksichtigen gilt. Entscheidungskriterien sollten dabei u. a. sein, in welchem Umfang die Nutzerführung intuitiv und selbsterklärend ablaufen kann.

30

Die Digitalisierung im Pflegeberich muss des Weiteren mit neuen Führungs- und Personalmanagementkonzepten einhergehen. Verantwortliche auf den Leitungsebenen von Pflegeeinrichtungen sind darin zu schulen, Pflegekräfte an digitalen Veränderungsprozessen zu beteiligen und mit ihnen Arbeitsformen in der Pflege 4.0 zu definieren. Auch auf Träger- und Verbandsebene (z. B. den Pflegekammern) ist der Diskurs über den Umgang mit der digitalen Transformation der Pflege zu intensivieren. Auf beiden Ebenen sollte man sich bei der Auswahl digitaler Geräte und Tools auf Qualitätsleitlinien verständigen. Die Gesellschaft für Informatik (GI 2017, S. 9) fordert, dass keine nach Pflegebereichen (ambulant, stationär, Verwaltung) getrennte Software mit unterschiedlichen Sprach- und Handlungskonventionen eingesetzt werden sollten, die der digitalen Vernetzung und dem sektorübergreifenden Austausch entgegenwirken.

31

Seit dem Inkrafttreten des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) am 1. Januar 2019 wird die Anschaffung von digitaler oder technischer Ausrüstung sowie die Aus-, Fort-, Weiterbildung oder Schulung gefördert. Pflegeeinrichtungen erhalten von den Pflegekassen auf Antrag eine 40-prozentige Ko-Finanzierung einmalig mit bis zu 12.000 EUR. Insgesamt können somit Maßnahmen im Umfang von bis zu 30.000 EUR je Einrichtung finanziert werden (GKV-Spitzenverband 2019). Diese Regelungen stellen für Pflegeeinrichtungen sicherlich eine Motivation zur Investition in digitale und technische Anwendungen dar. Die Fördermöglichkeiten sollten aber über die bisherigen Regelungen hinausgehen. Es sollten zusätzliche finanzielle Anreize zur kontinuierlichen Kompetenzentwicklung im Umgang mit Pflegetechnologien geschaffen werden.

5 Zusammenfassung

32

Im Hinblick auf die Dynamik digitaler Entwicklungen und der damit einhergehenden kürzer werdenden Technologiezyklen spielen digitalen Pflegekompetenzen eine immer wichtigere Rolle. Ein professioneller Umgang mit digitalen und technischen Hilfsmitteln kann die Arbeitsbelastung von Pflegekräften verringern, die Beschäftigungsfähigkeit (Employability) erhöhen und die Attraktivität des Pflegeberufes steigern. Ein besonderer Fokus sollte deshalb in Zukunft darauf gelegt werden, Pflegekräften im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung aufgaben- und handlungsbezogen „Digital Care Literacy“ zu vermitteln.

33

Unter gesellschaftlichen und politischen Gesichtspunkten ist der Diskurs über die Art und Weise sowie Umfang der Unterstützung der Pflege durch digitale Technologien zu intensivieren. Zu klären ist dabei, wie der Technik-Pflege-Mix in Zukunft aussehen soll und wie viel Technik die Pflege braucht. Hierbei rücken ethische und ökonomische Aspekte der Einsatzmöglichkeiten, aber auch der Grenzen von Pflegetechnologien in den Fokus der Diskussion. Letztendlich geht es darum, den Nutzen und Mehrwert der Digitalisierung in der professionellen Pflege zu optimieren.

Literatur

BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) (Hrsg.) (2015): Intelligente Technik in der beruflichen Pflege. Von den Chancen und Risiken einer Pflege 4.0. Dortmund.

Benner, P. (2012): Stufen zur Pflegekompetenz. From Novice to Expert. 2., vollst. überarb. u. erg. Aufl. Bern.

BGW (Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) (Hrsg.) (2017): Pflege 4.0 – Einsatz moderner Technologien aus Sicht professionell Pflegender. Forschungsbericht. Paderborn.

BIBB (Bundesinstitut für Berufliche Bildung) (Hrsg.) (2019a): Rahmenlehrpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG. Online: https://www.bibb.de/veroeffentlichungen/de/publication/download/8451/ [abgerufen am 15.8.2019].

BIBB (Bundesinstitut für Berufliche Bildung) (2019b): Aus- und Fortbildungsangebote zeitnah modernisieren. Berufsbildung 4.0 – BIBB veröffentlicht erste Teilstudien. Online: https://www.bibb.de/de/pressemitteilung_100477.php/ [abgerufen am 15.8.2019].

BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) (Hrsg.) (2019): Konzertierte Aktion Pflege. Vereinbarungen der Arbeitsgruppen 1 bis 5. Berlin.

BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) (2018): Meilenstein für die Zukunft der Pflege. Vier neue Pflegepraxiszentren starten in Hannover, Freiburg, Nürnberg und Berlin. Online: https://www.bmbf.de/deimeilenstein-fuer-die-zukunft-der-pflege-5376.html/ [abgerufen am 15.8.2019].

BMG (Bundesgesundheitsministerium) (Hrsg.) (2017): ePflege. Informations- und Kommunikationstechnologie für die Pflege. Berlin.

Braeseke, G./Meyer-Rötz, S. H./Pflug, C./Haaß, F. (2017): Digitalisierung in der ambulanten Pflege – Chancen und Hemmnisse. Abschlußbericht für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Berlin.

Bräutigam, C./Enste, P./Evans, M./Hilbert, J./Merkel, S./Öz, F. (2017): Digitalisierung im Krankenhaus: Mehr Technik - bessere Arbeit? Study Hans-Böckler-Stiftung Nr. 364. Düsseldorf.

DAA-Stiftung Bildung und Beruf (Hrsg.) (2017): Digitalisierung und Technisierung der Pflege in Deutschland. Aktuelle Trends und ihre Folgewirkungen auf Arbeitsorganisation, Beschäftigung und Qualifizierung. Hamburg.

Dehnbostel, P. (2015): Betriebliche Bildungsarbeit: Kompetenzbasierte Aus- und Weiterbildung im Betrieb. Studientexte Basiscurriculum Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Bd. 9. 2., erw. u. neubearb. Aufl. Baltmannsweiler.

Doppler, K./Lauterburg, C. (2014): Change Management. Den Unternehmenswandel gestalten. 13., akt. u. erw. Aufl. Frankfurt a. M./ New York.

Elmer, A./Matusiewicz, D. (Hrsg.) (2019): Die Digitale Transformation in der Pflege. Berlin.

Erpenbeck, J./Sauter, W. (2015): Wissen, Werte und Kompetenzen in der Mitarbeiterentwicklung: Ohne Gefühle geht in der Bildung gar nichts. Essentials. Wiesbaden.

Evans, M./Hielscher, V./Voss, D. (2018): Damit Arbeit 4.0 in der Pflege ankommt. Wie Technik die Pflege stärken kann. In: Policy-Brief der Hans-Böckler-Stiftung 4.

Fachforum Innovative Arbeitswelten im Hightech-Forum (2017): Die Digitalisierung in der stationären Pflege – Impulse für personenbezogene Dienstleistungen. Berlin.

Fachinger, U./Mähs, M. (2019): Digitalisierung und Pflege. In: Klauber, J./Geraedts, J. F./Wasem, J. (Hrsg.): Krankenhaus-Report 2019. Das digitale Krankenhaus. Berlin, S. 115–128.

Fuchs-Frohnhofen, P./Blume, A./Ciesinger, K.-G./Gessenich, H./Hülsken-Giesler, M./Isfort, M./Jungtäubl, M./Kocks, A./Patz, M./Weihrich, M. (2018): Memorandum „Arbeit und Technik 4.0 in der professionellen Pflege“. Online: https://www.memorandum-pflegearbeit-und-technik.de/ [abgerufen am 15.8.2019].

GI (Gesellschaft für Informatik) (Hrsg.) (2017): Leitlinien Pflege 4.0. Handlungsempfehlungen für die Entwicklung und den Erwerb digitaler Kompetenzen in Pflegeberufen. Berlin.

GKV-Spitzenverband (2019): Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes nach § 8 Absatz 8 SGB XI zur Förderung der Digitalisierung in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen vom 8.4.2019. Online: https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/pflegeversicherung/finanzierungs_foerderungsmassnahmen/190502_Pflege_RiLi_8Abs8_SGBXI_Digitalisierung.pdf [abgerufen am 15.8.2019].

GMDS (Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie) (2017): Welche Kernkompetenzen in Pflegeinformatik benötigen Angehörige von Pflegeberufen in den D-A-CH-Ländern? Eine Empfehlung der GMDS, der ÖGPI und der IGPI. Köln.

Hauschildt, J./Salomo, S. (2016): Innovationsmanagement. 6., überarb. u. akt. Aufl. München.

Heyse, V./Erpenbeck, J./Ortmann, S. (2010): Grundstrukturen menschlicher Kompetenzen. Praxiserprobte Konzepte und Instrumente. Kompetenzmanagement in der Praxis Bd. 5. Münster: Waxmann.

Hülsken-Giesler, M. (2010): Technikkompetenzen in der Pflege. Anforderungen im Kontext der Etablierung neuer Technologien in der Gesundheitsversorgung. In: Pflege & Gesellschaft 4, S. 330–352.

INQA (Initiative Neue Qualität der Arbeit) (Hrsg.) (2015): Intelligente Technik in der beruflichen Pflege. Von den Chancen und Risiken einer Pflege 4.0. Dortmund.

Jacobs, K./Kuhlmey, A./Greß, S./Klauber, J./Schwinger, A. (Hrsg.) (2019): Pflege-Report 2019. Mehr Personal in der Langzeitpflege – aber woher? Heidelberg.

Kirchhof, S. (2006): Informelles Lernen und Kompetenzentwicklung in beruflichen Werdegängen: dargestellt am Beispiel der Pflegeberufe. In: Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung e. V./Projekt Qualifizierungs-Entwicklungs-Management. (Hrsg.): Das Graduiertennetzwerk im Programm „Lernkultur Kompetenzentwicklung“. Ergebnisse und Erfahrungen. QUEM-report Bd. 96. Berlin, S. 179–206.

Krämer, H./Jordanski, G./Goertz, L. (2015): Medin anwenden und produzieren – Entwicklung von Medienkompetenz in der Berufsausbildung. Abschlussbericht zum BiBB-Forschungsprojekt. Bonn.

Kyndt, E./Vermeire, E./Cabus, S. (2016): Informal workplace learning among nurses: Organisational learning conditions and personal characteristics that predict learning outcomes. In: Journal of Workplace Learning 7, S. 435–450.

Moser, H./Grell, P./Niesyto, H. (Hrsg.) (2011): Medienbildung und Medienkompetenz. Beiträge zu Schlüsselbegriffen der Medienpädagogik. München.

Olbrich, C. (2018): Pflegekompetenz. 3., überarb. u. erg. Aufl. Bern.

Rösler, U./Schmidt, K./Merda, M./Melzer, M. (2018): Digitalisierung in der Pflege. Wie intelligente Technologien die Arbeit professionell Pflegender verändern. Berlin.

Rothgang, H./Müller, R. (2018): Pflegreport 2018. Qualität in der Pflege. Heidelberg.

Süss, D./Lampert, C./Trültzsch-Wiijnen, C. (2018): Medienpädagogik: Ein Studienbuch zur Einführung. 3. Aufl. Wiesbaden.

1

Projekt zur Umsetzung guter Arbeitsbedingungen in der Pflege. Online: https://www.pflegebevollmaechtigter.de/attraktive-pflegeberufe-details/projekt-zur-umsetzung-guter-arbeitsbedingungen-in-der-pflege-.html [abgerufen am 11.5.2020].

2

Bundesminister Jens Spahn gegenüber der Deutschen Presseagentur.

3

Bundesweite Daten hierzu liegen erst seit 1999 vor. Daten aus Nordrhein-Westfalen bestätigen jedoch einen Eigenanteil für pflegebedingte Kosten, der direkt nach der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1996 zumindest in den Pflegestufen I und II nahe null lag (Rothgang 2018).

4

In den Jahren 2008, 2010 und 2012 kam es dann zu Anpassungen des Leistungsbetrags – im stationären Sektor aber nur in der Pflegestufe III.

5

Die Höhe des Beitragszuschlags ist politisch festgelegt. Der Gesetzgeber hat demzufolge durchaus die Option, zusätzliche Finanzierungsmittel alleine durch eine Erhöhung dieses die Arbeitgeber nicht belastenden Beitragszuschlags zu generieren.

6

An dieser Stelle ist auf eine Diskrepanz hinzuweisen. Während sich Wolf-Ostermann et al. (2018) auf eigene Berechnungen und eine Abfrage der Versorgungsverträge beim Verband der Ersatzkassen (vdek) beziehen und deutlich machen, dass in der Pflegestatistik nur eingestreute Tagespflegeplätze berücksichtigt seien, weist das Statistische Bundesamt (Destatis) darauf hin, dass in der Pflegestatistik sowohl eingestreute als auch solitäre Tagespflegeeinrichtungen erfasst sind. Insofern werden beide Statistiken dargestellt und es wird davon ausgegangen, dass die Pflegestatistik Versorgungsverträge im vollstationären Sinne erfasst hat und sich die Studie von Wolf-Ostermann et al. auf eine Hochrechnung der Versorgungsverträge mit solitären Tagespflegen bezieht.

7

Die vorliegenden Zahlen für die solitären Plätze beziehen sich jeweils auf den 1.1.2016 und 1.1.2017, während die Zahlen für die eingestreuten Plätze zum Stichtag 15.12. ermittelt wurden – zur besseren Vergleichbarkeit wurde die Unschärfe des Stichtags in Kauf genommen.

8

Unternehmensprogramm des BMFSFJ zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft (BDA, DIHK, ZDH) und dem DGB.

9

Wobei in einzelnen Konstellationen die Fahrzeiten für die Nutzer/innen auf bis zu 1,5 Stunden erhöht sein können (Tour-Gestaltung, Rush-Hour, zusätzlicher Hilfe-/Zeitbedarf beim Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung).

10

BR-Drs. 106/19.

11

www.moratorium-pflegenoten.de

12

https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/pflegeversicherung/richtlinien__vereinbarungen__formulare/richtlinien_und_grundsaetze_zur_qualitaetssicherung/2019_10_22_Pflege_RiLi_114c.pdf [abgerufen am 21.2.2020].

13

Ersteinschätzende Risikoassessments würden weiterhin den Abgleich mit verschiedenen Informationsquellen über Risikokategorien des Pflegebedürftigen voraussetzen, die weiterhin durch Pflegekräfte durchgeführt würde (vgl. exemplarisch Rösslein 2020). Eine sensorgestützte Lösung würde insbesondere das Folgemonitoring, etwa in Nachtschichten, adressieren.

14

Im Sinne des Büros für Technikfolgeabschätzung des Bundestages ließe sich ein autonomes, robotisches System dann unterstellen, wenn ein Grad an Autonomie, d. h. Eigenständigkeit des pflegerischen Handelns, unterstellt werden kann, nach dem eine eigenständige Wahrnehmungs- und Planungsfähigkeit vorliegt und gleichzeitig die Interaktion mit der realen Welt gegeben ist (vgl. dazu Kehl/Coenen 2016, S. 29 ff.).

15

www.dnqp.de.

16

Siehe Definition DGCC 2012-Erläuterungen bzw. Vorläuferdefinitionen (ab 2002) unter https://www.dgcc.de/case-management/.

17

Grit Braeseke – Leiterin der IGES-Studie 2018, siehe https://www.medical-tribune.de/meinung-und-dialog/artikel/lotsen-auf-rezept-betreuungsmodelle-fuer-geriatrische-und-multimorbide-patienten-sollen-krankenhausa/.

18

www.kluge-koepfe-bewegen.de/betriebliche-pflegelotsen/.

19

Die Begriffe Technikkompetenz und Medienkompetenz werden im vorliegenden Beitrag synonym verwendet.

20

Bei Informationstechnologien (IT) steht die Informationsverarbeitung mit Hilfe von Hard- und Software und Peripheriegeräten im Mittelpunkt. Kommunikationstechnologien beziehen sich die internetbasierte Vernetzung.

21

Als Beispiel hierfür sei auf das im Rahmen des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter dem Dach der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) geförderte Projekt „Sprint-Doku“ verwiesen. In diesem Projekt wird der Einsatz einer digitalen Pflegedokumentation in Verbindung mit selbstlernender Spracherkennung und -erfassung erprobt und evaluiert. Die Einbeziehung der Interessen der Beschäftigten im Pflegebereich ist über alle Ebenen und Steuerungsinstanzen des sozialpartnerschaftlich und partizipativ angelegten Projektes sichergestellt. Nähere Informationen dazu sind zu finden unter: https://www.sprint-doku.de.

Pflege-Perspektiven: ordnungspolitische Aspekte

Erkenntnisse aus der Versorgungsforschung und Implikationen für eine „gute Praxis“ der Pflege

Reihe herausgegeben von

Prof. Dr. h.c. Herbert Rebscher

Prof. Dr. Jasmina Stoebel

Prof. Dr. Jürgen Zerth

Band herausgegeben von

Prof. Dr. Jürgen Zerth

Hedwig François-Kettner

Mit Beiträgen von

Prof. Dr. habil. Wolfgang Becker

Jun.-Prof. Dr. Christoph Dockweiler

Hedwig François-Kettner

Prof. Dr. Stefan Greß

Prof. Dr. habil. Martina Hasseler

Alexander Hochmuth

Christian Jesberger

Prof. Dr. Thomas Klie

Silke Kopp

Prof. Dr. David Matusiewicz

Thomas Neldner

Sarah Palmdorf

Verena Peters

Prof. Dr. Heinz Rothgang

Anna Lea Stark

Staatssekretär Andreas Westerfellhaus

Prof. Dr. Martina Wolfinger

Prof. Dr. Jürgen Zerth

© 2020 medhochzwei Verlag GmbH, Heidelberg

www.medhochzwei-verlag.de

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld
Covergestaltung: Wachter Kommunikationsdesign, St. Martin
Titelbild: Vjom/Shutterstock.com

Vorwort zur Schriftenreihe

Gesundheitsökonomie für die Versorgungsforschung
– Gesundheit und Pflege –

Die Gesundheitsökonomie in Deutschland kann mittlerweile auf einen mehr als 30-jährigen Erfahrungshintergrund verweisen. Das Fach hat sich in ein hochdifferenziertes Netzwerk von Sub-Spezialitäten verästelt und durchdringt in einer Vielzahl von Einzelanalysen alle Sektoren und alle differenzierten Fragestellungen des Gesundheitssystems.

Gleichzeitig handelt die Gesundheitspolitik weitgehend erratisch, von der Aktualität oder Interessen getrieben und häufig ohne inneren Kompass oder gar ein gesamtheitliches, ordnungspolitisches Konzept. Inkompatibilität herrscht, wo Kooperation, Kommunikation und Koordination herrschen müssten. So bleiben Widersprüche und Sackgassen im Denken und Handeln nicht aus.

Die Versorgungspraxis kann damit schlecht umgehen. Die Akteure handeln – und können auch gar nicht anders handeln – nach den strukturellen Interessen im jeweiligen Kontext. Sie folgen den gegebenen Anreizen und den tradierten Zuständigkeitsregeln und Vergütungsmodellen. Damit ist die Versorgungspraxis für die Herausforderungen der Zukunft jedoch schlecht vorbereitet.

Die Translation der gesundheitsökonomischen Erkenntnisse für die Versorgungspraxis aufzubereiten und verfügbar zu machen, ist ein Anliegen dieser Schriftenreihe.

Bei der Gesundheitsversorgung, etwa für die Gestaltung von Versorgungsmodellen und -prozessen, der Integration der Versorgung über die Sektorengrenzen oder der ökonomischen und versorgungsadäquaten Methodik der Regulierung, sollen problem- und lösungsorientierte Ansätze, Methoden und Gestaltungsoptionen einen Raum für den wissenschaftlichen und anwendungsbezogenen Diskurs finden.

Bei der Pflege, etwa bei der Implementierung von Case- und Carestrukturen in ein bedarfsadäquates modernes Pflegekonzept, oder der Gestaltung und Weiterentwicklung einer technikunterstützten Pflegeinfrastruktur sind multidisziplinäre Zugänge wichtig und sollen im Rahmen dieser Schriftenreihe auch Gehör finden.

Und beiden großen Versorgungssystemen ist gemein, dass die Transformation in eine digitalisierte und vernetzte Welt mit großen Chancen und großen Herausforderungen verbunden ist und auch ein „Querdenken“ notwendig macht.

Heidelberg, im Mai 2019

Herbert Rebscher, Jasmina Stoebel, Jürgen Zerth

Vorwort zu Band 2

Pflege-Perspektiven: ordnungspolitische Aspekte

Ein Blick auf die Entwicklung der (Langzeit-)Pflege macht deutlich, dass das Bild an eine gute Praxis von Pflege sowohl auf institutioneller Ebene als auch im unmittelbaren organisatorischen bzw. pflegepraktischen Umfeld von mannigfaltigen Herausforderungen konfrontiert wird: Der Bedarf an pflegerischen Versorgungsangeboten verändert sich insbesondere im Kontext der soziodemografischen Entwicklungen. In vielen Ländern, wie auch in Deutschland, wird ein Gros der Pflegeleistung noch von ehrenamtlichen Kräften, vor allem Familienpflegenden, erbracht. Zusätzlich erbringen rund 200.000 ausländische Fach- und Hilfskräfte – zu einem großen Teil unangemeldet – insbesondere im häuslichen Umfeld deutschlandweit pflegerische Betreuungsleistungen. Die akute weltweite Pandemie und Corona-Krise zeigt eindrücklich, dass wir kritische Aspekte zeitnah zu bearbeiten und Lösungen zu finden haben, die bisher zu wenig thematisiert und publiziert wurden.

Westerfellhaus

2 Pflege im Spannungsfeld zwischen Eigenverantwortung, Versicherung und staatlicher Fürsorge Greß/Jesberger

3 Pflege als Teilleistungssystem? Ordnungspolitische Grundlagen zur Lastverteilung in der Pflegesicherung und ihre Implikationen Rothgang

4 Arbeitsplatznahe Tages-/Nachtpflegeeinrichtung – Erkenntnisse aus einem Pilotprojekt zur Versorgung pflege- und betreuungsbedürftiger Angehöriger berufstätiger Menschen Neldner/Peters/Wolfinger

5 Unternehmerisches Handeln in der Pflege – möglich und notwendig, gerade unter der Perspektive der Digitalisierung Kopp/Matusiewicz

6 Eine Diskussion über theoretische Grundlagen zu Qualität in der Pflege – ein Beitrag zur erforderlichen Theorieentwicklung für das Konstrukt „Qualität in der Pflege“ Hasseler

7 Zur Bedeutung von „Caring Communities“: Implikationen für eine neue Rolle der Kommunen im Sinne einer neu und wiedererlangten Pflegeverantwortung Klie

8 Digitalisierung und Pflege – anlassbezogene Pflege, Plattformen und Implikationen für Effektivität, Effizienz und möglich notwendige Ordnungsregeln Zerth

9 Digitalisierung und Pflege – wann akzeptieren Pflegekräfte Technologien? Palmdorf/Hochmuth/Stark/Dockweiler

10 Pflege und Versorgungspraxis – Bilder aus dem Case Management François-Kettner

11 Akademisierung der Pflege und die Bedeutung des Grade-Mixes – Implikationen für eine „gute“ Pflege François-Kettner

12 Technik-Pflege-Mix: Vermittlung digitaler Kompetenzen in der professionellen Pflege Becker