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Lydia Mischkulnig

Die Richterin

Roman

Für Theodor Fitzner und Theresia Fitzner

Trennung soll der Mensch auf Müll beschränken, das kann zumindest nicht schaden. Konserven zum Metall, Flaschen zum Glas, Knochen in den Kompost. Papiere zu Papieren. Sie nahm die Brille ab, rieb sich die Augen, kramte in der Handtasche nach dem Schminkbeutel, wo das Fläschchen mit den Tropfen steckte. Der natürliche Tränenfluss verdunstete zu schnell und deshalb brannten die Augen. Sie legte den Kopf in den Nacken, hielt das Fläschchen hoch und drehte es um. Die zähe Flüssigkeit trat aus der Öffnung, quoll und blähte sich auf zu einer Perle, bis das Gewicht abriss und der Tropfen im Augenwinkel zerplatzte. Das Gel legte sich kühl über die Hornhaut. Schlieren trübten den Blick. Ein paar Lidschläge folgten, dann sammelte die Linse wieder tadellos Licht und die Richterin mit klarer Sicht sortierte die Akten von Menschen.

Die meisten Fälle, mit denen sie in der zweiten Instanz zu tun hatte, behandelten Beschwerden, die eine andere Entscheidung in der Sache anstrebten, um Recht zu erlangen. Rechtsfrieden herzustellen ist eine juristische Angelegenheit und hat wenig mit dem natürlichen Sinn von Gerechtigkeit zu tun. In den Asylfällen zählten die nachgereichten Unterlagen viel. Sie halfen, das Bild von den negativ Beschiedenen zu verändern und Verfahrensfehler zu korrigieren. Falls die Richterin in der einen oder anderen Causa zum Entschluss käme, eine neue Hypothese der Zusammenhänge anzunehmen, würde sie dieser aufgrund der neuen Faktenlage folgen. Käme es nach ihrer Erkenntnis zu Widerspruch in den Aussagen des Antragstellers, denn in den meisten Fällen handelte es sich um einen Mann, dann könnte sie nachfragen und Aufklärung erhalten. Wer mit Gabrielles Erkenntnis nicht zufrieden war, der konnte sich an das Höchstgericht wenden und vielleicht sogar an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Gabrielle verkündete ihre Urteile nur mündlich, wenn sie sich der Sache sicher war. Ansonsten erließ sie schriftlich ihre Entscheidungen.

Gabrielle schätzte die Abwechslung in ihrem richterlichen Alltag zwischen Asylfällen, großen Vertragsabschlüssen des Bundes und deren Anfechtungen und anderen Bereichen des Vergaberechts. Doch schon seit einiger Zeit mehrten sich die Asylfälle.

Sie blätterte, studierte die Unterlagen der Beschwerdeführer. Nach der Musterung legte sie die Fälle entweder links oder rechts von sich ab. Die Stapel wuchsen nur langsam. Immer wieder träufelte sie die Tropfen in ihre Augen, um den Lesefluss in Gang zu halten. Nach einer Stunde unterbrach sie die Arbeit und hatte Lust auf einen Kaffee. Sie holte Wasser, füllte es in den Container und schaltete die Maschine ein, um das Wasser aufzuheizen.

Der rechte Stapel war für die simplen schutzwürdigen, der linke für die komplizierteren Causen angelegt. Die Termine für die Verhandlungen setzte sie nach der Komplexität der Fälle fest. Noch war kein Bewerber dabei, den sie eindeutig der Abschiebung hätte zuführen müssen. Da geriet ihr das Attest einer posttraumatischen Belastungsstörung zwischen die Finger. Welche Beweise sie auch würdigte, fürs Bleiben entschied sie nach österreichischem Recht. Sie verglich die Aktenzahl mit dem Attest. Es war nachgereicht und bisher noch nicht berücksichtigt worden. Sie sah die Papiere zur betreffenden Person durch und strich im Bescheid der ersten Instanz das Zitat der Länderdokumentation an. Dann legte sie den Akt links ab.

Der Betroffene war männlich, weit unter 30, ohne Ausbildung, seit der Pubertät auf der Flucht. Gabrielle prüfte die Angaben der anwaltlichen Vertretung des nächsten Falles, zog wieder ein ärztliches Gutachten hervor und stellte fest, dass derselbe Arzt die Atteste geschrieben hatte. Sie legte das Blatt ein, schob den Akt von sich weg. Die Distanz des Gutachters, der die psychiatrische Untersuchung vorgenommen hatte, musste sie in Frage stellen. Wieso stammte das Attest in beiden Fällen vom selben Arzt, und wieso kam es erst jetzt daher? Korrektheit machte Gabrielle nicht unmenschlich, nur emotional unberührbar für das Amt.

Die Augen tränten. Die Richterin war froh, das Büro für sich allein zu haben. Ein Organ der Rechtspflege mit solch nassen Augen sähe aus, als würde es über den Akten weinen.

Sie nahm den Kalender, blätterte, blies die Wangen auf. Sie hatte den Termin beim Augenarzt nicht vergessen. Da klingelte das Telefon in ihrer Manteltasche. Sie ging zur Garderobe und fischte es hervor. Eine Schweizer Nummer stand auf dem Display. Ihr Herz klopfte schneller. Sie hatte keine Lust abzuheben. Mut oder Lust, was wusste sie schon über den Anrufer, jetzt jedenfalls war nicht der richtige Zeitpunkt dazu. Sie setzte sich wieder hin und überlegte, was geschähe, würde sie den Augenarzt anrufen und eine Verspätung ankündigen. Sie würde nicht rechtzeitig zur Besprechung ihres eigenen Befundes kommen. Die Sprechstundenhilfe würde sie natürlich mit dem Doktor verbinden.

Gabrielle schaute das Telefon überlegend an und wählte nicht die Nummer. Natürlich wäre der Arzt da, bereit, und würde sie konfrontieren. Aber womit? Mit guter oder schlechter Prognose. Die Richterin spürte den Widerwillen, doch sie war verantwortungsbewusst, besonders in ihren persönlichen Belangen. Egal. Sie würde das Gespräch ja nicht absagen, hatte nur zu viel zu tun im Augenblick und gleich eine Verhandlung zu führen. Sie würde später oder morgen wegen eines neuen Termins anrufen und dann vorbeikommen. Sie erledigte stets alles sofort, nur nicht, was ihr selbst zu Leibe rückte.

Sie ging mit sich selbst ins Gericht und gab einen mürrischen Grunzer von sich. Wäre es nicht besser, gleich den Befund zu erfahren und alles abzuklären, um gegebenenfalls noch am gleichen Nachmittag mit der Behandlung beginnen zu können? Ja klar, sagte sich Gabrielle, aber man müsste darauf gefasst sein, dass sich das Leben vollkommen ändern kann durch eine Diagnose. Und sie hatte noch eine wichtige Sache zu erledigen. Im Namen der Republik würde sie heute Asyl verkünden. Natürlich, sagte sie sich, ist nicht nur eine Diagnose usurpatorisch.

Gabrielle legte den Daumen in die dafür vorgesehene Mulde und drückte den Knopf, mit dem sie den nächsten hereinkommenden Anruf ablehnte. Die Funktionstaste war mit dem Symbol eines altmodischen roten Telefonhörers gekennzeichnet. Wer erinnerte sich noch an das Gefühl, den Hörer, schwer wie eine Hantel, abzuheben? Man sprach in den Hörer, genauer in seine Sprechkapsel, während die Hörkapsel an das Ohr gepresst wurde. Der Hörer war mit einem spiralisierten Kabel an den Standapparat von der Größe einer Handtasche gebunden. Mittlerweile war der Hörer längst losgelöst von seiner ursprünglichen Form und integriert in einen viereckigen Computer. Das Zeichen des Hörers hatte sich aber für das Telefonieren erhalten und durchgesetzt.

Auch Namen sind Zeichen. Man kann sie den Menschen geben und nehmen. Man kann einen Namen an viele vergeben und Gleichnamige schaffen.

Wie viele Ahmads hatte sie in ihren Stapeln? Jeder Mensch ist ein Namensträger, jeder Mensch ist einzigartig, sofern er einen Namensgeber hat. Der Name ist nicht einzigartig, beliebig teilbar und eine Zuschreibung, die Informationen zur Identifizierung enthält. Der Name überdauert die physische Materialität seines Trägers. Er bleibt als Spur vom Begriff einer Informationsmenge auf dem Grabstein stehen, sofern er in einen Grabstein gemeißelt worden ist, und wittert in romantischer Unsterblichkeit vergessen dahin. Namen kann man abziehen und hinschreiben, den Menschen dahinter erschreiben.

Die Richterin mied den Sog der Vorstellungskraft, sie war eine Verkünderin von Wirklichkeit. Unter diesem Damoklesschwert lebte sie. Fall und Zufall veränderten ihre Vorstellung von Gerechtigkeit. Die Beute dieser Jagd nach Gültigkeit ihrer Sprüche war sie selbst.

Die Sonne knallte durch die Fenster. Der ganze Stock war überhitzt. Sie fächelte sich mit der Broschüre einer NGO Luft zu. Das Blatt war gefaltet, auf beiden Seiten mit jungen afghanischen Männern bebildert. Das Innenleben listete Gründe auf, weshalb Afghanistan nicht als hinreichend sicheres Drittland eingestuft werden konnte. Kriegsähnliche Zustände überall. Verbrechen an Leib und Leben, soweit das Auge reichte.

Gabrielle schaute sich derartige Broschüren stets aufmerksam durch. Die Länderberichte waren als Argumentationshilfen verwendbar, sofern sie durch Zahlen und Daten abgesichert waren. Afghanistan erreichte demnach wieder neue Spitzenwerte an unschuldigen Toten. Arbeitsplätze fehlten und Ausbildungsplätze und die dazu notwendige Wirtschaft. Selbst der afghanische Minister für Flüchtlingsfragen bat die Republik Österreich, freiwillige Rückkehrer unter den Asylbewerbern nicht zurückzuschicken, da man zu Hause nicht wisse, wohin mit ihnen. Es wäre viel besser, sie in der europäischen Mitte auszubilden und ihnen danach mit einer kleinen finanziellen Unterstützung beim Aufbau wirtschaftlicher Rahmenbedingungen zu helfen.

Gabrielle kannte die unterschiedlichen Länderdokumentationen der verschiedenen Stellen. Sie haderte mit den widersprüchlichen Interpretationen und Empfehlungen. Die einen berichteten das Grauen und die anderen färbten Afghanistan schön und bekämpften kritische Einschätzungen als Hirngespinsterei einer Asyl-Lügen-Fabrik. Es gebe ihrer Meinung nach Straßenzüge in Kabul, in denen Schreiber sitzen und gegen Bezahlung Morddrohungen für die Fluchtwilligen verfertigen, um deren Asylchancen zu erhöhen. Teure Belege eines Fluchtgrundes, aber schon inflationär, weil sich praktisch jeder Fluchtwillige damit eindeckte. Diese Schreiben waren der Richterin vertraut. Ebenso vertraut waren ihr die Verharmlosungen, dass Afghanistan als vielfältige Nation der Minderheiten über einen großen inneren Zusammenhalt mit regem Geschäftsleben verfüge. Es gab unter den konservativen, erzkonservativen Afghanistan-Experten Ignoranten, die die Triebkräfte des Eros zu beleben empfahlen, womit die Liebe zu den Frauen gemeint war. Gabrielle kannte Fabrikbesitzer, die den unqualifiziertesten Kräften Afghanistans, den Frauen, eine Chance gaben, als Packerinnen zu arbeiten und Gemüse und Obst für die US-Stützpunkte zu liefern.

Einen freiwilligen Rückkehrer hatte Gabrielle noch nie erlebt. Zynische Länderdokumentationen berichteten zwar, dass eine Geschäftstätigkeit allen Afghanen und besonders den Rückkehrern offenstehe, verschwiegen aber die Aussichtslosigkeit, sich selbstständig durchzuschlagen. Die Rückkehrer waren rudimentär alphabetisiert, durch die Fluchtjahre schon von zu Hause entwöhnt und mussten ihr Stigma als Versager tragen. Wem gelang es, die Fluchterfahrung in einen Bildungsschub umzumünzen? Lesen und Schreiben allein genügten nicht, um zu überleben.

Im nächsten Bericht eines Augenzeugen, der als Geschäftsmann nach Kabul gereist war, stand die Behauptung, dass die Taliban weniger schlimm seien als die kriminellen Banden, die mit ihnen packelten. Manche Sachverständige waren überzeugt, dass drei Viertel der Flüchtlinge Wirtschaftsflüchtlinge seien, wobei der Wunsch, dem Elend zu entkommen, eben keinen Asylgrund darstelle. Das Einzige, worin sich alle Länderdokumentaristen einig waren, war die Feststellung, dass das Bildungsniveau unter jeder Sau sei und sich das nicht so leicht ändern lassen würde.

Für wen sollte Gabrielle den Rechtsfrieden herstellen? Ja, wenn man die Flüchtlinge hierzulande ausbildete, wäre etwas in Gang gesetzt. Doch stattdessen waren Lehrlinge aus den Ausbildungsprogrammen herausgerissen und abgeschoben worden. Die Politik manipulierte das richterliche Denken und so wurde Gabrielle immer wankelmütiger, je beschönigender die afghanischen Bedingungen geschildert wurden. Die Befangenheit der Sachverständigen und die Fragwürdigkeit der Erkenntnisse, die das Gericht zur Legitimation seiner Urteile heranzog, konnte nur aufgedeckt werden, wenn Journalisten investigierten. Dann stürzten die angeblich objektiven Prämissen, die Basis der Länderberichte, als Lügengebäude in sich zusammen. Wenn ein Kläger in die Mühlen dieser manipulierten Justiz geriet, dann erlitt er außerordentliches Unrecht.

Gabrielle konnte aus allen Länderberichten zusammen eine Art Lebendigkeit erfahren, die einen grauenhaften Befund in den frischen Farben der Drastik und Verdrängung lieferte. Man musste immer darauf achten, aus welcher Quelle die Dokumentationen stammten. Es gab Gutachter, die eingestanden, auf die Barrikaden zu gehen, würde die eigene Tochter einen afghanischen Freund zu ehelichen beabsichtigen, ja sogar zur Gewalt zu greifen, würde sie mit ihm auch nur für einige Monate in den Süden des Landes gehen, um aus Liebe in einem Lehmbau ihre Entmündigung zu erfahren.

Da es sehr heiß war, stellte sich Gabrielle ohne Mühe vollkommene Dürre vor, darin die verstreuten Lehmhütten in der Einöde und die Frauen, die mit Kindern über diese brachen Felder zogen, über die von Trockenheit zerrissene Krume, über den Sand und die nahezu vegetationslose Ebene aus Salzton, bis hin zur Steppe, um den Dung der weiterziehenden Schafe aufzusammeln. Sie sah die kleinen Karawanen den Karren durch den heißen Sand schleppen. Die Zehen würden bei jedem Schritt versinken, die Fußsohlen weich und sauber sein vom Abrieb der Körnchen, des Salzes und des Sandes. Der Karren würde immer wieder steckenbleiben und so müssten auch die Kinder Hand anlegen und den Karren mit den Frauen aus den Dünen ziehen. Gemeinsam würden sie den Dung nach Hause schaffen und damit das neue Gebäude verputzen, die Mauerritzen gegen den Wind rüsten und zustopfen. Der errichtete Raum wäre mit einem Teppich und einer Feuerstelle möbliert. Vielleicht handelte es sich um das Gemach der dritten Ehefrau des dazugehörigen Familienvaters. Man hörte vielleicht das Knattern eines Gewehrs in der Dürre oder das Krachen einer Granate, die die Stille zerriss, und vielleicht fürchteten oder hofften die Frauen gar, dass es das neue Hochzeitspaar erwischt hätte.

Ein Windstoß fegte über den Tisch.

Mazuma schloss schnell die Tür. Der Durchzug hatte auf einen Schlag gegen die vorgefertigte Ordnung gewirkt, mit unsichtbarer Hand die Papiere vom Tisch gewischt. Gabrielle seufzte über das Chaos. Mazuma bückte sich sogleich, um zu helfen.

Sie hatte zu ihrem Sommerkleid dünne, mit Lochmuster versehene Stiefel an, die bis übers Knie reichten. Wie konnte sie bei dieser Hitze Stiefel anziehen? Dafür trug sie kein Kopftuch.

Mazuma entdeckte die Augentropfen auf dem Schreibtisch und warf Gabrielle einen besorgten Blick zu. Mazuma war von Beruf Ärztin, jung und erfolgreich, wie es hieß. Sie erkannte den Schriftzug der Arznei.

Sie war eine Integrationsmeisterin, erst seit ihrem achten Lebensjahr in Österreich, Tochter einer afghanischen Lehrerin und eines afghanischen Arztes.

Die helfen dir nichts, sagte Mazuma auf die Tropfen weisend. Sie leistete nicht nur medizinische, sondern auch humanitäre Hilfe für die alte Heimat, indem sie als zugelassene Übersetzerin für ihre Landsmänner und Landsfrauen dolmetschte.

Wer weiß?, antwortete die Richterin.

Mazuma hob das Attest des psychiatrischen Gutachters vom Boden auf. Sie überflog die Zeilen, reichte das Blatt an Gabrielle weiter und sagte nur: Ich kenne den Arzt.

Was willst du mir damit sagen?, fragte Gabrielle.

Er ist gut.

Die Richterin kontrollierte die Eingangszahlen und suchte den dazugehörigen Akt. Wenn sie in die Verhandlungen ging, benötigte sie eine geklärte Faktenlage. Dafür musste sie die Beschwerdeführer stichhaltig befragen.

Für Asyl wird es nicht reichen, sagte Gabrielle.

Sie verbot sich zwar jede Voreingenommenheit und ließ sich unschlüssige Aussagen und Widersprüche immer wieder aufs Neue erklären, aber trotzdem gab es eine juristische Definition der Umstände, die das Erkenntnis folgern ließ. Wieso war es erst jetzt zur Nachreichung einer psychiatrischen Untersuchung gekommen, wenn dieses Attest schon bei der Ersteinvernahme viel zum Bescheid beigetragen hätte? Das ist schon merkwürdig, meinte sie.

Im Prinzip war es ein Präjudikat, die Ordnung der Akten auf zwei Stapel zu reduzieren. Doch irgendwie musste sich Gabrielle organisieren. Subsidiärer Schutz oder Asyl, immerhin ein Weg, eine Abschiebung zu vermeiden, was Gabrielle versuchte, außer es ging nicht anders.

Es machte sie im Grunde befangen, dass sie seit Wochen keinen Fall zur Abschiebung bestimmen konnte. Es gab Kollegen, die der Abschiebung und den Rückkehrprogrammen freundlicher gegenüberstanden. Selbst wenn Gabrielle weniger Kaffee trinken würde, ginge das Bauchweh vor persönlicher Befangenheit nicht weg. Sie hielt die Konzentration streng auf die Fakten gerichtet, um alles richtig zu machen und Voreingenommenheiten hintanzuhalten. Sie hatte sich darauf trainiert, keine unzulässigen emotionalen Hierarchien zu entwickeln. Wenn einer log im Zeugenstand oder eine Geschichte erfand, dann bitte gut. Sonst behandelte sie ihn wie ein schlechtes Buch, schlug es zu und legte es zurück auf den Stapel, schaute es nicht mehr an, bis der Druck der Öffentlichkeit zunahm und verlangt wurde, dass sie es fertig lese und ihr Urteil verkünde.

Schlimm waren diese Tage gewesen, an denen Abschiebungskaskaden stattgefunden hatten. Niemand verstand das Recht des Richters auf seine persönlichen Gefühle. Das Gericht braucht keine Gesinnungsjustiz, das handelnde Organ verfügt jedoch über Organe und diese halten die Person lebendig, auf der der Staat sein Gericht errichtet wie auf einem Widerspruchsfels.

Sie rieb sich die Augen. Dauernd musste sie Wirklichkeit schaffen.

Mazuma war gekommen, um sich zu verabschieden.

Sie würde also wieder nach Kabul fahren. Alle paar Jahre besuchte sie dort ihre Verwandten.

Pass auf, dass nichts passiert, sagte Gabrielle.

Mazuma reichte ihr mit pathetischer Geste das Taschentuch, damit sie die Augen trockentupfen konnte. Heute war es besonders schlimm mit der Flüssigkeit. Käme doch einmal jemand herein und entrisse Gabrielle ihrer Wirklichkeit, sie könnte die ganze Welt anders sehen und die Rechtsordnung danach umordnen.

Ich könnte mir einen Urlaub weder in Kabul noch sonst wo vorstellen, sagte Gabrielle.

Sie dachte jedoch intensiv an eine Palme. Einen Strand. In der nächsten Bucht würde sie schon den Plastikmüll entdecken. Die Tropfen würden zur Verschönerung der Wirklichkeit nichts nützen.

Ich sehe nur, was ich wissen muss, sagte Gabrielle, meine Augen haben die Schnauze voll.

Ich habe einen Brief von meinem Bruder Karl erhalten, sagte sie. Die Richterin zog das Papier mit der E-Mail ihres Bruders aus der Ablage hervor. Wo ist das Rote Kreuz in Kabul stationiert?

Mazuma hob ratlos die Augenbrauen.

Karl arbeitet dort, erklärte Gabrielle. Er kommt demnächst in die Schweiz. Sie musste dazu ungläubig grinsen und den Blick auf die Zeilen richten, um nachzulesen.

Soll ich ihn treffen?, fragte Mazuma.

Gabrielle stierte auf das Papier und sagte, ohne zu antworten, im Ton der Gleichgültigkeit: Weiß der Teufel, wie er da hingeraten ist.

Lass nur, ich schaff das schon, sagte Mazuma und schickte sich an, Akt für Akt mit Gummibändern zu fixieren.

Gabrielles Schriftsätze verschwanden zwischen den Flügelmappen, und als sich eine Wolke vor die Sonne schob, gingen die Lamellen der Jalousien automatisch auseinander. Es nützte ja nichts, sie musste durch diesen Tag durch, dachte Gabrielle.

Ich wusste gar nicht, dass du einen Bruder hast, sagte Mazuma.

Ist auch egal, antwortete Gabrielle.

Vielleicht treffe ich ihn in Kabul, schlug Mazuma vor.

Ich weiß nicht, ob ich dir das wünschen soll, meinte Gabrielle. Sie winkte noch und rief ein „Inshallah“ für die Reise hinterher.

Ursächlichkeit gibt es nur im Nachhinein. Nichts kam, wie es kommen musste. Gabrielle legte die Akten bereit. Der Kaffee schmeckte gut. Der Zucker stand auf dem Tischchen. Sie brauchte ihn nicht.

Der Fauteuil stammte wie alle Möbel aus dem Mobiliendepot. Auf der Sitzfläche lag der Karton. Sie hatte ihn hergeschleppt, um die Fotos im Büro scannen und dann digital komprimieren zu lassen. Die Alben stammten aus der Stadtwohnung der Familie. Dokumente einer Zeit, die sie mit ihrem Bruder lieber nicht geteilt hätte. Sie schleppte die Beweise seit Tagen mit sich herum. Den Bruder zu tilgen war ein gut überlegter Entschluss. Sie wusste nicht, wohin mit den Originalen, vielleicht würde sie sie auf den Flohmarkt werfen, wo sie in die Hände findiger Geister geraten und neue Geschichten bewirken könnten.

Auf die eigene Kindheit hatte sie keine Lust. Die Wohnung war seit Jahren leergestanden, aber voll mit Erinnerungsstücken gewesen. Die Möbel hatte sie verschenkt, die Wände ausgemalt, sogar die alten Fenster neu verglasen lassen, um die Aussicht zu entzerren. Im Büro war eigentlich kein Platz für Privatsphäre. Genau deshalb war es der richtige Ort, eine Auswahl unter den Bildern ihrer Geschichte zu treffen.

Sie griff in die Kiste und zog ein Album heraus, blätterte. Ihr kleiner Bruder war damals noch kein Problem, als Kindergartenkind genauso blond wie sie gewesen. Über die Jahre waren die Haare nachgedunkelt. Mit zehn waren sie schwarz. Vielleicht ergraute er jetzt und half dem Erhalt seiner Schönheit nach?

Gabrielle hatte immer natürliche Locken gehabt und jetzt im Alter wirkten sie ungewöhnlich dunkel und voll. Sie wartete darauf, dass die Natur in ihrer unberechenbaren Unausweichlichkeit zuschlug. Sie hatte ein Rezept gegen diese Respektlosigkeit der Irreversibilität, sie setzte auf bleibende Werte, sie liebte die Kunst. Sie unterstützte auch Joes Leidenschaft Gitarren zu sammeln, was versteht man schon sonst unter Liebe. Sie muss sich in Verständnis kehren.

Der Bruder mit langem Haar, Zotteln nach der landläufigen Bewertung, spielte Gitarre, als er 13 war. Auf diesem Foto lächelte er noch. Das war vor dem ersten Entzug. Er hatte nicht einmal die Unterstufe geschafft. Gabrielle hingegen strahlte mit dem Maturazeugnis in der Hand, und später sah sie sich mit der gebundenen Doktorarbeit über Verwaltungsrecht und mit der Urkunde in einer Rolle auf dem Foto, das der Vater noch gemacht hatte.

Der unförmige Mann hatte sie auf eine Reise eingeladen. In die Schweiz. Der Bruder war damals auch in der Schweiz gewesen, allerdings stationär aufgenommen. Man war ihn besuchen gegangen.

Das nächste Album stammte aus den letzten Jahren vor Gabrielles großen Veränderungen. Joe küsste sie auf dem Foto. Der Wörthersee lag unter ihnen. Das Schlösschen war karg ausgestattet gewesen, von schlichtem Luxus. Die Ehe war auf der Terrasse geschlossen worden.

Bruder Karl war damals während der Trauung aufgestanden. Weil es ein hochsommerlicher Tag gewesen war, hatte er verlautbart, dass er Hochzeit mit den Undinen des Wörthersees feiern wollte, und war einfach schwimmen gegangen. Als er nicht mehr auftauchte, war die Hochzeit in ein Körperfest des Nervenzusammenbruchs gekippt. Joe hatte den Bruder Jahre später aus der Familie geworfen. Gabrielle konnte die Überzeugung nicht aufrechterhalten, dass sie Verantwortung für den Angehörigen trüge.

Vater fehlte auf diesen Fotos, er war schon lange tot gewesen. Wenn sie ihn gesucht hatte, dann war er an seinem Schreibtisch zu finden gewesen. Sie brauchte nur in den Spiegel zu blicken und konnte seine Augen sehen. Karl war sonst auch der Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten gewesen.

Er war aus etlichen Anstalten hinausgeschmissen worden und zunächst in Paris auf einem Bahnhof und schließlich auf vielen anderen Bahnhöfen europäischer Städte aufgegriffen worden. Doch nach der Aktion am Wörthersee war er für Monate verschollen geblieben. Gestrandet war er dann in Griechenland. Wasserrettung und Polizei hatten eine Rechnung ausgestellt, die keine Versicherung übernehmen wollte. Die Polizze der Zusatzversicherung hatte daraufhin auch nicht mehr zu einem vernünftigen Preis verlängert werden können. Karl hatte ein zu hohes soziales Risiko dargestellt. Gabrielle hatte Urlaube für die Suche und Rückholung des Bruders geopfert, so lange, bis Joe die Symbiose unterbinden wollte.

Er war enttäuscht gewesen, als Gabrielle auf den Anruf von Interpol reagierte, nur weil sein süchtiger Schwager wieder ein Lebenszeichen aus Athen gegeben hatte. Gabrielle hatte die Wahl gehabt, ihn hängenzulassen. Aber sie hatte sich falsch entschieden, wie sie im Nachhinein wusste.

Sie hatte das erste Ultraschallbild ihres Kindes gesehen, eine Großwetterlage in Schwarzweiß mit schlagendem Herz. Die Richterin war voll des Guten gewesen und Joe hatte sich wahnsinnig über die Schwangerschaft gefreut. Das Herz seines eigenen Kindes war ein großes Ja, eine Totalaffirmation der Welt gewesen. Und in dieser Welt musste man alle verlorenen Menschen retten, auch den Bruder, hatte Gabrielle damals gesagt.

Das war die frohe Botschaft der Hormone und nicht der Vernunft gewesen. Anstatt für das werdende Leben hatte ihr Herz für Karl zu schlagen begonnen. Joe hatte schließlich nachgegeben. Die Freude über das kommende Kind hatte ihn weich gemacht und der unverbrüchliche Glaube an eine gerettete Zukunft dumm. Hätte die Vernunft obsiegt, wäre Gabrielle bei ihm geblieben und sie wären heute Eltern eines lebenden Kindes.

Gabrielle wunderte sich schon lange nicht mehr, dass die Augen nässten, obwohl sie an Augentrockenheit litt. Medizinisch war das klar, die Tränendrüse versuchte den Mangel der zu schnell verdunstenden Flüssigkeit auf der Hornhaut zu kompensieren und produzierte die Tränen daher mit Überschuss.

40 Ehejahre hatte sie mit Joe hinter sich und sie zeigte sich noch immer Hand in Hand mit ihm in der Öffentlichkeit.

Bei Abendessen mit Freunden legte er den Arm um sie. Das Paar zollte einander Liebkosungen und wirkte unzertrennlich, obwohl es privat kaum Zeit zusammen verbrachte und auch der eine keine Sehnsucht für den anderen fühlte. Er tat verliebt in sie, und für Gabrielle war es zur Gewohnheit geworden, eine geliebte Inszenierung, auch verliebt zu tun. Nach innen war er kühler und weniger an wahrer Nähe interessiert als sie, wie immer wahre Nähe auch aussehen mochte. Das Begehren nach einem Liebesleben, wie zu Anfang ihrer Epoche als intimes Paar, konnte nicht der einzige Maßstab für Innigkeit sein, denn sie fühlte große Sympathien auch für Mazuma, ohne eine Spur erotischen Interesses zu entwickeln. Sie hätte ihr Verhältnis zur dolmetschenden Ärztin als durchaus nah beschrieben.

Joe und Gabrielle hatten ein Haus gebaut und einen Garten angelegt. Das aufblasbare Planschbecken hatten sie längst entsorgt, und der kleine gepflasterte Parkplatz unter den Schatten spendenden Bäumen für den Kinderwagen war längst mit Gras überwachsen. An heißen wie an kalten Tagen kraulten sie durch den Pool im Keller. Ein Swimmingpool im Garten ohne Dach über dem Kopf hätte Joe nicht ganzjährig befriedigt. Außerdem liebte er auch den Unterschied zu natürlichen Gewässern und zog es vor, im Sommer wild an Flüsse und Seen baden zu gehen. Gabrielle folgte ihm auch an die Alte Donau, wo das Wildbaden nur möglich war, wenn man sich vor nassen Hunden nicht grauste. Weil es richtig war, als Paar die Freizeit zusammen zu verbringen, tat sie es unhinterfragt bis heute, um sich soziale Kompetenz einzuhandeln und zu bestätigen. Nichts störte die Symbiose. Nicht einmal fremde Kinder und sie hatten ja keine eigenen. Der Bruder hatte Gabrielles Mütterlichkeit aufgefressen und den Abgang ihres Kindes verschuldet. Joe hatte in allem Recht behalten und Gabrielle die Gutmütigkeit verübelt.

Nun war wieder der kleine Karl auf einem der Fotos zu sichten. In der ersten Reihe einer Kindergartengruppe stand er mit Gabrielle, damals Gabi genannt, neben dem Jugendfreund Werner. Die selbstgebastelten Laternen hingen an ihren Händen, in Gabrielles brannte das Licht, bei ihm war die Kerze erloschen. Ein Wink des Schicksals?

Ein paar Fotos weiter streckten sie Schultüten hoch und dem Kameraauge entgegen. Das letzte Familienfoto, das sie noch alle zeigte, auch den Vater, der erschreckend erschöpft und viel kleiner als damals auf Gabrielle wirkte, war bei einem Grillfest entstanden. Ihr Bruder winkte mit der Fleischzange, in der anderen Hand hielt er eine Flasche Gin. Zum Flambieren des Fleisches, hatte damals der Vater gemeint. Die Flammen fauchten auf und man sah dieses Fauchen regelrecht in den züngelnden Spitzen. Und auch an den versengten Augenbrauen und Wimpern, sah man genauer hin.

Wie lange hatte Karl gegen die Sucht gekämpft? Auf dem folgenden Foto war er 16. Mit den aufgequollenen Augen und dem löchrigen Gebiss sollte er ihr in Erinnerung bleiben? Gabrielle löste das Bild des Zerstörten aus den Fotoecken. Das Konterfei des Bruders hätte sie vor einigen Wochen noch zerfetzt, verbrannt und hernach die Asche vergraben. Heute war sie gefasster. Der Bruder gehörte zu ihrem Leben. Wieso sollte sie auf Zeugnisse ihrer Biografie verzichten?

Sie hatte auf den Fotos immer ernst und eingeschüchtert gewirkt und jetzt konnte man sehen, weshalb. Der Terror war im elenden Portrait Karls festgehalten. Ein zerstörtes Gesicht mit unsäglich traurigen Augen. Gabrielle spürte die Abwehr und die Distanz zu diesem Verwandten wie ein lang gedehntes Gähnen in sich. Das Gähnen einer Menschenfresserin nach einem üppigen Mahl, so egal war ihr, was geschehen war, nur satt war sie davon. Was blieb von diesen Erinnerungen übrig? Was macht den Menschen aus? Der Kern, den der Menschenfresser ausspuckt? Sie musste an Odilo Marquardt denken, den sie für dieses Sprachbild verehrte. Zu Hause wollte sie das Zitat nachschlagen. Wenn schon nicht alles richtig erinnert war, dann zumindest korrekt zitiert. Karl hätte wegen Mordes, Totschlags und fahrlässiger Tötung angeklagt werden können, aber in allen Punkten wäre er wegen Unzurechnungsfähigkeit freigesprochen worden. Es stimmte, dass er nicht schuldig, aber nicht unschuldig war.

Niemand sollte den abgewrackten Karl so sehen, wie er einmal gewesen war. Sie ritzte mit dem Briefmesser die Fotoschicht ab, sodass ihr Bruder durch die Retusche zumindest weiße Flecken auf der Topographie seines Gesichtes erhielt. Dann schob sie das Foto zurück in die Ecken.

Gabrielle las Karls elektronischen Brief wieder und wieder durch und zweifelte an der Wahrhaftigkeit seiner Geschichte. Wozu benötigte er persönliche Erinnerungsstücke? Bastelte er an seiner Identität? Wie sollte sie Karl je wieder gegenübertreten?

Sie nahm ein Kuvert aus dem Schrank, füllte das Adressformular aus und klebte es auf den Umschlag. Karl hatte seine Adresse als pdf angehängt, c/o Internationales Rotes Kreuz. Gabrielle sollte die Fotos per Diplomatenpost schicken.

Kurz entschlossen legte sie aber das Kuvert wieder weg. Sie würde ihm lieber die Scans schicken. Einfach per E-Mail. Joe hätte dazu gesagt: Du willst ihn also digitalisieren? Er meinte damit, dass sie sein analoges Abbild behalten wollte, um ihn weiter zu studieren. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Sie wollte Karl die Gelegenheit geben, auf Knopfdruck die Scans und die E-Mail zu löschen, ohne die Originale zu verlieren.

Sie stopfte die Alben zurück in die Schachtel. Reisen in die Berge, an die Seen und an die Meere zeigten ein gesundes Familienleben auf den letzten Fotos mit Joe und Karl.

Joe war damals auch drahtig gewesen und die Liebe war wild. Dann die Früchte im Garten und später die Rosen und Wunderblumen der Bougainvillea im Garten am Fluss und dann das Schlösslein und das Haus und der Aushub des Pools. Das Terrain zwischen ihnen begann sich zu ebnen. Gabrielle war in Freizeit gern im Hintergrund angesiedelt. Sie trug legere Kleidung und hatte das unfrisierte Haar zusammengebunden. Sie war unbeobachtet und unbeschwert wie die Öffentlichkeit selbst, die sonst ihren Blick skeptisch auf die Usurpatorin fremden Lebens legte, sobald sie Verhandlungen führte. Der Hang zur Lässigkeit im Privaten passte nicht zum Amt. Sie spielte ihre Rolle jeder Sphäre angemessen gut. So saß sie auf dem letzten Geburtstagsfoto in der Hollywoodschaukel und überhaupt mochte sie es in letzter Zeit, mit Freundinnen fotografiert zu werden, die oft zu Besuch waren und Haus und Garten belagerten.

Die Freundinnen hatten bereits Kindeskinder und Gabrielle sah dafür jünger aus, als manche über ihr Alter mutmaßten. Sie lebte gesund mit ihrem Lehrer. Eine junge Oma und ein junger Opa hätte das Paar sein können. Aber in Athen, von wo sie Karl zurückholen hätte sollen, war die Fruchtblase geplatzt. Gabrielle war sofort zu Boden gegangen.

Joe hatte schon richtig geurteilt, genug war genug. Aber da er sie dem Schicksal, Karl zu holen, überlassen hatte, trug er gleich viel Schuld. Ihre Verbindung zueinander erhielt deshalb keinen Knacks, im Gegenteil. Sein Gefühl der Mitgefangenschaft steigerte sich und Gabrielle konnte ihren Weg gehen und jede Art gemeinsamen Haushaltens an ihn abtreten, weil sie damit die Schicksalsgemeinschaft untermauerte. Der einzige Zwist in ihrem Umfeld war Gabrielles zweifelhafter Wunsch nach Selbstständigkeit, einem Leben als Single in der schmutzigen Stadt.

Die Stadtwohnung, wo die Alben verstaut waren, hatte ihren Eltern und danach Karl gehört. Unter seinen Fittichen war die Behausung verwahrlost. Gabrielle hatte die Spuren der Verzweiflung und Ohnmacht aus den letzten Jahren beseitigt. Nun nächtigte sie sogar selbst in der Wohnung. Wenn die Arbeit im Büro zu lange dauerte, brauchte sie vom Gericht nur ein paar Stationen mit der U-Bahn, um direkt dorthin zu gelangen.

Das Büro lag neben der Autobahn. Gabrielle war müde und legte den Kopf auf die Lehne des gepolsterten Fauteuils. Der Verkehr wummerte dahin. Ihr fiel auf, dass sie auf jedem Foto geraucht hatte, als alte und als junge Frau. Die alten und die neuen Freunde rauchten mit. Die guten und die schlechten Zeiten, sie versanken im Qualm. Gabrielle hatte bis heute das Laster beibehalten. Sie schlummerte mit dem süßlichen Geschmack von Tabak auf der Zunge und einem sanften Kratzen in der Kehle ein.

Als sie wieder erwachte, lag das Album noch aufgeschlagen auf dem Tisch und Fotos von Joe und Karl steckten in der Seitenlasche. Sie hatte die beiden auf Exkursionen begleitet.

Die gut aussehende Frau mit schwarz gerahmter Brille und dem Blick eines schlechten Gewissens war ihr zuvor nie aufgefallen. Zwischen den beiden Männern stand sie immer im Hintergrund. Eine Kollegin? Eine Frau für die Pause? Wieso drängte sie sich ins Bild? Hatte Joe sie Gabrielle je vorgestellt? Die Frau im Schatten war ziemlich jung. Gabrielle entdeckte das Muttermal über der Lippe und stutzte. War sie nicht eine der Frauen, die Karl in ihren Abgrund gezogen hatten? Sie löste auch dieses Foto aus den Ecken und steckte es in die Tasche. Es könnte helfen, einen Streit zu verhindern.

Sie hatte Joe ihr Versprechen gegeben, sich nie anmerken zu lassen, dass sie ihr Begehren an anderer Stelle auslebte. Sie wäre nicht einmal auf die Idee gekommen, Joe zu betrügen. Doch er war unnahbar, als strafte er sie für den Verdacht, sie könnte es tun. Letztens war sie aus Genf nach Hause gekommen und der Blick ihres Mannes war vorwurfsvoll und triumphierend gleichzeitig gewesen, weil sie den Ehering nicht angesteckt hatte. Sie hatte es gar nicht bemerkt. Sie hatte es nicht für wert befunden, in Genf den Ring zu tragen, weil er in der protestantischen Stadt zu protzig gewesen war.

Gabrielle war gerührt über die Eifersucht ihres Mannes und scherzte, sie hätte den Ring in ihrer letzten Liebesnacht abgestreift, um den Bund mit Joe nicht zu verraten.

Na wenigstens so viel Loyalität beweist du, hatte Joe geantwortet. Er hatte sein Vermögen für den Ring ausgegeben, nur um das Lohngefälle zwischen ihnen auszugleichen. Er verdiente als Lehrer weniger als sie, hatte aber seiner Meinung nach gleich viel Macht mit seinen Beurteilungen über das Leben der Schützlinge. Gabrielle stand mit ihren Urteilen wie er in der Öffentlichkeit, die gern enttäuscht von der Härte, aber Gerechtigkeit war. Ja, das sagte er, er hielt sich für minderwertiger als seine Frau und damit auch sie für minderwertig, indem sie den Maßstab für einen Komparativ abgab.

Wem gegenüber bist du so geladen?, hatte Gabrielle gefragt. Das kann doch nicht der Ring allein sein? Geld bedeutet dir nichts.

Dem Tode gegenüber, hatte er schamvoll zu Boden blickend geantwortet.

Gabrielle schwieg. Sie nahm den Ring auch im Gerichtssaal regelmäßig ab, um nicht im Talar den Streitparteien glitzernd gegenüberzusitzen. Nun blitzte der Stein auf ihrer Hand.

Unter den Alben auf dem Schachtelboden fand sie noch andere Fotos. Bäume. Sträucher. Landschaft. Wohin mit Schnappschüssen von Stimmungen, die nur Erinnerung an Gleichgültigkeit und Beliebigkeit auslösten?

Die Akten auf dem Schreibtisch drängten sich ins Gesichtsfeld, als der Wecker zirpte. Die nächste Verhandlung begann in Kürze. Die Papierstöße glotzten sie trotzdem geduldig an. Sie hob den Kopf und streckte die Hand nach der Tasse und süffelte den Espresso aus und stellte das Geschirr ab und überlegte, wo die Müllsäcke steckten. Sie hörte das Rauschen des Verkehrs draußen auf der Tangente. Es regnete. Im Geist suchte sie die Kehrichtschaufel und wischte währenddessen über das Display ihres Mobiltelefons. Sie rief noch in der Praxis des Augenarztes an. Er hatte seinen Dienst bereits beendet und sie bedauerte, dass sie nicht zum Termin erscheinen hatte können. Die Sprechstundenhilfe war kooperativ. Natürlich gab es einen Ersatztermin. Gabrielle löschte E-Mails. Sie musste dazu nur den Finger auf das Handydisplay legen, nach links wischen und dann auf das rote Feld drücken. Für die Augen war das anstrengend genug. Die Fotos auf dem Tisch verschwanden nicht so schnell aus dem Sinn, aber auch sie waren für den Orkus bestimmt. Der Wecker meldete sich wieder.

Der zufällige Haufen Menschen, der ihr von Berufs wegen Tag für Tag zugeteilt war, elektronisch erfasst, aber nach Kriterien der Menschlichkeit nicht algorithmisch zu bearbeiten, raubte ihr die Zeit für andere Causen, die das Verwaltungsgericht auch zu behandeln hatte. Die Menschenfälle hatten infolge des politischen Diskurses in den Medien den Vorrang. Schwebende Verfahren sollten endlich beendet werden. Womit Gabrielles Angst begann, ihre Entscheidungen eines Tages zu bereuen und ihre Tätigkeit zwar als rechtens, aber als moralisch verwerflich zu erkennen. Jeder einzelne Kläger unter ihren Asylsuchern berief gegen den Erstbescheid und verlangte sein persönliches Verfahren in zweiter Instanz. Sie hatte selbst mit den Kollegen Beschwerde gegen die Massen von Anträgen eingelegt, mehr Personal gefordert, um die Verfahrensdauer für die Parteien zu kürzen und die Strapazen für die Richter, die an der Eintönigkeit der Asylfälle krepierten, zu reduzieren. In den Augen der Öffentlichkeit war sie Expertin für Asyl, dabei hatte sie tausendmal mehr Interesse an vergaberechtlichen Causen. Zu Hause hatte sie ein Tuch über die Akten der Asylsucher geworfen, um sie nicht mehr sehen zu müssen. Im Büro aber lagerten die Daten von Männern und Frauen, die sie in den kommenden zwei Wochen bearbeiten musste, um die Erkenntnisse zu verschicken. Die tiefe Hoffnung und der daraus resultierende Lebensmut trotz der Aussichtslosigkeit auf das Asyl, das sich alle Bewerber wünschten, berührten sie. Gegen die Anteilnahme halfen die Formeln juristischer Textkörper, die sie mit Copy & Paste in die Schriftstücke einpasste, nicht.

Außergewöhnlich wenige Frauen waren ihr zugeteilt, aber die symbolische Last der Kopftücher schien im Schicksal festgehalten und festgeschrieben wie in den Mappen, die auf den Bundesmöbeln eines Staates mit gleichgestellten Geschlechtern lagen. Selbst eine Universitätsprofessorin musste für den Rechtsfrieden in den sauren Apfel des Unrechts beißen. Ihr Akt war übriggeblieben und auf keinem der Stapel gelandet. Sie würde kein Asyl und keinen subsidiären Schutz erhalten, weil sie eine Professur in Kabul bekleidete, nicht gefährdet war und ihre Fakultät den Aufbau der Zivilgesellschaft in Kabul beförderte. Sie war versorgt, bestens vernetzt und Professorin für Gender Studies. Gabrielle hatte zuerst ihren Augen nicht getraut. Kabul war der Professorin sogar zumutbar, da sie keine Drangsalierungen an der Universität glaubhaft schildern konnte. Im Internet waren auch keine weiteren Indizien ausfindig zu machen gewesen. Wenn ein Anschlag auf sie verübt worden wäre, dann bitte, aber so drohte keine Gefahr außer die allgemeine, die freilich auch eine persönliche, aber keine juristisch anwendbare war.

Die Funktion des Büros im Verwaltungsgericht lag darin, einen Raum für die Bewältigung von Unausweichlichkeit zu schaffen und ihn, das war psychologisch wichtig, jederzeit verlassen zu können. Gegebenenfalls konnte man auch die Tür zuschlagen. Die Aura eines ratlosen Pragmatismus ließ sich auf- und zusperren. Frauen und Männer, eingereicht auf Papier, die ihren Lebensraum beanspruchten, drängelten sich vor den Verhandlungssälen, die so gestaltet waren, dass sie Beruhigung und Sachlichkeit verkündeten. Viele der Frauen waren schwanger, und waren sie es nicht, würden sie es bald werden und die Kindeskörper auf die paar Quadratmeter der reichen Welt setzen, die ihnen den Platz gab. Waren Buben darunter, zeugten diese später wieder Kinder und man konnte sich vorstellen, was das ergab. Es handelte sich also nicht um Aktenleichen, die sie in den Händen trug. Wie viele Eizellen ließ man ins Land? Gabrielle stand auch diesen Überlegungen, die ihr unzulässig erschienen, ohnmächtig gegenüber. Doch das Leben musste man aushalten.

Gabrielle riss sich zusammen, um die Fragen an die Universitätsprofessorin neutral zu formulieren. Sie dachte an Joe. Wo trieb er sich um diese Zeit herum? In einer Pause rief sie ihn an. Weshalb hob er nicht ab? Seit er in Pension war, schrieb er an einem Buch. Er hatte ein neues Gesetz zwischen ihnen etabliert. Gabrielle durfte ihn nicht stören und sollte sich an seine Zeiten halten. Bis fünf schrieb und wirtschaftete er im Haus und es war ihr verboten, vor fünf unangemeldet daheim aufzutauchen. Er hatte sogar die Putzfrau abbestellt, weil er sich seiner Literatur widmen und sich um alles selbst kümmern wollte. Gabrielle hatte nichts dagegen und akzeptierte den Spleen. Pünktlichkeit war einem ehemaligen Lehrer eben wichtig. Sie schloss die Verhandlung.

Sie setzte die Sonnenbrille auf. Joe war noch immer nicht zu erreichen gewesen. Er würde wohl Staub wischen, und weil die Bücherregale bis unter die Decke reichten, würde er auch auf der Leiter stehen. Käme er mit dem Wischen zurecht? Der Staub bildete sich mit dem Pollenflug schnell nach und die Zeit raste dahin, so dass er es bis jetzt nicht geschafft hatte, die Erinnerungsstücke seiner Schüler zu entsorgen, die Schränke auszuräumen und die alten Seminararbeiten wegzuwerfen. Ihn zwang jedoch auch kein öffentlicher Druck zur Eile.

Gabrielle klaubte in der Tasche herum. Den Ehering hatte sie im Seitenfach bei den Papieren stecken. Um eine weitere Eskalation wegen des Schmuckes zu vermeiden, steckte sie ihn an den Finger. Aber die Schlüssel zum Haus lagen nicht an ihrem gewohnten Platz. Ach ja, die hatte ihr Joe abgenommen, um ein Set nachmachen zu lassen. Es war ausgemacht, dass sie erst um 17 Uhr zu Hause eintreffen durfte. Was machte es schon, eine Stunde früher da zu sein? Eigentlich hatte ihr Joe die Schlüssel schon vor einer Woche weggenommen, sie waren also noch immer nicht nachgemacht. Komisch, dass er sich damit so viel Zeit ließ.

Sie stakste auf den Stöckelschuhen in die Garage. Die Absätze knallten bei jedem Schritt ungleich laut auf. Sie versuchte den Takt zu halten, wankte. Es kam ihr vor, als hinkte sie. Eine Gangart, die für Nachlässigkeit sprach oder eine Krankheit. Es entsprach ihrer Gewohnheit, sich auch als Privatperson mit den Augen der Öffentlichkeit zu sehen, also richtete sie sich auf. Das war schon ein speziell bewusster Zustand.

Da bemerkte sie einen jungen Mann in der Garage. Als er sie sah, kam ihr vor, er versteckte sich vor ihr hinter der Säule, und dann hörte sie Schritte, die sich im Verborgenen entfernten. Sie dachte: Denk dir am besten nichts dabei, Gabrielle!

Sie ging zum Auto und öffnete die Tür mit einem Druck auf die Fernsteuerung.

Der Wagen rollte auf den Schranken zu. Sie hielt ihren Badge, den elektronischen Schlüssel, an das Lesegerät des Pfeilers, von dem sich Sekunden später der rotweißrote Balken hob. Sie fuhr unter dem Schranken durch und sah im Rückspiegel, dass er herabfiel und sein Tempo erst stoppte, als er wie das Beil einer Guillotine auf dem Hackstock seines Pfeilers aufschlug.

Da ihr Haus im Westen lag, musste sie auf die untergehende Sonne zufahren. Sie bog ab und besorgte noch Tinte und eine Feder. Joe würden die Utensilien vielleicht anregen, ein Gedicht für seine Frau zu schreiben. Vereinbarungsgemäß traf sie um fünf zu Hause ein. Joe erwartete sie bereits und freute sich über das Präsent. Das war ein guter Tag gewesen, trotz Abschiebung.

Anderntags leistete sie sich einen Umweg über das Flachland, um sich ein Bild vom Standort der Windräder zu machen. Die aktuelle Verhandlung führte ein Kollege, der schon länger die Beschwerdeführung gegen die Betreiber des Energieparkes abzuwägen und mit der Gesetzeslage in Einklang zu bringen hatte. Gabrielle hatte die Sache interessant gefunden, weil sie auch für den Zaungast des Rechts verdeutlichte, wie sehr das Gericht notwendig war, um den Kampf des Windradbetreibers gegen die Windradgegner zu erhellen und so zu der Erkenntnis zu gelangen, unter welchen Umständen alternative Energie erzeugt werden durfte. Ein jahrelanger und bislang ergebnisloser Kampf erbrachte Gutachten über Gutachten. Sie hatte sie aus Neugier durchforstet und viel über die Artenvielfalt in Flora und Fauna des betroffenen Gebietes gelernt. Ihr geschulter Blick sammelte nicht, er stanzte die relevanten Fakten heraus, denn siehe da, über dem Gebiet flog ein Schwarm Krähen. Sie gönnte sich hin und wieder kleine Ausflüge zu den geografisch brisanten Gebieten, den Schauplätzen der Causen, um sich ein Gefühl für die Wirklichkeit zu bewahren und zu bestätigen.

Die Gegend um die künstlich angelegte Stadt im Biedermeierstil, die in Reiseführern als schnuckelig beschrieben wurde, war noch wie ausgestorben. Sie hielt an der Tankstelle. Warum sollte hier ein Windradpark Anrainer stören, wenn es gar keine gab, bis auf die Tankstelle und die künstliche Einkaufsstadt mit Outletware bekannter Modemarken? Das Verfahren handelte die Einwände und Befürwortungen automatisch ab. Interviews, Bildmaterial und Gutachten prägten sich die Richter üblicherweise kurz vor den Verhandlungen ein, hatten alles im Gedächtnis, um die richtigen Hinweise abzurufen und die Anker der Verhandlungsführung setzen zu können.

Die Wochenendhäuser, Keuschen und Unterstände für das Vieh standen wie verwaist in der trostlosen Landschaft herum. Gerade in dieser Trostlosigkeit lag die Schönheit des Morgens, denn die Nacht zog mit dem sich lichtenden Nebel ihren letzten Schleier vom Tag ab. Ein Jägerstand war drüben am Rand des Feldes auszunehmen. Und niedriges Buschwerk. Tatsächlich weideten Rehe dort. Gabrielle packte das Mobiltelefon aus. Stellte es auf Kamerafunktion. Die Bilder wirkten scharf. Als sie die Tiere heranzoomte und das Buschwerk vergrößerte, konnte sie eine am Boden hockende Männergruppe entdecken. Die Rehe, als spürten sie, dass sie ins Visier genommen waren, hoben ihre Köpfe und nahmen die Witterung der Richterin auf. Die Menschengruppe, die ihnen so nah war, sahen sie nicht als Fremdkörper an. Gabrielle drückte ab, das Handy klickte wie ein Fotoapparat. Das Geräusch genügte und die Tiere stoben davon und suchten Schutz in den Büschen. Auch die auf dem Boden hockenden Männer standen auf und sahen nun in ihre Richtung. Sie hatten die Hände in den Anoraks stecken. Einer der Männer trug eine Brille. Gabrielle würde sich der Schlepperei schuldig machen, brächte sie als Privatperson die Flüchtlinge zu einem Bahnhof. Vielleicht waren es Erntehelfer, die mit ihren Händen in den Anoraktaschen herumstanden. Verstieße sie gegen das Gesetz, verlöre sie ihren richterlichen Status, die für die Republik geltende Wirklichkeit zu verkünden.

Während die anwachsende Masse der Asyl suchenden Menschen hier über die Grenze gekommen war, waren parallel Verhandlungen zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung für Grundwasser, zu Tierschutz und Archäologie geführt worden. Auf dem Boden dieser Realität zeigte sich die Dimension unserer disparaten Leben zu gegebenen Zeiten. Es ging darum, die Beeinträchtigungen der Vergangenheit für die Zukunft gering zu halten. Wie viel Blut war in diesem Boden versickert und im Aggregatzustand der Erde dieser Landschaft aufgegangen? Das Recht auf Aufklärung über ihre Rolle als Richterin, Judikative und Durchsetzung der Staatsgewalt in Anspruch zu nehmen, kam ihr erhebend und niederschmetternd zugleich vor. Welche Einschätzung erlaubte ihr welchen Überblick? Was verstand hier wer von Recht? Sie steckte das Handy ein und trat auf das Gaspedal, hatte von der Landschaft genug gesehen, um sich ein Bild vom Windradpark zu machen. Sie steuerte Richtung Autobahn.