Im Schlaf verarbeiten Kinder den Alltag. Albträume, Schlafwandeln oder Nachtschreie sind Ausdruck dieser geistigen Nachtarbeit. Meist entwachsen sie diesen turbulenten Phasen schnell.
Kinder brauchen Schlaf. Das weiß jeder. Je jünger sie sind, desto mehr. Während der Nachtruhe verarbeiten die Kleinen, was sie am Tag erlebt und gelernt haben. Sie wachsen und reifen wahrhaft im Schlaf. Deshalb brauchen Kinder und auch Jugendliche deutlich mehr Schlaf als Erwachsene – denn ihr Körper und ihr Geist sind noch im Aufbau. Störungen beunruhigen Eltern verständlicherweise. Viele davon sind jedoch normale Phänomene, die einfach nur zeigen: Da ist gerade viel los im Leben dieses Kindes. Das meiste davon erleben wir alle einmal, doch jedes Gehirn geht anders mit den vielen Eindrücken um. Manche schlafen seelenruhig, andere träumen schlecht, wandern umher oder schreien nachts lauthals los. Oftmals stecken hinter diesen Schlummerphänomenen normale Entwicklungsschritte. Sie wirken aber befremdlich und machen mitunter Angst.
Menschen werden nicht mit einem fertigen Rhythmus fürs Schlafen und Wachen geboren. Dieser entwickelt sich mit den Jahren. Kinder schlafen daher anders als Erwachsene. Sie brauchen deutlich mehr Ruhestunden, zu anderen Zeiten und schlummern viel tiefer als in späteren Jahren.
In den ersten Lebensabschnitten wandelt sich ihre Ruhezeit ständig – und bei jedem Kind in einem anderen Tempo. Die normalen Schlafenszeiten von Kindern in unterschiedlichen Entwicklungsphasen zu kennen hilft, bei den Sprösslingen den gesunden von ungesundem Schlaf zu unterscheiden. Zu wissen, welcher Schlaf- und Chronotyp es ist, kann bestenfalls schon erklären, warum es mehr oder weniger Schlaf braucht, früher oder später müde wird. Das ermöglicht einen gelasseneren Umgang mit dem Kinderschlaf. Haben Sie trotzdem das Gefühl, Ihr Kind schläft zu wenig, achten Sie auf Warnzeichen (siehe „Woran erkenne ich, dass mein Kind zu wenig oder schlecht schläft?“, S. 48).
Viele Kinder krabbeln nachts zu ihren Eltern ins Bett, wenn sie schlecht geschlafen haben oder wach geworden sind und nicht wieder zur Ruhe finden. Meist können sie dort schnell wieder einschlafen.
Eine dauerhafte Lösung ist das für keinen der Beteiligten. Mit der Zeit verliert das Kind dadurch wieder die Fähigkeit, allein zu schlafen. Es büßt in diesem Lebensbereich seine Selbstständigkeit ein.
Schlafmediziner raten, mit dem Kind am Tag darüber zu sprechen und zu vereinbaren, dass ein Elternteil das Kind beim nächsten Mal zurück in sein eigenes Bett bringt, etwas vorliest oder singt und dort ist, bis das Kind wieder einschlafen kann.
Je nach Alter des Kindes oder Jugendlichen werden Sie womöglich bestimmte Schlafprobleme häufiger beobachten als in anderen Entwicklungsphasen. Die gute Nachricht ist: Die meisten gehen von allein wieder weg. Die Kinder wachsen aus ihnen heraus. Aber auch anhaltende Beschwerden müssen nicht gleich auf eine körperliche oder psychische Erkrankung des Kindes oder gar auf zu wenig Fürsorge durch die Eltern hinweisen. Dahinter können mitunter ungünstige Verhaltensmuster, die sich Eltern und Kinder über die Jahre angewöhnt haben, stecken. Manche Kinder verbinden mit der Nachtruhe auch einfach negative Gefühle. Ebenso kann das Ambiente im Kinderzimmer den Schlaf behindern.
Eines von fünf Kindern kann abends nicht einschlafen oder wacht nachts aus dem Schlaf mehrfach auf. Nicht immer bekommen Eltern das mit. In der Kölner Kinderschlafstudie berichteten die 800 befragten Kinder deutlich häufiger von ihren Schlafproblemen als die Eltern.
Dass Kinder wach im Bett liegen oder immer wieder aufwachen, kann viele Gründe haben. Ob Kind oder Erwachsener: Wir können nur einschlafen, wenn wir uns wohlfühlen. Oftmals sind es Kleinigkeiten, die für Unbehagen sorgen oder von der Nachtruhe abhalten: zu viel Lärm von den Nachbarn, zu wenig frische Luft, zu helles Licht von den Straßenlaternen, ein Geschwisterkind, das sich im Schlaf viel bewegt oder besonders laut atmet. Wer die Tipps zur Schlafhygiene für Kinder (siehe „Perfektes Schlummerland“ und „Ab ins Bett!“, S. 51/52) befolgt, kann oftmals schon sehr schnell das Problem lösen. Helfen diese Maßnahmen nicht oder kann Ihr Kind schon seit mindestens einem Monat an drei oder mehreren Nächten in der Woche nicht ein- oder durchschlafen und leidet darunter, dann suchen Sie professionelle Hilfe auf.
Wenn das schlaflose oder albtraumgeplagte Kind nicht gerade zu den Eltern ins Schlafzimmer geschlichen kommt, bekommen Eltern meist nicht unbedingt mit, was im Kinderzimmer passiert. Ob es zu wenig schläft, können sie dennoch recht schnell erkennen: an seinem Verhalten am Tag.
Was kann ich tun?
Wenn die Kinder einfach nicht schlafen wollen, hat das manchmal weniger offensichtliche Gründe. „Ich will aber nicht ins Bett“ ist ein Satz, der vielen Eltern sicherlich bekannt vorkommt. Dahinter steckt nicht unbedingt der Versuch, Grenzen auszutesten oder die Eltern zu ärgern. Manche Kinder haben schlicht Angst vor der Nachtruhe. Auch das hängt mit ihrer Entwicklung zusammen. Zum einen müssen sie sich wegen des Schlafs von den Eltern trennen. Einigen fällt das nicht leicht, wenn sie es nicht schon durch die Kita gewohnt sind. Zum anderen: Umso älter Kinder werden, desto selbstständiger gehen sie durch die Welt. Sie lernen allein zu laufen, sie können sprechen und viele Dinge, die sie machen wollen, auch endlich ohne fremde Hilfe umsetzen. Wenn sie abends ins Bett gehen, müssen sie diese Eigenständigkeit jedesmal wieder aufgeben. Dicke Tränen kullern dann mitunter, wenn es heißt „Zeit für die Nachtruhe“. Die Kinder versuchen dann das „Augen-Zumachen“ hinauszuschieben. Sie bitten um eine weitere Geschichte, noch ein Lied oder etwas zu trinken.
Wichtig ist es dann, liebevoll zu bleiben, aber nicht nachzugeben: „Eine Geschichte war abgemacht, dabei bleibt es auch. Bitte schlaf jetzt.“ Bereits eine Lieblingsdecke oder ein Plüschtier, das in der Nacht über das Kind wacht, kann ängstliche Kinder beruhigen. Die Kinder lernen, sich damit allein zu beruhigen. Mutter oder Vater müssen nicht mehr stundenlang am Bett sitzen und Händchen halten.
Es fällt dem Kind zudem leichter, das Zubettgehen zu akzeptieren, wenn es regelmäßig und möglichst immer gleich abläuft. Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihrem Kind ein individuelles Einschlafritual (siehe „Ab ins Bett!“, S. 52), das jeden Abend die Nachtruhe einläutet. Hüpft das Kind trotzdem immer wieder aus seinen Federn, kann es helfen, ihm eine kleine Belohnung anzubieten, wenn es fortan im Bett bleibt. Das kann eine süße Kleinigkeit zum Frühstück sein, ein besonderes Pausenbrot oder eine kleine Spielfigur. Hat das Kind allerdings besonders starke Ängste vor oder anhaltende Probleme mit dem Einschlafen, sollten Sie professionelle Unterstützung suchen. Der erste Ansprechpartner ist der Kinderarzt. Sie können sich aber auch an einen Kinderpsychologen oder Schlafmediziner wenden.
Säuglinge wie Erwachsene wachen in der Nacht etwa alle zwei Stunden ganz kurz auf. Das ist ein Sicherheitsmechanismus, der noch aus Urzeiten in unserem Körper verankert ist. Unseren Vorfahren diente er dazu, regelmäßig zu prüfen, ob keine Gefahr besteht. Auch heute noch läuft er Nacht für Nacht ab: Ist um uns herum alles wie beim Einschlafen, dösen wir wieder weg und können uns am nächsten Morgen meist nicht an den nächtlichen Sicherheitscheck erinnern. Hat sich etwas verändert, wachen wir richtig auf.
Ein Ablauf, mit dem wir geboren werden. Wacht ein Säugling also durch den körpereigenen Security-Modus nachts auf und hat nicht mehr wie beim Einschlafen die Milchflasche am Mund oder liegt nicht mehr inden Armen der Mutter, schläft es nicht gleich wieder ein, sondern wird komplett wach – und weint. Denn sein Körper meldet: Es ist etwas anders, Gefahr ist im Verzug.
Sehen Sie nach, ob das Kind nicht doch eine neue Windel benötigt oder es vielleicht etwas geweckt hat wie Stoff im Gesicht oder Ähnliches. Lassen Sie dabei das Licht aus und nehmen Sie es möglichst nicht aus seiner Wiege. Ist es Zeit zum Stillen, halten Sie das Licht gedämpft, sprechen Sie leise, machen Sie alles in Ruhe und ohne mit dem Kind zu spielen.
Schlafmediziner raten davon ab, das Neugeborene immer auf dem Arm, mit einer Flasche Milch oder während der Fahrt mit dem Kinderwagen einschlafen zu lassen. Es gewöhnt sich daran und kann später nicht mehr ohne diese Umstände einschlafen – und wenn es dann allein im Bett erwacht, schaltet sich seine innere Alarmanlage an.
Während das Kind nachts ruht, ist in seinem Gehirn Hochbetrieb. Nervenzellen kommunizieren, verschalten sich neu. Die Nachtschicht im Gehirn wird dabei oft von außen sichtbar. Albträume, Schlafwandeln sowie das nächtliche Aufschrecken sind in bestimmten Entwicklungsphasen eines Kindes nicht ungewöhnlich. Zwischen drei und sechs Jahren schlafwandeln etwa ein Drittel aller Kinder mindestens einmal, ebenso viele schrecken mindestens einmal nachts lauthals schreiend hoch und etwa gleich viele Kinder haben in dieser Zeit mehrfach Albträume erlebt. Spätestens mit Beginn der Pubertät verfliegen die nächtlichen Phänomene von allein oder treten nur nochx sehr selten auf. Auch wenn meist kein Grund zur Sorge besteht, sollten Eltern unruhige Nächte des Kindes ernst nehmen und beobachten – aber nicht in Panik verfallen. Meist deuten sie eben auf einen normalen Verarbeitungsvorgang hin, manchmal aber auch auf Stress am Tag, Schlafmangel oder eine Erkältung und nur selten sind sie Ausdruck schwerer Probleme oder Erkrankungen. Typische Auslöser für die nächtliche Aktivität: ein neues Geschwisterchen, ein Umzug oder Zank mit Freunden. Verändern sich also gerade Dinge im Leben des Kindes oder ist generell morgens bis abends viel los, kann es auch nachts im Kinderbett unruhig zugehen. Aber auch Fieber kann Albträume oder Schlafwandeln auslösen. Gehen die Symptome zurück, verschwinden die nächtlichen Phänomene.
Jedes siebte Kind im Grundschulalter hat wiederkehrende Albträume. In diesem Alter haben sie Hochkonjunktur in Kinderköpfen. Böse Monster, gemeine Ganoven oder der Tod eines geliebten Mitmenschen: Die Kinder schrecken mitten in der Nacht schweißgebadet und verstört aus dem Horrorfilm in ihrem Kopf hoch. Die Gruselträume können sehr realistisch wirken. Kleinen Kindern fällt es zudem besonders schwer, zu erkennen, dass das eben Erlebte nicht wirklich stattfand. Sie brauchen dann tröstende Eltern, die sie in ihrer Angst auffangen und versichern, dass das Kind hier sicher ist und es nur geträumt hat. Am nächsten Tag hilft es, zum einen das Kind zu fragen, ob es sich überhaupt an den Traum erinnert. Wenn nicht, lassen Sie das Thema ruhig ruhen. Sonst suchen Sie mit ihm gemeinsam nach einem positiven Ende für den Traum und sprechen Sie dieses mit dem Schützling durch. Mitunter baut das Kind dieses gute Ende beim nächsten Mal in seinen Traum ein. Manchen Kindern fällt es leichter, diesen neuen Traumverlauf aufzumalen. Mit dem Kind über seinen Alltag, mögliche Probleme mit anderen oder Konflikte zu sprechen, kann bösen Träumen vorbeugen.
Gelegentliche Albträume sind kein Grund zur Sorge. Schreckt Ihr Kind aber über längere Zeit mehrmals pro Woche nachts aus solchen Träumen hoch oder entwickelt es durch die Albträume eine ausgeprägte Angst davor, einzuschlafen, sollten Sie einen Kinderarzt, Kinderpsychologen oder Schlafmediziner konsultieren.
Auch das Schlafwandeln kommt in einer bestimmten Entwicklungsphase der Kinder gehäuft vor, meist zwischen dem vierten und siebten Lebensjahr. In stressigen Zeiten, bei schweren Erkältungen oder durch Schlafmangel kann das Phänomen ebenfalls begünstigt werden. Einige wandeln auch als Erwachsene noch nachts durch die Flure. Das ist dann meist genetisch bedingt und wird ebenfalls durch Stress am Tag ausgelöst. Ob klein oder groß: Die Nachtwanderer laufen meist sogar mit offenen Augen durch die Wohnung, können sich aber am nächsten Tag nicht daran erinnern. Sie befinden sich in einer besonders ausgeprägten Tiefschlafphase – und können nur schwer geweckt werden.
Tritt das Phänomen häufiger auf, sollten Vorsichtsmaßnahmen vorgenommen werden, um zu vermeiden, dass sich das Kind verletzt. Ein ebenerdiges Bett ist für schlafwandelnde Kinder daher ein Muss. Achten Sie abends auf einen freigeräumten Boden, damit weder das Kind noch Sie über Spielzeug stolpern. Wenn jemand im Haushalt schlafwandelt, sollte man frühzeitig weitere mögliche Gefahrenquellen beseitigen: Türen abschließen, damit er oder sie nicht das Haus verlässt; Fenster schließen; Treppen durch ein Gitter versperren. Treffen Eltern ihr Kind während des Wandelns an, sollten sie es nicht wecken, sondern ruhig zu seinem Bett zurückbegleiten.
Einige Kinder schrecken nachts mit einem lauten Schrei aus dem Schlaf hoch, verspüren sichtlich enorme Angst und fallen dann aber wieder in einen Tiefschlaf. An den Nachtschreck können sie sich am nächsten Morgen nicht erinnern. Sie befinden sich wie Schlafwandler während des Schrecks im Tiefschlaf und lassen sich nur schwer wecken. Das ist aber auch selten nötig, denn die Kinder finden nach wenigen Minuten selbst wieder zur Ruhe. Berührungen wehren die hochgeschreckten Kinder meist energisch ab. Einige schlagen auch während des Schrecks um sich.
Kinder schnarchen selten. Wenn doch, liegt das meist an einer ungünstig gewachsenen Nasenscheidewand oder zu viel Gewebe im Rachenbereich. Auch vergrößerte Rachenmandeln und Übergewicht können zu nächtlichen Geräuschen führen. Kommen Atemaussetzer hinzu, ist das ernst zu nehmen. Die Atmung setzt dabei im Schlaf immer wieder für einige Sekunden komplett oder teilweise aus. Der Körper wird dann vorübergehend unzureichend mit Sauerstoff versorgt und aus dem Tiefschlaf gerissen. Die Kinder erwachen mehrfach in der Nacht, bekommen das aber nicht bewusst mit. Am Folgetag sind sie dennoch besonders müde. Übergewicht, aber auch zu große Mandeln können zu den Atemgeräuschen sowie zur obstruktiven Schlafapnoe, den Aussetzern, führen.
Schmerzen etwa im Bauch oder von einer Verletzung, aber auch chronische Erkrankungen wie Neurodermitis oder Koliken können Kindern ebenso den Schlaf rauben oder ihn weniger erholsam machen.
Hat sich das Schlafverhalten in den Kinderjahren endlich eingepegelt, gerät es spätestens mit Beginn der Pubertät noch einmal aus den Fugen. Jugendliche zieht es etwa ein bis zwei Stunden später ins Bett. Gleichzeitig benötigen sie meist trotzdem acht bis neun Stunden Schlaf. Nach deutlich weniger Stunden klingelt morgens jedoch für die meisten der Wecker. Viele Jugendliche leiden daher unter Schlafmangel, den sie am Wochenende nicht immer ausgleichen können. In diesem Alter ist das jedoch genauso kritisch wie in jungen Kinderjahren, denn noch laufen während des Schlafs viele Entwicklungsprozesse ab.
In der Pubertät verstellt sich der Schlaf-Wach-Rhythmus. Jugendliche sind abends länger fit, aber brauchen morgens, um in die Gänge zu kommen. Um einen Schlafmangel zu verhindern, lohnt es sich zu verhandeln. Machen Sie zwei bis drei Abende pro Woche aus, an denen um 22 Uhr Schlafenszeit ist. Ein Nickerchen tagsüber sollte nicht länger als 30 Minuten dauern und nicht zu nah zum Abend liegen.
Wie unser Körper ist auch unser Schlaf im ständigen Wandel. Vor allem im Alter verändert er sich noch einmal drastisch. Viele Senioren klagen dann über Schlafstörungen.
Im Alter verändert sich vieles, auch der Schlaf. Ältere benötigen zwar nicht, wie oft angenommen, weniger Schlaf, sondern wie alle anderen Erwachsenen zwischen 6 und 8 Stunden. Dennoch schlafen sie anders als noch mit Mitte 30 – und klagen deutlich häufiger als Jüngere über Schlafbeschwerden. Die meisten davon lassen sich mit einfachen Methoden beheben.
Häufig hilft es schon, mehr über die Eigenheiten des Schlafs im späteren Lebensabschnitt zu wissen. Die Fakten: In der zweiten Lebenshälfte schläft man nicht mehr so tief wie in jüngeren Jahren. Das kann zur Folge haben, dass Sie sich morgens nicht mehr so frisch und ausgeruht fühlen wie früher.
Das hat zwei Gründe: Zum einen wird man durch den oberflächlicheren Schlaf nachts leichter und daher öfter mal wach. Der Tiefschlaf ist zudem die Phase, in der sich der Körper erholt und Kraft tankt. Wird dieser wie im Alter weniger und der Schlaf generell öfter unterbrochen, fühlen sich viele auch nach sieben bis acht Stunden Schlaf morgens nicht ausgeruht. Zusätzlich fällt es einigen schwerer, einzuschlafen, weil körperliche Beschwerden sie wach halten oder sie unausgelastet und deshalb nicht müde genug sind, zu Bett zu gehen.
Ebenso verändert sich im Alter meist der Schlafrhythmus. In fortgeschrittenen Jahren werden Menschen früher müde als bisher. Um 19 Uhr werden bei manchen schon die Augen schwer, einige liegen um 20 Uhr im Bett – und wachen nachts um drei oder vier Uhr auf. Sie haben dann ausgeschlafen, empfinden das jedoch nicht so – weil es schließlich mitten in der Nacht ist. Auch hier kann Schlaffrust entstehen. Doch egal welches Alter, Schlafenszeiten lassen sich einüben. Unterstützen kann dabei eine Lichttherapie. Die tageslichthelle Beleuchtung hält abends länger wach.
Schlechter Schlaf beginnt im Kopf – auch im Alter. Die zahlreichen Veränderungen im späteren Lebensabschnitt belasten manche mehr als andere. Der Rentenbeginn und damit auch das Ende des Arbeitslebens verunsichert. Eventuell ist der Umzug in eine Senioreneinrichtung nötig. Immer öfter sterben Freunde oder Nahestehende. Die sozialen Kontakte und Aktivitäten werden weniger, auch weil der eigene Körper nicht mehr alles mitmacht. Nicht verwunderlich, dass viele Ältere nachts im Bett wach liegen und über all die Verluste und Neuerungen in ihrem Leben nachdenken. Das Grübeln über all die Veränderungen und Verluste, Ängste und Sorgen rauben ihnen mitunter den Schlaf.
Solche schlafraubenden Gedankenschleifen lassen sich mit ein paar einfachen Übungen unterbrechen. Sie können diese allein ausprobieren oder, wenn das nicht hilft, gemeinsam mit einem Schlafspezialisten einüben. Sind Ihre negativen Gedanken sehr stark, rauben Sie Ihnen nicht nur den Schlaf, sondern auch das Interesse am Leben, fühlen Sie sich hoffnungslos und matt, dann sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt, einem Psychotherapeuten oder Psychiater darüber. Womöglich haben Sie eine Depression oder laufen Gefahr, daran zu erkranken.
Sollten die Veränderungen im Schlafrhythmus und der Qualität der Nachtruhe sehr stark und belastend sein, sollten Sie Rücksprache mit Ihrem Hausarzt halten. Ausgeprägte Abweichungen können in manchen Fällen auch ein Hinweise auf eine Demenz oder andere ernsthafte gesundheitliche Probleme sein. Diese zu behandeln, verbessert dann nicht nur den Schlaf, sondern das allgemeine Wohlbefinden.
Es zieht hier und zwickt dort: Vor allem Schmerzen stören den Schlaf. Mit den Jahren nehmen körperliche Beschwerden jeder Art zu und halten viele ältere Menschen vom Schlaf ab. Typische Alterserscheinungen erschweren eine ruhige Nacht.
Die Beckenbodenmuskulatur etwa wird schwächer. Die Folge: Die Blase drückt öfter – auch nachts. Ältere klagen daher häufig darüber, nachts wach zu werden, weil sie auf Toilette müssen. Nicht alle schaffen es rechtzeitig ins Bad. Viele schämen sich jedoch, darüber zu sprechen. Tatsächlich gibt es aber einige unkomplizierte Möglichkeiten, eine Harninkontinenz zu behandeln. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt. Der kann Ihnen etwa ein Blasentraining oder Physiotherapie zur Stärkung der zu schlaffen Muskulatur im Beckenboden verschreiben. Zwei Tipps, die Sie außerdem beherzigen sollten, um nachts mehr Ruhe zu haben: Trinken Sie vor allem über den Tag reichlich, zur Nacht nur noch wenig. Suchen Sie zudem direkt vor dem Schlafengehen noch einmal die Toilette auf.
Ältere Menschen neigen zudem deutlich häufiger zum Schnarchen und zu Atemaussetzern (siehe „Atemnot“, S. 89). Durch die Veränderungen im Stoffwechsel nehmen Senioren oft an Gewicht zu, was die beiden Atemstörungen im Schlaf begünstigt. Die Muskulatur im Rachen erschlafft zudem leichter als noch in jungen Jahren. Die Luft muss sich nun öfter auch bei denjenigen lautstark ihren Weg durch die Luftröhre bahnen, wo das zuvor noch problemlos ging. Bei jedem Vierten über 60 Jahre stockt im Schlaf der Atem für mehrere Sekunden – und das mehrmals in der Nacht. Die Folge: Der Körper wird sekundenlang nicht mit Sauerstoff versorgt, wacht aus Atemnot immer wieder kurz auf. Die Betroffenen kriegen das selten bewusst mit, morgens fühlen sie sich jedoch unausgeschlafen, tagsüber oft müde. Mehr dazu und zur Therapie auf S. 90.
Ein anderes häufiges Leiden im Alter: ruhelose Beine. Das Restless-Legs-Syndrom kommt bei Älteren deutlich häufiger vor. Die Beine kribbeln unaufhörlich. Ruhig im Bett zu liegen, ist für die Betroffenen sehr unangenehm. Woher die Symptome kommen und was Sie dagegen tun können, lesen Sie im Kapitel „Wenn die Beine nicht zur Ruhe kommen“ ab S. 93.
Der Beginn der Rente und das Ende der Arbeitsjahre ist für manche ein Segen, bringt aber auch viel Neues mit sich – und vor allem viel freie Zeit. Wer abends Probleme hat, einzuschlafen, kann das vielleicht schon beheben, indem er seinen Alltag aktiver gestaltet. Wer sich am Tag geistig und körperlich auf Trab hält, schläft auch besser ein. Der Körper ist dann ausgelasteter und abends wirklich müde.
Das Nickerchen zur Mittagszeit kann ebenfalls das Einschlafen am Abend beeinträchtigen – weil der Körper am Abend noch vom Mittag ausgeruht ist. Wer trotzdem nicht auf die Mittagsruhe verzichten möchte, dem empfehlen Schlafexperten, bestimmte Regeln einzuhalten (siehe „Der perfekte Mittagsschlaf“, S. 60).
Welche Beschwerden auch immer Sie vom erholsamen Schlafen abhalten: Besprechen Sie diese mit Ihrem Haus- oder dem behandelnden Facharzt. In vielen Fällen hilft es bereits, körperliche Beschwerden oder psychische Probleme, die den Schlaf beeinträchtigen, zu behandeln. Werden diese gezielt behandelt, schlafen Sie womöglich auch wieder besser.
Sind sie nicht die Ursache der Schlafstörungen, gibt es einige Hilfestellungen, die Sie allein ausprobieren können sowie unter professioneller Anleitung (siehe „Selbst etwas verändern“, S. 97). Die einfachen Regeln der Schlafhygiene zu befolgen, kann den Schlaf in der Nacht ganz ohne Arznei verbessern. Und: Manchmal kann schon eine bessere Matratze das Leid nehmen. Sie sollte möglichst bequem sein und keine störenden Geräusche machen, wenn man sich bewegt.
Medikamente sollten generell bei Schlafbeschwerden als letzte Möglichkeit gesehen werden, die Probleme in den Griff zu bekommen. Vor allem für Ältere sind Schlafmittel wie Benzodiazepine und sogenannte Z-Medikamente, also Schlafpräparate, deren Wirkstoffe mit dem Buchstaben Z beginnen, gefährlich. Speziell ihre Nebenwirkungen: Der Gang wird durch die Mittel unsicherer, das Risiko, zu stürzen, steigt. Die Medikamente schränken zudem vielmals die geistigen Fähigkeiten ein und können Inkontinenz begünstigen. Wer nachts bereits unter Atemstörungen leidet, verstärkt diese durch Schlafmittel. Atemaussetzer können dadurch häufiger werden und länger dauern. Die Medikamente können zudem abhängig machen.
Alternative Arzneien, die den Schlaf fördern, sind Baldriantropfen, Melisse oder Lavendel als Tropfen oder Tee.