Das Buch

»Versetze dich in andere Menschen hinein, bevor du deinen Standpunkt äußerst. Versuche, ihre Seite der Geschichte und die Gründe für ihr Verhalten zu verstehen, bevor du vorschnell Ratschläge erteilst.«

J.P. Vaswani, spiritueller Meister und Gelehrter, spricht aus seinem Herzen und voll Liebe über seine Mitmenschen, die Natur und alle Lebewesen. Er nutzt Geschichten, um seine tiefgründigen Gedanken in einfacher Sprache mitzuteilen und zum Nachdenken anzuregen. Seine Anekdoten über Dankbarkeit, inneren Frieden, das Innehalten, den Umgang mit unseren Gefühlen hat er auf seinen weltweiten Reisen zusammengetragen. Beispielsweise erzählt Vaswani vom Mann, der wusste, dass er nichts weiß oder erklärt uns, wie wir aus einem alten Apfel einen neuen machen können.

Vaswanis Geschichten bleiben im Herzen haften, inspirieren und bereichern den Alltag. Angelehnt an Mythen und Heilige Schriften, sein eigenes Leben oder das großer Persönlichkeiten, zeigt er uns unterhaltsam und lehrreich wie wir ein bewussteres, glücklicheres und erfüllteres Leben führen können.

Der Autor

J.P. Vaswani, geboren 1918, ist einer der bekanntesten spirituellen Lehrer Indiens und Leiter der Sadhu Vaswani Mission. Der hinduistische Geistliche, studierte Physiker und Autor ist weltweit als Redner tätig, beispielsweise vor dem Weltparlament der Religionen und den Vereinten Nationen. Seit Jahrzehnten verbreitet er auf diesem Weg seine positiven Botschaften von Liebe, Glaube, Freude und Frieden auf der gesamten Welt. Seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt.

J.P. VASWANI

Der Opal,
der nicht leuchten wollte

100 Geschichten,
die dein Leben verändern

Aus dem Englischen von Carina Tessari

Die vorliegenden Geschichten richten sich an Menschen aller Glaubensrichtungen. Deshalb wird der Begriff Gott in einem spirituellen, alle Konfessionen und Religionen übergreifenden Sinn verwendet.

Der Verlag hat die Quellenlage mit größter Sorgfalt recherchiert und die Nennung der Rechteinhaber dementsprechend vorgenommen. Sollte dennoch eine Textpassage nicht ausreichend als Zitat gekennzeichnet worden sein, bittet der Verlag um einen entsprechenden Hinweis des Rechteinhabers.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.ullstein-buchverlage.de


Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.


Hinweis zu Urheberrechten


Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.

Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.


ISBN 978-3-8437-1734-2


Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel
100 stories you will never forget im Verlag
Jaico Publishing House.

Allegria ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH

© der deutschen Ausgabe 2018 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

© der Originalausgabe by J. P. Vaswani

100 STORIES YOU WILL NEVER FORGET.
Copyright © 2015. All Rights Reserved. Published by
arrangement with the Owner, Jaico Publishing House.

Übersetzung: Carina Tessari

Lektorat: Vera Baschlakow

Umschlaggestaltung: zero-media.net, München

Coverabbildung: FinePic®, München

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

1

Schicksalsgefährten

Ein kleiner Junge saß auf einer Parkbank und hielt behutsam einen Spatz zwischen seinen Händen. Der Vogel hatte einen gebrochenen Flügel. Eine freundliche Frau sah den Jungen dort sitzen, wie er mit ernster Miene den verwundeten Vogel streichelte.

»Kleiner, soll ich den Spatz für dich mit nach Hause nehmen und gesund pflegen?«, fragte sie sanft und legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter.

Sie nahm an, dass der Vogel dem Jungen leidtat und dass er nicht wusste, was er mit ihm machen sollte.

»Ich verspreche, ihn zu dir zurückzubringen, wenn er wieder gesund ist«, fuhr sie fort. »Und dann lassen wir ihn zusammen frei.«

Der kleine Junge dachte einen Moment nach. Dann sagte er: » Vielen Dank, Ma’am, aber ich möchte mich lieber selbst um den Vogel kümmern.«

Er machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Ich verstehe ihn besser, wissen Sie?«

Die Frau wollte gerade etwas erwidern, als der Junge aufstand. Erst da sah sie, dass er behindert war: Er trug eine Prothese am linken Bein.

Selbst Mitgefühl folgt dem Gesetz der Anziehung.

Wir Menschen besitzen eine ganz besondere
Gabe: Mitgefühl.

Meryl Streep

Das rät dir Dada Vaswani

Versetze dich in andere Menschen hinein, bevor du deinen Standpunkt äußerst. Versuche ihre Seite der Geschichte und die Gründe für ihr Verhalten zu verstehen, bevor du vorschnell Ratschläge erteilst. Frage dich, ob du dich ähnlich verhalten würdest, wenn du in der gleichen Situation wärst. Dieser Blick nach innen, verbunden mit einem Hinterfragen der Hintergründe, wird deine Einstellung mildern, und du wirst umsichtiger und einsichtiger handeln.

2

Die Kokosnuss,
die sich nicht öffnen ließ

Es waren einmal zwei Männer, die einen Rishi, einen weisen Seher, aufsuchten. Sie baten ihn, als seine Schüler aufgenommen zu werden. Sie sagten zu ihm: »Oh Rishiwar, wir sind gekommen, um von deinem großen Wissen und deiner unermesslichen Weisheit zu lernen.«

Der Rishi, der das schon viele Male zuvor erlebt hatte, fragte die beiden: »Seid ihr bereit dafür?«

Die Männer waren verwundert, doch sie versicherten, dass sie ganz und gar bereit seien. Der Rishi reichte daraufhin jedem Mann eine Kokosnuss und sagte zu ihnen: »Geht los und öffnet die Kokosnuss, aber tut es an einem Ort, an dem euch niemand sehen kann.«

Die beiden Männer zogen in verschiedene Richtungen los. Der einer suchte eine dunkle Höhle auf und blickte sich mehrfach um, ob ihn jemand sehen konnte. Als er sicher war, dass niemand sonst da war, öffnete er die Kokosnuss. Schnell lief er zurück zu dem Rishi und sagte: »Ich bin tief in eine dunkle Höhle hineingegangen und habe dort die Kokosnuss geöffnet, ohne dass mich jemand gesehen hat.«

Der andere Mann irrte nach Osten, Westen, Süden und Norden. Er suchte Höhlen auf, lief tief in Wälder hinein, kletterte sogar auf Berggipfel, doch jedes Mal, wenn er dachte, dass niemand ihn sah, flüsterte ihm eine innere Stimme zu: »Gott sieht dich!« Spät am Abend kehrte er zu dem Rishi zurück und sagte zu ihm: »Ich bin den ganzen Tag von einem Ort zum nächsten gelaufen, doch ich habe keinen Platz gefunden, an dem mich niemand gesehen hat. Egal wohin ich ging, ich konnte spüren, dass Gott da ist und über mich wacht.«

Gott ist überall. Gott liest jeden Gedanken, hört jedes Wort, ist bei allen Handlungen zugegen.

Es gibt keine Ecke, keinen Winkel,
wo Gott nicht ist. Er wacht über die Sünder
ebenso wie über die Rechtschaffenen.

J. P. Vaswani

Das rät dir Dada Vaswani

Schließe die Augen und wiederhole leise folgende Worte:

Gott sieht mich! Gott wacht über mich!

Gott sieht mich! Gott wacht über mich!

Gott sieht mich! Gott wacht über mich!

Mache das zu einem täglichen Ritual und du wirst seine Gegenwart, seine Fürsorge und seine liebevolle Umarmung in allem spüren, was dir widerfährt.

3

Als der Ministerpräsident
warten musste

Es gibt eine hübsche Anekdote aus der Zeit, als Pandit Jawaharlal Nehru Ministerpräsident von Indien war. Sie ereignete sich, als Nehru auf dem Weg zu einem wichtigen Termin war, und der Wagen, in dem er saß, an einem Bahnübergang halten musste.

Sein Fahrer, ein überaus diensteifriger Zeitgenosse, stieg umgehend aus, trat großspurig auf den Bahnwärter zu und herrschte ihn an: »Wie können Sie es wagen, dieses Auto anzuhalten? Wissen Sie überhaupt, wer dort drinnen sitzt? Niemand Geringeres als der Ministerpräsident von Indien persönlich! Also setzen Sie sich in Bewegung und öffnen Sie sofort die Schranke. Niemand lässt den Ministerpräsidenten warten!«

Ruhig und freundlich entgegnete der Schrankenwärter: »Meine Aufgabe ist es, diese Schranke zu schließen, sobald ich ein entsprechendes Signal erhalte. Ich bin nicht befugt, sie zu öffnen, bevor der Zug durchgefahren ist. Dies geschieht zu Ihrer aller Sicherheit.«

Der Fahrer wurde wütend. »Ich warne Sie«, drohte er. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie entlassen werden. Sie werden Ihren Posten verlieren, wenn Sie nicht unverzüglich die Schranke öffnen!«

Der Bahnwärter zeigte sich unbeeindruckt. Er wartete, bis der Zug vorbeigefahren war. Erst dann öffnete er die Schranke, um das Auto durchzulassen.

Als Pandit Nehru erfuhr, was sich an dem Bahnübergang zugetragen hatte, war er hocherfreut. Er lobte das ausgeprägte Pflichtbewusstsein und das Rückgrat des Bahnwärters und erklärte, dass es genau diese Eigenschaften seien, die er von seinen Bürgern erwarte. Er stellte sicher, dass der Mann ausfindig gemacht und für sein Verantwortungsbewusstsein, mit dem er seinen Dienst verrichtete, honoriert und befördert wurde.

Die beste Möglichkeit zu bemessen, was ein Mensch wert ist, ist ihn bei der Ausübung seiner Pflichten zu beobachten. Es gibt vielerlei Wege, wie wir etwas tun können: Manche sind richtig, manche falsch. Doch von allen Wegen gibt es stets nur einen, der besser ist als alle anderen. Seien wir bestrebt, unser Bestes zu tun.

Es ist deine Aufgabe, die erhaltene Rolle
gut durchzuführen. Die Rolle auszuwählen
kommt einem anderen zu.

Epiktet

Das rät dir Dada Vaswani

Beschließe jeden Morgen, deine Pflicht voller Liebe zu erfüllen, ganz gleich, was andere von dir erwarten.

Du wirst feststellen, dass du am Ende des Tages weit weniger erschöpft bist als sonst.

Lerne, deine Rolle zu lieben. Gelingt dir das, ergibt sich alles von selbst. Wenn du etwas tust, das du nicht liebst, bist du nur halbherzig bei der Sache. Das wiederum wirkt sich negativ auf deine Leistungsfähigkeit aus und führt zu Anspannung.

4

Großzügigkeit wird belohnt

Ein einsamer Bettler streifte durch die staubigen Gassen eines Dorfes und bat um Almosen. Nachdem er sich stundenlang erfolglos bemüht hatte, setzte er sich erschöpft in eine der Gassen, um sich auszuruhen. Ihm wollten vor Müdigkeit gerade die Augen zufallen, da schoss ein grelles Licht aus den Wolken, und er war schlagartig wieder hellwach. Direkt vor seinen Augen sank ein prächtiger goldener Streitwagen vom Himmel auf die Erde herab. Eine strahlende Gestalt entstieg dem Wagen und kam wohlwollend lächelnd auf ihn zu.

Das Herz des Bettlers tat vor Freude einen Satz. Mein Schicksal wendet sich, und meine Sorgen gehören der Vergangenheit an, dachte er sich. Vor ihm stand zweifellos ein Deva, ein Gott dienendes Wesen aus der Himmelswelt. Er musste ihm nur seine Schale hinhalten, und schon würde der Deva so viele Goldstücke hineinregnen lassen, dass ihm ein sorgenfreies Leben garantiert war. Seine Augen leuchteten voller Hoffnung und Begierde, als der Deva auf ihn zutrat.

Er beugte sich zu dem Bettler hinunter und fragte freundlich: »Was hast du für mich in deiner Schale?«

Der Bettler war entsetzt. Er verfluchte sein Pech. Ungnädig nahm er das kleinste Maiskorn, das er in seiner Schale finden konnte, und streckte es dem göttlichen Besucher widerwillig hin.

»Danke!«, sagte der Deva unbekümmert, ging zu seinem Streitwagen und flog in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.

Der Bettler sah ihm missmutig nach. »Da begegne ich einmal im Leben einem so herrlichen Wesen und werde um Almosen gebeten«, brummte er verbittert. »Ich wünsche ihm viel Spaß mit dem fauligen Korn, das ich ihm gegeben habe!«

Am Abend, bevor sich der Bettler schlafen legte, leerte er seine Schale und sortierte die Münzen und Getreidekörner, die er über den Tag erbettelt hatte. Er zuckte verdutzt zurück, als er darunter ein einzelnes goldenes Korn fand. Das Himmelswesen hatte ihn doch belohnt! Jedoch nur in dem Maße, in dem sich der egoistische Bettler selbst erkenntlich gezeigt hatte. Der Bettler weinte bitterlich und hoffte inständig, der Deva möge noch einmal zurückkommen. Er schwor, dass er diesmal viel großzügiger sein würde. Doch es war vergeblich. Er hatte künftigen Wohlstand ausgeschlagen, indem er sich geweigert hatte, großzügig zu teilen, was er besaß.

Wir werden im Leben nicht daran gemessen,
was wir anhäufen, sondern daran, was wir
fortgeben.

Wayne Dyer

Das rät dir Dada Vaswani

Geben ist einfach, doch der innere Friede, der sich einstellt, wenn wir geben, ohne dass es von uns erwartet wird, ist eine Belohnung in sich.

Beobachte, inwiefern dein Geist nach Lob und Anerkennung strebt, wenn du anderen etwas gibst.

Kannst du geben, ohne die Selbstlosigkeit deines Handelns zur Schau zu stellen? Und kannst du Menschen etwas geben, die deine Freundlichkeit womöglich nicht erwidern?

5

Der Feind in uns

Es gibt ein arabisches Volksmärchen von einem weisen alten Mann, der auf der Wüstenstraße nach Bagdad reist. Unterwegs wird er von einer merkwürdigen Gestalt überholt, die es sehr eilig hat. Zunächst erschrickt der Mann, doch dann wird er neugierig und beschließt, der Gestalt hinterherzurufen. Er erfährt, dass es sich um die Pest handelt.

»Warum haben Sie es so eilig, nach Bagdad zu kommen?«, fragt der alte Mann.

»Ich soll fünftausend Menschen das Leben nehmen«, keucht die Pest atemlos und eilt weiter.

Nach einiger Zeit treffen sich die beiden zufällig auf dem Rückweg wieder.

»Sie haben mich angelogen«, sagt der alte Mann vorwurfsvoll. »Sie haben gesagt, Sie würden fünftausend Menschen das Leben nehmen. Aber in Wirklichkeit waren es zehntausend.«

»Das war ich nicht! Ich habe zu meinem Wort gestanden und nicht mehr als fünftausend getötet«, schwört die Pest. Dann fügt sie mit einem verschlagenen Grinsen hinzu: »Es war die Angst, die die anderen das Leben gekostet hat.«

Und tatsächlich: Mehr als jede sichtbare Bedrohung ist es die Angst, die unserer Seele am meisten schadet, die uns lähmt und unseren Lebenswillen bricht.

Angst tötet mehr Menschen als der Tod.

George Patton

Das rät dir Dada Vaswani

Wenn du spürst, dass du Angst bekommst, probiere die »7/11-Atemtechnik« aus.

Halte inne.

Konzentriere dich auf deine Atmung.

Atme ein und zähle dabei im Kopf schnell bis sieben.

Atme langsam wieder aus und zähle dabei im Kopf schnell bis elf.

Mache das etwa eine Minute lang. Du wirst überrascht sein, wie schnell du zur Ruhe kommst. Wir nennen es die »7/11-Atemtechnik«, aber du kannst die Zahlen frei wählen, solange du nur länger aus- als einatmest.

6

Liebe kennt keine Grenzen

Es gibt eine romantische Geschichte über die ­Eltern von Thomas Becket, dem englischen Märtyrer und Heiligen. Thomas’ Vater Gilbert machte als junger Mann eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Dort geriet er in die Gefangenschaft eines Sarazenen. Die einzige Tochter des Sarazenen, eine hübsche, junge, unbescholtene Prinzessin, verliebte sich in Gilbert. Er versprach sie zu heiraten, wenn sie mit ihm nach England gehen würde, denn auch er liebte sie sehr.

Bald darauf bot sich Gilbert jedoch die Gelegenheit, aus den Fängen des Sarazenen zu fliehen. Er zögerte nicht lange und kehrte nach England zurück, wo er das junge Mädchen völlig vergaß, das ihm so arglos sein Herz geschenkt hatte.

Die Prinzessin dagegen vergaß Gilbert nicht so einfach. Fest entschlossen, ihn zu finden, stahl sie sich aus ihrem Elternhaus fort, um sich auf den Weg nach England zu machen. Ihre Freundinnen waren fassungslos. Vor achthundert Jahren begab sich eine Frau nicht einfach allein auf die Suche nach ihrem Geliebten, schon gar nicht, wenn sie weder dessen Sprache sprach, noch seine Adresse kannte!

Die Prinzessin jedoch hatte keine Angst, wenngleich sie nur zwei englische Worte kannte: »London« und »Gilbert.« Sie erreichte die Küste, lief am Kai an den Schiffen entlang und rief dabei immer wieder »London, London!« Seemänner wiesen ihr den Weg zu einem Schiff, das kurz darauf nach London auslief, und sie bezahlte die Überfahrt mit einem Teil ihres Schmucks.

In London angekommen, das damals noch ein kleines Dorf war, lief sie durch die Straßen und rief »Gilbert! Gilbert!« Einer von Beckets Knechten, der mit ihm zusammen in Gefangenschaft gewesen war, erkannte sie wieder und eilte zu seinem Herrn, um ihm davon zu berichten. »Herr, Herr!«, rief er, »so wahr ich hier stehe, das sarazenische Mädchen ist hier in London! Ich habe gesehen, wie es die Straße auf und ab lief und Ihren Namen rief!«

Sofort lief Gilbert los, um sie zu suchen. Bittersüße Erinnerungen an seine Liebe für die Prinzessin und an sein Versprechen sie zu heiraten, holten ihn ein. Sein Anblick, als er schließlich vor ihr stand, ließ sie in Tränen ausbrechen und sie sank ohnmächtig in seine Arme. Ihr Wille und ihre Entschlossenheit hatten ihr die Kraft gegeben, sich mutig unbekannten Gefahren zu stellen und ihren Geliebten zu finden. Gilbert und die Prinzessin heirateten kurz darauf.

Die Liebe öffnet Türen und Fenster,
die zuvor gar nicht da waren.

Mignon McLaughlin

Das rät dir Dada Vaswani

Empfinde heute Dankbarkeit für deinen Partner, deine Freunde, deine Eltern. Notiere auf einer Liste alles Segensreiche, alle Freuden und positiven Eigenschaften, die du diesen Menschen verdankst. Mache dir bewusst, dass sie als Teil eines göttlichen Plans in dein Leben getreten sind. Denn ohne die Fähigkeit zu lieben und geliebt zu werden, erfahren wir nur einen Bruchteil unseres wahren Potenzials.

7

Lehrer oder Präsident?

Ich erinnere mich an eine anrührende Geschichte aus dem Leben des bedeutenden amerikanischen Autors James Michener. Ihm wurde die seltene Ehre zuteil von Präsident Dwight Eisenhower zu einem Bankett ins Weiße Haus eingeladen zu werden.

Zu aller Verwunderung schlug James Michener aber die Einladung aus. Er erklärte seine Entscheidung in einem Brief folgendermaßen:

Eine wundervolle Lehrerin, die mich das Schreiben gelehrt hat, erhält am gleichen Tag, zur gleichen Zeit, eine Auszeichnung … Sie werden mich bei Ihrem Bankett nicht vermissen, Herr Präsident, aber sie würde es bei ihrer Feier.

»Ike« (wie Eisenhower genannt wurde) hatte so großes Verständnis, dass er persönlich zurückschrieb:

Lieber Mr Michener, Präsidenten kommen und gehen, doch einem wirklich guten Lehrer begegnen wir viel zu selten.

Es gibt im Leben einige kostbare Dinge wie die Lektionen eines klugen Lehrers, die unbezahlbar sind.

Ein Lehrer arbeitet für die Ewigkeit.
Niemand kann sagen, wo sein Einfluss endet.

Henry Brooks Adams

Das rät dir Dada Vaswani

Wir betrachten die Menschen, die uns nahestehen, oft als selbstverständlich. Wann haben wir all den Menschen, die sich unserer angenommen, die uns ausgebildet, betreut und unterstützt haben, das letzte Mal gedankt oder haben uns ihnen erkenntlich gezeigt?

Versuche, die Telefonnummern oder E-Mailadressen von mindestens zwei Lehrern herauszufinden, die dein Leben positiv beeinflusst haben.

Rufe sie an oder schicke ihnen einen Dank. Du wirst dich gut dabei fühlen und von ihrer Antwort gerührt sein.