Horst Bieber Kriminalromane - Sammelband: Die Kommissarin lebt gefährlich
Published by Uksak Sonder-Edition, 2017.
HORST BIEBER
DIE KOMMISSARIN LEBT GEFÄHRLICH
Kriminalromane – Sammelband
––––––––
IMPRESSUM
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author/ Titelbild: Nach einem Still der Film/Werbeagentur WALLSIDE RECORDS
Trailer zum Buch: Film/ Werbeagentur WALLSIDE RECORDS im Auftrag der Edition Bärenklau, 2017
© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
Title Page
Copyright-Seite
Horst Bieber Kriminalromane - Sammelband: Die Kommissarin lebt gefährlich
Wer erschießt schon eine Leiche?
Copyright
Personen
Erstes Kapitel (30.Dezember)
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel (31.Dezember)
Siebtes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel
DIE KOMMISSARIN GIBT AUF
Teil I
Teil II
Teil III
HORST BIEBER | Benthe war ein schönes Kind
IMPRESSUM
Klappe
Personen
Roman
Die Kommissarin schlägt zurück
Copyright
Sand im Mund
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
Liebe unter Piranhas
About the Publisher
Marlene Schelm, genannt Lene, immer wieder im Wettlauf mit Männern oder Frauen die von ihrer dunklen Seite vereinnahmt wurden. Verbrechen aus Leidenschaft, aus Hass oder Habgier. Manchmal kommt Lene diesem Abgrund verdammt nah und muss aufpassen das sie nicht runtergezogen wird.
5 Romane mit „Marlene Schelm“ - die Kommissarin lebt gefährlich.
Inhalt:
Wer erschießt schon eine Leiche
Die Kommissarin gibt auf
Benthe war ein schönes Kind
Die Kommissarin schlägt zurück
(Marlene Schelm, die Kommissarin fragt...)
Kriminalroman von HORST BIEBER
Der Umfang dieses Buchs entspricht 96 Taschenbuchseiten.
Max Berruth geht am 30. Dezember auf ein Pils in seine Stammkneipe „Zum Prellbock“, verlässt das Lokal nach dem zweiten Glas und ist seitdem spurlos verschwunden. Seine Frau Pia meldet ihn im neuen Jahr als vermisst.
Christine (Tine) Dellbusch vom zuständigen Referat 7 kann eine Spur aufnehmen, doch die führt zu einer Frau, die am 30. Dezember abends ermordet worden ist. Der Ehemann hätte zwar ein gutes Motiv, seine Frau aus dem Weg zu räumen, hat aber auch ein bombenfestes Alibi. Das Referat 11 (Mord und Totschlag) übernimmt. Lene Schelm bekommt Hilfe, einmal von der Kollegin
Tine aus dem R-7, zum anderen von Petrus und Frau Holle, die unerwartete viel Schnee schicken, so dass Berruth in einem Auto, das ihm nicht gehört, tödlich verunglückt...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author
© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
Max Berruth: Medizingeräte-Techniker, ist seit dem 30. Dezember des Vorjahrs verschwunden
Pia Berruth, geborene Zillig: Max' Ehefrau
Daniel Berruth: Der vierjährige Sohn des Ehepaares
Carla Zillig: Pias ledige Schwester
Lothar Scharff: Carlas Freund, Maler von Beruf
Gustavo Toller: Berruths Chef
Susanne Krüger: Tollers Mitarbeiterin
Ann-Katrin Toller, geborene Steinberg: Tollers nymphomane Ehefrau
Die Mannschaft der Kneipe Zum Prellbock am S-Bahnhof „Brekum-Lunden“
Otto Dick: Wirt
Gerda Blume: Bedienung
Rita Funke: Aushilfe, Studentin
Die Kripo-Mannschaft
Marlene Schelm: Erste KHK
Jule Springer: KOK
Sigrid Bauer: KK
Die drei Frauen bilden das Referat R-11, die früher so genannte Mordkommission im Tellheimer Präsidium.
Paul Hase: Staatsanwalt, lebt mit Jule Springer zusammen
Nadine Golowski: Gerichtmedizinerin in Tellheim, lebt mit Jörg Steiner zusammen, dem Chef der Tellheimer Kripo
Kurt Grembowski: KHK (Grem der Grobe)
Christine (Tine) Dellbusch: KK
Grembowski der Grobe und Tine Dellbusch sind die Stammmannschaft des Referats R-7 (Vermisstenfälle) im Tellheimer Präsidium.
––––––––
Alle Personen, Namen und Taten, Orte, Bahnhöfe und Firmen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären also rein zufällig.
„So, ich gehe jetzt noch auf ein Bier in den Prellbock. Kommst du mit?“
Pia Berruth tätschelte ihr mittlerweile recht ansehnliches Bäuchlein: „Nein, Max, lieber nicht. Viel Spaß. Bis nachher.“
Wenn er weg war, konnte sie in Ruhe noch alles für den Nudelsalat vorbereiten, der bei den Berruths mittlerweile zur Silvestertradition gehörte. Nach dem Feuerwerk und Anstoßen mit Sekt war Nudelsalat mit heißen Würstchen angesagt, und danach ein starker Kaffee. Viele der Gäste und Freunde, die mit dem jungen Ehepaar den Jahreswechsel feierten, mussten anschließend noch Auto fahren. Pias Eltern schliefen bei Tochter und Schwiegersohn und fuhren erst am nächsten Tag zurück nach Kronberg. Wenn sie gute Laune hatten, machten sie noch einen Abstecher zum Ellermannshof, um der zweiten Tochter Carla ein gutes Neues Jahr zu wünschen. Was sie aber nur taten, wenn Carla am Telefon schwor, ihr Freund Lothar Scharff sei für längere Zeit außer Haus, sie würden ihm nicht begegnen. Schwiegereltern und Freund der Tochter vertrugen sich überhaupt nicht.
Max Berruth war Biertrinker. Mit Bier aus Dosen konnte man ihn allerdings jagen, Bier aus der Flasche trank er nur, wenn es gar nicht anders ging. Den richtigen Genuss hatte er nur bei einem vor seinen Augen frisch gezapften Pils, und aus diesem Grund hatte er die Bahnhofskneipe von Brekum-Lunden mit dem sinnigen Namen Zum Prellbock zu seinem Stammlokal erkoren. Die Kneipe war eher mieser Durchschnitt, das Radeberger Bier dagegen Spitze. Unter der Woche trank Max Berruth überhaupt nicht. Da war er täglich viele Stunden mit dem Auto unterwegs, um Apparate und Anlagen, die seine Firma Medizintechnik Gustavo Toller GmbH geliefert und aufgestellt hatte, zu inspizieren, zu reparieren oder auch neu zu eichen. Und weil von diesen Geräten manchmal Menschenleben abhingen, hatten es Ärzte, Schwestern und Patienten überhaupt nicht gerne, wenn der Mechaniker, der sich an den Apparaten zu schaffen machte, nach Bier duftete oder nach Alkohol roch. Deswegen freute sich Max die ganze Woche über auf sein Wochenend-Bier im Prellbock. Pia, die im sechsten Monat mit einer Tochter schwanger war, ging nicht mehr mit. Sohn Daniel war erst vier und schied als Begleiter - noch - aus. Mit seinen Schwiegereltern Lukas und Luise Zillig verstand er sich nicht so gut, dass er sie oder ihn aufgefordert hätte, ihn zu begleiten. Er vermutete ganz richtig, dass sie sich seiner etwas schämten. Ein zwar tüchtiger, aber simpler Mechaniker und eine Millionärstochter, wie sollte das denn auf Dauer gut gehen, und wie sah das vor den Freunden des Ehepaares Zillig aus? Doch Pia hatte ihren dicken Kopf durchgesetzt, wie auch ihre Schwester Carla, die - wie die Eltern klagten - in „wilder Ehe“ mit dem Maler Lothar Scharff in einem umgebauten Gutshof, dem Eldermannshof, am Rande von Brekum zusammenlebte. Scharff war ein beliebter und erfolgreicher Porträtist, bei seinen Künstlerkollegen allerdings nicht beliebt und aus dem Tellheimer Kulturforum demonstrativ und mit Aplomb ausgetreten. Pia und Max mochten den gelegentlich sehr arroganten Scharff nicht leiden, verkniffen sich aber wegen Pias Schwester Carla jede Bemerkung.
Luise Zillig hätte sich gerne von Scharff malen lassen, was der mit der liebenswürdigen Begründung ablehnte: „Ich mal nur interessante Menschen.“ Pia hatte daraufhin verzichtet, Scharff zu fragen. Der Künstler hatte es geschafft, sich innerhalb kürzester Zeit die gesamte Familie zu Feinden zu machen. Nicht gelungen war es ihm, die Schwestern, die seit der Jugend wie Kletten aneinanderhingen, zu entzweien. Max wusste, dass Scharff ihn insgeheim verachtete, und mit solchen Menschen wollte er kein Bier trinken. Auch Schwiegervater Lukas Zillig war mit seiner snobistischen Überheblichkeit kein Begleiter, mit dem Max entspannt ein Bier trinken wollte.
Zum Prellbock lief Max zehn Minuten über die Straße oder lieber eine Viertelstunde über den Hauptweg der Kleingartenkolonie Kohlgrub. Der Weg war breit und ordentlich gepflegt, links und rechts von dichten Liguster- oder Buchsbaumhecken gesäumt und bei Dunkelheit sogar einigermaßen beleuchtet. Im Sommer begegnete er oft Liebespärchen, jetzt, einen Tag vor Silvester, war es um diese Zeit zu dunkel und schon viel zu kalt, selbst für Heißblütige, die es zueinander drängte.
Der Prellbock war um diese Tageszeit wenig belebt. Am frühen Abend, nach Dienstschluss, kehrten viele Pendler hier ein, um in Ruhe noch ein Bier zu trinken, bevor sie sich mit Frau und Kindern beschäftigen mussten. Otto Dick, der Wirt, wäre auch ohne Bedienung gut klar gekommen, zumal sein Name seinem Äußeren entsprach, und etwas mehr Bewegung ihm gut getan hätte. Vermutlich hatte er die Bedienung Gerda Blume nur eingestellt, um tagsüber Unterhaltung zu haben. Morgen Abend würde der Prellbock gerammelt voll sein; hier konnte man lange lärmen und ungehindert Raketen abschießen, Und bei solchen Anlässen half eine Studentin aus; Rita Funke war tüchtig und bei den Gästen beliebt. Heute half sie neben der Arbeit am Tresen in der Küche aus, wo möglichst viel für den morgigen Abend vorbereitet wurde. Und nachher mussten noch Tische und Stühle weggeräumt werden, um Platz für eine Tanzfläche zu schaffen. Otto stellte dann seine Musikanlage auf, mit deren Lautstärke man Tote aufwecken konnte. Als Max das Lokal betrat, stellte Otto gerade zehn volle Gläser und zehn Pinnchen Klaren auf sein Tablett. Die alten Knaben schienen in der Kneipe zu wohnen und machten jeden Abend eine für Otto erfreuliche Zeche. Sonst war die Kneipe leer, bis auf eine junge Frau, die am Tresen saß und ein Pils vor sich stehen hatte. Rita zapfte gerade und sagte auf Maxens „Guten Abend“ automatisch „Hei, Max.“ Die fremde Frau schaute kurz auf zum Eingang. Zweite Hälfte zwanzig vielleicht, blonde, glatte Haare und ein faszinierendes Gesicht, das Max einen Moment im Profil bewundern konnte. Sie kam ihm irgendwie bekannt vor, er hatte sie schon einmal gesehen, aber der Henker mochte wissen, wann und wo. Und wie sie heißen mochte. Max wollte nicht unhöflich sein und ging auf sie zu: „Guten Abend“, sagte er laut, „wie geht es Ihnen?“
Wieder schaute sie kurz auf, zischte jetzt aber unfreundlich. „Lassen Sie mich in Ruhe!“ Daraufhin stoppte Max und setzte sich nicht neben sie, sondern suchte einen Hocker mit Abstand zu der Blondine.
„Wie üblich“, sagte er zu Rita, die ihn und die Frau beobachtete, aber auf die Entfernung wohl kaum verstanden hatte, was die Frau zu ihm gesagt hatte. Max bekam sein Pils, löschte den schlimmsten Durst und schaute dann wie die andern Gäste auf den Fernseher mit der Tagesschau. Während der Wettervorhersage winkte die Blondine Rita heran und zahlte. Max schaute ihr nach, als sie ging und war schwer beeindruckt. So eine perfekte Figur sah man nicht jeden Tag, auch nicht solche engen Jeans. Und selbst ein solcher Hüftschwenk wurde einem nicht oft geboten.
„Weißt du, wer sie ist?“ fragte er Rita.
„Nein, nie vorher gesehen.“
Nach dem zweiten Bier zahlte auch er und winkte Otto zu; dem stand morgen wie der ganzen Prellbockmannschaft ein harter Abend bevor. Als Max über den Park-and-Ride-Platz auf den Eingang der Kleingartenanlage zuging, löste sich eine Gestalt aus dem Dunkel und trat ihm in den Weg. Die hübsche Blondine aus der Kneipe, die ihn so unfreundlich angefahren hatte. Sie steckte gerade ein Handy weg.
„Entschuldigung“, begann sie leise. „Ich war eben wohl etwas arg unhöflich zu Ihnen, und wollte mich entschuldigen.“
Max konnte sich immer noch nicht daran erinnern, wo er sie früher schon einmal gesehen hatte. „Keine Sorge“, sagte er großmütig. „Ist schon vergessen.“
„Kann ich das irgendwie wieder gutmachen?“ wollte sie wissen. Sie hatte eine sehr helle, sehr klare Stimme, und die Art, wie sie mit den flachen Händen über ihre Hüften strich, hatte etwas Aufreizendes. „Mein Auto steht hier. Kann ich Sie nach Hause bringen?“
Max war kein Fremdgeher oder Schürzenjäger, aber er hatte männliche Bedürfnisse und wurde zurzeit von seiner Frau Pia, wie er oft dachte, recht knapp gehalten. Und neben ihm ging eine verführerische Blondine, die sich um ihn bemühte. Mal sehen, was daraus wurde.
„Das würde ich sogar gerne annehmen.“
Dass sie nicht in seine Richtung fuhr, merkte er sofort, sagte aber nichts. Lunden gehörte zwar noch zu Brekum, lag aber jenseits des Parks und war das Viertel der betuchteren Tellheimer. Max und Pia hatten sich auch hier Häuser angesehen, die meisten überstiegen ihre finanziellen Möglichkeiten bei weitem, bei anderen fanden sie die Preisvorstellungen unverschämt, und bei ihrem jetzigen Haus hatten beide sofort gesagt: „Das ist es.“
Als sie in eine kleine Sackgasse einbogen, sagte sie: „Ich heiße Ann-Katrin. Und du?“
„Max.“
„Fein. Max, du hast doch sicher etwas Zeit, mit hereinzukommen und einen Schluck mit mir zu trinken?“
„Ja, habe ich.“ So was gab's also tatsächlich und nicht nur im Fernsehen.
Sie zog den Zündschlüssel ab und öffnete die Haustür so rasch, dass er keine Gelegenheit hatte, den Namen an der Klingel zu lesen. Sie hieß also Ann-Katrin - und wie weiter?
Sie hängte ihren gefütterten Anorak über einen Bügel, zog sich die dicken Schuhe aus und schlüpfte in ein Paar niedrigen Hausschuhe, griff nach seiner Hand und zog ihn in ein großes, hell erleuchtetes Zimmer und drückte ihn auf eine breite Couch herunter.
„Was möchtest du trinken?“
„Wenn du einen klaren Schnaps und etwas Sprudel für mich hättest ...“
„Aber sicher.“
Sie sprang auf und zog sich mit einer raschen Armbewegung ihr Shirt über den Kopf. „Ist dir auch so warm?“
„Ja“, sagte er automatisch. Obwohl er ihre Frage gar nicht richtig verstanden hatte. Sie lief aus dem Zimmer und war im Nu zurück mit einem Tablett, auf dem zwei Gläser, Eisbehälter, Sprudel und eine Flasche Wodka standen, setzte das Tablett auf dem niedrigen Tisch vor der Couch ab und goss ein. Er bewunderte ihre geschickten Bewegungen fast noch mehr als ihren Busen.
„Prost, Max.“
„Zum Wohl, Ann-Katrin.“
Sobald er sein Glas abgestellt hatte, nahm sie seine Hand und legte sie auf ihren Busen. „Ich hab's gern, wenn man meine Titten streichelt.“
Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Sie hatte eine prachtvolle Brust und stöhnte auf, als er ihre Brustwarzen küsste. Ihr Slip fiel, er spürte ihre Hand an seinem Hosenschlitz und sie murmelte: „Nun mach schon!“ Sie kam sehr schnell zum Höhepunkt und gluckste, als er sich neben sie legte, um wieder zu Kräften zu kommen. Dabei kraulte sie seinen Penis, kein Zweifel, sie hatte viel Übung in Sachen Sex, und trotzdem wurde er den komischen Eindruck nicht los, dass sie gar nicht richtig bei der Sache war. Beim zweiten Mal kam sie nicht zum Orgasmus, er wollte sich schon entschuldigen, als er bemerkte, dass sie an ihm vorbei nach oben an die Decke schaute. Er folgte ihrem Blick und sah neben der Lampe ein winziges Gerät, das mit seinem „Glasauge“ auf sie gerichtet war. „Was ist denn das?“ fragte er halb verwundert, halb beunruhigt.
„Eine Kamera“, sagte sie unbefangen.
„Die hat uns jetzt aufgenommen?“
„Ja.“
„Und warum?“
„Meine Freunde und Freundinnen schauen uns das gerne an, um uns etwas anzutörnen, bevor eine ordentliche Sexparty abgeht.“
„Und darauf bin ich und bist du zu erkennen?“
„Sicher“, kicherte sie vergnügt und er dachte zum ersten Mal heute Abend an Pia und das Kind, das sie von ihm erwartete.
„Bist du verrückt? Ich will sofort das Band oder den Chip oder den Film.“
„Hast du noch alle? Ich denke nicht daran. Stell' dich doch nicht so an. Du bist verheiratet, nicht wahr, und deine Frau erwartet ein Kind?“ Das hatte ihr Lothar Scharff verraten, als sie in fragte, wer denn der Mann da eben in der Diele des Eldermannshofes gewesen sei. „Nur mein Schwager Max. Ein Trottel und langweiliger Familienvater. Treu und doof, den kriegst nicht einmal du herum.“
„Um was wetten wir, dass doch ...“ Als die Junge hinter dem Kneipen-Tresen „Hei, Max“ sagte, hatte sie ihn sofort wiedererkannt und sich an ihre Wette mit Scharff erinnert. Sie liebte Männer und sie liebte Geld und hatte nichts dagegen, von geliebten Männern Geld anzunehmen.
Damit rückte sie sich in die richtige Position unter das Objektiv, spreizte wieder die Beine und forderte ihn auf: „Leck mich, Max.“
Das war zu viel. Max knurrte nur und schlug ihr mit voller Kraft ins Gesicht. Sie wehrte sich, strampelte, kreischte und kratzte und versuchte, ihn zu beißen. Bis er wutentbrannt eines der Kissen nahm und ihr auf Mund und Nase presste. In seinen Ohren rauschte es unerträglich laut und vor seinen Augen flimmerten grellrote Blitze, so dass er nichts mehr deutlich erkannte. Endlich spürte er, dass ihre Gegenwehr erlahmt war. Vorsichtig nahm er das Kissen hoch, aber sie blieb regungslos liegen und bewegte sich nicht. An Mund und Nase konnte er keinen Atem mehr spüren, links und rechts an den Halsschlagadern nichts mehr spüren. Vorsichtig stand er auf und begriff erst jetzt, was er getan hatte. Weg, nur weg! Aber wenn das stimmte, und diese verdammte Kamera da oben alles aufgenommen hatte? Er musste das Band, den Chip oder den Film unbedingt mitnehmen und vernichten. Aber wo stand das Aufzeichnungsgerät? Er zog seine Sachen an, weil er nicht nackt durch das große, fremde, wenn auch wahrscheinlich leere Haus laufen wollte. So eine hübsche Frau und dabei so ein verkommenes Luder. Ihr Gesicht hatte sich verändert, war schlaff geworden und hatte den Ausdruck von Lebhaftigkeit und den Ausdruck verführerischer Bereitwilligkeit verloren. Dann fiel ihm ein, dass er Sperma und Fingerspuren hinterlassen würde. Ob es günstig war, zur Ablenkung der Polizei die Vorhänge zur Seite zu ziehen und die Veranda-Glastür einen Spalt zu öffnen? Von draußen kam es kalt herein. Für heute Nacht war starker Frost angesagt. Schnee war noch nicht gefallen.
Max Berruth durchsuchte das ganze Haus, wobei er Klinken und Schalter nur mit dem Taschentuch anfasste. Die gesuchten Geräte standen auf dem Dachboden in einem verriegelten Holzverschlag. An einer Wand war ein Regal aufgebaut, auf dessen Bretter viele CDs und DVDs lagen. Max hatte beruflich genug mit elektronischen Geräten zu tun, so dass er den Bildschirm und den Disc-Spieler in Betrieb setzen konnte. Es traf ihn wie ein Schlag, die Blonde legte sich nackt auf die Liege und zog ihn zu sich herunter, drehte sich einmal so zur Seite, dass auch sein Gesicht deutlich abgebildet wurde. Max Berruth war klar zu erkennen und oben lief eine Datums- und Zeitangabe mit. Auf der Scheibe waren aber auch noch andere Sexszenen gespeichert. In einem großen Wohnraum wurde eine Stripping-Party gefeiert, an der sich nicht nur seine Blonde aus dem Prellbock, sondern auch fünf, sechs andere zum Schluss textilfreie Frauen und nackte Männer beteiligten. Bei zwei Gesichtern stockte Berruth. Der eine mit einer etwas unglücklichen Miene sah aus wie sein Chef Gustavo Toller, und der zweite konnte, nein, musste Lothar Scharff sein, der Maler, mit dem Maxens Schwägerin Carla Zillig zusammenlebte. Und jetzt fiel ihm auch wieder ein, woher ihm die Blondine aus dem Prellbock so bekannt vorgekommen war. Max hatte sie bei einem Besuch auf dem Eldermannshof für Sekunden gesehen, aber nicht gesprochen, bevor sie mit Lothar Scharff in einem Zimmer verschwand und die Tür hinter sich schloss. Er steckte die DVD ein und wollte sich gerade eine andere Disc ansehen, als er aus dem Parterre ein seltsames Geräusch hörte, gefolgt von einem dumpfen Knall, der wie ein Pistolenschuss klang. Zehn, fünfzehn Sekunden später knallte es noch einmal - kein Zweifel, im Parterre wurde geschossen. Nun wurde es kritisch; so leise wie möglich schlich Max die Stufen hinunter, bis er in der Diele vor der Tür zu dem Zimmer mit der Couch stand. Drinnen schimpfte eine Frau zwar leise, aber doch verständlich vor sich hin: „Na, du verdammte Hure, jetzt ist endlich Schluss, was? Wie mich das freut. Hoffentlich hast du deinen letzten Fick noch genossen. Und wenn nicht, umso besser. In der Hölle herrscht das Zölibat.“
Max zögerte und klinkte dann behutsam die Tür auf. Das Geräusch musste die Frau alarmiert haben, sie fuhr herum und schwenkte die Waffe Richtung Tür. Als sie in der Öffnung eine menschliche Gestalt entdeckte, feuerte sie sofort. Die Kugel verfehlte Max und schlug in den Türrahmen ein. Eine halbe Minute standen sie beide wie die Ölgötzen voreinander und starrten sich an. Die Frau fand als erste ihre Sprache wieder. „Was machst du denn hier?“ fauchte sie ihn an.
Susanne Krüger hatte den ganzen Nachmittag auf seinen Anruf gewartet, und ihre Laune war von Minute zu Minute schlechter geworden. Als ihr Handy endlich bimmelte, schnauzte sie sofort los: „Wo steckst du denn den ganzen Tag?“
„Ich konnte nicht früher anrufen.“
„Und warum nicht?“
„Susi, wir haben einen unerwarteten Prüfer vom Finanzamt im Hause. Und der Kerl hat sehr unangenehme Fragen gestellt. Ich fürchte, er hat Verdacht geschöpft. Und will nun pausenlos sehr knifflige Auskünfte haben. Ich kann hier jetzt nicht weg. Tut mir leid.“
„Das sagst du in letzter Zeit immer häufiger. Tut mir leid, ich kann jetzt hier nicht weg.“
Erst als sie das ausgesprochen hatte, ging ihr auf, dass sie genau das dachte und ihm heimlich zum Vorwurf machte. Oder sein: „Nicht jetzt, Susi. Ich bin total erledigt.“
Dabei hätte sie es wissen müssen. Wer sich mit einem verheirateten Chef auf ein Verhältnis einließ, musste mit Ärger und Problemen rechnen. „Gusto“, wie sie unter vier Augen ihren Gustavo nannte, hatte immer mit offenen Karten gespielt, eine Scheidung kam nicht in Frage. Einmal hatte Gustos Schwiegervater Hans-Joachim Steinberg das Geld für den Aufbau der Firma Medizintechnik Gustavo Toller GmbH vorgestreckt und Susanne Krüger wusste genau, dass ein beträchtlicher Teil des Kredits noch nicht zurückbezahlt war.
Sie wusste auch, dass Gustos Ehe nicht glücklich war. Er bezeichnete seine Frau als läufige Hündin, was sie wohl nicht immer gewesen war, aber mittlerweile war sie wohl ihren Ehemann gründlich leid und nutzte so ziemlich jede Möglichkeit, ihn zu betrügen. Verliebt war sie in keinen dieser Liebhaber, anders als Gusto, der sich in Susi Krüger ernsthaft verliebt hatte und heute aufrichtig bedauerte, die auffallend hübsche Ann-Katrin Steinberg so rasch geheiratet zu haben.
Den Grund für den Liebhaberverschleiß seiner Frau begriff Gusto nicht. Susanne Krüger hatte ihm das nicht auf Anhieb geglaubt. Ob er nicht doch Vergnügen an diesen Orgien empfand, von denen er ihr so empört berichtete? Und noch weniger glaubte sie ihm, dass Ann-Katrin eine Kamera hatte einbauen lassen, die alles filmte und aufzeichnete, was sie so trieb, ob allein oder in einer Truppe Gleichgesinnter.
„Wozu denn das, das ist doch Schwachsinn.“
„Angeblich schauen sie und ihre Freundinnen und Freunde sich das vorher an, weil es sie so schön antörne.“ Gusto hatte ihr eine solche Platte vorgeführt und sie hatte sofort eine ganz andere Erklärung parat - von wegen antörnen und aufgeilen, erpressen war hier angesagt. Susi hatte einen ausgeprägten Hang zum Praktischen.
„Wo bist du denn jetzt?“ erkundigte sie sich.
„Wir sitzen in der Speisekammer und essen etwas zu Abend.“
„Und deine geliebte Ann-Katrin?“
„Die besucht eine Freundin in Konstanz. Hat sie wenigstens gesagt, weiß der Henker, was sie wirklich treibt.“
Susanne Krüger überlegte eine Minute, ihr war eine verwegene Idee gekommen. Das Haus stand also leer, Gusto hatte ein Alibi - einem Finanzbeamten würde die Polizei doch wohl glauben. Und wo Ann-Katrin Toller ihren Schmuck und ihr Geld und wo sie die DVDs aufbewahrte, wusste sie, seit Gusto sie in sein Haus mitgenommen hatte. Man konnte viele Dinge gewinnbringend verkaufen, und Geld brauchten Gusto und sie dringend. Sie hatten lange genug darauf gewartet, dass er sich von Ann-Katrin trennen konnte. Wozu er vorher den Kredit an ihren Vater zurückzahlen musste.
Sie ging in ihr Arbeitszimmer und holte die Pistole und die Schachtel mit der Munition heraus. Und einen festen Leinenbeutel; aus der Küche nahm sie ein Paar dünne Plastikhandschuhe mit. Dann fuhr sie los Richtung Brekum-Lunden. Sie wusste, wo sie ihr Auto von den Nachbarn unbemerkt parken und wo sie bequem über den Jägerzaun in den Garten einsteigen konnte. Die Verandatür zum Wohnzimmer stand einen Spalt offen. Das war ungewöhnlich. Das „bessere“ Viertel Lunden war bei den reisenden Einbruchbanden bekannt und beliebt, wie die Polizei immer wieder warnte. Sie schob die Verandatür einen Spalt weiter auf und schaute in das hell erleuchtete Zimmer. Ann-Katrin Toller lag nackt auf der Couch, die Beine angezogen und schlief tief und fest, hatte nicht einmal bemerkt, dass jemand von draußen ins Zimmer gekommen war. Das war die Chance. So rasch und so leise wie möglich zog Susi Krüger die Pistole aus der Tasche und vergewisserte sich, dass sie den festen Leinenbeutel dabei hatte, und schob die Tür noch ein Stück weiter auf. Ann-Katrin Toller schlief immer noch bewegungslos in der vorigen Position. Susi hob die Waffe und feuerte. Der Körper zuckte unter dem Einschlag der Kugel, und sie schoss nach kurzer Pause ein zweites Mal.
Dann stand sie länger vor der Couch und beschimpfte die Tote, die ihr und Gustos Glück so massiv im Wege gestanden hatte. Endlich hörte sie ein Geräusch von der Tür her, und zu ihrem ungläubigen Entsetzen ging die Tür auf, bis in der Öffnung ein Mann stand, der sie sprachlos anstarrte. Instinktiv hatte sie geschossen, die Gestalt aber verfehlt. Sie fand als erste die Sprache wieder und schnauzte den Mann an: „Was machst du denn hier?“
Kurioserweise riss das „Du“ Max Berruth aus seiner Lähmung. Ja, das war Susanne Krüger, Sekretärin, Buchhalterin, Terminplanerin, Frau für alles in der Firma Medizintechnik Gustavo Toller GmbH, so unentbehrlich wie zuverlässig, dazu recht hübsch, flott und freundlich. Seit der letzten sehr feuchten Weihnachtsfeier duzten sich alle Angestellten. „Das wollte ich dich auch fragen“, sagte Susanne rasch.
„Gusto - Gustavo - hat mich angerufen, ich sollte ihm was bringen. Ich dachte, er sei zu Hause. Und wie kommst du hierher?“
„Ann-Katrin hat mich mitgenommen.“
„Die Hure da?“
Warum er, ohne nachzudenken, wie aus der Pistole geschossen, erwiderte: „Die du erschossen hast“, wusste er nicht.
Ihr schien erst jetzt aufzugehen, dass es für ihre Tat einen Zeugen gab. Automatisch hob sie die Pistole, Max schüttelte besorgt den Kopf.
„Besser nicht, Susi. Die Kamera da oben an der Decke hat alles aufgenommen.“
„Schiet. Hast du eine Ahnung, wo das Bandgerät steht und wo die DVDs aufbewahrt werden? Die Kamera hat alles aufgenommen?“
Einen Moment überlegte er. Gegen seine Behauptung, sie habe Ann-Katrin erschossen, hatte sie nicht protestiert. Sollte er sie nicht in dieser Überzeugung belassen?
„Verdammt ja. Hat sie wohl. Ja, ich weiß, wo das Aufnahmegerät steht. Wir könnten alle Discs einpacken und dann von hier verschwinden, wenn du einen Ort weißt, an dem wir uns verstecken können, bis Gustavo seine Frau gefunden hat.“
Sie stiegen zusammen auf den Dachboden, und während sie alle Scheiben in den Beutel räumte, meinte sie plötzlich: „Ich habe eine Idee. Gusto hat eine Jagdhütte im Lantener Forst. Ich weiß, wo er den Reserveschlüssel versteckt.“
„Bist du schon mal mit ihm in der Hütte gewesen?“
„Mehr als einmal.“
„Ihr habt was miteinander?“
„Seit Jahren schon.“ Warum sollte sie das noch verschweigen?
„Das habe ich nicht gewusst.“ Was nicht einmal gelogen war, Max war viel unterwegs und fand selten Gelegenheit zu Klatsch und Tratsch mit den Kollegen und Kolleginnen. Sie nickte zustimmend:
„Du bist ja auch selten da. Wir sind seit gut drei Jahren zusammen.“
„Du weißt, dass er verheiratet ist?“
„War“, verbesserte sie spöttisch und begann über sein verdutztes Gesicht zu lachen: „Ich werd' nicht mehr. Sag' bloß, du hast nicht gewusst, dass diese Ann-Katrin die Frau des Chefs ist oder war?“
„Nein, woher denn auch. Ich habe sie nie vorher gesehen und der Chef hat sie uns ja auch nicht vorgestellt. Und an der Weihnachtsfeier hat sie auch nicht teilgenommen.“
„Er hätte sich gerne scheiden lassen, aber sein Schwiegervater hat ihm das Geld für die Firma vorgestreckt unter der Bedingung, dass Gusto sofort zurückzahlen muss, wenn er die Scheidung einreicht oder sich von Ann-Katrin trennt.“
„Ich glaube, der Vater hat vor allem seine Ann-Katrin elegant für immer loswerden wollen.“
„Das hat Gusto zum Schluss auch vermutet. Uns fehlen noch knapp 50 000 Euro, dann haben wir genug zusammen. Vielleicht klappt es jetzt mit den Scheiben. Ich möchte noch eigene, gesunde Kinder haben.“
„Deswegen die DVDs?“
„Warum nicht.“
„Kennst du alle Frauen und Männer, die an den Partys teilgenommen haben?“
„Nein, aber ich kenne in Stübern eine kleine Firma, die mir gegen Honorar preiswerte Kopien herstellt. Wie können es uns leisten, einige DVDs auf gut Glück, vielleicht an den falschen Adressaten loszuschicken.“
„Trotzdem brauchen wir ein Abspielgerät. Ich hole am besten den kleinen Apparat vom Dachboden.“
„Beeil' dich, ich pack' in der Zwischenzeit noch was zum Frühstück ein.“
Außerdem spülte sie die beiden Gläser vom Couchtisch und wischte die Wodkaflasche feucht ab.
Sie fuhren bald in ihrem Auto los. Bis zum Lantener Forst brauchte man bei vernünftigem Tempo 45 Minuten, und Susanne Krüger kannte den Weg zu der Jagdhütte ganz genau. Als sie in die erste Bergstraße einbogen, wollte Max wissen: „Wo steckt dein Gusto denn jetzt?“
„Als wir zum letzten Mal miteinander telefoniert haben, saß er in der Speisekammer und aß mit einem Steuerfahnder zu Abend. Ich kann ihn ja mal anrufen, wo er jetzt ist.“
„Um Himmels willen, nein! Gibt mir sofort dein Handy. Hast du nie was von Vorratsdatenspeicherung gehört? Sobald die Kripo die tote Ann- Katrin gefunden hat, wird sie nach der möglichen Geliebten des Ehemannes suchen.“
Das war vielleicht etwas übertrieben, aber es konnte nicht schaden, ihr etwas Angst einzujagen, lieber zu vorsichtig sein als leichtsinnig.
Der Schlüssel zur Hütte, die sich als besseres, wenn auch kleines Haus herausstellte, lag in seinem Versteck, und aus dem Haus wehte es sie kühl an. Max musste zuerst hinter dem Haus Holzscheite hacken. Und dann dauerte es eine ganze Weile, bis der Kachelofen richtig wärmte. Die Dunkelheit, die Kälte und die Stille konnten einem Stadtmenschen auf die Nerven gehen. Max entfernte Akku und SIM-Karte aus ihrem Handy und setzte sich vor den altmodischen Ofen. Die Flammen flackerten und prasselten hinter einer dicken Glimmerscheibe. Was mochte Pia jetzt denken oder tun?
Plötzlich verspürte er Appetit auf Nudelsalat.
Gustavo Toller kam schlecht gelaunt nach Hause. Erstens war das Essen in der Speisekammer erbärmlich gewesen und außerdem sah es so aus, als habe sich dieser Steuerfritze ausgerechnet an das unwichtigste Betrugsmanöver herangearbeitet, mit dem Gustavo Toller und Susanne Krüger gemeinsam das Konto „Ehe-Freikauf“ aufzufüllen trachteten. Spesenbetrug brachte nicht viel, aber Susi meinte, auch Kleinvieh mache Mist, aber leider eben auch Menschen verdächtig, die man dabei erwischte. Er fuhr seinen Wagen in die Garage und wunderte sich, dass im Parterre Licht brannte, und, wie er bei einem Rundgang ums Haus festgestellte, eine Verandatür nicht vollständig geschlossen war. Ann-Katrin hatte doch eine Freundin am Bodensee besuchen wollen, unter anderem mit der albernen Begründung, sie müsse ihr unbedingt einige der neuen Kleider vorführen, die sie für ein irrsinniges Geld bei einer Bekannten erworben hatte. Gustavo kannte diese „Freundin“.
Carla Zillig lebte mit dem Maler Lothar Scharff auf dem Eldermannshof zusammen und verdiente ihr eigenes Geld mit einem winzigen Mode-Label. Wer partout seinem Kleid nicht auf einer Veranstaltung begegnen wollte, ließ von Carla Zillig ein Einzelstück entwerfen und schneidern. Carla forderte Mondpreise, genauso wie ihr Lebensabschnittsgefährte Lothar Scharff für seine Porträts, aber beide waren im Moment in oder angesagt und hatten über fehlende Aufträge nicht zu klagen. Gustavo ging zurück, schloss die Haustür auf und rief laut in die Diele: „Hallo Ann-Katrin, ich bin da!“
Keine Antwort; das war ungewöhnlich. Meist pflegte sie mit einer Unfreundlichkeit zu reagieren: „Endlich, Weichei oder auch: Schon, Schlappschwanz? Mach' nicht wieder so viel Dreck in der Diele. Ich komm' gleich, sobald ich fertig bin.“
„Gleich“ hieß in der Regel 15 Minuten. „Sofort“ dauerte bis zu einer halben Stunde.
Gustavo rief noch einmal. Wieder keine Reaktion; er hätte gern mit ihr besprochen, was der Steuerfahnder massiv kritisiert hatte. Er ging auf die Wohnzimmertür zu und klinkte sie auf. Ann-Katrin lag nackt und regungslos auf der Couch und starrte ihn aus leblosen, weit geöffneten Augen an.
„Hallo, Ann-Katrin“, wiederholte er töricht und spürte, wie ihm ein eiskalter Finger über den Rücken strich. Das war doch ... das konnte doch nicht sein? Warum schlief sie so tief, nackt bei dieser Kühle, was war da passiert. Er trat etwas näher und konnte auf ihrem Busen zwei mit etwas Blut umgebene Flecken erkennen. Dann beugte er sich zu ihr herunter - kein Atemgeräusch. Ihre Brust bewegte sich nicht. Jetzt warnte ihn etwas, er berührte den Körper seiner Frau nicht, sondern holte sein Handy heraus und wählte 112, dann auch die 110. Die Tür zur Veranda ließ er so, wie sie war.
Gustavo hatte den Namen „Mordtrio“ noch nie gehört. Aber er kam ihm sofort in den Sinn, als sich die drei Frauen von der Kripo vorstellten: Marlene Schelm, die Chefin. Jule Springer, unzweideutig ihre Vertreterin. Sigrid Bauer, die jüngste im Team und letzte in der Hierarchie der Mordermittlerinnen. Dazu eine auffällige Blondine aus der Rechtsmedizin, der ein elegantes Abendkleid besser gestanden hätte als der grüne Kittel.
„Eindeutig Mord?“ erkundigte sich Lene Schelm.
„Eindeutig. Aber ...“
„Was aber, Nadine?“
„Schau dir mal die Augen an. Siehst du diese roten Pünktchen?“
„Ja.“
„Das spricht eigentlich dafür, dass sie erwürgt worden ist. Also unter Umständen schon mausetot war, als die beiden Kugeln sie trafen. Das würde nebenbei auch erklären, warum so wenig Blut aus den Brustwunden ausgetreten ist. Die Pumpe arbeitete schon nicht mehr.“
„Das gibt es doch nicht. Wer erschießt schon eine Leiche?“
„Wer unter Umständen geglaubt hat, die Schöne hier würde nur tief schlafen.“ Nadine Golowski grinste. „Ich würde mich auf jeden Fall mal auf zwei Täter einrichten, Lene. Einer hat gewürgt, ein anderer geschossen.“
„Und du sagst uns noch, in welcher Reihenfolge?“
„Na klar.“
„Und wann ist das alles geschehen?“
„Da lege ich mich jetzt nicht fest.“
„Morgen?“
„Eher übermorgen. Für morgen Abend haben wir Caro Heynen zu uns eingeladen.“
Caro(line) Heynen war als Erste Hauptkommissarin mal Chefin und Vorgängerin von Lene Schelm gewesen. Nadine Golowski, Leiterin der Tellheimer Rechtsmedizin, war immer noch Lenes beste Freundin, und Nadines Freund, mit dem sie zusammenlebte, war der Leitende Direktor der Tellheimer Kriminalpolizei.
„Nadine. Pi mal Daumen. Wann?“
„Die Frau ist etwa zwei Stunden tot.“
„Und wo waren Sie vor rund zwei Stunden?“ fragte Lene Schelm, die sehr direkt sein konnte.
Gustavo war noch zu erschüttert, um sich zu wehren. „Vor zwei Stunden habe ich in der Speisekammer am Hauptbahnhof gegessen.“
„Dafür gibt es Zeugen?“
„Ja. Einen Fahnder aus dem Finanzamt.“
„Wie bitte?“
Also musste Gustavo Toller die ganze Geschichte erzählen. Als auch der Steuerfahnder das Knurren seines Magens nicht mehr ignorieren konnte, waren sie gemeinsam in die Speisekammer gegangen. Einladen durfte Gustavo den Finanzbeamten nicht, und der konnte sich die sehr zivilen Preise in der Speisekammer eben noch leisten. Vor einer halben Stunde war Gustavo dort aufgebrochen und direkt nach Hause, nach Brekum-Lunden, gefahren, nein, durch die Haustür hereingekommen, die Verandatür hatte er nicht berührt.
„Und wo war Ihre Frau heute?“
„Mir hatte sie gesagt, sie wolle eine Freundin in Konstanz besuchen.“
Leise seufzend schrieb er alle Namen und Anschriften auf.
Sigrid Bauer hatte inzwischen das Glasauge an der Decke entdeckt: „Sagen Sie mal, Herr Toller, was ist denn das da oben?“
Gustavo musste ein zweites Mal auspacken und gewann dabei den durchaus richtigen Eindruck, dass man ihm jetzt noch weniger glaubte als bei der Speisekammer-Geschichte. Andererseits - vom Dachboden waren zwei Geräte und alle Speicherplatten verschwunden. Zwei „Mörder“ brauchten sie ohnehin und durch die halb offenstehende Verandatür konnte auch ein Dieb gekommen sein, der es auf die Speicherplatten abgesehen hatte. Nach einer guten Stunde rückte die Kripo-Mannschaft wieder ab und Gustavo gönnte sich einen ordentlichen Whisky. Trauer über den Tod der schönen Ann-Katrin wollte sich bei ihm nicht einstellen, aber ihn irritierte, dass sich am Handy weder Susanne Krüger noch ihre Sprachbox meldeten.
Die erste Nacht verlief anfangs ruhig, obwohl beide schlecht schliefen. Susanne zweifelte nicht daran, dass sie Ann-Katrin Toller erschossen hatte und dachte voller Schrecken an die Folgen, hätte gern ihrem Gusto alles gestanden und ihn um Hilfe gebeten, wusste aber nicht, wie und wo sie ihn erreichen sollte. Und dass sie in einer so beschissenen Situation ausgerechnet an Max Berruth gebunden war, gefiel ihr am allerwenigstens. Max war ein lieber, aber harmloser und - wie sie manchmal dachte - auch hirnloser Kollege, für den sie wenig übrig hatte, auch wenn Gusto häufiger sagte, er wünschte sich, dass alle Mitarbeiter und Monteure so fleißig, zuverlässig und tüchtig wären wie Max Berruth. Wie konnte sie an ihr Handy kommen und Gusto anrufen? Würde die Polizei sie verdächtigen? Sie zerbrach sich den Kopf, wer in der Firma von ihrem Verhältnis mit Gusto etwas wissen und erzählen könnte.
Irgendwann fiel sie dann doch in einen leichten, unruhigen Schlaf, aus dem sie ein unbekanntes, aber bedrohlich klingendes Geräusch hochriss. Nach zehn Sekunden wiederholte es sich. Nun war sie hellwach und lauschte angestrengt. Da macht sich doch jemand an der Hüttentür zu schaffen. Nach dem dritten Knacken rief sie unterdrückt: „Max, schnell.“
Er hatte nebenan geschlafen und sie gehört, vielleicht ebenfalls von dem Knacken aus dem Schlaf gerissen. Jedenfalls antwortete er sofort: „Ja? Was ist los?“
„Da versucht jemand, die Tür aufzubrechen.“
„Moment, ich komm' mal rüber.“ Der Unbekannte war so nett, das nächste Geräusch genau in der Sekunde zu produzieren, in der Max Susis Zimmer betreten hatte.
„Du hast Recht“, sagte er überrascht. „Dem werde ich mal ... wo ist deine Pistole?“
An die Waffe hatte sie noch gar nicht gedacht. „Die hast du mitgenommen.“
„Richtig.“
„Sind da noch Patronen im Magazin?“
Sie musste erst überlegen „Ich weiß nicht ... Halt: doch, ich weiß. Ich habe zweimal auf Ann-Katrin geschossen ...“
„... und einmal auf mich. Macht drei Schuss, also sollten noch drei Patronen im Magazin sein. Halt mir die Daumen. Ich versuche dann mal, den Kerl zu vertreiben.“
Wo und wie man entsicherte und durchlud, hatte sie ihm gezeigt.
Mit der Waffe in der Hand schlich er zur Hüttentür. Es knackte zum vierten Mal. Max zog lautlos den Riegel zurück, riss die Tür auf und feuerte blindlings auf einen sich bewegenden Schatten, der wie von einer Riesenfaust herumgerissen wurde und zu Boden stürzte. Dort blieb er bewegungslos liegen, bis es Max zu kalt wurde und er die Tür wieder schloss. So konnte er nicht sehen, dass sich der Mann aufrappelte und davonschwankte, wobei er sich die rechte Schulter hielt.
„Ist der weg?“ rief Susi, und er schaute bei ihr herein. „Ja. Ich glaube, ich habe ihn sogar getroffen.“
„Was wollte der?“
„Woher soll ich das wissen. Ich versuche, weiter zu schlafen.“
Was ihnen beiden nicht so recht gelang. Morgens gähnten sie sich um die Wette an. Er hackte noch einmal Brennholz, fütterte den Kachelofen und dann legten sie sich noch einmal hin. Jetzt konnten sie noch ein paar Stunden ungestört schlafen, und als sie dann endgültig aufstanden, war es immer noch nicht richtig hell geworden. Dicke, dunkle Wolken trieben am Himmel, es roch irgendwie nach Kälte und Schnee, an Silvester in dieser Region eigentlich zu früh.
Pia Berruth verbrachte den ganzen Vormittag damit, telefonisch die Silvesterparty abzusagen: Max habe sich ein Bein gebrochen und liege noch für ein paar Tage im Krankenhaus. Ihre Eltern erreichte sie nicht mehr, die waren aus dem Taunus schon losgefahren, und Schwester Carla und Lothar Scharff sagte sie die Wahrheit: Max war über Nacht einfach weggeblieben und hatte sich nicht gemeldet. Auch bei den restlichen Bekannten und Nachbarn, die sie gestern Abend nicht mehr erreicht hatte, sagte sie nichts. Carla und Lothar waren gestern Abend auch nicht in ihrem Eldermannshof gewesen. Carla hatte einer Kundin in Bockern das Kleid für deren Silvesterparty gebracht und Lothar mitgenommen, um die schwierige Kundin notfalls abzulenken und zu besänftigen. Doch die war mit allem einverstanden, nur ihr Mann begann zu knöttern, das könne man doch kein Kleid mehr nennen, da sei ein Bikini züchtiger und vor allem preiswerter. Was sachlich völlig richtig war, aber nicht im Sinne von Carla und Lothar, die den Erzürnten aber mit vereinten Kräften beruhigen konnten.
Pia richtete anschließend ihren vorbereiteten Nudelsalat an und sparte an Salz, das sie zum Teil durch Tränen ersetzte. Dass sie ihn auf diese Weise nicht versalzte, lag auch daran, dass die Wut immer wieder einmal über ihre Verzweiflung siegte. Was hatte sie Carla nicht alles von der Treue und Zuverlässigkeit ihres Max vorgeschwärmt, wenn die Schwester sich mal wieder über ihren Lothar beklagte. Und dieser Lothar, der ihre Gedanken erriet, scheute sich nicht, ihr verschwörerisch zuzuzwinkern. Erst am Nachmittag kamen Lothar und Pia dazu, ein, zwei Sätze unter vier Augen zu wechseln:
„Ist da was im Gange ...?“
„Nein.“
„Sicher?“
„Ganz sicher.“
Vater Zillig sah das alles unter geschäftlichen und finanziellen Aspekten. „Die Lebensversicherung ist doch okay?“
Pia brach in Tränen aus, aber auf Gefühle hatte ihr Vater noch nie Rücksicht genommen. Und weil er Tochter und Schwiegersohn einen beachtlichen Teil der jährlichen Prämien zahlte, glaubte er fest, das müsse er auch nicht. Sie saßen bis Mitternacht stumm vor dem Fernseher, stießen um Null Uhr mit Sekt an - Pia wünschte sich vom neuen Jahr nur, dass Max heil zurückkomme. Daniel zuliebe feuerten sie vor dem Haus ein paar Raketen und zwei schöne Feuerräder ab, schlugen bescheidene Breschen in den Nudelsalat und den Berg von Würstchen und gingen alle früh schlafen.
Wie hatte sie den Kerl mal attraktiv und nett finden können. Es wurde nicht besser, als Pias Eltern eingetroffen waren und die Wahrheit erfahren hatten. Zum Glück verkniffen sich beide das „Was haben wir dir immer gesagt?“
Carla und Lothar verzogen sich, bevor das drohende Gewitter losbrechen konnte. Auf der kurzen Heimfahrt erleuchteten immer wieder Feuerräder, Raketen und bengalische Lichter die Straßen.
Das „Blonde Gift“ Nadine Golowski und ihr Freund Jörg Steiner hatten gemeinsam gekocht, und ihr Gast Caroline Heynen lobte begeistert, sie habe lange nicht mehr so gut gegessen. „Mal anders herum gefragt“, versetzte Steiner, „essen Sie überhaupt noch regelmäßig zu Mittag?“
Caro schüttelte den Kopf. Sie war zum frühestmöglichen Termin in Pension gegangen, obwohl man sie häufig und dringend gebeten hatte, doch bis 67 zu bleiben. Auch Marlene Schelm hatte das getan. Aber Caro wollte nicht mehr und vertraute den wahren Grund niemandem an. Sie war über viele Jahre mit einem Privatdetektiv eng und früher auch intim befreundet gewesen, der ihr einmal geholfen hatte, einen Mörder zu überführen. Der Täter hatte nach der Urteilsverkündung noch im Gerichtssaal geschworen, sich an Rolf Kramer, dem Privatdetektiv, zu rächen. Was er auch nach seiner Entlassung sofort getan hatte, er hatte Kramer auf einem Friedhof am Grab seines Opfers erschossen, und Caro fühlte sich mitschuldig, weil sie nicht daran gedacht hatte, dass der Mörder bald entlassen werden würde. Caros Job als Erste Hauptkommissarin im Referat 11, der früher so genannten Mordkommission, übernahm Marlene Schelm.
Caro litt keine Not, weder finanziell, weil sie ein Drittel der elterlichen Firma geerbt hatte, noch emotional; sie war viel unterwegs, arbeitete ehrenamtlich in einem Seniorenheim und vermisste nur manchmal den Trubel und die Spannung einer Mordkommission. Und weil Steiner der Direktor der Tellheimer Kriminalpolizei war, landete das Gespräch unvermeidlich bei den jüngsten Fällen. Die Opfer von Mord und Totschlag bekam zwangsläufig Nadine Golowski zu sehen („auf dem Blechtisch serviert“), und sie berichtete fast amüsiert von der jüngsten Leiche, die zuerst erstickt und dann erschossen worden war.
„In dieser Reihenfolge?“ vergewisserte sich Steiner.
„Den gerichtsfesten Beweis bekomme ich bei der Obduktion am Dienstag, wenn ich Textilfasern in der Lunge finde.“
„Aber wer erschießt denn schon eine Leiche?“ fragt Caro ungläubig.
„Wer glaubt, auf einen noch lebenden Menschen zu schießen.“
„Zuerst ersticken, dann erschießen? - so nach dem bekannten Motto, doppelt hält besser?“
„Nein, aber es können zwei Täter unabhängig voneinander am Tatort und an dem Mord beteiligt gewesen sein.“
„Zwei Täter? Arme Lene!“ seufzte Caro mitleidig.
„Es kann noch komplizierter sein. Das Opfer, eine sehr hübsche Nymphomanin, hat ihre sexuellen Eskapaden von einer eingebauten Kamera aufnehmen lassen. Das Aufzeichnungsgerät hat die Spusi gefunden. Aber es fehlen alle DVDs oder Bänder.“
„Die hat der Täter mitgenommen?“
„Oder eine dritte Person, die sich am Tatort aufhielt.“
„Lene Schelm tut mir echt leid.“ Jeder wusste, dass Zeugen auffallend stumm wurden, wenn in der Nähe des Tatortes, zu dem man sie befragen wollte, eine Leiche herumlag.
„Sie haben es mehr mit lebenden Leichen zu tun?“ wollte Steiner wissen.
Das war sehr unfreundlich formuliert, aber was Caro über einige Senioren zu berichten wusste, legte diese Bezeichnung sehr nahe. Sie konnte immer noch nicht verdauen, wenn Demenzkranke, zu denen sie glaubte, eine Art Vertrauensverhältnis aufgebaut zu haben, sie nach einem Krankheitsschub wie eine feindliche fremde Person behandelten. Mit dem Verstand wusste sie natürlich, warum das so war, aber mit dem Gefühl der Enttäuschung kam sie immer noch nur schwer klar.
Das Trio fühlte sich zu alt, um noch Raketen abzuschießen und Böller zu zünden. Man trennte sich nach einem Glas Champagner früh am 1. Januar.
Werner Pölzig schaffte es nicht mehr. Er verblutete, noch bevor die Ärzte ihn im OP behandeln konnten. Die Kugel steckte noch in der rechten Schulter. Ein, zwei Stunden früher und man hätte ihn wohl retten können. Aber er hatte sich so lange geweigert, bis es zu spät war. Der Notarztwagen brachte einen schon halb Toten in die Uniklinik nach Tellheim . Seine Frau wusste angeblich nicht, wo und wie er sich die Kugel eingefangen hatte.